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China - geographie.

Publié le 06/06/2013

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China - geographie. 1 EINLEITUNG China, chinesisch Zhonghua Renmin Gongheguo (Volksrepublik China), bevölkerungsreichstes und nach Russland und Kanada drittgrößtes Land der Erde. Die Volksrepublik China befindet sich in Ostasien; sie grenzt im Norden an die Mongolei und Russland, im Nordosten an Russland und Nordkorea, im Osten an das Gelbe Meer und das Ostchinesische Meer, im Süden an das Südchinesische Meer, Vietnam, Laos, Myanmar, Indien (umstrittener Grenzverlauf in Arunachal Pradesh und anderen Gebieten), Bhutan und Nepal, im Westen an Pakistan, Afghanistan und Tadschikistan und im Nordwesten an Kirgisistan und Kasachstan. Zu China gehören mehr als 3 400 Inseln vor der Küste. Hainan im Südchinesischen Meer ist die größte chinesische Insel. Die Gesamtfläche des Landes beträgt einschließlich Taiwan, das von China als chinesische Provinz angesehen wird, 9 607 300 Quadratkilometer. Hauptstadt von China ist Peking, größte Stadt des Landes ist Shanghai. Mehr als ein Fünftel der gesamten Weltbevölkerung lebt innerhalb Chinas Grenzen. China ist die Wiege einer der frühesten Zivilisationen der Erde; Zhonghua, der chinesische Name für das Land, bedeutet Reich der Mitte und belegt zugleich den Glauben der Chinesen, dass ihr Land das geographische Zentrum der Erde und die einzige wirkliche Zivilisation ist. 2 LAND In China gibt es aufgrund der weiten Ausdehnung eine Vielzahl unterschiedlicher Naturräume. Die höheren Gebirgszüge mit einigen der höchsten Berge der Erde befinden sich überwiegend im Westen Chinas. Drei dieser Gebirge, Tian Shan, Kunlun Shan und Tsinling, stammen aus der Zeit der paläozoischen Gebirgsbildungen (siehe Orogenese), die im späten Karbon begannen und im Perm endeten, als sich die Landmassen der Erde zu Pangäa vereinigt hatten, dem einzigen großen Kontinent (siehe Geologie: geologische Zeitalter). Ein viertes Gebirge, der Himalaya, ist jüngeren Ursprungs. Es bildete sich, als die im mesozoischen Meer, der Tethys, abgelagerten Sedimente aneinandergepresst und beim Zusammenstoß der Indischen und Eurasischen Platten in die Höhe geschoben wurden. Dieser Vorgang fand im Oligozän, einem Zeitabschnitt des Tertiärs, vor etwa 40 Millionen Jahren statt. Im Quartär, dem geologisch jüngsten Abschnitt, äußert sich tektonische Aktivität vor allem in Form von Erdbeben, die insbesondere entlang eines breiten Bogens auftreten, der sich vom westlichen Rand des Sichuan-Beckens (Rotes Becken) nach Nordosten in Richtung Bo Hai und zur Nordküste des Gelben Meeres erstreckt. Die zahlreichen Gebirgszüge des Landes umschließen verschiedene Hochebenen und Becken, die beträchtliche Wasserreservoire und Bodenschätze enthalten. Auch das Klima lässt sich in unterschiedliche Zonen einteilen; diese reichen von subarktischen bis zu tropischen Bedingungen, einschließlich großer Gebiete mit alpinen Lebensbereichen und Wüsten. Entsprechend den klimatischen Unterschieden bietet das Land eine enorme Artenvielfalt in Flora und Fauna. 43 Prozent der chinesischen Landfläche sind gebirgig, weitere 26 Prozent nehmen Hochebenen ein, während 19 Prozent aus Becken und hügeligem Gelände in vorwiegend trockenen Regionen bestehen. Lediglich 12 Prozent des Landes werden von Ebenen eingenommen. 2.1 Geographische Regionen China lässt sich in sechs geographische Hauptgebiete einteilen, wobei die einzelnen Regionen beträchtliche topographische Unterschiede aufweisen. 2.1.1 Der Nordwesten Diese Region besteht aus zwei Becken, der Dsungarei (Junggar Pendi) im Norden und dem Tarimbecken im Süden, sowie dem hoch gelegenen Tian Shan. Das Tarimbecken umfasst die weite Sandwüste Takla Makan (Taklimakan Shamo), die trockenste Wüste Asiens. Die Dünen in ihrem Inneren erreichen Höhen bis zu 100 Metern. Die Tiefebene Turfan (Turpan Pendi) liegt bis zu 154 Meter unter dem Meeresniveau. Die Dsungarei enthält zwar ebenfalls Sand- und Steinwüsten, ist jedoch eine überwiegend fruchtbare Region, die bewässert und landwirtschaftlich genutzt wird. 2.1.2 Das mongolische Grenzland Im Norden Zentralchinas liegt das mongolische Grenzland. Dieses Plateaugebiet besteht vorwiegend aus sandigen, steinigen oder schotterbedeckten Wüsten, die sich nach Osten in eine fruchtbare Steppenregion ausdehnen. Diese flache bis abschüssige Ebene wird von verschiedenen Tafelgebirgen gegliedert. An seiner östlichen Grenze liegt das bewaldete Hochland des Großen Chingan (Da Hinggan Ling). 2.1.3 Der Nordosten Diese Region umfasst die gesamte Mandschurei (chinesisch: Dongbei Pingyuan) im Osten des Großen Chingan und die umliegenden Hochgebiete. Die weite Ebene verfügt über fruchtbare Böden. Die Hochgebiete sind hügelig bis gebirgig und von zahlreichen breiten Tälern und sanften Hängen durchzogen. Im Süden erstreckt sich die LiaodongHalbinsel, die über einige Naturhäfen verfügt. 2.1.4 Nordchina Dieser Großraum erstreckt sich zwischen dem mongolischen Grenzland im Norden und dem Fluss Jangtsekiang im Süden. Das Gebiet lässt sich in verschiedene topographische Einheiten gliedern. Das Lößplateau im Nordwesten wird von mächtigen Lagen von durch den Wind angewehtem Löß bedeckt. Der locker aufgeschichtete Lößboden ist ständiger Erosion ausgesetzt, weshalb zahlreiche, zum Teil steilwandige Täler entwickelt sind. Das Gebiet wird überwiegend im Terrassenfeldbau landwirtschaftlich genutzt. Die Nordchinesische Ebene, das größte Flachland Chinas, besteht aus fruchtbaren Böden, die sich auf Löß gebildet haben. Die meisten Gebiete werden intensiv bewirtschaftet. Die im Osten gelegenen Shandong-Hochländer auf der gleichnamigen Halbinsel setzen sich aus zwei unterschiedlichen Gebirgsregionen zusammen, die von Geröllhügeln flankiert werden. Die felsige Küste der Halbinsel umfasst einige natürliche Häfen. Im Südwesten bildet das Zentralgebirge eine Barriere gegen alle in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Luftmassenbewegungen. 2.1.5 Südchina Die Region umfasst das Jangtsekiang-Tal und einige Gebiete im Süden des Landes. Das Jangtsekiang-Tal besteht aus einer Reihe von Becken mit fruchtbaren Schwemmlandböden. Diese Tiefebenen werden von natürlichen und angelegten Wasserwegen durchzogen. Außerdem gibt es hier zahlreiche Seen. Das Sichuan-Becken (Rotes Becken) im Westen wird von zerklüfteten Felsvorsprüngen des Zentralhochlandes eingeschlossen. Das Gebiet ist wegen seiner weiten, landwirtschaftlich genutzten Terrassenanlagen bekannt. Die Plateaus Südchinas erstrecken sich von der Tibetischen Hochebene nach Osten bis zum Meer. Das tief erodierte Yunnan-Guizhou-Plateau im Westen wird von verschiedenen Gebirgsketten eingerahmt, die durch tiefe Täler und steile Schluchten voneinander getrennt sind. Eine der bizarrsten Landschaften ist im östlichen Guizhou zu finden, wo das Gelände von hohen Bergen mit säulenartigen Gipfeln gekennzeichnet ist. Im Osten liegen die zum großen Teil kahl geschlagenen und stark erodierten Nan-Ling-Hügel. Entlang der Küste erstrecken sich die zerklüfteten südöstlichen Hochebenen. Die vielen vorgelagerten Inseln verfügen über zahlreiche natürliche Häfen. Im Süden der Nan-Ling-Hügel liegt das Xi-Jiang-Becken. Diese überwiegend hügelige Region ist mit fruchtbaren Böden ausgestattet; auch die Flusstäler sind nährstoffreich und werden landwirtschaftlich genutzt. Das breite Flussdelta des Xi Jiang wird auch Kantondelta genannt. 2.1.6 Die Tibetische Hochebene Im abgelegenen äußersten Südwesten Chinas liegt die Tibetische Hochebene. Das zerklüftete Bergland gehört zu den höchstgelegenen Plateauregionen der Welt. Die durchschnittliche Höhe beträgt 4 510 Meter. Die Hochebene wird von Hochgebirgen begrenzt; dies sind im Süden Himalaya, im Westen Pamir und Karakorum und im Norden Kunlun Shan und Qilian Shan. Auf der Hochebene gibt es Salzseen und Sumpflandschaften; zudem wird sie von verschiedenen Gebirgszügen durchkreuzt und ist Quellgebiet der wichtigsten süd- und ostasiatischen Flüsse wie Indus, Ganges, Brahmaputra, Mekong, Jangtsekiang und Huang He (Gelber Fluss). Die Landschaft ist karg und felsig. 2.2 Flüsse und Seen Die drei längsten Flüsse des Landes, Jangtsekiang (6 300 Kilometer), Huang He (5 464 Kilometer) und Xi Jiang (2 100 Kilometer) münden in den Pazifik; nur ein kleiner Teil des Landes entwässert zum Indischen Ozean hin. Der Huang He durchfließt das Lößbergland und mündet in das Ostchinesische Meer; aufgrund der von ihm transportierten Lößmengen erhielt er den Namen ,,Gelber Fluss". Der Xi Jiang fließt in das Südchinesische Meer. Der bedeutendste Fluss im äußersten Norden des Landes ist der Amur (Heilong Jiang), der über eine lange Strecke die nordöstliche Grenze zu Russland markiert. Der Songhua (Sungari) und der Liaoe entwässern mit ihren Nebenflüssen den größten Teil der Mandschurischen Ebene und der sie umgebenden Hochländer. Zu den größten Seen Chinas zählt der Qinghai Hu. Die meisten der großen Seen Chinas liegen im mittleren und unteren Tal des Jangtsekiang. Dongting Hu und Poyang Hu gehören zu den größten Seen im Mittellauf des Flusses. Im Sommer steigen die Wasserstände der Seen stark an. Der größte Salzsee der Tibetischen Hochebene ist der Qinghai Hu (Koko Nor) im weniger hoch gelegenen Nordosten; weitere Salzseen ähnlichen Ausmaßes befinden sich auf dem Hochplateau. Über 2 000 Wasserspeicheranlagen wurden in China errichtet, vorrangig zum Zweck der Bewässerung und der Hochwasserregulierung. Die meisten dieser Anlagen sind relativ klein, die größte am Huang He umfasst ein Volumen von rund 35,4 Milliarden Kubikmetern. 2.3 Klima China hat Anteil an mehreren Klimazonen; gemäßigte Temperaturen herrschen in den halbtrockenen Regionen des Westens und des Landesinneren vor, während im äußersten Süden tropische Bedingungen überwiegen. Für weite Teile des Landes ist starke Kontinentalität mit kalten Wintern und heißen Sommern charakteristisch. Der asiatische Monsun beeinflusst das Klima des Landes weiträumig. Im Winter strömen kalte, trockene Winde aus dem ausgedehnten Hochdruckgebiet über Zentralsibirien nach China. Dies führt in allen Gebieten nördlich des Jangtsekiang zu niedrigen Temperaturen und bringt dem gesamten Land Trockenheit. Im Sommer strömt warme, feuchte Luft vom Pazifik ein, die reichlich Niederschläge bringt. Vereinzelt treten auch tropische Wirbelstürme auf. An der Leeseite der Berge nehmen die Niederschläge mit zunehmender Entfernung vom Meer ab. Die Becken im Nordwesten erhalten nur geringe Niederschläge. Die sommerlichen Temperaturen sind im ganzen Land bemerkenswert konstant; im Winter herrscht zwischen Norden und Süden jedoch ein extremes Temperaturgefälle. Im südöstlichen China, südlich des Jangtsekiang-Tales, herrscht im Allgemeinen subtropisches, im äußersten Süden sogar tropisches Klima vor. Die Sommertemperaturen in dieser Region liegen im Durchschnitt bei 26 °C. Im Winter fallen die Temperaturen bis auf 18 °C im tropischen Süden und auf 4 °C am Jangtsekiang. Die Hochplateaus und Becken im Südwesten weisen ebenfalls subtropisches Klima mit beträchtlichen regionalen Unterschieden auf. Wegen der Höhenlage sind die Sommer kühler, und durch den Schutz vor Nordwinden sind die Winter relativ mild. Im Sichuan-Becken (Rotes Becken) dauert die Vegetationszeit aufgrund der großen Feuchtigkeit mit häufiger Nebelbildung elf Monate. Die Niederschläge sind vor allem im Sommer hoch; sie betragen in fast allen Teilen Südchinas jährlich mehr als 1 000 Millimeter. Nordchina umfasst keine Gebirgskette, die das Gebiet vor den Kaltlufteinbrüchen aus Sibirien schützt, weshalb die Winter hier kalt und trocken sind. Die Temperaturen im Januar reichen von 4 °C im Süden bis -10 °C nördlich von Peking und in den höheren Lagen des Westens. Im Juli liegen die mittleren Temperaturen bei 26 °C und erreichen in der Nordchinesischen Ebene sogar 30 °C. Beinahe der gesamte Jahresniederschlag von etwa 760 Millimetern fällt im Sommer. Im Nordwesten ist es weniger feucht, denn hier herrscht trockenes Steppenklima. Die Niederschläge variieren in diesen Gebieten von Jahr zu Jahr sehr stark. Vereinzelt treten Sandstürme und Hagelschauer auf. An etwa 40 Tagen im Jahr herrscht dichter Nebel, an der Küste bisweilen sogar an 80 Tagen. Das Klima der Mandschurei ähnelt dem Nordchinas, ist aber kälter. Im Januar liegen die mittleren Temperaturen in der Mandschurischen Ebene bei -18 °C, im Juli bei 22 °C. Die Jahresniederschläge liegen zwischen etwa 600 Millimetern im Osten und 300 Millimetern im Westen; Hauptregenzeit ist der Sommer. In den nordwestlichen Grenzgebieten zur Mongolei herrscht überwiegend Wüsten- und Steppenklima. Im Januar liegen die Durchschnittstemperaturen überall mit Ausnahme des milderen Tarimbeckens um -10 °C. Im Juli belaufen sie sich auf etwa 20 °C. Der Jahresniederschlag liegt zwischen 100 und 250 Millimetern. Wegen der Höhenlage herrscht in der Tibetischen Hochebene arktisches Klima; die Temperaturen bleiben ganzjährig unter 15 °C. Die Luft ist das ganze Jahr über klar und trocken. Die jährlichen Niederschläge liegen mit Ausnahme des äußersten Südostens überall unter 100 Millimetern. 2.4 Flora Aufgrund der verschiedenen klimatischen und topographischen Bedingungen weist die Pflanzenwelt Chinas eine große Artenvielfalt auf. Ein Großteil der ursprünglichen Vegetation ist jedoch während der Jahrhunderte der Besiedlung und intensiven landwirtschaftlichen Nutzung zerstört worden. Natürliche Wälder gedeihen nur noch in den abgelegenen Bergregionen. In der Region südlich des Xi-Jiang-Tales wachsen dichte tropische Regenwälder. Diese bestehen aus Laubbäumen, die mehr als 50 Meter Höhe erreichen können, und vereinzelten Palmen. Subtropische Vegetation gedeiht im Norden des Jangtsekiang-Tales und im Westen des Tibetischen Plateaus. In dieser Zone ist die Artenvielfalt besonders reichhaltig und umfasst Eichen, Ginkgos, Bambus, Pinien, Azaleen und Kamelien. Auch Wälder aus Lorbeerbäumen und Magnolien sowie dichtes Unterholz aus kleineren Büschen und Bambusdickichten sind hier zu finden. In den höheren Lagen überwiegen Nadelbäume. Im Norden des Jangtsekiang-Tales liegt ein noch sehr ursprünglich erhaltener Wald mit Eichen, Eschen, Ulmen und Ahorn; Linden und Birken wachsen in der nördlichen Mandschurei. Hier gibt es im Bergland noch große Gebiete mit Lärchenwäldern, die wichtige Holzreserven darstellen. Die heute kultivierte Mandschurische Ebene wurde früher von Grassteppen mit verstreuten Baumbeständen eingenommen. Steppenlandschaften mit dürreresistenten Gräsern sind im Grenzgebiet zur Mongolei verbreitet. Die Vegetation dieser Region ist jedoch u. a. aufgrund von Bodenerosion stark beeinträchtigt. In den kargeren Gebieten im Nordwesten gedeihen vor allem krautige Pflanzen. Tundrenvegetation wächst in großen Teilen des Tibetischen Hochlandes. In den günstigeren Lagen der Trockenregionen gedeihen auch höhere Büsche und Bäume; in vielen Berggebieten finden sich Fichten- und Tannenwälder. Zum Schutz von Lebensräumen hat die chinesische Regierung landesweit 400 Naturreservate, die 14,8 Prozent (2007) der gesamten Landesfläche einnehmen, eingerichtet. Auch auf Provinzebene gibt es Schutzgebiete. Einige neu eingerichtete Parks, z. B. der staatliche Waldpark Zhangjiajie in Hunan, haben sich als hervorragende Investitionen erwiesen, da die lokale Wirtschaft vom Zustrom der Touristen profitiert. Auf internationaler Ebene hat China im Rahmen des Biosphäre-Programms der UNESCO sieben Biosphärenreservate deklariert. 2.5 Fauna Die unterschiedlichen Lebensräume in China haben eine vielfältige Fauna zur Folge. Diese reicht von arktischen Arten in der Mandschurei bis zu einer reichen tropischen Tierwelt im südlichen China. Der stark gefährdete Große Panda lebt nur im Südwesten Chinas. Weitere Großraubtiere wie Braunbären und Tiger sind in abgelegenen Gebieten heimisch. Leoparden leben in der nördlichen Mandschurei, Tibet ist Lebensraum des Schneeleoparden. In manchen Regionen sind Wölfe verbreitet. Im tropischen Süden kommen mehrere Primatenarten vor, darunter Gibbons und Rhesusaffen. Antilopen, Gazellen, Gämsen, Wildpferde und andere Huftiere bewohnen die Bergregionen und Täler im Westen, der Elch besiedelt die nördliche Mandschurei. Ein seltener Paarhufer ist das Chinesische Wasserreh. Auffallende Arten der Vogelwelt sind Fasanen, Pfauen, Papageien, Reiher und Kraniche. Reptilien sind u. a. durch Alligatoren repräsentiert. Das Meeresleben, insbesondere an der Südküste, ist reichhaltig. Hier finden sich Flundern, Kabeljau, Thunfische, Krabben, Garnelen und Tintenschnecken. Die Flüsse Chinas bieten Lebensraum für verschiedene Karpfenarten, Lachse, Forellen und Welse; seltene Arten im Jangtsekiang sind der Chinesische Schwertstör und der möglicherweise ausgestorbene Chinesische Flussdelphin (Baiji). Viele Binnengewässer Chinas werden für die Fischzucht verwendet. 3 BEVÖLKERUNG Die Bevölkerung Chinas besteht zu 93 Prozent aus Chinesen (Han-Chinesen). Die Chinesen sind überwiegend mongolischer Abstammung und unterscheiden sich innerhalb Chinas nicht durch verschiedene Herkunft, sondern durch sprachliche Variationen. Mehr als 70 Millionen Menschen gehören den 56 nationalen Minderheiten an. Die meisten dieser Gruppen unterscheiden sich von den Chinesen durch Sprache oder Religion und weniger durch ethnische Merkmale. Zu den größten Minderheiten zählen die mit den Thais verwandten Zhuang (14,6 Millionen, überwiegend in der Autonomen Region Guangxi Zhuang), die Hui (8 Millionen chinesische Muslime in der Autonomen Region Ningxia Hui), die Gansu und Qinghai, die turksprachigen Uigur (6,5 Millionen in der Autonomen Region Singkiang), die Yi (6 Millionen in Sichuan, Yunnan und Guangxi), die Miao (5,5 Millionen in Guizhou, Hunan und Yunnan), die Tibeter (4,3 Millionen in der Autonomen Region Tibet und Qinghai) sowie die Mongolen (3,7 Millionen in der Inneren Mongolei, Gansu und Singkiang). Weitere zahlenmäßig starke Gruppen sind Koreaner, Bonyei und Mandschu. Die Qing stammen von jener Volksgruppe ab, die im 17. Jahrhundert China eroberte und die Qing- oder Mandschu-Dynastie begründete; sie sind von den Han-Chinesen kaum zu unterscheiden. Mit der ersten nationalen Volkszählung seit der kommunistischen Machtübernahme 1953 versuchte man, die menschlichen Ressourcen für den ersten Fünfjahresplan zu erfassen. Zu dieser Zeit betrug die chinesische Bevölkerung 585,5 Millionen. Eine zweite Volkszählung von 1964 zeigte eine Zunahme auf 694,6 Millionen und die dritte Zählung von 1982 ergab eine Einwohnerzahl von knapp über einer Milliarde (nicht einbezogen sind Hongkong, Macao und Taiwan). Die Einwohnerzahl ist mittlerweile auf 1,33 Milliarden gestiegen (2008). Das jährliche Bevölkerungswachstum beträgt 0,63 Prozent (2008). Die Bevölkerung ist sehr ungleichmäßig über das Land verteilt. Der Großteil lebt in den 19 östlichen Provinzen, dem historischen Kernland Chinas. Dies zeigen die unterschiedliche historische Landnutzung und die Siedlungsmuster der Chinesen im Osten und der nicht zu den Han-Chinesen gehörenden Völker im Westen. Seit 1960 propagiert die chinesische Regierung die Besiedlung der westlichen Provinzen und der autonomen Regionen. Der Geburtenrückgang zwischen 1950 und 1980 basierte zum großen Teil auf den Anstrengungen der Regierung, späte Eheschließungen zu befürworten und, erst in jüngerer Zeit, chinesische Familien auf die Zeugung nur eines Kindes zu verpflichten. Dieses Programm wurde mit einem kontinuierlichen Ausbau medizinischer Versorgungseinrichtungen gekoppelt, die über Geburtenkontrolle informieren und empfängnisverhütende Mittel gegen geringes Entgelt oder kostenfrei ausgeben. Offizielle Schätzungen im Jahr 1984 ergaben, dass 70 Prozent aller verheirateten Paare im zeugungsfähigen Alter Verhütungsmittel anwenden und 24 Millionen Paare formell einem Verzicht auf mehr als ein Kind zugestimmt haben. Die Abtreibung ist in China legal, und der soziale Druck, eine Schwangerschaft abzubrechen, ist insbesondere für jene Frauen hoch, die bereits ein Kind oder mehrere geboren haben. Die nationalen Minderheiten wurden generell vom Programm der Geburtenkontrolle ausgenommen. Dadurch soll eine Politik aufrechterhalten werden, die allen nicht den Han-Chinesen zugehörigen Menschen größtmögliche Unabhängigkeit bietet. Trotz starker Industrialisierung ist China nach wie vor ein stark agrarisch geprägtes Land. Obwohl im Gebiet des heutigen China bereits vor der Zeit des Römischen Reiches wichtige Stadtzentren existierten, nahm der Anteil der in Städten lebenden Bevölkerung nur langsam zu. Etwa 59 Prozent der Bevölkerung leben auf dem Land (2005). Spontane Umsiedlungen vom Land in die Städte wurden Mitte der fünfziger Jahre verboten, da es an Produktivkraft zur Errichtung weiteren Wohnraumes in der Stadt mangelte. Dieses Verbot entsprang auch dem Glauben Mao Tse-tungs, dass der Klassenunterschied zwischen Stadt- und Landbevölkerung eine der Ursachen für soziale Ungleichheit in China sei. Während der sechziger Jahre und in der ersten Hälfte der siebziger Jahre verwendeten die Chinesen beträchtliche Energien auf ein Konzept, bei dem die ausgebildete Stadtjugend für mehrere Jahre oder sogar für eine dauerhafte Ansiedlung auf das Land geschickt wurde. Mit dieser Bewegung sollten die in den Städten erworbenen Kenntnisse in ländliche Gebiete transportiert werden, und sie sollte das Interesse der Bauern dämpfen, in die Städte abzuwandern. Dieses Landentwicklungsprogramm wurde nach dem Tod von Mao 1976 nicht weiterverfolgt und Ende 1978 komplett aufgegeben. Zu dieser Zeit nahm die Abwanderung in die Städte zu. Innerhalb der Städte wird ein Wohnsitzwechsel ebenfalls von der Regierung beschränkt. Wer umziehen will, muss eine offizielle Erlaubnis besitzen und den Nachweis eines Wohnsitzes und einer Arbeitsstelle erbringen. Dennoch hat der Wohnsitzwechsel innerhalb der großen Städte zum Abriss vieler alter Häuser geführt, an deren Stelle dann moderne Wohn- oder Bürogebäude errichtet wurden. 3.1 Wichtige Städte Die ersten Städte Chinas entstanden um 1500 v. Chr. zur Zeit der Shang-Dynastie. Die Städte erfüllten damals überwiegend hoheitliche (administrative oder halbreligiöse) Funktionen. Außerdem waren sie für den Materialnachschub an den chinesischen Hof von Bedeutung und dienten als Marktplätze. Im 20. Jahrhundert und besonders seit den fünfziger Jahren haben die chinesischen Städte einen großen Stellenwert als Industrie- und Produktionszentren erlangt. Doch auch heute haben die Städte hoheitliche Bedeutung, die von der kommunistischen Regierung gepflegt wird. In China gibt es 40 Städte, deren Einwohnerzahl über einer Million liegt. Zu den bevölkerungsmäßig größten Städten zählen Kanton (Guangzhou) (7,61 Millionen), Hafenstadt am Xi Jiang; Shanghai (13,68 Millionen), größte Stadt des Landes mit dem wichtigsten Hafen; Peking (11,81 Millionen), Hauptstadt und kulturelles Zentrum Chinas; Tientsin (9,39 Millionen), Hafenstadt am Zusammenfluss des Hai mit dem Kaiserkanal; Shenyang (6,80 Millionen) sowie Wuhan (7,81 Millionen), Hafenstadt am Zusammenfluss von Han und Jangtsekiang. 3.2 Sprache Die Amtssprache ist Chinesisch, das zur sinotibetischen Sprachfamilie gehört, basierend auf dem Dialekt Putonghua, im Westen auch als Mandarin bekannt. Die chinesische Schrift ist über 3 000 Jahre alt. Obwohl die chinesische Sprache mehr als ein Dutzend gesprochener Dialekte umfasst, z. B. Kantonesisch, Fukienesisch und Hakka, deren Sprecher sich kaum untereinander verständigen können, schreiben alle Chinesen mit denselben Schriftzeichen. Seit 1949 versucht die kommunistische Regierung des Landes eine Änderung der chinesischen Sprache. Die offizielle Landessprache der Chinesen, der Dialekt Putonghua, wurde bei der Nationalkonferenz zur Reform der chinesischen Schriftsprache 1955 zur Amtssprache erklärt. Die Verwendung einfacherer traditioneller Zeichen mit einer geringeren Anzahl von Strichen oder in einer Art Kurzschrift ist inzwischen durchaus üblich. Ziel war es, das Analphabetentum einzudämmen. Die chinesische Schriftsprache umfasst insgesamt mehr als 50 000 Zeichen, von denen aber nur etwa 8 000 ständig gebraucht werden. Um eine Zeitung lesen zu können, muss man rund 3 000 bis 4 000 Schriftzeichen beherrschen. 1977 reichte China eine formelle Anfrage bei den Vereinten Nationen ein, um mit Hilfe der Alphabetschrift Pinyin eine Benennung geographischer Örtlichkeiten in lateinischer Schrift zu ermöglichen. Diese Übertragungstechnik wurde Ende der fünfziger Jahre erfunden und ist seitdem ständigen Änderungen unterworfen. Einige chinesische Funktionäre wünschen, dass Pinyin die chinesische Schrift bald ganz ersetzen soll. Die etwa 70 Millionen Angehörigen der Minderheiten in China verfügen über eigene Sprachen. Dazu zählen beispielsweise Mongolisch, Tibetisch, Miao, Tai, Uigur und Kasachisch. Früher hatten viele der Minderheitensprachen keine geschriebene Form. Die chinesische Regierung hat dazu ermutigt, mit Hilfe von Pinyin auch für diese Sprachen eine Schrift festzulegen. Die Minderheiten wurden auch darin unterstützt, ihre Tradition und Sprache zu pflegen. Mandarin wird in den Schulen meist als zweite Sprache unterrichtet. 3.3 Religion Eine der ersten Amtshandlungen der Chinesischen Kommunistischen Partei nach deren Regierungsübernahme 1949 war die offizielle Abschaffung organisierter Religionen. Bis dahin waren Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus bestimmend gewesen. Tempel und religiös orientierte Schulen wurden säkularisiert. Unter den formellen Religionen in China finden sich neben dem Buddhismus und dem Taoismus auch Christentum und Islam. In der Verfassung von 1978 wurden die Rechte religiöser Gemeinschaften wieder etwas fester verankert. 3.3.1 Feiertage Das chinesische Neujahrsfest (auch Frühlingsfest genannt) findet entsprechend dem chinesischen Mondkalender im Januar oder Februar statt und ist der bedeutendste Feiertag. Der Jahreszeitenwechsel vom Winter zum Frühling erfolgt um den 5. März und heißt Jing zhe (Ching Che) oder ,,Fest der aufgeregten Insekten". Für Chinesen ist dies der Tag, an dem ,,der Drache sein Haupt erhebt" und die Insekten aus ihrer Überwinterung reißt. Am 8. März ist Internationaler Frauentag. Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit. Der Internationale Tag der Bildung wird in China und anderen Ländern, die den Vereinten Nationen (UN) angehören, seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts am 8. September begangen. Am 28. September feiert man den Geburtstag von K'ung-fu-tzu (Konfuzius) bzw. den Lehrertag. Weitere gesetzliche Feiertage sind der Nationalfeiertag (1. und 2. Oktober), gefolgt vom Tag der Vereinten Nationen am 24. Oktober. An diesem Tag trafen sich 1945 die Nationalisten Chinas mit Repräsentanten anderer Länder, um die Charta der Vereinten Nationen zu verabschieden. Am 12. November ist der Geburtstag von Sun Yatsen, der aufgrund seiner Planung der industriellen Entwicklung als der Vater des modernen Chinas gilt und in der chinesischen Politik zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine führende Rolle spielte. Weitere traditionelle Feste, die in China zu unterschiedlichen Jahreszeiten stattfinden, sind das Laternenfest (15. Tag des ersten Mondmonats), das Drachenbootfest (5. Tag des fünften Mondmonats) und das Herbstmitte- oder Mondfest (15. Tag des achten Mondmonats). 3.4 Soziales In China trägt die Regierung die Verantwortung für das Wohlergehen der Bevölkerung. Das Programm einer sozialen Versorgung war ein wesentliches Element für die Machtübernahme der kommunistischen Partei. Zu den wichtigsten sozialen Maßnahmen gehören die Wohnraum- und Arbeitsplatzbeschaffung, die Gesundheits- und Altersversorgung sowie die Übernahme der Bestattungskosten. Die wichtigsten Reformen wurden im Bereich der Gesundheitsvorsorge erzielt. 