Fluss - geographie. 1 EINLEITUNG Fluss, natürliches Fließgewässer, das einen bestimmten Ausschnitt der festen Erdoberfläche, sein Einzugsgebiet, entwässert. Der Wasserlauf besitzt ein von Ufern deutlich begrenztes Flussbett. Landläufig werden Flüsse nach der Wasserspiegelbreite und der Fläche ihres Einzugsgebiets als Fließgewässer mittlerer Größenordnung von den kleineren Bächen und den größeren Strömen unterschieden. Diese Einteilung ist weder einheitlich noch verbindlich. 2 ENTSTEHUNG Wasserläufe können nur in Klimazonen entstehen, in denen der Niederschlag die Verdunstung und Versickerung überwiegt. Sie sind hauptsächlich Phänomene humider Klimazonen, können bei Starkregen aber auch kurzfristig im ariden Klima fließen. Flüsse, die in Gebieten mit Wasserüberschuss entspringen und dann auf ihrem Lauf eine aride Zone erreichen, werden als Fremdlingsflüsse bezeichnet. Beispiele hierfür sind der Indus und der Nil. Das Wasser der Flüsse stammt zum größten Teil aus dem Zustrom von Grundwasser und dem oberirdischen Abfluss. Die direkte Zufuhr durch Niederschläge spielt dagegen eine unbedeutende Rolle. Wasserverluste treten durch Verdunstung, Versickerung im Flussbett und Wasserentnahme durch den Menschen auf. Die meisten Flüsse entspringen in Quellen, andere entstehen durch die Vereinigung von Quellflüssen oder haben ihren Ursprung in Seen. Gewöhnlich münden die Wasserläufe in Meere, wie z. B. der Nil, der als längster Fluss der Welt erst nach rund 6 670 Kilometern im Mittelmeer mündet. Bei anderen Flüssen endet der Lauf weit von der Küste entfernt in so genannten Endseen, wo das Wasser verdunstet und versickert. Für Karstgebiete ist es typisch, dass ein Fluss vollständig versickert und wie die Reka in Slowenien seinen Lauf als Höhlenfluss fortsetzt. 3 HYDROLOGIE Jeder Fluss ist ein wichtiges Glied im Wasserkreislauf. Die Meeresoberflächen als wesentliche Wasserdampfquellen der Erde liefern auch einen beträchtlichen Anteil der Niederschläge auf die Landoberfläche. Ohne den ständigen Rückfluss würden die Meere bei einer mittleren jährlichen Verdunstungshöhe von rund 1 200 Millimetern in dem erdgeschichtlich kurzen Zeitraum von etwa 10 000 Jahren vollständig austrocknen. Die Weltkarte der Abflusshöhen zeigt enorme Gegensätze: Von der Arabischen Halbinsel fließt z. B. praktisch kein Wasser zurück ins Meer, von den stark beregneten Kordilleren Nord- und Südamerikas dagegen zum Teil über 4 000 Liter pro Quadratmeter und Jahr. Insgesamt beträgt die jährliche Wasserzufuhr durch die Flüsse rund 40 000 Kubikkilometer. Davon fließen allein 16 Prozent durch den Amazonas, den wasserreichsten Strom der Erde, zum Atlantischen Ozean. Flüsse haben sehr unterschiedliche Wasserführungen; dies betrifft die Wassermenge wie auch den Jahresgang des Abflusses. Zwischen der Größe des Einzugsgebietes und den Wassermassen, die an der Mündung ins Meer strömen, bestehen nur lockere Beziehungen. So nimmt der Jangtsekiang gemessen an der Fläche seines Einzugsgebiets weltweit nur den elften Rang ein, liefert jedoch den drittgrößten Abfluss. Alle Riesenströme sind perennierende (ständig Wasser führende) Flüsse. Regelmäßig zeitweilig Wasser führende Fließgewässer werden als periodische Flüsse bezeichnet, unregelmäßig zeitweilig Wasser führende als episodische Flüsse. Eine weitere Untergliederung ergibt sich nach dem Abflussregime. 