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Algerien - geographie.

Publié le 06/06/2013

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Algerien - geographie. 1 EINLEITUNG Algerien (französisch Algérie), amtlich Demokratische Volksrepublik Algerien, Republik im Nordwesten Afrikas. Algerien grenzt im Norden an das Mittelmeer, im Osten an Tunesien und Libyen, im Süden an die Republik Niger, Mali und Mauretanien, und im Westen an Marokko und Westsahara. Die Gesamtfläche des zum Maghreb gehörenden Landes beträgt 2 381 741 Quadratkilometer; damit ist Algerien nach der Republik Sudan der zweitgrößte Staat in Afrika. 2 PHYSISCHE GEOGRAPHIE Algerien lässt sich in vier Naturräume mit ausgeprägter West-Ost-Zonierung gliedern. Hinter der maximal 100 Kilometer breiten, durch Buchten reich gegliederten Küstenebene am Mittelmeer erstreckt sich nach Süden der steil abfallende Tellatlas (siehe Atlasgebirge) mit einer mittleren Höhe von etwa 1 500 Metern. Die Tal- und Beckenlandschaften dieser Region stellen das ackerbauliche Zentrum Algeriens dar. An den Hängen des Tellatlas entspringt der ins Mittelmeer mündende Chélif, mit 725 Kilometern der längste Fluss Algeriens. Südlich des Tellatlas gibt es dagegen keine ständig wasserführenden Flüsse mehr. Die sich im Süden und Südwesten anschließende Region ist das Hochland der Schotts (Chotts, Shebchas), eine Hochebene mit mehreren Salztonebenen. In diesen Becken sammelt sich in der Regenperiode Wasser und bildet große, seichte Seen; wenn diese in der anschließenden Trockenperiode verdunsten, bleibt salzhaltiger Ton zurück, der beim Trocknen reißt und große, kantige Schollen bildet. Südlich des Hochlandes der Schotts erstreckt sich das Massiv des Saharaatlas. In diesem annähernd parallel zum Tellatlas verlaufenden Naturraum werden maximale Höhen von rund 2 300 Metern erreicht. An den Saharaatlas schließt sich nach Süden die vierte und bei weitem größte Region an, die algerische Sahara, die über 90 Prozent des Landes einnimmt. Ein Großteil dieser Region ist von weiten Kies- und Geröllebenen bedeckt. Einen flächenmäßig deutlich geringeren Anteil nehmen Sandwüsten ein, wie etwa die Sanddünengebiete des Östlichen und Westlichen Großen Erg, des Erg Iguidi und des Erg Chech. Markante Landschaften im Bereich der algerischen Sahara sind die Plateaus Tassili N'Ajjer und Tademaït sowie große Gebirgsstöcke, insbesondere der Ahaggar (Hoggargebirge) im Süden des Landes. Hier befindet sich mit dem 3 003 Meter hohen Tahat die höchste Erhebung Algeriens. Nur 3,2 Prozent der Landesfläche haben fruchtbare Böden; vor allem die Gebirgstäler und die Küstenebenen werden agrarisch genutzt. Die Böden der höheren Lagen sind meist nährstoffarm und eignen sich überwiegend für extensive Beweidung. 2.1 Klima Den Norden des Landes prägt mediterranes Klima mit warmen, trockenen Sommern und milden, regenreichen Wintern. Hier werden mit bis zu 1 000 Millimetern die höchsten Jahresniederschläge des Landes verzeichnet. Die durchschnittlichen Temperaturen liegen zwischen 25 °C im Sommer und 11 °C im Winter. Im Sommer tritt hier häufig ein sehr heißer, trockener Wind auf, der Schirokko (arabisch Chehili); von seinem Ursprungsgebiet in der Sahara weht er zum Mittelmeer hin. Nach Süden wird das Klima zunehmend kontinentaler. Im Hochland der Schotts liegen die mittleren Monatstemperaturen zwischen 30 °C im Sommer und um 0 °C im Winter. Die Jahresniederschläge erreichen hier im Mittel 350 Millimeter. Die Nordflanke des Saharaatlas ist feuchter, an den Südhängen vollzieht sich der Übergang zum heißen und trockenen Klima der Sahara, das von großen täglichen Temperaturunterschieden geprägt wird. In den Sommermonaten können in der algerischen Wüste 45 °C überschritten werden, die mittleren Jahresniederschläge liegen in den trockensten Regionen unter 50 Millimetern. 2.2 Flora und Fauna Nach Erlangen der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1962 stieg die Bevölkerung Algeriens sprunghaft an, was die Umwelt schwer belastete. Die größten ökologischen Bedrohungen sind Entwaldung, Buschbrände, die Umwandlung der Steppen in Ackerland sowie die Bodenerosion aufgrund von Überweidung und falschen Anbaumethoden. Die Küstengewässer des Mittelmeeres sind an vielen Stellen verschmutzt. Vor allem Feuchtgebiete, darunter auch Teile eines jüngst entstandenen Nationalparks, sind Umweltzerstörungen ausgesetzt. In der Küstenregion und in den unteren Bereichen des Tellatlas herrscht mediterrane Vegetation vor. Wälder fehlen aufgrund der jahrhundertelangen Abholzung und Beweidung weitgehend und sind heute durch immergrüne Strauchvegetation ersetzt. Nur in den Berglagen des Tell- und Saharaatlas sind Wälder in nennenswertem Ausmaß noch zu finden (1 Prozent der Gesamtfläche). Sie sind von Nadelgehölzen wie der Aleppokiefer (Pinus halepensis) und der Atlas-Zeder (Cedrus atlantica) beherrscht; daneben kommen verschiedene Eichenarten, darunter auch die Korkeiche vor, aus deren Rinde man Kork gewinnt. In den Ebenen und südlich des Tellatlas wird die Landschaft weitgehend von lückenhafter Steppenvegetation aus Espartogras (Stipa tenacissima, auch Halfagras genannt) und niedrigen Kräutern und Sträuchern geprägt, die für die Beweidung mit Ziegen oder Dromedaren genutzt wird. Die Pflanzenwelt der Sahara ist großteils auf die Gebiete mit einer einigermaßen guten Wasserversorgung konzentriert. In Grundwassernähe oder entlang zeitweise wasserführender Flüsse (Wadis) sowie an Wasserbecken in den Gebirgen finden sich lockere Bestände aus Akazien, Jujube und anderen Gehölzen, untersetzt mit dürreresistenten Gräsern. Insgesamt wurden in Algerien 3 140 Pflanzenarten nachgewiesen, darunter 250 endemische Spezies. Die spärliche Vegetation des Landes bedingt, dass vor allem im Süden nur eine geringe Anzahl von Tieren vorkommt, die allerdings hochspezialisiert und an das Wüstenleben angepasst sind. Hier leben Schakale, Fenneks, Gazellen, Wildesel, Klippschliefer und Kleinsäuger wie Wüstenspringmäuse. Die Vogelwelt ist u. a durch Strauße, Geier und Flughühner repräsentiert; zu den Reptilien gehören verschiedene Vipernarten. Ungefähr 24 Prozent des Landes sind offizielle Schutzgebiete, wobei die Nationalparks jedoch nur 5 Prozent (2007) der Gesamtfläche ausmachen. Der weitläufige Tassili N'Ajjer-Nationalpark im östlichen Landesteil nimmt einen Großteil dieser Fläche ein. Algerien arbeitet mit anderen Staaten zusammen, um das Mittelmeer vor weiterer Verschmutzung zu schützen, die Zerstörung gefährdeter Lebensräume zu verhindern und mehr als 5 Prozent der Landesfläche unter Naturschutz zu stellen. Das Land ratifizierte die Ramsar-Konvention über Feuchtgebiete, gehört der World Heritage Convention an und verfügt über zwei offizielle Biosphärenreservate im Rahmen eines Programms der UNESCO. 