1949 lag die Lebenserwartung in China bei 45 Jahren. Mittlerweile ist sie bereits auf 71,4 Jahre für Männer und auf 75,2 Jahre für Frauen angestiegen (2008). Während desselben Zeitraumes ist die Zahl der Mediziner stark angestiegen; trotz der rapiden Bevölkerungszunahme kommt jetzt auf etwa 662 Einwohner ein Arzt. 1949 belief sich das Verhältnis noch auf einen Arzt pro 27 000 Einwohner. Kliniken wurden auf Dorfund Bezirksebene eingerichtet, während die großen Städte und die Landkreise mit Krankenhäusern versorgt sind. Für Klinikaufenthalte wird eine geringe Gebühr erhoben. Intensivere Behandlungen in städtischen oder Provinzkrankenhäusern zahlt die Arbeitsstelle oder die Regierung. Zu den wesentlichsten Änderungen im Gesundheitswesen aus neuerer Zeit zählt das wieder erwachte Interesse an der Traditionellen Chinesischen Medizin, beispielsweise an der Medikation mit heimischen Kräutern, der Volksmedizin und der Akupunktur. Solche Behandlungsmethoden sind heutzutage in China gängiger als in westlichen Ländern. In den ländlichen Gebieten basieren vier Fünftel der verabreichten Medikamente auf homöopathischer Basis. So genannte Barfuß-Doktoren spielen ebenfalls eine wichtige Rolle; sie sind überwiegend im Bereich der Hygiene, der Präventivmedizin, der Akupunktur und der Behandlung üblicher Krankheiten ausgebildet und wirken vor allem auf dem Land, wo es sowohl an chinesischen Ärzten als auch an mit westlichen Methoden vertrauten Fachleuten mangelt. In China wurden im Bereich der Gesundheitsfürsorge groß angelegte Kampagnen durchgeführt. Dazu gehörten Kinderschutzimpfungen und die systematische Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten, Tuberkulose, Malaria oder Filariose. Bei der Familienplanung durch Geburtenkontrolle zeigte die Regierung zunächst eine eher unentschlossene Haltung. Seit der Kulturrevolution Ende der sechziger Jahre wurde ein Programm zur Geburtenkontrolle entschieden vorangetrieben. Die Politik der Einkindfamilie ist in der Verfassung verankert. Bei Erwerbsunfähigkeit, Mutterschaft, Schwerbeschädigung und im Alter sorgt die Regierung für die Betroffenen. 4 BILDUNG UND KULTUR China hat eine lange und reiche kulturelle und bildungsgeschichtliche Tradition. Während der Kaiserzeit (221 v. Chr. bis 1912 n. Chr.) erhielten lediglich höhergestellte Personen eine Position in der sozialen und politischen Führungselite. 124 v. Chr. entstand die erste Universität, an der künftige Staatsbedienstete im Konfuzianismus und der chinesischen Klassik unterrichtet wurden. Historisch betrachtet hatten jedoch nur einige Chinesen die Möglichkeit, die komplexe Sprache und die chinesische Literatur zu studieren. 1949 waren noch etwa 80 Prozent aller Chinesen Analphabeten; danach bemühten sich die chinesischen Kommunisten um eine weitgehende Alphabetisierung der Bevölkerung. 4.1 Bildung und Schulwesen Zu den ehrgeizigsten Programmen der Kommunistischen Partei zählt die Einrichtung eines umfassenden Erziehungssystems. Zwischen 1949 und 1951 schrieben sich 60 Millionen Bauern in so genannten Winterschulen ein, deren Unterricht in der beschäftigungslosen Periode der Landarbeiter gehalten wurde. Durch Bildung für alle sollten Klassenunterschiede beseitigt werden. Während der Kulturrevolution von 1966 bis 1969 wurden 131 Millionen Kinder und Jugendliche vom Unterricht ausgeschlossen. Die Grundschulen und weiterbildenden Schulen öffneten erst in den Jahren 1968 und 1969 wieder, die höheren Bildungsstätten zwischen 1970 und 1972. Die Regierungspolitik änderte sich in Hinsicht auf die Erziehung in dieser Periode drastisch. Die traditionell 13 Jahre währende Schulausbildung wurde durch einen Neunoder Zehnjahresplan für die Grund- und Mittelschulen ersetzt. Universitäten mit Studienzeiten von vier bis fünf Jahren stellten auf dreijährige Zyklen um. Ein Teil der gewonnenen Zeit wurde in Produktivarbeit zur Unterstützung der Schule oder eines Bereiches des jeweiligen Studienfaches verwendet. Für die meisten Absolventen von Mittelschulen, die eine Universität besuchen wollten, wurde eine zweijährige praktische Ausbildung zur Pflicht. Nach Maos Tod 1976 wurde diese Politik zum großen Teil wieder revidiert. Danach glichen sich die Stundenpläne wieder jenen an, die vor der Kulturrevolution Gültigkeit hatten. Es besteht eine Schulpflicht von 9 Jahren (2002-2003). Der Alphabetisierungsgrad beträgt 87,3 Prozent. Die Programme für die Grund- und Mittelschulen wurden allmählich wieder dem Zwölfjahresschema angepasst, und die Hochschulanwärter mussten keine zweijährige Landarbeit mehr verrichten, um an den Universitäten angenommen zu werden. Eine bedeutende Änderung im Erziehungssystem war die Wiedereinführung standardisierter Aufnahmeexamen, die bereits vor der Kulturrevolution zu einem wesentlichen Instrument für den sozialen Aufstieg in China gehört hatten. In der Zeit der revolutionären Experimente waren die Eingangsprüfungen mit dem Argument abgeschafft worden, dass dadurch eine Elite begünstigt würde, die bereits eine familiäre intellektuelle Tradition habe. Als die Universitäten nach der Schließung zwischen 1970 und 1972 wieder geöffnet wurden, erhielten viele politisch opportune Bewerber eine Aufnahmegenehmigung. Diese Auswahlkriterien wurden 1977 revidiert, als die Chinesen mit ihrem neuen Konzept der Vier Modernisierungen begannen. Die Regierung wollte eine schnelle Modernisierung der Landwirtschaft, Industrie, Verteidigung sowie Wissenschaft und Technik erreichen. Diese setzte ein hohes Bildungsniveau voraus. Um die hierfür erforderlichen Erziehungsprogramme zu stabilisieren, mussten Grundlagen für die theoretische und formale Ausbildung erarbeitet werden. Politische Haltung und revolutionärer Geist standen nun nicht mehr im Vordergrund. China bedient sich heute eines ,,Punktesystems". Dabei werden die vielversprechendsten Studenten in den besten Schulen untergebracht, die zur Ausbildung einer akademischen Elite geeignet sind. Die Absolventen von Mittelschulen können ebenfalls Universitäten und verschiedene technische bzw. Berufsschulen besuchen. Zu den bekanntesten Universitäten in China zählen die Universität Peking (1898), die Universität Hangzhou (1952), die Universität Fudan in Shanghai (1905) und die Universität für Wissenschaft und Technik von China (1958) in Hefei. Die höheren Schulen sind in China kostenfrei. Eine Neuheit im chinesischen Erziehungswesen ist die Fernsehuniversität (siehe nachfolgend unter Medien). 4.2 Kultur Die pädagogischen Ziele der kommunistischen Regierung Chinas beschränkten sich jedoch nicht auf die schulische Erziehung. Während der sechziger und siebziger Jahre wurden auch didaktische Theaterstücke, Opern, Literatur und Musik gefördert. Ausländische Kunst und Literatur, seit den sechziger Jahren verboten, durfte in China im Rahmen eines verstärkten Kulturaustauschs seit Mitte der siebziger Jahre wieder veröffentlicht werden. 1978 und 1979 wurden im Verlag der Volksliteratur etwa 200 ausländische Werke übersetzt, darunter auch Romane aus dem Westen. Im Bereich der Musik kam es Anfang der achtziger Jahre zu Lockerungen, so dass nicht nur politische Lieder Verbreitung fanden. Auch die Volksmusik erfuhr so wieder eine Würdigung. Die Kinos waren meist ausverkauft, und die reisenden Akrobaten, Zirkusartisten und Jongleure standen in der Gunst der Zuschauer ebenso hoch wie das Ballett und die Oper. In den Kleinstädten und Gemeinden fanden die Aufführungen in voll besetzten Häusern statt. In den achtziger Jahren öffneten sich die chinesischen Bühnen auch für klassische Stücke oder Popmusiker aus dem Westen. 1957, während der Hundert-Blumen-Bewegung, ermutigte man Schriftsteller und Intellektuelle, sich zu Wort zu melden und Perspektiven für die Regierungspolitik und die Bedürfnisse des Volkes zu entwickeln. Die dadurch herausgeforderte Kritik war so vehement, dass die Regierung sich zu einer sofortigen Kehrtwende entschloss. Viele Intellektuelle wurden wegen ihrer vorgetragenen Meinungen verfolgt. Die Angst vor ähnlichen Aktionen von Seiten der Regierung führte Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre dazu, dass die chinesischen Künstler, Autoren, Komponisten und Filmemacher eher zurückhaltend auf den offiziellen Wunsch reagierten, sich freier und unabhängiger künstlerischer Gestaltung hinzugeben. 4.3 Kultureinrichtungen Peking, Shanghai und Kanton spielen in China eine führende kulturelle Rolle. Hier befinden sich die meisten bekannten Museen und Theater, und hier werden die meisten kulturellen Darbietungen aufgeführt. Peking ist auch kulturelle Hauptstadt. In der Nähe des berühmten Platzes des Himmlischen Friedens liegt die Verbotene Stadt, ehemals kaiserliche Residenz und heute Museum, sowie die Gedächtnishalle für Mao Tse-tung und das Museum der chinesischen Revolution. In Peking befanden sich auch die berühmte ,,Wand der Demokratie" und die Plakate mit den großen Zeichen, auf denen die öffentliche Meinung über die Regierungspolitik nach Maos Tod 1976 wiedergegeben werden durfte. Ende der siebziger Jahre wurde die Wand verboten. Der Sommerpalast, der Tempel des Himmels, die Gräber der Ming-Dynastie und die Chinesische Mauer befinden sich in der Nähe von Peking. Diese großen Denkmäler der Ming- und Ching-Dynastie bilden ein kulturelles Zentrum für die zunehmend mobile Bevölkerung Chinas. In Shanghai befinden sich das Museum für Kunst und Geschichte, in dem eine der wertvollsten Kunstsammlungen Chinas untergebracht ist, sowie das Museum der Naturwissenschaften. Auch der Garten des Mandarin Yu liegt hier. Nach 1949 öffnete die kommunistische Regierung viele ehemalige Privathäuser, Gärten und Parks der Öffentlichkeit; heute dienen sie als Treffpunkte zum Teetrinken oder Spazierengehen. In Kanton (Guangzhou) liegen einer der größten Zoos Chinas, das Guangzhou-Museum, die Sun-Yatsen-Gedächtnishalle, der Yuexiu-Park mit der Zhenhai-Pagode aus der Ming-Dynastie, der Tempel der Sechs Banyan-Bäume und die Huaisheng-Moschee aus dem Jahr 627. In der Nähe von Xi'an (Sian) wurde eines der eindrucksvollsten Werke der chinesischen Antike entdeckt: Eine Terrakotta-Armee mit mehr als 6 000 lebensgroßen Figuren im Grab des Kaisers Shi Huangdi (gestorben 210 v. Chr.) aus der QinDynastie. Das seit der Revolution von 1949 geförderte nationale Bewusstsein hat dazu geführt, dass in fast jeder Stadt eine Art kulturelles Denkmal errichtet wurde. In jenen Städten, in denen keine offiziellen Museen existieren, wurden ehemalige Gutsbesitzungen in einen öffentlichen Garten oder ein Teehaus umgewandelt. Hierdurch erhielten die Städte einen zunehmend urbanen Charakter. 4.4 Medien Die kommunistische Regierung Chinas nutzte seit den frühen fünfziger Jahren vor allem das Radio: So wurden von 1950 bis 1970 auf öffentlichen Plätzen und in Fabriken Lautsprecher aufgestellt. Symbol für das freiere Klima Mitte der achtziger Jahre ist der 1986 in Südchina eingeführte kommerzielle Rundfunk. Ein Zentraler Volkssender für das Fernsehen entstand 1958 in Peking. Im selben Jahr wurden die ersten chinesischen Fernsehgeräte in der staatlichen Radiofabrik Tientsin gefertigt. Später erweiterte man das Standardprogramm des Zentralen Volkssenders um zwei Kanäle. In vielen Städten und Provinzen entstanden eigene lokale Sendestationen. Die Fernsehuniversität unter Verwaltung des Zentralen Volkssenders ist ein weiterer Aspekt im Kommunikationsnetz von China. In Peking werden täglich neun Stunden Fernsehunterricht angeboten. Hunderttausende von Studenten haben sich für die Programme dieser Fernuniversität eingeschrieben. Diese Einrichtung ist für China besonders sinnvoll, denn der Anteil der Bevölkerung im Studienalter ist hier extrem hoch. Über 200 Tageszeitungen haben eine tägliche Auflage von insgesamt 50 Millionen. Die am weitesten verbreitete Zeitung ist die in Peking erscheinende Renmin Ribao (Volkszeitung). Sie untersteht der direkten Kontrolle des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei. Die tägliche Auflage beträgt fünf Millionen. Weitere wichtige Zeitungen und Magazine sind Guangming Ribao (Tageszeitung Kuangming), Jiefang Ribao (Befreiung), Renmin Huabao (Volksillustrierte) und Tiyu Kexue (Sportanzeiger). Ausländische Beobachter nutzen die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua als erste Quelle. Die Verlagsbranche in China ist sehr aktiv. Die Intention der Regierung, eine möglichst universelle Erziehung zu erreichen, führte zu einer Förderung im Bereich Belletristik und Sachbuch. Darüber hinaus wurden Übersetzungen ausländischer Werke in Auftrag gegeben. Post- und Telekommunikationsdienste unterstehen der Regierung. Das Telefonnetz ist zwar in nahezu allen Landesteilen ausgebaut, aber nur wenige Haushalte verfügen über eigene Anschlüsse. 5 VERWALTUNG UND POLITIK In der Volksrepublik China gilt die 1982 verabschiedete Verfassung, die 2004 letztmals geändert wurde. Diese Verfassung ersetzte die erst 1980 in Kraft getretene Verfassung; deren Vorläuferin wiederum war 1954 in Kraft getreten. 5.1 Exekutive Seit der Verfassung von 1982 wird der Präsident durch den Nationalen Volkskongress für eine fünfjährige Amtszeit gewählt. Das Amt des Präsidenten umfasst jedoch vorwiegend repräsentative Pflichten. Die exekutive Macht liegt in Händen des Ministerrates, dem der Erste Vorsitzende voransteht. Der Ministerrat ist mit der Verwaltung der verschiedenen Bereiche der Staatsgeschäfte beauftragt. Die nationale militärische Befehlsgewalt liegt in den Händen der Zentralen Militärkommission. Die Positionen der größten Autorität innerhalb der chinesischen Regierung sind auf den Ministerpräsidenten und den Generalsekretär der Kommunistischen Partei verteilt. 5.2 Legislative Der Nationale Volkskongress ist das höchste Organ staatlicher Macht in China. Seine etwa 3 000 Mitglieder werden in mehreren Wahlgängen für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Jede Provinz wählt einen Repräsentanten (oder Abgeordneten) pro 400 000 Einwohner für den Kongress. Auf diese Weise wird jede Provinz durch mindestens zehn Abgeordnete vertreten. Der Nationale Volkskongress kann Gesetze verabschieden, die Verfassung ändern, den Staatshaushalt billigen und ökonomische Pläne genehmigen. Ihm obliegt auch die Macht, die Mitglieder des Ministerrates (Kabinett) zu bestellen und zu entlassen. Der Ministerrat ist das mit der höchsten Macht ausgestattete Instrument der chinesischen Regierung. In der Praxis hat der Nationale Volkskongress allerdings nur geringe Befugnisse. Wegen seiner fast unüberschaubaren Größe kommt der Kongress lediglich in unregelmäßigen Abständen zur Geschäftsführung zusammmen. Wenn der Kongress nicht tagt, führt ein Ständiger Ausschuss die Geschäfte. Der Ständige Ausschuss repräsentiert den Kongress auch in einer Vielzahl von Regierungsfunktionen, einschließlich des Empfangs ausländischer Gesandter und der Ratifizierung oder Annullierung von Verträgen mit ausländischen Regierungen. Der Ministerrat ist das zentrale Regierungsinstrument des Nationalen Volkskongresses. Dieser wird vom ersten Vorsitzenden und dessen Stellvertreter geleitet. Die einzelnen Ministerien, Kommissionen und Büros sind dem Ministerrat gegenüber rechenschaftspflichtig. 5.3 Judikative Die chinesische Tradition der Rechtsprechung unterscheidet sich beträchtlich von der westlicher Nationen. Die bürgerliche Ordnung wurde in der Geschichte durch die Verantwortlichkeit der Familie, der Nachbarschaft oder der Gemeinde aufrechterhalten. Allgemein ausgedrückt hat die chinesische Gerichtsbarkeit meist versucht, den Kontext eines Individualverbrechens zu verstehen, um die Ursachen zu beseitigen. Die Entwicklung eines formalen juristischen Systems lag ihr eher fern. Mit der Verfassung aus dem Jahr 1978 unternahm China jedoch große Anstrengungen, das System der Rechtsprechung und die Gesetze den westlichen Modellen anzugleichen. Die Verfassung von 1982 garantiert das Recht auf eine Verteidigung. Das chinesische Rechtssystem besteht aus drei Komponenten: einem System von Gerichtshöfen, einer öffentlichen Sicherheitsabteilung oder der Polizei und der öffentlichen Strafverfolgungsbehörde. Das höchste Organ der Judikative ist der Oberste Volksgerichtshof. Dieser wacht über die Einhaltung der Verfassung und der Gesetze des Ministerrats. In allen Provinzen und Gemeinden befinden sich Büros dieser drei judikativen Einrichtungen. Die Polizei hat ihre Reviere auf die einzelnen Stadtviertel verteilt. Ein weiterer Grund für die Bemühungen Chinas, ein formaleres juristisches Netzwerk zu entwickeln, liegt darin begründet, dass die Kommunistische Partei in vielen, schwereren zivilen Strafverfahren als Vermittler dienen musste. Durch diese Rolle hat die Partei bei der Bewältigung täglicher Routineangelegenheiten in der chinesischen Gesellschaft eine wichtige Funktion erhalten. Die Lösung von nachbarschaftlichen Konflikten, Scheidungen, Familienstreitigkeiten und kleineren Diebstählen wurde durch diese übergeordnete Vermittlung besonders stark beeinflusst. Der lokale Parteisekretär war in diesen Fällen meist in der Position des Vermittlers. Gelegentliche öffentliche Gerichtsverhandlungen trafen auf starkes Interesse. 5.4 Kommunalverwaltung Die lokale Regierungsstruktur in China ist auf drei Ebenen organisiert: Provinzen, Bezirke und Städte bzw. Dörfer. Die erste Ebene untersteht direkt der Zentralregierung; sie besteht aus 23 Provinzen (darunter auch Taiwan), fünf autonomen Regionen und den vier direkt regierten Städten Peking, Shanghai, Tientsin und Chongqing. Auf der zweiten Ebene sind die Präfekturen, Bezirke und Gemeinden angesiedelt und auf der dritten Ebene Gemeinden, Städte und Dörfer. Auf jeder dieser Ebenen sind auch spezielle autonome Verwaltungseinheiten eingerichtet, sofern das betreffende Gebiet überwiegend von nichtchinesischen Minderheiten bewohnt ist. Ab Ende der fünfziger Jahre bis in die siebziger Jahre hinein wurde in den meisten Regionen die Verwaltung der Städte und Dörfer durch Kommunen ersetzt, welche als administrative Basiseinheiten dienen. Die Kommunen waren wiederum in Produktionsbrigaden unterteilt. 1985 wurde ein fünfjähriger Plan abgeschlossen, der den Abbau von 56 000 ländlichen Kommunen zum Ziel hatte. Obwohl jede Verwaltungsebene der darüber liegenden Ebene rechenschaftspflichtig ist, wurde den kleinen lokalen Einheiten von jeher große Eigenverantwortlichkeit zugesprochen. Das war mit ein Grund für den Erfolg der chinesischen Kommunisten. Die Regierung investierte beträchtliche Energien, um diese Lokalregierungen als Diskussionsforum zu etablieren und eine von unten nach oben durchgängige Basisstruktur zu erhalten. 5.5 Politik Gemäß der Verfassung von 1982 ist China eine sozialistische Volksrepublik, angeführt von der Kommunistischen Partei auf der Basis einer Einheitsfront, zu der auch andere demokratische Parteien gehören. In der Praxis bestimmt jedoch ausschließlich die Kommunistische Partei das nationale politische Geschehen. Die meisten wichtigen Regierungsposten werden von Parteimitgliedern belegt. Die Kommunistische Partei Chinas zählt mehr als 52 Millionen Mitglieder (dies sind 4,5 Prozent der Gesamtbevölkerung) und ist die größte kommunistische Partei der Welt. Der erste nationale Parteikongress wurde 1921 abgehalten. Damals nahmen nur 57 Mitglieder daran teil. Die Mitglieder überschritten 1956 die 10-Millionen-Grenze. Die Organisation und die Funktionen der Kommunistischen Partei werden in den Grundsatzprogrammen der Partei ausgearbeitet. Das sechste Parteistatut wurde 1982 beim 12. Kongress angenommen. Beachtenswert an der jüngsten Entwicklung ist, dass die Führungsrolle der Partei herabgesetzt wurde; der ehemalige erste Vorsitzende erhielt den Titel eines Generalsekretärs. Der Nationale Parteikongress ist das höchste Organ der Partei. Das Zentralkomitee, gewählt vom Nationalen Parteikongress, wählt wiederum das Politbüro und den Ständigen Ausschuss sowie den Generalsekretär der Partei. Oberstes Entscheidungsgremium über den Parteiapparat sind das Politbüro und der Ständige Ausschuss. Darüber hinaus sind in China verschiedene kleinere politische Parteien und Massenorganisationen aktiv. Zu diesen zählen die Demokratische Chinesische Liga, der Chinesische Sportverband und der Chinesische Frauenverband. Die einzige Partei mit potentiellem politischem Einfluss ist jedoch die Kommunistische Jugendliga mit mehr als 50 Millionen Mitgliedern. Diese Organisation spielt für die Kommunistische Partei bei der Rekrutierung von Nachwuchspolitikern, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, eine wichtige Rolle. 5.6 Umweltschutz In der Verfassung von 1978 sah China erstmals Maßnahmen zum Umweltschutz vor. Dies ist um so beachtenswerter als das Land bis zu diesem Zeitpunkt eine Politik des rigorosen Zuwachses nationaler Produktion betrieb. Unter der Verantwortung des Staatsrates wurde ein Umweltschutzbüro eingerichtet, das jedoch über keinerlei Kompetenzen verfügt. Hier werden lediglich Lösungsvorschläge zu Umweltproblemen koordiniert. Das Nationalinstitut zum Schutz der Umwelt überwacht die Verwendung von Chemikalien, Herbiziden und Insektiziden. Der Schwerpunkt der Umweltschutzbemühungen liegt in der Wiederaufforstung, der Erosionskontrolle und dem Wasserschutz. Zur Erhaltung der Wasserqualität sind umfangreiche Projekte für alle wichtigen Flusssysteme des Landes geplant. Eine bedeutende Rolle für den Umweltschutz in China spielen die Terrassenanlagen. Zusammen mit der Anpflanzung von Bäumen und der Einrichtung kleiner Wasserreservoire in Form von Teichen stellt das Anlegen von Terrassen eine jener Methoden landwirtschaftlicher Nutzung dar, die bereits seit Jahrhunderten erfolgreich praktiziert werden. Diese Techniken bieten eine hervorragende Möglichkeit, die Bodenerosion einzuschränken und die Erhaltung der Wasserqualität lokaler Verantwortung zu übergeben. 5.7 Verteidigung Die chinesische Verfassung von 1982 übertrug die höchste Befehlsgewalt über die bewaffneten Streitkräfte an die Zentrale Militärkommission. Die militärischen Streitkräfte des Landes tragen seit dem Jahr 1946 die Bezeichnung Volksbefreiungsarmee. Das Heer, die Marine und die Luftwaffe sind der Volksbefreiungsarmee unterstellt. Diese umfasst etwa 2 Millionen Soldaten (2004) und ist damit die größte Militärmacht der Welt. Davon sind etwa 255 000 Soldaten in der Marine, einschließlich der 25 000 auf den Luftwaffenstützpunkten der Marine und weiteren 6 000 bei der Marineinfanterie. Die Armee wird von einer Nationalmiliz aus etwa zwölf Millionen Chinesen und von einer Sicherheitspolizei mit etwa 1,8 Millionen Mitgliedern gestützt. Die Marine verfügt über 1 700 Schiffe, von denen einige mit atomaren Raketen bestückt sind. Die Luftwaffe ist mit 5 000 Kampfflugzeugen ausgestattet. China hat bei der Entwicklung nuklearer Waffen bedeutende Fortschritte gemacht, aber im Vergleich zu den Vereinigten Staaten oder Russland ist das Arsenal eher klein. Die Volksbefreiungsarmee spielt auch in der wirtschaftlichen Produktion und bei der Konstruktion technischer Anlagen wie Staudämmen, Bewässerungssystemen und Landgewinnungsprojekten eine wichtige Rolle. Die Armee war maßgebliches staatliches Organ während der Kulturrevolution (1966-1969) und unterdrückte die prodemokratischen Demonstrationen im Juni 1989 in Peking. 6 WIRTSCHAFT Mehr als 2 000 Jahre lang basierte die chinesische Wirtschaft auf einer Art Feudalsystem; der Landbesitz lag in den Händen einer relativ kleinen Gruppe von Menschen, die von den Abgaben der bäuerlichen Pächter lebten. Daneben mussten die Bauern auch Steuern an die kaiserliche Regierung entrichten und waren in manchen Regionen Naturkatastrophen wie Dürre und Überschwemmungen mehr oder weniger schutzlos ausgesetzt. Unter diesen Bedingungen war die Landwirtschaft in kleinste Bereiche aufgesplittert. Nach dem Ende der Opiumkriege 1860 begann eine Periode westlicher Einflussnahme, die vor allem von den Handelshäfen ausging. Eisenbahnschienen und Straßen wurden gebaut und die ersten Formen industrieller Entwicklung setzten ein. Diese Aktivitäten hatten für die allgemeine chinesische Wirtschaft jedoch nur geringe Bedeutung. China wurde in eine Reihe von kolonialen Interessenkonflikten verwickelt und stand unter verschiedenen Einflüssen. Mitte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts organisierte sich die Chinesische Kommunistische Partei. Während der folgenden zwei Jahrzehnte konnte die Partei ihren Einfluss ausbauen, indem sie in weiten Teilen der ländlichen Gebiete ein Agrarprogramm einführte, das die Abgaben kontrollierte und den Wucher unterband. Dazu wurde ein Bauernverband gegründet. Am 1. Oktober 1949 gelang es der Kommunistischen Partei erstmals seit dem Kaiserreich im Jahr 1912, eine vereinte Nationalregierung und eine gemeinsame Wirtschaftspolitik zu etablieren. Von 1949 bis 1952 konzentrierten sich die Bemühungen der Politik auf das Eindämmen der Inflation, die Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung und die Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Die neue Regierung rief eine Landreform ins Leben; an über 300 Millionen arme Bauern wurde Land verteilt. Im Zug des ersten Fünfjahresplanes (1953-1957) wurden 92 Prozent der Landbevölkerung in Kooperativen organisiert. 1958 entstanden die ersten bäuerlichen Kommunen. Diese spielten in der chinesischen Landwirtschaft bis Anfang der achtziger Jahre eine dominierende Rolle. Die Kommunen basierten auf dem kollektiven Besitz des Landes und aller wichtigen Maschinen. Die Produktion orientierte sich an staatlich festgelegten Zielen und die Arbeiter wurden je nach Erfüllung des Solls entsprechend entlohnt. Ein grundlegendes Auskommen war jedoch allen Mitgliedern garantiert. Auch im urban-industriellen Bereich wurde das staatliche Eigentum allmählich auf Industriefabriken und Handelsunternehmen ausgedehnt. Die Industrie wuchs während des ersten Fünfjahresplanes auch durch entsprechende staatliche Investitionen beständig und der staatseigene Sektor gewann auf diese Weise eine immer größere Bedeutung. Der zweite Fünfjahresplan wurde 1958 eingeführt. Im Sommer dieses Jahres begann das Regime mit seiner vielfach angekündigten wirtschaftlichen Offensive. Dieses Programm war von großen Investitionen in der Schwerindustrie gekennzeichnet. Ferner wurden in dieser Phase kleinere Industriezweige, wie etwa die Stahlverarbeitung eingerichtet. Das Programm verursachte jedoch auch große Irritationen im Wirtschaftsmanagement und im tatsächlichen ökonomischen Wachstum. 1960 musste es abgebrochen werden. Die chinesische Wirtschaft durchlief eine Periode der Konsolidierung, 1965 erreichte die Produktion in vielen Bereichen jedoch wieder das Niveau der späten fünfziger Jahre. Der dritte Fünfjahresplan begann 1966, aber sowohl die landwirtschaftliche als auch die industrielle Produktion wurden durch die Auswirkungen der Kulturrevolution beträchtlich geschmälert. Der vierte Fünfjahresplan wurde 1971 eingeführt, als sich die Wirtschaft langsam wieder erholt hatte. Nach dem Tod Maos 1976 wurde der fünfte Fünfjahresplan eingeleitet, aber 1978 durch das ,,Programm der vier Modernisierungen" unterbrochen. Dieses Programm forderte eine Rundumerneuerung der Landwirtschaft, der Industrie, der nationalen Verteidigung sowie der Wissenschaft und Technik bis zum Ende des Jahrhunderts. Damit sollte China zu den führenden Wirtschaftsnationen der Erde gehören. Hierzu bemühte man sich um eine Verbesserung des Wirtschaftsmanagements und versuchte, die in privatem und kollektivem Besitz (im Gegensatz zu den verstaatlichten) befindlichen Unternehmen in den Vordergrund zu rücken. Dieses Programm wurde durch einen etwas bescheideneren Zehnjahresplan für die Periode von 1981 bis 1990 ersetzt. Die Bemühungen, westliche Technologien und Investitionen zu gewinnen, dauerten aber an, ebenso wie ein Programm mit Anreizen zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion. Die im Oktober 1984 begonnene Politik befürwortete eine weitere Dezentralisierung der ökonomischen Planungen und ein größeres Vertrauen auf die Kräfte des freien Marktes bei der Preisentwicklung für Konsumgüter. Der Fünfjahresplan von 1986 bis 1990 basierte auf der Annahme eines jährlichen ökonomischen Wachstums von 7 Prozent, aber die wirtschaftliche Entwicklung verlangsamte sich nach der politischen Krise 1989. Diese wirtschaftliche Schwächung war jedoch nur vorübergehend. Anfang der neunziger Jahre expandierte die chinesische Wirtschaft bereits enorm, weil die Regierung die Wirtschaftsbeschränkungen zunehmend lockerte. Die Zahl der Erwerbstätigen wird auf 781 Millionen Personen geschätzt (2006). Beschäftigungslosigkeit und Unterbeschäftigung haben die Produktivität der Arbeit und das Anwachsen der Einkommen gedämpft. Diese Probleme sind unmittelbar mit der enormen Größe und der schnellen Zunahme der Bevölkerung verbunden. In den frühen achtziger Jahren war ein Drittel der Bevölkerung 15 Jahre alt oder jünger. Dies zeigt, dass eine große Zahl junger Leute pro Jahr in den Arbeitsprozess integriert werden muss. In der Landwirtschaft sind 44 Prozent aller Erwerbstätigen beschäftigt. Die bäuerlichen Familien erhalten ihr Einkommen zu rund drei Vierteln aus der Kollektivwirtschaft, das restliche Viertel wird aus Nebenbeschäftigungen erwirtschaftet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 2 644 681 Millionen US-Dollar (2006; Dienstleistungen 39,9 Prozent, Industrie 48,4 Prozent, Landwirtschaft 11,7 Prozent); dies entspricht einem BIP pro Einwohner von 2 016,10 US-Dollar. Das Wirtschaftswachstum beträgt 10,7 Prozent (2006). Doch dieses schnelle Wachstum zog auch Probleme wie beispielsweise hohe Inflationsraten nach sich. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas erklärte im Oktober 2000 eine Verdoppelung des Bruttoinlandsprodukts bis zum Jahr 2010 als realistisches Ziel. Die Volksrepublik ist seit dem 10. November 2001 Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO). 6.1 Landwirtschaft Das traditionell wichtigste Standbein der chinesischen Wirtschaft ist auch heute noch die Landwirtschaft. Sie ernährt einen Großteil der Bevölkerung. Etwa 10 Prozent der Gesamtfläche Chinas sind landwirtschaftlich nutzbar (insbesondere der Osten des Landes) und großflächig bewirtschaftet. Etwa die Hälfte des Kulturlandes wird mit Bewässerungssystemen versorgt. In keinem Land der Welt ist dieser Anteil so hoch. Trotz des großen Wachstums der jährlichen Produktion seit 1949 ist das Pro-KopfEinkommen wegen der rasanten Bevölkerungszunahme deutlich weniger gestiegen. Zwischen den Jahren 1952 und 1979 wuchs beispielsweise die Getreideproduktion um 103 Prozent, das Pro-Kopf-Einkommen jedoch lediglich um 20 Prozent. 1979 wurden auch neue Gebiete für die Landwirtschaft nutzbar gemacht (insbesondere in Nordostund Nordwestchina). Der Verlust von bewirtschaftetem Land für nichtlandwirtschaftliche Zwecke war jedoch noch größer, und durch die große Bevölkerungszunahme sank der Landesdurchschnitt von 0,18 Hektar pro Kopf 1949 auf 0,11 Hektar. Die beständig steigende Produktion und Ernte in China lässt sich zum Teil auf die wachsende Effektivität zurückführen. Bis 1979 waren die 838 Millionen Bauern Chinas in circa 52 000 Kommunen organisiert. Die Kommunen waren sozioökonomische Einheiten, die vom Staat Produktionsziele erhielten und dafür sorgten, dass diese erfüllt wurden. Eine Kommune war meist in mehrere Brigaden eingeteilt, die sich wiederum in Arbeitsgruppen aufgliederten. Jede dieser verschiedenen Einheiten konnte Land, Maschinen oder andere Produktionsmittel aus dem gemeinsamen Fundus der Kommune erhalten und führte jeweils unterschiedliche Arbeiten aus. Etwa sechs Millionen Arbeitsgruppen bildeten die Grundlage dieses Systems. Das Kommunensystem bot die Möglichkeit, den landwirtschaftlichen Anbau und die Struktur der Bepflanzung im großen Stil zu planen. So konnte in jenen Gebieten Weizen angebaut werden, wo der Boden und die übrigen Umstände am besten dafür geeignet waren. Auch die Bewässerungsanlagen ließen sich in sinnvollen Maßstäben errichten. Obwohl das Land in Kollektivbesitz war, stand jedem bäuerlichen Haushalt eine kleine Parzelle für die private Nutzung zu. Ferner war den Arbeitsgruppen Autonomie garantiert und die einzelnen Haushalte konnten die Produkte, deren erzeugte Menge über dem offiziellen Soll lagen, selbst vermarkten. Anfang der achtziger Jahre wollte die Regierung den wiederkehrenden Nahrungsmangel beheben, gestattete deshalb einen höheren durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch und strukturierte den landwirtschaftlichen Sektor um. Das System der Kommunen und Brigaden wurde zum großen Teil aufgehoben und stattdessen nahmen jetzt die Haushalte die wichtige Position der kleinsten Einheit in der landwirtschaftlichen Produktion ein. Unter diesem neuen ,,Verantwortungssystem" schloss jeder Haushalt mit den lokalen Behörden einen Vertrag über die zu produzierende Quote eines bestimmten Getreides. Darüber hinaus erwirtschaftete Ernteerträge können die Familien auf dem freien Markt verkaufen. Die daraus erzielten Umsätze beliefen sich Ende der achtziger Jahre auf 60 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion Chinas. Wegen der enormen Bedeutung der Landwirtschaft in China, ist die Planung einer rationellen Landnutzung von größter Wichtigkeit. Eine Überproduktion von Getreide führte beispielsweise in den sechziger und siebziger Jahren zur Verminderung der Anbaugebiete einiger Feldfrüchte, Obstplantagen und Bäume sowie zur Vernachlässigung der Viehzucht und zu Umweltschäden. Die Regierung propagiert seitdem eine Kultivierung, die mit den natürlichen Bedingungen in Einklang steht. Die Mechanisierung der Landwirtschaft wird aktiv betrieben, obwohl sie nach wie vor in den Kinderschuhen steckt und sich in Regionen mit relativ kleinen Anbauflächen als unpraktikabel erwiesen hat. Die Kontrolle von Überschwemmungen und das Anlegen von Bewässerungssystemen, etwa die Errichtung von Staudämmen und Kanälen werden seit den fünfziger Jahren in großem Umfang durchgeführt. Im selben Zeitraum wurde auch die Struktur des landwirtschaftlichen Anbaus wesentlich geändert. Durch die zunehmenden Wasserreservoire und die intensivere Nutzung von Kunstdünger konnte in den drei Flusstälern der Nordchinesischen Ebene eine zweite Ernte pro Jahr hervorgebracht werden. Die Erträge in den mittleren und niedrigen Lagen des Jangtsekiang-Tales, bereits damals ein Gebiet mit zwei Ernten pro Jahr, ließen sich auf drei jährliche Ernten heraufsetzen. In jüngster Zeit stand jedoch die Rückkehr zur zweimaligen jährlichen Ernte zur Debatte, da durch die dritte Ernte hohe Ausgaben für Kunstdünger entstehen und der Anbauplan ausgesprochen eng ist. Um die landwirtschaftliche Produktion zu ergänzen, betreiben die verschiedenen Regierungsstellen weitere 2 000 staatliche Farmen. Diese Großbetriebe dienen sowohl für Experimente im Agrarbereich als auch zur Produktion bestimmter Nahrungsmittel für die städtischen Märkte oder für den Export. Diese Betriebe haben ihren Standort meist auf neu gewonnenem Agrarland, wo die ländliche Bevölkerung relativ gering ist und sich die modernen Maschinen effektiv einsetzen lassen. 6.1.1 Nahrungsmittelernte Etwa 80 Prozent der Agrarfläche Chinas sind für die Produktion von Nahrungsmitteln bestimmt. Zu den wichtigsten Ernteerzeugnissen zählt der Reis, der auf etwa einem Drittel der gesamten Anbaufläche kultiviert wird. Hauptanbaugebiete sind das südliche Tal des Huai, das mittlere und östliche Tal des Jangtsekiang, das Delta des Xi Jiang bei Kanton und das Rote Becken von Sichuan. 2006 wurden 184 Millionen Tonnen Reis geerntet. Das zweitwichtigste Ernteprodukt des Landes ist Weizen, der hauptsächlich nördlich des Huai angebaut wird. Die wesentlichen Anbaugebiete für Weizen liegen in der Nordchinesischen Ebene und den Tälern der Flüsse Wei und Fen in der Lößregion. Obwohl die Flächen für den Weizenanbau beinahe ebenso groß sind wie diejenigen für den Reis, ist der Ernteertrag dennoch geringer. Er betrug 2006 etwa 104 Millionen Tonnen Kaoliang (eine Art Mohrenhirse) und Hirse zählen ebenfalls zu den wichtigen Nahrungsmittelprodukten im Norden und Nordosten des Landes. Kaoliang wird auch als Viehfutter verwendet und ist ein Ausgangsstoff für die Produktion alkoholischer Getränke. Die Halme werden zur Papierherstellung und zum Abdecken der Dächer benutzt. Mais wird auf etwa 20 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche angebaut. In der Inneren Mongolei und im Westen, vor allem in Tibet, spielt auch der Hafer ein wichtige Rolle. Daneben werden auch andere Nahrungsmittel angebaut, etwa Süßkartoffeln, Kartoffeln, verschiedene Obstsorten und Gemüse. Die Süßkartoffeln überwiegen im Süden, im Norden dagegen die Kartoffeln. Zu den häufigsten Obstsorten zählen tropische Früchte wie Ananas und Bananen, die hauptsächlich auf der Insel Hainan wachsen, sowie Äpfel und Birnen in den nördlichen Provinzen Liaoning und Shandong. Zitrusfrüchte, Orangen und Mandarinen sind die Hauptprodukte in Südchina. 2006 konnten 93,4 Millionen Tonnen Obst geerntet werden. Ölsamen spielen in der chinesischen Landwirtschaft ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie dienen zur Herstellung industrieller Öle und nehmen einen großen Anteil am Export ein. Sojabohnen sind ein wichtiges Ausgangsprodukt von Speiseöl; sie werden auf etwa 8 Prozent der gesamten Agrarfläche überwiegend in Nordchina und der Mandschurei (chinesisch: Dongbei Pingyuan) angebaut. Bei der Produktion von Sojabohnen nimmt China den dritten Platz in der Welt ein. Auch bei der Erzeugung von Erdnüssen zählt China mit 14 722 000 Tonnen (2006) zu den führenden Ländern. Erdnüsse werden in Shandong und Hebei angebaut. Weitere wichtige Ölpflanzen sind Sesam und Sonnenblumensamen sowie Raps. Ein wertvolles Öl lässt sich auch aus dem Tungbaum gewinnen. Mehr als die Hälfte des gesamten Volumens von Tungöl wird in Sichuan gewonnen. Der Tee ist eine traditionelle Exportware Chinas. Auch heute noch gehört das Land zu den größten Teeproduzenten. 20 Prozent der gesamten Ernte entfallen auf China. Der jährliche Ernteertrag betrug 2006 1 049 500 Tonnen. Die größten Teeplantagen liegen auf den Hügeln in der Mitte des Jangtsekiang-Tales und in den südöstlichen Provinzen Fujian und Zhejiang. Der Zucker wird in China sowohl aus Zuckerrohr als auch aus Zuckerrüben gewonnen. 2006 lag die Rohrzuckerproduktion bei 101 Millionen Tonnen. Der Zuckerrohranbau konzentriert sich auf die Provinzen Guangdong und Sichuan. Die Zuckerrüben werden erst seit jüngerer Zeit geerntet, Schwerpunkte sind die Provinz Heilongjiang und die bewässerten Regionen der Inneren Mongolei. 6.1.2 Fasererzeugnisse Die kommunistische Regierung von China hat der Entwicklung von Fasererzeugnissen für die Textilindustrie große Aufmerksamkeit gewidmet. Allen voran rangiert hier die Baumwolle mit einer Jahresproduktion von 6,73 Millionen Tonnen (2006). China ist damit weltweit führender Baumwollproduzent. 6.1.3 Viehzucht In China gibt es große Viehbestände. Besondere Bedeutung kommt der Schweinezucht zu. Das Land zählt zu den führenden Exporteuren von Schweineborsten. In den westlichen Gegenden ist die Viehzucht der nomadischen Hirten die wichtigste landwirtschaftliche Tätigkeit. Die meisten Herden bestehen hier aus Schafen, Ziegen und Kamelen. Im tibetischen Hochland ist der Yak eine Quelle für Nahrungsmittel und Brennstoff (der Dung wird verbrannt). Seine Haare und seine Haut bilden Ausgangsmaterialien für die Herstellung von Bekleidung. 6.2 Forstwirtschaft Die Waldreserven Chinas sind aufgrund jahrhundertelanger Abholzung relativ begrenzt; das Holz wurde als Brennholz oder Baumaterial verwendet. Die Wiederaufforstungsprogramme haben die Baumbestände von 8 Prozent der Gesamtfläche im Jahr 1949 wieder auf etwa 20,6 Prozent (2005) anwachsen lassen. Dennoch sind die Bauholzlieferungen gering. Die Verteilung der Wälder in China ist sehr ungleichmäßig. Im Nordosten und Südwesten liegen die Hälfte aller Waldgebiete des Landes und drei Viertel der Ressourcen. Die wichtigsten Bäume sind Pinien, Fichten, Lärchen, Eichen und im äußersten Süden Teak und Mahagoni. Andere kommerziell genutzte Arten sind Tungbaum, Lackbaum, Kampferbaum und Bambus. Die landesweiten Baumbepflanzungsaktionen werden sowohl von staatlichen Projekten als auch von kollektiv organisierten Verbänden durchgeführt. Die Bäume wurden in der Nähe von Siedlungen, entlang von Straßen und Wasserwegen sowie nahe Bauernhöfen gepflanzt. Zu den wichtigsten Projekten zählt ein Programm zur Errichtung eines Waldgürtels in den Ebenen Nord- und Nordostchinas. 6.3 Fischerei Der Fang von Fischen und Weichtieren wie Muscheln hat sich in China zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelt. Die Zucht von Süßwasserfischen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Regierung förderte die Fischzucht in Teichen und Wasserreservoiren entlang der landwirtschaftlichen Nutzgebiete. Die wichtigsten Regionen der Fischzucht liegen in der Nähe der städtischen Märkte im mittleren und unteren Jangtsekiang-Tal und am Xi-Jiang-Delta. In Teichen gezüchtete Karpfen, eine seit Jahrtausenden traditionelle chinesische Nahrungsquelle, nehmen einen beträchtlichen Anteil an der Gesamtproduktion ein. Anders als das Angeln von Süßwasserfischen ist der Meeresfischfang wenig entwickelt. Die meisten Fischer wurden in den sechziger Jahren in Fischereikommunen an der Küste angesiedelt und dazu ermuntert, neben der Fischerei auch landwirtschaftliche Aktivitäten zu entwickeln. Diese Kommunen unterhielten auch Fischzuchten im Meer. 6.4 Bergbau China verfügt über reiche Bodenschätze, einschließlich großer Vorkommen von Mineralien, die für die industrielle Nutzung wichtig sind. Chinas Steinkohlenbergbau ist der größte der Welt; die wichtigsten Lagerstätten befinden sich im Norden des Jangtsekiang, insbesondere in Shanxi. Die Kohle zählt zu den führenden Brennstoffquellen für die Industrie und die privaten Haushalte. Rund 70 Prozent des Energiebedarfs werden durch die Verbrennung von Kohle erzeugt. Die schnelle Entwicklung der Erdölindustrie seit den fünfziger Jahren hat China auch in diesem Bereich zu einem der wichtigsten Produzenten gemacht. Seit 1963 kann China sich selbst mit Benzin versorgen, und seit 1973 ist der Export sowohl von Rohöl als auch von Erdölprodukten möglich. Das Ölfeld Daqing in der Provinz Heilongjiang wurde Ende der fünfziger Jahre entdeckt und zählt heute zu den ergiebigsten Ölfeldern des Landes. Die größten Ölreserven Chinas liegen im Tarim-Becken in der Autonomen Region Sinkiang Uigur. Die Förderung von Eisenerz steigt seit den siebziger Jahren enorm an. China ist weltweit der größte Erzeuger von Eisen und Stahl. Bei der Gewinnung von Graphit liegt die Volksrepublik ebenfalls an der Weltspitze. 6.5 Industrie Der industrielle Sektor in China gliedert sich in verarbeitende Industrie, Bergbau, elektrische Stromerzeugung und Bauwirtschaft. Die Industrieunternehmen bilden unabhängige, aber integrierte regionale Strukturen. Die großen und mittleren Städte, teilweise sogar die kleineren, haben wichtige industrielle Standorte aufgebaut. Etwa 18 Prozent der Erwerbstätigen sind in der Industrie beschäftigt. Etwa gegen Ende 1978 überdachte die Regierung die industriellen Ziele neu und versuchte, ein Mittel gegen Probleme zu finden, die aufgrund einer mangelnden Planung aufgetreten waren. In vielen Städten hatte auf Kosten der Spezialisierung eine gewisse Selbstzufriedenheit eingesetzt, und viele Industriezweige führten nach wie vor längst überholte Funktionen aus. Das schnelle Wachstum in der Schwerindustrie hatte zum Teil das städtische Umfeld beschädigt und Mittel auf sich gezogen, die in der Landwirtschaft, der Leichtindustrie oder zur Verbesserung städtischer Einrichtungen fehlten. Auch die technologische Entwicklung stagnierte. Das Korrekturprogramm forderte ein langsameres Wachstum der Schwerindustrie, während der Leichtindustrie weitere Mittel zur Entwicklung überlassen wurden. Diese Investitionen sollten sich in relativ kurzer Zeit auszahlen und somit die eigene Expansion finanzieren. Investiert wurde auch in die Bauindustrie, um die Lebensbedingungen der Stadtbewohner zu verbessern und für die Arbeitslosen in den Städten neue Arbeitsplätze zu schaffen. Eine ebenfalls neue Reform ist die Garantie auf Autonomie für alle staatlichen Unternehmen bei der Frage, was mit der Überschussproduktion, den Umsätzen und Gewinnen, die nach Erfüllung der staatlichen Ziele übrig bleiben, geschehen soll. Daneben wurden zahlreiche Professoren, Manager und Techniker ins Ausland geschickt, um moderne Managementtechniken und die technischen Neuerungen kennen zu lernen. Ausländische Technologien wurden in Form neuer und kompletter Anlagen importiert. 6.5.1 Produzierender Sektor Die Eisen- und Stahlindustrie genießt seit 1949 in China Priorität. Das Land stellte mittlerweile eine große Vielzahl von Stahlprodukten her, wie z. B Wolframstahl, rostfreien Stahl, schwere Stahlplatten und nahtlose Rohre. Hauptproduktionsgebiete hierfür sind Nord- und Nordostchina sowie das Jangtsekiang-Tal. Wichtige Eisen- und Stahlhütten befinden sich in Anshan, Benxi, Peking, Baotou, Taiyuan, Wuhan, Maanshan, Panzhihua, Chongqing, Shanghai und Tientsin. Die Produktion von Eisen und Rohstahl konnte kontinuierlich ausgeweitet werden. Zu den weiteren Schwerindustrien Chinas zählt der Schiffsbau und die Herstellung von Lokomotiven, Fahrzeugen, Traktoren, Bergbaumaschinen, Stromerzeugungsanlagen, Ölbohrtürmen und Raffineriemaschinen. Die petrochemische Industrie verfügt über Anlagen in den meisten Provinzen und autonomen Regionen, wobei die wichtigsten in Peking, Shanghai, Lanzhou, Shengli, Yueyang, Anqing und Kanton liegen. Die Produktpalette umfasst synthetische Fasern, Kunststoffe und pharmazeutische Erzeugnisse. Die chinesische Textilindustrie beschäftigt mehr als vier Millionen Arbeiter. Die meisten neuen Textilfabriken sind in den Regionen der Baumwollpflanzungen in Hubei (Hupeh), Hunan, Hebei und Shaanxi errichtet worden. Dennoch konnte die Industrie, trotz seit 1949 zunehmender Kapazität, nicht genügend Kleidung für die gesamte Bevölkerung herstellen. Aus diesem Grund war eine Rationierung der Baumwollstoffe notwendig. 6.6 Handel Der Warenumsatz in China wurde früher von der Zentralplanung gesteuert und ist heute zu weiten Teilen den Kräften des Marktes überlassen. Zwischen 1978 und 1984 fiel der Umsatz im staatlich kontrollierten Einzelhandel von 90,5 auf 45,8 Prozent ab. In derselben Periode konnten die Kollektive ihre Anteile von 7,4 auf 39,6 Prozent erhöhen und die privaten Unternehmen von 2,1 auf 14,6 Prozent. Bis Ende der siebziger Jahre wurden die von den staatlichen Unternehmen benötigten Rohmaterialien und die Ausrüstung nicht von diesen erworben, sondern den Unternehmen von Regierungsseite zur Verfügung gestellt. Nachdem die Produktion abgeschlossen war, übernahm die Regierung den Verkauf der Waren. Verbrauchsgüter, die von der ländlichen Bevölkerung benötigt wurden, vertrieb die Regierung über staatlich organisierte Liefer-Kooperativen. Die wichtigsten Waren, etwa Getreide, Öl, Fleisch, Zucker und Baumwollstoffe wurden rationiert. Seit 1979 war es den staatlichen Unternehmen möglich, einige ihrer Güter zu behalten und die Produkte selbst auf den Markt zu bringen. Auch der Einsatz der Werbung als Informationsmedium war zu diesem Zeitpunkt erstmals erlaubt. In den städtischen Zentren führte die Neuorganisation des Handels zu einer schnellen Zunahme an kollektiven und privaten Geschäften, etwa Restaurants, Teehäusern, Gasthöfen, Friseurläden, Fotostudios, Schneiderwerkstätten und allen Arten von Reparatur- und Handwerksdiensten. Neu eröffnet wurden die Bauernmärkte, auf denen die privaten Haushalte ihre Überschussprodukte verkaufen oder andere Waren erwerben konnten. 6.7 Währung und Bankwesen Die chinesische Währungseinheit ist der Yuan. Das Banksystem untersteht der vollständigen Kontrolle durch die Regierung. Die Volksbank von China ist die zentrale Finanzbehörde und gibt die Währung aus. Für internationale Kredite und Geldgeschäfte mit dem Ausland ist jedoch die Bank von China zuständig, die über 50 Filialen verfügt, einschließlich der Büros in Hongkong, Singapur und London. Daneben gibt es in China drei andere wichtige Banken: die Internationale Chinesische Vermögens- und Investmentgesellschaft, in der Fonds für Investitionen in China sowie Joint Ventures zwischen China und Übersee eingerichtet werden, die Volks-Konstruktionsbank China, die mit Fonds für Grundkonstruktionen handelt, und die Landwirtschaftsbank von China, die für Anleihen im Agrarsektor der Wirtschaft verantwortlich ist. 6.8 Außenhandel Der Außenhandel unterliegt in China dem staatlichen Monopol. 1979 lockerte China bestimmte Außenhandelsbeschränkungen, um die relativ geringen Investitionen des Auslands und die Handelsaktivitäten zu beleben. Nach lange Zeit negativer Handelsbilanz übertreffen die Einnahmen aus Exporten mittlerweile die Kosten für Importe. Die wichtigsten chinesischen Exportgüter sind neben Maschinen und Produkten der Elektronikindustrie vor allem Bekleidung und Textilwaren, Stahl, Spielwaren sowie Erzeugnisse aus Kunststoff. Zu den wesentlichen Importgütern zählen Maschinen und Maschinenteile, Fahrzeuge, elektrotechnische Produkte (z. B. Kraftwerkszubehör), Elektrogeräte, Getreide (z. B. Weizen) und Rohöl. Bei den chinesischen Handelspartnern rangiert Japan an erster Stelle, gefolgt von den Vereinigten Staaten und Südkorea. China unterhält ebenfalls Handelsbeziehungen zu Deutschland, Singapur, Italien und Russland. 6.9 Verkehrswesen Die Eisenbahn ist das wichtigste Transportmittel in China. Etwa zwei Drittel des Passagierverkehrs und die Hälfte des Güterverkehrs werden mit der Eisenbahn bewältigt. Seit 1949 hat sich das Schienennetz der Eisenbahn verdoppelt und umfasste 2005 eine Länge von 62 200 Kilometern. Ausgebaut wurden die beiden wichtigsten Nord-SüdStrecken (Kanton-Peking und Shanghai-Peking) sowie Strecken nach Nordosten in die Mongolei und nach Russland sowie in den Südosten. Die wichtigste Ost-WestVerbindung führt von Lianyungang nach Lanzhou und ist nun auch mit Ürümqi im äußersten Nordwesten verbunden. Die neuen Strecken haben die dicht bevölkerten und wirtschaftlich bedeutenden Regionen im Nordosten, im Zentrum und im Südwesten Chinas zugänglicher gemacht. Sobald die Strecke Lanzhou-Lhasa (Tibet) fertig gestellt ist, sind alle Provinzen und autonomen Regionen Chinas mit der Eisenbahn erreichbar. Die chinesischen Straßen und Autobahnen sind seit 1949 erheblich ausgebaut worden. An das Straßennetz sind jedoch nur die Städte der Handelshäfen und das unmittelbare Hinterland angeschlossen. Das etwa 1 930 543 Kilometer lange Straßensystem (2005) ist zu 85 Prozent asphaltiert. Die Straßen verbinden Peking mit allen Hauptstädten der Provinzen und der autonomen Regionen sowie mit den wichtigsten Hafenstädten und den Knotenpunkten der Eisenbahn. Das Netz erstreckt sich auch in die ländlichen Gebiete und die meisten Orte sind auf der Straße erreichbar. Der motorisierte Individualverkehr nimmt in den Städten zu; kurze Strecken werden jedoch nach wie vor meist mit dem Fahrrad zurückgelegt. Pro Jahr produziert China zwar 500 000 Motorfahrzeuge; dies deckt den Bedarf einer zunehmend mobilen Bevölkerung jedoch nicht. Die für die Schifffahrt zugänglichen Wasserstraßen nehmen im Landesinneren von China eine Gesamtlänge von 170 000 Kilometern ein. Die Binnenschifffahrt übernimmt ein Fünftel des Warentransports innerhalb des Landes. Das Potential für eine zunehmende Entwicklung ist hier noch groß. Der wichtigste Binnenschifffahrtsweg ist der Jangtsekiang, der viertlängste Fluss der Welt. Auf einer Länge von 18 000 Kilometern sind der Jangtsekiang und seine Nebenflüsse für Dampfschiffe befahrbar. Chongqing, Yichang und Wuhan sind die größten Häfen am Jangtsekiang. Der am meisten benutzte Binnenwasserweg ist jedoch der Kaiserkanal, der sich von Peking nach Jangtschou erstreckt. Der südliche Kanalteil ist eingebunden in ein lokales System aus Kanälen und Seen, wodurch sich die Städte Suzhou, Wuxi und Tschangtschou zu wichtigen Inlandshäfen entwickelten. In den ländlichen Teilen Chinas werden auch die Bewässerungskanäle von den Bauern als Binnenwasserwege benutzt. Durch die wichtigsten Industriestandorte an der Küste hat die Küstenschifffahrt an Bedeutung zugenommen. Die internationale Schifffahrt spielt seit 1970 eine immer größere Rolle. Die chinesische Handelsflotte umfasst 3 799 Schiffe, die Häfen in mehr als 100 Ländern anlaufen. Die meisten dieser Schiffe wurden in China gebaut. Der Lufttransport in China erhielt 1979 durch die Eröffnung des neuen internationalen Flughafens in Peking (1980) einen Aufschwung. Seither wurde der Flugverkehr zwischen China und einigen anderen Ländern intensiviert. Die Inlandsflüge verbinden heute mehr als 90 verschiedene Städte miteinander; die meisten davon liegen in Westchina. 6.10 Tourismus Seit Anfang der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurden die strengen Reisebeschränkungen in China ein wenig gelockert. 1979 erstellte die chinesische Regierung einen Fünfjahresplan zur Entwicklung des Fremdenverkehrs. Der Plan enthielt den Bau neuer Hotels und Restaurants im gesamten Land sowie die Ausbildung von Personal zur Betreuung der zunehmenden Anzahl von Touristen. 2001 besuchten 89 Millionen Touristen das Reich der Mitte. Laut Auskunft des chinesischen Fremdenverkehrsamt kamen davon 11 Millionen Gäste aus dem Ausland. 6.11 Energie Etwa 15,42 Prozent der jährlichen chinesischen Stromerzeugung werden von Wasserkraftwerken gedeckt (2003). Beinahe die gesamte restliche Energie wird mit Hilfe der Kohleverbrennung erzeugt. Die wichtigsten Wasserkraftwerke des Landes liegen bei Liujia Xia am Huang He in Gansu, in Danjiangkou am Fluss Han in Hubei, in Gongu am Fluss Dadu in der Provinz Sichuan, am Xin'an Jiang in Zhejiang sowie am Jangtsekiang. Letzteres, der Drei-Schluchten-Staudamm, ist das größte Wasserkraftwerk der Welt; eine erste Stufe ging 2003 in Betrieb, und bis 2009 soll der Staudamm komplett fertig gestellt sein. Zahlreiche weitere große Kraftwerke wurden Ende der siebziger Jahre und in den achtziger Jahren errichtet, darunter ein Werk am Jangtsekiang, direkt unterhalb seiner Quellen, und eines am Fluss Huang He, wo dieser das Grasland Qinghai verlässt. Neue Kohlekraftwerke sind in der Nähe der großen Kohlelagerstätten in Nordchina im Bau. Ein neues Kernkraftwerk ist in Shanghai errichtet worden. Das erste chinesische Kernkraftwerk wurde im September 1996 nahe Hongkong in Betrieb genommen. 7 GESCHICHTE Die Anfänge der chinesischen Geschichte sind unbekannt, lediglich in der mythologischen Überlieferung finden sich Nachrichten für die Frühzeit, die bisher jedoch weder durch archäologische Funde noch durch sonstige Quellen bestätigt wurden. Bei Ausgrabungen in der Nähe Pekings fand man Werkzeuge und Überreste des Homo erectus pekinensis (Pekingmensch, siehe Evolution des Menschen), deren Alter auf rund 500 000 Jahre geschätzt wird. Sowohl für die Altsteinzeit wie für die Jungsteinzeit gibt es weitere Funde (200 000 bzw. 25 000 Jahre alt), die den Schluss nahe legen, dass der östliche Teil des heutigen China durchgehend menschliches Siedlungsgebiet gewesen ist. Der erste historische Abschnitt, der sich genauer umgrenzen lässt, ist die so genannte Yangshao-Kultur (etwa 6. bis 4. Jahrtausend v. Chr.), deren Mittelpunkt im Gebiet des Huang He (Gelber Fluss) lag und deren Hauptkennzeichen rot-schwarze Keramik ist. Es folgte die Lung-shan-Kultur (etwa 3. bis 2. Jahrtausend v. Chr.), für die der Anbau von Reis und der Bau fester menschlicher Siedlungen, die mit Schutzmauern umgeben waren, archäologisch belegt sind. In diese Jahrtausende, über die nur wenig bekannt ist, projiziert die mythologische Überlieferung verschiedene Urkaiser und Kaiserdynastien, auf welche die Entstehung der chinesischen Kultur zurückgeführt wird. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Kaiser Huangdi (,,Gelber Kaiser") und der Hsia-Dynastie (etwa 2000 bis 1600 v. Chr.) zu, die jedoch beide historisch nicht belegt sind. 7.1 Die ersten Dynastien 7.1.1 Die Shang-Dynastie (16. Jahrhundert bis 1050 v. Chr.) Archäologisch belegt ist die Shang-Dynastie. Ihr Herrschaftsbereich umfasste das Gebiet der heutigen nordchinesischen Provinzen Henan, Hubei und Shandong sowie den nördlichen Teil von Anhui. Den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreichte die Shang-Dynastie in ihren letzten drei Jahrhunderten. Die Shang standen einer lockeren Föderation mehrerer Territorien vor. Eine feste Hauptstadt als Residenz der Herrscher gab es nicht; vermutlich kontrollierten die Herrscher ihr Reich als Reisekönige. Die Gesellschaft war in Klassen gegliedert und kann in vielerlei Hinsicht als feudal bezeichnet werden. Der Herrscher stützte sich auf einen zahlenmäßig starken Kriegeradel. Die gesamte Kultur war städtisch geprägt. Das Handwerk, leistungsfähig und spezialisiert, lieferte Waffen, Rüstungen und Gerätschaften aus Bronze. Die hoch entwickelte Steinschnitzerei sowie Palastanlagen aus Holz belegen das hohe künstlerische und architektonische Niveau. Die vom einflussreichen Priestertum verwendeten Symbole, mehr als 2 000, wurden Ausgangspunkt für die Entwicklung der modernen chinesischen Schriftzeichen. Trotz der städtischen Kultur blieb die Wirtschaft im Wesentlichen landwirtschaftlich geprägt. Angebaut wurden Hirse, Weizen, Gerste und eventuell auch Reis. Die Viehhaltung umfasste Schweine, Hunde, Schafe, Ochsen, außerdem wurden Seidenraupen gezüchtet. Im religiösen Kultus wurden die Ahnen und Naturgottheiten verehrt, doch gab es mit Shang Di eine oberste Gottheit. Für die hoch entwickelte Grabkultur, die Riten der Opferung von Menschen und Tieren einschloss, finden sich zahlreiche Zeugnisse. 