Sujet 6 ♦ Sujet national, juin 2006, L, LVI Deutsch-russisches Lebensgefühl 5 10 15 20 25 Die Abiturientin Helene Hagenloch...
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Sujet 6
♦ Sujet national, juin 2006, L, LVI
Deutsch-russisches Lebensgefühl
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Die Abiturientin Helene Hagenloch hat die ersten zwei Jahre nicht die Schule in Deutschland,
sondern in einer kleinen Stadt in Kasachstan 1 besucht.
Sie gehort mit ihrer Familie zu den etwa
drei Millionen Aussiedlern 2 , die in Deutschland leben.
"Wir kamen 1992 hierher.
Vorher hatten
meine Eltern lange überlegt, ob sie diesen groBen Schritt wagen sollten.
Doch die Situation für
RuBlanddeutsche, die in der ehemaligen Sowjetunion schon immer sehr schwierig war, hatte sich
mehr und mehr verschlimmert.
Ich wollte meine Freunde auf gar keinen Fall verlassen, doch meine
Mutter lockte 3 mich damit, daB in Deutschland Schokolade auf den Baumen wachsen würde.
Solch· einem Schlaraffenland 4 konnte ich mit sieben Jahren einfach nicht widerstehen."
Heute kann die frohliche Neunzehnjahrige über diese Geschichtê nur lachen.
»Ais wir dann in
Deutschland ankamen, war meine Enttauschung über die ganz normalen Baume hier so groB, daB
ich eine Woche lang nicht mit meiner Mutter gesprochen habe." Erst ais Lena, wie Helene von
ihrer Familie und ihren Freunden genannt wird, zum ersten Mal in einen deutschen Supermarkt
gegangen sei und vor dem SüBigkeitenregal gestanden habe, habe sie ihr verziehen 5 • »Mir wurde
klar, daB meine Mutter mich vielleicht doch nicht ganz angelogen hatte." Die Laden in Kasachstan
seien früherwie überall in der Sowjetunion meist leer gewesen.
Nur Kohl 6 habe es immer gegeben,
für den Rest habe man sich stundenlang anstellen müssen.
Die erste Woche in Deutschland verbrachten Lena und ihre Familie in einem Durchgangslager 7
für Aussiedler.
Gleich ais den Hagenlochs erlaubt wurde, zu ihren Verwandten, die schon früher
nach Deutschland gekommen waren, nach Gottingen zu ziehen, wurden Lena und ihre damais
zwolfjahrige Schwester Inga eingeschult.
"Der erste Tag war für mich furchtbar.
Ich verstand nicht,
was die anderen sagten, denn ich konnte kaum Deutsch.
AuBerdem war die Schule ganz anders
ais die Schulen in Kasachstan.
Es gab keine Uniform; anstatt sich zu melden, unterbrachen die
Schiller die Lehrerin einfach.
Ich war entsetzt und wollte nie wieder hin." Trotz der negativen
Erfahrungen am ersten Tag ging Lena natürlich wieder in die Schule.
»Am Anfang war ich oft
alleine.
Es war alles so fremd und ich wollte auch nicht diese Sprache lernen.
Ich sehnte mich
zurück nach Kasachstan.
Ais ich aber die deutschen Schiller endlich verstand, freundete ich mich
langsam mit ihnen an."
1.
Kasachstan, kasachisch: Republik der ehemaligen Sowjetunion, heute unabhiingiger Staat (le Kazakhstan,
kazakh).
2.
der Aussiedler: émigré venant d'Europe de l'Est ou d'Asie, ayant des ancêtres allemands et, à ce titre, citoyen
allemand de droit
3.
locken : attirer.
4.
das Schlaraffenland : le pays de cocagne.
5.
verzeihen (ie,ie): pardonner.
6.
der Kohl: le chou.
7.
das Durchgangslager: le camp de transit.
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Wahrend Lena und ihre Schwester Deutsch lernten und immer ofter Deutsch anstatt Russich miteinander sprachen, fiel es ihren Eltern, Lydia und Jakob Hagenloch, schwerer, sich an ihr neues
Leben zu gewohnen.