3 BEVÖLKERUNG Die Bevölkerung des Landes besteht fast ausschließlich aus Arabern, Berbern sowie Menschen gemischt arabisch-berberischer Herkunft, wobei die Araber den weitaus größten Bevölkerungsanteil stellen (etwa 70 Prozent). Im äußersten Süden des Landes finden sich außerdem einige schwarzafrikanische Bevölkerungsgruppen. Unter den Berbern stellen die wichtigsten Gruppen die Kabylen (im westlichen Tellatlas), die Mozabiten oder Mzabiten (im so genannten Mzab, der Region um die Stadt Ghardaia) und die Tuareg (in der südlichen Sahara) dar. Bis 1962 lebten außerdem ungefähr eine Million europäischer Siedler, meist Franzosen, und eine Gruppe von 150 000 einheimischen Juden in Algerien. 90 Prozent dieser Gruppe emigrierten jedoch, nachdem das Land 1962 unabhängig geworden war, so dass Ende der achtziger Jahre nur noch circa 60 000 Europäer im Land waren. In den neunziger Jahren kam es zu weiteren Abwanderungen aufgrund von Anschlägen islamischer Fundamentalisten, die sich gezielt gegen nichtarabische Ausländer richteten. Algerien hat 33,7 Millionen Einwohner (2008). Die Bevölkerungsdichte liegt bei 14 Einwohnern pro Quadratkilometer, sie ist jedoch extrem ungleich verteilt; im Küstengebiet, wo die Hälfte der Bevölkerung lebt, beträgt sie ungefähr 100, in der Sahara dagegen nur fünf Einwohner pro Quadratkilometer. Das Bevölkerungswachstum beträgt 1,2 Prozent. 40 Prozent der Algerier leben auf dem Land. 3.1 Wichtige Städte Algier ist die Hauptstadt, der wichtigste Hafen und die größte Stadt des Landes (3,06 Millionen Einwohner). Weitere wichtige Städte sind Oran (656 000), ein bedeutendes Handelszentrum, Constantine (462 000), Zentrum eines Viehzucht- und Getreideanbaugebiets und Universitätssitz, Annaba (306 000), wichtiger Hafen und Industriezentrum, Blida (171 000), Sétif (170 000) sowie Tamanrasset, Verkehrs- und Handelsmittelpunkt der Sahararegion. 3.2 Sprache und Religion Die Amtssprache Arabisch wird von etwa 85 Prozent der Bevölkerung gesprochen. Vor dem Hintergrund massiver Spannungen zwischen Arabern und Berbern erkannte das algerische Parlament im April 2002 die Berbersprache Tamazight als zweite offizielle Sprache an. Französisch dient immer noch als Verkehrssprache und wird von vielen gebildeten Algeriern in Wort und Schrift beherrscht. Der Islam in seiner sunnitischen Ausprägung ist die offizielle Staatsreligion, zu der sich die überwiegende Mehrheit (99 Prozent) der Bevölkerung bekennt. Immigranten aus Europa, Südamerika und dem Nahen Osten bilden eine christliche Minorität. 3.2.1 Feiertage Die muslimischen Feiertage richten sich nach dem islamischen Mondkalender und finden daher jedes Jahr an anderen Tagen statt. Nationalfeiertage sind Neujahr (1. Januar), Tag der Arbeit (1. Mai), Revolutionstag (19. Juni), Unabhängigkeitstag (5. Juli) und der Jahrestag der Revolution (1. November). Das erste der drei wichtigsten islamischen Feste ist El Aid Essgher, ein drei Tage dauerndes Festessen am Ende des Monats El Ramadan. Der zweitwichtigste islamische Feiertag ist El Eid Thamukrate oder das Fest der Opferung, das in Verbindung mit der Pilgerfahrt nach Mekka im Juni oder Juli gefeiert wird. Es erinnert nicht nur an die Wallfahrt, sondern auch an die Bereitschaft Abrahams, seinen Sohn zu opfern. Ein weiterer wichtiger Feiertag ist der Geburtstag des Propheten Mohammed im September oder Oktober. 3.3 Soziales Das Land verfügt über eine allgemeine Sozialversicherung für Arbeitnehmer, jedoch nicht über eine Arbeitslosenhilfe. Die Regierung unterstützt soziale Fürsorgeprogramme zur finanziellen Unterstützung von Alten, Bedürftigen, Behinderten und Hinterbliebenen. Staatlich gefördert werden weiterhin die nicht in der Landwirtschaft tätigen Arbeiter, Agrarreformen und der soziale Wohnungsbau. Die Arbeitslosenquote beträgt 20,1 Prozent (2004); besonders stark sind junge Menschen unter 25 Jahren von der Arbeitslosigkeit betroffen. Seit 1974 wird die medizinische Versorgung allen algerischen Bürgern kostenlos zur Verfügung gestellt. Obwohl es in den letzten Jahren zu beträchtlichen Verbesserungen im Gesundheitswesen gekommen ist, bleibt die medizinische Versorgung immer noch unbefriedigend, vor allem in ländlichen Gebieten. Auf einen Arzt kommen 1 182 Einwohner. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 72,1 Jahren für Männer und 75,5 Jahren für Frauen (2008). Die Kindersterblichkeitsrate beträgt 28 Sterbefälle pro 1 000 Lebendgeburten. Trotz des starken Anstiegs der Einwohnerzahl gehört die Bevölkerungswachstumsrate in Algerien zu den niedrigsten in Afrika, sie ist in den letzten Jahren stetig gesunken. In den vergangenen Jahrzehnten ist die durchschnittliche Lebenserwartung gestiegen und die Kindersterblichkeitsrate kontinuierlich zurückgegangen. Nachdem die Cholera unter Kontrolle gebracht wurde, sind die Gesundheitsbehörden bemüht, auch andere epidemische Krankheiten wie Malaria und Tuberkulose einzudämmen. Weitere gesundheitliche Probleme sind die Unterernährung und Augenkrankheiten wie Bindehautentzündung. Frisches Wasser ist in Algerien knapp, wobei der Verbrauch pro Kopf jedoch gering ist und die Mehrheit der Bevölkerung in urbanen und ruralen Gebieten über sichere Wasserquellen verfügt. 4 BILDUNG UND KULTUR 4.1 Bildung und Schulwesen Die Schulausbildung ist kostenlos und wird von mehr als 95 Prozent aller schulpflichtigen Kinder wahrgenommen. Das algerische Bildungssystem ist dem französischen nachempfunden, wurde jedoch kurz nach der Unabhängigkeit des Landes einer Arabisierung unterzogen. Die Regierung führte neue Lehrmethoden ein, begann damit, algerische Lehrer auszubilden und ausländische, arabisch sprechende Lehrkräfte ins Land zu holen. 