7.1.2 Die Zhou-Dynastie (1050-249 v. Chr.) Um 1050 v. Chr. wurde die Shang-Dynastie von den Zhou abgelöst, einem Zusammenschluss von Sippen aus dem Bereich des Flusses Wei He, einem Nebenarm des Huang He. Mit vierspännigen Streitwagen verfügten sie über eine Kampfkraft, denen ihre Gegner nichts Ebenbürtiges entgegenzusetzen hatten. Die ersten großen Eroberungen von Shang-Territorien erfolgten noch unter Führung des Königs Wen. Eine endgültige Niederlage erlitten die Shang schließlich in der Ebene von Mu gegen König Wu, den Sohn des Wen. Gerechtfertigt wurde die Erhebung gegen die überlieferte Herrschaft der Shang mit dem Hinweis auf deren moralische und sittliche Haltlosigkeit, wodurch sie ihren göttlichen Herrschaftsauftrag verwirkt hätten. Mit dieser Begründung ist das Argumentationsmuster für alle späteren Ablösungen chinesischer Dynastien historisch etabliert. Die Herrschaftszeit der Zhou wird eingeteilt in die beiden Perioden der stark expansiv orientierten Westlichen Zhou (bis 771 v. Chr.) und der Östlichen Zhou (nach 771 v. Chr.). Denn 771 v. Chr. wurden die Zhou aus ihrem im Westen gelegenen Herkunftsgebiet vertrieben und mussten den Schwerpunkt ihres Reiches nach Osten verlegen. Ihr Herrschaftsgebiet dehnte sich allmählich über beinahe den gesamten Norden Chinas aus, bis in das Tal des Jangtsekiang. 7.1.2.1 Der Zhou-Feudalstaat An der Spitze der streng hierarchisch organisierten Feudalordnung stand der König, der durch Erbfolge bestimmt wurde ( siehe Feudalismus). In seinem Auftrag regierten abhängige Fürsten als Vasallen über befestigte Städte und umliegende Ländereien. Die Macht des Königs stützte sich auf die Klasse der adligen Krieger, die ihre soziale Stellung ebenfalls ererbten. Die niedrigste soziale Gruppe umfasste die Bauern mit dem Statuts von Leibeigenen der jeweiligen Fürsten sowie die Haussklaven. Um ihre weitläufige Herrschaft zu gewährleisten, schufen die Zhou-Könige erstmals eine Beamtenbürokratie, die arbeitsteilig das Reich verwaltete. Dennoch prägte ein Grundproblem aller feudalen politischen Systeme auch das Schicksal Zhou-Reiches: Das Streben der Vasallen, die sich erfolgreich als lokale Herren etabliert hatten, nach mehr Selbständigkeit und Macht wurde immer stärker und führte schließlich zum Niedergang der Zentralautorität. In der Folge mussten die Westlichen Zhou schließlich dem Druck der Barbareneinfälle im Norden nachgeben, als zugleich einige der Feudalstaaten rebellierten. Aus ihrer Hauptstadt in der Nähe der heutigen Stadt Xian vertrieben, errichteten die Zhou eine neue Hauptstadt im Osten bei Luoyang. In der Östlichen Zhou-Zeit nahm die Herrschaft der Zhou schließlich immer stärker einen rein formalen Charakter an, und der Zhou-König beschränkte sich als ,,Sohn des Himmels" weitgehend auf seine sakrale Rolle, während die wirkliche Macht von anderen ausgeübt wurde. Im ersten Abschnitt der Östlichen Zhou-Zeit, der ,,Frühling- und Herbstperiode" (722-481 v. Chr.), die auch die ,,Zeit der Hegemonien" genannt wird, vollzog sich eine Entwicklung hin zur Zusammenfassung der örtlich zersplitterten Macht in der Hand einiger weniger Staaten, die in sich nicht mehr feudal, sondern bereits mit Hilfe zentraler staatlicher Verwaltungsstrukturen organisiert waren. Aus zahllosen kleinen und kleinsten Gebilden entstanden sieben Großstaaten (Ch'in, Wei, Han, Zhao, Zhou, Yen und Qui), deren Tendenzen zur Verselbständigung nicht mehr eingedämmt werden konnten. In der letzten Phase der Zhou, in der ,,Zeit der Streitenden Reiche" (453-256 v. Chr.) löste sich angesichts der Machtkämpfe der Territorialherren die Herrschaft der Dynastie vollends auf. Am Ende setzte sich der durch Waffen aus Eisen und Reiterverbände überlegene Staat Ch'in (Qin) zwischen 256 und 221 v. Chr. in blutigen Kriegen gegen die anderen sechs durch und eroberte sie. 7.1.2.2 Das goldene Zeitalter der chinesischen Philosophie Die politische Instabilität seit dem 7. Jahrhundert war begleitet von sozialen Umbrüchen und von langen Phasen intellektueller und kultureller Fruchtbarkeit und Vielfalt. Insbesondere das Nachdenken über Fragen der politischen und sozialen Ordnung gewann große Bedeutung und prägte in seinen Ergebnissen die chinesische Kultur über mehr als zwei Jahrtausende bis in die Gegenwart. Konfuzianismus Der erste und wohl einflussreichste Philosoph dieser Periode war K'ung-fu-tzu (westlicher Name: Konfuzius, 551-479 v. Chr.). Der Sohn einer kleinen Adelsfamilie aus dem Staat Lu (heute Shandong) repräsentierte die aufsteigende Klasse von Verwaltungsfachleuten und Ratgebern, ohne die die Aufgaben der neuen staatlichen Verwaltungen nicht zu bewältigen waren. Konfuzius' Hauptforderung war die Restauration jener politischen und sozialen Einrichtungen, wie sie die Zeit der frühen Zhou gekannt hatte. Er glaubte, dass die weisen Herrscher dieser Periode auf der Grundlage persönlicher Tugend eine ideale Gesellschaft entwickelt hätten, und versuchte, eine neue integre und kultivierte Elite zu etablieren. Eine Wiederbelebung der feudalen Ethik der frühen Jahrhunderte schien ihm der beste Weg zur Wiederherstellung gefestigter Ordnungen in Politik und Gesellschaft zu sein (siehe Konfuzianismus). Taoismus Die Lehren des Taoismus, der zweiten großen philosophischen Schule der Zhou-Zeit, finden sich im Tao-te king (Buch vom Tao und seiner Kraft). Als Urheber dieser philosophischen Richtung gelten Lao-tse (etwa 4. Jahrhundert v. Chr.) und Zhuangzi (ca. 369-286 v. Chr.). Die Taoisten lehnten das System des Konfuzius ab. Anstatt auf die Wiederbelebung der feudalen Ethik setzten sie auf die Abwendung von der Zivilisation und die Suche nach Übereinstimmung mit der Natur. Das NichtEingreifen (wu wei) ist dabei eines der grundlegenden Prinzipien. Legalismus Die dritte politische Schule der Zeit, die auf die weitere Entwicklung der chinesischen Zivilisation großen Einfluss hatte, war der Legalismus. Er forderte angesichts der allgemeinen Auflösungstendenzen neue und drastische Maßnahmen. Ziel war eine soziale Ordnung, die auf strikten und objektiven Gesetzen fußen und jeden Aspekt menschlicher Aktivität durch Lohn und Strafe reglementieren sollte. Um ein solches System zu errichten, musste ein machtvoller und wohlhabender Staat gebildet werden. Verstaatlichung des Kapitals, Einrichtung von Regierungsmonopolen, Beseitigung der überlieferten Familienstrukturen und Aufbau einer effektiven Verwaltung sollten unumschränkte staatliche Macht gewährleisten. Nach außen sollte eine auf Autarkie gerichtete Politik dem Staat Handlungsfreiheit verschaffen. Die wichtigsten Vertreter der Legalisten waren zwei Minister des Staates Ch'in: Shang Yang (4. Jahrhundert v. Chr.) und Han Feizi (spätes 3. Jahrhundert v. Chr.). Zu den zahlreichen anderen, im Westen heute weniger bekannten philosophischen Schulen der Zeit gehören: Hedonisten, Rhetoriker, Logiker, Strategen, Agronomisten und insbesondere die Schule des Mo Ti (gestorben 391 v. Chr.), der im Prinzip der allumfassenden Liebe den Schlüssel zur Lösung der Probleme des Menschen erkannte. 7.2 Entstehung des Kaiserreiches 7.2.1 Die Qin-Dynastie (221-206 v. Chr.) Durch die Eroberung der rivalisierenden Reiche führte Zheng, der Herrscher der Ch'in (deren Name künftig auch für die Bezeichnung des Gesamtstaates stehen sollte), zum ersten Mal alle chinesischen Gebiete zusammen (1. Reichseinigung 221 v. Chr.) und begründete das Kaiserreich, indem er sich zum Shi Huangdi (,,göttlich erhabener Kaiser") erhob. Er übertrug die grundlegenden Reformen, die wesentlich zum Aufstieg von Ch'in beigetragen hatten, jetzt auf das gesamte neue Reich. Die feudalen Strukturen wurden beseitigt und ein Verwaltungsstaat etabliert. Gesetze und Vorschriften wurden durchgehend vereinheitlicht - von den Vorgaben für den Bau von Wagen über Gewichte und Maße bis hin zur Schrift. Die Infrastruktur, insbesondere der umfassende Ausbau des Straßen- und Wasserwegenetzes, wurde ebenso zur Sache des Staates wie die Sicherung des Reiches nach außen. Auch das kulturelle Leben orientierte sich am Ziel der Einheitlichkeit. Nur die Denkschule des Legalismus war noch zugelassen, die wichtigsten Schriften der anderen philosophischen Richtungen wurden verbrannt (Bücherverbrennung 213 v. Chr.). Das gesamte Staatsgebiet wurde in 36 Gaue eingeteilt, die einer zivilen Verwaltung durch eine differenzierte Beamtenbürokratie und einer militärischen Führung unterstanden. Gegen diese Veränderungen fand sich jedoch eine Opposition der alten Führungsschichten und der Anhänger des Konfuzianismus zusammen, die sich schließlich gegen die neue Dynastie erhob. Nach außen verfolgten die Ch'in einen expansiven Kurs: Im Süden stießen sie bis in das Gebiet des heutigen Vietnam vor; im Südwesten wurde das Kaiserreich auf die heutigen Provinzen Yunnan, Guizhou und Sichuan ausgedehnt; im Nordwesten erstreckten sich die Eroberungen bis Lanzhou in der heutigen Provinz Ganzhou, und im Nordosten erkannte ein Teil des heutigen Korea die Vorherrschaft der Ch'in an. Zugleich sicherten sie die Grenze in Nordchina durch einen durchgehenden Verteidigungswall, den Vorläufer der später errichteten Chinesischen Mauer, um die Verteidigung gegen Invasionen der Hiung-nu (Hunnen) zu erleichtern. 7.2.2 Die Frühere Han-Dynastie/Westliche Han (206 v. Chr. bis 9 n. Chr.) Aus dem 210 v. Chr. entbrannten Bürgerkrieg, den Shi Huangdi mit seinen radikalen Reformen provoziert hatte, ging der Rebellenführer Liu Bang 206 v. Chr. als Sieger hervor. Er stürzte die Ch'in, ernannte sich 202 v. Chr. selbst zum Kaiser und begründete als Gaozu die Han-Dynastie. Die Han-Dynastie baute auf der von den Ch'in erreichten Einheit des Reiches auf, liberalisierte aber das Herrschaftssystem. Die umfassenden, straffen Reglementierungen wurden abgeschafft, die Steuern gesenkt. Seinen Verbündeten und Verwandten gewährte Gaozu die Erbfolge für ihre Regionalherrschaften. Doch die Politik der Refeudalisierung schwächte die Autorität des Kaisers. Ab Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts, maßgeblich unter Kaiser Wudi (140-87 v. Chr.), zentralisierten die Han deshalb erneut das Reich und unterstellten es ihrer Kontrolle, indem sie eine aufgabenteilige zentrale Verwaltung für das ganze Reich schufen, die bis in die örtlichen Belange eingriff. Mit diesem zentralistischen Verwaltungsaufbau entstand ein ausgedehnter staatlicher Beamtenapparat. Zu den wichtigsten geschichtlichen Beiträgen der Han-Dynastie zählt die Einführung des Konfuzianismus als offizielle Ideologie. In dem Versuch, eine alles umfassende Staatsideologie zu entwickeln, waren die Han allerdings weniger rigide als die Ch'in; die Han bezogen auch andere philosophische Richtungen und Elemente der Volksreligion in ihr neues System ein. Unter Kaiser Wudi erreichte die frühe Han-Dynastie ihre Blütezeit. Das Reich umfasste beinahe das gesamte Territorium des heutigen China, wenn auch viele Gebiete, insbesondere südlich des Jangtsekiang, sich noch nicht wirklich assimilierten. Im Norden fielen Teile der Mandschurei und Koreas an China, im Westen wurden die Hiung-nu abgewehrt, im Zuge von Vorstößen durch das Tal des Flusses Jaxartes (dem heutigen Syrdarja) geriet auch Zentralasien ins Blickfeld des Expansionsinteresses, und schließlich kam der Süden der Insel Hainan unter die Kontrolle der Han. Im Delta des Xi Jiang, in Annam und Korea entstanden Kolonien. Der Karawanenverkehr über die Seidenstraßen ermöglichten den Handel mit Zentralasien und stellten die Verbindung zum Mittelmeerraum her, in dem zu dieser Zeit Rom zur Vormacht aufstieg. Die expansive Politik des Kaisers Wudi zog schwere finanzielle Belastungen nach sich und löste soziale Krisen aus. Steuererhöhungen, Wiederbelebung der staatlichen Monopole und Entwertung des Geldes sollten die Staatskassen wieder füllen. Die angesichts dieser Entwicklungen bereits schwierige Lage der unteren sozialen Schichten verschlechterte sich zusätzlich durch ein starkes Bevölkerungswachstum, dem die wirtschaftliche Entwicklung nicht Rechnung tragen konnte. Zu diesen negativen Entwicklungen im sozialen und wirtschaftlichen Bereich kam schließlich noch politische Instabilität. Wiederholt bestiegen Thronfolger noch im Kindesalter den Kaiserthron; die Macht wurde dann von den Müttern der jeweiligen Herrscher und deren Familien ausgeübt, Zersplitterung und Inkompetenz schwächten die kaiserliche Regierung. Die mächtigen Landbesitzerfamilien in den Provinzen verstanden es, sich durch ihre Verbindungen in den Beamtenapparat der Steuerpflicht zu entziehen. Der Versuch, die sinkenden Staatseinnahmen durch stärkere Belastung der Bauernschaft auszugleichen, führte zu Bauernaufständen und der Bildung zahlreicher Räuberbanden. 7.2.3 Die Zwischenherrschaft der Xin (9-23 n. Chr.) In dieser Phase des Verfalls der kaiserlichen Autorität gelang es der Familie Wang, die mit dem Herrschergeschlecht verwandt war, die Macht an sich zu reißen. Wang Mang, der 9 n. Chr. den Kaiserthron bestieg, brachte ein umfangreiches und tief greifendes Reformwerk in Gang. Alles Land sollte in Staatsbesitz übergehen und an die Bauern verteilt werden, deren Wirtschaft staatlich kontrolliert werden sollte, um die private Wucherei einzuschränken. Besitz von und Handel mit Sklaven sollten eingedämmt werden. Doch der Widerstand der Großgrundbesitzer und eines großen Teils der Beamtenschaft ließen das Projekt schnell scheitern. Der wirtschaftliche Niedergang führte zu Bauernaufständen, die sich unter der Führung der ,,Roten Augenbrauen", einer vom Taoismus inspirierten Gruppe, bald über das gesamte Reich ausbreiteten. Im Jahr 23 wurde Wang Mang von den ,,Roten Augenbrauen" getötet. 7.2.4 Die Spätere Han-Dynastie/Östliche Han (25-220 n. Chr.) Liu Xin, der aus einer der alten Familien der Oberschicht stammte und der ein bedeutender militärischer Führer der rebellierenden Bauern geworden war, ernannte sich 25 n. Chr. selbst zum Kaiser Guangwudi (25-57) und begründete die Han-Dynastie neu. Außenpolitisch versuchten die Östlichen Han, die seit dem Niedergang der Westlichen Han verloren gegangenen Positionen zurückzugewinnen. Insbesondere gegen die Hiung-nu, die sich in eine nördliche und eine südliche Gruppe gespalten hatten, war man militärisch erfolgreich. Die südliche Gruppe wurde zum großen Teil im Norden Chinas angesiedelt, wo sie fortan innerhalb der Reichsgrenzen lebte. Die nördliche Gruppe konnte man zwar nicht unterwerfen, doch blieb die Bedrohung durch sie relativ gering. Die Herrschaft der Han über Zentralasien war bis zum Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. in vollem Umfang wieder hergestellt, und bald gab es Vorstöße über den alten Machtbereich hinaus bis an das Kaspische Meer. Schwäche und Ineffizienz der Staatsverwaltung blieben weiterhin ein dominierendes Problem; familiäre Intrigen um Macht und Einfluss angesichts minderjähriger Thronfolger (nur die ersten drei Kaiser der Östlichen Han traten ihr Amt volljährig an) schwächten nach wie vor die staatliche Autorität. Als neuer Faktor im Machtkampf am kaiserlichen Hofe traten im 2. Jahrhundert zunehmend die Eunuchen, die durch ihre zentralen Funktionen in der Bürokratie politischen Einfluss gewonnen hatten, hervor. Ihre Versuche, die Herrschaft im Staat zu usurpieren, schuf bürgerkriegsähnliche Konflikte. Truppen der Provinzmachthaber beendeten 189 die Herrschaft der Eunuchen am Hofe, indem sie die Hauptstadt Luoyang eroberten und alle etwa 2 000 Eunuchen töteten. Verstärkte Machtansprüche der Grundbesitzerklasse ließen alte innenpolitische Konflikte wieder aufbrechen. In Ostchina setzte sich die taoistisch orientierte Gruppe Tai-ping tao (,,Straße des großen Friedens"), deren Anhänger gelbe Turbane trugen, an die Spitze eines breiten Bauernaufstandes, der schließlich 215 grausam unterdrückt wurde. Der Zerfall der Macht der Han-Dynastie war unaufhaltsam. Die wirklichen Machthaber waren die Kriegsherren, die in den Provinzen herrschten und die sich bald gegenseitig bekämpften. Nominell bestand die Dynastie noch bis 220. Während der Ära Späteren Han-Dynastie hielt der Buddhismus von Indien aus Einzug in China. 7.2.5 Die Periode der Spaltung (220-589) Im Machtvakuum des Zentralstaates entstanden die ,,Drei Reiche" Shu-han (221-263) im Westen, Wei (220-265) im Süden und Wu (222-280) im Norden. Die gesellschaftlichen Konfliktkonstellationen, wie sie das geeinte Reich geprägt hatten, blieben jedoch erhalten. Neben den inneren Auseinandersetzungen bestimmten nun zusätzlich erbitterte Kriege zwischen den Drei Reichen das Bild der Zeit. Vorübergehend gelang es der Tsin-Dynastie, die Einheit militärisch zu erzwingen (265). Zu Beginn des 4. Jahrhunderts, als die Hiung-nu die Hauptstädte des Nordens, Luoyang (311) und Ch'ang-an (heute Xian, 316) eroberten, war die Reichseinheit erneut zerstört und ein Nord- und ein Südreich entstanden (316). Während sich in dieser Phase im Süden chinesische Dynastien behaupteten, geriet der Norden weiter unter den Druck großer Invasionen innerasiatischer Nomadenvölker, u. a. der Toba, die schließlich in der ,,Zeit der 16 Reiche" eigene Herrschaften etablierten. Den Weg hierzu hatten nicht zuletzt die innerchinesischen Kriegsparteien selbst geebnet, indem sie die benachbarten nichtchinesischen Völker in ihren Machtkampf einbezogen und bei ihnen Söldner angeworben hatten. Diese setzten sich schließlich sozusagen als Vorhut ihrer Stämme in den fruchtbaren Weideländern der Nordchinesischen Ebene fest. Große Teile der Einwanderer assimilierten sich in den nachfolgenden Generationen an die Sitten und Gebräuche der Chinesen (siehe Sinisierung). 7.3 Das neuchinesische Reich (589-907) 7.3.1 Die Sui-Dynastie (589-618) Unter der Sui-Dynastie wurde China neu vereint. Begründet wurde die Dynastie von Yang Jian, einem Militärführer, dem es gelang, den ganzen Norden zu erobern und 581 den Thron von den nichtchinesischen nördlichen Zhou zu übernehmen. Während der folgenden acht Jahre eroberte er Südchina, einte als Kaiser Wendi (589-604) das Reich und errichtete bei Ch'ang-an (Xian) die neue Hauptstadt. Er und sein Nachfolger Yang (604-618) bauten das zentralisierte Verwaltungssystem der Han neu auf, führten zahlreiche Reformen durch (so etwa Prüfungen für Beamte), versuchten die Staatsfinanzen zu konsolidieren und sicherten die Grenzen durch die Errichtung von Militärkolonien und die Instandsetzung und Erweiterung der Chinesischen Mauer. Zugleich begannen sie mit dem Ausbau der Infrastruktur (z. B. Kaiserkanal zwischen Hangzhou und Peking). Obwohl der Konfuzianismus offizielle Religion war, wurden nun auch der Taoismus und der Buddhismus, der eine Blütezeit erlebte, bei der Formulierung einer neuen Reichsideologie berücksichtigt. Außenpolitisch stellten die Sui die Kontrolle des Reiches über Nordvietnam und, bis zu einem gewissen Grade, über die zentralasiatischen Stämme im Norden und Westen wieder her. Durch den Aufbau einer Flotte, die nach Formosa (Taiwan), Vietnam und Sumatra geschickt wurde, machten sie China zur Seemacht. Ein langer und kostspieliger Feldzug in der südlichen Mandschurei und in Nordkorea endete jedoch mit einer Niederlage. Der Autoritätsverlust des Kaisers, die militärischen und wirtschaftlichen Belastungen (Zwangsarbeit) lösten Aufstände aus, die 618 zum Sturz und zur Ermordung des Kaisers Yang führten. 7.3.2 Die Tang-Dynastie (618-907) Unter der Tang-Dynastie, die Ära Li Yuan (als Kaiser Gaozu) einleitete, konsolidierte sich die chinesische Zivilisation und expandierte wieder nach außen. 7.3.2.1 Neuordnung der Bürokratie und kulturelle Blüte Die Organe der kaiserlichen Regierung und der lokalen staatlichen Behörden wurden reorganisiert, die Zentralverwaltung mit einem differenzierten Kodex von administrativen und strafrechtlichen Vorschriften ausgestattet. Um ihn anwenden zu können, wurde das System der konfuzianischen Einstellungsprüfungen für Beamte, die umfassende Literaturkenntnisse nachweisen mussten, perfektioniert. Die Hauptstadt der Tang, Ch'ang-an, war Zentrum der Kultur und der religiösen Toleranz. Obwohl der Konfuzianismus Staatsdoktrin blieb, durften viele Religionen, einschließlich des Christentums, praktiziert werden. Kunst und Literatur, teilweise stark beeinflusst vom Buddhismus, erlebten eine glanzvolle Zeit. Zu großer kultureller Blüte kam es gegen Ende der Tang-Dynastie: Die Dichter Li Taibai, Du Fu und Bai Juyi sowie der Meister der Erzählung Han Yü betraten zu einer Zeit die Bühne, als der politische Abstieg bereits begonnen hatte. Der Außenhandel mit Zentralasien und dem Westen wurde über die Karawanenstraßen abgewickelt, der Seehandel mit dem Mittleren Osten lief über den Hafen von Kanton. Der chinesische Einfluss reichte im Norden und Osten jetzt wieder bis Korea, die südliche Mandschurei und Nordvietnam. Im Westen schlossen die Tang Bündnisse mit den zentralasiatischen Stämmen, kontrollierten das Tarimbecken und konnten so ihren Machtbereich bis in das Gebiet des heutigen Afghanistan hinein ausdehnen. Die ökonomische und militärische Stärke des Tang-Reiches fußte auf einem System der Landzuweisung an die erwachsene männliche Bevölkerung. Die damit verbundene Erhebung einer regelmäßigen steuerlichen Abgabe pro Kopf war die wichtigste staatliche Einnahmequelle, und der obligatorisch von den Landbesitzern periodisch zu leistende Militärdienst war die Grundlage der militärischen Stärke der Tang. 7.3.2.2 Krise und Niedergang So perfektioniert das Herrschaftssystem der Tang auch war, so schuf es sich doch auch selbst die Probleme, an denen es zugrunde ging. Das Steuersystem und die Prinzipien der Landverteilung, die dem Bevölkerungszuwachs nicht Rechnung trugen, begünstigten soziale Konflikte und Landflucht und führten zu einer Schwächung der militärischen Einheiten. Die Grenzgebiete konnten nicht länger dauerhaft durch chinesische Armeen geschützt werden. So bediente man sich zur Verteidigung eines Systems von Stützpunkten sowie nichtchinesischer Einheiten, deren Befehlshaber nicht selten dazu neigten, Politik auf eigene Faust zu betreiben und eigene Königreiche zu etablieren. Von besonderer Tragweite erwies sich die Revolte des Militärführers An Lushan (755-757), die ebenfalls nur mit Hilfe nichtchinesischer Truppen niedergeschlagen werden konnte. Das System der Kommandanturen verbreitete sich auch in anderen Gebieten Chinas und unterlief u. a. die Anstrengungen der Zentralbehörden, durch die Wiedereinführung von staatlichen Monopolen die staatliche Finanznot einzudämmen, indem die regionalen Militärherren die Einnahmen für sich beanspruchten. Im 9. Jahrhundert scheint sich die direkte kaiserliche Machtausübung nur noch auf die Provinz Shaanxi beschränkt zu haben und zerfiel im Zuge eines Volksaufstandes vollends (875-884). Schon zuvor hatte eine Kampagne gegen den Buddhismus begonnen, in deren Verlauf mehr als 4 000 Klöster aufgelöst und zerstört wurden. 7.4 Die Song-Dynastie und die Mongolenherrschaft (960-1368) 7.4.1 Die Song-Dynastie (960-1279) Während der Zeit der dritten Reichsteilung (902-960) herrschten im Norden relativ überschaubare politische Verhältnisse (,,Zeit der Fünf Dynastien"), während sich im Süden zahlreiche Kleinstaaten jeweils nur kurz halten konnten (,,Zeit der Zehn Reiche"). Die Zeit der Fünf Dynastien im Norden endete 960, als sich General Zhao Kuangyin während eines Krieges gegen das mongolische Volk der Kitan zum Kaiser T'ai-tsu ausrief und die Song-Dynastie begründete. Schon 978 kontrollierten die Song den größten Teil Chinas, mit Ausnahme der Gebiete im nördlichen Hebei und Shaanxi, die zum LiaoReich der kitanischen Mongolen gehörten. Die Zeit der Song wird in zwei Phasen eingeteilt: in die Nord-Song mit der Hauptstadt in Kaifeng (960-1127) und die Süd-Song (1127-1279) mit der Hauptstadt Hangzhou, deren Herrschaft nur noch in Südchina bestand hatte. Zur wichtigsten Kunstform in der Song-Zeit entwickelte sich die Malerei. Von besonderer Bedeutung war die Tuschemalerei aus dem Umfeld des Zen-Buddhismus, die sich in der Darstellung auf das Wesentliche beschränkte. Nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Verbreitung des Buchdrucks hob sich das allgemeine Bildungsniveau und steigerten sich die wissenschaftlichen Leistungen. Zu den großen Errungenschaften der Song-Zeit gehören neben dem Buchdruck die Einführung des Papiergeldes und die Erfindung des Schießpulvers. Die in der Song-Zeit zu einem umfassenden System entwickelte Denkschule des Neokonfuzianismus blieb bis in das frühe 20. Jahrhundert für die chinesische Kultur grundlegend. 7.4.1.1 Die Nord-Song (960-1127) Der neuen Dynastie gelang es bald, die Vorherrschaft des Militärs über die zivile Verwaltung zu beenden. Die Macht der Militärbefehlshaber in den Provinzen wurde zurückgedrängt und die Kontrolle der Zentralgewalt über die Armee wieder hergestellt. Die zivile Beamtenschaft, deren Mitglieder über ein Auswahlsystem rekrutiert wurden, gewann erneut an Bedeutung. Die Song reorganisierten die kaiserliche Regierung (mehrere beratende Kanzler an der Seite des Herrschers) und konzentrierten am Kaiserhof Macht und Kontrolle in einem bisher nicht gekannten Ausmaß, obwohl die lokalen Verwaltungsstrukturen in ihrer überlieferten Form größtenteils beibehalten wurden. Die Reformanstrengungen beseitigten nicht die militärischen Defizite. Nach mehreren Niederlagen gegen die Liao schlossen die Song 1004 einen Vertrag, mit dem sie die Annexionen der Liao an der Nordgrenze anerkannten und sich zu jährlichen Tributzahlungen verpflichteten. Auch die langen Kriege mit den Xixia, einem Tangutenstamm an der Nordwestgrenze, endeten im Jahr 1044 mit dem Zugeständnis von Tributen. Etwa um die gleiche Zeit geriet das Song-Reich in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten, erwachsen aus den Kosten für die Verteidigung der Nordgrenze und einem Bevölkerungszuwachs, mit dem die wirtschaftliche Entwicklung nicht Schritt halten konnte. Ab 1069 wurde durch den kaiserlichen Minister Wang Anshi (1069-1076) ein umfangreiches Reformprogramm in Gang gesetzt. Hauptziele dieses planwirtschaftlichen Programms waren die Konsolidierung des Staatshaushaltes, die Erhöhung der militärischen Schlagkraft und eine effektive Organisation der Verwaltung. Um die Landwirtschaft zu fördern, wurde der Handel mit Grund und Boden erschwert, die Bauern wurden vom Militärdienst befreit und erhielten staatliche Anleihen zur Sanierung ihrer Höfe. Eine staatliche Vorratshaltung von Grundnahrungsmitteln sollte Notsituationen vorbeugen. 7.4.1.2 Die Jin-Herrschaft und die Süd-Song (1127-1279) Seit dem 11. Jahrhundert versuchten im Norden und Osten der Mandschurei die alteingesessenen Tungusenstämme unter Führung der Dschurdschen sich aus der Herrschaft des Liao-Reiches zu lösen. Um 1114 erreichte der Dschurdsche Aguta die Jin-Dynastie und nahm den Befreiungskrieg gegen die Kitan auf. Innerhalb weniger Jahre hatten die Jin das Liao-Reich zerstört (1125), um anschließend die Song, die ihnen als Bundesgenossen im Krieg gegen das Liao-Reich noch zur Seite gestanden waren, in den Süden zu vertreiben und ihrer Tributsherrschaft zu unterwerfen (Friedensvertrag von 1142). Zwar ließen die Jin, die Peking zu ihrer Hauptstadt machten, im eroberten Norden die vorhandenen chinesischen Verwaltungsstrukturen bestehen, doch gelang es ihnen nicht, die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft zu erhalten. Während der Norden einen Abstieg erlebte, blühte der Süden, das Reich der Süd-Song, wirtschaftlich auf. Sie bauten die Bewässerungssysteme aus und führten den Anbau von Tee und einer neuen Reissorte ein, die jährlich zwei Ernten erlaubte. Die Städte wuchsen, und mit ihnen nahm das städtische Handwerk an Bedeutung zu. Neben dem Agrarsektor wies vor allem der Handel große Wachstumsraten auf. Porzellan wurde zum wichtigsten Exportgut. Die staatlichen Einnahmen aus Steuern auf den Handel zogen bald mit den Einnahmen aus der Besteuerung von Grundbesitz gleich. 7.4.2 Die mongolische Yuan-Dynastie (1280-1368) 7.4.2.1 Die Eroberung Chinas Mit der Bildung der Stammesföderation der Mongolen Mitte des 12. Jahrhunderts entstand im Norden des chinesischen Reiches eine Macht, der es gelingen sollte, China erstmals dauerhaft einer Fremdherrschaft zu unterwerfen. 1211 fiel Dschingis Khan an der Spitze der vereinten Mongolenstämme in Nordchina ein, 1215 eroberte er Peking, 1219 Korea. Sein Sohn Ögädäi zerstörte 1232 das Jin-Reich endgültig, und zwar unter Mithilfe der Süd-Song, die sich zwischenzeitlich mit ihm verbündet hatten. Unter Kubilai Khan, der 1264 seine Hauptstadt von Karakorum nach Peking verlegt hatte, machten sich die Mongolen in der Folgezeit an die Eroberung auch des Reiches der SüdSong: 1271 fiel die Hauptstadt der Süd-Song, ihr Kaiser geriet in Gefangenschaft, und 1279 wurden die letzten Verbände der Song vernichtend geschlagen. Die Mongolen beherrschten nun ganz China. 