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Universität 1 EINLEITUNG Universität (von lateinisch universitas magistrorum et scholarium: Gesamtheit der Lehrenden und Lernenden), wissenschaftliche Hochschule, an der akademische Abschlüsse erworben werden können.

Publié le 17/06/2013

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Universität 1 EINLEITUNG Universität (von lateinisch universitas magistrorum et scholarium: Gesamtheit der Lehrenden und Lernenden), wissenschaftliche Hochschule, an der akademische Abschlüsse erworben werden können. Seit dem Mittelalter bezeichnet der Begriff Universität eine Einrichtung, die der Forschung und Lehre, also der Gewinnung von Erkenntnissen, der Pflege und Vermittlung von Wissen sowie damit zusammenhängender Fertigkeiten dient. 2 STRUKTUR UND EIGENSCHAFTEN Universitäten sind Institutionen des Bildungswesens, in denen fachspezifische und berufsqualifizierende Inhalte weitergegeben werden sowie wissenschaftliche Forschung betrieben wird. Sie haben das Privileg, öffentlich anerkannte akademische Grade zu verleihen (z. B. Diplom, Magister, Doktortitel), und besitzen akademische Freiheit, also das Recht zur Selbstverwaltung, zur eigenständigen Erstellung von Studienplänen und zur autonomen Auswahl von Forschungsinhalten. Kennzeichnend ist seit Gründung der Berliner Universität 1810 durch Wilhelm von Humboldt die Einheit von Forschung und Lehre, d. h., die Lehrkräfte sollen neben ihrer Lehrtätigkeit auch Forschung betreiben, um Lehre auf dem hohen Niveau des aktuellen Forschungs- und Wissensstand zu gewährleisten. Während sich andere Hochschulen, die nicht die Bezeichnung ,,Universität" führen, auf eine beschränkte Auswahl an Fächern oder auch nur ein Fach spezialisieren (z. B. Technische Hochschule, Sport-, Kunst-, Film-, Musikhochschule), zeichnet sich die Universität durch einen breiten Fächerkanon aus. Dieser umfasst in der Regel geisteswissenschaftliche, naturwissenschaftliche sowie wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Disziplinen. In Deutschland sind die meisten Universitäten rechtsfähige Körperschaften öffentlichen Rechts und unterstehen der Aufsicht der Bundesländer. Die allgemeinen Regelungen für den Universitätsbetrieb sind im Hochschulrahmengesetz festgelegt, die Umsetzung dieser Regelungen in den Bundesländern übernehmen die Landeshochschulgesetze. Neben die öffentlich rechtlichen Universitäten treten zunehmend Privatuniversitäten, die nach angloamerikanischem Vorbild von Sponsoren oder durch Stiftungen finanziert werden. Ein freiwilliger Zusammenschluss fast aller deutschen Universitäten und anderen Hochschulen besteht in der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), die ihre Mitglieder gegenüber Politik und Öffentlichkeit vertritt. Der Leiter einer Universität heißt üblicherweise Rektor (gelegentlich auch Präsident), ihm zur Seite steht als Leiter der Verwaltung der Kanzler. Universitäten gliedern sich in Fakultäten oder Fachbereiche, die jeweils von einem Dekan geleitet werden. Der Dekan wird in turnusmäßigem Wechsel von den Professoren des Fachbereichs aus den eigenen Reihen bestimmt; er vertritt die Fakultät im Senat, der neben dem Rektor das oberste Entscheidungsorgan der Universität darstellt. Neben die sich in weiten Bereichen selbst verwaltenden Fakultäten und Fachbereiche treten einige universitätsübergreifende Einrichtungen, etwa die Universitätsbibliothek, das Studentensekretariat oder das Studentenwerk (das für die sozialen Belange der Studierenden zuständig ist und in der Regel u. a. die Mensa sowie Studentenwohnheime betreibt). Universitäten mit medizinischer Fakultät besitzen zudem ein Universitätsklinikum. 