1976 wurden alle Privatschulen geschlossen und die allgemeine Schulpflicht über 9 Schuljahre eingeführt. Algerien besitzt neun Universitäten, darunter zwei technische Hochschulen. Es waren an allen höheren Bildungsinstitutionen insgesamt 683 000 Studenten eingeschrieben. Die älteste Universität ist diejenige von Algier (gegründet 1879); daneben gibt es in Algier noch zwei weitere Hochschulen. Außer der Universität Algier wurden alle anderen Universitäten und fast alle der etwa 20 Berufsakademien erst nach der Unabhängigkeit Algeriens gegründet. 4.2 Kultureinrichtungen Noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war das kulturelle Leben Algeriens durchweg französisch geprägt. Doch schon vor der Unabhängigkeit gab es unter algerischen Künstlern und Intellektuellen eine Bewegung zur Wiederbelebung der arabisch-berberischen Interessen, die seit 1962 auch von staatlicher Seite unterstützt wurde. Bei den Bibliotheken steht die Staatsbibliothek in Algier (1835 gegründet) an erster Stelle. Sie verfügt über eine Million Bände, darunter bedeutende Arbeiten zu afrikanischen Themen. Bedeutende Literatursammlungen beherbergt außerdem die Universität in Algier, welche über 700 000 Bände umfasst. An wichtigen Museen des Landes sind das prähistorische und ethnographische Museum (gegründet 1928), das Nationalmuseum der Antike (1897) und die Nationalgalerie (1930) zu nennen, die sich alle in Algier befinden. Das Museum von Cirta (1853) in Constantine beinhaltet eine Kunst- und eine archäologische Sammlung. 4.3 Kunst Obwohl arabisch-algerische Schriften von den Franzosen in den fünfziger Jahren unterdrückt wurden, belebte der Unabhängigkeitskrieg das Interesse an einheimischer arabischer Literatur. Bekannte algerische Schriftsteller des 20. Jahrhunderts sind Kateb Yacine, Mohammad Dib und Malek Haddad, die ihre Werke überwiegend auf Französisch verfassten. Der große französische Schriftsteller Albert Camus wurde in Algerien geboren und ausgebildet. 4.4 Medien Alle Nachrichtenmedien des Landes einschließlich der sechs Tageszeitungen werden vom Staat kontrolliert. Verlage sowie Fernseh- und Rundfunkstationen unterstehen der Aufsicht staatlicher Behörden. 5 VERWALTUNG UND POLITIK Algerien ist seit der Unabhängigkeit 1962 eine Republik. In einer Volksabstimmung wurde 1976 eine Nationalcharta angenommen, die die führende Rolle der Einheitspartei Front de Libération Nationale (FLN) sowie als Staatsziel den Sozialismus festschrieb. Durch die Verfassungsänderung von 1989 wurden erstmals auch oppositionelle Parteien zugelassen. Die Verfassung von 1996 stärkte die Stellung des Präsidenten. 5.1 Exekutive und Legislative Der Präsident wird direkt vom Volk für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Die 380 Mitglieder der Nationalversammlung (Assemblée Populaire Nationale) werden ebenfalls für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Der Rat der Nationen oder Senat ( Conseil de la Nation oder Sénat) umfasst 144 Abgeordnete mit einer Amtszeit von sechs Jahren; 96 seiner Mitglieder werden von Kommunalräten gewählt, 48 vom Staatsoberhaupt ernannt. 5.2 Judikative Das höchste Gericht Algeriens ist der Oberste Gerichtshof, der sowohl als oberstes Berufungsgericht als auch als Staatsrat fungiert. Neben Berufungsgerichten und speziellen Strafgerichtshöfen (für Wirtschaftsverbrechen gegenüber dem Staat) vervollständigen zahlreiche weitere, kleinere Gerichte das juristische System des Landes. 5.3 Kommunalverwaltung Algerien ist in 48 Verwaltungseinheiten unterteilt, die so genannten Wilayas, die wiederum in insgesamt fast 700 Kommunen untergliedert sind. Jede der Verwaltungseinheiten wird von einem durch die Zentralregierung ernannten Gouverneur geleitet. Der Stadtrat erlässt Kommunalgesetze und setzt alle Verwaltungsbeamten ein. 5.4 Verteidigung Der Präsident ist der oberste Befehlshaber der Streitkräfte des Landes. Der Kern der 137 500 Mann starken Armee ging nach der Unabhängigkeit des Landes aus der Befreiungsarmee hervor. Die 10 000 Mann starke Luftstreitkraft ist mit Düsenflugzeugen und Helikoptern sowjetischer und französischer Herkunft ausgestattet. Das Heer umfasst 120 000 Soldaten; die Seestreitkräfte verfügen über 7 500 Mann. 6 WIRTSCHAFT Algerien ist aufgrund bedeutender Rohstoffvorkommen eine der reichsten Nationen Afrikas. Die Landwirtschaft spielt zwar eine abnehmende, aber beschäftigungspolitisch immer noch bedeutende Rolle - hier arbeiteten Anfang der neunziger Jahre rund ein Fünftel aller Erwerbstätigen. Dagegen nahm der Dienstleistungssektor in den letzten Jahrzehnten stark zu; hier sind 53 Prozent der Erwerbstätigen beschäftigt. Seit dem Ende der sechziger Jahre führt die Regierung Industrialisierungsprogramme und Agrarreformen durch und ist bemüht, die industrielle Entwicklung des Landes voranzutreiben. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 115 Milliarden US-Dollar (2006; Dienstleistungen 30,1 Prozent, Industrie 61,5 Prozent, Landwirtschaft 8,5 Prozent); daraus ergibt sich ein BIP pro Einwohner von 3 440 US-Dollar. 6.1 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Etwa 18 Prozent der Landesfläche können landwirtschaftlich genutzt werden. Obwohl 21 Prozent aller Arbeitskräfte in der Landwirtschaft beschäftigt sind, werden durch sie nur 8,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Die landwirtschaftliche Produktivität ist sehr niedrig und zahlreiche Nahrungsmittel müssen eingeführt werden. Die ertragreichsten Produkte sind Weizen, Gerste, Kartoffeln, Weintrauben, Orangen, Oliven und Datteln. Der Viehbestand umfasst vor allem Schafe, Ziegen und Rinder. Wälder bedecken nur 1 Prozent der Gesamtfläche des Landes. In den siebziger Jahren wurden verschiedene Projekte zur Wiederaufforstung eingeleitet. Holz wird im Land hauptsächlich als Brennmaterial und, ebenso wie Kork, für industrielle und kommerzielle Zwecke verwendet, Baumrinde dient als Rohstoff für die Gerbereien. Aus Holz stellt man außerdem Holzkohle her, ebenfalls ein wichtiger Brennstoff. Die Fischereiindustrie nimmt eine wichtige Stellung in Algerien ein. Der Großteil des Fanges besteht aus Sardinen, Anchovis, Sprotten, Thunfischen und Schalentieren. 6.2 Bergbau Die wichtigsten Bodenschätze Algeriens sind seine großen Lagerstätten an Erdöl und Erdgas in der Sahararegion. Vor allem die Erdgasvorkommen zählen zu den größten der Welt. Laut UN-Schätzungen lagern in Algerien mehr als 3 600 Milliarden Kubikmeter Erdgas, was etwa 2,5 Prozent der Gesamtweltvorräte entspricht (ebenfalls geschätzt). Das Land ist Mitglied der OPEC und gehört zu den größten Erdgasexporteuren der Welt. Weitere wichtige Mineralprodukte sind Eisenerz und Pyrit, Kohle, Zink, Blei, Quecksilber und Kupfer sowie Phosphate. Nahezu der gesamte Bergbau und die Industrie werden vom Staat kontrolliert. 