Devoir de Philosophie

Frankreich - geographie.

Publié le 06/06/2013

Extrait du document

Frankreich - geographie. 1 EINLEITUNG Frankreich (amtlich République Française), Land in Westeuropa. Es grenzt im Norden an den Ärmelkanal, die Straße von Dover und die Nordsee, im Nordosten an Belgien und Luxemburg, im Osten an Deutschland, die Schweiz und Italien, im Süden an das Mittelmeer, Monaco, Andorra und Spanien und im Westen an den Atlantischen Ozean. Sowohl die Nord-Süd- als auch die Ost-West-Ausdehnung betragen maximal etwa 1 000 Kilometer. Die Hauptstadt ist Paris. Zum Staatsgebiet Frankreichs gehören zudem die vier Überseedepartements (Départements d'Outre-Mer, DOM) Französisch-Guayana in Südamerika, Martinique und Guadeloupe in der Karibik und Réunion im Indischen Ozean, die beiden Gebietskörperschaften (Collectivités territoriales, CT) St-Pierre-et-Miquelon im Nordatlantik und Mayotte vor der ostafrikanischen Küste sowie die vier Überseeterritorien (Territoires d'Outre-Mer, TOM) mit beschränkter Selbstbestimmung, die nicht mehr als Teil des Mutterlandes gelten: Neukaledonien, FranzösischPolynesien, Terres Australes et Antarctiques (südliche und antarktische Territorien Frankreichs) sowie die Inseln Wallis et Futuna. Frankreich hat einschließlich der Insel Korsika eine Fläche von 543 965 Quadratkilometern; damit ist es nach Russland und der Ukraine das drittgrößte Land in Europa. 2 LAND 2.1 Physische Geographie Die Landschaft Frankreichs wird zum größten Teil von drei Naturräumen bestimmt. Sie umfasst Mittelgebirge, Beckenlandschaften und die im Süden aufragenden Hochgebirge. Die höchsten Erhebungen des Landes befinden sich in den französischen Alpen; über sie verläuft im Südosten des Landes die Grenze nach Italien. Viele der Alpengipfel entlang der französischen Grenze sind über 4 000 Meter hoch. Höchster Berg Frankreichs und der Alpen ist der Montblanc (4 810 Meter). Nordöstlich von Lyon bis in die Gegend von Montbéliard erhebt sich der Französische Jura. Er erreicht Höhen von etwa 1 700 Metern und bildet die Ostgrenze Frankreichs zur Schweiz. Die Burgundische Pforte - eine breite Senke zwischen Montbéliard und Belfort - verbindet die Grabenzonen des Rheins und der Saône. Die nördlich der Burgundischen Pforte gelegenen Vogesen bilden als Gegenstück zum Schwarzwald im Osten die natürliche Grenze des Rheintales nach Westen. Im Großen Belchen erreicht dieses Mittelgebirge mit 1 424 Metern seine größte Höhe. Die Pyrenäen dehnen sich entlang der spanisch-französischen Grenze vom Mittelmeer bis zum Golf von Biscaya aus und bilden eine weitere natürliche Grenze Frankreichs. Die geringe Anzahl der Pässe erschwerte früher den Handel zwischen Frankreich und Spanien, während die Alpen seit jeher gute Überquerungsmöglichkeiten, wie z. B. den Sankt-Bernhard-Pass, boten. Im südlichen Teil des Landes liegt das Zentralmassiv, das sich westlich des Rhône-Tals steil erhebt. Hier, in der Auvergne, gibt es erloschene Vulkane aus dem Tertiär. Südlich des Zentralmassivs befinden sich die stark verkarsteten Causses und im Anschluss daran die Cevennen. Im Nordosten des Landes ragen Ausläufer der durch Erosion abgeflachten Gebirge der Ardennen auf französisches Gebiet. Zentrale Landschaft Frankreichs ist das Pariser Becken, das von einer Schichtstufenlandschaft begrenzt wird. Die Ränder der Schichtstufen sind nach außen gekehrt, das Beckeninnere hat ein relativ ausgeglichenes, flachwelliges Relief. Die durchschnittliche Höhe beträgt etwa 200 Meter über dem Meeresspiegel. Darin eingebettet befinden sich die Flussläufe der Seine und der Loire; diese ist der längste Fluss Frankreichs. Eine weitere ausgedehnte Beckenlandschaft bildet das Aquitanische Becken im Südwesten, das von der Garonne durchflossen wird. In Bezug auf die Wassermenge ist die Rhône der größte Fluss des Landes. Sie durchzieht mit ihren Nebenflüssen Saône, Isère und Durance den Osten und die französischen Alpen. Zu den wichtigsten Nebenflüssen der Seine, der Hauptader der Binnenschifffahrt, gehören Aube, Marne, Oise und Yonne. In Frankreich gibt es nur wenige Seen. Der größte Teil des an der französisch-schweizerischen Grenze gelegenen Genfer Sees liegt in der Schweiz. Die Küsten Frankreichs haben insgesamt eine Länge von 3 427 Kilometern. Die Nordküste am Ärmelkanal und an der Nordsee ist ungefähr 1 000 Kilometer lang und wird von Trichtermündungen (Ästuaren) und kleineren Einbuchtungen gegliedert, von denen nur wenige sichere Ankerplätze bieten. Le Havre bildet an diesem Abschnitt der Küste eine Ausnahme. Die anderen Häfen an der nördlichen Küste Frankreichs, wie z. B. Cherbourg, wurden nach dem Bau von Wellenbrechern angelegt. Die Westküste am Atlantik ist etwa 1 400 Kilometer lang. Von der bretonischen Halbinsel bis zur Gironde ist die Küstenlinie unregelmäßig und, mit Ausnahme der von steilen Küsten geprägten Bretagne, flach und sandig. Der Küste sind hier mehrere Inseln vorgelagert. Die bedeutendsten Häfen sind Brest, Lorient und Saint-Nazaire. Bordeaux liegt landeinwärts am Ästuar der Gironde. Südlich der Gironde ist der Verlauf der Küste überaus geradlinig. Sie wird von einem lang gestreckten Dünengelände begleitet. Bei Arcachon befindet sich die 115 Meter hohe Dune de Pyla, die höchste Düne Europas. Die besten natürlichen Häfen, wie etwa Marseille, Toulon und Nizza, liegen am Mittelmeer. Im Bereich der Mündung der Rhône, die in einem ausgeprägten Delta ins Mittelmeer fließt, gibt es mehrere Strandseen. Im östlichen Abschnitt der circa 600 Kilometer langen Mittelmeerküste rücken durch Buchten gegliederte Steilküsten bis nahe an das Meer. 2.2 Klima Das Klima des festländischen Frankreich ist warm-gemäßigt und größtenteils maritim beeinflusst. Das Fehlen hoher Gebirge im westlichen Teil des Landes bewirkt das Vordringen atlantischer Einflüsse bis weit nach Westen. Die Temperaturen in den küstennahen Regionen im Westen des Landes werden durch die relativ warmen Meeresströmungen und die vorherrschenden Südwestwinde geprägt. Niederschläge fallen zu allen Jahreszeiten, häufig in Form von anhaltenden Sprühregen. Im Landesinneren, insbesondere im Nordosten, wird das Klima kontinentaler mit größeren Temperaturschwankungen im Jahresverlauf - die Winter sind kalt, die Sommer relativ warm. Andere klimatische Bedingungen sind für den Bereich der Mittelmeerküste charakteristisch. Hier herrscht ein typisches mediterranes Klima mit heißen, trockenen Sommern und milden, feuchten Wintern. Die mittlere Temperatur liegt in Paris im Januar bei 3 °C und im Juli bei 18 °C. In Lyon entspricht die mittlere Januartemperatur der von Paris; die mittlere Julitemperatur liegt bei 20 °C. Wärmer ist es in Marseille bei Mittelwerten von 6 °C im Januar und 24 °C im Juli. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt in Paris im Mittel 573 Millimeter, in Lyon 764 Millimeter und an der Mittelmeerküste bei Marseille 650 Millimeter. Niederschlagsmaxima über 2 000 Millimeter werden in den Alpen, im Jura, im Zentralmassiv und in den Pyrenäen erreicht. Eine meteorologische Besonderheit Südfrankreichs ist der Mistral, ein trockener, starker Fallwind, der kalte Luftmassen aus dem Norden durch das Tal der Rhône nach Süden bringt. 2.3 Flora und Fauna In Frankreich stehen 11,8 Prozent (2007) der gesamten Landesfläche unter Naturschutz. Die Pflanzenwelt des Landes bietet einen charakteristischen Querschnitt durch die Vielfalt Europas. Sie reicht von alpinen Flechten und Moosen bis zu subtropischen Arten wie Ölbäumen und Orangen. Im mediterranen Klimabereich wachsen vor allem Aleppokiefern, Stein- und Korkeichen, Zypressen und Platanen. In einigen heute nicht mehr waldbedeckten Gebieten an der Mittelmeerküste gedeihen den trockenen Bedingungen angepasste Hartlaubgewächse (Macchie). Kultiviert werden in Südfrankreich u. a. Oliven, Mandeln und Wein. An der Atlantikküste, vor allem im südlichen Abschnitt, nimmt Kiefernwald ausgedehnte Flächen ein; im Dünengebiet Landes entstand durch intensive Aufforstung das mit einer Fläche von rund 800 000 Hektar größte zusammenhängende Waldgebiet Frankreichs. In den Ardennen und Vogesen sind Laubwälder mit Buchen, Eichen, Eschen, Ahorn und Birken als vorherrschenden Baumarten verbreitet; in höheren Lagen treten diese mit Fichten und Tannen vermischt auf. In den Alpen reicht die Höhenstufung von Eichen- und Buchenwäldern über Tannen- und Fichtenwälder bis zu alpinen Matten oberhalb der Waldgrenze. Die Bretagne ist, wie auch das Aquitanische und das Pariser Becken, überwiegend nicht bewaldet. Nach der Rodung der Wälder, der ursprünglichen Vegetation, bildeten sich hier aufgrund des feucht-kühlen ozeanischen Klimas sehr schnell Grasland und Heiden u. a. mit Ginster und Heidekraut als verbreiteten Pflanzen aus. Trotz der relativ geringen Bevölkerungsdichte ist Frankreich stark durch vom Menschen geformte Kulturlandschaften geprägt, wodurch die Vielfalt wild lebender Tiere beschränkt wird. Eine weitere gravierende Beeinträchtigung der Fauna besteht darin, dass Frankreich den Massenfang von Vögeln für kulinarische Zwecke erlaubt, 1997 schätzte man die Zahl der hier getöteten Vögel auf 70 Millionen. Hinzu kommt, dass zwei Drittel der Waldflächen nur als Niederwald entwickelt sind. Hier finden vor allem Arten wie Feldhasen, Fasane und Rebhühner geeigneten Lebensraum. In den Hochwäldern leben Rothirsche, Rehe, Wildschweine und Rotfüchse, in höheren Lagen der Alpen Gämsen, Murmeltiere und Schneehasen. Den Südwesten des Landes bewohnt ein bemerkenswertes Raubtier: die Ginsterkatze (eine Schleichkatze), in den Pyrenäen gibt es noch einige wenige Braunbären. Die frei lebenden Pferde in der Camargue sind verwilderte Hauspferde. Zu den Besonderheiten der Avifauna (Vogelwelt) gehören neben Schmutzgeiern fünf Adlerarten (Seeadler, Steinadler, Habichtsadler, Zwergadler, Schlangenadler), in der Camargue leben Flamingos. Weitere besonders auffallende Vogelarten sind Bienenfresser und Wiedehopf. Vor allem in den südlichen Landesteilen gibt es zahlreiche Reptilien wie Geckos, Skinke (Glattechsen), Eidechsen (u. a. die bis 60 Zentimeter große Perleidechse), Schlangen (Nattern, Vipern) sowie Sumpf- und Meeresschildkröten. Die häufigsten Süßwasserfische sind Karpfen. In den Küstengewässern des Atlantiks und des Mittelmeeres leben zahlreiche Fischarten, darunter Dorsche, Heringe, Makrelen, Plattfische, Sardinen und Thunfische. 3 BEVÖLKERUNG Frankreich hat etwa 64,1 Millionen Einwohner, woraus sich eine Bevölkerungsdichte von 100 Einwohnern pro Quadratkilometer ergibt. Die Bevölkerung des Landes ist ethnisch relativ homogen, 94 Prozent der Einwohner sind französische Staatsbürger. Die größten Gruppen ausländischer Herkunft sind Algerier, Portugiesen, Marokkaner, Italiener und Spanier. Einen Siedlungsschwerpunkt bildet die Île-de-France; in diesem Gebiet liegt die Bevölkerungsdichte bei 839 Einwohnern pro Quadratkilometer. Die mittlere Wachstumsrate der Bevölkerung beträgt 0,58 Prozent. Die Lebenserwartung liegt für Männer bei 77,7 Jahren und für Frauen bei 84,2 Jahren (2008). 3.1 Wichtige Städte Rund drei Viertel der Bevölkerung leben in Städten. Größte Stadt Frankreichs ist Paris mit etwa 2,15 Millionen Einwohnern; die Gesamteinwohnerzahl in der Agglomeration Paris beläuft sich auf rund 9,79 Millionen Menschen (2003). In der Hafenstadt Marseille leben etwa 821 000 Menschen (in der Agglomeration circa 1,35 Millionen Einwohner). Lyon mit etwa 466 400 Einwohnern (in der Agglomeration rund 1,39 Millionen Einwohner) ist der Hauptstandort der Textilindustrie. Weitere wichtige Städte sind das Industrie- und Handelszentrum Toulouse (435 000 Einwohner), das touristisch attraktive Nizza ( Nice; 347 900 Einwohner), Straßburg (Strasbourg; 273 000 Einwohner) mit seinem Rheinhafen, ein wichtiges Industrie- und Handelszentrum, Nantes (281 800 Einwohner), bekannt für Zuckerproduktion, Schiffbau und eine Reihe anderer Industriezweige, Bordeaux (231 000 Einwohner) mit bedeutendem Seehafen und ein Zentrum für Weinhandel und Industrie sowie Montpellier (244 000 Einwohner), ein Handels- und Gewerbezentrum. 3.2 Sprache Die Amtssprache Französisch wird von der großen Mehrheit der Landesbevölkerung gesprochen. Daneben existieren in einigen Gebieten Regionalsprachen; Bretonisch in der Bretagne, Baskisch und Katalanisch in den Pyrenäen, Provenzalisch in Teilen der Provence, Okzitanisch im Languedoc, Flämisch in Flandern sowie Deutsch im Elsass und in Lothringen. Der im Elsass gesprochene deutsche Dialekt wird Elsässisch genannt. In Frankreich hat die Pflege der französischen Sprache einen großen Stellenwert (siehe Institut de France). Trotz einiger durch den Verfassungsrat vorgeschriebener Veränderungen ist weiterhin das als Loi Toubon bekannt gewordene Gesetz aus dem Jahr 1994 in Kraft, das den obligatorischen Gebrauch der französischen Sprache in Werbung, Dokumenten und auf Kongressen vorsieht und Zuwiderhandlungen mit Geldbußen ahndet. Dies richtet sich vor allem gegen die auch in Frankreich weit verbreiteten Anglizismen, in denen eine Gefahr für die kulturelle Identität gesehen wird. 3.3 Religion Rund 81 Prozent der Bevölkerung gehören der katholischen Kirche an, etwa 4,5 Prozent sind Muslime, die meisten von ihnen Sunniten. Darüber hinaus leben auch Protestanten (circa 1,4 Prozent) und Juden (etwa 1,3 Prozent) in Frankreich. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Kirche und Staat nicht getrennt. Der wachsende Einfluss der katholischen Kirche auf Politik und öffentliche Bildung stieß jedoch auf starken Widerstand im Volk und führte 1905 zur gesetzlichen Trennung von Staat und Kirche; seit diesem Zeitpunkt gibt es seitens des Staates keine finanzielle Unterstützung mehr, so dass die Kirche weitgehend auf Spenden angewiesen ist. 3.3.1 Feiertage Die Franzosen läuten das neue Jahr am 1. Januar ein. Das Dreikönigsfest, genannt Le Jour des Rois wird am 6. Januar gefeiert. Auf den Ostersonntag folgt der Ostermontag als gesetzlicher Feiertag. Der Maifeiertag (1. Mai) ist in Frankreich auch gleichzeitig der Tag der Arbeit. Am 8. Mai wird der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschlands vor den alliierten Kräften (1945) gedacht. Vierzig Tage nach Ostern wird Christi Himmelfahrt gefeiert. Pfingstsonntag (fünfzig Tage nach Ostern) und der darauf folgende Pfingstmontag sind ebenfalls gesetzliche Feiertage. Nationalfeiertag ist der Tag des Sturms auf die Bastille ( La Fête Nationale) am 14. Juli. Am 15. August wird Mariä Himmelfahrt gefeiert. Allen christlichen Heiligen wird am 1. November La Toussaint, bzw. Allerheiligen, Ehre erwiesen. Der Tag des Waffenstillstands, der 11. November, kennzeichnet den Tag, an dem die Alliierten und die Mittelmächte den 1. Weltkrieg mit der Unterzeichnung eines Waffenstillstandsvertrages beendeten. Weihnachten wird am 25. Dezember gefeiert. 3.4 Soziales Die französische Krankenversicherung deckt in den meisten Fällen einen Teil der Kosten für ärztliche Behandlung, Medikamente und Krankenhausaufenthalte und übernimmt bei sozial schwachen Gruppen, Arbeitslosen und Kindern unter zehn Jahren die Gesamtheit dieser Kosten. Die Krankenversicherung und andere Zweige der Sozialversicherung fallen in den Zuständigkeitsbereich der Sécurité Sociale, die Kindergeld, Krankengeld, Mutterschaftsgeld sowie Erwerbsunfähigkeitsrente und Altersversorgung verwaltet. Die Pflicht zur Sozialversicherung erfasst rund 98 Prozent der Einwohner Frankreichs. Die Arbeitslosenquote beträgt 9,9 Prozent (2004). Auf 293 Einwohner kommt ein Arzt. Die Kindersterblichkeitsrate liegt bei 0,9 Prozent (1995). 4 BILDUNG UND KULTUR 4.1 Bildung und Schulwesen Seit dem Mittelalter, namentlich mit der im 12. Jahrhundert gegründeten Université de Paris, fungierten die französischen Bildungszentren als internationale Vorbilder. Zu den einflussreichen Lehrmeistern gehörten Pierre Abélard im 12. Jahrhundert, Michel de Montaigne im 16. Jahrhundert, François Fénelon und Jean-Jacques Rousseau im 18. Jahrhundert sowie der Philosoph Victor Cousin im 19. Jahrhundert. Die Zentralisierung des Schulsystems auf staatlicher Grundlage entwickelte sich zwischen 1806 und 1808 unter Napoleon. Das moderne Bildungswesen gründet sich auf Gesetze, die von 1881 bis 1886 durch den Unterrichtsminister Jules Ferry erlassen wurden. Sie legten den unentgeltlichen Pflichtbesuch öffentlicher Schulen fest. Unter den später erfolgten Gesetzesänderungen waren die Genehmigung eines freien Unterrichtswesens in Sekundarschulen und technischen Schulen, die Trennung von Kirche und Staat im Bildungswesen (1905), das Gesetz zur Unterstützung von Privatschulen einschließlich religiös geleiteter Einrichtungen (1951 bzw. 1959) sowie die Ausdehnung der Schulpflicht auf das 16. Lebensjahr (1959). Die Schulpflicht betrug 2002-2003 11 Jahre. Nach der Studentenrevolte 1968 musste Staatspräsident Charles de Gaulle ein Rahmengesetz für Studienreformen erlassen. Mit dem neuen System wurde insbesondere die Kontrolle über finanzielle Mittel, Lehrpläne sowie die Vergabe von Lehrstellen durch das Erziehungsministerium abgeschafft und stattdessen auf den verschiedensten Ebenen Unterrichtseinheiten eingerichtet; die Fakultäten bekamen zudem das Recht zugesprochen, über die Zusammensetzung des Lehrkörpers zu entscheiden, und die Studenten erhielten ein größeres Mitspracherecht an der Universität. Das Recht der Universitätsprofessoren (die Lehrstühle auf Lebenszeit innehatten), über Neuernennungen abzustimmen, wurde abgeschafft und die Basis für demokratischere Fachbereichsstrukturen geschaffen. Mehrere der großen Universitäten wurden in kleinere Einheiten umstrukturiert, so dass sich die Zahl der französischen Universitäten in den achtziger Jahren von 23 auf 70 erhöhte. Mittlerweile besuchen in Frankreich 2,03 Millionen Studenten Universitäten und andere Einrichtungen auf Hochschulebene (2001-2002). Besonders hervorzuheben ist der auf die Herausbildung einer administrativen und intellektuellen Elite zugeschnittene Charakter des französischen Bildungssystems. Zwei der berühmtesten Gymnasien Frankreichs sind das Pariser Lycée Louis-le-Grand, auf das u. a. Voltaire, Edgar Degas, Georges Pompidou, Giscard d'Estaing und Jacques Chirac gingen, und das Lycée Henry IV. Renommierteste der Grandes Écoles (so genannte Elitehochschulen) sind vor allem die von Napoleon gegründete Ingenieursschule École Polytechnique und die mehr geisteswissenschaftlich orientierte École Normale Supérieure (ENS) in Paris, das politikwissenschaftliche Institut d'Études Politiques (IEP), die Hautes Études de Commerce (HEC) und die École Nationale d'Administration (ENA), eine von General de Gaulle gegründete Verwaltungsschule für die höchsten Ämter in Staat und Politik. Besonders die École Polytechnique und die ENA haben großen Einfluss auf die wirtschaftliche und politische Entwicklung Frankreichs. Viele Kabinettsmitglieder und Topmanager sind Absolventen dieser Elitehochschulen. 