3 DAS UNIVERSITÄTSSTUDIUM Voraussetzung zur Zulassung zum Universitätsstudium ist die Hochschulreife, die im Allgemeinen durch das Bestehen des Abiturs erworben wird. Bei einigen Fächern (z. B. Medizin, Pharmazie, Tiermedizin) bestehen zusätzlich bundesweite Zulassungsbeschränkungen (Numerus clausus). Zur finanziellen Entlastung des Trägers der Universität werden in Deutschland wie in vielen anderen Ländern von den Studierenden Studiengebühren erhoben, die insbesondere bei Privatuniversitäten erheblich sein können. Am Beginn des Universitätsstudiums steht für jeden Studenten die Immatrikulation, an seinem Ende die Exmatrikulation. Das Studienjahr ist in der Regel in zwei Semester (Studienhalbjahre) unterteilt, die - entgegen der landläufigen Verwendung des Begriffs Semester - auch die vorlesungsfreie Zeit, die so genannten Semesterferien, mit beinhalten. Die zentrale und historisch ursprüngliche Lehrveranstaltung der Universität ist die Vorlesung, in der ein Professor oder Privatdozent, also eine Person mit akademischer Lehrbefugnis (Venia legendi), Lehrstoff aus seinem Fach- bzw. Forschungsgebiet vorträgt. Die Lehrinhalte werden in Seminaren und Übungen vertieft, die von Professoren, deren Assistenten oder anderen Lehrbeauftragten abgehalten werden können und die Mitarbeit der Studenten erfordern (in naturwissenschaftlichen Studiengängen etwa in Form von Laborarbeiten, in geisteswissenschaftlichen Fächern durch Referate oder Hausarbeiten). Durch diese Arbeiten erwerben die Studenten Leistungsnachweise, so genannte Scheine, die zur Zulassung zum Examen erforderlich sind. Die meisten Studiengänge sind in ein Grund- und ein Hauptstudium unterteilt, dazwischen muss in der Regel eine (mündliche und/oder schriftliche) Zwischenprüfung absolviert werden. Nach dem Erwerb aller erforderlichen Scheine legt der Studierende am Ende des Hauptstudiums sein Examen ab, zumeist eine Diplomprüfung, eine Magisterprüfung oder - bei Prüfungen, die auf den Staatsdienst vorbereiten (z. B. Rechtswissenschaft, Lehramt) oder besonderer staatlicher Aufsicht unterliegen (z. B. Medizin, Pharmazie) - das Staatsexamen. Zum Examen gehören in aller Regel mündliche und/oder schriftliche Prüfungen sowie die Einreichung einer umfangreicheren schriftlichen Arbeit; nach erfolgreich absolviertem Examen bekommt der Studierende den entsprechenden fakultätsspezifischen akademischen Titel verliehen. An angloamerikanischen Hochschulen erreichen Studierende die akademischen Grade Bachelor und Master, die im Zuge der europaweiten Vereinheitlichung universitärer Strukturen zunehmend auch in deutschen Studiengängen erworben werden können. Sofern das Examen gut oder sehr gut absolviert wurde, kann ein Promotionsstudium zum Erwerb des Doktorgrades angeschlossen werden. Ein Promotionsverfahren besteht im Regelfall aus der Anfertigung einer eigenständigen wissenschaftlichen Forschungsarbeit, der Dissertation, und einer oder mehreren mündlichen Prüfungen (Disputation bzw. Rigorosum). Durch die Anfertigung einer weiteren, umfassenden wissenschaftlichen Arbeit, der Habilitationsschrift, sowie durch eigenständige Forschung und Lehre in einer wissenschaftlichen Disziplin kann die Venia legendi erlangt werden, die Voraussetzung für die Berufung auf eine Professorenstelle ist. 4 GESCHICHTE 4.1 Vorläufer Universitäten im modernen Sinn entwickelten sich im Europa des Mittelalters. Jedoch gab es schon in früheren Hochkulturen bedeutende Bildungsstätten, in denen das Wissen der jeweiligen Gesellschaft versammelt und weitergegeben wurde. Im antiken Athen waren die Akademie des Platon und das Lykeion (Lyzeum) des Aristoteles, die dem Studium der Philosophie dienten, von überregionaler Bedeutung; ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. gingen viele römische Staatsmänner und Philosophen zu