Ehe - Soziologie.
Publié le 15/06/2013
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Die meisten Gesellschaften erlauben irgendeine Form der Scheidung ( siehe Eherecht); eine Ausnahme bilden Gesellschaften, die unter dem beherrschenden Einfluss von Religionen wie dem Hinduismus stehen, welche die Ehe als unauflöslich betrachten.
Die am häufigsten anerkannten Scheidungsgründe sind Unfruchtbarkeit, Untreue,Kriminalität und Geisteskrankheit.
In einigen nichtindustrialisierten Gesellschaften ist Scheidung deswegen selten, weil sie im Allgemeinen die Zurückzahlung der Mitgifterfordert.
6 ENTWICKLUNG ZUR MODERNEN EHE
In den folgenden Abschnitten soll gezeigt werden, wie sich in Westeuropa allmählich der Typ der modernen Liebesehe herausgebildet hat, der zwar seine Monopolstellungals einzig legitime Lebensform in den letzten Jahrzehnten verloren hat, dennoch aber nach wie vor vorherrscht.
6.1 Mittelalter
Ab dem 12.
Jahrhundert wurde es in Westeuropa allmählich üblich, freiwillige Verlobungen als Beginn der Ehe anzusehen.
Ehen ohne Einwilligung der Partner wurden nurnoch in Ausnahmefällen durchgesetzt.
Zumindest innerhalb von Dorfgemeinschaften und innerhalb desselben Standes konnten junge Frauen und Männer die Wahl ihresPartners mitbestimmen.
Die mittelalterliche Kirche bekämpfte lokale Traditionen, wie die Heirat unter Blutsverwandten oder die Sitte des Brautkaufs und Formenaußerehelicher Sexualität.
Angesichts der häufigen Todesfälle war die durchschnittliche Ehedauer gering.
Wiederverheiratungen waren die gängige Praxis, manche Zünfteverpflichteten Witwen dazu, sich innerhalb eines Jahres mit einem Handwerker aus derselben Zunft zu verheiraten.
Am Ende des Hochmittelalters war es der Kirchegelungen, das kanonische Eherecht, d.
h.
die Ehe als unauflösliches Sakrament und das kirchliche Heiratsmonopol, weitgehend durchzusetzen.
6.2 Reformation
Die Institution der Ehe hat sich in den westlichen Gesellschaften infolge der sozialen Veränderungen, welche die Reformation, die industrielle Revolution und derzunehmende Individualismus mit sich brachten, weiter verändert.
Die Reformatoren schafften den Priesterzölibat ab und verneinten den sakramentalen Status der Ehe,wodurch sich das Verhältnis der Kirche zur ehelichen Sexualität entkrampfte.
Die damit verbundene Herabwürdigung außerehelicher Sexualität und nichtehelicher Kinderging Hand in Hand mit einer Aufwertung von Ehe und Familie.
Damit wurde auch die patriarchale Vorherrschaft der Männer gestärkt, die als Hausväter über die religiöseHauszucht zu wachen hatten.
Zur Arbeitsteilung zwischen Ehemann und Ehefrau schrieb der Reformator Heinrich Bullinger in Der Christlich Eestand (1547): „Waz ussethalb dem huss zehandeln ist / als hin und här reisen / gwün und gwärb fertigen / kauffen und verkauffen / und der glychen eehaffte stuck / ist des manns arbeit.
Der sol glychwie ein empsiger vogel hin und här fliegen / die narung und notturfft samlen und flyssig zuo näst tragen.
Und alles was also in daz huss gebracht wirt / sol das wyb samlen /ordnen / nüt zuo verlieren gon lassen / und alles was in huss zethon ist flyssig und fruotig ussrichten.”
Zur Kontrolle der Ehe, zur Verhandlung von Vaterschaftsklagen oder um Landesverweise gegen uneheliche Mütter auszusprechen wurden in reformierten Orten spezielleEhegerichte geschaffen, so etwa von Ulrich Zwingli 1525 in Zürich.
Diese Ehegerichte sollten helfen, so genannte gute eheliche Sitten durchzusetzen und zu bewahren.
Diehelvetische Konfession ( siehe Basler Konfession) von 1723 bestimmte: „Es sollen in der Kirche gesetzt und geordnet werden fromme, redliche Richter zu einem Ehegericht, welche die Ehen schirmen und erhalten, und aller Unzucht und Unverschämtheit wehren: Und vor denen alle Streitigkeiten, die sich von der Ehe wegen erheben, verhörtund gerichtet werden.”
