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Barock (Sprache & Litteratur).

Publié le 13/06/2013

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Barock (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG Barock (Literatur), Epochen- und Stilbegriff. Herzuleiten entweder vom mittellateinischen baroco (Merkwort für einen später als abstrus empfundenen scholastischen Syllogismus) oder dem portugiesischen pérola barroca (Fachausdruck der Juweliere für eine Perle von unregelmäßiger, schiefrunder Form), wurde das Adjektiv barock im 18. und 19. Jahrhundert als Geschmacksbegriff mit meist abwertender Bedeutung (bizarr, grotesk, schwülstig) verwendet. Barock als Epochen- und Stilbegriff setzte sich seit 1860 in der Kunstgeschichte durch (negativ akzentuiert etwa bei Jacob Burckhardt, positiv bei Cornelius Gurlitt und Heinrich Wölfflin) und wurde dann unter dem Einfluss von Heinrich Wölfflins Kunstgeschichtlichen Grundbegriffen (1915) von der deutschen Literaturwissenschaft übernommen. Barock bezeichnete hier zunächst einerseits einen durch bestimmte Merkmale charakterisierten Stil (ausgeprägte Rhetorisierung der Sprache, gesteigerte Bildlichkeit, Artistik der Form), andererseits die Epoche zwischen Reformationszeit bzw. Renaissance und Aufklärung, in der dieser Stil dominant zu sein schien. Während Barock als Stilbegriff heute kaum noch eine Rolle spielt, hat er sich in der deutschen Literaturgeschichte als Epochenbegriff für die Periode von etwa 1600 bis 1720 weitgehend behauptet. In anderen europäischen Philologien hat er, wenn überhaupt, meist nur eine begrenzte Bedeutung erhalten, etwa für die Phänomene der préciosité in Frankreich und der italienischen und spanischen Argutia-Bewegung (Marinismus, Gongorismus). 2 EPOCHE Die Literatur des deutschen Barock entfaltet sich vor dem Hintergrund einer krisenhaften geschichtlichen Periode, wobei der historischen Umbruchssituation (konfessionelle Auseinandersetzungen, Dreißigjähriger Krieg, Zerfall des Reiches, Herausbildung des frühmodernen, absolutistischen Territorialstaates) eine höchst widerspruchsvolle religiöse, philosophische und wissenschaftliche Entwicklung entspricht. Dies zeigt sich u. a. in dem Nebeneinander von christlicher Weltauffassung und modernen, vom Humanismus zur Aufklärung tradierten Doktrinen, von religiösem Dogmatismus und mystischen oder neuplatonisch-paracelsischen Strömungen bzw. neuen wissenschaftlichen Ansätzen. Eine breite Wirkung auch auf die Dichtung ging von der überkonfessionellen, auf praktische Lebensbewältigung gerichteten Philosophie des christlichen Stoizismus aus, wie sie der Niederländer Justus Lipsius formuliert hatte (De constantia, 1584). 3 KONFESSION UND LITERATUR Die politisch-konfessionelle Spaltung des Reiches schlug sich auch im kulturell-literarischen Bereich nieder und führte zu einer weitgehend getrennten Entwicklung von protestantischer und katholischer Literatur. Die katholischen Autoren verweigerten sich bis auf wenige Ausnahmen der Sprach- und Literaturreform zu Anfang des 17. Jahrhunderts. Sie setzten vielmehr eine der (katholischen) europäischen Tradition verpflichtete neulateinische Produktion fort. Dies lässt sich an den Rhetoriken bzw. Poetiken von Jacobus Pontanus und Jacob Masen sowie an der Lyrik Jacob Baldes ebenso ablesen wie an den Jesuitendramen Jacob Gretsers, Jakob Bidermanns, Nicolaus von Avancinis und anderer. Mit Blick auf ein breiteres Publikum entstand zugleich im Dienst der katholischen Reformbewegung (siehe Gegenreformation) eine der süddeutschen Sprachtradition verpflichtete volkssprachliche Literatur vorwiegend religiösen Charakters, darunter eine sprachmächtige