4.2 Kultureinrichtungen In den meisten Städten Frankreichs befinden sich Stadtbüchereien und Museen. Die meisten dieser Einrichtungen weist Paris auf. Zu den größten Bibliotheken gehören die Bibliothèque Nationale (Paris) mit über neun Millionen Bänden sowie die Pariser Universitätsbibliotheken. Der Louvre in Paris beherbergt eine der größten und bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt. Im Centre National d'Art et de Culture Georges Pompidou im Zentrum der Hauptstadt sind Kunstsammlungen des 20. Jahrhunderts untergebracht. Viele der großen Meisterwerke französischer Baukunst wie Kirchen, Kathedralen, Burgen und Schlösser werden als nationale Denkmäler erhalten. 4.3 Literatur, Kunst, Architektur und Musik 4.3.1 Literatur Siehe französische Literatur 4.3.2 Kunst und Architektur Im Mittelalter avancierte Frankreich zur herausragenden Kulturnation. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert wurde die französische Kunst und Architektur von den Königen aus Repräsentanzgründen stark gefördert. Viele Künstler und Handwerker zogen deshalb nach Paris. Jean Clouet und sein Sohn François etwa standen als Porträtisten im Dienst Franz I. Die wichtigsten französischen Maler des 17. Jahrhunderts sind Georges de La Tour, Nicolas Poussin und Claude Lorrain; im 18. Jahrhundert traten Antoine Watteau, François Boucher, Jean Fragonard, Jean Chardin und Jean Greuze hervor. Im 19. Jahrhundert wurde Paris zur Kunsthauptstadt Europas. Jacques-Louis David war der Hauptvertreter des Klassizismus seiner Zeit. Parallel hierzu lieferten Ingres, Delacroix und Géricault wichtige Beiträge zur Romantik. Bedeutende französische Maler des Realismus zur Mitte des 19. Jahrhunderts sind Gustave Courbet, Honoré Daumier, Jean François Millet und Jean-Baptiste-Camille Corot aus der Schule von Barbizon. Die von Édouard Manet beeinflusste Malerei des Impressionismus wurde von Claude Monet, Camille Pissarro und Pierre Auguste Renoir gepflegt. Zu den Neoimpressionisten gegen Ende des 19. Jahrhunderts gehören Edgar Degas, Paul Cézanne und Paul Gauguin. Während dieser Zeit entstanden auch die Werke von Henri Rousseau und Gustave Moreau. International bekannte Künstler des 20. Jahrhunderts sind u. a. Henri Matisse, Georges Braque, Georges Rouault, Marcel Duchamp, Fernand Léger, Pierre Bonnard und Jean Dubuffet. Im Bereich der Baukunst entstanden zur Zeit der Gotik in Frankreich meisterhafte Kathedralen. Von besonderer Bedeutung sind die Abteikirchen Saint-Denis und SainteChapelle in Paris sowie die Kathedralen von Amiens, Chartres, Paris und Reims. Zu den prächtigsten Renaissancebauten Frankreichs gehören das Schloss Fontainebleau und die Schlösser an der Loire. Bedeutende Barockbauten sind die Anbauten von Versailles sowie der Pariser Louvre. Die bekanntesten Bauwerke des 19. Jahrhunderts sind die von Charles Garnier erbaute Pariser Oper der Zweiten Republik (1861-1875) und der Eiffelturm (1889), das anlässlich der Weltausstellung ursprünglich nur für eine begrenzte Zeit errichtete Wahrzeichen der Stadt Paris. Als Architekturpioniere des 20. Jahrhunderts gelten Auguste Perret und der lange Zeit in Paris lebende Le Corbusier. 4.3.3 Musik Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert entstanden in Nordfrankreich die Chansons de Geste, von so genannten Trouvères vorgetragene Heldenepen; in Südfrankreich entstanden Lieder über die höfische Minne. Die Tradition wurde von Adam de la Halle abgeschlossen. Im 14. Jahrhundert komponierte Guillaume de Machaut mehrstimmige geistliche und weltliche Werke. Im 15. und 16. Jahrhundert gehörten Lieder, Motetten und Messen zu den bedeutendsten französischen Musikkompositionen. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts komponierte der aus Italien stammende Jean-Baptiste Lully nach Art der Oper, die er mit Elementen aus Drama und Tanz vermischte. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden François Couperin und Jean Philippe Rameau durch ihre Suiten für Cembalo bekannt, Rameau auch durch seine Opern Castor et Pollux bzw. Les Indes galantes. Ende des 18. Jahrhunderts und im 19. Jahrhundert arbeiteten viele ausländische Komponisten wie Gluck, Cherubini, Grétry, Meyerbeer und Offenbach in Paris. Zu den berühmtesten einheimischen Komponisten jener Zeit zählen Jacques Halévy, Charles Gounod, Georges Bizet und Jules Massenet. Hector Berlioz gilt als bedeutendster Komponist von Orchestermusik zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Camille Saint-Saëns trat in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts hervor; sein Schüler war Gabriel Fauré. Claude Debussy machte sich um den musikalischen Impressionismus verdient. Aus der Generation französischer Komponisten nach Debussy ragt Maurice Ravel heraus. Zu der 1918 bis 1919 entstandenen Gruppe Les Six, deren Arbeiten vom Werk Erik Saties beeinflusst waren, gehörten u. a. Darius Milhaud, Francis Poulenc und Georges Auric. Die namhaftesten Komponisten zeitgenössischer Musik sind Olivier Messiaen und Pierre Boulez. 4.4 Medien In Frankreich gibt es öffentliche und private Hörfunk- und Fernsehanbieter; Letztere finanzieren sich zumeist über Werbung. Seit den Umstrukturierungen in den achtziger Jahren gibt es zwei staatliche Fernseh- und mehrere über Satellit ausgestrahlte Programme sowie Kabelfernsehen. Wichtigste Nachrichtenagentur des Landes ist die 1944 gegründete Agence France-Press (AFP). In Frankreich erscheinen 103 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von 13 Millionen Exemplaren (1996). Die einflussreichsten Zeitungen werden in Paris verlegt. Zu den Zeitungen mit hohen Auflagenzahlen gehören Le Monde (450 000), Le Figaro (470 000), France-Soir (540 000) und Le Parisien Libéré (420 000). Bedeutende Zeitschriften sind Paris-Match (690 000), L'Express (670 000), das Satireblatt Le Canard Enchaîné (450 000), Le Nouvel Observateur (325 000) und Elle (395 000). 5 VERWALTUNG UND POLITIK Frankreich ist eine präsidiale Republik, die auf der am 4. Oktober 1958 verkündeten und in der Folgezeit mehrmals geänderten Verfassung basiert. Nationalfeiertag ist der 14. Juli, der an den Sturm auf die Bastille, den Beginn der Französischen Revolution, erinnert. 5.1 Exekutive Staatsoberhaupt ist der Präsident, der für eine Amtszeit von fünf Jahren (seit der Verfassungsänderung von 2000; davor für sieben Jahre) direkt vom Volk gewählt wird und einmal wiedergewählt werden darf. Der Präsident nimmt eine zentrale Rolle im politischen System Frankreichs ein und verfügt über eine ähnlich mächtige Position wie der Präsident der USA oder Russlands. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, sitzt dem Obersten Verteidigungsrat und dem Ministerrat (Kabinett) vor, ernennt den Premierminister und auf dessen Vorschlag die Minister und kann die Nationalversammlung auflösen. 5.2 Legislative Das französische Parlament besteht aus zwei Kammern: der Nationalversammlung mit 577 Abgeordneten, davon 22 aus Überseegebieten, und dem Senat mit 321 Mitgliedern, davon 14 aus Überseegebieten. Die Abgeordneten der Nationalversammlung werden nach dem Mehrheitswahlsystem in zwei Wahlgängen für fünf Jahre gewählt. Die Mitglieder des Senats werden in indirekten Wahlen von Wahlkollegien für sechs Jahre (seit 2003, davor für neun Jahre) gewählt. Der Senat ist ein beratendes Gremium; er kann Gesetzesvorlagen und Entscheidungen der Nationalversammlung überprüfen und eine Stellungnahme abgeben sowie die Verabschiedung eines Gesetzes verzögern (nicht aber verhindern). Besteht in beiden Kammern Uneinigkeit über ein Gesetz, so liegt die endgültige Entscheidung bei der Nationalversammlung. Mit der Verfassung von 1958 wurde ein neues Gremium, der Verfassungsrat, eingeführt. Er wird bei Wahlen und Volksabstimmungen tätig und entscheidet über die Verfassungsmäßigkeit neuer Gesetze. Der Verfassungsrat besteht aus neun ernannten Mitgliedern; außerdem gehören ihm die ehemaligen Präsidenten der Republik an. Der Wirtschafts- und Sozialrat setzt sich aus Vertretern der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie aus berufsständischen und kulturellen Organisationen zusammen und berät die Nationalversammlung und den Ministerrat in wirtschaftlichen Fragen. Für Verfassungsänderungen ist die Billigung durch beide Kammern des Parlaments und ein anschließendes Referendum notwendig oder nur eine Dreifünftelmehrheit im Parlament. 5.3 Judikative Das französische Rechtssystem basiert auf dem Code civil. Für Bagatellangelegenheiten im strafrechtlichen und zivilrechtlichen Bereich ist in Frankreich das Tribunal d'instance oder das Tribunal de grande instance zuständig. Vergehen, die mit Gefängnisstrafen bis zu fünf Jahren geahndet werden, werden vor einem Tribunal correctionnel entschieden. Berufungsverfahren gegen Entscheidungen dieser nachgeordneten Gerichte werden an Appellationsgerichtshöfen verhandelt. Das Schwurgericht (Cour d'assises) entscheidet über Verbrechen. Der Kassationsgerichtshof (Cour de cassation) ist für die Berufung gegen Urteile des Schwurgerichts und des Appellationsgerichts zuständig; er ist befähigt, Urteile für ungültig zu erklären und neue Verhandlungen anzuordnen. 5.4 Kommunalverwaltung Frankreich ist in 22 Regionen gegliedert, die wiederum in 96 Departements unterteilt sind. Die einzelnen Regionen sind: Aquitanien (Aquitaine), Auvergne, BasseNormandie, Bretagne, Burgund (Bourgogne), Centre, Champagne-Ardenne, Elsass (Alsace), Franche-Comté, Haute-Normandie, Île-de-France, Korsika (Corse), LanguedocRoussillon, Limousin, Lothringen (Lorraine), Midi-Pyrénées, Nord-Pas-de-Calais, Pays de la Loire, Picardie, Poitou-Charentes, Provence-Alpes-Côte d'Azur und Rhône-Alpes. Die Departements sind in Gemeinden unterteilt, die von Stadt- beziehungsweise Gemeinderäten, bestehend aus 10 bis 36 auf sechs Jahre gewählten Mitgliedern, verwaltet werden. Jede dieser Gebietskörperschaften wählt aus dem Kreis ihrer Mitglieder einen Bürgermeister als Regierungsvertreter. Frankreich umfasst circa 36 000 Gemeinden. Diese Gemeinden, die sich je nach Gemeindefläche und Einwohnerzahl stark voneinander unterscheiden, sind oft mit den politischen Einheiten identisch. Weitere verwaltungsmäßige Einheiten sind das Arrondissement und der Kanton. 5.5 Politische Parteien In Frankreich existierten oft zahlreiche politische Gruppierungen, die sich nur gering in Bezug auf ihre Theorie oder politische Praxis unterschieden. Die legislativen Anforderungen der Fünften Republik unterwarfen jedoch das Parteiensystem einer stärkeren Konzentration durch Fusionen oder Koalitionen unabhängiger politischer Parteien. In den achtziger und neunziger Jahren beherrschten vier große politische Gruppen die französische Politik: zwei rechts von der Mitte und zwei links von der Mitte. Die 1976 von Jacques Chirac gegründete Partei Rassemblement pour la République (Sammlungsbewegung für die Republik; RPR) lehnt sich an die Politik des früheren Staatspräsidenten Charles de Gaulle an. Die Union pour la Démocratie Française (Union für die französische Demokratie; UDF), eine Koalition politischer Gruppen aus dem Umfeld des Parti Républicain (Republikanische Partei), ist die Partei des früheren Staatspräsidenten Valéry Giscard d'Estaing. Die Linke organisierte sich im Parti Socialiste (Sozialistische Partei; PS) unter Führung von François Mitterrand und im Parti Communiste Français (Französische Kommunistische Partei; PC) unter dem Vorsitz von Georges Marchais. Während die beiden größten Parteien des linken Spektrums weiterhin bestehen, schloss sich die bürgerliche Rechte im April 2002 zum Wahlbündnis Union pour la Majorité Présidentielle (UMP, Union für die präsidentielle Mehrheit) zusammen. Im November 2002 erfolgte die offizielle Parteigründung unter dem Namen Union pour un mouvement populaire (UMP). Weitere Parteien sind Parti Radical de Gauche (PRG), Les Verts (V), Mouvement pour la France (MPF), Mouvement des Citoyens (MDC) und Front National (FN). 5.6 Verteidigung Die seit der Französischen Revolution bestehende Wehrpflicht wurde im Juni 2001 abgeschafft. Die französische Armee hatte zu dieser Zeit eine Gesamtstärke von 254 895 Soldaten (Heer: 133 500, Marine: 43 995, Luftwaffe: 63 600). Bis zum November 2001 war die Umwandlung in eine reine Berufsarmee vollzogen. Zusätzlich existiert die rund 8 500 Mann starke, zur Hälfte aus Ausländern rekrutierte Fremdenlegion, die ohne Zustimmung des Parlaments eingesetzt werden kann und von Frankreich u. a. im Golfkrieg und im Bürgerkrieg Liberias eingesetzt wurde. Außer diesen konventionellen Kräften verfügt das Land zudem über eine Atomstreitmacht, bestehend aus Atom-U-Booten und nuklearen Flugkörpern. Obgleich Frankreich Mitglied des Militärausschusses des Nordatlantischen Verteidigungspaktes (NATO) blieb, zog es seine Streitkräfte im Oktober 1966 aus dem Bündnis zurück. Die Ausgaben für das Militär betragen 45 695 Millionen US-Dollar (2003). 6 WIRTSCHAFT Frankreich war bis Ende des 2. Weltkrieges ein Agrarland mit kleineren Industriezweigen. In der Nachkriegszeit führte die Regierung eine umfassende Rahmenplanung zur Förderung des nationalen Wiederaufbaus und zur Festlegung weit reichender staatlicher Steuerungsmethoden in der Wirtschaft durch. Der so genannte Monnet-Plan beinhaltete die Verstaatlichung von Schlüsselsektoren, insbesondere des Luft- und Schienenverkehrs, der Großbanken und Kohlenbergwerke. Außerdem wurde der Staat Hauptaktionär in der Motor-, Elektronik- und Flugzeugbauindustrie sowie zum bedeutendsten Kapitalanleger beim Ausbau der Förderung der Erdöl- und Erdgasreserven. Die Erhöhung des Bruttosozialproduktes (rund 50 Prozent zwischen 1949 und 1954, etwa 46 Prozent zwischen 1956 und 1964 und während der siebziger Jahre jährlich etwa 3,8 Prozent) ist zum Teil auf die Durchführung dieser Planungsmaßnahmen zurückzuführen. 1981 leitete die neue sozialistische Regierung ein umfassendes Nationalisierungsprogramm ein. Die Wahl einer konservativen Regierung 1986 führte jedoch wieder zu einer Reduzierung der Rolle des Staates in der Wirtschaft. Die Liberalisierung der Wirtschaft führte zu einer Belebung des Außenhandels, brachte jedoch keine wesentlichen Fortschritte bei der Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Erst gegen Ende der neunziger Jahre konnte ein kontinuierlicher Rückgang der Arbeitslosenzahl verzeichnet werden. Unter der seit Juni 1997 amtierenden Regierung des Sozialisten Lionel Jospin sank die Arbeitslosenzahl 1999 auf den niedrigsten Stand seit 1993. Am 1. Januar 2000 wurde zunächst für Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten die 35-Stunden-Woche eingeführt. Mit dieser Maßnahme erhofft sich die Regierung die Schaffung von mehreren Hunderttausend Arbeitsplätzen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 2 248 Milliarden US-Dollar (2006; Dienstleistungen 77,2 Prozent, Industrie 20,8 Prozent, Landwirtschaft 2 Prozent); daraus errechnet sich ein BIP pro Einwohner von 36 699,60 US-Dollar. Die Staatsverschuldung liegt bei 51,1 Milliarden Französischer Francs (1995), die Inflationsrate bei 2,30 Prozent (2006) und das Wirtschaftswachstum bei 2 Prozent (2006). 4 Prozent der Erwerbstätigen sind in der Landwirtschaft beschäftigt, 24,6 Prozent in der Industrie und 71 Prozent im Dienstleistungssektor (2004). 6.1 Landwirtschaft 33,6 Prozent der gesamten Landesfläche werden ackerbaulich genutzt (2005). Frankreich zählt zu den bedeutendsten Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse in Europa und ist auch weltweit einer der größten Exporteure von Agrarprodukten. In den überwiegend kleinen und mittleren Betrieben (durchschnittliche Größe: 27 Hektar) werden vor allem Getreide, Gemüse, Obst, Wein und Tabak angebaut. Der Weinbau ist ein besonders gewinnbringender Erwerbszweig. Frankreich erzeugt jährlich rund sieben Milliarden Liter Wein, das ist beinahe ein Viertel der Weltproduktion. Die wichtigsten Anbaugebiete sind die Bourgogne, die Champagne, das Bordelais, das Loire-Tal und das Elsass. Im Mittelmeerraum werden vor allem Obst, Oliven, Blumen sowie Duft- und Heilpflanzen kultiviert, während an der ozeanisch geprägten Atlantikküste Sonderkulturen besonders gut gedeihen. Auch die Viehzucht spielt eine bedeutende Rolle. 