Bildungszwecken nach Athen, z. B. Julius Caesar, Cicero, Augustus und Horaz. Auch die ägyptische Stadt Alexandria mit ihrer großen Bibliothek (siehe Alexandrinische Bibliothek) war in der Antike Treffpunkt zahlreicher Gelehrter. Im nordindischen Nalanda studierten einheimische und fremde Studenten bis ins 12. Jahrhundert den Buddhismus. In China gab es entsprechende Einrichtungen seit dem 7. Jahrhundert, in Korea seit dem 14. Jahrhundert. Die um 970 gegründete Al-Azhar-Universität in Kairo stellte die oberste geistige Autorität des Islam dar; älter noch ist die islamische Al-Qarawiyin-Universität in Fès (Marokko), die bereits um 859 entstand. Als direkte Vorläufer der mittelalterlichen Universitäten können die christlichen Kloster- und Domschulen gelten, von denen schon im 8. und 9. Jahrhundert einige als scholae publicae auswärtige Schüler aufnahmen, etwa diejenigen in Sankt Gallen, Fulda, Paris, Tours und Lüttich. Die Lehrtätigkeit fand dort zunächst ausschließlich im Sinne und im Auftrag von Kirche und Orden statt. Im 12. Jahrhundert begaben sich jedoch immer mehr Magister und Scholaren auf Wanderschaft und begannen sich so aus der Abhängigkeit von kirchlichen Institutionen zu lösen. Ihre Selbständigkeit manifestiert sich im von Kaiser Friedrich I. im Jahr 1155 erlassenen so genannten Scholarenprivileg, das den wandernden Korporationen aus Lehrern und Schülern eine gewisse Rechtssicherheit verschaffte. 4.2 Die Entstehung der Universität im Mittelalter Universitäten im engeren Sinn sind Schöpfungen des europäischen Mittelalters, wo sie zur Wahrung der Rechte von Lehrenden und Lernenden gegründet wurden. Die Universität Bologna entstand 1088 als Rechtsschule und gilt als erste Universität der Welt; die Schüler und Lehrer bildeten um 1200 einen genossenschaftlichen Zusammenschluss (universitas), der relativ autonom gegenüber den kirchlichen und kaiserlichen Zentralgewalten war, welche die Schule mit Privilegien ausgestattet hatten. Die zweite Universität entstand im 12. Jahrhundert in Paris mit der (später so genannten) Sorbonne. Die Lehrenden bildeten hier im 13. Jahrhundert eine universitas magistrorum et scholarium, um die Studienverhältnisse selbständig regeln zu können. Nach dem Vorbild von Bologna und Paris entstanden in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts weitere Universitäten zunächst in Italien, Frankreich, England und Spanien; bedeutende Gründungen waren u. a. die Universität Padua, die Universität Perugia, die Universität Rom, die Universität Montpellier, die Universität Oxford, die Universität Cambridge und die Universität Salamanca. Im Heiligen Römischen Reich wurden erst über hundert Jahre später Universitäten gegründet (1348 die Universität Prag, 1365 die Universität Wien, 1386 die Universität Heidelberg, 1388 die Universität Köln, 1392 die Universität Erfurt, 1419 die Universität Rostock, 1425 die Universität Leuven, 1476 die Universität Mainz). Im Jahr 1500 gab es weltweit 66 Universitäten. Die Universitäten umfassten zumeist vier Fakultäten: die theologische, die juristische, die medizinische sowie die der Artes liberales. Die Unterrichtssprache war grundsätzlich Latein. Die Studenten schlossen sich je nach ihren Herkunftsländern zu so genannten Nationes zusammen, aus denen sich später die Kollegien (nach lateinisch collegium: Gesellschaft) entwickelten. Der im angelsächsischen Sprachraum gebräuchliche Begriff College weist noch heute auf diese Tradition zurück. Die mittelalterlichen Universitäten durften akademische Grade verleihen, die dazu berechtigten, in jedem christlichen Land zu lehren. 