Predigtliteratur (Beispiel: Abraham a Sancta Clara) und ein vielfach der geistlichen Bukolik (Hirtendichtung) verpflichtetes Liedschaffen von großer poetischer Kraft (Friedrich Spee, Laurentius von Schnüffis u. a.). Dagegen hatte sich die protestantische Literatur um Martin Opitz und um die Sprachgesellschaften (Gründung der Fruchtbringenden Gesellschaft nach italienischem Vorbild 1617) vor allem das Ziel gesetzt, die deutsche Literatur auf der Grundlage humanistischer Auffassungen zu erneuern und so den Anschluss an die volkssprachlichen europäischen Renaissanceliteraturen zu gewinnen. Dabei trafen literarische und nationale Gesichtspunkte zusammen und verliehen der Entwicklung eine besondere Dynamik. Neulateinische Traditionen bestanden auch hier weiter, doch in einem sich kontinuierlich verringernden Ausmaß. Träger der Reform waren - mit der Unterstützung interessierter Fürsten - die humanistisch gebildeten Gelehrten in den Städten und an den Höfen (nobilitas litteraria). Damit wurde nun auch für die deutschsprachige Literatur die humanistische Poetik mit ihrer Konzeption eines engen Zusammenhangs von Rhetorik und Dichtung verbindlich; an die Stelle der einheimischen deutschsprachigen Literaturtradition trat das Formen-, Themen- und Gattungsspektrum der Antike und der europäischen Renaissance. 4 GATTUNGEN Die Geschichte der meisten Gattungen begann als Rezeptionsgeschichte. Am frühesten gelang es bei den lyrischen Gattungen (einen umfassenden Lyrikbegriff kannte man noch nicht), sich die poetischen Mittel, den Formenkanon und die Themen der Vorbilder anzueignen und, darauf aufbauend, zu eigenständigen, später auch vom Manierismus beeinflussten Leistungen zu finden (Martin Opitz, Paul Fleming, Andreas Gryphius, Philipp von Zesen, Johannes Scheffler (siehe Angelus Silesius), Quirinus Kuhlmann, Christian Hofmann von Hofmannswaldau usw.). Auch die zum Teil heute noch lebendige protestantische Kirchenlieddichtung, obwohl in stärkerem Maß einheimischen Traditionen verpflichtet, orientierte sich an der neuen Poetik (siehe Paul Gerhardt). Die Romanautoren kamen nach einigen kleineren Schäfer- und Liebesromanen (Beispiel hierfür ist Philipp von Zesens Adriatische Rosemund, 1645) zu bemerkenswert eigenständigen Lösungen für die großen Formen des höfischhistorischen Romans (Philipp von Zesen, Ulrich von Braunschweig, Casper von Lohenstein usw.) und des Pikaro- oder Schelmenromans (Hans Jacob Christoph von Grimmelshausen: Simplicissimus Teutsch, 1668/69; Johann Beer), die dann im galanten Roman bzw. im politischen Roman eine den gesellschaftlichen Wandel reflektierende Fortführung fanden (siehe Roman). Neben dem Roman entwickelte sich ein vielfältiges fiktionales und nichtfiktionales Prosaschrifttum. Eine kaum zu überschätzende Bedeutung kommt dabei der religiösen und erbaulichen Literatur beider Konfessionen - zahlenmäßig das wichtigste Segment des Literaturmarkts - und dem (natur-)mystischen Schrifttum zu. Inmitten einer vielfältigen Theaterpraxis von der Wanderbühne der englischen Komödianten bis zum Hoftheater repräsentiert das so genannte Schlesische Kunstdrama (siehe Drama) die literarisch anspruchsvollste Form des Theaters in deutscher Sprache. Im Zentrum stehen Andreas Gryphius mit seinen auch politisch signifikanten christlich-stoischen Märtyrerdramen und anderen Manifestationen der ,,vergänglichkeit menschlicher sachen" sowie Daniel Casper von Lohenstein mit seinen die Problematik politischen Handelns im Licht moderner Klugheits- und Affektenlehren darstellenden Trauerspielen. Verfasst von: Volker Meid Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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