6.2 Forstwirtschaft und Fischerei Von den insgesamt 16 Millionen Hektar Wald (2005) befinden sich etwa zwei Drittel in Privatbesitz. Rund 70 Prozent der Wälder bestehen aus Eichen, Buchen und Pappeln. Neben der Möbel- und der Papierindustrie sind Harz- und Korkgewinnung wichtige Elemente der Forstwirtschaft. In einigen Gebieten des Festlandes sowie auf Korsika gehen jährlich größere Waldgebiete durch Brände verloren. Die Fischereiflotte fängt neben großen Mengen an Schalentieren hauptsächlich Seelachs, Kabeljau, Seehecht, Wittling und Thunfisch. Muscheln (z. B. Austern) werden auch gezüchtet. Eine wichtige Rolle spielen auch die Anlandungen von Algen. 6.3 Bergbau Frankreich verfügt über ein breites Spektrum von Bodenschätzen. Die französischen Eisenerzvorkommen wie etwa in Lothringen sind bereits stark ausgebeutet. Daneben werden Bauxit und Steinkohle gefördert. Im Südwesten liegen kleinere Erdölfelder. Außerdem werden Braunkohle, Pyrit, Kalisalz (Pottasche), Salz, Blei, Gold, Uran und Zink in bedeutenden Mengen abgebaut. Trotz dieser Vorräte muss Frankreich Rohstoffe in erheblichem Umfang importieren. 6.4 Industrie Das produzierende Gewerbe Frankreichs steht dem anderer westeuropäischer Länder in Bezug auf Menge, Vielfalt und Qualität nicht nach. Unter den Industriezweigen steht die Kraftfahrzeugherstellung an erster Stelle. Weitere in größerer Menge hergestellte Produkte sind Flugzeuge, Haushaltsgegenstände, Maschinen, elektronische Anlagen und chemische Erzeugnisse. Die französischen Fadenspinnereien und die Textilindustrie gehören zu den größten der Welt; die jährliche Produktion von Garn und Bekleidung, die aus Wolle, Baumwolle, Seide oder synthetischen Fasern hergestellt werden, beträgt mehr als 500 000 Tonnen. Die Verarbeitung von Zuckerrüben sowie die Herstellung von Nahrungsmitteln und Spirituosen sind ebenfalls bedeutende Industriezweige. In der Erzeugung verschiedener spezieller Produkte wie Parfüms, Handschuhe, Spitzen, Hüte, Damenbekleidung, Tücher, Uhren, Porzellan, Glaswaren, Töpferwaren und Möbel hat Frankreich internationale Bedeutung. 6.5 Währung und Bankwesen Währungseinheit ist seit dem 1. Januar 2002 der Euro zu 100 Cents, der den Französischen Franc (= 100 Centimes) als Währung ablöste. Die 1800 gegründete und 1946 verstaatlichte Banque de France ist die Notenbank des Landes. Drei führende Banken, die Banque Nationale de Paris, der Crédit Lyonnais und die Société Générale wurden 1945 verstaatlicht. Mit weiteren Verstaatlichungen von Banken in den Jahren 1981 und 1982 hatte der französische Staat die Kontrolle über fast den gesamten Finanzsektor. Eine Reprivatisierung staatlicher Betriebe begann unter Chirac als Premierminister in den Jahren 1986 bis 1988 und dann in verstärktem Maß unter Premierminister Édouard Balladur ab Mitte 1993. 6.6 Außenhandel Paris ist der Mittelpunkt von Frankreichs Binnen- und Außenhandel; jedoch spielen auch andere große Städte wie Marseille und Lyon eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben des Landes. In der französischen Geschäftswelt herrschten lange Zeit kleine und mittlere Betriebe vor; die meisten sind noch heute trotz der Tendenz zu großen Warenhäusern und Supermärkten kleine Familienbetriebe. Frankreich zählt zu den großen Welthandelsnationen und verfügt über eine breite Palette von Außenhandelsgütern. Eingeführt werden vorwiegend Rohöl, Maschinen, chemische Produkte, Eisen und Stahl, Transportausrüstungen und andere Fertigwaren wie Präzisionsinstrumente, Bekleidung und Textilien. Wichtigste Exportgüter sind Maschinen, Fahrzeuge, chemische Produkte, Eisen und Stahl, Nahrungsmittel und Masttiere, raffiniertes Erdöl, Bekleidung, Textilien und Wein. Über die Hälfte des gesamten französischen Außenhandels entfällt auf die Staaten der Europäischen Union, insbesondere auf Deutschland, Belgien, Luxemburg und Italien. Weitere wichtige Handelspartner sind die Vereinigten Staaten, die Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR und Japan. Frankreich spielt eine wichtige Rolle im Außenhandel einiger seiner ehemaligen Kolonien wie Algerien, Marokko, Tunesien und der Republik Elfenbeinküste. Die Handelsbilanz ist positiv. 6.7 Gewerkschaften Etwa 20 Prozent der französischen Arbeiter sind in Gewerkschaften organisiert. Die Confédération Générale du Travail (CGT) ist mit 1,6 Millionen Mitgliedern der größte Gewerkschaftsverband des Landes. Die Confédération Française Démocratique du Travail (CFDT), eine christliche Organisation, hat 900 000 Mitglieder und die Force Ouvrière 1,1 Millionen Mitglieder. Die Mindesttarife werden durch Regierungserlass festgesetzt, die Höhe der Gehälter wird jedoch durch Tarifverhandlungen bestimmt. Ein umfassendes Sozialversicherungsprogramm für Arbeiter und Angestellte steht unter staatlicher Aufsicht. 6.8 Verkehrswesen Frankreich verfügt über eines der bestausgebauten Verkehrsnetze Europas. Ein Drittel des Fernstraßennetzes sind gebührenpflichtige Autobahnen (Autoroutes), für die in der Regel an den Ein- bzw. Ausfahrten kassiert wird. Die Routes nationales (Landstraßen) sind im Allgemeinen sehr gut ausgebaut (großenteils mehrspurig), gelten aber wegen der riskanten Fahrweise der Bevölkerung dennoch als unfallträchtig. Die Länge des Straßennetzes beträgt 951 220 Kilometer (2004). Die französische Eisenbahn wurde 1938 teilweise verstaatlicht. Zwei Drittel des Schienennetzes sind elektrifiziert. Frankreich ist besonders bekannt für seine Hochgeschwindigkeitszüge ( Train à grande vitesse, TGV), die auf mehreren Hauptstrecken verkehren. Das Eisenbahnnetz ist insgesamt 29 286 Kilometer lang (2005). Straßen- und Schienennetz sind klar auf die im Norden des Landes gelegene Hauptstadt Paris ausgerichtet. Das Land verfügt über zahlreiche Binnenwasserstraßen und Kanäle. Die französische Handelsflotte ist eine der größten der Welt. In Frankreich gibt es zwei staatliche Fluggesellschaften: die Air France, die Flüge in fast alle Teile der Erde anbietet, und Air Inter, die den innerfranzösischen Luftverkehr abwickelt. Eine große private internationale Fluglinie, die Union de Transports Aériens (UTA) sowie mehrere kleinere Privatlinien bieten Inlands- und Auslandsflüge an. Die wichtigsten internationalen Flughäfen sind Charles-de-Gaulle und Orly; beide befinden sich in der Nähe von Paris. Die Hauptstadt besitzt auch den größten Binnenhafen des Landes. Die wichtigsten Seehäfen liegen in Marseille und Le Havre. 6.9 Tourismus Der Fremdenverkehr zählt seit Jahrzehnten zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen des Landes. 1999 kamen mehr als 71 Millionen Besucher aus dem Ausland nach Frankreich, viele davon aus Deutschland und Großbritannien. Zu den meistbesuchten Zielen der Gäste gehören die Hauptstadt Paris sowie die Mittelmeer- und die Atlantikküste. Auch in den zu Frankreich gehörenden Teilen der Alpen und der Pyrenäen werden hohe Besucherzahlen verzeichnet. 6.10 Energie Nur 10,3 Prozent von Frankreichs elektrischer Energie werden in Wärmekraftwerken erzeugt, 10,9 Prozent stammen aus Wasserkraftwerken (2003). 78 Prozent der elektrischen Energie wurden 2003 in 59 Atomkraftwerken produziert (es gibt weltweit kein anderes Land, das in so hohem Maß von der Atomkraft abhängig ist wie Frankreich). Am Ärmelkanal, an der Mündung des Flusses Rance bei Saint-Malo in der Bretagne, wurde ein Gezeitenkraftwerk angelegt. 7 GESCHICHTE 7.1 Prähistorische Kulturen Archäologische Funde lassen auf menschliche Besiedlung im Gebiet des heutigen Frankreich seit etwa 100 000 Jahren schließen. Die ältesten nachweisbaren Kulturen lassen sich auf die jüngere Altsteinzeit (Jung-Paläolithikum) ab etwa 50 000 v. Chr. datieren. Aus dieser Zeit sind eine Reihe von Felszeichnungen erhalten; die berühmtesten dieser Höhlenmalereien sind in Lascaux in Südfrankreich zu finden. Die Menschen der Mittelsteinzeit (Mesolithikum; circa 8000 bis 4000 v. Chr.) lebten wie schon ihre Vorfahren als Jäger und Sammler, hinterließen jedoch nur wenige Spuren. Die Jungsteinzeit (Neolithikum; etwa 4000 bis 2000 v. Chr.) ist gekennzeichnet vom Sesshaftwerden der Menschen und dem Vorherrschen von Megalithkulturen. In Frankreich sind zahlreiche Großsteinanlagen erhalten, darunter die Menhire bei Carnac in der Bretagne, die Stelen in Südfrankreich und die Dolmen im Tal der Loire, im Pariser Becken und in der Champagne. In der Bronzezeit (circa 2000 bis 800 v. Chr.) und der Eisenzeit (etwa 8. bis 2. Jahrhundert v. Chr.) entstanden höher entwickelte Kulturen. Um 800 v. Chr. wurde die Technik der Eisenherstellung und -bearbeitung von Vertretern der keltischen Hallstattkultur aus dem Alpenraum nach Frankreich eingeführt. Um etwa 400 v. Chr. hatten sich die Kelten bzw. Gallier als die vorherrschende Bevölkerungsgruppe in Frankreich etabliert. Zu ersten Kontakten mit den höheren Kulturen des östlichen Mittelmeerraumes kam es, als die Griechen im 7. Jahrhundert v. Chr. in das westliche Mittelmeer vordrangen, in Marseille eine Kolonie gründeten und über das Rhône-Tal mit dem Landesinneren Handel trieben. Ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. breitete sich die durch fein gearbeiteten Schmuck, Waffen und Töpferwaren gekennzeichnete La-Tène-Kultur vom Osten des heutigen Frankreichs über weite Teile der keltischen Welt aus. 7.2 Gallien unter den Römern Wohl 154 v. Chr. überschritten die Römer erstmals die Alpen in Richtung Nordwesten, besiegten um 125/124 v. Chr. die Kelten an der unteren Rhône und errichteten 121 v. Chr. im Gebiet der heutigen Provence die Provinz Narbonensis. In den Jahren 58 bis 50 v. Chr. eroberte Gaius Julius Caesar ganz Gallien, schlug 52 v. Chr. den gefährlichen Aufstand der Gallier unter Vercingetorix nieder und errichtete die Provinz Gallia transalpina. Unter Augustus wurde Gallien 27 v. Chr. in drei Provinzen unterteilt: Neben der Provinz Narbonensis bestanden nun die Provinzen Lugdunensis mit dem 43 v. Chr. gegründeten Lugdunum (Lyon) als Hauptort, Aquitania mit Burdigala (Bordeaux) als Zentrum und Belgica mit der Hauptstadt Augusta Treverorum (Trier). Gallien diente den Römern auch als Ausgangsbasis für ihre Expansion nach Britannien und Germanien. Nach der vernichtenden Niederlage gegen Arminius in der berühmten Schlacht im Teutoburger Wald 9 n. Chr. verzichteten sie auf ihre rechtsrheinischen Eroberungen, beschränkten sich mehr oder weniger auf die Verteidigung der Rheingrenze und vereinigten das linksrheinische Germanien mit der Provinz Belgica. Domitian gliederte zwischen 82 und 90 n. Chr. das linksrheinische Germanien als die Provinzen Germania inferior und superior wieder aus der Belgica aus. 259 begründete Postumus, von meuternden Soldaten zum Kaiser ausgerufen, ein von Rom unabhängiges gallisches Sonderreich, dessen Mittelpunkt Gallien war und dem zeitweise auch Britannien und Spanien angehörten. 273 konnte Aurelian dieses Sonderreich zerschlagen und Gallien wieder in das Römische Reich integrieren. Im Zuge seiner Neuordnung des gesamten Reiches nahm Kaiser Diokletian Ende des 3. Jahrhunderts auch eine Neugliederung Galliens vor: Die bestehenden Provinzen wurden in kleinere Verwaltungseinheiten unterteilt. Seit Diokletian, besonders aber unter Kaiser Konstantin enwickelte sich Augusta Treverorum zur glanzvollen Residenz und zu einem der Zentren des Gesamtreiches. Nach der römischen Eroberung wurde Gallien rasch romanisiert; das Zusammenleben zwischen Galliern und Römern verlief weitgehend friedlich, die gallische Oberschicht stieg nach und nach in hohe Posten in der römischen Verwaltung und im Heer auf. Ab der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts breitete sich das Christentum in Gallien aus. Ab dem späten 2. Jahrhundert bedrohten und überschritten immer wieder Germanen, zunächst vor allem Franken und Alemannen, die Rheingrenze; ab dem späten 4. Jahrhundert bedrohten im Zuge der Völkerwanderung zunehmend auch Burgunder, Sweben, Wandalen, Alanen und Westgoten das römische Gallien. In Nordostgallien hatten sich in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts Franken als römische Bundesgenossen angesiedelt und dehnten in der Folge ihr Siedlungsgebiet kontinuierlich aus. Um 407 begründeten die Burgunder westlich des Mittelrheins um Worms ein Reich, wurden jedoch bald von Aetius, dem römischen Heermeister in Gallien, geschlagen und um 443 in den Süden, in das nach ihnen benannte Burgund umgesiedelt. 406 fielen Wandalen, Sweben und Alanen in Gallien ein und durchquerten das Land Richtung Spanien. Um 410 drangen die Westgoten in Gallien ein, ursprünglich um in römischem Auftrag die Wandalen zu bekämpfen, und wurden 416 als römische Bundesgenossen in Aquitanien angesiedelt. Dort errichteten sie das Tolosanische Reich mit dem Zentrum Toulouse, das sie nach Norden und Osten sukzessive bis zur Loire und zur Rhône ausweiteten. 451 vereinte Aetius die Westgoten, Burgunder und Franken mit den Römern im Kampf gegen die Hunnen unter Attila und besiegte die Hunnen auf den Katalaunischen Feldern. In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts ließen sich im Nordwesten Galliens, in Armorika, Kelten aus Britannien nieder; von ihnen hat diese Gegend den Namen Bretagne. Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches 476 suchte Syagrius in dem Gebiet zwischen Loire und oberer Maas die Reste der römischen Herrschaft in Gallien aufrechtzuerhalten. 486 besiegten die nach Südwesten vordringenden Franken unter Chlodwig I. Syagrius bei Soissons und beendeten damit die römische Herrschaft in Gallien; anschließend besiegten sie die Alemannen und die Westgoten und eroberten große Teile des alemannischen und des Tolosanischen Reiches. Am Ende erstreckte sich Chlodwigs Herrschaft vom Rhein bis zur Garonne. 496 ließ sich Chlodwig taufen. 7.3 Die Merowinger Die Merowinger herrschten bis 751, wenn auch zuletzt nur noch als Schattenkönige. Nach Chlodwigs Tod 511 wurde das Reich unter dessen vier Söhnen aufgeteilt; sie eroberten das rechtsrheinische Germanien bis nach Thüringen, beseitigten die gotische Herrschaft in Aquitanien und in der Provence und unterwarfen Burgund. 558 wurde das Reich, unterdessen nach dem Oströmischen Reich der größte Machtkomplex im christlichen Abendland, für zwei Jahre unter Chlothar I. wieder vereint, dann war es erneut aufgeteilt, bis 613 Chlothar II. wieder die Herrschaft im Gesamtreich übernahm. Die neuerliche Reichsteilung nach dem Tod von Chlothars Sohn und alleinigem Nachfolger Dagobert 639 markierte den Niedergang der merowingischen Königsmacht; die Macht ging nun de facto in die Hände der Hausmeier über. Mit Pippin dem Älteren begann bereits unter Chlothar der Aufstieg der Arnulfinger bzw. Karolinger im Hausmeieramt. 687 übernahm Pippin II., der Mittlere, als Hausmeier die Macht im Gesamtreich, ohne jedoch die merowingischen Könige abzusetzen. Erst sein Enkel Pippin III., der Jüngere, seit 747 Hausmeier im gesamten Frankenreich, setze 751 den letzten merowingischen König ab, ließ sich selbst zum König wählen und 754 zusammen mit seinen Söhnen Karl, dem späteren Karl dem Großen, und Karlmann von Papst Stephan II. zum König salben. 7.4 Die Karolinger Die Königssalbung durch den Papst begründete nicht nur das enge Verhältnis zwischen karolingischem Königtum und dem Papsttum, sondern es war auch eine der Grundlagen für den Aufstieg der Karolinger zum Kaisertum. Zur Festigung dieses Verhältnisses trugen auch die beiden Feldzüge Pippins 754 und 756 zur Unterstützung des Papstes gegen die Langobarden in Oberitalien bei sowie die so genannte Pippin'sche Schenkung an das Papsttum. Nach Pippins Tod 768 wurde das Karolingerreich unter seinen Söhnen Karl und Karlmann aufgeteilt, und nach Karlmanns Tod 771 übernahm Karl die Herrschaft im Gesamtreich. 7.4.1 Karl der Große Die Jahre bis zu Karls Kaiserkrönung 800 waren geprägt von Kriegen in den Randgebieten seines Reiches: 773/774 besiegte Karl die Langobarden und nahm den Titel eines Königs der Langobarden an; 778 zog er gegen das arabische Spanien, brachte Nordspanien unter seine Gewalt und errichtete die Spanische Mark; 788 besiegte er die Baiern, anschließend die Awaren und richtete dort die Awarische Mark ein; seit 772 führte er einen langwierigen Krieg gegen die Sachsen, der 804 mit deren Unterwerfung und Christianisierung endete. Am Weihnachtstag des Jahres 800 wurde Karl in Rom von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt. Mit der Kaiserkrönung wurde das seit 476 vakante (west-)römische Kaisertum erneuert; zudem spiegelte der Kaisertitel Karls Machtposition als unangefochtener Herrscher über weite Teile West- und Mitteleuropas wider. Zur Verwaltung seines riesigen Reiches errichtete Karl ein umfassendes Verwaltungssystem; zudem förderte er Kunst und Kultur, versammelte zahlreiche Gelehrte an seinem Hof und ließ seine bevorzugte Residenz Aachen ausbauen (siehe karolingische Renaissance). Bei all dem griff Karl auf antikes römisches Erbe zurück und wirkte damit nicht nur nachhaltig auf die Entwicklung Frankreichs, sondern Europas insgesamt. 