6.3 Die bürgerliche Gesellschaft
Zu Beginn des 18.
Jahrhunderts erlangte das Bürgertum allmählich eine ökonomische und gesellschaftliche Vorrangstellung.
Die Verbindung von Liebe, Sexualität und Ehewurde zum Ideal zwischenmenschlicher Beziehung.
Dieses bürgerliche Ehemodell erhielt in der Romantik eine klare Fassung.
Mit der romantischen Liebe verknüpft wurdedas häusliche Ehe- und Familienleben nach gutbürgerlicher Sittlichkeit.
In der bürgerlichen Kleinfamilie wurde die Ehefrau allmählich auf ihre Funktion als Hausfraureduziert; die bürgerliche Sittlichkeit zielte darauf, den Ehemann für die Arbeit zu disziplinieren und ihn von Müßiggang, Prostitution und anderen Lastern fernzuhalten.Eheglück und eheliche Liebe wurden immer stärker zu Leitmotiven des idealen bürgerlichen Familienlebens.
Die Armut großer Teile der Bevölkerung verhinderte lange Zeit,dass sich die Liebesehe, die bürgerliche Lebensverhältnisse voraussetzt, als allgemein gültiges gesellschaftliches Ideal durchsetzen konnte.
Mit dem Absolutismus versuchte der Staat verstärkt, Eheschließung unter bevölkerungspolitischen Gesichtspunkten zu regeln.
Heiraten mit Ortsfremden oderNichtansässigen waren zum Teil unter Strafe gestellt.
Häufig musste der Nachweis eines Mindestvermögens erbracht werden, ehe man heiraten durfte.
Auf diese Art undWeise wurde versucht, die Zahl der Armen zu reduzieren.
Aufgrund wirtschaftlich bedingter oder staatlich verordneter Ehebeschränkungen kam es im 18.
und im19.
Jahrhundert zum einen dazu, dass viele zwangsweise ledig bleiben mussten, und zum anderen führte dies zu einem Anstieg des Heiratsalters.
So lag das mittlereErstheiratsalter von Schweizer Männern zwischen 27 und 29 Jahren.
Die durchschnittliche Lebenserwartung war weiterhin gering.
6.4 Das 20.
Jahrhundert
Zu den gesellschaftlichen Veränderungen, die in neuerer Zeit Einfluss auf die Ehe hatten, gehören die Zunahme (und die Tolerierung) vorehelicher Sexualbeziehungen, dieauf der Abnahme sexueller Tabus und dem allmählichen Anstieg des durchschnittlichen Heiratsalters beruhte.
Außerdem nahm die Zahl der Frauen zu, die eine Karriereaußerhalb des Hauses verfolgten, was zu einem veränderten wirtschaftlichen Status der Frauen führte.
Eine weitere Veränderung war die Liberalisierung vonScheidungsgesetzen.
Im katholisch geprägten Italien wurde die Scheidung 1970 legalisiert, in Irland entschied sich die Bevölkerung erst 1995 in einem Referendum knappfür eine Aufhebung des Scheidungsverbots.
Bedeutsam waren auch die Entkriminalisierung der Abtreibung in vielen Ländern sowie die Fortschritte in der Geburtenkontrolle(siehe Empfängnisverhütung) und die bessere Zugänglichkeit der entsprechenden Mittel.
Gesetzliche und gesellschaftliche Benachteiligungen nichtehelicher Kinder wurden abgeschafft und es kam zu Veränderungen in den akzeptierten Vorstellungen von männlichen und weiblichen Rollen in der Gesellschaft.
Heute können Homosexuelle in manchen Ländern eine eheähnliche Beziehung eingehen.
So gibt es in Dänemark seit 1989 die Möglichkeit einer registrierten Partnerschaft, deren Rechte und Pflichten denen einer Ehe entsprechen; Kinder dürfen jedoch nicht adoptiert werden.
Der deutsche Bundestag stimmte 2000 dem Gesetzentwurf einereingetragenen Partnerschaft für Homosexuelle zu, die einer Ehe u.
a.
bezüglich Namensrecht, Güterstand, Unterhaltspflicht, Erbrecht und Mietrecht gleichgestellt ist.
In den Niederlanden dürfen homosexuelle Paare seit 2001 heiraten und nach der Heirat Kinder adoptieren.
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