7.4.2.2 Die Yuan-Dynastie (1279-1368) Kubilai Khan begründete 1271 die Yuan-Dynastie und 1280 erhob er sich zum Kaiser. Unter seiner Herrschaft erreichte die mongolische Macht ihren Höhepunkt. Die Kommunikationsstrukturen wurden elementar verbessert; die zentralasiatischen Handelsrouten, gänzlich unter mongolischer Kontrolle, waren sicherer als jemals zuvor. Der Verkehr von Westen nach Osten nahm kontinuierlich zu: Missionare und Händler kamen nach China und brachten neue Ideen, Techniken, Nahrungsmittel etc. ins Land. Der bekannteste ausländische Weltreisende in China war der venezianische Kaufmann Marco Polo, dessen Aufzeichnungen über seine langen Jahre in China und am Hofe Kubilais den Glanz des mongolischen Reiches lebendig wiedergeben. Die mongolische Führungsschicht nahm rasch die chinesische Kultur an und bediente sich des bestehenden Verwaltungsapparates. Jedoch installierten die Yuan eine Vierklassenordnung, die die einheimische Bevölkerung diskriminierte:. Die oberste Klasse stellten die Mongolen als Militäraristokratie und Inhaber der hohen Regierungsämter selbst. Zur zweiten Klasse gehörten die Angehörigen der Turkvölker im Norden, deren Aufgaben und Rechte sich kaum von denen der Mongolen selbst unterschieden. Alle weiteren Bewohner des Nordens, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, wurden der dritten Klasse zugeordnet, deren Rechte gegenüber den beiden ersten Klassen deutlich reduziert blieben. Zur vierten Klasse schließlich gehörten alle Bewohner des ehemaligen südlichen Song-Gebietes. Sie waren völlig von höheren politischen Ämtern ausgeschlossen. Auch der Besitz und das Tragen von Waffen waren ihnen nicht gestattet. Auf der Basis dieser ethnisch-sozial-politisch gegliederten Gesellschaft versuchten die Yuan weitere Expansionen, die ihnen letztlich aber nicht gelangen. Zwei Invasionen Japans schlugen ebenso fehl wie die Expansion nach Vietnam. Im Inneren verschlechterte sich die Situation der Landwirtschaft. Bauernaufstände, die sich zunächst gegen die Großgrundbesitzer richteten, leiteten das Ende der Fremdherrschaft ein. Bis zum Anfang der sechziger Jahre des 14. Jahrhunderts hatten bäuerliche Heere unter Führung der ,,Roten Turbane" weite Gebiete des Nordens erobert, mussten sich dann aber zunächst geschlagen geben. Im Gebiet des Jangtsekiang dagegen blieben die ,,Roten Turbane" unter der Führung Zhu Yuanzhangs erfolgreich. 7.5 Die Ming-Dynastie (1368-1644) 1368 eroberte Zhu Yuanzhang Peking, verjagte die Yuan-Fremdherrscher, errichtete eine absolutistische Herrschaft und erhob sich selbst unter dem Namen Taizu zum ersten Kaiser der neuen, von ihm begründeten Ming-Dynastie, zunächst mit Nanking (Nanjing) als Residenz (bis 1403). 7.5.1 Reformen unter Kaiser Taizu Erst 1387 war China territorial wieder ganz vereint. Die innere Einigung, der Aufbau einer funktionierenden einheitlichen Verwaltung, mit der Taizu an die Errungenschaften der Song-Ära anknüpfte, nahm allerdings noch längere Zeit in Anspruch. Die wichtigste Maßnahme zur dauerhaften Erhaltung der Einheit des Reiches war dabei die Unterordnung der Militärverwaltung unter die zivile Verwaltung - eine bedeutende historische Leistung der Ming. Taizu zentralisierte die Behörden und beseitigte die Verwaltungsautonomie der Provinzen. Um eine Verquickung von familiären Machtinteressen und Amtsausübung zu verhindern, durften Beamte nur außerhalb ihrer Heimatprovinz eingesetzt werden. Ab 1382 waren staatliche Prüfungen wieder die Voraussetzung für den Eintritt in den Beamtendienst. Die Probleme der Landwirtschaft suchte Taizu mit der Verteilung von Land, der Erneuerung der Bewässerungssysteme, der Erschließung neuer Siedlungsgebiete und der Zwangsverpflichtung landloser Bauern zu beheben, und Steuerreformen sollten die Staatsfinanzen sanieren. Seine weit reichenden Reformen setzte Taizu während seiner dreißigjährigen Regierungszeit zunehmend mit despotischen Mitteln durch. Tausende Mitglieder der Beamtenschaft fielen Verfolgungen zum Opfer. Nach dem Tode Taizus 1398 kam es zu grausamen Nachfolgekämpfen, aus denen der Prinz von Yen (als Kaiser Yung-Lo, 1402-1424) als Sieger hervorging. Er verlegte die Hauptstadt von Nanking nach Peking. Die fortschreitende Bürokratisierung von Gesellschaft und Politik während der Ming-Zeit brachte einen Wiederaufstieg der Eunuchen mit sich, die zeitweise die Macht an sich zu reißen und die Monarchen in die Rolle von Schattenkaisern zu drängen vermochten. Wirtschaftlich brachten die fast drei Jahrhunderte der Ming-Dynastie einige wichtige positive Entwicklungen: Dank verbesserter Bewässerungsmethoden stieg die Produktivität in der Landwirtschaft; staatlich gefördert wurden neue Nutzpflanzen angebaut, vor allem Süßkartoffeln, Mais und Erdnüsse; und es entstanden regelrechte Industriezentren für die Baumwollverarbeitung, die Seiden- und die Porzellanherstellung. 7.5.2 Bedrohung von außen, Öffnung nach außen Während der Ming-Zeit baute China rege Handelsbeziehungen zu Japan auf und suchte über See raumgreifend Kontakte mit der Außenwelt. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts finanzierte die kaiserliche Regierung sieben überseeische Expeditionen des Eunuchen Zheng He, die ihn nach Südostasien, Indien, Ostafrika und Arabien führten. Dass solche Unternehmungen und die damit verbundene staatliche Förderung der Seefahrt aus Kostengründen schließlich eingestellt wurden, erwies sich später als Fehler. Als zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Europäer mit ihren Schiffen an den chinesischen Küsten auftauchten, hatten ihnen die Chinesen beim Kampf um die Herrschaft zur See nichts entgegenzusetzen. 1516 erreichten die Portugiesen Kanton, 1624 ließen sich die Niederländer in Taiwan nieder, 1637 erschienen erstmals englische Schiffe in Kanton. Anders als frühere Händler aus Persien oder aus arabischen Ländern traten die Europäer gewalttätig und besitzergreifend auf und mussten, wie etwa die Portugiesen, ihre Niederlassungen aufgrund ihres unangemessenen Verhaltens bald wieder schließen. Die Bedrohung des Reiches durch innerasiatische Völker, vor allem die Mongolen, blieb auch während der Ming-Zeit bestehen, obwohl die Ming-Kaiser gleich zu Beginn ihrer Herrschaft durch militärische Expeditionen dieser Gefahr ein für alle Mal ein Ende zu bereiten suchten. Zur Sicherung des Reiches wurde die Große Mauer weiter ausgebaut und erreichte nun ihre heutige Ausdehnung und Gestalt. Japanische Truppen, die 1592 unter Toyotomi Hideyoshi in Korea eingefallen waren und nach China vorzustoßen planten, konnten erst 1598 vertrieben werden. Der Bedrohung durch japanische Freibeuter an den Küsten wurde u. a. mit dem Bau von Küstenforts begegnet. 7.5.3 Niedergang der Ming Unter Kaiser Wan-Li (1573-1629), an dessen Hof sich ein fast uneingeschränktes Regime der Eunuchen etabliert hatte, verfiel die Autorität der Ming-Dynastie nach innen und außen zusehends. Mit der Vereinigung der Dschurdschen mit anderen tungusischen Stämmen zu der später als Mandschu bezeichneten Ethnie entstand im Norden eine neue große Gefahr für das Ming-Reich. Die Zusammenfassung der Tungusen hatte Fürst Nurhaci (1559-1626) mit grundlegenden Reformen ihres politischen und militärischen Systems verbunden, die den Aufstieg der Mandschu zu einer bedeutenden Macht ermöglichten. Vor allem das so genannte Banner-System erwies sich als überlegene militärisch-politische Organisationsform. Die Banner, ursprünglich vier, dann acht, waren zunächst militärische Verwaltungseinheiten, die später auch zivile Aufgaben übernahmen. Zugleich errichteten die Mandschu nach chinesischem Vorbild eine Monarchie mit zentralisierter Verwaltung. Anfang des 17. Jahrhunderts begannen sie, auf chinesisches Gebiet vorzustoßen, stürzten schließlich die Ming-Kaiser und etablierten die Qing-Dynastie. Die Kosten der militärischen Operationen gegen die Mandschu und gegen die Japaner führten das Ming-Reich an den Rand des finanziellen Zusammenbruchs. Korruption und Willkürherrschaft unter dem Eunuchen Wei Chung-hsien, des eigentlichen Herrschers des Ming-Reiches, erreichten solche Ausmaße, dass sich ein Teil der Beamtenschaft gegen Wei erhob, jedoch ohne Erfolg: Weis Macht blieb ungebrochen, die rebellierenden Beamten wurden getötet. Aber auch in der Bauernschaft kam es in den letzten Jahrzehnten der Ming-Herrschaft zu einer Reihe von Aufständen, die 1626, ausgelöst durch eine Hungersnot, in eine umfassende Bauernrevolte mündete. Angesichts der Eroberung Pekings durch den Bauernführer Li Tzu-ch'eng tötete sich der letzte Ming-Kaiser 1644 selbst. Niedergeworfen wurde der Bauernaufstand erst von den Mandschu, die die Wirren genutzt hatten, um China zu erobern. 7.5.4 Kultur der Ming-Epoche In der kulturellen Entwicklung unter den Ming besann man sich auf die Leistungen der Tang-Zeit und auf die Werte der chinesischen Antike. Auf Initiative des Kaiserhofs entstanden umfangreiche Enzyklopädien, in denen das gesamte chinesische Wissen zusammengetragen wurde. Die bekannteste ist die Yung-lo ta-tien, an der zu Beginn des 15. Jahrhunderts mehr als 2 000 Gelehrte arbeiteten und die zuletzt mehr als 11 000 Bände umfasst haben soll. In der Literatur setzte sich der Roman durch, in dem jetzt auch die chinesische Umgangssprache Verwendung fand. Zwar standen historische Themen im Vordergrund, aber es wurde, verpackt in die Schilderung historischer Ereignisse, auch deutliche Kritik an der Gegenwart geübt. Der Neokonfuzianismus, in der Variante der Chu-Hsi-Schule, blieb Staatsideologie. Eine neue Denkschule, die weite Verbreitung fand, entwickelte Wang Yang-Ming (1472-1529), der eine dem Idealismus zuzuordnende, ebenfalls neokonfuzianische Philosophie schuf. Die Architektur der Ming-Zeit hinterließ beeindruckende Bauwerke, doch blieb sie konservativ und verwendete, wenn auch meisterlich, die überlieferten Stilelemente weiter. Die Porzellankunst der Ming-Zeit, insbesondere das Blauweißporzellan, gilt vielfach als Höhepunkt der chinesischen Keramik. 7.6 Die Mandschu- oder Qing-Dynastie (1644-1911) Unter der Qing-Dynastie, die bis Ende des 17. Jahrhunderts ihre Herrschaft in ganz China durchgesetzt hatte, erreichte das chinesische Kaiserreich die höchste Blüte in seiner 2 000 Jahre währenden Geschichte. 7.6.1 Erste Phase (1644 bis 18. Jahrhundert) 7.6.1.1 Herrschaftssystem Die Qing verstanden es, die Unterstützung der alten Oberschicht zu gewinnen, indem sie entscheidend an der Niederschlagung der Bauernaufstände mitwirkten und den Großgrundbesitz in seinem Bestand garantierten. Kulturell passten sich die Qing den chinesischen Gegebenheiten an, beschränkten aber die sozialen Kontakte mit dem Mehrheitsvolk, für das sie Fremdherrscher blieben, auf ein Mindestmaß. Auch in Bezug auf die Verwaltung übernahmen sie die Strukturen aus der Ming-Zeit, trieben aber die Zentralisierung voran. Um die Kontrolle über das Staatswesen zu behalten und die politische Macht der Eunuchen zu brechen, installierten die Qing-Herrscher den ,,Großen Rat", der die Ministerien überwachte und dem Kaiser unmittelbar rechenschaftspflichtig war. Darüber hinaus wurden die führenden Verwaltungspositionen doppelt besetzt. Jedem chinesischen Amtsleiter wurde ein Mandschu oder Mongole zur Seite gestellt. Die Bürokratie und ebenso die Einstellungsprüfungen für den Beamtendienst orientierten sich nach wie vor an den Maximen des Konfuzianismus. Als Folge der Kämpfe um die Nachfolge des zweiten Qing-Kaisers, Kangxi (1662-1722) ergab sich eine Entwicklung zum Despotismus, zumal sich dessen Verwaltungsreformen, die einer Verselbständigung der Bürokratie vorbeugen sollten, in dem riesigen und vielgestaltigen Reich als nicht durchgreifend wirksam erwiesen. Die Reformstrukturen wurden nun durch ein Spitzelsystem ergänzt, das die Bürokratie und die führenden gesellschaftlichen Schichten überwachte. Bis zu einem gewissen Grad konnte auf diese Weise die Korruption für einige Zeit eingedämmt werden, doch unter Qianlong (1736-1796) gewann sie wieder Oberhand. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts spitzte sich die innenpolitische Lage angesichts von Rebellionen, die oftmals von Geheimgesellschaften angeführt wurden, zu. 7.6.1.2 Expansion Die Qing richteten ihre expansiven Bestrebungen zunächst auf die Unterwerfung der Mongolei, die 1690 Teil des Reiches wurde. Etwa zur gleichen Zeit erreichte die russische Ostexpansion den chinesischen Machtbereich. Nach verschiedenen militärischen Auseinandersetzungen legte man 1689 in einem Vertrag - dem ersten zwischen China und einem europäischen Staat - den Verlauf der russisch-chinesischen Grenzen fest; 1727 wurde der Vertrag ergänzt. Seit den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts gehörte Tibet zum chinesischen Machtbereich, seit 1751 als Protektorat, und auch Nepal wurde tributpflichtig. Am Ende des 18. Jahrhunderts hatte das chinesische Reich seine größte Ausdehnung erreicht, ein großer Teil seiner Grenzen (vor allem im Norden und Westen) hatte seitdem dauerhaften Bestand. 7.6.2 Niedergang des Reiches (19. Jahrhundert bis 1911) 7.6.2.1 Die Intervention ausländischer Mächte Im 19. Jahrhundert geriet das Qing-Reich zunehmend unter ausländischen Druck und wurde Objekt des von den europäischen Großmächten sowie den USA und Japan betriebenen Kolonialismus und Imperialismus. Schon zuvor war es zu ernsthaften Schwierigkeiten zwischen China und vor allem Großbritannien, der bedeutendsten ausländischen Handelsnation in China, gekommen. Großbritannien wollte seine Handelskontakte, die seit 1757 auf Kanton beschränkt waren, ausdehnen und versuchten dies über den Aufbau diplomatischer Beziehungen und mehrere diplomatische Missionen an den kaiserlichen Hof, doch die Qing waren nicht bereit, ihre Politik der Isolation gegenüber dem Ausland aufzugeben und Großbritannien oder anderen Staaten Erleichterungen im Handel einzuräumen. Überhaupt wurden die bereits bestehenden Handelsbeziehungen mit europäischen Ländern nur widerwillig geduldet. Der Handel mit dem Ausland blieb auf den Hafen von Kanton beschränkt und durfte weiterhin nur mit einer begrenzten Anzahl chinesischer Händler abgewickelt werden. Ursprünglich wies China dank u. a. des in großen Mengen an die Briten verkauften Tees eine positive Außenhandelsbilanz auf. Doch allmählich verschob sich die Bilanz zugunsten der britischen Händler. Nicht zuletzt der von der Ostindischen Kompanie insbesondere seit 1816 forcierte zollfreie Export von Opium über Kanton nach China wirkte sich verheerend aus. Die Zahl der Rauschgiftsüchtigen, die von britischen Opiumlieferungen abhängig waren, stieg dramatisch an. Die chinesische Regierung unter Kaiser Gao Duang (1820-1850), die die moralische Grundlage des Kaiserreiches gefährdet sah, ließ 1839 auf britischen Schiffen große Mengen Opium konfiszieren und das Rauschgift im Hafen von Kanton demonstrativ verbrennen. Damit kam es zum offenen Konflikt. Im ersten Opiumkrieg (1840-1842) eroberte eine relativ kleine britische Flotte verschiedene Stützpunkte an der chinesischen Küste. Der Vertrag von Nanking (1842), der erste der so genannten ,,ungleichen Verträge", beendete diesen Krieg und brachte den Briten eine Reihe von Handelsvorteilen. China betrachtete dieses Abkommen als unerfreuliches aber angesichts der militärischen Situation unausweichliches Zugeständnis (Abtretung von Hongkong, Öffnung von fünf neuen Vertragshäfen, Aufhebung des chinesischen Handelsmonopols, Kriegsentschädigung). Aus der Sicht der europäischen Staaten, die ganz China dem westlichen Handel öffnen wollten, blieb der Vertrag von Nanking jedoch weit hinter den Erwartungen zurück. Im Vertrag von Hu-men (1843), der als Zusatzvertrag zum Vertrag von Nanking galt, setzte Großbritannien deshalb mit erheblichem Druck die Meistbegünstigungsklausel durch. Verträge mit Frankreich und den USA brachten 1844 den Chinesen weitere Verschlechterungen. Während des Lorcha- oder zweiten Opiumkrieges (1856-1860) nutzten die ausländischen Mächte die innenpolitische Schwäche des Kaiserreiches und erreichten im Vertrag von Tianjin (1858), ebenfalls ein ,,ungleicher Vertrag", weitere Vorteile, u. a. die Öffnung weiterer zehn chinesischer Häfen für ausländische Händler. Als jedoch die chinesische Regierung sich weigerte, die Verträge zu ratifizieren, unternahm ein britisch-französischer Militärverband eine Strafexpedition nach Peking und brannte den kaiserlichen Sommerpalast nieder. ,,Ungleiche Verträge" bestimmten die Beziehungen Chinas zum Westen bis zum Jahr 1943. Sie beeinflussten die soziale und ökonomische Entwicklung des Landes in grundlegender Weise und bewirkten letztlich den Untergang der Qing-Dynastie. Durch die Öffnung einer Reihe seiner Häfen für den Außenhandel und die Abtretung Hongkongs an Großbritannien war das chinesische Kaiserreich den kolonialistischen und imperialistischen Aktivitäten der westlichen Großmächte endgültig ausgeliefert. 7.6.2.2 Der Taipingaufstand In den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts führten das starke Bevölkerungswachstum und der massenhafte Import ausländischer Waren zu einer deutlichen Verschlechterung der wirtschaftliche Lage. Gleichzeitig wurde die Ohnmacht Chinas gegenüber den politischen Demütigungen durch die ausländischen Mächte unübersehbar. Beide Faktoren wirkten maßgeblich auf die Entstehung des Widerstands, der sich in Geheimgesellschaften und religiös-kultischen Gruppen organisierte. Einzelne Unruhen mündeten 1850 in Südchina schließlich in den Taipingaufstand, eine große, sozialrevolutionäre Rebellion unter dem christlich-messianisch inspirierten Hong Xiuquan. Die Aufständischen eroberten 1853 Nanking, das sie zur Hauptstadt ihrer Gegenherrschaft proklamierten, verwüsteten durch ihre Kriegszüge weite Teile Chinas und konnten erst durch die Mithilfe britischer und französischer Truppen zurückgedrängt und besiegt werden. Mit der Rückeroberung von Nanking 1864 war der Aufstand niedergeschlagen. Auch in anderen Teilen des Reiches kam es zur gleichen Zeit, von Geheimgesellschaften oder nationalen Minderheiten getragen, zu großen Aufständen - des Nien-Bundes in Henan und Anhui (1853-1868), der Miao in Guizhou sowie der muslimischen Bevölkerung in Westchina (Shaanxi, Ganzhou und Yunnan, 1855-1877). 7.6.2.3 Letzte Reformversuche Angesichts des Vordringens der imperialistischen Mächte und der Aufstände im Innern leitete die Qing-Regierung einen politischen Kurswechsel ein. Zwischen 1860 und 1895 wurden verschiedene Reformwerke in Gang gesetzt, die die Konsolidierung der Wirtschaft und die Stabilisierung des Reiches zum Ziel hatten. Die konservative konfuzianische Beamtenschaft verfolgte traditionelle Lösungsansätze und leitete die Erschließung von Neuland (besonders in Xinjiang und der Mongolei) sowie eine Erneuerung der Bewässerungssysteme ein. Ihre Leitidee blieb die Wiederbelebung des Konfuzianismus in Verwaltung und Gesellschaft. Den von der schwachen Zentralregierung verfolgten konservativen Projekten standen in den Provinzen Modernisierungsmaßnahmen ganz anderer Qualität gegenüber. Hier nahmen die regionalen Machthaber, die nach der Niederschlagung des Taipingaufstandes zu alter Stärke zurückgefunden hatten, die Industrialisierung des Landes in Angriff und konzentrierten sich dabei vor allem auf die Montan- und die Textilindustrie und den Schiffsbau. Wegen Kapitalmangels gerieten allerdings zahlreiche chinesische Unternehmen in ausländischen Besitz, zudem ließen sich aus dem vorhandenen Arbeitskräftereservoir kaum einschlägig ausgebildete Kräfte rekrutieren, und auch für die Leitungsebenen war kein Personal mit Fachwissen verfügbar. Angesichts der anhaltend ungünstigen Entwicklung verkündete Kaiser Guangxu (1875-1908) unter dem Einfluss einer Gruppe von Reformern 1898 ein Modernisierungsprogramm, das sich an der erfolgreichen Meiji-Reform in Japan orientierte. Aber schon drei Monate nach seinem Beginn wurde das Reformprogramm durch einen Putsch konservativer Kräfte, hinter dem die Kaiserinwitwe Cixi stand, beendet. Die führenden Reformer wurden hingerichtet, der Kaiser entmachtet und bis zu seinem Tode gefangen gehalten. Obwohl diese ,,Reform der 100 Tage" noch in den Anfängen unterbunden wurde, setzte sie doch Prozesse in Gang, die langfristig zu grundlegenden Veränderungen führten. 1905 erfolgte die Abschaffung des traditionellen Prüfungswesens für den Staatsdienst, das die antimoderne Einstellung des Staatsapparates immer wieder fortgeschrieben hatte. Auch das Heiratsverbot zwischen Chinesen und Mandschu wurde aufgehoben. Daneben war der Ausbau des Schulwesens von großer Bedeutung für die Akzeptanz der Modernisierungsbemühungen. 7.6.2.4 China im Griff der imperialistischen Mächte Aufgrund seiner politischen und wirtschaftlichen Ohnmacht sank China auf eine Art halbkolonialen Status ab. Anfangs begnügten sich die westlichen Mächte in ihrer Politik gegenüber China noch mit den ,,ungleichen Verträgen" und suchten keine weiteren, vertraglich fixierten Vorteile. Doch ab 1875 richteten sie ebenso wie Japan ihre imperialistische Politik auch auf die von China abhängigen bzw. tributpflichtigen Staaten. 1879 nahm sich z. B. Japan die Ryukyu-Inseln, 1885 besetzte Frankreich Annam und 1886 Großbritannien Burma. Das japanische Interesse an Korea löste 1894 den Chinesisch-Japanischen Krieg aus. In dem Krieg versenkte Japan nahezu die gesamte chinesische Flotte und verdrängte die chinesischen Truppen aus der Mandschurei und aus Korea. Im Vertrag von Shimonoseki (1895) musste China die Unabhängigkeit Koreas anerkennen, weitere Häfen für den ausländischen Handel öffnen sowie Taiwan samt den benachbarten Inseln und zunächst auch die Liaodong-Halbinsel an Japan abtreten. Unter dem Druck Russlands, Frankreichs und Deutschlands, die Japan nicht den alleinigen Zugriff auf eine der reichsten Regionen Chinas überlassen wollten, ging Liaodong als Pacht an Russland, das darüber hinaus noch die Erlaubnis zum Bau von Eisenbahnen sowie zusätzliche wirtschaftliche Rechte in der gesamten Mandschurei erhielt und 1898 schließlich auch Port Arthur (siehe Dalian) bekam. Mit dieser Regelung war dem Russisch-Japanischen Krieg (1904/05) der Boden bereitet. Auch im Qing-Reich selbst setzte das Vordringen der imperialistischen Mächte bald wieder ein. Das Deutsche Reich ließ 1897 Truppen in Tsingtau einrücken und erzwang 1898 die Verpachtung von Kiautschou. Ebenso gewannen Frankreich und Großbritannien neue Besitzungen. Als Ergebnis des Russisch-Japanischen Krieges, der sich vorwiegend auf chinesischem Territorium abspielte, wurden Süd-Sachalin, Korea und die Süd-Mandschurei japanisches Protektorat. Als einzige Macht entwickelten die Vereinigten Staaten gegenüber China keine Territorialansprüche, sondern versuchten, durch eine Politik der offenen Tür ihre wirtschaftlichen Interessen in China zu realisieren (,,Open Door-Note" des US-Außenministeriums vom September 1899 an Großbritannien, Deutschland und Russland). 7.6.2.5 Boxeraufstand Vor dem Hintergrund der imperialistischen Einmischung und ausgelöst durch den Putsch gegen den Kaiser durchzog eine reaktionäre Gegenbewegung das Land, die 1900 in den so genannten Boxeraufstand mündete, angeführt von der national-fanatischen und ausländerfeindlichen Geheimgesellschaft der - vom Westen so genannten - Boxer. Im Zuge der Eskalation erklärte China im Juni 1900 den imperialistischen Mächten den Krieg. Diese antworteten mit einer gemeinsamen militärischen Intervention, schlugen den Aufstand mit aller Härte nieder und diktierten China im so genannten Boxerprotokoll (1901) harte Friedensbedingungen, u. a. hohe Reparationszahlungen und ein Verbot für Waffenimporte. 7.6.2.6 Sturz der Qing-Dynastie Nach dem Boxeraufstand gewannen gemäßigte Kräfte in der Opposition an Einfluss. 1905 schlossen sich in Tokyo mehrere Geheimorganisationen zum ,,Revolutionsbund" (Tung-meng-hui) zusammen, der Sun Yatsen zu seinem Führer wählte. Nach seinem politischen Konzept, in dessen Mittelpunkt die nationalen Interessen Chinas, die Bürgerrechte und die Volkswohlfahrt standen, arbeitete der Revolutionsbund auf den Sturz des Kaisertums und die Errichtung einer parlamentarischen Regierungsform nach westlichem Muster hin. Aufstände in verschiedenen Teilen des Landes und ein Militärputsch in Wuchang (heute Wuhan) am 10. Oktober 1911 führten schließlich zur Revolution. Mit seiner Abdankung am 12. Februar 1912 schloss Xuantong (Pu Yi), der nach dem Tod des Kaisers 1908 im Alter von drei Jahren unter der Regentschaft seines Vaters auf den Thron gehoben worden war, die über 2000-jährige Geschichte des chinesischen Kaiserreiches ab. 7.7 Die Republik China (1911-1949) 7.7.1 Von Yuan Shikai zur Vierten-Mai-Bewegung (1912-1921) Sun Yatsen, im Dezember 1911 in Peking zum vorläufigen Präsidenten der Republik China ausgerufen, musste schon unmittelbar nach der Abdankung des Kaisers zugunsten des Oberbefehlshabers der Armee, Yuan Shikai, wieder zurücktreten; Yuan hatte sich in der letzten Phase der Revolution durch seine Vermittlung zwischen Revolutionsbewegung und kaiserlicher Regierung als zentrale Machtfigur etabliert. Aus den Wahlen vom Januar 1913 ging die von Sun Yatsen mitbegründete Kuomintang (KMT, Nationale Volkspartei) als Siegerin hervor, woraufhin Yuan die KMT verbot. 1914 errichtete Yuan eine Militärdiktatur; sein Versuch, die Monarchie zu restaurieren, scheiterte jedoch. Nach seinem Tod 1916 zerfiel die Zentralmacht; Militärbefehlshaber, die so genannten Warlords, übernahmen die Macht in den Provinzen und führten in wechselnden Koalitionen Kriege gegeneinander. Als in Europa der 1. Weltkrieg ausbrach, nutzte Japan die Gunst der Stunde, besetzte die deutschen Stützpunkte in China und versuchte, China in koloniale Abhängigkeit zu bringen. Am 17. August 1917 trat China daher an der Seite der Alliierten in den Krieg gegen die Mittelmächte ein, in der - vergeblichen - Hoffnung, Hilfe gegen Japan zu finden. Als schließlich die Alliierten Japans Forderungen weitgehend entgegenkamen und im Versailler Vertrag 1919 die deutschen Kolonialrechte in China an Japan übertrugen, entfaltete sich über das ganze Land eine von der revolutionären Intelligenz getragene Protestbewegung, die Vierte-Mai-Bewegung. Die Vierte-Mai-Bewegung zog ihre Kraft aus der politischen Enttäuschung breiter Volksschichten, brach in vielerlei Hinsicht mit den Traditionen des Landes und forderte eine kulturelle Erneuerung. Der Marxismus und das revolutionäre Russland, das die ,,ungleichen Verträge" zwischen China und dem Zarenreich für hinfällig erklärt hatte, gewannen zunehmend an Anziehungskraft. 7.7.2 Kuomintang und Kommunistische Partei (1921-1937) 7.7.2.1 Zusammenarbeit Marxistische Gruppen, die aus der Vierte-Mai-Bewegung hervorgegangen waren, gründeten im Frühjahr 1921 in Shanghai die Kommunistische Partei Chinas (KPCh). Zu den zwölf Gründungsmitgliedern gehörte auch Mao Tse-tung. An der Gründung der KPCh beteiligt waren auch Vertreter der Kommunistischen Internationale (Komintern, siehe Internationale), die auch der KMT als einer Partei, die antiimperialistische Ziele verfolgte, Unterstützung gewährte und die KMT dazu veranlasste, sich mit der KPCh zu einer nationalen Einheitsfront zusammenzuschließen. In der Folgezeit kam es bis zum Tod Sun Yatsens zu einer engen Zusammenarbeit der KMT mit der neu gegründeten Sowjetunion. Sun Yatsen erhielt sowjetische Aufbauhilfe sowohl im militärischen Bereich als auch bei der Entwicklung einer effektiven Parteiorganisation und konnte so 1923 im Süden Chinas eine Revolutionsregierung etablieren. Die trotz der Zusammenarbeit mit der KMT als selbständige Kraft weiterbestehende KPCh baute ihre Organisation schnell aus. Sie fand zunächst unter dem städtischen Proletariat eine große Anhängerschaft; Maos These, dass das zahlenmäßig wesentlich größere ländliche Proletariat das eigentlich revolutionäre Potenzial in China sei und daher die besondere Aufmerksamkeit der KPCh verdiene, wurde aus Rücksicht auf die Doktrin der sowjetischen KP, auf deren Unterstützung man weiterhin angewiesen war, erst später Folge geleistet. 1923 nahm die KPCh gemeinsam mit der KMT den Kampf gegen die Warlords auf. 7.7.2.2 Bürgerkrieg Nach dem Tod Sun Yatsens 1925 und der Spaltung der KMT in einen linken und einen rechten Flügel setzte sich Chiang Kai-shek, der einen deutlich antikommunistischen Kurs verfolgte, als neuer Führer durch. 