4.3 Zwischen Renaissance und 18. Jahrhundert Aufgrund der territorialstaatlichen Zersplitterung Mitteleuropas war die Gründung von Universitäten in der frühen Neuzeit nicht mehr nur Sache von Kirche und Kaiser, sondern wurde nun auch von Landesherren unternommen. Zugleich wurde das Universitätswesen von der konfessionellen Spaltung geprägt. Die meisten Neugründungen gingen auf Reformation und Gegenreformation zurück: Protestantischen Universitäten, die sich an dem von Schulreformator Philipp Melanchthon geschaffenen humanistischen Modell der Universität von Wittenberg (gegründet 1502 auf Initiative Martin Luthers) orientierten, standen katholische Hochschulen gegenüber, die meist von Jesuiten geleitet wurden. Die weltweite Expansion Europas führte zu einer Ausbreitung der Universität nach Mittel- und Südamerika (Santo Domingo 1538, Lima 1551, Universität von Mexiko-Stadt 1553) und später auch nach Nordamerika (Harvard University 1636, Williamsburg 1693, Yale University 1701). In der Schweiz wurde 1559 von dem Theologen Johannes Calvin die Universität Genf gegründet, von der aus sich der Calvinismus in Europa und Nordamerika verbreitete. Die 1575 gegründete Universität Leiden (Holland) war für ihre naturwissenschaftlichen Studien hoch angesehen. In Osteuropa entstanden bedeutende Universitäten in Wilna (Litauen, 1578), Dorpat (Estland, 1632), Kiew (Ukraine, 1632), Kaschau (Slowakei, 1657), Lemberg (Ukraine, 1661), Sankt Petersburg (Russland, 1724) sowie die staatliche Moskauer Universität (1755). Ab dem Ende des 17. Jahrhunderts übernahmen die Universitäten vermehrt die Ideen der beginnenden Aufklärung: An der 1694 gegründeten Universität Halle wurden die ersten Vorlesungen in deutscher Sprache gehalten (durch ihren Mitgründer Christian Thomasius), naturwissenschaftliche Fächer eingeführt und das Prinzip der Forschungsfreiheit vorangetrieben. Dem Modell Halles folgten bald die Universitäten Göttingen (1737) und Erlangen (1743); viele schon bestehende Universitäten führten daraufhin tief greifende Reformen durch, die die Vormachtstellung der theologischen Fakultät als höchster, auch zensurberechtigter Instanz beseitigten, die Lehrpläne umgestalteten und die Forschung betonten: Die Universitäten sollten nicht mehr nur überliefertes Wissen bewahren und vermitteln, sondern Wissen ,,erzeugen" und so dem Praktischen dienen. Im Gegensatz zu diesen reformierten Universitäten wurden an vielen der katholischen Hochschulen weiterhin die seit dem Mittelalter wenig geänderten Denkmethoden gelehrt. 4.4 Das 19. Jahrhundert Die Französische Revolution und die Napoleonischen Kriege führten in ganz Europa zur Auflösung zahlreicher Universitäten. In Deutschland wurde mit der von Wilhelm von Humboldt initiierten Gründung der Universität Berlin 1810 das Modell einer neuen Universität geschaffen, dem viele mittel- und osteuropäische, ab 1876 (Gründung der Johns Hopkins University in Baltimore) auch amerikanische Universitäten folgten: Dem Humboldt'schen Bildungsideal entsprechend trat die Philosophie jetzt anstatt der Theologie an die Spitze aller Universitätswissenschaften; sie sollte einerseits zur Selbstverwirklichung des Menschen beitragen, andererseits die anderen Wissenschaften vorantreiben. Zudem wurde die Forschung stärker als zuvor in den Lehrbetrieb integriert, womit das bis heute kennzeichnende Grundprinzip der Einheit von Forschung und Lehre eingeführt war. Durch den sukzessiven Fortfall der territorialen und konfessionellen Grenzen wurden die neuen Universitäten zu nationalen Institutionen mit relativ großer Autonomie. In der Zeit der industriellen Revolution trug eine wachsende Mittelschicht entscheidend zur Ausweitung des europäischen Hochschulwesens bei. Vor allem die neu eingerichteten natur- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten erhielten ab etwa 1880 durch die enorm wachsende Bedeutung von Technik und