6.3 Industrie Die wichtigsten Industriezweige für Algeriens Wirtschaft sind neben Erdgas- und Erdölförderung sowie petrochemischer Industrie die Eisen- und Stahlerzeugung. Ein Großteil der Industriestandorte ist an der Mittelmeerküste angesiedelt. Hier sind beispielsweise die Ballungsräume um Algier, Oran, Bejaja, Skikda und Annaba zu nennen. Weitere wichtige Industriebereiche sind Bau- und chemische Industrie, Textil-, Bekleidungs- und Lederindustrie, die Produktion von Nahrungs- und Genussmitteln sowie Holz- und Papierindustrie. Im Bereich Handwerk sind besonders das Kunsthandwerk und die Teppichherstellung erwähnenswert. 6.4 Währung und Bankwesen Die Landeswährung ist der Algerische Dinar (= 100 Centimes). Die Zentralbank Algeriens leitet alle währungspolitischen Entscheidungen. 1966 wurden alle ausländischen und privaten Banken verstaatlicht. 6.5 Außenhandel Die Hauptexportgüter Algeriens sind Erdgas, Erdöl, Eisenerz, Gemüse, Tabak, Phosphate, Früchte, Kork und Tierhäute (32,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2004). Hauptimportwaren sind Maschinen, Textilien, Zucker, Getreide, Eisen, Stahl, Kohle und Benzin (18,4 Milliarden US-Dollar). Die Europäische Union (EU) ist der wichtigste Handelspartner des Landes. Die EU bezieht zwei Drittel der Exporte des Landes und einen Großteil seines Öles. Weitere wichtige Handelspartner sind die USA und Japan. Algeriens Handelsbilanz und sein Handelsvolumen hängen insgesamt stark von den Erdöl- und Erdgaspreisen ab. Die Handelsbilanz Algeriens ist negativ. Die Auslandsverschuldung lag bei etwa 28 Milliarden US-Dollar. 6.6 Gewerkschaften Die algerische Arbeitergewerkschaft, 1956 während der Unabhängigkeitskämpfe gegründet, hat eine Million Mitglieder und ist nach Berufssparten in zehn Sektoren unterteilt. 1973 wurde die algerische Bauerngewerkschaft gegründet. Sie zählt 700 000 Mitglieder. Algerien verfügt über 13,9 Millionen Arbeitskräfte, von denen etwa 26 Prozent in Industrie und Handel tätig sind, 21 Prozent in der Landwirtschaft und 53 Prozent in der Verwaltung. 6.7 Verkehrswesen Das Schienen- und Straßennetz ist hauptsächlich im nördlichen Drittel des Landes ausgebaut. Fünf Bahnlinien führen bis zum nördlichen Rand der Sahara und ein Straßensystem verbindet die Ölfelder der Sahara mit der Küste. Das Schienennetz hat eine Länge von 3 572 Kilometern (2005); das Straßennetz umfasst etwa 108 302 Kilometer, darunter 70 Prozent asphaltierte Straßen (2004). Der algerische Teil der Trans-Sahara-Route, der von der Mittelmeerküste vorbei an Tamanrasset bis zur nigerianischen Grenze und von dort aus durch den Niger bis nach Nigeria führt, wurde 1985 fertig gestellt und ist bis Tamanrasset asphaltiert. Die nationale Fluglinie Air Algérie fliegt sowohl nationale als auch internationale Flughäfen an. 7 GESCHICHTE Höhlenmalereien in der Ahaggarregion belegen, dass das Gebiet des heutigen Algerien bereits im 8. Jahrtausend v. Chr. besiedelt war. Seit alters vor allem von Berbern bevölkert, einem hellhäutigen nomadisierenden Hirtenvolk, das wahrscheinlich schon vor 4 000 Jahren aus dem westlichen Asien nach Nordafrika eingewandert war, wurde die Region, die in der Antike teils zu Numidien und teils zu Mauretanien gehörte, nicht zuletzt wegen ihrer strategisch günstigen Lage an der nordafrikanischen Mittelmeerküste nacheinander von Phöniziern, Römern, Wandalen, Byzantinern, Arabern, Osmanen und Franzosen beherrscht. Für das Verständnis der neueren Geschichte sowie der aktuellen Lage in Algerien besonders relevant sind die Invasionen der Araber, die die Berber im 7. Jahrhundert zwangsislamisierten, und der Franzosen, die das Land Mitte des 19. Jahrhunderts kolonisierten. 7.1 Islamisierung und osmanische Herrschaft Nach anfänglichem Widerstand unterwarfen sich die Berber den arabischen Eroberern und wurden in das Kalifat der Omaijaden integriert. Sein Zerfall ermöglichte es den überwiegend schiitischen Berbern im 8. Jahrhundert, eigene Königreiche zu errichten und so mächtige Dynastien wie die Almoraviden und die Almohaden hervorzubringen, die zeitweise den gesamten Westen Nordafrikas und den Süden Spaniens beherrschten. Im heutigen Algerien liegende Hafenstädte wie Bejaja und Annaba erlebten eine Blütezeit und unterhielten lebhafte Handelsbeziehungen mit allen Teilen Europas. Die um 950 gegründete Stadt Algier, die lange Zeit relativ bedeutungslos war, kam ab dem 13. Jahrhundert als Stützpunkt der Korsaren zu zweifelhaftem Ruhm und Größe. Sie wurde nach der Vertreibung der Spanier, die sich zur Bekämpfung der Piraterie an der nordafrikanischen Küste festgesetzt hatten, zur regionalen Hauptstadt des Osmanischen Reiches, unter dessen Oberhoheit die Region seit 1519 stand. Für die Sicherheit des osmanischen Statthalters der autonomen Provinz Algier sorgten Janitscharen, die im 17. Jahrhundert immer eigenmächtiger wurden und zusammen mit den Korsaren eigene Herrscher einsetzten, die den Titel ,,Dey von Algier" trugen. Ihre Macht brachen erst 1830 die Franzosen, als sie nach mehreren erfolglosen Versuchen der Engländer, Spanier und Niederländer sowie einem halben Dutzend eigener Anläufe die Stadt einnahmen. 7.2 Französische Kolonisierung Algier diente den Franzosen in der Folgezeit als wichtigster Stützpunkt bei der Eroberung des Hinterlandes, wo sie auf heftigen Widerstand der Berberstämme unter der Führung von Abd el-Kader stießen, der erst Ende 1846 unterworfen werden konnte und bis heute als Nationalheld gefeiert wird. Frankreich annektierte Algerien 1848 formell, sorgte für eine moderne Infrastruktur, monopolisierte die landwirtschaftlichen Nutzflächen und ließ sie, auf die Bedürfnisse des französischen Mutterlandes zugeschnitten, von Hunderttausenden europäischer Siedler (Colons) bewirtschaften. Die muslimische Bevölkerungsmehrheit hatte nur wenig Anteil an der Prosperität Algeriens und war vielfältigen Restriktionen ausgesetzt. Einheimische kamen zwar in den Genuss der französischen Staatsbürgerschaft, hätten jedoch ihrem Glauben abschwören müssen, um alle damit verbundenen Rechte in Anspruch nehmen zu können. Selbst den assimilierten Eliten, die französische Schulen besuchten und die französische Kultur übernahmen, blieb eine Teilhabe an Politik und Verwaltung verwehrt. Durch ein Zweiklassenwahlrecht sicherte die Kolonialmacht die Vorherrschaft und Privilegien der Algerien-Europäer. 