7.4.2 Die Entstehung des Westfränkischen Reiches Nach dem Tod Karls des Großen 814 übernahm dessen Sohn Ludwig der Fromme die Herrschaft im Karolingerreich. Bereits zu Ludwigs Lebzeiten kam es zu heftigen Auseinandersetzungen unter seinen Söhnen Lothar I., Ludwig II., später ,,der Deutsche" genannt, Pippin von Aquitanien und Karl II., dem Kahlen, um die Aufteilung des Frankenreiches. Nach dem Tod Ludwigs des Frommen im Jahr 840 teilten seine drei überlebenden Söhne 843 das Reich im Vertrag von Verdun untereinander auf. Der Vertrag von Verdun markierte den endgültigen Zerfall des Frankenreiches und leitete den Prozess der Verselbständigung des späteren Heiligen Römischen Reiches und des Königreiches Frankreich ein. Den westlichen Teil des Frankenreiches, also das Gebiet östlich der Linie Schelde-Maas-Saône-Rhône, erhielt durch den Vertrag von Verdun Karl der Kahle. Karl der Kahle war ein schwacher Herrscher. Der Adel löste sich zunehmend aus der Abhängigkeit vom Königtum, zudem schwächten die wiederholten Normanneneinfälle das Königtum noch weiter und stärkten den Adel, der die Hauptlast des Abwehrkampfes gegen die Normannen trug. 885 vereinigte Karl III., der Dicke, das gesamte Karolingerreich nochmals in einer Hand; nach dessen Tod 888 wurde im Westfränkischen Reich als erster Nichtkarolinger und erster Kapetinger Odo, Graf von Paris, zum König gewählt. Er hatte 885/886 Paris gegen die Normannen verteidigt. Die Anhänger der Karolinger erhoben 893 Karl III., den Einfältigen, einen Enkel Karls des Kahlen, zum Gegenkönig. Odo besiegte Karl den Einfältigen 897, designierte ihn aber dennoch zu seinem Nachfolger, und nach Odos Tod 898 übernahm Karl der Einfältige die Königsmacht im Westfränkischen Reich. Allerdings war seine Macht auf ein relativ kleines Gebiet um Laon im Nordosten beschränkt. Die folgenden knapp hundert Jahre bis zum Tod des letzten westfränkischen Karolingers Ludwig V. 987 waren geprägt von ständigen, zum Teil kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Karolingern und Kapetingern um den westfränkischen/französischen Thron. Die innere Schwäche des Königtums zog weiteren Machtverlust nach sich: 911 musste Karl der Einfältige die Normannen, die sich an der unteren Seine niedergelassen hatten, mit dem besetzten Land, der Normandie, belehnen, und 925 musste er Lothringen, das sich erst 911 dem Westfränkischen Reich angeschlossen hatte, dem in seiner Staatsbildung wesentlich weiter fortgeschrittenen Heiligen Römischen Reich überlassen. 7.5 Die ersten Kapetinger (987-1180) 987 wählte der Adel den Kapetinger Hugo Capet, einen Nachfahren Odos, zum König (Regierungszeit 987-996). Als Herzog von Franzien war er einer der mächtigsten Fürsten in Frankreich; die Krondomäne, d. h. das Gebiet, über das der König aus eigenem Recht herrschen konnte, umfasste allerdings zu Beginn der kapetingischen Herrschaft lediglich etwa ein Zehntel Frankreichs. Die Fürsten standen zwar als Kronvasallen formal in Lehensabhängigkeit vom König, de facto aber agierten sie weitgehend unabhängig. Kurz nach Hugos Wahl und Krönung erkannten die Großen Hugos Sohn Robert II., den Frommen (996-1031) als Mitregenten und Nachfolger an und akzeptierten damit auch das Prinzip der Erblichkeit des französischen Königtums in direkter männlicher Linie. Die Herrschaft der ersten Kapetinger - Hugo Capet, Robert II., Heinrich I. (1031-1060) und Philipp I. (1060-1108) - war geprägt von ständigen Auseinandersetzungen mit den Kronvasallen um die Macht und um die Krondomäne, die die Kapetinger, ausgehend von der Île-de-France, vorerst zwar behaupten, aber nur unwesentlich ausweiten konnten. Die Eroberung Englands durch den normannischen Herzog Wilhelm den Eroberer 1066 schuf die Grundlagen der für das französische Königtum äußerst verhängnisvollen Verbindung zwischen englischen Königtum und Lehensabhängigkeit von der französischen Krone, die zu einem Dauerkonflikt zwischen der französischen und der englischen Krone führte. Der Konflikt endete erst 1453, mit dem Ende des Hundertjährigen Krieges. Trotz aller inneren Kämpfe bei gleichzeitiger Konsolidierung nach außen erlebte Frankreich im 11. Jahrhundert einen wirtschaftlichen und demographischen Aufstieg. Der Landesausbau machte große Fortschritte, vor allem in der Île-de-France, und damit auch die Nahrungsmittelproduktion; das Land wurde durch neue Siedlungen und den Ausbau des Wegenetzes weiter erschlossen; Handel und Gewerbe blühten auf, und das Städtewesen erfuhr einen Aufschwung. Ludwig VI. (1108-1137) festigte, gestützt auf Kirche und Städte bzw. Bürgertum, die kapetingische Königsmacht in der Île-de-France und schuf damit die Voraussetzung für den Aufstieg des Königtums zu einer übergeordneten Macht. Nach außen verteidigte er sich erfolgreich gegen Kaiser Heinrich V. und König Heinrich I. von England. Ludwigs VI. Sohn und Nachfolger Ludwig VII. (1137-1180) heiratete 1138 Eleonore von Aquitanien und kam dadurch in den Besitz des Erbes seiner Frau, des Herzogtums Aquitanien. Dank dieses Machtzuwachses konnte er es sich erlauben, sein Land zu verlassen und zusammen mit seiner Gemahlin am 2. Kreuzzug (1147-1149) teilzunehmen. 1152 wurde wegen angeblicher Untreue Eleonores die kinderlose Ehe mit Ludwig geschieden. Noch im selben Jahr heiratete Eleonore Heinrich Plantagenet, den Grafen von Anjou und Herzog der Normandie; ihr Erbe Aquitanien nahm sie mit in diese Ehe. Heinrich Plantagenet bestieg 1154 als Heinrich II. den englischen Thron. Als englischer König war Heinrich nun zugleich Kronvasall des französischen Königs für seine und die über seine Frau ererbten Ländereien in Frankreich; sein französischer Besitz umfasste mehr als die Hälfte Frankreichs. Zwar versuchte Ludwig, Aquitanien für die Krone zurückzugewinnen; seine am Ende nur noch sporadischen Kriege gegen Heinrich endeten jedoch alle erfolglos. 7.6 Der Aufstieg zur Großmacht Unter Ludwigs VII. Sohn und Nachfolger Philipp II. Augustus (1180-1223) begann Frankreichs Aufstieg zur Großmacht. Philipp konnte die Krondomäne nach Norden und Osten ausweiten und 1189 im Bund mit dem Sohn Heinrichs II., Herzog Richard von Aquitanien, dem späteren König Richard Löwenherz von England, Heinrich II. besiegen. Nach seiner Rückkehr vom 3. Kreuzzug (1190/91), auf dem er sich mit Richard entzweit hatte, brachte Philipp den Großteil von Richards französischem Besitz in seine Gewalt; bis 1199 hatte Richard jedoch fast seinen gesamten Besitz zurückerobert. 1202 erklärte Philipp Johann Ohneland, den Bruder und Nachfolger Richards, aller französischer Lehen für verlustig, und bis 1204 hatte er den gesamten englischen Besitz in Frankreich mit Ausnahme des Südwestens unter seine Herrschaft gebracht. 1214 besiegte er in der Schlacht bei Bouvines ein englisch-deutsches Heer unter Johann Ohneland und Kaiser Otto IV. und bewies damit nicht nur die Großmachtstellung Frankreichs, sondern entschied auch den deutschen Thronstreit zwischen Welfen und Staufern. Johann Ohneland musste sich endgültig geschlagen geben. Unter Philipp wuchs die Krondomäne auf doppelte Größe an; dies sowie eine äußerst effektive Verwaltung, d. h. auch ein höheres Steueraufkommen, setzten den König in die Lage, auf einer gesicherten finanziellen Basis, die ihm z. B. die Aufstellung von Söldnerheeren erlaubte, die Auseinandersetzungen vor allem mit seinem englischen Vasallen um die Macht in Frankreich aufzunehmen. Philipps Sohn und Nachfolger Ludwig VIII. (1223-1226) eroberte 1224 das Poitou und 1226 im Rahmen der Albigenserkriege das Languedoc. 7.7 Ludwig IX. Ludwig IX. (1226-1270) führte die Albigenserkriege fort und brachte durch den Vertrag von Paris 1229 das Languedoc endgültig unter seine Herrschaft; die Besitzungen des Grafen von Toulouse fielen schließlich 1271 an die Krone. 1248 brach Ludwig zum erfolglosen 6. Kreuzzug auf, von dem er erst 1254 wieder nach Frankreich zurückkehrte. 1259 schloss er, nachdem er alle englischen Versuche, den ehemaligen Lehensbesitz in Frankreich zurückzugewinnen, erfolgreich abgewehrt hatte, mit König Heinrich III. von England den Frieden von Paris, in dem Heinrich auf alle französischen Ländereien mit Ausnahme von Aquitanien verzichtete; für Aquitanien anerkannte er die Lehenshoheit des französischen Königs. Seit dem Tod Kaiser Friedrichs II. war Ludwig IX. der mächtigste Herrscher Europas. Seine Macht beruhte u. a. auf einer konsequent reorganisierten Verwaltung: Ludwig richtete eine zentrale Rechenkammer, ein zentrales Hofgericht sowie einen Staatsrat ein; außerdem vergab er erledigte Lehen nicht wieder, sondern schlug sie der Krone zu. 7.8 Philipp IV., der Schöne Philipp IV., der Schöne (1285-1314), der letzte große Kapetingerkönig, baute die Macht der Krone weiter aus, vor allem durch seine teils kluge, teils rigorose Finanzpolitik: Er schuf einen zentralen Rechnungshof als selbständige Behörde, erhöhte die Steuern, ermöglichte die Ablösung von Lehenspflichten durch finanzielle Leistungen, enteignete und vertrieb jüdische und lombardische Kaufleute, und er ließ den mächtigen, reichen Templerorden verbieten und zog den größten Teil seines Vermögens für die Krone ein. Daneben zog er den Adel zur Verwaltung der Krondomäne, die er im Übrigen in neue, feste Verwaltungsbezirke einteilte, heran sowie für die neu geschaffenen Hofämter und band ihn damit an die Krone. Und schließlich berief er 1302 erstmals die Generalstände ein und beteiligte damit erstmals Adel, Klerus und Dritten Stand an den Beratungen über die Angelegenheiten des Reiches. Durch Heirat erwarb Philipp die Champagne für die Krone; im Südwesten eroberte er die Guyenne (Aquitanien) von England, im Osten besetzte er das von England unterstützte Flandern, das 1302 den Franzosen eine schwere Niederlage zufügte. Nachdem König Eduard I. von England auf sein Engagement in Flandern verzichtet, dafür die Guyenne zurückerhalten hatte, unterwarf sich Flandern 1305 Frankreich. Da der Krieg gegen Flandern und England äußerst kostspielig war, besteuerte Philipp auch den Klerus und geriet damit in Konflikt mit Papst Bonifatius VIII. Der Konflikt über die Besteuerung des Klerus weitete sich rasch zum Konflikt über die Vorherrschaft der geistlichen über die weltliche Macht aus. 1303 ließ Philipp Bonifatius gefangen nehmen; der Papst starb wenig später, und 1305 wurde auf Philipps Betreiben der Franzose Klemens V. zum Papst gewählt. 1309 verlegte Klemens auf Veranlassung Philipps seinen Sitz nach Avignon (Avignonisches Exil) und sprach Philipp von allen von Bonifatius vorgetragenen Anklagen frei. Nach Philipps Tod 1314 folgten nacheinander dessen Söhne Ludwig X. (1314-1316), Philipp V. (1317-1322) und schließlich Karl IV. (1322-1328) auf dem Thron. Mit dem kinderlosen Tod Karls IV. erlosch die kapetingische Hauptlinie. 7.9 Frankreich unter den Valois Nach dem Tod des letzten Kapetingers Karl IV. 1328 übernahm dessen Cousin Philipp VI. (1328-1350), ein Enkel Philipps III., aus der kapetingischen Nebenlinie Valois den französischen Thron. Anspruch auf den französischen Thron konnte jedoch auch König Eduard III. von England (1327-1377) erheben; er war über seine Mutter Isabella ein Enkel Philipps IV. und Neffe Karls IV. Der Konflikt zwischen Philipp VI. und Eduard III. spielte sich zunächst auf Nebenschauplätzen ab: England unterstützte die antifranzösische Aufstandsbewegung in Flandern, Frankreich stand Schottland in dessen Kampf gegen England bei. 1337 entzog Philipp VI. Eduard III. dessen französisches Lehen Guyenne und löste damit schließlich den Hundertjährigen Krieg zwischen Frankreich und England aus. 7.10 Der Hundertjährige Krieg (1337-1453) 1338 erklärte sich Eduard III. zum König von Frankreich und nahm den Krieg gegen Frankreich auf. 1340 schlug die englische Flotte die französische vor dem flandrischen Sluis vernichtend, 1346 schlugen die Engländer die Franzosen in der Schlacht bei Crécy, und 1347 nahmen sie Calais. 1355 nahm Eduards Sohn Eduard, der Schwarze Prinz, Bordeaux, und 1356 besiegte er die Franzosen in der Schlacht bei Poitiers und nahm König Johann II. (1350-1364) gefangen. 1360 schlossen Frankreich und England den Frieden von Brétigny: Johann wurde gegen ein hohes Lösegeld freigelassen, Eduard verzichtete auf die französische Krone, erhielt dafür die Souveränität über den Südwesten Frankreichs, u. a. die Guyenne. Seit den ersten Niederlagen, besonders seit der Schlacht bei Poitiers und der Gefangennahme des Königs, wurde Frankreich zunehmend auch von inneren Unruhen erschüttert. Ursachen dieser Unruhen waren die aufgrund der Kriegskosten ständig steigenden Steuern, die von einer raschen Münzverschlechterung begleitet waren; die ebenfalls durch den Krieg mitverursachte Wirtschaftskrise, die durch den Ausbruch der Pest 1348 noch massiv verschärft wurde; die Abnahme der Produktion, vor allem der landwirtschaftlichen, und der rapide Preisanstieg infolge von Pest und Wirtschaftskrise; die ständige Bedrohung der ländlichen Bevölkerung durch plündernde französische und englische Söldnertruppen; sowie die lange Kriegsdauer allgemein. 1358 entluden sich diese Unruhen in einem von Étienne Marcel angeführten Aufstand in Paris und im Bauernaufstand der Jacquerie. Beide Aufstände wurden blutig niedergeschlagen. Parallel zu diesen Unruhen gewannen die Generalstände gegenüber dem Königtum deutlich an Macht: Ohne ihre Zustimmung konnte der König (nur schwer) Steuern erheben, und dementsprechend wurden sie in der ersten Phase des Hundertjährigen Krieges häufig einberufen. Karl V. (1364-1380) reformierte das Finanz- und Verwaltungssystem sowie das Heerwesen tief greifend und schuf damit die Grundlagen für den neuzeitlichen französischen Zentralstaat. 1369 nahm er den Krieg gegen England wieder auf und konnte in einem langwierigen Abnutzungskrieg den gesamten englischen Besitz in Frankreich mit Ausnahme einiger weniger Stützpunkte, die in englischen Händen blieben, zurückgewinnen. Unter Karl VI. (1380-1422) wendete sich das Blatt wieder zugunsten Englands: Um die Regentschaft für den seit 1392 aufgrund seiner Geisteskrankheit nicht mehr regierungsfähigen König rivalisierten die Häuser Orléans und Burgund. Nach der Ermordung Herzog Ludwigs von Orléans durch Johann ohne Furcht von Burgund eskalierte die Rivalität zum Bürgerkrieg zwischen den Orléans und den Burgundern und ihren jeweiligen Anhängern. 1415 griff König Heinrich V., der den englischen Anspruch auf die französische Krone erneuerte, auf der Seite Burgunds in den Krieg ein, schlug die Franzosen in der entscheidenden Schlacht bei Azincourt und besetzte den ganzen Norden Frankreichs einschließlich Paris. 1420 anerkannte Karl VI. im Vertrag von Troyes Heinrich V. als Erben und Nachfolger auf dem französischen Thron (enterbte dafür seinen Sohn Karl VII.) und als Herzog der Normandie. Nach dem Tod Karls VI. 1422 proklamierte sich dessen Sohn Karl VII. (1422-1461) zum König und führte mit Unterstützung der Orléans-Anhänger den Krieg gegen England weiter, zunächst ohne Erfolg. Die neuerliche Wende des Krieges zugunsten Frankreichs markierte 1429 das Auftreten der Jeanne d'Arc und die Aufhebung der englischen Belagerung der Stadt Orléans. Noch im selben Jahr wurde Karl in Reims zum König gekrönt. 1435 schloss Karl Frieden mit Burgund, und 1436 eroberte er Paris zurück. In der Folgezeit stellte Karl durch umfangreiche Reformen das französische Staatswesen auf eine gesicherte Grundlage. In der Pragmatischen Sanktion von Bourges definierte er 1438 das Verhältnis zwischen französischem Königtum und Kirche bzw. Papsttum und begründete damit die französische Nationalkirche ( siehe Gallikanismus). Die Generalstände genehmigten die Einführung einer regelmäßigen, direkten Kopf- und Grundsteuer, die Taille Royale, von der allerdings Adel, Klerus und einige Städte ausgenommen waren, und sie anerkannten die Aushebung von Söldnern als alleiniges Recht des Königs. Auf dieser Basis stellte Karl ein großes stehendes Berufsheer auf, das in Form von so genannten Ordonnanzkompanien über ganz Frankreich verteilt wurde. Mit seinem neuen Heer eroberte Karl 1450 die Normandie und 1451 die Guyenne zurück; bis 1453 hatte er die Engländer aus ganz Frankreich vertrieben; nur Calais blieb noch bis 1558 in englischem Besitz. 7.11 Renaissance und Reformation Ludwig XI. (1461-1483) suchte die durch den Krieg und die verschiedenen Pestepedemien schwer in Mitleidenschaft gezogene Wirtschaft wieder zu konsolidieren. Er förderte und regulierte zugleich nach dem Vorbild der Wirtschaftspolitik in den italienischen Stadtstaaten und im Sinne einer Frühform des Merkantilismus Handel und Gewerbe. Die Förderung von Handel und Gewerbe waren die Voraussetzung für die Durchführung der umfangreichen Steuererhebungen, die Ludwig zur Finanzierung von Verwaltung und Heer vornahm, und sie brachte Städte und Bürgertum gegen den Adel auf die Seite des Königs. Mit seiner teilweise rigorosen persönlichen Herrschaft schuf Ludwig die Grundlagen der absolutistischen Monarchie in Frankreich. Nach dem Tod Herzog Karls des Kühnen von Burgund 1477, gegen den er seit seinem Herrschaftsantritt nahezu ständig Krieg führte, zog Ludwig die französischen Lehen im burgundischen Reich ein und beschwor damit einen langwierigen Konflikt mit den burgundischen Erben Maria von Burgund und Maximilian I. herauf, an dessen Ende er 1482 das Herzogtum Burgund und die Picardie für die Krone gewann. 1480/81 zog er zudem Anjou, Maine und die Provence an sich. Ludwigs Sohn und Nachfolger Karl VIII. (1483-1498) wurde 1491 mit Anna, der Erbtochter des Herzogs von der Bretagne, verheiratet. Durch sie kam (endgültig erst 1532) das letzte große Lehensfürstentum unmittelbar an die französische Krone; die staatliche Einigung Frankreichs war nun weitgehend abgeschlossen. 1494/95 erneuerte Karl mit einem letztlich erfolglosen Feldzug den Anspruch der französischen Krone auf das Anjou-Erbe im Königreich Neapel und involvierte damit Frankreich in einen langwierigen Machtkampf mit den Habsburgern, die seit 1496 mit Spanien verbunden waren, um Italien. Karls Nachfolger Ludwig XII. (1498-1515) eroberte 1499 das Herzogtum Mailand, musste es aber 1512 angesichts der übermächtigen antifranzösischen Heiligen Liga wieder abgeben. Franz I. (1515-1547) gewann 1515 durch seinen Sieg bei Marignano Mailand zurück. 