Industrie erheblichen Aufschwung. Für Frauen allerdings waren die Universitäten noch weitestgehend tabu. Die Schweiz war das erste Land, in dem Frauen zum Studium zugelassen wurden; die erste Promotion einer Frau erfolgte 1867 an der Universität Zürich. Zum Ende des 19. Jahrhunderts kamen die akademischen Seminare auf, in denen die Studenten unter Anleitung praktische Übungen durchführten; parallel entstanden universitäre Laboratorien, Observatorien und Kliniken, so dass in den naturwissenschaftlichen und medizinischen Fächern eine praxisnahe Ausbildung vorgenommen werden konnte. In Großbritannien wurde 1826 die Universität London als erste Neugründung seit dem Mittelalter ins Leben gerufen; es folgten Universitäten u. a. in Durham, Manchester, Liverpool, Leeds und Wales. Diese red brick universities (Backsteinuniversitäten, im Unterschied zum traditionellen Baustil der älteren Universitäten) zogen Studenten und Lehrende auch aus der Arbeiterschicht an. Zu den europäischen Neugründungen des 19. Jahrhunderts zählen außerdem die Universitäten in Athen, Bukarest und Sofia. In Kanada entstanden im 19. Jahrhundert die Universitäten Toronto und Montreal; in Indien wurden 1857 die Universitäten Kalkutta, Bombay und Madras gegründet. In China konnten sich die Universitäten im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert wegen innerer Unruhen nur langsam entwickeln; die Universität Peking wurde 1896 gegründet, die meisten anderen Universitäten stammen hier aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg. In Japan zählen die Universität Tokyo (1877) und die Universität Kyoto (1897) zu den bedeutenden Hochschulen des Landes. 4.5 Entwicklung seit dem 20. Jahrhundert Im 19. Jahrhundert waren zahlreiche Universitäten Geburtsstätten demokratischer und revolutionärer Gedanken, so etwa in Russland vor der Oktoberrevolution von 1917. Dort unterdrückte die zaristische Regierung rigoros jeden Versuch, akademische Freiheiten einzuführen, verhaftete Lehrende und Studenten und schickte viele von ihnen in die Verbannung nach Sibirien. In Deutschland stiegen die Studentenzahlen nach dem 1. Weltkrieg beträchtlich an: Hatte es 1914 noch etwa 59 000 Studenten an deutschen Universitäten gegeben, so verdoppelte sich die Zahl bis 1919 auf 120 000 und stieg bis 1931 auf 138 000 weiter an. Bemühungen um bildungspolitische Reformen scheiterten meist; in der Weimarer Republik blieben die Universitäten Träger des Konservativismus und Monarchismus. Die meisten Hochschullehrer zeigten sich schon vor der Machtergreifung Adolf Hitlers offen gegenüber den soziale Harmonie und geistige Führerschaft verheißenden nationalsozialistischen Parolen, so dass sich die Gleichschaltung der Universitäten nach 1933 nahezu widerstandslos vollzog. Über 14 Prozent der Professoren und anderen wissenschaftlichen Mitarbeiter wurden aus ,,rassischen" Gründen oder wegen ihrer politischen Gesinnung entlassen; zu einem wirklichen Protest gegen diesen staatlichen Eingriff in die Autonomie und Selbstverwaltung kam es nicht. Während nach dem 2. Weltkrieg in den drei westlichen Besatzungszonen der gewohnte Lehrbetrieb bald wieder aufgenommen wurde, die Entnazifizierung nur oberflächlich stattfand und eine fundamentale Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zunächst ausblieb, wurde in der Sowjetischen Besatzungszone deutlich mit der Tradition gebrochen: Die Universitäten wurden systematisch von nazistischen Lehrern, Lehrplänen und Lehrbüchern gesäubert und dem sowjetischen Hochschulsystem angepasst; das Studium des Marxismus-Leninismus und der russischen Sprache wurde obligatorisch. Im Sinne sozialer Gerechtigkeit wurden die so genannten Arbeiter-und-BauernFakultäten (ABF) ins Leben gerufen, durch die bislang