7.3 Nationalismus und Widerstand Immer wenn Frankreich in einen Krieg verwickelt war - also 1871 (Deutsch-Französischer Krieg), 1914 (1. Weltkrieg) und 1940 (2. Weltkrieg) -, versuchten die Einheimischen die Gunst der Stunde zu nutzen, um Reformen des Kolonialsystems durchzusetzen. Die hartnäckige Verweigerung von Zugeständnissen seitens der Colons ließ in der indigenen Bevölkerung ein zunehmendes Nationalbewusstsein aufkeimen, das sich schließlich in der Gründung oppositioneller Gruppierungen wie der Jeunes Algériens oder der Fédération des Élus Ausdruck verlieh. Hoffnungen schöpften die Algerier, als sich die USA aktiv in den 2. Weltkrieg in Europa einschalteten. Ermutigt durch den antikolonialistischen Grundtenor der Atlantikcharta und entsprechende Äußerungen der französischen Exilregierung unter General Charles de Gaulle sowie in der Erwartung des baldigen Endes des mit Deutschland kollaborierenden Vichy-Regimes in Frankreich versuchten die verschiedenen nationalistischen Gruppen, ihre Differenzen zu begraben, um an einem Strang zu ziehen. Am 14. März 1944 schlossen sie sich zu einer Allianz mit dem Namen Amis du Manifeste et de Liberté (AML) zusammen, benannt nach dem Manifeste du Peuple Algérien vom 10. Februar 1943, mit dem sie ihren Forderungen Nachdruck verleihen wollten. Mit von der Partie war der gemäßigte Nationalist Ferhat Abbas, in den zwanziger Jahren einer der ersten Wortführer der Unabhängigkeitsbewegung. Hatte er 1936 die Idee eines souveränen Algerien für völlig utopisch gehalten, trat er nun vehement für eine Autonomie Algeriens als assoziierter Staat in einer Föderation mit einer erneuerten, antikolonialistischen und antiimperialistischen französischen Republik ein, was zum programmatischen Credo seiner 1946 gegründeten Union Démocratique du Manifeste Algérien (UDMA) werden sollte. Wesentlich radikaler gab sich das AML-Mitglied Ahmed Messali vom Parti du Peuple Algérien (PPA), der aus der kommunistischen Partei Étoile Nord-Africaine (ENA) erwachsen war, die das verelendete algerische Proletariat in den Industriestädten vertrat. Mit Maximalforderungen wie nach einem von Frankreich losgelösten Staat in einer Union mit anderen Maghreb-Ländern stieg Messali zeitweise zum Kopf des algerischen Widerstandes auf. Sein PPA entwickelte sich in den fünfziger Jahren als Mouvement pour le Triomphe des Libertés Démocratiques (MTLD) zu einer Massenbewegung. Als sich die Kolonisten mit Milizen wappneten, bildete das MTLD die paramilitärische Organisation Speciale (OS) aus, in der sich zum bewaffneten Kampf entschlossene junge algerische Exoffiziere, die in der französischen Armee gedient hatten, sammelten, darunter Ahmed Ben Bella. 1950 wurde die OS von der Polizei zerschlagen, und 1954 zerfiel auch das MTLD. Während Ben Bella, der 1952 aus dem Gefängnis ins ägyptische Exil geflohen war, den Front de Libération Nationale (FLN) gründete und die Armée de Libération Nationale (ALN) aufstellte, organisierte sein Rivale Messali den Unabhängigkeitskampf im Mouvement National Algérien (MNA). 7.4 Befreiungskrieg (1954-1962) Als Initialzündung für den algerischen Befreiungskampf gilt ein blutiger Aufstand gegen die Kolonialherrschaft am 8. Mai 1954 in Sétif, der von den französischen Sicherheitskräften unbarmherzig niedergeschlagen wurde und kollektive Vergeltungsaktionen nach sich zog, die zehntausende Algerier das Leben kosteten. Der Aufstand führte auch zum Verbot der AML. Den Auftakt der Kampfhandlungen bildete eine Serie von Bombenanschlägen in 30 algerischen Städte in der Nacht zum 1. November 1954. Ein halbes Jahr nach dem unrühmlichen Rückzug aus Indochina (siehe Indochinakrieg) begann damit für Frankreich ein weiterer Krieg - der blutigste Krieg Nordafrikas -, der nach mehr als sieben Jahren zum Verlust seiner letzten Kolonie führen und am Ende - je nach Schätzung - 300 000 bis 1,5 Millionen Menschen das Leben gekostet haben sollte. Den Punkt, an dem es kein Zurück mehr zu einer Verhandlungslösung gab, markiert der 20. August 1955, an dem Siedlermilizen aus Rache für die Tötung von 71 Europäern und 62 Algeriern durch ALN-Kämpfer in Philippeville 1 000 Algerier ermordeten und damit eine beispiellose Spirale der Gewalt in Gang setzten. In Frankreich löste die Wahl des verhandlungsbereiten Pierre Pflimlin zum Ministerpräsidenten im Mai 1958 eine Staatskrise aus, die zum Ende der IV. Republik führte. Treibende Kraft war der aus dem Ruhestand reaktivierte Charles de Gaulle, der die Rolle des Retters der Nation gerne annahm aber zur Überraschung der Algerienfranzosen und vor allem der Militärs, die ihn faktisch an die Macht gebracht hatten, nach einigen Monaten des Taktierens am 16. September 1959 die Selbstbestimmung der Algerier anerkannte. Bei einem Referendum ein Jahr später votierten mehr als drei Viertel der Franzosen für die Unabhängigkeit Algeriens und machten damit den Weg frei für Verhandlungen mit der vom FLN gebildeten provisorischen algerischen Exilregierung. Am 22. April 1961 versuchten Generäle in Algier sich der Entwicklung durch einen Putsch entgegenzustemmen. Ihr Widerstand brach jedoch zusammen, als am 26. April 1961 zwölf Millionen Franzosen mit einem Generalstreik der Verschwörung eine Absage erteilten. Ein Teil der Ultras ging daraufhin in den Untergrund und formiert die Organisation de l'Armée Secrète (OAS), die Algerien und Frankreich monatelang mit Bombenterror überzog. 