1927 installierte er in Nanking eine ,,Nationalregierung" ( siehe Nanking-Regierung), und 1928 ließ er sich, nachdem er Peking eingenommen hatte, zum Präsidenten der ,,Chinesischen Republik" wählen. Nach zahlreichen blutigen Verfolgungsaktionen der KMT gegen Kommunisten, die in den Massakern in Shanghai und Nanking am 12. April 1927 kulminierten, ging der im Nordfeldzug gemeinsam geführte Krieg gegen die Warlords in einen Bürgerkrieg zwischen KMT und KPCh über. Eine Fraktion der KPCh versuchte, in den Städten Aufstände zu initiieren, die andere übernahm unter der Führung von Mao Tse-tung die politische Arbeit auf dem Land. Dort stellte sie Bauerntruppen auf, die sich im Mai 1928 in der Provinz Hunan zur chinesischen Roten Armee formierten. Nachdem sich die erste Fraktion wieder mit der Maos zusammengeschlossen hatte, proklamierte der erste Nationale Sowjetkongress Chinas am 7. November 1931 in der Provinz Jiangxi die ,,Chinesische Sowjetrepublik". Chiang, Präsident, Parteichef und Oberbefehlshaber der Armee, regierte nun das von der KMT kontrollierte Territorium als Einparteienstaat. Mit der Eroberung Pekings hatte er 1928 den Nordfeldzug beendet; in der Folgezeit wandte er sich gegen die KPCh, um deren Machtbereiche zu erobern. Militärisch von den überlegenen KMT-Truppen in die Enge getrieben, brach die Rote Armee am 27. Oktober 1934 zu ihrem Langen Marsch auf, der ein Jahr später in Yenan (Provinz Shaanxi) endete, wo das neue Hauptquartier der KPCh errichtet wurde. Während des Langen Marsches etablierte sich Mao Tse-tung in der Führungsspitze der KPCh. 7.7.3 Japanische Aggression und 2. Weltkrieg (1931-1945) 7.7.3.1 Im Vorfeld des 2. Chinesisch-Japanischen Krieges (bis 1937) Während der zwanziger Jahre blieb Japan gegenüber China relativ zurückhaltend. 1922 trat es die ihm im Versailler Vertrag übertragenen ehemaligen deutschen Sonderrechte in Shandong wieder an China ab. Als es nach 1928 seine eigenen imperialistischen Interessen vom militanten KMT-Nationalismus Chiang Kai-sheks bedroht sah, nutzte es die Wirren des chinesischen Bürgerkrieges: 1931 besetzten japanische Truppen die rohstoffreiche Mandschurei, etablierten den Marionettenstaat Mandschukuo und setzten den letzten Kaiser der Qing-Dynastie, Pu Yi, 1932 zunächst als Regenten ein, 1934 dann als Kaiser (bis 1945). Zudem brachte Japan noch weite Teile des Nordostens unter seine Kontrolle. Angesichts des Bürgerkrieges gegen die Kommunisten, dem er eine höhere Priorität einräumte, nahm Chiang Kai-shek die japanische Aggression zunächst hin. Der Zusammenstoß japanischer und chinesischer Truppen am 7. Juli 1937 an der Marco-Polo-Brücke in Peking, wo immer noch infolge des Boxerprotokolls von 1901 japanische Verbände stationiert waren, war schließlich der Auslöser des 2. Chinesisch-Japanischen Krieges, der erst mit der japanischen Kapitulation im 2. Weltkrieg enden sollte. 7.7.3.2 Brüchige Einheitsfront von Kommunisten und Kuomintang Unter dem Druck führender KMT-Militärs, die der japanischen Invasion Widerstand entgegensetzen wollten, setzte Chiang den Bürgerkrieg gegen die Kommunisten aus und bildete mit ihnen 1937 erneut eine Einheitsfront. Allerdings waren auch die vereinten KMT/KPCh-Kräfte nicht in der Lage, den japanischen Vormarsch zu stoppen. Nach der Eroberung von Nanking durch die Japaner floh die chinesische Nationalregierung bereits im Dezember 1937 nach Chongqing. Bis Anfang 1939 brachten die Japaner große Gebiete Nord- und Zentralchinas unter ihre Kontrolle, und im Süden beherrschten sie die Insel Hainan und die wichtigsten Häfen. Während Chiangs Truppen schwere Verluste gegen die Japaner erlitten, nahm die KPCh, unterstützt von der Sowjetunion, mit ihren Partisanenverbänden in den besetzten Gebieten den Widerstand auf und profilierte sich als Hauptträger des nationalen Widerstandes gegen die Japaner. Dazu trug auch bei, dass der frühere Regierungschef der KMT-Regierung in Nanking, Wang Jingwei, sich im März 1940 als Chef einer japanfreundlichen Kollaborationsregierung einsetzen ließ. Angesichts des wachsenden Einflusses der Kommunisten verschärfte sich der Konflikt zwischen KMT und KPCh erneut, der Bürgerkrieg flammte wieder auf. Im Juni 1943 übernahm Mao Tse-tung als Vorsitzender des Zentralkomitees die Führung der KPCh. Seine kompromisslose Linie gegenüber den Japanern sowie die positiven wirtschaftlichen und innenpolitischen Entwicklungen in den von der KPCh beherrschten Gebieten trugen wesentlich zu seinem Erfolg in der chinesischen Bevölkerung bei. Der Zustrom zur Roten Armee war groß, bei Kriegsende gehörten ihr rund eine Million Soldaten an. Hinzu kamen die Dorfmilizen mit etwa zwei Millionen Mitgliedern. Die KPCh selbst hatte zu diesem Zeitpunkt bei der Mitgliederzahl die Millionengrenze überschritten. Die KMT dagegen verlor in weiten Gebieten an Einfluss. 7.7.3.3 China im 2. Weltkrieg, Kapitulation Japans Nach dem Angriff Japans auf die Alliierten USA und Großbritannien in Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 hatte die KMT-Regierung Deutschland am 9. Dezember 1941 den Krieg erklärt. Damit war der Chinesisch-Japanische Krieg Teil des bis dahin vorwiegend in Europa geführten 2. Weltkrieges geworden. Die USA und Großbritannien unterstützten die KMT nun mit Finanzhilfen und Militärausrüstung, die großenteils jedoch erst 1945 eintraf. Zudem erklärten sie den völligen Verzicht auf alle aus den ,,ungleichen Verträgen" des 19. Jahrhunderts resultierenden kolonialen Ansprüche, um u. a. dadurch China von einem Separatfrieden mit Japan abzuhalten. Die Sowjetunion, die im 2. Weltkrieg ihre frühere Politik gegenüber der KMT wieder aufgenommen hatte, erklärte entsprechend den Vereinbarungen von Jalta im August 1945 Japan den Krieg. Zugleich schloss sie einen Freundschaftsvertrag mit der KMT-Regierung, in dem Chiang Kai-shek die Äußere Mongolei als selbständigen Staat anerkennen und der Sowjetunion beherrschende Rechte in der bislang von Japan beherrschten Mandschurei einräumen musste. In der Folge besetzten sowjetische Truppen die Mandschurei, Korea, Sachalin und die Kurilen. Der 2. Weltkrieg endete in China erst am 9. September 1945 durch die Kapitulation der japanischen Truppen vor Chiang Kai-shek in Nanking. Bis dahin waren etwa zehn Millionen chinesische Zivilisten der japanischen Terrorherrschaft in China zum Opfer gefallen. 7.7.4 Erneuter Bürgerkrieg (1946-1949) Die Kommunisten gingen aus dem 2. Weltkrieg gestärkter, disziplinierter und besser ausgerüstet hervor als die Armee der KMT-Nationalregierung. Unter anderem ging nach der japanischen Kapitulation auch eine Fülle von Waffen und Munition von den Japanern in die Hände der Kommunisten über, als die sowjetischen Streitkräfte die Mandschurei besetzten und dort den Kommunisten an die Macht verhalfen. Maos politisches Ziel war zunächst die Errichtung einer Koalitionsregierung mit der KMT. Diese Perspektive wurde allerdings angesichts des im März 1946 offen ausbrechenden Bürgerkrieges wieder hinfällig; ein im Januar 1946 durch die Vermittlung der USA zustande gekommener Waffenstillstand zwischen KMT und KPCh wurde nicht umgesetzt. Am 25. Dezember 1946 setzte die KMT eine neue Verfassung der Republik China in Kraft, auf deren Basis die Nationalversammlung am 19. März 1948 Chiang Kai-shek zum Staatspräsidenten wählte. Doch die militärische und politische Initiative ging an die KPCh über, deren Konzept der nationalen Einheit auch im Bürgertum und sogar bei den ländlichen Führungsschichten Anhänger fand. Nach der Mandschurei brachte sie bis zur Jahreswende 1948/49 Peking und andere nordchinesische Städte unter ihre Kontrolle, 1949 Nanking, Wuhan und weitere Teile Südchinas. Die KMT-Regierung wich von Chongqing nach Chengdu aus und floh schließlich Ende des Jahres nach Taiwan, das von 1895 bis 1945 unter japanischer Verwaltung gestanden und danach den Status einer chinesischen Provinz erhalten hatte. Rund eine halbe Million KMT-Soldaten und fast zwei Millionen Zivilisten folgten der KMT-Regierung auf der Flucht vor der Roten Armee nach Taiwan. Auf Taiwan installierte Chiang sein Exilregime mit dem Anspruch, weiterhin ganz China zu vertreten. 7.8 Die Ära Mao Tse-tung (1949-1976) Am 1. Oktober 1949 proklamierte Mao Tse-tung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking die Volksrepublik China und übernahm als Präsident des Zentralrats der Volksregierung (d. h. als Staatsoberhaupt) die Führung des Staates. Das so genannte ,,Organisationsgesetz der Zentralen Volksregierung", die erste bis 1954 gültige Verfassung, definierte die Volksrepublik China als eine demokratische Volksdiktatur, die sich auf alle demokratischen Kräfte, auf alle Ethnien, auf die Bauern und die Arbeiter stützt. Dennoch war der Führungsanspruch der Arbeiterklasse unbestritten, und dementsprechend wurden in der Staatsführung die Schlüsselpositionen besetzt. Erster Ministerpräsident und zugleich Außenminister wurde Zhou Enlai. Der neue Staat wurde von den westlichen Regierungen nicht anerkannt und erhielt auch keinen Sitz in der Vollversammlung der Vereinten Nationen, da die Exilregierung auf Taiwan als völkerrechtlich legitime Vertretung Gesamtchinas angesehen wurde (bis 1971). 7.8.1 Aufbau der sozialistischen Gesellschaftsordnung (bis 1965) 7.8.1.1 Gesellschaftliche Umwälzungen Unmittelbar nach der Ausrufung der Volksrepublik begann das neue Regime im bevölkerungsreichsten Land der Erde mit einer der tief greifendsten sozialen Umwälzungen der Geschichte. Erste große gesellschaftsreformerische Maßnahme war die Einführung eines neuen Ehegesetzes (Mai 1950), das die soziale Gleichberechtigung der Frau festschrieb und die rechtlichen Rahmenbedingungen für dauerhafte Veränderungen der Familienstrukturen schuf. Bedeutender noch war das Agrarreformgesetz (Juni 1950), das mit der überlieferten Agrarstruktur des alten China brach: Durch die Bodenreform wurde der Großgrundbesitz enteignet, mehr als 40 Prozent des Bodens wurden neu verteilt und alle aus Pachtverträgen stammenden Schulden aufgehoben. Zu den ersten Schritten auf dem Weg zu sozialistischen Strukturen gehörte die Einführung von Produktionsgenossenschaften. Im Bereich von Handel und Industrie ging man den Weg über Verstaatlichungen und staatliche Kapitalbeteiligungen; der Außenhandel wurde Staatsmonopol. 1953 trat der erste Fünfjahresplan in Kraft, der - dem sowjetischen Vorbild folgend - davon ausging, die vorrangige Förderung der Schwerindustrie sei der Schlüssel zu allen weiteren Entwicklungen. Der industrielle Aufbau stieß aufgrund von Rohstoff- und Devisenproblemen jedoch schnell an seine Grenzen. Ein wesentliches Element beim Umbau Chinas in eine sozialistische Gesellschaft war die völlige Neugestaltung von Erziehung und Bildung auf der Grundlage marxistischleninistischer Grundsätze. An die Stelle der Familie trat nun die Partei als verantwortliche Instanz für die Führung und Erziehung der Jugend. Die Religion wurde streng kontrolliert; ausländische Missionare mussten das Land verlassen und der chinesische Klerus wurde zur Zusammenarbeit mit den Kommunisten gezwungen. Die Intellektuellen wurden durch Kampagnen auf den Marxismus-Leninismus eingeschworen. Der Umbau der Gesellschaft wurde mit härtester Repression umgesetzt, wo er auf Widerstand traf. Nach offiziellen Angaben von Regierungsbehörden sollen zwischen Oktober 1949 und Oktober 1950 mehr als eine Million so genannte Konterrevolutionäre hingerichtet worden sein. Im September 1954 verabschiedete der 1. Nationale Volkskongress eine neue Verfassung. Sie schrieb die Grundrechte (u. a. auch das Recht auf Arbeit) fest und definierte die Volksrepublik als Volksstaat, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis von Arbeiterklasse und Bauernschaft beruht. Der Aufbau des Volksstaates sollte zu einer sozialistischen Gesellschaftsordnung führen. Eine neue Struktur erhielt 1954 auch die Verwaltung, die bis dahin auf den im Bürgerkrieg von den Armeen aufgebauten fünf Regionalverwaltungen basierte. Die alte Verwaltungsstruktur wurde nun durch eine Gliederung in Provinzen und autonome Gebiete ersetzt. 7.8.1.2 Ideologische Kämpfe Über den Weg zum Aufbau des Sozialismus entwickelten sich innerhalb der Partei unterschiedliche Vorstellungen, die zu Machtkämpfen führten. Im März 1955 wurden die Mitglieder des Politbüros, die sich eng an das sowjetische Vorbild halten wollten, aus ihren Ämtern entfernt. Am 25. April 1956 distanzierte sich Mao in der Rede ,,Über die zehn Großen Beziehungen" erstmals öffentlich vom historischen Modell des sowjetischen Weges, und in seiner Rede ,,Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke" vom 27. Februar 1957 kritisierte er die sowjetische Auffassung, dass es innerhalb der sozialistischen Gesellschaft keine Gegensätze gäbe. Mit einer weiteren Rede am 2. Mai 1957 eröffnete er die Kampagne der so genannten Hundert-Blumen-Bewegung, die die Bevölkerung zu offener Kritik an der Partei und ihren Funktionären aufforderte. Allerdings nahm die nun einsetzende öffentliche Diskussion einen solchen Umfang und eine solche Heftigkeit an, dass sich die KPCh bald zum Gegensteuern veranlasst sah. Durch die Kampagne gegen Rechtsabweichler wurden bis 1958 alle kritischen Bestrebungen wieder unterdrückt. 1958 setzte Mao die ,,Politik der drei roten Banner" als Linie der Partei durch. Ausgehend von der These der Notwendigkeit der permanenten Revolution konzentrierte sie sich auf die politische Bewusstseinsbildung der breiten Massen. Entscheidende Komponenten dieses Programms waren die ,,Generallinie des sozialistischen Aufbaus", der Große Sprung nach vorn (siehe unten) und die Durchsetzung der Volkskommunen als politische, soziale und wirtschaftliche Organisationsform. Doch auch die ,,Politik der drei roten Banner" geriet durch zu hoch gesteckte Ziele bald in Schwierigkeiten. Bereits ab Ende 1958 erfolgte eine stufenweise Modifizierung, die in der Folgezeit nach teilweise heftiger parteiinterner Kritik weitergeführt wurde. In der ab Ende 1962 verfolgten Politik der ,,Drei Freiheiten - eine Festlegung" wurde eine Ausweitung der privaten Bodennutzung sowie eine Liberalisierung des Handels mit den auf privatem Grund erzeugten Gütern und eine Verstärkung der Politik der materiellen Anreize gefordert. Zwar gelang es Mao, seine radikale Linie beim Aufbau des Sozialismus innerhalb der Parteiführung durchzusetzen, doch musste er sich in der Folgezeit verstärkt um die Konsolidierung seiner Machtbasis bemühen und eine Zeit lang hinnehmen, dass die von ihm konzipierte radikale Linie aufgeweicht wurde. Angesichts des sich abzeichnenden Desasters des Großen Sprungs musste er 1959 das Amt des Staatspräsidenten an den Zweiten in der Hierarchie der Macht, Liu Shaoqui, abgeben. Als entscheidende Machtbasis gewann er jedoch die Volksbefreiungsarmee für sich, nachdem er Lin Biao 1959 zum neuen Verteidigungsminister gemacht hatte, der die Armee verstärkt ideologisch ausrichtete und schließlich um Mao einen Personenkult zu organisieren begann. Seit Anfang 1962 spitzte sich die parteiinterne Auseinandersetzung zum ,,Kampf der beiden Linien" zu. Staatspräsident Liu Shaoqui forderte (vergeblich) die Rehabilitierung der als Rechtsabweichler entmachteten Kritiker der Politik Maos. Dieser hielt dagegen an seiner These vom Fortbestehen des Klassenkampfes in der Phase des Sozialismus fest, aus der er den Vorrang der ideologischen Arbeit und der politischen Bewusstseinsbildung vor der pragmatischen Arbeit folgerte. Im Mai 1963 setzte er die Kampagne ,,Sozialistische Erziehungsbewegung" durch, die der Kulturrevolution den Weg ebnete. 7.8.1.3 Wirtschaftspolitik: Fehlschlag des Großen Sprungs Mit der neuen Wirtschaftspolitik nach dem ersten Fünfjahresplan verabschiedete sich die Führung von der bisherigen Vorrangstellung der Industriezentren. Mit dem Ziel, die Voraussetzungen für den Übergang zum Kommunismus herzustellen, konzentrierte man sich nun auf die grundlegende Umgestaltung der Lebensweise auf dem Lande, die innerhalb weniger Jahre abgeschlossen sein und mit einer gewaltigen Produktionssteigerung einhergehen sollte. Zu diesem Zweck wurde die Landbevölkerung in Volkskommunen organisiert, unter scharfen Kontrollmaßnahmen der Verbrauch eingeschränkt, die landwirtschaftliche Produktion umgestellt und zugleich die Industrialisierung auf dem Lande mit den dort vorhandenen Mitteln, d. h. dem extensiven Einsatz der menschlichen Arbeitskraft auf niedrigem technischen Niveau, massiv vorangetrieben. Das Konzept führte zu einer wirtschaftlichen Katastrophe. Die landwirtschaftliche und die industrielle Produktion fielen innerhalb von drei Jahren auf die Hälfte des Jahres 1958 zurück. Eine der größten Hungersnöte der Weltgeschichte erfasste das ganze Land; Schätzungen zufolge forderte sie zwischen 20 Millionen (diese Zahl wird in China seit 1988 offiziell genannt) und 43 Millionen Menschenleben. 7.8.2 Von der Kulturrevolution bis zur Regelung von Maos Nachfolge (1965-1977) 7.8.2.1 Kulturrevolution (1965-1968) Obwohl Mao sich durch Parteibeschlüsse zumindest formal immer wieder durchsetzen konnte, bekämpften sich innenpolitisch weiterhin zwei Linien: einerseits die von Mao angeführte Gruppierung, die - ideologisch motiviert - auf die Bildung revolutionären Bewusstseins bedacht war und diesem Ziel die praktische Politik unterordnete; andererseits die eher an einer pragmatischen Politik interessierte Strömung, zu der ein großer Teil der Funktionäre des Partei- und Staatsapparates gehörte, frühzeitig schon Deng Xiaoping. Als Vermittler fungierte häufig Zhou Enlai, der als Ministerpräsident und Außenminister vor allem für eine gewisse Kontinuität sorgte. Um seine Machtposition zurückzugewinnen, verstärkte Mao 1964/65 seine ideologische Kritik, forderte eine ideologische Radikalisierung der Kultur- und Erziehungsarbeit und richtete scharfe Angriffe gegen die Vertreter der pragmatischen Linie. Nachdem die Armee unter Lin Biao Maos Kritik übernommen hatte, schwenkte auch das Zentralkomitee der KPCh auf Maos Linie ein und rief in einer Erklärung vom 16. August 1965 dazu auf, die Reste feudaler und bourgeoiser Ideologie durch eine ,,Große proletarische Kulturrevolution" zu beseitigen. Daraufhin bildeten sich unter den Studenten in allen Teilen des Landes Rote Garden, die ihre Kritik an den Autoritäten und der kulturellen Tradition mit äußerster Radikalität vortrugen. Die zu Terrorkampagnen ausartenden Aktionen der Roten Garden und ihre Auseinandersetzungen mit den MaoGegnern weiteten sich bald zu blutigen Konflikten aus, denen zwischen 400 000 und einer Million Menschen zum Opfer gefallen sein sollen und in deren Verlauf zahlreiche kulturelle Einrichtungen und Kulturdenkmäler zerstört wurden. Die Roten Garden beriefen sich auf Mao, um den sie den Personenkult mit Hilfe des Roten Buches, einer Sammlung seiner Kernsätze (siehe Maoismus), auf den Höhepunkt trieben. Mao nutzte die Unterstützung der Roten Garden zum Ausbau seiner Machtstellung im Parteiapparat. Als sich im Januar 1967 die Roten Garden auch in Shanghai gewaltsam durchsetzten und die Auseinandersetzungen zu offenem Bürgerkrieg zu eskalieren drohten, weil die Kulturrevolutionäre auf Widerstand in der Arbeiterschaft stießen, griff auf Anweisung Maos die Armee ein. Auch Zhou Enlai intervenierte. Nachdem es im Sommer 1967 in Südchina zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Roten Garden und Armee gekommen war, wandten sich Mao, Lin Biao und andere Parteiführer öffentlich von der Bewegung ab, die Kulturrevolution geriet in die Defensive. Im Oktober 1967 wurde der Unterrichtsbetrieb an den Schulen und Universitäten wieder aufgenommen. Die Entsendung von rund zehn Millionen junger Chinesen aufs Land, wo sie sich einem Umerziehungsprogramm unterwerfen mussten, bedeutete im Dezember 1968 das Ende der Roten Garden. 7.8.2.2 Fortsetzung des Kampfes zweier Linien (1969-1977) Als offizielles Ende der Kulturrevolution gilt eine entsprechende Erklärung des IX. Parteitages der KPCh im April 1969. Als wesentliches machtpolitisches Ergebnis blieb einerseits die von Mao beabsichtigte Schwächung des pragmatischen Flügels, andererseits die deutliche Stärkung des Einflusses der Volksbefreiungsarmee, die den Bürgerkrieg verhindert hatte und nun die führenden Parteigremien kontrollierte. Ministerpräsident Zhou Enlai überstand die Kulturrevolution unbeschadet und leitete eine Normalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse ein. Die Konfrontation zwischen den beiden Linien war jedoch nicht beendet. Die Bemühungen um die Rücknahme zahlreicher in der Kulturrevolution durchgesetzter Veränderungen, wie etwa die Rehabilitierung der aus der Partei ausgeschlossenen Kader und der aus ihren Ämtern vertriebenen Funktionäre, führten erneut zur Konfrontation. Lin Biao forderte die Wiederaufnahme der Politik des Großen Sprungs, diesmal allerdings unter der Führung der Armee, konnte aber Mao nicht dafür gewinnen. Vermutlich nach dem Scheitern der Vorbereitungen zu einem Militärputsch kam Lin Biao 1971 bei der Flucht durch einen Flugzeugabsturz in der Mongolei zu Tode. Führungsfigur der Parteilinken, die mit dem Wiederaufbau der während der Kulturrevolution aufgelösten Massenorganisationen begann, wurde jetzt Jiang Qing, die Ehefrau Mao Tse-tungs. 1975 billigte der Nationale Volkskongress Zhou Enlais Modernisierungsprogramm für Wirtschaft, Wissenschaft und Verteidigung und verabschiedete eine neue Verfassung, die den Auseinandersetzungen der zurückliegenden Jahre Rechnung trug und die Volksrepublik als einen sozialistischen Staat der Diktatur des Proletariats beschreibt. Diese Diktatur sei nötig, weil es auch während der Phase des Sozialismus weiterhin Klassenkämpfe gäbe. Der Tod Zhou Enlais 1976, für den seit längerem der 1973 rehabilitierte Deng Xiaoping die Regierungsgeschäfte geführt hatte, brachte für die Pragmatiker in der KPCh zunächst eine deutliche Schwächung ihrer Position. Deng wurde entmachtet, während Hua Guofeng als Kompromisskandidat Maos neuer Ministerpräsident und neuer erster Stellvertreter im Parteivorsitz wurde. Nach dem Tod des schon seit längerem handlungsunfähigen Mao Tse-tung am 9. September 1976 zeigte sich bald, dass die Machtbasis der Linken in der KPCh nicht besonders groß war. Nachdem Hua im Oktober Maos Nachfolge als Parteivorsitzender angetreten hatte, ließ er die Viererbande um Maos Witwe Jiang Qing verhaften und rehabilitierte Deng. Im August 1977 beschloss die KPCh den endgültigen Abschluss der Kulturrevolution. Alle Vertreter der Linken, die sich jetzt nicht mehr auf Mao stützen konnten, verloren ihre Parteiämter. Der Kampf zweier Linien war entschieden. 7.8.3 Außenpolitik 7.8.3.1 Verhältnis zur Sowjetunion Die Außenpolitik der Volksrepublik China war zunächst im Wesentlichen bestimmt durch die Entwicklung des Verhältnisses zur Sowjetunion, durch das Bestreben, ehemals chinesische Gebiete zurückzugewinnen, sowie durch das Ziel, das Kuomintang-Regime auf Taiwan zu stürzen und die Insel in die Volksrepublik zu integrieren. Die enge Bindung an die Sowjetunion, mit der China 1950 ein Bündnis schloss, kam im sich verschärfenden Kalten Krieg schon zum Tragen, als chinesische Freiwilligenverbände im Oktober 1950 auf der Seite Nordkoreas am Koreakrieg teilnahmen und die Volksrepublik deswegen am 1. Februar 1951 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen als Aggressor verurteilt wurde. Die Entwicklung des Verhältnisses zur Sowjetunion war eng mit der Entwicklung der innenpolitischen Verhältnisse, insbesondere mit den Auseinandersetzungen um den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaftsordnung in China verbunden. Die von Mao vertretene Linie des sozialistischen Aufbaus, die zunehmend vom historischen Vorbild der sowjetischen Entwicklung abwich und die innerhalb der chinesischen KP zu ständigen Richtungskämpfen führte, verursachte in den zwischenstaatlichen Beziehungen eine allmähliche Distanzierung. Hinzu kamen außenpolitische Differenzen nach dem Tod Jossif Stalins 1953. So lehnte die Sowjetunion Ende 1954 die Rückgabe der Äußeren Mongolei an China ab und schlug ab 1956 vor dem Hintergrund der Blockbildung im Kalten Krieg mit Chruschtschows Politik der friedlichen Koexistenz eine weltpolitische Linie ein, die Mao Tse-tung verwarf. Kritik an der sowjetischen Entstalinisierung und an den von der Sowjetunion formulierten Perspektiven für die kommunistische Weltbewegung (u. a. eine positivere Bewertung des westlichen parlamentarisch-demokratischen Systems) verstärkten die Entfremdung. Die offene Distanzierung der Sowjetunion vom chinesischen Kurs erfolgte Ende 1958, als sie die chinesischen Pläne zur Eroberung Taiwans nicht mitzutragen bereit war, setzte sich fort in der Kündigung des Vertrags zur Entwicklung chinesischer Atomwaffen (Juni 1959) und manifestierte sich auch in der ausbleibenden Unterstützung bei den Grenzstreitigkeiten der Volksrepublik mit Indien (Juli 1959). Zum offenen Bruch kam es, als im April 1960 die KPCh die Sowjetunion öffentlich ,,revisionistischer Tendenzen" bezichtigte: Die sowjetische Führung beendete das noch laufende wirtschaftlich-technische Hilfsprogramm und zog alle sowjetischen Experten aus der Volksrepublik ab. Verhandlungen zur Beilegung der ideologischen Differenzen in Moskau im Juli 1963 scheiterten. Die von Ministerpräsident Zhou Enlai und dem Generalsekretär des Zentralkomitees der KPCh, Deng Xiaoping, geführte Delegation hielt an den maßgeblich von Mao formulierten Einschätzungen (,,Vorschlag zur Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung") fest. Kategorisch distanzierte sie sich von den sowjetischen Konzepten einer Koexistenz der Blöcke, einer positiven Wertung der parlamentarischen Arbeit kommunistischer Parteien in kapitalistischen Staaten und des Endes des Klassenkampfes in der Phase des Sozialismus. Die Kulturrevolution strapazierte die Beziehungen zu vielen anderen Ländern, insbesondere zur UdSSR. Die Spannungen zwischen den beiden kommunistischen Großmächten verschärften sich 1967 erheblich nach dem erfolgreichen Test einer chinesischen Wasserstoffbombe und nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen 1968 in die Tschechoslowakei (siehe Prager Frühling). 1969 eskalierten die zwischenstaatlichen Konflikte zu Zusammenstößen zwischen chinesischen und sowjetischen Truppen am Grenzfluss Ussuri in der Mandschurei. 7.8.3.2 Die Okkupation und Eingliederung Tibets 1950/51 drangen chinesische Truppen in Tibet ein, das auf der Grundlage einer formal garantierten Autonomie verwaltungsmäßig in die Volksrepublik eingegliedert wurde. Die in den folgenden Jahren durchgeführten wirtschaftlichen Reformen und die systematische Ansiedlung von Chinesen provozierten Konflikte, die im März 1959 in einen Aufstand mündeten. Er wurde von der Armee niedergeschlagen; dem 14. Dalai-Lama, dem geistlichen und politischen Führer der Tibeter, gelang die Flucht ins Exil nach Indien. In der Folge führte China eine Landreform durch, die der mit dem Lamaismus eng verknüpften Gesellschaftsform endgültig den Boden entziehen sollte. Im Dezember 1964 erklärt die chinesische Regierung den Dalai-Lama endgültig für abgesetzt. Im September 1965 erhielt Tibet den Status einer autonomen Region. 7.8.3.3 Außenpolitische Öffnung Das Vorgehen Chinas in Tibet belastete auch das Verhältnis zum Nachbarn Indien. In einem Abkommen über Handels- und Verkehrsfragen im Grenzbereich zwischen Tibet und Indien vom 29. April 1954 zeichnete sich erstmals eine Annäherung beider Staaten ab. Doch 1958 kam es wegen Grenzstreitigkeiten in Ladakh zu Spannungen, die im Herbst 1962 in den Indisch-Chinesischen Krieg mündeten. China konnte den Krieg rasch für sich entscheiden. 1954 nahm China an der Genfer Indochinakonferenz teil; dies war das erste offizielle, von den USA mit Misstrauen beobachtete Auftreten der Volksrepublik als Verhandlungspartner in internationalem Rahmen. Auf der Bandungkonferenz 1955, auf der sich die Bewegung der blockfreien Staaten zu bilden begann, spielte China eine führende Rolle. Aber während China zu den Ländern der Dritten Welt, zu denen es sich selbst rechnete, enge Beziehungen pflegte, zog es sich gegenüber den westlichen Staaten in die Selbstisolation zurück. Nach dem Ende der Kulturrevolution versuchte die Volksrepublik außenpolitisch wieder aktiv zu werden. In ihrer außenpolitischen Konzeption der ,,Drei-Welten-Theorie" war die Sowjetunion seit Anfang der sechziger Jahre zur bedrohlicheren der beiden Supermächte avanciert. Ihnen gegenüber galt es, die Zweite Welt (die industrialisierten Staaten) und die Dritte Welt (Entwicklungsländer einschließlich Chinas) gegen die Hegemonieansprüche der beiden Supermächte zusammenzuschließen. Mit der Zündung seiner ersten Wasserstoffbombe 1967 rückte China in den Kreis der Atommächte auf. Verbunden mit der Erklärung, unter keinen Umständen als erstes Land Kernwaffen einzusetzen, signalisierte es seinen Anspruch, auf der Bühne der Weltpolitik eine tragende Rolle zu spielen. 1970 entsandte China seinen ersten Satelliten in die Erdumlaufbahn. Neben der Aufnahme und Wiederaufnahme von diplomatischen Beziehungen (Rumänien 1970, Jugoslawien 1970, Bundesrepublik Deutschland 1972, Japan 1972) war die Annäherung an die USA die wichtigste außenpolitische Entwicklung. Vorbereitet durch mehrjährige geheime Kontakte unternahm Richard Nixon im Februar 1972 den ersten Staatsbesuch eines US-Präsidenten in der Volksrepublik China und leitet damit die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den USA und China ein. Streitfall zwischen beiden Staaten blieb allerdings die Taiwan-Frage, da die Volksrepublik an ihrer Ein-China-Doktrin festhielt. Gleichwohl gelang es ihr, 1971 Taiwan aus der UNO zu verdrängen, dessen Sitz einzunehmen und die USA zum Abzug ihrer Truppen von Taiwan zu bewegen. Die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und China wurden 1979 formell aufgenommen. 