unterprivilegierten Gesellschaftsgruppen das Universitätsstudium ermöglicht wurde. Ab 1960 entstanden in Europa mehr neue Universitäten als in den gesamten 800 Jahren zuvor, in Deutschland etwa die Universität Regensburg (1962), die Universität Düsseldorf (1965), die Universität Konstanz (1966), die Universität Ulm (1967), die Universität Dortmund (1968), die Universität Augsburg (1970), die Universität Trier (1970), die Universität Bremen (1971), die Universität Oldenburg (1973) und die Universität Passau (1978). Die sechziger Jahre waren eine Zeit energischer studentischer Proteste. Die Studentenbewegung entstand 1964 in den USA aus Protest gegen den Vietnamkrieg; in Europa fanden Studentenunruhen insbesondere in Paris ( siehe Pariser Studentenrevolte), Prag, Warschau, Frankfurt am Main und Berlin statt. Die bundesdeutsche Studentenrevolte artikulierte vor allem Kritik an den unaufgearbeiteten Verstrickungen erheblicher Teile des akademischen Personals (wie der gesamten Elterngeneration) in der Hitlerzeit und an den undemokratischen Organisationsformen des Hochschulwesens. Sie führte zu einer politischen Radikalisierung eines Teils der Studentenschaft, die sich in der Gründung der Außerparlamentarischen Opposition (APO) um den Studentenführer Rudi Dutschke 1968 und in den auf das Attentat auf Dutschke folgenden so genannten Osterunruhen manifestierte. Für fast alle Universitäten hatte die Studentenbewegung administrative Reformen zur Folge, etwa die Verankerung der studentischen Mitbestimmung in den Universitätsgremien. Widerstand gegen veraltetes Denken und überkommene politische Strukturen ging auch in späteren Jahren und in anderen Gesellschaften mehrfach von Studenten aus, etwa bei den Studentenprotesten für mehr Demokratie in China 1989, die auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking blutig niedergeschlagen wurden. Seit den siebziger Jahren ist das Universitätswesen in Deutschland wie in den meisten westlichen Ländern von Ökonomisierung, Verrechtlichung und Reglementierung gekennzeichnet. Die Universitäten legten den Nimbus exklusiver, nur einer elitären Minderheit zugänglicher Bildungseinrichtungen endgültig ab; der Erwerb der Hochschulreife und das anschließende Universitätsstudium wurden zu einem gängigen Ausbildungsweg. Die Studentenzahlen stiegen dementsprechend rapide an; kennzeichnend für die deutsche Universität im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts waren ein steter Mangel an einer ausreichenden Anzahl an Studienplätzen und die damit einhergehende Überfüllung der meisten Studiengänge. Im 21. Jahrhundert begann in Europa die Umsetzung einer unverbindlichen Vereinbarung der Bildungsminister zahlreicher europäischer Staaten, der ,,Bologna-Erklärung", die die Schaffung eines Europäischen Hochschulraums zum Ziel hat. Zentrales Element dieses Prozesses ist die Angleichung bzw. Vereinheitlichung der Studiengänge und Studienabschlüsse an den europäischen Hochschulen (in Deutschland u. a. durch die Einführung der Grade Master und Bachelor), durch die Universitätswechsel während des Studiums erleichtert und die Studienabschlüsse über Ländergrenzen hinweg vergleichbar werden sollen. Kritiker werfen dem System vor, zu einer ,,Verschulung" des Universitätsstudiums und damit zu einer Abkehr des rund 200 Jahre alten Prinzips der Einheit von Forschung und Lehre beizutragen. 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« Scholarenprivileg, das den wandernden Korporationen aus Lehrern und Schülern eine gewisse Rechtssicherheit verschaffte. 4.2 Die Entstehung der Universität im Mittelalter Universitäten im engeren Sinn sind Schöpfungen des europäischen Mittelalters, wo sie zur Wahrung der Rechte von Lehrenden und Lernenden gegründet wurden.

