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Autobiographie (Sprache & Litteratur).

Publié le 13/06/2013

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Autobiographie (Sprache & Litteratur). Autobiographie (griechisch autos: selbst, bios: Leben, graphein: schreiben), literarische Darstellung der Geschichte des eigenen Lebens oder größerer Lebensabschnitte aus dem Rückblick. Der Begriff findet sich in Deutschland zum ersten Mal 1796 im Titel der von David Christoph Seybold auf Anregung Herders herausgebrachten Sammlung Selbstbiographien berühmter Männer. Mit Goethes Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit (1811/1814, 1833) erreichte die Autobiographie in Deutschland ihren ersten, maßstabsetzenden Höhepunkt. Im Gegensatz zu den Memoiren, in denen in aller Regel prominente Persönlichkeiten äußerliche Beschreibungen ihres Lebenslaufes geben, legt die Autobiographie Wert auf die Darstellung der geistig-seelischen Entwicklung der eigenen Person im Austausch mit Zeit und Welt. Der Werkcharakter wird geprägt durch die Schreibsituation und das Reflexionsniveau des Verfassers in Bezug auf seine Selbstdeutung und Weltanschauung (z. B. Rechtfertigung, Bekenntnis, Belehrung). Grundsätzlich ist die Autobiographie gekennzeichnet durch die subjektive Perspektive, von der aus der Lebensweg oder ein Lebensabschnitt als Ganzes überblickt und interpretiert wird. Die Erinnerungsarbeit des Autors, die Hervorhebung, Verknüpfung und Bewertung einzelner Erlebnisse und Erfahrungen unterscheidet die Autobiographie von nahe stehenden Gattungen wie dem Tagebuch oder der Chronik. Bedeutende Autobiographien zeigen Ausgewogenheit zwischen der um Wahrhaftigkeit bemühten Darstellung des eigenen Ich und den formenden äußeren Einflüssen; sie sind zugleich Analysen der geistigen und kulturellen Strömungen der Zeit. Eine bestimmte Form ist für die Autobiographie nicht zwingend vorgeschrieben; dominierend ist die Ich-Erzählung. Die für die Bedürfnisse des zeitgenössischen Buchmarkts, oft von Ghostwritern, verfassten Berufsautobiographien von Personen öffentlichen Interesses (Politiker, Schauspieler) sind als bloße Karrierebeschreibungen der Memoirenliteratur zuzurechnen. Als Autobiographie im eigentlichen Sinne gilt nur das literarische Selbstzeugnis der Identitätsfindung des Ich. Als berühmte Vorläuferwerke innerhalb der Gattungsgeschichte der Autobiographie gelten die religiös-philosophische Selbstergründung des Augustinus (Confessiones, um 400) oder die briefliche Lebensdarstellung des Petrus Abaelardus (12. Jahrhundert). Die Heiligenviten und weltlichen Chronikdichtungen bilden eigene, zur Autobiographie hinführende Traditionsstränge. Das in der Renaissancezeit erwachende Bewusstsein von der Individualität des Menschen führte zu einer ersten Blütezeit autobiographischer Werke; bemerkenswert sind die Lebenszeugnisse von Petrarca (1342), Benvenuto Cellini (1558/1566) und Theresia von Ávila (1561/62). Die erste in sich geschlossene deutsche Autobiographie verfasste der Stralsunder Bürgermeister Bartholomäus Sastrow um 1600. Die viel beachtete Bekehrungsgeschichte der Madame Guyon (um 1694) fand literarische Entsprechungen im deutschen Pietismus, der eine Reihe von Darstellungen der eigenen seelischen Erweckung hervorbrachte; prominente Beispiele sind die Lebensbeschreibungen von August Hermann Francke (1690) und Johann Heinrich Jung-Stilling (1777). Die Aufklärung schuf mit ihrem wissenschaftlichen Interesse an der menschlichen Psyche die Voraussetzungen für das Entstehen einer Vielzahl an Zeugnissen individueller Lebenserfahrung, bahnbrechend wirkten die Confessiones (1782/1789) von Jean-Jacques Rousseau. Nach ihrem Muster entstand die psychologische Autobiographie, z. B. von Karl Philipp Moritz (1785/1790) und Ulrich Bräker (1789). In der Nachfolge von Goethes universalhistorischer Künstlerautobiographie finden sich im 19. Jahrhundert die Lebenserinnerungen von Stendhal (1835) oder Carl Gustav Carus (1846/1856). Mit dem Vormärz setzte in Deutschland eine zeithistorisierende Sichtweise in der Autobiographie ein, die zugunsten der Beschreibung der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen die Darstellung der eigenen Individuation zurückdrängte (Immermann, 1840/43) und eine reiche Memoirenliteratur hervorbrachte (Varnhagen von Ense, Laube, Bismarck). Gegen die Flut dieser extravertierten ,,Erinnerungen" richtete Theodor Fontane seine Autobiographie Kinderjahre (1894), die das Gleichgewicht von Ich und Welt erzählerisch wieder herstellte. Die entschiedene politische Perspektivierung der eigenen Lebensgeschichte findet sich insbesondere in den Autobiographien der Exilliteratur 1933-1945, z. B. bei Arthur Koestler, Ernst Toller, Klaus Mann, Alfred Döblin oder Heinrich Mann. Daneben entstanden aber nach wie vor Künstlerautobiographien nach Goethes ganzheitlichem Vorbild (Hermann Hesse, Hans Carossa, Elias Canetti). Zu einer Häufung autobiographischer Texte kam es im Zusammenhang mit der Literatur der ,,Neuen Innerlichkeit" während der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts (Franz Innerhofer, Gernot Wolfgruber). In der zeitgenössischen autobiographischen Literatur kommt es vielfach zu Grenzüberschreitungen in Nachbargattungen, z. B. in der Form des autobiographischen Romans u. a. bei Peter Weiss, Christa Wolf und Thomas Bernhard, oder der dramenexperimentellen Form bei Ernst Jandl. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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