4 FLUVIALE FORMEN Fließgewässer prägen durch Erosion, Transport und Sedimentation die Landschaftsformen auf etwa 80 Prozent des Festlandes. Die fluviale Formung ist damit in der Geomorphologie die bei weitem wichtigste Prozessgruppe. Je nach Fließgeschwindigkeit, Wasserführung und Härte der Gesteinsschichten, in die sich die Flüsse einschneiden, entstehen unterschiedliche Formen. In einem idealtypischen Oberlauf mit starkem Gefälle und hoher Fließgeschwindigkeit schürfen Wasserläufe Schluchten und Kerbtäler aus. Im Mittellauf verstärkt sich bei zunehmendem Abfluss und abnehmender Fließgeschwindigkeit die Seitenerosion, die Täler mit breiter Sohle formt. Im Unterlauf erlahmt die Transportkraft, und es entstehen Schwemmfächer und Schwemmländer bzw. an der Einmündung des Flusses ins Meer oder in einen See Deltas. Diese im Grundriss meist dreieckigen fluvialen Formen schieben sich in die stehenden Gewässer vor. Beim Delta der Wolga, Europas längstem Fluss, beträgt die mittlere Ausbreitung des Deltas 170 Meter pro Jahr. Daran ist zu erkennen, dass Flüsse nicht nur Wassermassen, sondern auch Geröll, Sand und Schlamm transportieren. Ganges, Brahmaputra und Huang He verfrachten zusammen jährlich rund 4,5 Milliarden Tonnen Feststoffe ins Meer; hinzu kommen die gelösten Substanzen. Auswertungen von Sedimenten lassen erkennen, dass Flüsse wahrscheinlich schon seit der Bildung der ersten kontinentalen Erdkruste vor etwa vier Milliarden Jahren maßgeblich an der Formung der Landoberfläche beteiligt sind. Es gibt nur wenige Seen, die älter als 25 000 Jahre sind; die meisten gegenwärtigen Flüsse haben ein höheres Alter. Die Geschichte einiger mitteleuropäischer Flüsse reicht z. B. bis in die Kreide vor mehr als 65 Millionen Jahren zurück. 5 ÖKOLOGIE Flüsse sind bandförmige, offene Ökosysteme mit einem raschen Austausch der Wasserinhalte. Fließgewässer sind wichtige Korridore für die Ausbreitung der Arten; mit den benachbarten Landökosystemen sind sie eng verbunden. Allgemein ist die in ihnen an einem bestimmten Ort erzeugte Biomasse im Vergleich zur transportierten organischen Stoffmenge gering. Fließwasserorganismen zeigen charakteristische Anpassungsformen an die Fließgeschwindigkeit als dem wichtigsten ökologischen Faktor. Bei den Tieren sind dies etwa ein stromlinienförmiger Körper oder Saugnäpfe und Klauen, mit denen sie sich am Boden des Flussbetts verankern können (siehe Süßwasserlebewesen). Neben der Strömung prägen u. a. auch die Wassertemperatur sowie der Gehalt an gelösten und festen Stoffen die Lebensgemeinschaften. So ergibt sich innerhalb eines Flusses oder Flusssystems eine typische Längszonierung in verschiedene Fluss- oder Fischregionen (z. B. Forellenregion). Die enge Verknüpfung mit den angrenzenden Landökosystemen setzt fluviale Lebensgemeinschaften den Folgen der Immission von Schadstoffen und dem übermäßigen Eintrag von Nährstoffen in besonders starkem Maß aus (siehe Wasserverschmutzung, siehe Eutrophierung). 6 BEDEUTUNG UND NUTZUNG Die Gebiete an Flüssen sind seit jeher bevorzugte Siedlungsräume. Euphrat und Tigris in Vorderasien, der Indus in Südasien und der Nil in Nordafrika waren die Wiege bedeutender Zivilisationen. Viele Flüsse haben auch religiöse Bedeutung. Der Ganges in Indien ist den Hindus heilig; sie suchen den Fluss für rituelle Handlungen auf. Flüsse lassen sich vielfältig nutzen: Als natürliche Verkehrswege sind sie insbesondere für den Transport von Gütern wichtig. Für die Versorgung von Landwirtschaft, Industrie und Privathaushalten mit Wasser sind Flüsse unentbehrlich; rund 70 Prozent der globalen Wasserentnahme entfallen auf die Landwirtschaft, der weitaus größte Teil stammt aus Flüssen. Außerdem spielt in vielen Ländern die Binnenfischerei als Nahrungsquelle eine bedeutende Rolle. Die Wasserkraft wird seit Jahrtausenden genutzt - zuerst in Wassermühlen, heute in großem Umfang zur Stromerzeugung in Wasserkraftwerken. Unter den erneuerbaren Energiequellen steht die Wasserkraft weltweit an der Spitze. Mit jeder Nutzung ist zwangsläufig ein Eingriff in die Ökosysteme der Fließgewässer verbunden. In Mitteleuropa befindet sich kaum noch ein Fluss in seinem natürlichen Zustand; fast alle sind kanalisiert, begradigt und reguliert. Verfasst von: Peter Göbel Die längsten Flüsse der Erde Rang Fluss Mündung Land Kontinent 1 Nil Mittelmeer Burundi, Ruanda, Tansania, Uganda, Sudan, Ägypten Afrika 2 Amazonas Atlantischer Ozean Brasilien, Peru, Ecuador, Südamerika Bolivien, Venzuela 