1519 bewarb er sich um die römisch-deutsche Kaiserkrone, unterlag jedoch Karl V. Gegen ihn führte er in der Folgezeit insgesamt vier Kriege um die Vorherrschaft in Italien. Bereits im ersten dieser Kriege unterlag er und musste im Frieden von Cambrai auf Mailand und alle Ansprüche auf Italien verzichten sowie auf die Lehenshoheit über Flandern und Artois; die folgenden Kriege bestätigten jeweils den Status quo. Nach einem weiteren Krieg gegen die Habsburger musste Franz' Nachfolger Heinrich II. (1547-1559) im Frieden von Cateau-Cambrésis 1559 endgültig auf Italien verzichten; dafür wurde er im Besitz der von ihm eroberten Bistümer Metz, Toul und Verdun bestätigt. 1558 war auch Calais wieder an Frankreich gefallen. Unter Franz I. wurde in dem nun zum größten Teil der Krone direkt unterstehenden Staat der Ausbau der zentralistischen Verwaltung fortgesetzt. 1516 schloss er mit Papst Leo X. ein Konkordat, in dem sich der König einen großen Einfluss auf die Personalentscheidungen in der französischen Kirche sowie auf ihre Finanzen zusichern ließ. Damit wurde die Kirche in Frankreich zu einem wichtigen Herrschaftsinstrument des Königs. Seit dem zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts breitete sich die Reformation auch in Frankreich aus, besonders in ihrer calvinistischen Ausprägung; vor allem beim Adel, zunehmend auch beim Hochadel, und beim Bürgertum fand die neue Religion Anklang. Franz I. übte zunächst noch Toleranz gegenüber den französischen Protestanten, den Hugenotten, und suchte zwischen Katholiken und Hugenotten zu vermitteln, um gewaltsame Auseinandersetzungen zu verhindern. In seinen Kriegen gegen Karl V. verbündete er sich - allerdings allein aus machtpolitischen Gründen - sogar mit den deutschen Protestanten. An die Spitze der Hugenotten stellten sich die Bourbonen, besonders deren Seitenlinie Condé, die zugleich auch die Adelsopposition gegen den König repräsentierten; die Katholiken wurden von den Guise, einer Nebenlinie des lothringischen Herzogshauses, angeführt. Erst Heinrich II. begann die Hugenotten zu verfolgen. 7.12 Die Hugenottenkriege Nach Heinrichs Tod 1559 folgte ihm nach kurzer Regierungszeit seines ältesten Sohnes Franz II. (1559/60) sein zweiter Sohn Karl IX. (1560-1574) auf dem Thron. Er stand völlig unter dem Einfluss seiner Mutter Katharina von Medici. Im Interesse des Machterhalts für die Krone lavierte sie zwischen den konfessionellen Parteien und suchte die Situation zu beruhigen; 1562 gewährte sie den Hugenotten sogar Toleranz. Als aber wenig später Herzog Franz I. von Guise unter den Hugenotten das Blutbad von Vassy anrichtete, eskalierten die konfessionellen Spannungen in den Hugenottenkriegen. 1563 schlossen die beiden Parteien den Frieden von Amboise, in dem den Hugenotten Toleranz gewährt und verschiedene Sicherheitsplätze zugestanden wurden. Die folgenden Friedensschlüsse nach den weiteren Phasen des Krieges bestätigten diesen Frieden jeweils mehr oder weniger. Um den Konflikt zu beruhigen, wurde 1572 Karls Schwester Margarete mit dem hugenottischen König Heinrich von Navarra, dem späteren König Heinrich IV. von Frankreich, verheiratet. Als Katharina unter den anlässlich dieser Hochzeit in Paris versammelten Hugenotten das Blutbad der Bartholomäusnacht hatte anrichten lassen, brach der Religionskrieg erneut mit Gewalt aus; erneut wechselten sich Waffengänge und Friedensschlüsse einander ab. 1585 widerrief Heinrich III. (1574-1589) alle den Hugenotten eingeräumten Rechte und löste damit einen weiteren Krieg aus, der letztendlich die Wende zugunsten der Hugenotten brachte: 1589 schloss Heinrich III. Frieden mit dem Hugenottenführer Heinrich von Navarra; Heinrich III. wurde daraufhin von einem Anhänger der katholischen Partei ermordet, und Heinrich von Navarra bestieg als Heinrich IV. den französischen Thron. Er führte den Krieg gegen die Katholiken, die nun auch von Spanien unterstützt wurden, fort, trat allerdings selbst 1593 zum Katholizismus über, um von den Katholiken als König anerkannt zu werden und so die staatliche Einheit Frankreichs zu erhalten; 1594 wurde er unter Zustimmung der Katholiken formell zum König gekrönt. Endgültig beendet wurden die Religionskriege in Frankreich 1598 durch das Edikt von Nantes, das den Hugenotten Toleranz, Gewissens- und Kultusfreiheit sowie 100 Sicherheitsplätze garantierte. Der Krieg gegen das katholische Spanien wurde ebenfalls 1598 beendet. 7.13 Frankreich unter den Bourbonen Heinrich IV. (1589-1610) war der erste Bourbone auf dem französischen Thron. Die Bourbonen regierten in Frankreich ohne Unterbrechung bis 1792 und erneut von 1814 bis 1830. Unter Heinrich erholte sich das von den Religionskriegen schwer mitgenommene Land rasch. Heinrichs enger Berater und Minister, der Herzog von Sully, ordnete die Staatsund die königlichen Finanzen neu, u. a. durch eine tief greifende Reform der Steuern und Zölle sowie durch eine nachdrückliche Förderung von Handel, Gewerbe und Landwirtschaft. Daneben wurden im Interesse des Handels wie auch der Verwaltung zahlreiche Straßen, Wasserstraßen etc. gebaut bzw. wiederhergestellt. Anfang des 17. Jahrhunderts begann auch die Erschließung Kanadas. 7.14 Kardinal Richelieu Während seiner Vorbereitungen für einen neuen Krieg gegen die Habsburger in Spanien wurde Heinrich IV. 1610 von einem katholischen Fanatiker ermordet. Ihm folgte sein erst neunjähriger Sohn Ludwig XIII. (1610-1643) auf dem Thron. Ludwig stand zunächst unter der Regentschaft seiner Mutter Maria von Medici, unter der die staatliche Entwicklung stagnierte; seit 1625 bestimmte Kardinal Richelieu die Staatsgeschäfte. Außenpolitisch setzte Richelieu den schon traditionellen antihabsburgischen Kurs fort: Im Dreißigjährigen Krieg schloss er 1631 einen Subsidienvertrag mit dem protestantischen Schweden gegen Kaiser und Reich und unterstützte die deutschen Protestanten mit Truppen und verhinderte durch dieses französische Eingreifen einen habsburgischen Sieg im Dreißigjährigen Krieg. Im Inneren dagegen verfolgte er im Interesse eines starken Königtums die Protestanten: 1628 eroberte er La Rochelle, den wichtigsten Sicherheitsplatz der Hugenotten, und 1629 nahm er den Hugenotten ihre im Edikt von Nantes garantierten Sonderrechte. Den Hochadel, neben den Hugenotten die zweite Gefahr für ein starkes Königtum, entmachtete er weitgehend; verschiedene Aufstände, die sich vor allem gegen die zunehmenden Steuern richteten, unterdrückte er. Unter Richelieu strebte das absolutistische Königtum in Frankreich seiner Vollendung zu. 7.15 Der absolutistische Staat unter Ludwig XIV. 7.15.1 Kardinal Mazarin Für den minderjährigen König Ludwig XIV. (1643-1715) führte Kardinal Mazarin als leitender Minister die Staatsgeschäfte. Er setzte die von seinem 1642 verstorbenen Vorgänger Richelieu betriebene Politik im Inneren und Äußeren nahtlos fort. Im Westfälischen Frieden 1648 erreichte er von den Habsburgern die Abtretung ihrer Besitzungen im Elsass, und im Pyrenäenfrieden 1659, der den langwierigen Krieg zwischen Frankreich und den spanischen Habsburgern beendete, erhielt er für Frankreich das Artois und Teile Flanderns sowie das Roussillon; außerdem wurde die Vermählung Ludwigs XIV. mit Maria Theresia, der Tochter König Philipps IV. von Spanien, beschlossen. Der Pyrenäenfrieden markierte den Beginn des Niedergangs Spaniens als europäischer Großmacht und den Aufstieg Frankreichs zu einer Vormachtstellung in Europa. Im Inneren war Mazarin um die Festigung des absolutistischen Königtums bemüht. In den Jahren 1648 bis 1653 erhob sich in den Aufständen der Fronde vor allem der Hochadel gegen die absolutistische Herrschaft Mazarins, aber auch das Parlament von Paris (das Pairsgericht, die einzige Kontrollinstanz des Adels gegenüber dem König) und das mit der drückenden Steuerlast unzufriedene Volk. Die Aufstände wurden niedergeschlagen bzw. brachen aufgrund innerer Auseinandersetzungen von selbst zusammen. Aus den Aufständen der Fronde ging das Königtum gestärkt hervor; zudem hinterließen sie einen tiefen Eindruck auf den jungen König und überzeugten ihn von der Notwendigkeit einer starken Zentralgewalt. Nach Mazarins Tod 1661 übernahm Ludwig XIV. persönlich die Regierungsgeschäfte. 7.15.2 Außenpolitik Außenpolitisches Ziel Ludwigs XIV. war es, Frankreich als Hegemonialmacht in Europa zu etablieren. Zu diesem Zweck führte er drei Eroberungskriege: Der Devolutionskrieg (1667/68) brachte ihm einige wichtige Festungen an der französischen Nordostgrenze ein; durch den Niederländisch-Französischen Krieg (1672-1679) gewann er weitere Festungen in den Spanischen Niederlanden sowie die Franche-Comté; nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) musste Ludwig erstmals einen Verlustfrieden hinnehmen: u. a. musste er die durch die Reunionen (1679-1681) besetzten Reichsgebiete bis auf Straßburg und das Elsass wieder herausgeben. Frankreichs Gegner waren dabei nach wie vor die Habsburger bzw. verschiedene europäische Allianzen unter Einschluss der Habsburger (Augsburger Allianz, Große Allianz), deren Hauptanliegen die Aufrechterhaltung des von Frankreich bedrohten Gleichgewichts war. Am Ende des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-1713/14) musste Ludwig zwar das Scheitern seiner Hegemonieansprüche gegen die Gleichgewichtspolitik der anderen europäischen Mächte, allen voran England, anerkennen, aber er erreichte die internationale Bestätigung seines Enkels Philipp von Anjou als Philipp V. auf dem spanischen Thron (die spanischen Nebenländer in den Niederlanden und Italien gingen jedoch an Österreich). 7.15.3 Innenpolitik Nach Mazarins Tod berief Ludwig Jean-Baptiste Colbert zum Finanz- später auch zum Marineminister. Nach den Prinzipien des Merkantilismus reorganisierte Colbert Steuerund Zollwesen, sanierte den Staatshaushalt, förderte und regulierte nach den Erfordernissen des Staates Handel und Gewerbe, errichtete zahlreiche Manufakturen, leitete umfangreiche öffentliche Baumaßnahmen in die Wege und baute eine schlagkräftige Kriegsmarine auf (die allerdings 1692 von den vereinten Engländern und Niederländern vernichtet wurde). Zudem festigte er das französische Kolonialreich in Amerika. Zwar erreichten die Staatseinnahmen nie gekannte Höhen; einer nachhaltigen Sanierung der Finanzen durch Colbert wirkten aber Ludwigs aufwendiger Lebensstil und vor allem seine zahlreichen Kriege entgegen. Zur Sicherung seines absolutistischen Königtums nach innen und außen und zur Durchsetzung seines Hegemonieanspruches baute Ludwig ein großes stehendes Heer auf - das größte in Europa. Im Interesse der konfessionellen und vor allem auch der staatlichen Einheit hob er 1685 das Edikt von Nantes auf und beraubte somit die Hugenotten aller Sonderrechte. Zehntausende Hugenotten sahen sich zur Auswanderung gezwungen - was der Wirtschaft erheblichen Schaden zufügte. Unter Ludwig XIV. erlebte Frankreich eine kulturelle Blütezeit, die absolutistische Herrschaftsform und ihre Prachtentfaltung hatten Vorbildcharakter für ganz Europa. Auf der anderen Seite führten die vielen Kriege, die die Finanzen und die Wirtschaft Frankreichs zerrütteten, am Ende aber wenig einbrachten, das Land an den Rand des Staatsbankrotts; breite Bevölkerungsschichten verarmten und waren von Hungersnöten bedroht. Das absolutistische Königtum französischer Ausprägung verlor gegen Ende der Regierungszeit Ludwigs rapide an Ansehen, zumal Ludwig es versäumt hatte, dringend notwendige Reformen in Staat und Gesellschaft durchzuführen. 7.16 Der Niedergang des absolutistischen Königtums 1715 folgte Ludwig XIV. dessen gerade erst fünfjähriger Urenkel Ludwig XV. (1715-1774) auf dem Thron. Die Versuche seines Regenten Herzog Philipps II. von Orléans, die Staatsfinanzen zu konsolidieren, schlugen auf der ganzen Linie fehl. Erst dem Kardinal Fleury, 1726 zum Ersten Minister ernannt, gelang es durch intensive Förderung der Wirtschaft, den Haushalt auszugleichen und sogar einen Überschuss zu erwirtschaften. Einer nachhaltigen Konsolidierung sowohl der Finanzen als auch des Königtums standen jedoch die Willkürpolitik und die Günstlings- und Mätressenwirtschaft des Königs sowie die neuerlichen, diesmal verlustreichen Kriege entgegen. Im Polnischen Erbfolgekrieg (1733-1735) gelang es Ludwig nicht, den Anspruch seines Schwiegervaters Stanislaus I. Leszczynski auf den polnischen Thron durchzusetzen; dafür erwarb er (endgültig erst 1766) das Herzogtum Lothringen. Der Österreichische Thronfolgekrieg (1740-1748), während dem sich Frankreich und Großbritannien auch in ihren Kolonien in Amerika bekriegten, endete für Frankreich ohne jeden Gewinn. Im Vorfeld des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) wechselte Frankreich von der Seite Preußens zu Österreich über (siehe Umsturz der Bündnisse), was sich am Ende als verhängnisvoller Schritt erweisen sollte: Am Ende des Krieges, der zu einem nicht unwesentlichen Teil in den Kolonien abspielte (siehe Britisch-Französischer Kolonialkrieg), verlor Frankreich seine ganzen nordamerikanischen und Teile seines indischen Kolonialbesitzes an Großbritannien. Angesichts der neuerlichen katastrophal hohen Staatsverschuldung suchte Ludwig XV. zusammen mit seinem Minister René de Maupeou das Steuersystem zu reformieren und alle Einkünfte aller Stände, also auch die des bisher von der Steuer befreiten Adel und Klerus, zu besteuern. Die vom Adel beherrschten Parlamente wiesen solche Reformvorschläge jedoch strikt zurück, woraufhin den Parlamenten ihr Recht, königliche Dekrete abzulehnen, entzogen wurde. Ludwigs XV. Nachfolger Ludwig XVI. (17741792) musste diese Parlamentsreform auf Druck des Adels wieder zurücknehmen. Unterdessen zog der Widerstand gegen das absolutistische Königtum und die überkommenen Strukturen des Ancien Régime immer breitere Kreise: Führende Vertreter der Aufklärung wie Voltaire, Rousseau und Montesquieu übten in ihren Schriften fundierte Kritik an den politischen und gesellschaftlichen Strukturen; das Bürgertum, das unterdessen zur wirtschaftlich führenden Schicht aufgestiegen war, forderte entsprechend seiner Wirtschaftskraft soziale Anerkennung und als führende Schicht des Dritten Standes politische Mitsprache; die unteren Schichten verlangten die Abstellung der sozialen und wirtschaftlichen Missstände. Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt 1774 nahm Ludwig XVI. eine Reform des Finanz- und des Rechtswesens in Angriff. Sein Finanzminister Turgot schaffte die härtesten Steuern ab; als er jedoch im Sinne einer gerechten Steuerreform auch den Adel zu besteuern suchte, musste er auf Druck des Adels zurücktreten. Sein Nachfolger Jacques Necker führte die Reformen fort, wieder ohne den Adel zu besteuern. Als Necker den gesamten Staatshaushalt, also auch die immensen Ausgaben des Hofes, offenlegte und damit in der Öffentlichkeit große Empörung hervorrief, musste auch er 1781 seinen Abschied nehmen. Angesichts des drohenden Staatsbankrotts und auf Druck der Öffentlichkeit rief Ludwig 1788 Necker an den Hof zurück, und für 1789 berief er die Generalstände wieder ein - sie hatten seit 1614 nicht mehr getagt. 7.17 Die Französische Revolution Am 5. Mai 1789 traten die Generalstände zusammen; am 17. Juni 1789 erklärten sich die Vertreter des nach wie vor deutlich benachteiligten Dritten Standes in den Generalständen zur Nationalversammlung, am 9. Juli konstituierten sie sich zur verfassunggebenden Nationalversammlung. Nach dem Pariser Volksaufstand und dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789, der als Beginn der Französischen Revolution gilt, sah sich der König gezwungen, die verfassunggebende Nationalversammlung als höchste Gewalt im Lande anzuerkennen. Am 4./5. August hob die Nationalversammlung die feudalen Standesrechte und sonstigen Privilegien des Adels auf, am 26. August verkündete sie die Menschen- und Bürgerrechte, am 2. November säkularisierte sie die Kirchengüter, am 19. Juni 1790 schaffte sie den Erbadel ab, und am 3. September 1791 verkündete sie die Verfassung, die eine konstitutionelle Monarchie und das Zensuswahlrecht vorsah. Gegen diese Verfassung wandten sich, besonders seit sich der König durch seine Flucht nach Varennes im Juni 1791 endgültig in Misskredit gebracht hatte, vor allem die radikaleren der politischen Klubs. Nach dem von den radikalen Sansculotten angeführten Sturm auf die Tuilerien, der Gefangennahme der königlichen Familie und der Abschaffung der Monarchie am 10. August 1792 beschloss die am 1. Oktober 1791 zusammengetretene gesetzgebende Nationalversammlung die demokratische Wahl eines Nationalkonvents, der im September zusammentrat und am 21. September 1792 die Republik ausrief. Auf Betreiben vor allem der radikalen Jakobiner bzw. der Bergpartei, die den Nationalkonvent dominierte, wurde am 21. Januar 1793 Ludwig XIV. hingerichtet. Im April 1793 wurde der Wohlfahrtsausschuss als oberstes Exekutivorgan geschaffen. Auch er wurde von den Jakobinern unter der Führung von Maximilien de Robespierre beherrscht. Um eine mögliche Gegenrevolution sofort im Keim zu ersticken, errichtete der Wohlfahrtsausschuss die so genannte Schreckensherrschaft, in deren Verlauf Tausende auf der Guillotine hingerichtet wurden, darunter die ehemalige Königin Marie Antoinette, die Führer der gemäßigten Girondisten sowie zahlreiche prominente Revolutionäre wie Georges Danton. Nach dem Sturz und der Hinrichtung Robespierres am 27. Juli 1794 übernahmen die gemäßigten Republikaner die Führung im Wohlfahrtsausschuss. Nach der Verabschiedung einer neuen, liberalen Verfassung (mit Zensuswahlrecht) lösten sich Wohlfahrtsausschuss und Nationalkonvent auf, und am 31. Oktober 1795 konstituierte sich das Direktorium als neues oberstes Regierungsorgan. Die Revolution hatte Staatswesen und Gesellschaft in Frankreich grundlegend verändert. Von Frankreich aus breiteten sich die Ideen der Revolution über ganz Europa aus und drohten die absolute Monarchie als Staatsform insgesamt zu erschüttern. Angesichts dieser Gefahr verbündeten sich die europäischen Monarchien gegen das revolutionäre Frankreich und suchten im 1. Koalitionskrieg (1792-1797) sowohl die eigene Herrschaft zu verteidigen, als auch in Frankreich die Monarchie wiederherzustellen. Trotz aller innerer Probleme und Konflikte gelang es Frankreich, sich gegen die Übermacht der Koalition zu behaupten, sie sogar zu besiegen; im Frieden von Campo Formio 1797 gewann Frankreich die Lombardei und die Österreichischen Niederlande und sicherte sich die Anwartschaft auf das linksrheinische Territorium des Heiligen Römischen Reiches. 