7.9 Die Ära Deng Xiaoping (1978-1997) Nach der Ausschaltung der Linken wurde Deng Xiaoping für knapp zwei Jahrzehnte zur bestimmenden Figur der chinesischen Politik. Auf dem XI. Parteitag im August 1978 zu einem der fünf Stellvertreter des Parteivorsitzenden Hua Guofeng gewählt, war er seitdem faktisch Parteiführer. 1980 gelang es Deng, die verbliebenen Vertreter der Mao-Gruppe aus den wichtigsten Führungspositionen in Partei und Staat zu verdrängen und durch Anhänger seiner pragmatischen Politik zu ersetzen. Mit der Übernahme des Vorsitzes im Militärausschuss des Zentralkomitees (1981) und des Vorsitzes der staatlichen Zentralen Militärkommission, also der Position des Oberbefehlshabers der Armee (1983), sicherte er seine Position als inoffizieller Führer der Volksrepublik und treibende Kraft der Entmaoisierung ab. 7.9.1 Wirtschaftsreformen Die großen Veränderungen der Ära Deng spielten sich im Bereich der Wirtschaft ab. In einem von 1976 bis 1986 laufenden Zehnjahresplan (,,Neuer Großer Sprung nach vorn") wurde der gleichgewichtige Ausbau von industriellem und landwirtschaftlichem Sektor festgelegt. Parallel zu den wirtschaftlichen Reformen begann 1980 eine restriktive Bevölkerungspolitik mit dem Ziel, das Bevölkerungswachstum zu beschränken. Die Ein-Kind-Familie wurde als Regelfall vorgeschrieben. 2000 wurde die staatliche Geburtenkontrolle wieder gelockert, nachdem sich das Bevölkerungswachstum um 0,9 Prozent verringert hatte und sich die Vorschrift als nur begrenzt durchsetzbar erwiesen und zu unerwünschten Nebeneffekten geführt hatte. Ab 1979 begann der allmähliche Umbau staatswirtschaftlicher Strukturen. Ziel war eine zwar sozialistische, trotzdem aber durch marktwirtschaftliche Mechanismen regulierte Wirtschaft. Lange ausgeschlossene Prinzipien wie Privatinitiative und Leistung kamen nun wieder zum Tragen, den staatlichen Industriebetrieben wurde größere Eigenverantwortlichkeit übertragen, und die Gründung von Privatunternehmen wurde zugelassen. Zur Förderung ausländischer Investitionen wurden wirtschaftliche Sonderzonen eingerichtet, über die, vermittelt durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen aus den industrialisierten Staaten, moderne Technologien nach China Eingang finden sollten. In der Landwirtschaft wurde durch die Einführung von Pachtverträgen die Bildung selbständiger Familienbetriebe gefördert. 1993 wurde das Wirtschaftssystem der Volksrepublik durch eine Verfassungsänderung nicht mehr als Planwirtschaft, sondern als ,,sozialistische Marktwirtschaft" definiert, die nun Spielraum für die Privatisierung der Staatsbetriebe gab. Wenn auch die Staatsführung die Kontrolle über Schlüsselsektoren und -unternehmen nicht aus der Hand gab, so lief dieser Prozess für viele Teile der Wirtschaft auf die faktische Rückkehr zur marktwirtschaftlichen Ordnung hinaus. 7.9.2 Innere Repression Während Deng im wirtschaftlichen Sektor die Hoffnungen auf eine Liberalisierung der Strukturen erfüllte, enttäuschte er in Hinblick auf eine entsprechende politische Entwicklung die Erwartungen. Zweifel an der uneingeschränkten Vorherrschaft der Kommunistischen Partei in allen gesellschaftlichen Belangen ließ er nicht aufkommen. Als es im Dezember 1986 erstmals zu größeren Studentenprotesten kam, die sich gegen die starren Strukturen des politischen Systems richteten und eine Demokratisierung forderten, profilierte sich Deng als Verfechter eines harten, repressiven Kurses. Parteichef Hu Yaobang, der den Reformkräften als Hoffnungsträger galt, musste im Januar 1987 zurücktreten. Nach Hus Tod am 15. April 1989 artikulierte die vor allem von Studenten getragene Demokratiebewegung ihre Forderung nach einer politischen Liberalisierung in Massendemonstrationen, die immer größeren Zulauf fanden und trotz Drohungen seitens der Staatsführung und trotz Verhängung des Kriegsrechts über Wochen hinweg fortgesetzt wurden. Aber ehe die Demonstrationen auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking zu einer Machtprobe mit der Staatsführung zu eskalieren drohten, schlug die Armee auf Dengs Veranlassung die Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 in Peking blutig nieder. Etwa 3 000 bis 4 000 Demonstranten wurden bei der Militäraktion getötet, eine Verhaftungswelle und Hunderte von Hinrichtungen folgten. Die brutale Unterdrückung der Demokratiebewegung wurde in den westlichen Staaten scharf verurteilt und warf China zunächst in die außen- und wirtschaftspolitische Isolation zurück. Die Europäische Gemeinschaft und die Weltbank verhängten Sanktionen gegen die Volksrepublik, die jedoch nach der Aufhebung des Kriegsrechts im Januar 1990 wieder außer Kraft gesetzt wurden. Im Konflikt über den Kurs der Partei gegenüber der Demokratiebewegung wurde Zhao Ziyang, der 1987 als Nachfolger von Hu Yaobang die Parteiführung übernommen hatte, seiner Ämter enthoben. Als neuen Vorsitzenden der KPCh lancierte Deng Xiaoping seinen politischen Ziehsohn Jiang Zemin, ebenso ein Gegner politischer Reformen wie der seit 1987 amtierende Ministerpräsident Li Peng. Zugleich schied Deng aus seinen formellen Führungsfunktionen aus, behielt aber seinen maßgeblichen politischen Einfluss. Im März 1993 wählte der Nationale Volkskongress Jiang Zemin zum neuen Staatsoberhaupt Chinas. Sein Amt als Parteichef behielt er bei. 7.9.3 Außenpolitik 7.9.3.1 Westorientierung Ungeachtet der Menschenrechtslage in China ging die wirtschaftliche Liberalisierung mit einer dynamischen Verbesserung der politischen Beziehungen zu den Industrienationen einher. 1978 schloss China einen Friedens- und Freundschaftspakt mit Japan und einen Handelsvertrag mit den USA; 1979 folgte die formelle Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu den USA. Zugleich konnte China weitere Zugeständnisse in der Taiwan-Frage erreichen. Zwar ließen die USA Taiwan nicht fallen, doch erklärten sie sich bereit, ihre Waffenlieferungen an die von der KMT beherrschte Insel - für die Volksrepublik eine ,,abtrünnige" Provinz, kontinuierlich zu reduzieren. Beide Staaten klammerten dieses Problem in der Folge aus ihren Verhandlungen weitestgehend aus und konzentrierten sich auf den Ausbau ihrer wirtschaftlichen Beziehungen. 7.9.3.2 Beziehungen zur Sowjetunion bzw. Russland Parallel zur weiteren Öffnung gegenüber den westlichen Staaten suchte China wieder die Annäherung an die Sowjetunion. Zu Beginn der Ära Deng kam es allerdings zunächst zu einer erneuten Entfremdung. So kündigte die Volksrepublik 1979 den seit 1950 bestehenden Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion. Die sowjetische Invasion in Afghanistan im Dezember 1979 führte zur weiteren Verschärfung der Gegensätze und zur Absage von Gesprächen über die Normalisierung der Beziehungen. Erst 1982 wurden diese Gespräche wieder aufgenommen; 1985 wurden sie von dem neuen Generalsekretär der KPdSU, Michail Gorbatschow, forciert und führten schließlich zu einer Vereinbarung über die Einrichtung von sowjetischen Generalkonsulaten in der Volksrepublik. Im Mai 1989 besuchte Gorbatschow China. 1994 unterzeichneten Jiang Zemin und der russische Präsident Boris Jelzin in Moskau ein Grundsatzabkommen über die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Russland und der Volksrepublik China. 7.9.3.3 Beilegung der Konflikte mit Vietnam und Indien Lange Zeit schwierig gestaltete sich das Verhältnis zum ebenfalls kommunistischen Nachbarn Vietnam. Im Vietnamkrieg hatte China den Norden gegen die USA und gegen das Regime in Südvietnam unterstützt; allerdings hatte sich das kommunistische Nordvietnam im Verlauf des Krieges immer enger an die Sowjetunion angelehnt. Wegen des vietnamesischen Eingreifens in den kambodschanischen Bürgerkrieg 1979, um das Terrorregime der Roten Khmer unter Pol Pot zu stürzen, führten chinesische Truppen eine ,,begrenzte Strafaktion" gegen Vietnam durch. 1991 einigten sich beide Staaten auf eine Normalisierung ihrer Beziehungen. Mit Indien, zu dem erst 1983 die diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen worden waren, kam es 1986 erneut zu einem Grenzkonflikt, der 1993 durch einen Vertrag über die Entmilitarisierung der Grenze beigelegt wurde. 7.10 China unter Jiang Zemin 7.10.1 Innenpolitik 7.10.1.1 Neue Führung Als Nachfolger für den nach zwei Amtsperioden verfassungsgemäß abgetretenen Li Peng rückte 1998 der Wirtschaftsexperte und als Pragmatiker geltende Zhu Rongji ins Amt des Ministerpräsidenten. Unter der Regie von Jiang Zemin, der schon in den letzten Jahren vor Deng Xiaopings Tod die Schaltzentren der Macht kontrollierte, stabilisierte sich ungeachtet zahlreicher schwerwiegender Probleme die innenpolitische Lage. Zu den Schwerpunkten der Innenpolitik gehörte die Korruptionsbekämpfung; im Ausland wurde vor allem die Entwicklung der Menschenrechtslage beobachtet. Auf der Basis eines relativ hohen wirtschaftlichen Wachstums (jährlich über 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) konnten die Wirtschafts- und Verwaltungsreformen vorangetrieben und mit großen Investitionsvorhaben verbunden werden, die Chinas Anspruch unterstrichen, im 21. Jahrhundert zur führenden Wirtschaftsnation aufzusteigen. Zugleich erhöhten die Reformen die soziale Instabilität und bereiteten den Boden für neue soziale Konflikte. Obwohl sich China von den Grundlagen einer sozialistischen Gesellschaftsordnung immer weiter entfernte, hielt die Führung an den traditionellen politischen Strukturen einer kommunistischen Einparteienherrschaft fest. 7.10.1.2 Korruptionsbekämpfung Als eines der größten Hindernisse für das Wirksamwerden der Reformen erwies sich die um sich greifende Korruption, die unter den Bedingungen der chaotischen wirtschaftlichen Verhältnisse neue Dimensionen erreicht hatte. Nach Schätzungen der Behörden belief sich der Schaden, der Ende der neunziger Jahre durch Korruption verursacht wurde, auf etwa 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Ministerpräsident Zhu Rongji erklärte 1999 die harte Verfolgung von Korruption und Verschwendung sowie der mangelnden Finanzdisziplin der Behörden zu einer der vordringlichen Aufgaben seiner Regierung und kündigte eine Verschärfung der 1996 angelaufenen Verbrechensbekämpfungskampagne ,,Hart durchgreifen" an. 2000 wurden im bis dahin größten Schmuggelskandal in Peking 14 Todesurteile verhängt. Die Hinrichtung des bis zu seiner Festnahme im April 2000 amtierenden Vizepräsidenten des Nationalen Volkskongresses bezeugte, dass auch höchste Amtsinhaber in die Disziplinierungsmaßnahmen einbezogen wurden. 7.10.1.3 Menschenrechte Das Beharren auf den Grundprinzipien des sozialistischen Einparteienstaates unter der Regierung der Kommunistischen Partei schließt die Verwendung eines breiten Instrumentariums zur Unterdrückung der politischen Opposition und sozialen Unruhen ein. Auch die neue politische Führung duldete keine Demokratiebestrebungen, politische Dissidenten und Bewegungen, durch die sie den Monopolanspruch der KPCh in Frage gestellt sah. Mit besonderer Härte reagierte die Führung auf die Kultbewegung Falun Gong, seit diese im April 1998 die Behörden mit der größten Demonstration seit der Demokratiebewegung von 1989 in Verlegenheit brachte. Mit Massenverhaftungen zehntausender von Falun-Gong-Anhängern, die in Schnellprozessen verurteilt oder ohne Prozess in einige der berüchtigten, 1957 eingeführten ,,Umerziehungslager" (Lao-Gai-Lager) verbracht wurden, mit landesweiten Kampagnen gegen die ,,Sekte" und das Verbot von ,,religiösen Untergrundorganisationen" (1999) gelang es der politischen Führung schließlich, die Falun Gong weitgehend aus dem öffentlichen Raum zu verbannen. Im Zuge der außen- und wirtschaftspolitischen Öffnung kam die chinesische Regierung seit Ende der neunziger Jahre Forderungen nach einer Verbesserung der Menschenrechtslage zögernd entgegen. 1997 und 1998 unterzeichnete China zwei UNO-Menschenrechtskonventionen, von denen der Nationale Volkskongress das Abkommen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Grundrechte (Sozialpakt) im Februar 2001 ratifizierte, mit Vorbehalten im Hinblick auf das Streikrecht. Im April 2001 verwies die chinesische Führung auf eine positive Bilanz der Menschenrechte im Land und bezog sich dabei vor allem auf die sozialen Menschenrechte. Der westlichen Kritik an ihrer Menschenrechtspraxis, die sie als Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten zurückweist, setzt sie entgegen, der Überbetonung der individuellen Menschenrechte, die aus der Tradition der bürgerlichen Gesellschaft gewachsen sei, fehle in China die historisch-kulturelle und gesellschaftliche Grundlage. Ein Licht auf die Lage der Menschenrechte in China wirft auch die Praxis der Hinrichtungen. Nach einem Bericht von amnesty international wurden im Jahr 2001 in China 2 468 Menschen hingerichtet, dies waren etwa 80 Prozent aller weltweit offiziell bekannt gegebenen Hinrichtungen. 7.10.2 Wirtschaft 1999 wurde das Konzept von Deng Xiaoping, China in eine ,,sozialistische Marktwirtschaft" umzugestalten, neben den sozialistischen Leitgedanken von Mao Tse-tung in die Präambel der Verfassung aufgenommen. Die private Wirtschaft wurde unter staatlichen Schutz gestellt. Im Dezember 1998 beschloss der Nationale Volkskongress nach sechsjähriger Vorbereitungszeit das erste Wertpapiergesetz in der Geschichte des Landes. Die neue Regierung unter Ministerpräsident Zhu Rongji forcierte den vorrangig auf (markt)wirtschaftliche Modernisierung und Reorganisation der Verwaltung gerichteten Reformkurs. Ins Zentrum ihrer Maßnahmen rückte sie die weitgehende Trennung von Staat und Wirtschaft, verbunden mit der Privatisierung oder Schließung eines Teils der zumeist unwirtschaftlichen 60 000 Staatsbetriebe, von denen 15 000 der Armee zugeordnet waren. Ausgenommen wurden 1 000 strategisch wichtige Betriebe, die vollständig im Besitz des Staates bleiben sollen. Allein 1998/99 standen 18 000 entschuldete und in private Hände übergegangene Betriebe 8 000 Unternehmen gegenüber, die geschlossen wurden. 1999 sollen insgesamt etwa elf Millionen Beschäftigte entlassen worden sein; die Arbeitslosigkeit wurde offiziell mit 3 Prozent angegeben und betrug in den Ballungszentren wohl 16 Prozent. Um sozialen Unruhen vorzubeugen, drosselte die Regierung 2000 das Tempo der Umstrukturierung, die nun im Jahr 2010 abgeschlossen sein soll. Im Zusammenhang mit der Verabschiedung des zehnten Fünfjahresplans räumte Ministerpräsident Zhu Rongji große Schwierigkeiten bei der Sanierung des Staatssektors ein, nicht zuletzt wegen des enormen Ausmaßes des Korruption. Nach 14 Jahren Verhandlungen erreichte China zum 1. Januar 2002 die Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO). Als Voraussetzung hierfür musste es sich zu weiteren Reformmaßnahmen verpflichten, insbesondere zur Liberalisierung des Außenhandels. Im Gegenzug erwartete die Regierung verstärkte ausländische Investitionen, die seinen Aufstieg zum größten Absatzmarkt des 21. Jahrhunderts beschleunigen sollen. 7.10.3 Schwerpunkte der Außenpolitik Im Gleichklang mit seiner allmählichen Öffnung gegenüber dem Weltmarkt baute China zielstrebig seine Position als Großmacht aus und profilierte sich als berechenbarer Faktor der Weltpolitik. Dennoch blieben eine Reihe von Konfliktfeldern erhalten, vor allem im Verhältnis zu den USA und in der Taiwan-Frage. 7.10.3.1 Rückgewinnung von Hongkong und Macao Nach den Abkommen von 1984 mit Großbritannien und Portugal kamen die letzten kolonialen Besitzungen europäischer Staaten in China als Sonderverwaltungszonen wieder unter die Souveränität des Mutterlandes, Hongkong am 1. Juli 1997 und Macao am 19. Dezember 1999. Nach dem Prinzip ,,Ein Land, zwei Systeme" erhielten beide Territorien innere Autonomie mit der Gewährleistung, ihr kapitalistisches Wirtschaftssystem und die parlamentarisch-demokratische Gesellschaftsordnung für die Dauer von 50 Jahren beibehalten zu können. Neben seinem hohen nationalen Symbolwert war der Anschluss dieser beiden Territorien für die chinesische Führung von besonderer Bedeutung, weil sie ihr als Modell für die Wiedervereinigung mit Taiwan gilt. 7.10.3.2 Ungelöste Taiwan-Frage Die Brisanz der ungelösten Taiwan-Frage zeigte sich 1999, als der taiwanesische Präsident Lee Teng-hui (KMT) eine schwere politische Krise mit der Äußerung provozierte, er befürworte im Verhältnis zu Festlandchina ,,Sonderbeziehungen von Staat zu Staat". Die Führung der Volksrepublik interpretierte dies als Abweichung vom Prinzip der ,,Ein-China-Politik". Ihre Erklärung, sie werde eine Unabhängigkeitserklärung der ,,abtrünnigen Provinz" gegebenenfalls gewaltsam verhindern, unterstrich sie mit militärischen Drohgebärden und der Bekanntgabe, sie sei in der Lage, die Neutronenbombe herzustellen. Auf das Angebot des im März 2000 neu gewählten taiwanesischen Präsidenten Chen Shui-bian, eine ,,Ära der Versöhnung" zu beginnen, reagierte Peking mit der Bereitschaft zu Verhandlungen - unter der Voraussetzung, dass sich Taiwan im Sinne der Ein-China-Politik formell als Teil Chinas erklärt. Nicht zuletzt im Hinblick auf den gemeinsamen Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO nahmen Festlands- und Inselchina 2001 die ersten, noch immer stark eingeschränkten, direkten Verkehrs- und Wirtschaftsverbindungen auf. 7.10.3.3 Labiles Verhältnis zu den USA Trotz Differenzen in grundsätzlichen Fragen wie der Lage der Menschenrechte in der Volksrepublik intensivierte sich in der Ära der Clinton-Administration der wirtschaftliche Austausch. 1997 besuchte Präsident Jiang Zemin die USA und unterzeichnete ein Handelsabkommen. Der Gegenbesuch des US-Präsidenten Bill Clinton 1998 stellte insofern eine Zäsur im Verhältnis beider Länder dar, als Clinton sich in China über die Massenmedien ausführlich zu den Menschenrechten äußern konnte und beide Staaten eine ,,strategische Partnerschaft" im militärischen Bereich schlossen. 1999 gaben die USA mit einem bilateralen Vertrag der Volksrepublik den Weg in die WTO frei. Der von den USA erwogene Plan, ein Raketenabwehrsystem (National Missile Defense, NMD) zu errichten und Japan, Südkorea und Taiwan speziell durch ein weiteres System (Theatre Missile Defense) militärisch abzuschirmen, führte dagegen 1999 wieder zu Spannungen. Die chinesische Führung interpretierte die amerikanischen Pläne als Bedrohung und Ausdruck des amerikanischen Hegemonialstrebens. Im Kosovo-Konflikt verurteilte China die Luftoffensive der NATO. Die versehentliche Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad am 7. Mai 1999 durch NATO-Einheiten rief eine Welle nationalistischer und antiamerikanischer bzw. antiwestlicher Empörung hervor. Erst nach einer Vereinbarung über die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 28 Millionen US-Dollar Anfang 2000 nahmen beide Staaten ihre Militärbeziehungen wieder auf. Weniger nachhaltig blieb die erneute Belastung des beiderseitigen Verhältnisses im Gefolge der Kollision eines US-Spionageflugzeugs über dem Südchinesischen Meer mit einem chinesischen Abfangjäger im April 2001. Die Bereitschaft der Volksrepublik, nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington im Rahmen der von den USA organisierten weltweiten Antiterrorkoalition aktiv mitzuwirken, signalisierte den Willen, eine stabilisierende internationale Rolle wahrzunehmen. 7.10.3.4 Engere Beziehungen zu Russland Im April 1997 vereinbarten die Präsidenten Russlands und Chinas, Boris Jelzin und Jiang Zemin, in Moskau ebenfalls eine ,,strategische Partnerschaft" und bekräftigten ihren Anspruch auf eine führende Rolle in der Weltpolitik. Auslöser für das Zusammenrücken beider Staaten waren die zunehmenden Differenzen mit Washington über die geplante amerikanische Raketenabwehr. Zugleich ebneten sie den Weg für eine abschließende Einigung über den in Teilbereichen immer noch strittigen Verlauf der 4 300 Kilometer langen gemeinsamen Grenze, die 1999 zustande kam. Nach einer Untersuchung des Stockholmer Instituts für internationale Friedensforschung (Sipri) war China im Jahr 2000 zum größten Waffenimporteur weltweit geworden. Die Waffenkäufe beliefen sich demnach auf circa drei Milliarden US-Dollar. Maßgeblichen Anteil daran hatten die aus Russland gelieferten Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge. Im Juni 2001 schloss Jiang Zemin mit seinem neuen russischen Kollegen, Wladimir Putin, einen Freundschaftsvertrag. Die auf 20 Jahre befristete Vereinbarung erneuerte den 1950 geschlossenen und Ende 1979 gekündigten Freundschaftsvertrag. 7.11 Erneuerung der Führung Im November 2002 wurden auf dem 16. Kongress der KPCh weit reichende Entscheidungen getroffen. Nachdem Jiang Zemin aus Altersgründen auf eine Wiederwahl für das Amt des Generalsekretärs verzichtet hatte, wählten die Delegierten den bisherigen Vizepräsidenten der Volksrepublik, Hu Jintao, zum neuen Parteichef. Hu Jintao kündigte nach seiner Wahl die Fortführung wirtschaftlicher Reformen an. Weiterhin beschloss der Parteitag die Öffnung der Partei für neue soziale Schichten, darunter ausdrücklich auch für Unternehmer. Der Nationale Volkskongress wählte am 15. März 2003 den neuen Parteichef auch zum neuen Staatspräsidenten. Damit trat Hu Jintao auch als Staatsoberhaupt die Nachfolge von Jiang Zemin an, der vorerst Vorsitzender der Zentralen Militärkommission blieb und damit weiterhin über eine wichtige Machtbasis verfügte. Nachfolger des nicht mehr zur Wahl angetretenen Ministerpräsidenten Zhu Rongji wurde dessen bisheriger Stellvertreter Wen Jiabao. Das Parlament verabschiedete umfassende Regierungsreformen, die eine Abkehr von der Planwirtschaft bedeuten. Hauptaufgaben neu einberufener Sonderkommissionen sind die Transformation von Staatsbanken in nach marktwirtschaftlichen Prinzipien funktionierende Finanzinstitute und der allmähliche Ausstieg des Staates aus sich in Staatsbesitz befindenden Unternehmen. Der darauf folgende Nationale Volkskongress, der im März 2004 zusammentrat, verabschiedete drei richtungsweisende Verfassungsänderungen, die eine Lösung von der bisherigen marxistisch-leninistisch-maoistischen Parteilinie markierten. Die erste Änderung betraf die Präambel der Verfassung, in die nun Jiang Zemins Grundsatz der ,,drei Vertretungen" aufgenommen wurde; die KPCh hatte diesen Grundsatz schon auf ihrem 16. Kongress im November 2002 in ihre Statuten aufgenommen. Der Grundsatz der ,,drei Vertretungen" besagt, dass die Partei fortan ,,die fortschrittlichsten Kräfte der Produktion, die fortschrittlichsten Kräfte der Kultur und die grundlegenden Interessen der breiten Massen" repräsentiert. Das heißt, die Partei verstand sich nun nicht mehr als Vertreterin und Avantgarde der Bauern und Arbeiter, sondern öffnete sich auch z. B. Privatunternehmen. Die zweite Verfassungsänderung betraf die Menschenrechte: Mit dem Satz ,,Der Staat respektiert und schützt die Menschenrechte" nahm die chinesische Verfassung erstmals ausdrücklich Bezug auf die Menschenrechte; ob allerdings angesichts einer fehlenden Gewaltenteilung und fehlender rechtsstaatlicher Strukturen die Einhaltung der Menschenrechte auch durchgesetzt werden kann, wird von Kritikern angezweifelt. Die dritte Verfassungsänderung bedeutete einen bemerkenswerten Wandel im ideologischen Selbstverständnis der Volksrepublik China. Mit den Sätzen ,,rechtmäßig erworbenes Eigentum der Bürger ist unverletzbar" und ,,der Staat fördert die Privatwirtschaft" wurde die 1949 erklärte Abschaffung des Privateigentums offiziell rückgängig gemacht und der marktwirtschaftliche Kurs der chinesischen Regierung in den vorangegangenen Jahren in die Verfassung übernommen. Diese Verfassungsänderung trägt der Tatsache Rechnung, dass unterdessen etwa zwei Drittel des chinesischen Bruttosozialprodukts von Privatunternehmern erwirtschaftet werden. Im September 2004 gab Jiang Zemin seinen letzten einflussreichen Posten, nämlich den Vorsitz der Zentralen Militärkommission der KPCh, an Hu Jintao ab, und im März 2005 folgte ihm Hu Jintao auch an der Spitze des weniger bedeutenden staatlichen Zentralen Militärausschusses nach. Der Generationswechsel an der Spitze des Staates war damit abgeschlossen. Als Generalsekretär der Partei, Staatspräsident und Vorsitzender der Zentralen Militärkommissionen hatte nun Hu Jintao die mächtigsten Ämter im Staat inne. Das Verhältnis zu Taiwan, seit jeher gespannt und immer wieder von beiden Seiten durch Drohgebärden verschärft, war das dominierende Thema des Volkskongresses im März 2005. Erwartungsgemäß ohne Gegenstimmen nahm der Volkskongress das von der Regierung vorgelegte Anti-Abspaltungsgesetz an, das Taiwan implizit mit militärischer Gewalt droht, sollte die Insel formell ihre Unabhängigkeit erklären. Jedoch betonte die Regierung auch, China strebe eine friedliche Wiedervereinigung an nach dem Muster ,,ein Land - zwei Systeme"; ,,nichtfriedliche Mittel" gegen Taiwan seien nur eine letzte Option, wenn friedliche Bemühungen um eine Wiedervereinigung scheitern sollten. Bei Taiwan stieß dieses Gesetz auf scharfe Kritik, und auch Staaten wie die USA und Japan äußerten sich besorgt über das als provokativ eingeschätzte Gesetz. Auf der anderen Seite hatte sich im Februar die Hoffnung auf eine leichte Entspannung in den Beziehungen zwischen China und Taiwan angedeutet, als erstmals seit der Trennung 1949 Direktflüge zwischen Städten in China und auf Taiwan aufgenommen wurden, allerdings nur für drei Wochen rund um das chinesische Neujahrsfest. Der Volkskongress im März 2006 befasste sich in erster Linie mit einer Revision der Wirtschaftspolitik, die sich auch in dem neuen, vom Volkskongress beschlossenen Fünfjahresplan für die Jahre 2006 bis 2010 niederschlug. Das bisherige rasante Wirtschaftswachstum - in den vorangegangenen drei Jahren jeweils mehr als 10 Prozent - hatte eine Reihe negativer Begleiterscheinungen mit sich gebracht wie die Vernachlässigung und Verarmung ganzer Bevölkerungsschichten und ganzer Regionen, die an dem Wirtschaftswachstum nicht partizipierten, und daraus folgend zunehmende soziale Spannungen sowie eine Reihe von Umweltkatastrophen und eine dramatisch ansteigende Umweltverschmutzung im Allgemeinen. Die Beschlüsse des Volkskongresses zielten auf eine Lösung dieser Probleme ab, etwa durch den Ausbau der ländlichen Infrastruktur, die Verbesserung der Lage der Wanderarbeiter, den Zugang zu kostenloser Schulbildung, Energieeinsparung, die Reduzierung des Schadstoffausstoßes und durch die Errichtung neuer Atomkraftwerke. Der Volkskongress im darauf folgenden Jahr behandelte im Wesentlichen noch einmal denselben Problemkomplex, betonte jedoch den Umweltschutz noch stärker. Zudem verabschiedete er ein Gesetz, durch das das Privateigentum unter denselben Schutz gestellt wurde wie das Staatseigentum. Auch der Parteitag im Oktober 2007 befasste sich mit dem Problem des ungebremsten Wirtschaftswachstums und seiner Folgen und bekannte sich zur Abkehr von der bisherigen Wachstumspolitik und zu einer ,,wissenschaftlichen", d. h. nachhaltigen Entwicklung sowohl in der Umwelt- wie in der Sozialpolitik. Während im März 2008 der Volkskongress tagte, der in diesem Jahr keine wegweisenden Beschlüsse verabschiedete, schlugen in Tibet chinesische Sicherheitskräfte Proteste der Tibeter gegen die chinesische Herrschaft brutal nieder. Begonnen hatten die Auseinandersetzungen mit Demonstrationen der Tibeter aus Anlass des Jahrestages der Niederschlagung des tibetischen Aufstandes von 1959; als die Sicherheitskräfte einschritten, um die Demonstrationen auseinanderzutreiben, eskalierte die zuvor schon durch Gewalt gekennzeichnete Lage. Nach Angaben der tibetischen Exilregierung forderten die Auseinandersetzungen mindestens 100 Tote, laut der chinesischen Regierung jedoch nur einige wenige; hunderte Tibeter wurden verhaftet. Der Dalai-Lama bezeichnete das chinesische Vorgehen in Tibet als kulturellen Völkermord; die chinesische Regierung wiederum beschuldigte die ,,Clique des Dalai-Lama", die Unruhen bewusst angezettelt zu haben und die Olympischen Spiele im Sommer 2008 in Peking untergraben zu wollen. Zahlreiche Staaten warfen China Menschenrechtsverletzungen vor; Sanktionen etwa in Form eines Boykotts der Olympischen Spiele wurden allerdings kaum in Betracht gezogen. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« sind nährstoffreich und werden landwirtschaftlich genutzt.

