Botho Strauß (Sprache & Litteratur).
Publié le 12/06/2013
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Botho Strauß (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG Botho Strauß (*1944), deutscher Schriftsteller. Er gehört zu den wichtigsten Dramatikern der Nachkriegsgeneration in der deutschen Literatur. Strauß wurde am 2. Dezember 1944 in Naumburg geboren. Ein Studium der Germanistik, Theatergeschichte und Soziologie in Köln und München brach er nach fünf Semestern ab, eine Dissertation über Thomas Mann und das Theater blieb nach eigenen Aussagen unvollendet; während dieser Zeit versuchte sich Strauß als Schauspieler in Laientheatern. Zwischen 1967 und 1970 war er als Kritiker und Redakteur der Zeitschrift Theater heute tätig. Danach arbeitete er bis 1975 als dramaturgischer Mitarbeiter und Übersetzer - etwa von Eugène Labiches Das Sparschwein - für die Berliner Schaubühne am Halleschen Ufer. In dieser Funktion bearbeitete er u. a. die Sommergäste von Maksim Gorkij (Peter Stein inszenierte das Stück 1975 nach einem Drehbuch von Strauß als Literaturverfilmung fürs Fernsehen). Für Aufsehen sorgte 1993 sein im Nachrichtenmagazin Der Spiegel abgedruckter Essay Anschwellender Bocksgesang, in dem er der bundesrepublikanischen Gesellschaft materielle Sinnleere vorwarf und zur Rettung des desorientierten Volks eine neue Elite intellektueller Führer einklagte. Strauß ist Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland. Er erhielt zahlreiche Theater- und Literaturpreise, u. a. den Dramatikerpreis der Stadt Hannover für Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle (1974, gemeinsam mit Franz Xaver Kroetz und Thomas Bernhard), den Deutschen Schallplattenpreis, Sparte Literatur (1980), den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1981), den Mühlheimer Dramatikerpreis für die Komödie Kalldewey, Farce (1982), den Jean-PaulPreis (1987), den Georg-Büchner-Preis (1989), den Berliner Theaterpreis (1993) und den Lessing-Preis (2001). 2 WERK Strauß' Ästhetik wurde stark vom Denken der Frankfurter Schule, insbesondere von der Theorie Theodor W. Adornos, geprägt. Sie äußert sich in der schockhaften Durchbrechung eingespielter Wahrnehmungsformen und in der zynischen Überhöhung bürgerlicher Glücksvorstellungen. (Weitere einflussreiche poetologische Schriften waren Maurice Blanchots Der Gesang der Sirenen und Gaston Bachelards Poetik des Raumes.) Zu den herausragenden Dramen des Autors, die diese Poetologie umzusetzen suchen, zählen Die Hypochonder (1972), Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle (1975), Trilogie des Wiedersehens (1977) und Kalldewey, Farce (1981). Letzteres inszeniert einen kaleidoskopartig zersplitterten Blick auf deutsche Befindlichkeiten, Therapiesüchte, Liebesleiden und Unterhaltungsirrsinn und spielt über die Figur des obszönen, selbst in seiner Abwesenheit im Figurendialog immer präsenten Titelhelden Kalldewey (,,Ich bin der unsichtbare Bienenstich, der bösen Frauen in die Titten sticht") zudem an auf die Verführbarkeit des deutschen Volkes zur Zeit des Nationalsozialismus und spielt mit dem transhistorischen Wunsch des Menschen nach Naturbeherrschung (wichtig sind hier der Dionysos- bzw. der Orpheus-Mythos; Letzterer wird mit dem Zauberflöten-Motiv verknüpft). Anspielungen an Calderóns Das Leben ein Traum (,,Das Leben eine Therapie") und Goyas Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer (,,Der Schlaf der Liebe gebiert Ungeheuer") sind offensichtlich. Auch begreift sich Kalldewey, Farce