7.18 Das Zeitalter Napoleons Am 9. November 1799 stürzte Napoléon Bonaparte in einem Staatsstreich das Direktorium; unter der neuen Konsulatsverfassung wurde er im Dezember 1799 für zehn Jahre zum Ersten Konsul ernannt und per Volksabstimmung unter einer geänderten Konsulatsverfassung 1802 zum Konsul auf Lebenszeit. Zwar bedeutete die Konzentration der Macht in den Händen des Ersten Konsuls im Grunde die Rückkehr zu einer monarchischen Staatsform; bei seiner tief greifenden Neuordnung des Staatswesens übernahm Napoleon aber die (positiven) Errungenschaften der Französischen Revolution - wie auch die Verwaltungsstrukturen des Ancien Régime. Die bedeutendste Leistung Napoleons auf diesem Gebiet war die Vereinheitlichung des französischen Rechts im Code civil, der u. a. die wesentlichen bürgerlichen Grundrechte festschrieb. Durch die Friedensschlüsse von Lunéville und Amiens 1801/02 beendete Napoleon den 2. Koalitionskrieg (1798-1801/02): Frankreich erhielt das linke Rheinufer und wurde als Vormacht in Italien anerkannt; Großbritannien musste einige Eroberungen in den Kolonien an Frankreich zurückgeben. Vor dem Hintergrund dieses Erfolges - Friedensschluss nach langen, erschöpfenden Kriegsjahren, die Etablierung Frankreichs als Vormacht auf dem europäischen Kontinent - konnte Napoleon schließlich auch, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, die Erste Republik in ein erbliches Kaiserreich umwandeln: Am 2. Dezember 1804 krönte er sich selbst zum Kaiser der Franzosen. Die Kriege gegen die 3. und die 4. Koalition (1805 und 1806/07) offenbarten nicht nur die militärische Stärke Frankreichs, sondern vor allem auch den ungeheueren Machtwillen Napoleons. Nach seinem Sieg bei Austerlitz 1805, der Errichtung des Rheinbundes und dem Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806, seinem Sieg bei Jena und Auerstedt 1806 und dem Frieden von Tilsit 1807 stand er auf dem Höhepunkt seiner Macht; das Kaiserreich Frankreich selbst hatte seine größte Ausdehnung erreicht, und weite Teile Europas standen in Abhängigkeit von Frankreich. In allen eroberten Gebieten führte Napoleon tief greifende und nachhaltig wirkende Reformen durch: Überall wurde der Code civil eingeführt, und überall wurde das Ancien Régime beseitigt. Mit der Erhebung Spaniens gegen die napoleonische Herrschaft (siehe Spanischer Unabhängigkeitskrieg) begann eine neue Phase der Kriege, die Napoleonischen Kriege (1808-1812), durch die Napoleon seine Hegemonie in Europa zu verteidigen und zu festigen suchte. Allerdings stieß er nun in den unterworfenen Ländern zunehmend auf Widerstand gegen seine Herrschaft; überall formierte sich die Opposition gegen Napoleon - auch in Frankreich selbst, wo die infolge der Kontinentalsperre ausgebrochene Wirtschaftskrise sowie drückende Steuerlasten vor allem im Bürgertum zu großer Unzufriedenheit geführt hatten. Dennoch setzte Napoleon seine imperiale Machtpolitik noch bis 1812 fort. Erst die katastrophale Niederlage der Grande Armée auf dem Russlandfeldzug 1812 brachte die Wende. Nun erhoben sich, angefangen mit Preußen, die von Napoleon beherrschten Länder in den Befreiungskriegen gegen Napoleon, schlugen ihn 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig und zwangen ihn im März 1814 zur Kapitulation. Am 7. April 1814 dankte Napoleon ab. Seine ,,Herrschaft der Hundert Tage" - sein Versuch, die Macht zurückzuerobern - endete mit der Schlacht bei Waterloo am 18. Juni 1815 und seiner neuerlichen Abdankung am 22. Juni 1815. Im 1. Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 wurde Frankreich auf die Grenzen von 1792 reduziert, im 2. Pariser Frieden vom 20. November 1815 auf die Grenzen von 1790, musste hohe Entschädigungen leisten und eine Besatzungsarmee in Frankreich akzeptieren und finanzieren. 7.19 Restauration und Revolutionen Nach Napoleons Abdankung kamen mit Ludwig XVIII. (1814/15-1824) die Bourbonen auf den französischen Thron zurück ( siehe Restauration). Durch die Charte constitutionnelle vom 4. Juni 1814 wurde in Frankreich die konstitutionelle Monarchie eingeführt (die erste auf dem europäischen Kontinent) - ein Kompromiss aus dem vorrevolutionären monarchischen Prinzip und einigen der Errungenschaften aus der Revolution. Die neue Verfassung führte ein Zweikammersystem ein, wobei die Mitglieder der ersten Kammer ausschließlich vom König ernannt und die Mitglieder der zweiten Kammer durch Zensuswahlrecht gewählt wurden, d. h. allein Adel und Besitzbürgertum waren an der Macht beteiligt. Die Minister waren der Kammer verantwortlich, die Kammer hatte Mitspracherecht bei Budgetentscheidungen. Die Wirtschaft nahm einen raschen Aufschwung, so dass die Kriegsentschädigungen zügig bezahlt werden konnten. Auf dem Aachener Kongress 1818 erreichte Frankreich den vorzeitigen Abzug der Besatzungstruppen und seine Wiederaufnahme in den Kreis der europäischen Großmächte. War die Regierung unter Ludwig XVIII. anfangs noch vergleichsweise liberal und um die innere und äußere Konsolidierung bemüht, so geriet sie ab 1820 zunehmend unter den Einfluss der reaktionären Ultraroyalisten. Zu deren Spitze gehörte auch Ludwigs Bruder Karl, der spätere König Karl X., der sich bereits während der Revolution als Führer der Émigrés hervorgetan hatte. Unter dem Druck der Ultraroyalisten wurde z. B. die Pressezensur wieder eingeführt und das Wahlrecht weiter eingeschränkt, eingezogene Kirchengüter wurden der Kirche zurückerstattet. 7.19.1 Die Julirevolution Nach Ludwigs Tod 1824 übernahm dessen Bruder Karl X. (1824-1830) den Thron. Unter ihm verschärfte sich die Reaktion; so wurden z. B. die Émigrés für ihre während der Revolution erlittenen Verluste entschädigt, und die Kirche erhielt einige ihrer alten Privilegien zurück. Im Gegenzug gewann die Opposition im liberalen Bürgertum erheblich an Zulauf. Bei den Neuwahlen zur zweiten Kammer verloren die Ultraroyalisten 1830 schließlich ihre Mehrheit an die Liberalen. Noch vor ihrem ersten Zusammentreten löste Karl am 26. Juli 1830 auf Betreiben der Ultraroyalisten die neu gewählte Kammer auf und erließ die so genannten Juliordonnanzen, mit denen die Pressefreiheit völlig aufgehoben und das Wahlrecht zuungunsten des liberalen Bürgertums eingeschränkt wurde. Für die Liberalen mit Adolphe Thiers an der Spitze war dies nichts anderes als ein Staatsstreich. Am 27. Juli 1830 brach in Paris die vor allem vom Pariser Kleinbürgertum und der Arbeiterschaft getragene Julirevolution aus, an deren Ende die Aufständischen die Hauptstadt in ihre Hände gebracht hatten. Karl musste abdanken. Während Kleinbürgertum und Arbeiterschaft die Wiedererrichtung der Republik forderten, wählte die besitzbürgerliche Kammer den ,,Bürgerkönig" Louis Philippe (18301848) aus der bourbonischen Nebenlinie Orléans und fällten damit die Entscheidung für die Fortsetzung der konstitutionellen Monarchie. Seit den zwanziger Jahren hatte die Industrialisierung in Frankreich rasche Fortschritte gemacht, besonders seit unter Louis Philippe das Großbürgertum die Politik entscheidend mitbestimmte. Ebenso rasch wuchs das Arbeiterproletariat und das Potential an sozialer Unzufriedenheit. Die Frühsozialisten wie Pierre Joseph Proudhon, Louis Blanc und Louis Auguste Blanqui fanden mit ihren Ideen dementsprechend breiten Anklang bei der Arbeiterschaft. Mehrere (rasch niedergeschlagene) Aufstände wie die Weberaufstände in Lyon 1831 und 1834 offenbarten die sozialen Missstände, bewogen den König jedoch nicht zu Reformen, sondern im Gegenteil zur Umorientierung auf einen konservativen, autoritären Kurs. Forderungen nach einer Erweiterung des Wahlrechts wurden mit der Aufforderung ,,Enrichissez-vous" - ,,Bereichert Euch" (wenn Ihr wählen wollt) - beantwortet. 7.19.2 Februarrevolution und Zweite Republik In den Jahren 1845 bis 1847 verschärften eine Wirtschaftskrise und Missernten die Spannungen; die Rufe nach einer Erweiterung des Wahlrechts wurden immer lauter. Anfang 1848 verbot die Regierung unter Ministerpräsident François Guizot öffentliche Veranstaltungen der Republikaner für eine Ausweitung des Wahlrechts; daraufhin brach am 22. Februar 1848 in Paris die Februarrevolution aus, die vor allem von Arbeitern und Studenten getragen wurde. Regierung und König mussten abdanken. Unter Alphonse de Lamartine konstituierte sich eine provisorische Regierung, der Republikaner und Sozialisten (u. a. Louis Blanc) angehörten; sie rief die Zweite Republik aus. Die provisorische Regierung schlug einen sozialistisch orientierten Kurs ein, was sich u. a. in der Errichtung der Nationalwerkstätten, in denen Arbeitslose eine Beschäftigung finden konnten, offenbarte. Die ersten allgemeinen und gleichen Wahlen zur Nationalversammlung im April 1848 brachten dann allerdings den gemäßigten, bürgerlichen Republikanern die Mehrheit. Die neue Nationalversammlung beschloss am 21. Juni 1848 die Schließung der unrentablen Nationalwerkstätten, woraufhin sich die Pariser Arbeiter im Juniaufstand erhoben. Die neue Regierung ließ den Aufstand, die ,,rote Gefahr", blutig niederschlagen. Im November 1848 wurde die Verfassung der Zweiten Republik verabschiedet, die u. a. nur eine Kammer vorsah und einen direkt vom Volk für eine einmalige, vierjährige Amtszeit gewählten Präsidenten an der Spitze der Regierung stellte. In Reaktion auf die vergangenen Unruhen und aus einem Bedürfnis nach Ordnung und Sicherheit entschied sich im Dezember 1848 die deutliche Mehrheit der Wahlberechtigten für Louis Napoléon, einen Neffen Napoleons I., als Präsidenten. Mit seinem antiparlamentarischen, autoritären Kurs fand Louis Napoléon nicht nur Unterstützung bei konservativ-monarchistischen Kreisen wie vor allem der Kirche, sondern auch Rückhalt bei den nichtradikalisierten Kreisen der unteren Schichten. Als es ihm nicht gelang, in der Kammer seine Wiederwählbarkeit durchzusetzen, löste er am 2. Dezember 1851 in einem Staatsstreich die Kammer auf, ließ die führenden Oppositionspolitiker verhaften und im Januar 1852 per Plebiszit eine neue Verfassung mit u. a. einer zehnjährigen Amtszeit des Präsidenten verabschieden. Durch ein weiteres Plebiszit ließ er im November 1852 die Umwandlung der Zweiten Republik in das Zweite Kaiserreich bestätigen und sich selbst am 2. Dezember 1852 als Napoleon III. (1852-1870) zum Kaiser der Franzosen ausrufen. 7.20 Das Zweite Kaiserreich Zwar existierten im Zweiten Kaiserreich auch weiterhin aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Parlamente; eine wirksame Kontrolle der Regierung fand jedoch nicht mehr statt. Gestützt auf Kirche, Armee und Polizeiapparat, der jegliche Opposition unterdrückte und u. a. mittels Pressezensur die öffentliche Meinung kontrollierte, errichtete Napoleon III. eine plebiszitäre Diktatur und regierte nahezu autokratisch. Aus Furcht vor neuerlichen sozialistischen Unruhen oder Revolutionen akzeptierte das Volk diese autoritäre Herrschaft. Um durch Arbeitsbeschaffung die Arbeiterschaft ruhigzustellen, leitete Napoleon umfangreiche Bauprogramme ein, so etwa die großzügige Neugestaltung der Hauptstadt Paris durch den Baron Haussmann. Die Wirtschaft florierte, Frankreich wurde zu einer der führenden und kapitalstärksten Industrienationen. Seine Prosperität bewies Frankreich auf den Weltausstellungen 1855 und 1867 in Paris. Außenpolitisch suchte Napoleon III. Frankreich wieder als Führungsmacht in Europa zu etablieren - zunächst mit großem Erfolg. Durch sein Engagement im Krimkrieg (1853-1856), der die Vormachtstellung Russlands beseitigte, führte er Frankreich nicht nur aus der außenpolitischen Isolation, sondern sogar zu einer neuen Machtposition in Europa: Auf dem Pariser Friedenskongress 1856 zur Beendigung des Krimkrieges fungierte er als Vermittler. Durch sein Eingreifen im Italienischen Krieg 1859 erwarb Frankreich Nizza und Savoyen. Die Kolonialpolitik war ebenso erfolgreich: Algerien wurde zur Kornkammer und zum französischen Siedlungsgebiet ausgebaut, der Senegal wurde erweitert, Syrien kam unter französischen Einfluss, und Indochina wurde annektiert. Nach 1860 jedoch war die französische Außenpolitik von Fehlschlägen geprägt: 1867 scheiterte der Versuch, in Mexiko ein Kaiserreich zu errichten, endgültig. Ebenso erfolglos verliefen Napoleons Versuche, unter Ausnutzung des preußisch-österreichischen Gegensatzes im Deutschen Bund Territorium in Belgien oder Luxemburg zu erwerben. Nach dem preußischen Sieg im Deutschen Krieg 1866 sah Napoleon zudem Frankreichs Großmachtposition durch den preußisch dominierten Norddeutschen Bund bedroht. Vor dem Hintergrund der außenpolitischen Misserfolge verschärfte sich in Frankreich wieder die Opposition und mehrten sich die Forderungen nach Reformen. Der Kaiser sah sich zu verschiedenen Zugeständnissen und schließlich zur Umwandlung seines Regimes in ein Empire libéral (liberales Kaisertum) gezwungen; nach dem Wahlsieg der Opposition 1869 berief er ein liberales Reformkabinett. Um sowohl im Inland wie im Ausland sein Ansehen zurückzugewinnen und vor allem auch, um seinen Großmachtanspruch zu verteidigen, ging Napoleon III. 1870 bewusst einen Krieg mit Preußen ein, den von Otto von Bismarck ebenso bewusst herbeigeführten Deutsch-Französischen Krieg. Bereits eineinhalb Monate nach Kriegsbeginn, am 1. September 1870, musste Napoleon mit seiner Armee nach der Schlacht von Sedan kapitulieren; am 2. September ging er in preußische Gefangenschaft. Das Zweite Kaiserreich war zusammengebrochen. 7.21 Die Dritte Republik Am 4. September 1870 riefen die Republikaner unter der Führung von Léon Gambetta und Jules Favre in Paris die Republik aus. Die neugebildete republikanische ,,Regierung der nationalen Verteidigung" setzte den Krieg gegen Preußen fort; aber im Januar 1871 sah sich Frankreich - trotz massiver Rekrutenaushebungen im ganzen Land - nach der Einschließung von Paris durch preußische Truppen schließlich doch zur Kapitulation gezwungen. Bei den Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung am 8. Februar 1871 gewannen die monarchistischen Kräfte die Mehrheit; Adolphe Thiers wurde zum Regierungschef gewählt. Er unterzeichnete am 26. Februar 1871 den Präliminarfrieden von Versailles mit dem Deutschen Reich und akzeptierte damit die Abtretung des Elsass und Lothringens und die Zahlung von Kriegsentschädigungen in Höhe von fünf Milliarden Francs an das Deutsche Reich. Sowohl aus Protest gegen diese als demütigend empfundenen Friedensbedingungen als auch aus Opposition gegen die konservative Regierung kam es am 17./18. März 1871 in Paris zur Erhebung und zur Errichtung der Pariser Kommune. Ende Mai 1871 hatten Regierungstruppen unter Marschall Mac-Mahon die Kommune blutig niedergeschlagen. Die Verfassungsfrage blieb vorerst offen. Den Republikanern in der Nationalversammlung gelang es nicht, sich gegen die monarchistische Mehrheit durchzusetzen; die Monarchisten, in Legitimisten, Orléanisten und Bonapartisten gespalten, fanden ebenfalls keinen mehrheitsfähigen Konsens. 1873 hatte Frankreich die Reparationen an das Deutsche Reich abbezahlt und damit den vorzeitigen Abzug der deutschen Besatzungstruppen erreicht. Vor dem Hintergrund der noch immer nicht gelösten Verfassungsfrage wurde Thiers, der eine republikanische Staatsform anstrebte, nun von den Monarchisten gestürzt; zum Präsidenten wurde der Legitimist Mac-Mahon gewählt, unter dem die Restauration der Monarchie in greifbare Nähe zu rücken schien. 