7.5 Unabhängigkeit und Staatsbildung Die Verhandlungen mit der algerischen Exilregierung mündeten am 18. März 1962 in den Vertrag von Évian und die Unabhängigkeit Algeriens am 5. Juli 1962. Durch den fluchtartigen Abzug der rund eine Million in Algerien ansässigen Europäer verlor das kriegszerstörte Land fast seine gesamten wirtschaftliche Elite. Im libyschen Tripolis verabschiedete die FLN-Führung eine Verfassung, die Algerien zu einem sozialistischen Einparteienstaat machte mit Ben Bella als autokratischem Führer an der Spitze (ab 1963 Staatspräsident). Ideologische Differenzen und Meinungsverschiedenheiten über den politischen Kurs des Landes führten bereits 1965 zum Sturz Ben Bellas durch einen blutigen Staatsstreich seines langjährigen Mitstreiters Houari Boumedienne, der nun als Vorsitzender eines Revolutionsrates das Amt des Staats- und Regierungschefs (ab 1977 Staatspräsident) übernahm. Boumedienne paktierte in der Zeit des Kalten Krieges mit der Sowjetunion und versuchte wie sein Vorgänger, die einflussreichen fundamentalistischen Geistlichen der seit 1931 bestehenden Organisation der Ulamas durch Konzessionen einzubinden. Eine 1976 per Referendum zur Verfassung erhobene Nationalcharta schrieb zwar die führende Rolle des FLN fest und legte Algerien auf den Sozialismus fest, erhob aber gleichzeitig den Islam zur Staatsreligion. In seiner 13-jährigen Amtszeit erwarb sich Boumedienne nicht zuletzt durch die wirtschaftlichen Erfolge des algerischen Sozialismus, die sich freilich im Wesentlichen auf Erdölexporte gründeten, großes Ansehen im arabischen Raum und in der gesamten Dritten Welt. 7.6 Staatskrise und islamischer Extremismus Nach Boumediennes Tod 1978 wurde Oberst Bendjedid Chadli zu seinem Nachfolger gewählt. Bereits Anfang der achtziger Jahre zeichneten sich ethnische Konflikte mit verschiedenen Berberstämmen ab, die gegen die zunehmende Arabisierung opponierten und kulturelle Eigenständigkeit verlangten. Gleichzeitig kam es zu ersten gewaltsamen Ausschreitungen extremistischer Muslime, die einen stärkeren Einfluss des Islam auf die algerische Gesellschaft forderten. Im Londoner Exil organisierte der inzwischen aus dem Hausarrest entlassene Ben Bella zudem eine Front der Gegner des Regimes. Als sich auch noch die soziale Not infolge der sich rapide verschlechternden Wirtschaftslage in Massenprotesten Luft machte, musste sich Chadli 1988 dem Druck von der Straße beugen. Er lockerte das politische Monopol des FLN, leitete demokratische Reformen ein und trug den verschiedenen Forderungen durch eine neue Nationalcharta Rechnung, die einen pragmatischen Sozialismus mit privatwirtschaftlichen Komponenten betonte und die gesellschaftliche Bedeutung des Islam hervorhob. In seiner dritten Amtszeit legte Chadli 1989 eine neue Verfassung zur Volksabstimmung vor, in der von Sozialismus keine Rede mehr war und die erstmals eine politische Opposition legalisierte. Nachdem bereits Ende 1989 mehr als 300 000 islamische Fundamentalisten ihrem Protest gegen die Regierung in Demonstrationen Ausdruck verliehen hatten, setzte sich bei den ersten freien Kommunalwahlen im September 1990 der fundamentalistische Front Islamique du Salut (FIS), ein Zusammenschluss von fünf neuen Parteien, mit überwältigender Mehrheit gegen den FLN durch. In Anbetracht einer sich abzeichnenden absoluten Mehrheit der Fundamentalisten bei den Parlamentswahlen im Januar 1992 intervenierte die algerische Armeeführung unter General Khaled Nezzar und zwang noch vor dem zweiten Wahlgang Chadli zum Rücktritt. Er wurde durch ein aus fünf Militärs bestehendes Hohes Staatskomitee ersetzt, das den aus dem Exil heimgekehrten ehemaligen Ben-Bella-Gegner Mohammed Boudiaf zum Übergangspräsidenten bestellte, der schon ein halbes Jahr später bei einem Attentat ums Leben kommen sollte. Das Staatskomitee annullierte die Wahlen, rief den Ausnahmezustand aus, löste das Parlament auf, verbot den FIS und ließ seine Anführer verhaften. 7.7 Islamistischer Terror und Gegengewalt (seit 1992) Militante Anhänger der Islamisten formierten sich daraufhin im Untergrund zum bewaffneten Widerstand, und es entbrannte ein langjähriger Bürgerkrieg, der schätzungsweise mehr als 100 000 Menschenleben gekostet hat. Wechselnde Marionettenregierungen der Militärs versuchten zunächst vergeblich, das Land mit Repressionen, Verhaftungen und Hinrichtungen zwangszubefrieden. 1994 bestellte das Staatskomitee den ehemaligen FLN-Kämpfer und Diplomaten Liamine Zéroual zum Präsidenten und bevollmächtigte ihn zum Dialog, der jedoch nicht in Gang kam, weil die Islamisten den zur Bedingung gemachten generellen Gewaltverzicht ablehnten. Auf Seiten der sich ständig spaltenden bewaffneten islamistischen Gruppen taten sich besonders zwei im Guerillakrieg hervor: zum einen das Mouvement Islamique Armé (MIA), der militärische Arm des FIS, der sich 1994 in Armée Islamique du Salut (AIS) umbenannte, und zum anderen die Groupe Islamique Armé (GIA). Während das MIA bzw. die AIS soziale Einrichtungen, Zivilisten und Ausländer weitgehend verschonte, richtete sich der Terror der GIA ganz gezielt gegen ebendiese. Die GIA, die für einen Kalifatsstaat kämpft und deren Todesschwadronen auf dem vorläufigen Höhepunkt des Bürgerkrieges 1997 massenweise Dörfer und Städte überfielen und dabei sogar Frauen, Kinder und Babys massakrierten, rekrutiert sich vornehmlich aus den Slums der Vorstädte. Im Gegensatz zum FIS lässt sie jede Dialogbereitschaft vermissen und wird als größtes Hindernis für eine politische Lösung zur Befriedung Algeriens angesehen. Nach einer vorübergehenden Entspannung aufgrund eines Arrangements der AIS mit der FLN-Regierung von Abd al-Asis Bouteflika, der 1999 den entmachteten Präsidenten Zéroual ersetzte und reuigen Rebellen eine Amnestie anbot, nahmen andere bewaffnete Gruppen ab 2000 ihren Kampf mit unverminderter Härte wieder auf. Seitdem macht auch die militante Groupe Salafiste pour la Prédication et le Combat (GSPC), die als mutmaßliche Zelle von al-Qaida gilt, von sich Reden. Ihre Angriffe richteten sich vornehmlich gegen Sicherheitskräfte und die so genannten Selbstverteidigungsgruppen. Inzwischen wird die GSPC aber auch für Entführungen ausländischer Touristen in der südlichen Sahara verantwortlich gemacht. Die Lage im Land verschärfte sich, als sich Berber vom Stamm der Kabylen, die sich als unterdrückte Minderheit empfinden, 2001 erhoben und zu den Waffen griffen. Seit der Ausschaltung wichtiger Führungsfiguren von GSPC und GIA in den Jahren 2004/05 verlor der Krieg in Algerien an Intensität. Per Referendum wurde im September 2005 eine von Bouteflika vorgelegte ,,Charta für Frieden und Versöhnung" verabschiedet, die eine weitreichende Amnestie für begangene Gewalttaten und Kriegsverbrechen auf allen Seiten vorsieht. Verfasst von: Roland Detsch Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« Algerien hat 33,7 Millionen Einwohner (2008).