als Form eines Theaters der Grausamkeit in der Nachfolge Antonin Artauds sowie als Bühnenstück innerhalb des Programms einer eklektizistischen Postmoderne (,,Diese Zeit, die sammelt viele Zeiten ein"), die Geschichtliches aber nicht nur sammeln, sondern in einer Anhäufung auch bisher verborgene, quasi mythologische Bezüge sichtbar machen will. (,,Was hat Achim von Arnim mit SDI zu tun - das zu fragen, ist für mich ein Antrieb", äußerte Strauß in einem Interview. Ursache des Schreibens sei mithin, ,,das Geschriebene fortzusetzen". Und weiter: ,,Es muss doch ein tieferes Urbild dieses Satzes geben, das nicht allein aus meiner Subjektivität kommt, sondern von anderswoher: aus der Summe von Literatur, die ich kenne oder die überhaupt existiert.") Das Schauspiel Der Park (1983) spiegelt den Einfluss William Shakespeares wider. In der furiosen Trilogie Schlusschor (1991) zeigt sich Strauß als kritischer Beobachter der bundesrepublikanischen Geschichte vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung. Neben seinen Stücken verfasste er auch herausragende Prosasammlungen wie Paare, Passanten (1981), in der die Figur Adornos kurz auftritt. Die Sammlung mit Prosagedichten fand 1987 in Niemand anderes und 2000 in Das Partikular ihre Fortsetzungen. Mit Der junge Mann (1984) versuchte Strauß eine Neubelebung des deutschen Bildungsromans in der Tradition Johann Wolfgang von Goethes. Mit Ithaka brachte er 1996 in den Münchner Kammerspielen ein Königsdrama auf die Bühne, das seine konservative Kulturkritik einmal mehr illustrierte. Sein 1997 veröffentlichtes Buch Die Fehler der Kopisten, in dem er zum ersten Mal vom Zusammenleben mit seinem Sohn berichtet sowie den Gegensatz zwischen Großstadt und Landleben thematisiert und vehement gegen die Entwicklung der modernen Zivilisation polemisiert, stieß bei der Literaturkritik (wie viele seine Prosawerke) auf ein geteiltes Echo. Die Bochumer Uraufführung des Stückes Der Narr und seine Frau heute Abend in Pancomedia im April 2001 wurde äußerst positiv aufgenommen. Strauß zeichnete damit ein überzogenes Sittenbild unserer Gesellschaft. Weitere Werke des Autors sind die Prosaarbeiten Marlenes Schwester (1975), Die Widmung (1977), Rumor (1980), Kongress. Die Kette der Demütigungen (1989), Wohnen Dämmern Lügen (1994), Die Nacht mit Alice, als Julia ums Haus schlich (2003), Der Untenstehende auf Zehenspitzen (2004), Mikado (2006) und Die Unbeholfenen (2007), das Langgedicht Diese Erinnerung an einen, der nur einen Tag zu Gast war (1985), die Dramen Groß und Klein. Szenen (1978), Die Fremdenführerin (1986), Besucher (1988), Sieben Türen. Bagatellen (1988), Die Zeit und das Zimmer (1989), Angelas Kleider (1991), Das Gleichgewicht (1993), Jeffers - Akt I und II (1998), Die Ähnlichen (1998), Unerwartete Rückkehr (2002), Die eine und die andere (2005) und Nach der Liebe beginnt ihre Geschichte (2005). Zu Strauß' essayistischen Schriften gehören Versuch, ästhetische und politische Ereignisse zusammen zu denken. Texte über Theater 1967-1986 (1987), Fragmente der Undeutlichkeit (1989), Beginnlosigkeit. Reflexionen über Fleck und Linie (1992) sowie der von Volker Hage zusammengestellte Band Gedankenfluchten (1999). Strauß' Stücke wurden von den namhaftesten Regisseuren der deutschsprachigen Theaterlandschaft inszeniert, u. a. von Peter Stein, Luc Bondy, Claus Peymann, Patrice Chéreau und Dieter Dorn. Verfasst von: Thomas Köster Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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