Katharina die GroBe 8 hatte im 18.
Jahrhundert die schwabischen 9 Vorfahren 10 der Hagenlochs an die Wolga gelockt.
lm Zweiten Weltkrieg muBten Lenas UrgroBeltern
dann von der Wolga nach Kasachstan fliehen, wo sie sich in einem Dorf, in dem nur RuBlanddeutsche lebten, ein neues Leben aufbauten.
Deutsch zu sprechen, die Sprache der Kriegsfeinde,
war ihnen damais verboten worden; die Kinder lernten in der Schule nur noch Russisch, und so
ging die Sprache in dem kleinen kasachischen Dorflangsam verloren.
Wahrend Lenas GroBmutter
noch ganz gut Deutsch sprach, lernten ihre Eltem die Sprache nur noch ais Fremdsprache in der
Schule und muBten hier in Deutschland alles wieder neu lernen.
Heute, zwolf Jahre spater, haben die Hagenlochs oft deustche Arbeitskollegen und Freunde zu
Gast.
Nachdenklich schaut Lena aus dem Fenster; "Deutschland ist eine neue Heimat geworden,
doch das bedeutet nicht, daB ich unser Leben in Kasachstan vergessen habe.
Ich denke auf deutsch,
traume auf deutsch, und mein Russisch hat einen deutschen Akzent bekommen.
Ich kann nicht sagen, ob ich mich eher ais Deutsche oder ais Russin sehe.
Ich mochte das Beste aus beiden Kulturen
übernehmen."
Rosa Amu, Zeitung in der Schule mit der Frankfurter Allgemeinen, 2.
November 2004.
1.
Compréhension et expression
1.
Die Hauptperson im Jahre 2004: Erganzen Sie mit Informationen aus dem Text.
Beispiel:
Familienname: Hagenloch
a) Vorname: ........
.
b) Kurzform des Vornamens: ........
.
c) Alter: .........
d) Vomamen der Eltern: ........
.
e) Geschwister: ........
.
,f) Schulabschluss: ........
.
g) Wohnort: ........
.
2.
Was erfahren Sie über die Geschichte der Familie Hagenloch? Bringen Sie Ereignisse, Zeitangaben und Personen in Zusammenhang.
Beispiel:
8.
Katharina die Groj{e (1729-1796): deutsche Prinzessin, die russische Kaiserin wurde (1762-1796) (Catherine II la Grande).
9.
Schwaben, schwiibisch: Region in Südwestdeutschland (la Souabe, souabe).
10.
die Vorfahren : les ancêtres.
-
Zeitanpl,en
Einschulung in Kasachstan
1990
Personen
Lena
.........
.........
.........
e
Ereignisse: Einschulung in Kasachstan/ Geburt in Kasachstan/ Auswanderung von Schwaben
nach Russland/ Aussiedlung/ Deportation von der Wolga nach Kasachstan
Zeitangaben: 18.
Jahrhundert/ Zweiter Weltkrieg/ 1985/ 1990/ 1992
Personen: die Eltern/ die UrgroBeltern/ die schwabischen Vorfahren/ Lena/ Inga
3.
Das Sprachproblem: Verbinden Sie Personen und Aussagen miteinander.
Personen: die Eltern/ die schwabischen Vorfahren/ Lena und Inga / die UrgoBeltern und die
GroBmutter/ die GroBmutter
Aussagen:
a) sprach[en] Russisch und musste[n] Deutsch lernen
b) sprach[en] Deutsch, musste[n] Russisch lernen
c) durfte[n] nicht mehr Deutsch sprechen
d) sprach[en] Russisch, aber konnte[n] noch Deutsch
e) hatte[n] Deutsch in der Schule gelernt, es jedoch vergessen
Beispiel: a) Lena und Inga sprachen Russisch und mussten Deutsch lernen.
4.
,,Meine Mutter lockte mich damit, daB in Deutschland Schokolade auf den Baumen wachsen
würde." (1.
6-1.
7) Was halten Sie von dieser....
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