3 Jangtsekiang Ostchinesisches Meer China Asien 6 300 km 4 Mississippi (mit Missouri) Golf von Mexiko USA Nordamerika 5 970 km 5 Jenissej Karasee Russland Asien 5 550 km 6 Huang He Gelbes Meer China Asien 5 464 km 7 Ob-Irtysch Karasee Russland Asien 5 410 km 8 Paraná Rio de la Plata Brasilien, Paraguay, Argentinien Südamerika 4 500 km 8 Mekong Südchinesisches Meer China, Myanmar, Laos, Thailand, Kambodscha, Vietnam Asien 4 500 km 10 Amur Tatarensund China, Russland Asien 4 416 km 11 Lena Nordpolarmeer Russland Asien 4 400 km 12 Kongo Atlantischer Ozean Demokratische Republik Afrika Kongo, Republik Kongo 4 374 km 13 Mackenzie Beaufortsee Kanada Nordamerika 4 241 km 14 Niger Golf von Guinea Mali, Niger, Nigeria Afrika 4 160 km 15 Murray (mit Darling) Indischer Ozean Australien Australien 3 750 km 16 Wolga Kaspisches Meer Russland Europa 3 530 km 17 Juruá Amazonas Peru, Brasilien Südamerika 3 250 km 18 Madeira Amazonas Brasilien, Bolivien Südamerika 3 240 km 19 Purús Amazonas Peru, Brasilien Südamerika 3 211 km 20 Yukon Beringmeer Kanada, USA Nordamerika 3 190 km 21 Rio Grande Golf von Mexiko USA, Mexiko Nordamerika 3 100 km 22 Sankt-LorenzStrom Sankt-Lorenz-Golf Kanada, USA Nordamerika 3 060 km 23 Syrdarja (mit Naryn) Aralsee Usbekistan, Asien Tadschikistan, Kasachstan 3 019 km 24 Untere Tunguska Jenissej Russland Asien 2 989 km 25 Indus China, Indien, Pakistan Asien 2 900 km 25 Rio São Francisco Atlantischer Ozean Brasilien Südamerika 2 900 km 25 Brahmaputra Golf von Bengalen China, Indien, Bangladesch Asien 2 900 km 28 Donau Schwarzes Meer Deutschland, Österreich, Europa Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Rumänien 2 850 km 29 Japurá Amazonas Kolumbien, Brasilien 2 820 km 30 Saluën Andamanisches Meer China, Myanmar, Thailand Asien 2 800 km 31 Euphrat Schatt el Arab Türkei, Syrien, Irak Asien 2 700 km 31 Rio Tocantins Pará Brasilien Südamerika 2 700 km 33 Sambesi Indischer Ozean Sambia, Angola, Namibia, Afrika Simbabwe, Moçambique 2 650 km 33 Wiljuj Lena Russland Asien 2 650 km 35 NelsonSaskatchewan Hudsonbai Kanada Nordamerika 2 570 km 36 Paraguay Paraná Brasilien, Paraguay, Argentinien Südamerika 2 550 km 37 Amudarja Aralsee Afghanistan, Asien Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan 2 540 km 38 Kolyma Ostsibirische See Russland Asien 2 513 km 39 Ganges Golf von Bengalen Indien, Bangladesh Asien 2 510 km 40 Río Pilcomayo Paraguay Bolivien, Paraguay Südamerika 2 500 km 41 Webi Shabeelle Juba Äthiopien, Somalia Afrika 2 490 km 42 Ischim Irtysch Kasachstan, Russland Asien 2 450 km 43 Ural Kaspisches Meer Russland, Kasachstan Asien, Europa 2 428 km 44 Arkansas River Mississippi USA Nordamerika 2 350 km 45 Colorado River Golf von Kalifornien USA Nordamerika 2 330 km 46 Ubangi (mit Uëlle) Kongo Demokratische Republik Afrika Kongo, Zentralafrikanische Republik, Republik Kongo 2 300 km 46 Río Negro Amazonas Kolumbien, Venezuela, Brasilien Südamerika 2 300 km 48 Olenek Laptewsee Russland Asien 2 292 km 49 Dnjepr Schwarzes Meer Russland, Weißrussland, Europa Ukraine 2 290 km 50 Aldan Lena Russland Asien 2 273 km 51 Araguaia Rio Tocantins Brasilien Südamerika 2 250 km 52 Kasai Kongo Angola, Demokratische Republik Kongo Afrika 2 153 km 53 Orinoco Atlantischer Ozean Venezuela Südamerika 2 140 km 54 Ohio (mit Allegheny) Mississippi USA Nordamerika 2 110 km 55 Xi Jiang Südchinesisches Meer China Asien 2 100 km 55 Irawadi Andamanisches Meer Myanmar Asien 2 100 km 55 Oranje Atlantischer Ozean Lesotho, Südafrika, Namibia Afrika 2 100 km Arabisches Meer Südamerika Länge 6 671 km 6 400 km 58 Red River Mississippi USA Nordamerika 2 080 km 59 Kama Wolga Russland Europa 2 030 km 60 Chulym Ob Russland Asien 2 023 km 61 Columbia River Pazifischer Ozean Kanada, USA Nordamerika 2 000 km 61 Tarim He Tarimbecken China Asien 2 000 km Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. 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