1875 stimmte die Nationalversammlung jedoch mit einer Stimme Mehrheit für eine parlamentarisch-republikanische Verfassung, die dem Präsidenten eine herausragende Stellung einräumte und so einen Kompromiss zwischen Präsidialverfassung und parlamentarischem System darstellte. Der daraus resultierende Verfassungskonflikt beruhigte sich erst 1879, nachdem Mac-Mahon nach den Wahlerfolgen der Republikaner - 1876 hatten sie die Mehrheit in der Kammer, 1879 auch im Senat erlangt - zurückgetreten war. 7.21.1 Die ,,Republik der Opportunisten" Die nun regierenden gemäßigten Republikaner unter Staatspräsident Jules Grévy (1879-1887) verzichteten auf tief greifende, die Gesellschaftsordnung des Zweiten Kaiserreiches revidierende Reformen - Großbürgertum und Adel behielten weiterhin die Schlüsselpositionen in Wirtschaft und Armee - und handelten sich damit den Vorwurf des Opportunismus ein. Dennoch wurden in den achtziger Jahren im Interesse des inneren Ausgleichs einige wichtige Reformen eingeleitet, wie etwa die Liberalisierung des Pressegesetzes, die Zulassung von Gewerkschaften, vor allem auch die Laisierung der Bildung. Ebenfalls im Interesse des inneren Ausgleichs (bzw. der Ablenkung von den inneren Spannungen) wie auch im Interesse des nationalen Prestiges, das im Deutsch-Französischen Krieg enorm gelitten hatte, forcierte die republikanische Regierung den Ausbau des französischen Kolonialreiches in Nordafrika und Indochina. Damit konnte sich Frankreich zwar wieder als Großmacht etablieren, geriet mit seiner Kolonialpolitik aber zugleich in Konflikt mit Großbritannien, der 1898/99 in die Faschodakrise mündete. Bei den Wahlen von 1885 verloren die Republikaner ihre stabile Position vor allem zugunsten der Monarchisten. Ursache für diesen Stimmungsumschwung war sowohl die Wirtschaftskrise Mitte der achtziger Jahre, wie auch die wachsende Unzufriedenheit mit der Ausgleichspolitik gegenüber dem Deutschen Reich, aber auch der Unmut über das Ausbleiben sozialer Reformen. In dieser Situation sammelte der chauvinistisch-revanchistische General Georges Boulanger die antiparlamentarisch-nationalistische ,,Partei der Unzufriedenen" um sich, forderte die Revanche gegenüber dem Deutschen Reich und die Abschaffung des parlamentarischen Systems und stand 1889 kurz vor einem Staatsstreich. Die innenpolitische Krise um den Bestand der Dritten Republik beruhigte sich erst nach dem Tod Boulangers 1891; die innenpolitische Polarisierung, die in der BoulangerKrise offensichtlich geworden war, schwelte jedoch weiter. Die Polarisierung manifestierte sich erneut in der Krise um den Panamáskandal 1892/93, und sie eskalierte in der Dreyfus-Affäre 1894. Die Dreyfus-Affäre führte auf der einen Seite zur Verfestigung des nationalistisch-antisemitistischen Blocks aus Armee, Adel, Kirche und Bürgertum, auf der anderen Seite zu einem engeren Zusammengehen der Linken von den Republikanern bis zu den Sozialisten im Interesse der Verteidigung der Republik. Langfristig führte die Affäre zur Konstituierung der beiden Linksparteien Parti radical et radical-socialiste (Radikalsozialisten) und Parti socialiste (Sozialisten). Aus den Wahlen von 1898 gingen - nicht zuletzt aufgrund der Dreyfus-Affäre - die Radikalsozialisten als stärkste Kraft hervor. 7.21.2 Die ,,radikale Republik" In der Folgezeit waren die Radikalsozialisten, die vor allem beim mittleren Bürgertum Rückhalt fanden, die bestimmende politische Kraft; zugleich gewannen die Sozialisten unter Jean Jaurès zunehmend an Einfluss, näherten sich den Radikalsozialisten an und bildeten zeitweise eine Koalition mit ihnen. Das wichtigste Reformprojekt in den ersten Jahren der radikalen Regierung war die endgültige Trennung von Kirche und Staat, die 1905 gemeinsam von Radikalsozialisten und Sozialisten vollendet wurde. Außerdem konnten die Sozialisten die Einführung einer Sozialversicherung und verschiedene Arbeitsschutzgesetze durchsetzen. Die Zusammenarbeit zwischen Radikalsozialisten und Sozialisten fand unter den Ministerpräsidenten Georges Clemenceau (1906-1909) und Aristide Briand (1909-1911 und 1913) ihr Ende: Clemenceau und Briand waren kaum mehr zu sozialen Reformen bereit, ließen Streiks gewaltsam niederschlagen und suchten die Annäherung an das rechte Lager. Die Außenpolitik der ,,radikalen Republik" war geprägt vom Gegensatz zum Deutschen Reich. Bereits 1894 hatte Frankreich ein Bündnis mit Russland geschlossen, nachdem der deutsch-russische Rückversicherungsvertrag ausgelaufen war; 1902 versicherte sich Frankreich der Neutralität Italiens für den Fall eines deutschen Angriffs auf Frankreich, und 1904 schloss es die letztendlich gegen das Deutsche Reich gerichtete Entente cordiale mit Großbritannien. Die Entente cordiale trug mit zum Ausbruch der deutsch-französischen Marokkokrisen bei, die wiederum zur Verfestigung des französisch-britischen Bündnisses führten und vor allem auch in Frankreich die revanchistische Stimmung gegenüber dem Deutschen Reich anheizten. 1907 wurde die Entente cordiale um Russland zur Tripelentente erweitert, als Gegenbündnis zur deutsch- österreichisch-italienischen Tripelallianz. Der seit der ersten Marokkokrise 1905 wiedererwachte antideutsche Revanchismus bzw. Nationalismus, der zusätzliche Nahrung durch das allgemeine Wettrüsten erhielt, begann nun die politische Stimmung in Frankreich zu dominieren, und 1913 wurde mit Raymond Poincaré ein expliziter Vertreter des Revanchegedankens an die Staatsspitze gewählt. Er konzentrierte sich in der Außenpolitik auf die Stärkung der Tripelentente und nicht, wie von einigen Radikalsozialisten wie dem ehemaligen Ministerpräsidenten Joseph Caillaux (1911/12) sowie den Sozialisten gefordert, auf eine Verständigung mit dem Deutschen Reich. 7.21.3 Der 1. Weltkrieg Bei Ausbruch des 1. Weltkrieges - das Deutsche Reich hatte Frankreich am 3. August 1914 den Krieg erklärt - ließen Regierung und Sozialisten ihre Auseinandersetzungen ruhen und verbanden sich in der Union sacrée zur gemeinsamen Verteidigung der Nation. Nach dem Fehlschlagen der deutschen Offensive gegen Frankreich und der französischen gegen Deutschland sowie dem Misslingen des ,,Wettlaufs zum Meer" Ende 1914 erstarrte die deutsch-französische Front für fast vier Jahre im Stellungskrieg, unterbrochen von extrem blutigen und verlustreichen Großoffensiven wie den Schlachten an der Somme und um Verdun. Unter dem Eindruck militärischen Misserfolgs bzw. militärischer Niederlagen mehrten sich die Forderungen der Sozialisten nach Friedensverhandlungen, unter der Zivilbevölkerung kam es mehr und mehr zu Streiks, in der Armee zu Meutereien, und Resignation war die vorherrschende Stimmung. In dieser Situation gelang es Clemenceau auf politischer und den Generälen Philippe Pétain und Ferdinand Foch auf militärischer Ebene, das Land aus der Krise zu führen und zum Widerstand, letztendlich zum Sieg über Deutschland zu mobilisieren. Mit dem Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919 zwischen den Entente-Mächten und dem Deutschen Reich, der für die französische Seite von Clemenceau ausgehandelt wurde, erhielt Frankreich das Elsass und Lothringen zurück - womit es sein Hauptkriegsziel erreicht hatte - und bekam den größten Teil der deutschen Reparationen; außerdem wurden Frankreich vom Völkerbund umfangreiche Mandatsgebiete im Nahen Osten und in Afrika zugesprochen. Frankreich war erneut Vormacht auf dem europäischen Kontinent. Zur Absicherung seiner Vormachtposition und zur Prävention gegen eine mögliche deutsche Revisionspolitik schloss Frankreich in den folgenden Jahren Bündnisverträge mit Belgien (1920), Polen (1921), der Tschechoslowakei (1924), Rumänien (1926), Jugoslawien (1927) und der UdSSR (1932). 7.21.4 Zwischenkriegszeit Vor dem Hintergrund der wirtschafts-, finanz- und sozialpolitischen Probleme nach dem 1. Weltkrieg gewann im November 1919 das eher konservative Parteienbündnis Bloc national die Mehrheit und stellte Regierung und Staatspräsidenten (Paul Deschanel, 1920, Alexandre Millerand, 1920-1924). Die Bloc national-Regierung unter Ministerpräsident Poincaré (1922-1924) schlug gegenüber dem Deutschen Reich einen harten Kurs ein: Sie drang auf die vollständige Bezahlung der Reparationen, und sie ließ als Gegenleistung für nicht bezahlte Reparationen das Ruhrgebiet besetzen (siehe Ruhrkampf). 1924 gewann das linke Parteienbündnis Cartel des gauches die Wahlen und löste den Bloc national im Staatspräsidium (Gaston Doumergue, 1924-1931) und in der Regierung ab. Unter den Ministerpräsidenten Édouard Herriot (1924/25) und Aristide Briand (1925/26) leitete Frankreich gegenüber dem Deutschen Reich einen Verständigungskurs ein, der in der Annahme des Dawesplanes durch Frankreich 1925 und dem Abschluss der Locarnoverträge 1926 gipfelte. Um der rapide zunehmenden Inflation wirksam begegnen zu können, bildete sich 1926 das Parteienbündnis Union nationale, eine Fortführung des Bloc national, dem unter Ministerpräsident Poincaré (1926-1929) die Stabilisierung der Währung und die vorübergehende Sanierung des Haushalts gelang. Für die auf Ausgleich und Friedenssicherung ausgerichtete Außenpolitik war bis 1932 Briand zuständig. Staatspräsident wurde 1932 Albert Lebrun. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise verschärften sich Anfang der dreißiger Jahre auch in Frankreich die wirtschaftlichen und sozialen Probleme, die zu lösen die rasch wechselnden Regierungen nicht in der Lage waren; an den äußersten rechten und linken Rändern des politischen Spektrums erstarkten radikale Gruppierungen und Strömungen. Nach einem Putschversuch der faschistischen Bewegung Croix de feu im Februar 1934 kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen der extremen Rechten und der Linken, den so genannten Februarunruhen, in deren Folge die Regierung unter Édouard Daladier (1934) zurücktrat und es den neuen Union nationale-Regierungen unter Doumergue, Pierre Flandin und Pierre Laval nicht gelang, die politische Situation zu stabilisieren. Eine weitere Folge der Februarunruhen war die Bildung der Volksfront aus Sozialisten, Kommunisten und Radikalsozialisten. Die Wahlen im Mai 1936 gewann die Volksfront. Die Volksfront-Regierung unter Léon Blum (1936/37, 1938) führte zahlreiche Sozialreformen durch (z. B. 40-StundenWoche, bezahlter Urlaub, Arbeitervertretungen in den Betrieben). Durch Blums außenpolitisches Prinzip der Nichteinmischung in den Spanischen Bürgerkrieg bereits schwer erschüttert, zerbrach die Volksfront endgültig, nachdem Blums Nachfolger als Ministerpräsident, Daladier (1938-1940), im September 1938 dem Münchner Abkommen mit dem nationalsozialistischen Deutschen Reich zugestimmt hatte. Zuvor hatte Frankreich nach der Machtergreifung Hitlers sein Bündnissystem gegen Deutschland ausgebaut, u. a. durch einen militärischen Beistandspakt mit der Sowjetunion 1935 und die Umwandlung der Entente mit Großbritannien in einen Militärpakt. Im Rahmen der Appeasement-Politik gegenüber dem aggressiven Deutschland akzeptierte Frankreich 1936 die Remilitarisierung des Rheinlandes und 1938 den Anschluss Österreichs und das Münchner Abkommen. 1939 gab es eine Beistandsverpflichtung für u. a. Polen ab, und am 3. September 1939, nach dem deutschen Überfall auf Polen und dem Ausbruch des 2. Weltkrieges, erklärte es zusammen mit Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg. 7.22 Vichy-Regierung und Freies Frankreich Nach seiner Kriegserklärung an das Deutsche Reich verharrte Frankreich in der Defensive; im Mai/Juni 1940 wurde es von der deutschen Wehrmacht förmlich überrannt. Am 22. Juni 1940 schloss Marschall Pétain, seit dem 16. Juni 1940 als Nachfolger von Paul Reynaud Ministerpräsident, einen Waffenstillstand mit dem Deutschen Reich. Der größte Teil Frankreichs inklusive der Hauptstadt Paris kam unter deutsche Besatzung, Elsass und Lothringen wurden faktisch dem Deutschen Reich eingegliedert. Die französische Regierung verlegte ihren Sitz nach Vichy im unbesetzten Teil von Frankreich. Am 10. Juli 1940 übertrug das Parlament Marschall Pétain die unumschränkte Gewalt über das unbesetzte Frankreich, und am 11. Juli nahm Pétain den Titel Chef de L'État Français (,,Chef des französischen Staates") an. Gestützt auf das Mandat des Parlaments und seinen Ministerpräsidenten Pierre Laval errichtete Pétain ein autoritäres Regime, die Vichy-Regierung. Im Oktober 1940 sagte Pétain Adolf Hitler bei einem persönlichen Treffen die Zusammenarbeit mit dem nationalsozialistischen Deutschen Reich zu. Nach der Landung der Alliierten in Nordafrika besetzte Deutschland im November 1942 auch das bislang noch unbesetzte Frankreich; die Vichy-Regierung, in der nun Pétain von Laval zunehmend in den Hintergrund gedrängt wurde, kollaborierte jetzt in allen Bereichen mit dem Nationalsozialismus. Bereits unmittelbar nach der französischen Niederlage hatte am 18. Juni 1940 Charles de Gaulle von London aus zur Fortsetzung des Krieges gegen die Deutschen aufgerufen, war damit jedoch im französischen Mutterland zunächst auf wenig Resonanz gestoßen, während sich die französischen Überseegebiete de Gaulles Freiem Frankreich zügig anschlossen. Am 29. September 1941 gründete de Gaulle in London das Französische Nationalkomitee ( Comité National Français, CNF) als politisches Organ des Freien Frankreich, das im Juni 1943 im Französischen Komitee der Nationalen Befreiung ( Comité Français de Libération Nationale, CFLN) mit Sitz in Algier aufging. Das CFLN wurde rasch sowohl von den französischen Überseegebieten als auch von zahlreichen Alliierten als offizielle französische Regierung anerkannt. Das CNF bzw. CFLN koordinierte und unterstützte auch die Aktivitäten der Résistance im besetzten Frankreich. Am 3. Juni 1944 konstituierte sich das CFLN als provisorische Regierung, und nach der alliierten Landung in der Normandie am 6. Juni und der Befreiung Frankreichs zog de Gaulle am 25. August 1944 an der Spitze der provisorischen Regierung in Paris ein. 7.23 Die Vierte Republik Nach ihrem Einzug in Paris nahm die provisorische Regierung ihre Arbeit auf. Am 21. Oktober 1945 wurde de Gaulle von der Konstituanten (verfassunggebenden Versammlung) zum Ministerpräsidenten und vorläufigen Staatspräsidenten gewählt. Bereits im Januar 1946 trat er wieder zurück, da er sich in der Verfassungsfrage mit seinem Vorschlag eines starken Präsidialsystems nicht hatte durchsetzen können. Mit der Annahme der Verfassung durch die Bevölkerungsmehrheit im Oktober 1946 löste die Vierte Republik die provisorische Regierung ab; zugleich wurde mit der neuen Verfassung das Verhältnis zwischen französischem Mutterland und Kolonien auf eine neue Grundlage gestellt (siehe Französische Union). Erster Präsident der Vierten Republik wurde Vincent Auriol (1947-1954); zweiter und letzter war René Coty (1954-1959). 7.23.1 Innenpolitik Bis 1947 setzte sich die Regierung vor allem aus Sozialisten, Kommunisten und Volksrepublikanern zusammen. Ihre vordringlichen innenpolitischen Aufgaben waren der Wiederaufbau von Wirtschaft und Gesellschaft sowie die juristische Verfolgung der Kollaborateure. Die bedeutendsten ihrer wirtschafts- und sozialpolitischen Reformen waren die Verstaatlichung von Grundstoffindustrien, von Großbanken und Versicherungsgesellschaften, Schifffahrts- und Fluggesellschaften, die Einrichtung von Betriebsräten, die Schaffung eines weitreichenden Sozialversicherungssystems sowie die Umsetzung umfassender Entwicklungs- und Modernisierungsprogramme, die unter der Leitung von Jean Monnet ausgearbeitet wurden. Aufgrund von Differenzen u. a. hinsichtlich der Indochina-Politik und im Zuge des sich verschärfenden Ost-West-Konflikts wurden die Kommunisten 1947 aus der Regierung ausgeschlossen. In der Folgezeit regierten Koalitionen der ,,dritten Kraft" (Volksrepublikaner, Sozialisten, Radikalsozialisten und gemäßigte Linke) - bis 1951 relativ stabil; dann aber machten sich die zunehmende Parteienzersplitterung, das Erstarken von Oppositionskräften wie etwa de Gaulles 1947 gegründete Partei Rassemblement du Peuple Français (RPF) sowie Differenzen zwischen den Regierungsparteien in häufigen Regierungswechseln bemerkbar: Zwischen 1951 und 1958 wechselten zwölf verschiedene Kabinette einander ab. 7.23.2 Außenpolitik Wichtigstes außenpolitisches Ziel war die Etablierung Frankreichs als gleichberechtigte Macht sowohl in allen das besiegte Deutschland betreffenden Fragen wie auch in der internationalen Diplomatie insgesamt. Bereits im Februar 1945 hatte Frankreich seine Aufnahme in den Alliierten Kontrollrat und damit seine Teilnahme an der Besetzung Nachkriegsdeutschlands und -österreichs erreicht. Die Anerkennung Frankreichs als vierte Besatzungsmacht kam zugleich dem französischen Sicherheitsbedürfnis gegenüber Deutschland entgegen. Die gleichberechtigte Teilnahme an der internationalen Diplomatie erreichte Frankreich durch seine Aufnahme als eines der fünf ständigen Mitglieder in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Im Zuge der Verschärfung des Kalten Krieges verabschiedete sich Frankreich von einem eigenständigen außenpolitischen Kurs zwischen den Blöcken und integrierte sich in das westliche Bündnissystem und trieb u. a. im Interesse einer sicherheits- und wirtschaftspolitischen Einbindung Deutschlands in die westliche Staatengemeinschaft die europäische Einigung voran: 1949 war Frankreich an der Gründung der NATO beteiligt, im selben Jahr an der Gründung des Europarates, 1951 an der Gründung der Montanunion und 1957 an der Gründung der EWG ( siehe Europäische Union) und der EURATOM. Die von Frankreich mitinitiierte Europäische Verteidigungsgemeinschaft scheiterte allerdings am Einspruch Frankreichs selbst. Hinsichtlich seiner Überseegebiete hingegen agierte die Vierte Republik äußerst glücklos: Nach der Niederlage bei Dien Bien Phu 1954 musste Frankreich den seit 1946 andauernden Indochinakrieg endgültig verlorengeben, Indochina in die Unabhängigkeit entlassen und der Teilung Vietnams zustimmen. 