Die Bevölkerungsdichte liegt bei 14 Einwohnern pro Quadratkilometer, sie ist jedoch extrem ungleich verteilt; imKüstengebiet, wo die Hälfte der Bevölkerung lebt, beträgt sie ungefähr 100, in der Sahara dagegen nur fünf Einwohner pro Quadratkilometer.

Das Bevölkerungswachstumbeträgt 1,2 Prozent.

40 Prozent der Algerier leben auf dem Land. 3.1 Wichtige Städte Algier ist die Hauptstadt, der wichtigste Hafen und die größte Stadt des Landes (3,06 Millionen Einwohner).

Weitere wichtige Städte sind Oran (656 000), ein bedeutendesHandelszentrum, Constantine (462 000), Zentrum eines Viehzucht- und Getreideanbaugebiets und Universitätssitz, Annaba (306 000), wichtiger Hafen undIndustriezentrum, Blida (171 000), Sétif (170 000) sowie Tamanrasset, Verkehrs- und Handelsmittelpunkt der Sahararegion. 3.2 Sprache und Religion Die Amtssprache Arabisch wird von etwa 85 Prozent der Bevölkerung gesprochen.

Vor dem Hintergrund massiver Spannungen zwischen Arabern und Berbern erkannte dasalgerische Parlament im April 2002 die Berbersprache Tamazight als zweite offizielle Sprache an.

Französisch dient immer noch als Verkehrssprache und wird von vielengebildeten Algeriern in Wort und Schrift beherrscht.