Das breite Flussdelta des Xi Jiang wird auch Kantondelta genannt. 2.1. 6 Die Tibetische Hochebene Im abgelegenen äußersten Südwesten Chinas liegt die Tibetische Hochebene.

Das zerklüftete Bergland gehört zu den höchstgelegenen Plateauregionen der Welt.

Diedurchschnittliche Höhe beträgt 4 510 Meter.

Die Hochebene wird von Hochgebirgen begrenzt; dies sind im Süden Himalaya, im Westen Pamir und Karakorum und im NordenKunlun Shan und Qilian Shan.

Auf der Hochebene gibt es Salzseen und Sumpflandschaften; zudem wird sie von verschiedenen Gebirgszügen durchkreuzt und ist Quellgebietder wichtigsten süd- und ostasiatischen Flüsse wie Indus, Ganges, Brahmaputra, Mekong, Jangtsekiang und Huang He (Gelber Fluss).

Die Landschaft ist karg und felsig. 2.2 Flüsse und Seen Die drei längsten Flüsse des Landes, Jangtsekiang (6 300 Kilometer), Huang He (5 464 Kilometer) und Xi Jiang (2 100 Kilometer) münden in den Pazifik; nur ein kleiner Teildes Landes entwässert zum Indischen Ozean hin.

Der Huang He durchfließt das Lößbergland und mündet in das Ostchinesische Meer; aufgrund der von ihm transportiertenLößmengen erhielt er den Namen „Gelber Fluss”.

Der Xi Jiang fließt in das Südchinesische Meer.

Der bedeutendste Fluss im äußersten Norden des Landes ist der Amur(Heilong Jiang), der über eine lange Strecke die nordöstliche Grenze zu Russland markiert.

Der Songhua (Sungari) und der Liaoe entwässern mit ihren Nebenflüssen dengrößten Teil der Mandschurischen Ebene und der sie umgebenden Hochländer.

Zu den größten Seen Chinas zählt der Qinghai Hu.

Die meisten der großen Seen Chinas liegenim mittleren und unteren Tal des Jangtsekiang.

Dongting Hu und Poyang Hu gehören zu den größten Seen im Mittellauf des Flusses.

Im Sommer steigen die Wasserständeder Seen stark an.

Der größte Salzsee der Tibetischen Hochebene ist der Qinghai Hu (Koko Nor) im weniger hoch gelegenen Nordosten; weitere Salzseen ähnlichenAusmaßes befinden sich auf dem Hochplateau.

Über 2 000 Wasserspeicheranlagen wurden in China errichtet, vorrangig zum Zweck der Bewässerung und derHochwasserregulierung.

Die meisten dieser Anlagen sind relativ klein, die größte am Huang He umfasst ein Volumen von rund 35,4 Milliarden Kubikmetern. 2.3 Klima China hat Anteil an mehreren Klimazonen; gemäßigte Temperaturen herrschen in den halbtrockenen Regionen des Westens und des Landesinneren vor, während imäußersten Süden tropische Bedingungen überwiegen.

Für weite Teile des Landes ist starke Kontinentalität mit kalten Wintern und heißen Sommern charakteristisch. Der asiatische Monsun beeinflusst das Klima des Landes weiträumig.

Im Winter strömen kalte, trockene Winde aus dem ausgedehnten Hochdruckgebiet über Zentralsibiriennach China.

Dies führt in allen Gebieten nördlich des Jangtsekiang zu niedrigen Temperaturen und bringt dem gesamten Land Trockenheit.

Im Sommer strömt warme,feuchte Luft vom Pazifik ein, die reichlich Niederschläge bringt.

Vereinzelt treten auch tropische Wirbelstürme auf.

An der Leeseite der Berge nehmen die Niederschläge mitzunehmender Entfernung vom Meer ab.

Die Becken im Nordwesten erhalten nur geringe Niederschläge.

Die sommerlichen Temperaturen sind im ganzen Landbemerkenswert konstant; im Winter herrscht zwischen Norden und Süden jedoch ein extremes Temperaturgefälle. Im südöstlichen China, südlich des Jangtsekiang-Tales, herrscht im Allgemeinen subtropisches, im äußersten Süden sogar tropisches Klima vor.

Die Sommertemperaturen indieser Region liegen im Durchschnitt bei 26 °C.

Im Winter fallen die Temperaturen bis auf 18 °C im tropischen Süden und auf 4 °C am Jangtsekiang.

Die Hochplateaus undBecken im Südwesten weisen ebenfalls subtropisches Klima mit beträchtlichen regionalen Unterschieden auf.

Wegen der Höhenlage sind die Sommer kühler, und durch denSchutz vor Nordwinden sind die Winter relativ mild.

Im Sichuan-Becken (Rotes Becken) dauert die Vegetationszeit aufgrund der großen Feuchtigkeit mit häufigerNebelbildung elf Monate.

Die Niederschläge sind vor allem im Sommer hoch; sie betragen in fast allen Teilen Südchinas jährlich mehr als 1 000 Millimeter. Nordchina umfasst keine Gebirgskette, die das Gebiet vor den Kaltlufteinbrüchen aus Sibirien schützt, weshalb die Winter hier kalt und trocken sind.

Die Temperaturen imJanuar reichen von 4 °C im Süden bis -10 °C nördlich von Peking und in den höheren Lagen des Westens.

Im Juli liegen die mittleren Temperaturen bei 26 °C und erreichenin der Nordchinesischen Ebene sogar 30 °C.

Beinahe der gesamte Jahresniederschlag von etwa 760 Millimetern fällt im Sommer.

Im Nordwesten ist es weniger feucht, dennhier herrscht trockenes Steppenklima.

Die Niederschläge variieren in diesen Gebieten von Jahr zu Jahr sehr stark.

Vereinzelt treten Sandstürme und Hagelschauer auf.

Anetwa 40 Tagen im Jahr herrscht dichter Nebel, an der Küste bisweilen sogar an 80 Tagen. Das Klima der Mandschurei ähnelt dem Nordchinas, ist aber kälter.

Im Januar liegen die mittleren Temperaturen in der Mandschurischen Ebene bei -18 °C, im Juli bei 22 °C.Die Jahresniederschläge liegen zwischen etwa 600 Millimetern im Osten und 300 Millimetern im Westen; Hauptregenzeit ist der Sommer. In den nordwestlichen Grenzgebieten zur Mongolei herrscht überwiegend Wüsten- und Steppenklima.

Im Januar liegen die Durchschnittstemperaturen überall mit Ausnahmedes milderen Tarimbeckens um -10 °C.

Im Juli belaufen sie sich auf etwa 20 °C.

Der Jahresniederschlag liegt zwischen 100 und 250 Millimetern. Wegen der Höhenlage herrscht in der Tibetischen Hochebene arktisches Klima; die Temperaturen bleiben ganzjährig unter 15 °C.

Die Luft ist das ganze Jahr über klar undtrocken.

Die jährlichen Niederschläge liegen mit Ausnahme des äußersten Südostens überall unter 100 Millimetern. 2.4 Flora Aufgrund der verschiedenen klimatischen und topographischen Bedingungen weist die Pflanzenwelt Chinas eine große Artenvielfalt auf.

Ein Großteil der ursprünglichenVegetation ist jedoch während der Jahrhunderte der Besiedlung und intensiven landwirtschaftlichen Nutzung zerstört worden.

Natürliche Wälder gedeihen nur noch in denabgelegenen Bergregionen. In der Region südlich des Xi-Jiang-Tales wachsen dichte tropische Regenwälder.

Diese bestehen aus Laubbäumen, die mehr als 50 Meter Höhe erreichen können, undvereinzelten Palmen.

Subtropische Vegetation gedeiht im Norden des Jangtsekiang-Tales und im Westen des Tibetischen Plateaus.

In dieser Zone ist die Artenvielfaltbesonders reichhaltig und umfasst Eichen, Ginkgos, Bambus, Pinien, Azaleen und Kamelien.

Auch Wälder aus Lorbeerbäumen und Magnolien sowie dichtes Unterholz auskleineren Büschen und Bambusdickichten sind hier zu finden.

In den höheren Lagen überwiegen Nadelbäume. Im Norden des Jangtsekiang-Tales liegt ein noch sehr ursprünglich erhaltener Wald mit Eichen, Eschen, Ulmen und Ahorn; Linden und Birken wachsen in der nördlichenMandschurei.

Hier gibt es im Bergland noch große Gebiete mit Lärchenwäldern, die wichtige Holzreserven darstellen.

Die heute kultivierte Mandschurische Ebene wurdefrüher von Grassteppen mit verstreuten Baumbeständen eingenommen. Steppenlandschaften mit dürreresistenten Gräsern sind im Grenzgebiet zur Mongolei verbreitet.

Die Vegetation dieser Region ist jedoch u.

a.

aufgrund von Bodenerosionstark beeinträchtigt.

In den kargeren Gebieten im Nordwesten gedeihen vor allem krautige Pflanzen.

Tundrenvegetation wächst in großen Teilen des TibetischenHochlandes.

In den günstigeren Lagen der Trockenregionen gedeihen auch höhere Büsche und Bäume; in vielen Berggebieten finden sich Fichten- und Tannenwälder. Zum Schutz von Lebensräumen hat die chinesische Regierung landesweit 400 Naturreservate, die 14,8 Prozent (2007) der gesamten Landesfläche einnehmen, eingerichtet.Auch auf Provinzebene gibt es Schutzgebiete.

Einige neu eingerichtete Parks, z.

B.

der staatliche Waldpark Zhangjiajie in Hunan, haben sich als hervorragende Investitionenerwiesen, da die lokale Wirtschaft vom Zustrom der Touristen profitiert.

Auf internationaler Ebene hat China im Rahmen des Biosphäre-Programms der UNESCO siebenBiosphärenreservate deklariert. 2.5 Fauna Die unterschiedlichen Lebensräume in China haben eine vielfältige Fauna zur Folge.

Diese reicht von arktischen Arten in der Mandschurei bis zu einer reichen tropischen. »

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