DieUniversität Bologna entstand 1088 als Rechtsschule und gilt als erste Universität der Welt; die Schüler und Lehrer bildeten um 1200 einen genossenschaftlichenZusammenschluss (universitas), der relativ autonom gegenüber den kirchlichen und kaiserlichen Zentralgewalten war, welche die Schule mit Privilegien ausgestattet hatten. Die zweite Universität entstand im 12.

Jahrhundert in Paris mit der (später so genannten) Sorbonne.

Die Lehrenden bildeten hier im 13.

Jahrhundert eine universitas magistrorum et scholarium, um die Studienverhältnisse selbständig regeln zu können. Nach dem Vorbild von Bologna und Paris entstanden in der ersten Hälfte des 13.

Jahrhunderts weitere Universitäten zunächst in Italien, Frankreich, England und Spanien;bedeutende Gründungen waren u.

a.

die Universität Padua, die Universität Perugia, die Universität Rom, die Universität Montpellier, die Universität Oxford, die UniversitätCambridge und die Universität Salamanca.

Im Heiligen Römischen Reich wurden erst über hundert Jahre später Universitäten gegründet (1348 die Universität Prag, 1365die Universität Wien, 1386 die Universität Heidelberg, 1388 die Universität Köln, 1392 die Universität Erfurt, 1419 die Universität Rostock, 1425 die Universität Leuven,1476 die Universität Mainz).

Im Jahr 1500 gab es weltweit 66 Universitäten. Die Universitäten umfassten zumeist vier Fakultäten: die theologische, die juristische, die medizinische sowie die der Artes liberales.

Die Unterrichtssprache wargrundsätzlich Latein.

Die Studenten schlossen sich je nach ihren Herkunftsländern zu so genannten Nationes zusammen, aus denen sich später die Kollegien (nach lateinisch collegium: Gesellschaft) entwickelten.

Der im angelsächsischen Sprachraum gebräuchliche Begriff College weist noch heute auf diese Tradition zurück.

Die mittelalterlichen Universitäten durften akademische Grade verleihen, die dazu berechtigten, in jedem christlichen Land zu lehren. 4.3 Zwischen Renaissance und 18.

Jahrhundert Aufgrund der territorialstaatlichen Zersplitterung Mitteleuropas war die Gründung von Universitäten in der frühen Neuzeit nicht mehr nur Sache von Kirche und Kaiser,sondern wurde nun auch von Landesherren unternommen.

Zugleich wurde das Universitätswesen von der konfessionellen Spaltung geprägt.

Die meisten Neugründungengingen auf Reformation und Gegenreformation zurück: Protestantischen Universitäten, die sich an dem von Schulreformator Philipp Melanchthon geschaffenenhumanistischen Modell der Universität von Wittenberg (gegründet 1502 auf Initiative Martin Luthers) orientierten, standen katholische Hochschulen gegenüber, die meistvon Jesuiten geleitet wurden. Die weltweite Expansion Europas führte zu einer Ausbreitung der Universität nach Mittel- und Südamerika (Santo Domingo 1538, Lima 1551, Universität von Mexiko-Stadt1553) und später auch nach Nordamerika (Harvard University 1636, Williamsburg 1693, Yale University 1701).

In der Schweiz wurde 1559 von dem Theologen JohannesCalvin die Universität Genf gegründet, von der aus sich der Calvinismus in Europa und Nordamerika verbreitete.

Die 1575 gegründete Universität Leiden (Holland) war fürihre naturwissenschaftlichen Studien hoch angesehen.

In Osteuropa entstanden bedeutende Universitäten in Wilna (Litauen, 1578), Dorpat (Estland, 1632), Kiew (Ukraine,1632), Kaschau (Slowakei, 1657), Lemberg (Ukraine, 1661), Sankt Petersburg (Russland, 1724) sowie die staatliche Moskauer Universität (1755). Ab dem Ende des 17.

Jahrhunderts übernahmen die Universitäten vermehrt die Ideen der beginnenden Aufklärung: An der 1694 gegründeten Universität Halle wurden dieersten Vorlesungen in deutscher Sprache gehalten (durch ihren Mitgründer Christian Thomasius), naturwissenschaftliche Fächer eingeführt und das Prinzip derForschungsfreiheit vorangetrieben.

Dem Modell Halles folgten bald die Universitäten Göttingen (1737) und Erlangen (1743); viele schon bestehende Universitäten führtendaraufhin tief greifende Reformen durch, die die Vormachtstellung der theologischen Fakultät als höchster, auch zensurberechtigter Instanz beseitigten, die Lehrpläneumgestalteten und die Forschung betonten: Die Universitäten sollten nicht mehr nur überliefertes Wissen bewahren und vermitteln, sondern Wissen „erzeugen” und so demPraktischen dienen.

Im Gegensatz zu diesen reformierten Universitäten wurden an vielen der katholischen Hochschulen weiterhin die seit dem Mittelalter wenig geändertenDenkmethoden gelehrt. 4.4 Das 19.

Jahrhundert Die Französische Revolution und die Napoleonischen Kriege führten in ganz Europa zur Auflösung zahlreicher Universitäten.