Der Islam in seiner sunnitischen Ausprägung ist die offizielle Staatsreligion, zu der sich die überwiegende Mehrheit(99 Prozent) der Bevölkerung bekennt.

Immigranten aus Europa, Südamerika und dem Nahen Osten bilden eine christliche Minorität. 3.2. 1 Feiertage Die muslimischen Feiertage richten sich nach dem islamischen Mondkalender und finden daher jedes Jahr an anderen Tagen statt.

Nationalfeiertage sind Neujahr(1.

Januar), Tag der Arbeit (1.

Mai), Revolutionstag (19.

Juni), Unabhängigkeitstag (5.

Juli) und der Jahrestag der Revolution (1.

November).

Das erste der drei wichtigstenislamischen Feste ist El Aid Essgher, ein drei Tage dauerndes Festessen am Ende des Monats El Ramadan .

Der zweitwichtigste islamische Feiertag ist El Eid Thamukrate oder das Fest der Opferung, das in Verbindung mit der Pilgerfahrt nach Mekka im Juni oder Juli gefeiert wird.

Es erinnert nicht nur an die Wallfahrt, sondern auch an dieBereitschaft Abrahams, seinen Sohn zu opfern.

Ein weiterer wichtiger Feiertag ist der Geburtstag des Propheten Mohammed im September oder Oktober. 3.3 Soziales Das Land verfügt über eine allgemeine Sozialversicherung für Arbeitnehmer, jedoch nicht über eine Arbeitslosenhilfe.

Die Regierung unterstützt soziale Fürsorgeprogrammezur finanziellen Unterstützung von Alten, Bedürftigen, Behinderten und Hinterbliebenen.

Staatlich gefördert werden weiterhin die nicht in der Landwirtschaft tätigen Arbeiter,Agrarreformen und der soziale Wohnungsbau.

Die Arbeitslosenquote beträgt 20,1 Prozent (2004); besonders stark sind junge Menschen unter 25 Jahren von derArbeitslosigkeit betroffen. Seit 1974 wird die medizinische Versorgung allen algerischen Bürgern kostenlos zur Verfügung gestellt.

Obwohl es in den letzten Jahren zu beträchtlichen Verbesserungenim Gesundheitswesen gekommen ist, bleibt die medizinische Versorgung immer noch unbefriedigend, vor allem in ländlichen Gebieten.

Auf einen Arzt kommen1 182 Einwohner.

Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 72,1 Jahren für Männer und 75,5 Jahren für Frauen (2008).

Die Kindersterblichkeitsrate beträgt 28Sterbefälle pro 1 000 Lebendgeburten.

Trotz des starken Anstiegs der Einwohnerzahl gehört die Bevölkerungswachstumsrate in Algerien zu den niedrigsten in Afrika, sie istin den letzten Jahren stetig gesunken.

In den vergangenen Jahrzehnten ist die durchschnittliche Lebenserwartung gestiegen und die Kindersterblichkeitsrate kontinuierlichzurückgegangen. Nachdem die Cholera unter Kontrolle gebracht wurde, sind die Gesundheitsbehörden bemüht, auch andere epidemische Krankheiten wie Malaria und Tuberkuloseeinzudämmen.

Weitere gesundheitliche Probleme sind die Unterernährung und Augenkrankheiten wie Bindehautentzündung.

Frisches Wasser ist in Algerien knapp, wobeider Verbrauch pro Kopf jedoch gering ist und die Mehrheit der Bevölkerung in urbanen und ruralen Gebieten über sichere Wasserquellen verfügt. 4 BILDUNG UND KULTUR 4.1 Bildung und Schulwesen Die Schulausbildung ist kostenlos und wird von mehr als 95 Prozent aller schulpflichtigen Kinder wahrgenommen.

Das algerische Bildungssystem ist dem französischennachempfunden, wurde jedoch kurz nach der Unabhängigkeit des Landes einer Arabisierung unterzogen.

Die Regierung führte neue Lehrmethoden ein, begann damit,algerische Lehrer auszubilden und ausländische, arabisch sprechende Lehrkräfte ins Land zu holen.

1976 wurden alle Privatschulen geschlossen und die allgemeineSchulpflicht über 9 Schuljahre eingeführt. Algerien besitzt neun Universitäten, darunter zwei technische Hochschulen.

Es waren an allen höheren Bildungsinstitutionen insgesamt 683 000 Studenten eingeschrieben.Die älteste Universität ist diejenige von Algier (gegründet 1879); daneben gibt es in Algier noch zwei weitere Hochschulen.

Außer der Universität Algier wurden alle anderenUniversitäten und fast alle der etwa 20 Berufsakademien erst nach der Unabhängigkeit Algeriens gegründet. 4.2 Kultureinrichtungen Noch bis in die zweite Hälfte des 20.

Jahrhunderts war das kulturelle Leben Algeriens durchweg französisch geprägt.

Doch schon vor der Unabhängigkeit gab es unteralgerischen Künstlern und Intellektuellen eine Bewegung zur Wiederbelebung der arabisch-berberischen Interessen, die seit 1962 auch von staatlicher Seite unterstütztwurde. Bei den Bibliotheken steht die Staatsbibliothek in Algier (1835 gegründet) an erster Stelle.

Sie verfügt über eine Million Bände, darunter bedeutende Arbeiten zuafrikanischen Themen.

Bedeutende Literatursammlungen beherbergt außerdem die Universität in Algier, welche über 700 000 Bände umfasst. An wichtigen Museen des Landes sind das prähistorische und ethnographische Museum (gegründet 1928), das Nationalmuseum der Antike (1897) und die Nationalgalerie(1930) zu nennen, die sich alle in Algier befinden.

Das Museum von Cirta (1853) in Constantine beinhaltet eine Kunst- und eine archäologische Sammlung. 4.3 Kunst Obwohl arabisch-algerische Schriften von den Franzosen in den fünfziger Jahren unterdrückt wurden, belebte der Unabhängigkeitskrieg das Interesse an einheimischerarabischer Literatur.

Bekannte algerische Schriftsteller des 20.

Jahrhunderts sind Kateb Yacine, Mohammad Dib und Malek Haddad, die ihre Werke überwiegend aufFranzösisch verfassten.

Der große französische Schriftsteller Albert Camus wurde in Algerien geboren und ausgebildet. 4.4 Medien Alle Nachrichtenmedien des Landes einschließlich der sechs Tageszeitungen werden vom Staat kontrolliert.

Verlage sowie Fernseh- und Rundfunkstationen unterstehen derAufsicht staatlicher Behörden.. »

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