In Deutschland wurde mit der von Wilhelm vonHumboldt initiierten Gründung der Universität Berlin 1810 das Modell einer neuen Universität geschaffen, dem viele mittel- und osteuropäische, ab 1876 (Gründung derJohns Hopkins University in Baltimore) auch amerikanische Universitäten folgten: Dem Humboldt’schen Bildungsideal entsprechend trat die Philosophie jetzt anstatt derTheologie an die Spitze aller Universitätswissenschaften; sie sollte einerseits zur Selbstverwirklichung des Menschen beitragen, andererseits die anderen Wissenschaftenvorantreiben.

Zudem wurde die Forschung stärker als zuvor in den Lehrbetrieb integriert, womit das bis heute kennzeichnende Grundprinzip der Einheit von Forschung undLehre eingeführt war.

Durch den sukzessiven Fortfall der territorialen und konfessionellen Grenzen wurden die neuen Universitäten zu nationalen Institutionen mit relativgroßer Autonomie. In der Zeit der industriellen Revolution trug eine wachsende Mittelschicht entscheidend zur Ausweitung des europäischen Hochschulwesens bei.

Vor allem die neueingerichteten natur- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten erhielten ab etwa 1880 durch die enorm wachsende Bedeutung von Technik und Industrie erheblichenAufschwung.

Für Frauen allerdings waren die Universitäten noch weitestgehend tabu.

Die Schweiz war das erste Land, in dem Frauen zum Studium zugelassen wurden; dieerste Promotion einer Frau erfolgte 1867 an der Universität Zürich.

Zum Ende des 19.

Jahrhunderts kamen die akademischen Seminare auf, in denen die Studenten unterAnleitung praktische Übungen durchführten; parallel entstanden universitäre Laboratorien, Observatorien und Kliniken, so dass in den naturwissenschaftlichen undmedizinischen Fächern eine praxisnahe Ausbildung vorgenommen werden konnte. In Großbritannien wurde 1826 die Universität London als erste Neugründung seit dem Mittelalter ins Leben gerufen; es folgten Universitäten u.

a.

in Durham, Manchester,Liverpool, Leeds und Wales.

Diese red brick universities (Backsteinuniversitäten, im Unterschied zum traditionellen Baustil der älteren Universitäten) zogen Studenten und Lehrende auch aus der Arbeiterschicht an.

Zu den europäischen Neugründungen des 19.

Jahrhunderts zählen außerdem die Universitäten in Athen, Bukarest und Sofia.

InKanada entstanden im 19.

Jahrhundert die Universitäten Toronto und Montreal; in Indien wurden 1857 die Universitäten Kalkutta, Bombay und Madras gegründet.

In Chinakonnten sich die Universitäten im 19.

und beginnenden 20.

Jahrhundert wegen innerer Unruhen nur langsam entwickeln; die Universität Peking wurde 1896 gegründet, diemeisten anderen Universitäten stammen hier aus der Zeit nach dem 2.

Weltkrieg.

In Japan zählen die Universität Tokyo (1877) und die Universität Kyoto (1897) zu denbedeutenden Hochschulen des Landes. 4.5 Entwicklung seit dem 20.

Jahrhundert Im 19.

Jahrhundert waren zahlreiche Universitäten Geburtsstätten demokratischer und revolutionärer Gedanken, so etwa in Russland vor der Oktoberrevolution von 1917.Dort unterdrückte die zaristische Regierung rigoros jeden Versuch, akademische Freiheiten einzuführen, verhaftete Lehrende und Studenten und schickte viele von ihnen indie Verbannung nach Sibirien. In Deutschland stiegen die Studentenzahlen nach dem 1.

Weltkrieg beträchtlich an: Hatte es 1914 noch etwa 59 000 Studenten an deutschen Universitäten gegeben, soverdoppelte sich die Zahl bis 1919 auf 120 000 und stieg bis 1931 auf 138 000 weiter an.

Bemühungen um bildungspolitische Reformen scheiterten meist; in der WeimarerRepublik blieben die Universitäten Träger des Konservativismus und Monarchismus.

Die meisten Hochschullehrer zeigten sich schon vor der Machtergreifung Adolf Hitlersoffen gegenüber den soziale Harmonie und geistige Führerschaft verheißenden nationalsozialistischen Parolen, so dass sich die Gleichschaltung der Universitäten nach 1933. »

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