1956 entließ Frankreich Marokko und Tunesien in die Unabhängigkeit. Im selben Jahr intervenierte Frankreich erfolglos in Ägypten mit dem Ziel, die Verstaatlichung des Suezkanals zu revidieren ( siehe Suezkrise). Seit 1954 bekämpfte Frankreich im Algerienkrieg die algerische Befreiungsfront Front de Libération Nationale (FLN), um Algerien als Teil des französischen Staates zu erhalten. Die Krise um Algerien führte im Mutterland zu heftigen innenpolitischen Kontroversen, die schließlich in einer Staatskrise mündeten, und in Algerien selbst zu Putschdrohungen der französischen Streitkräfte. In dieser Situation wählte die Nationalversammlung am 1. Juni 1958 de Gaulle zum Ministerpräsidenten und stattete ihn mit umfangreichen Vollmachten zur Beendigung der Staatskrise aus. 7.24 Die Fünfte Republik 7.24.1 Die Ära de Gaulle Am 28. September 1958 nahm die Bevölkerung in einer Volksabstimmung die Verfassung der Fünften Republik an, am 4. Oktober 1958 trat sie formell in Kraft. Die neue Verfassung trug deutlich die Handschrift de Gaulles: Durch sie wurde die Macht des Staatspräsidenten enorm gestärkt - zu Lasten vor allem des Parlaments. Im Dezember 1958 wurde de Gaulle von einem Wahlmännergremium mit großer Mehrheit zum Staatspräsidenten gewählt. Durch eine Verfassungsänderung wurde 1962 die Direktwahl des Präsidenten durch das Volk eingeführt. Die drängende Algerienfrage löste de Gaulle 1962 gegen den erbitterten Widerstand der Algerienfranzosen und der französischen Armee in Algerien, die 1961 den Verbleib Algeriens bei Frankreich durch einen Putschversuch zu erzwingen suchte, mit der Entlassung Algeriens in die Unabhängigkeit, die er durch eine Volksabstimmung billigen ließ. Bereits 1960 hatten die anderen französischen Kolonien die volle Souveränität erhalten; sie waren nun in der Französischen Gemeinschaft organisiert. Außenpolitisch wich de Gaulle von der von der Vierten Republik vorgegebenen Richtung der strengen Westintegration ab und suchte Frankreich als eigenständige, unabhängige, durch keinerlei Bündnisverpflichtungen eingeschränkte Großmacht zu etablieren. 1966 löste er Frankreich aus der NATO und baute zur Unterstreichung der französischen Souveränität und Großmachtrolle eine eigene Atomstreitmacht, die Force de frappe, auf. Daneben bemühte er sich, ebenfalls in Abkehr von der Außenpolitik des westlichen Bündnisses, um gute Beziehungen zu den kommunistischen Staaten. In der Europapolitik setzte er sich zwar für die Einigung Europas im Sinne eines ,,Europas der Vaterländer" ein, lehnte jedoch sowohl eine territoriale (um z. B. Großbritannien) wie auch eine politische (auf andere als wirtschaftliche Bereiche) Erweiterung der europäischen Gemeinschaft strikt ab. Die Aussöhnung mit der Bundesrepublik dagegen trieb er intensiv voran; sie erreichte 1963 mit der Unterzeichnung des DeutschFranzösischen Vertrages durch de Gaulle und Konrad Adenauer einen ersten Höhepunkt. De Gaulle konzentrierte sich auf die Außenpolitik und den Aufbau der Force de frappe; soziale Reformen indessen unterblieben weitgehend. Seine Regierungen unter den Premierministern Michel Debré (1959-1962), Georges Pompidou (1962-1968) und Maurice Couve de Murville (1968/69) konnten sich zwar jeweils auf eine starke gaullistische Fraktion in der Nationalversammlung stützen, aber es formierte sich auch eine starke Opposition, so z. B. die Fédération de la Gauche Démocrate et Socialiste (FGDS, ,,Linksföderation") unter François Mitterrand. Bei den ersten direkten Präsidentschaftswahlen 1965 konnte sich de Gaulle dann auch erst im zweiten Wahlgang gegen seinen Herausforderer Mitterrand durchsetzen. Angesichts der innenpolitischen Stagnation wuchs die Unzufriedenheit weiter Teile der Bevölkerung mit der de Gaulle'schen Sozial- und Wirtschaftspolitik; sie kulminierte im Mai 1968 in der Pariser Studentenrevolte, der sich die Gewerkschaften mit einem Generalstreik anschlossen. Die Unruhen und Streiks stürzten die Fünfte Republik in eine tiefe Staatskrise. De Gaulle stellte umfangreiche Reformen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in Aussicht und kam den sozialen Forderungen der Gewerkschaften entgegen; im Juni 1968 hörten Streiks und Unruhen auf. Im April 1969 stellte de Gaulle einen Gesetzentwurf zur Regional- und Senatsreform zur Abstimmung und verband den Ausgang des Referendums mit seinem eigenen politischen Schicksal. Die Bevölkerungsmehrheit lehnte den Gesetzentwurf ab, de Gaulle trat am 28. April 1969 zurück. 7.24.2 Frankreich unter Pompidou und Giscard d'Estaing Im Juni 1969 wurde Pompidou zum Staatspräsidenten gewählt. Zur Überwindung der wirtschaftlichen und sozialen Probleme leitete er unter dem Motto Participation eine Reihe innerer Reformen ein und beteiligte die Nationalversammlung stärker an der politischen Entscheidungsbildung. Seine Regierungen unter den Premierministern Jacques Chaban-Delmas (1969-1972) und Pierre Messmer (1972-1974) konnten sich in der Nationalversammlung auf bequeme Mehrheiten aus Gaullisten, Unabhängigen Republikanern und der bürgerlichen Mitte stützen. 1972 schlossen sich Sozialisten, Kommunisten und linke Radikalsozialisten erneut zu einem Oppositionsbündnis zusammen, zur Union de la Gauche (Linksunion), deren Initiator und führender Mann erneut Mitterrand war. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung 1973 konnte sich die Regierungskoalition jedoch behaupten. In der Außenpolitik setzte Pompidou im Großen und Ganzen den von de Gaulle vorgegebenen Kurs fort und suchte wie sein Vorgänger die Unabhängigkeit Frankreichs zwischen den Supermächten USA und UdSSR zu wahren; in der Europapolitik dagegen befürwortete er eine Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft um Großbritannien. Nach dem Tod Pompidous 1974 setzte sich der Unabhängige Republikaner Valéry Giscard d'Estaing im zweiten Wahlgang knapp gegen Mitterrand durch. Seine Premierminister Jacques Chirac (1974-1976) und Raymond Barre (1976-1981) regierten mit Mehrheiten aus Gaullisten, der Mitte und der gemäßigten Rechten. 1976 formierten sich die Gaullisten als Rassemblement pour la République (RPR) unter Chirac neu; 1978 schlossen sich die Parteien der Mitte und der gemäßigten Rechten zur Union pour la Démocratie Française (UDF) zusammen. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung 1978 unterlag die Union de la Gauche erneut der Regierungskoalition. Die innenpolitische Situation unter Giscard d'Estaing war geprägt von einer sich verschärfenden Rezession (eine Folge der Ölkrise 1973/74) sowie den Begleiterscheinungen zunehmende Arbeitslosigkeit und rasch ansteigende Inflationsrate. Durch ein striktes Spar- und Konjunkturprogramm gelang der Regierung Barre eine relative Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage. Die Außenpolitik unter Giscard d'Estaing bewegte sich in den gewohnten Bahnen; allerdings suchte er wieder die Annäherung an die NATO, ohne jedoch die Unabhängigkeit Frankreichs gegenüber den USA aufgeben zu wollen. 7.24.3 Die Ära Mitterrand Bei den Präsidentenwahlen 1981 setzte sich Mitterrand gegen den Amtsinhaber Giscard d'Estaing durch, und bei den Wahlen zur Nationalversammlung im selben Jahr gewannen die Sozialisten die absolute Mehrheit. Die Regierung unter Premierminister Pierre Mauroy (der auch vier Kommunisten angehörten) leitete umfangreiche Reformen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ein: Mit dem Dezentralisierungsgesetz von 1982 wurde die noch aus napoleonischer Zeit stammende zentralistische Verwaltungsstruktur auf Departementsebene reformiert; Schlüsselindustrien und Banken wurden verstaatlicht, und der Sozialstaat wurde ausgebaut. Bereits 1983 mussten jedoch angesichts hoher Staatsverschuldung und Inflation im Rahmen eines strikten Sparprogramms vor allem die Ausgaben im sozialen Bereich wieder zurückgefahren werden. 1984 trat Mauroy vor dem Hintergrund innenpolitischer Auseinandersetzungen zurück; sein Nachfolger wurde Laurent Fabius. Zwar gelang es seiner Regierung, die Inflationsrate zu senken; bei den Wahlen zur Nationalversammlung 1986 unterlagen die Sozialisten dennoch den Mitte-rechts-Parteien RPR und UDF. Zur Niederlage der Sozialisten hatte sicherlich auch der Skandal um die Versenkung des Greenpeace-Schiffes Rainbow Warrior durch den französischen Geheimdienst 1985, unter der Regierung Fabius, beigetragen. Angesichts der neuen Kräfteverhältnisse in der Nationalversammlung sah sich Mitterrand nun zu einer Cohabitation - der ersten in der Fünften Republik - mit den Konservativen gezwungen und berief den RPR-Vorsitzenden Jacques Chirac als Premierminister. Diese Cohabitation bildete einen Präzendenzfall; beide Seiten mussten die gegenseitigen Grenzen ihrer jeweiligen verfassungsmäßigen Kompetenzen im Rahmen der innenpolitischen Auseinandersetzung erst noch ausloten. 1988 trat Chirac wegen politischer Differenzen mit dem Präsidenten zurück, und im Mai desselben Jahres unterlag er bei den Präsidentenwahlen klar dem Amtsinhaber Mitterrand. Nach seiner Wiederwahl ernannte Mitterrand den Sozialisten Michel Rocard zum Premierminister. Bei den Neuwahlen zur Nationalversammlung im Juni 1988 erreichten weder die Sozialisten, noch die zum Wahlbündnis Union du Rassemblement et du Centre (URC) zusammengeschlossenen Parteien RPR und UDF eine regierungsfähige Mehrheit; Rocard regierte unter schwierigen Mehrheitsverhältnissen weiter. Im Mai 1991 trat Rocard zurück, und Mitterrand ernannte Edith Cresson, ebenfalls eine Sozialistin, zur Premierministerin. Sie wiederum wurde im April 1992, nachdem die Sozialistische Partei bei den Regionalwahlen starke Verluste erlitten hatte, durch den Sozialisten Pierre Bérégovoy ersetzt. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung im März 1993 erlebten die Sozialisten eine herbe Niederlage; sie erhielten nur mehr 54 der insgesamt 577 Sitze (gegenüber 252 Sitzen 1988), die in der Union pour la France vereinigten bürgerlichen Parteien, allen voran RPR und UDF, gewannen 484 Mandate. Mitterrand musste erneut eine Cohabitation eingehen und ernannte Édouard Balladur (RPR) zum Premierminister. Angesichts der anhaltenden Rezession und des dadurch bedingten Einnahme- und Haushaltsdefizits leitete Balladur ein umfangreiches Programm zur Sanierung der Staatsfinanzen ein, das u. a. Steuererhöhungen bei gleichzeitiger Entlastung der Unternehmen und drastische Einschnitte bei den Sozialleistungen beinhaltete. Um die Anforderungen des Vertrags von Maastricht zu erfüllen, leitete die Regierung Balladur außerdem die Reform der Zentralbank in die Wege; die Geldpolitik ging damit vom Finanzministerium in die Zuständigkeit der Bank von Frankreich über. Ende 1993 begann die Regierung mit der Privatisierung von insgesamt 21 Staatsunternehmen, darunter Elf Aquitaine, die Banque Nationale de Paris und die Banque Hervet. Anstatt allerdings die Erlöse aus den Privatisierungen zum Abbau der Staatsschulden zu nutzen, ließ die Regierung Balladur die Erlöse in den laufenden Etat einfließen, so dass das Haushaltsdefizit sowohl 1994 wie auch 1995 die vom Vertrag von Maastricht als Konvergenzkriterium festgesetzte Marke weit überschritt. Im Mai 1994 wurde der Eurotunnel unter dem Ärmelkanal zwischen Frankreich und England offiziell eröffnet. Die Baukosten beliefen sich am Ende auf 87 Milliarden Französische Franc und übertrafen die ursprünglich geplanten Kosten um mehr als das Doppelte. Die Außenpolitik der Ära Mitterrand, die 1995 mit dem Ende von Mitterrands zweiter Amtszeit ablief, war geprägt von einer engeren Zusammenarbeit mit den USA und vor allem von einer konsequenten Europapolitik, die sowohl auf eine politische wie auch eine territoriale Erweiterung der Europäischen Union und eine Stärkung der Strukturen der Union abzielte. Ein wesentlicher Punkt von Mitterrands Europapolitik war der Ausbau der deutsch-französischen Beziehungen. 7.24.4 Die Präsidentschaft Jacques Chiracs Bei den Präsidentenwahlen im Mai 1995 setzte sich in der Stichwahl Jacques Chirac knapp gegen den Sozialisten Lionel Jospin durch, nachdem im ersten Wahlgang bereits u. a. der als aussichtsreichster Kandidat gehandelte Balladur aufgrund der Korruptionsaffären um seine Regierung ausgeschieden war. Noch am Tag seiner Wahl ernannte Chirac Alain Juppé zum neuen Premierminister. Vordringliche Aufgaben der neuen Regierung waren die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und des Haushaltsdefizits. Im August 1995 legte die Regierung Juppé ein erstes Sparprogramm vor, das tiefe Einschnitte in fast allen Bereichen vorsah, u. a. im Sozialversicherungssystem, bei den Renten- und den Krankenkassenleistungen. Im Oktober 1995 kam es zu einer ersten Auseinandersetzung zwischen Regierung und Gewerkschaften, als die Regierung die Einfrierung der Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst ankündigte. Ein Generalstreik im öffentlichen Dienst legte zeitweise das gesamte öffentliche Leben lahm. Auf die beginnende Reform der Sozialversicherung reagierten die Arbeitnehmer im November/Dezember erneut mit einem Generalstreik. Ein ,,Sozialgipfel" zwischen Regierung und Gewerkschaften konnte die Situation zwar entschärfen; nachhaltige Lösungen der Probleme Arbeitslosigkeit, ausbleibende Lohnerhöhungen und sinkende Sozialleistungen etc. konnten jedoch nicht gefunden werden. Die von Chirac betriebene Wiederaufnahme französischer Atombombentests im Südpazifik (Mururoa-Atoll) am 5. September 1995 rief eine Welle internationaler Proteste hervor. Vor allem die pazifischen Anrainerstaaten Australien, Neuseeland und Japan protestierten gegen die Atomversuche, zogen zum Teil ihre Botschafter aus Frankreich zurück und ließen die Zusammenarbeit mit Frankreich vorübergehend ruhen; der Europarat und die Vereinten Nationen verurteilten die Tests. Angesichts der drohenden außenpolitischen Isolierung sagte Chirac eine endgültige Einstellung der Atomtests nach Beendigung der Testreihe im Frühjahr 1996 zu. Im Sommer 1995 erlebte Frankreich eine Welle blutiger Bombenanschläge muslimischer Fundamentalisten. Der seit einigen Jahren in Algerien andauernde Bürgerkrieg zwischen muslimischen Fundamentalisten und der Regierung wurde nun auch in Frankreich, das die algerische Regierung unterstützte, spürbar, ebenso wie die mangelnde Integration der in Frankreich lebenden Nordafrikaner. In teilweiser Abkehr von der Außenpolitik seiner Vorgänger signalisierte Chirac 1996 die Bereitschaft Frankreichs, in die Kommandostrukturen der NATO zurückzukehren. Wie bereits Mitterrand, so bemühte sich auch Chirac um den europäischen Einigungsprozess und um die Etablierung Frankreichs als verlässliches Mitglied der Europäischen Union. 7.24.4.1 Cohabitation Chirac-Jospin Mit der Begründung, eine stabile Grundlage für die notwendigen Wirtschafts- und Finanzreformen in Hinblick auf die Europäische Währungsunion schaffen zu wollen, löste Chirac im April 1997 die Nationalversammlung auf und schrieb für den 25. Mai/1. Juni 1997 vorgezogene Neuwahlen aus. Überraschenderweise gewann das Linksbündnis aus Sozialisten, Kommunisten und Grünen unter Lionel Jospin mit 319 Sitzen die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung. Chirac ernannte Jospin zum Premierminister und leitete damit eine neue Phase der Cohabitation ein. In sein Kabinett nahm Jospin auch zwei Kommunisten sowie eine Vertreterin der Grünen auf. Unmittelbar nach ihrem Amtsantritt unterbreitete die neue Regierung ihr Programm für eine Steuerreform und für Einsparungen im Staatshaushalt. Mit Ausnahme der Ressorts Arbeit und Bildung wurden allen Ministerien die Etats gekürzt. Für die Bereiche Beschäftigungs- und Sozialpolitik erklärte die Regierung Jospin die Erhöhung des Mindestlohnes und des Arbeitslosengeldes sowie die Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich als mittelfristige Ziele. Auf europäischer Ebene forderte Jospin die Erweiterung des wirtschaftspolitischen Stabilitätspaktes um die sozialpolitische Komponente; im Juni 1997 einigten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf Jospins Betreiben auf eine ,,Entschließung für Wachstum und Beschäftigung", die alle Länder der Europäischen Währungsunion auf den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit verpflichtete. Obwohl Mitte 1997 noch alles darauf hindeutete, dass Frankreich auch im Jahr 1997 sein Defizit nicht so weit würde abbauen können, um die Konvergenzkriterien für die Teilnahme an der Währungsunion zu erfüllen, gelang es der Regierung Jospin bis zum Jahresende durch eiserne Hauhaltsdisziplin doch noch, das Defizit auf unter 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken. Damit konnte Frankreich am 1. Januar 1999 an der Einführung des Euro teilnehmen, der seit dem 1. Januar 2002 Währungseinheit ist. Bei den Präsidentschaftswahlen am 5. Mai 2002 wurde Amtsinhaber Jacques Chirac erneut zum Staatspräsidenten gewählt, und zwar mit 82,2 Prozent der abgegebenen Stimmen. Dies war das beste Ergebnis bei Präsidentschaftswahlen seit Bestehen der Fünften Republik 1958. Das Wahlergebnis war ein klares Votum gegen den Rechtspopulisten Jean-Marie Le Pen, der aus dem ersten Wahlgang am 21. April mit dem zweithöchsten Stimmenanteil hinter Chirac und vor Jospin hervorgegangen war und somit gegen Chirac in die Stichwahl gegangen war. Chirac konnte sich in der Stichwahl auf ein Bündnis nicht nur der bürgerlichen, sondern auch nahezu aller linken Kräfte stützen, die die Stichwahl zu einem Referendum gegen die rechten Positionen Le Pens erklärten. 7.24.4.2 Die Regierungen Raffarin und de Villepin Unmittelbar nach den Präsidentschaftswahlen trat Premierminister Jospin mit seiner gesamten Regierung zurück. Chirac ernannte am Tag nach seiner Wiederwahl den in Frankreich bis dahin noch weitgehend unbekannten Jean-Pierre Raffarin von der rechtsliberalen Démocratie libérale (DL) zum neuen Premierminister. Raffarin sollte bis zu den Parlamentswahlen am 9. und 16. Juni eine bürgerliche Übergangsregierung führen. Bei den Parlamentswahlen erreichte das konservative Parteienbündnis Union pour la Majorité Présidentielle (UMP, Union für die präsidentielle Mehrheit), das erst nach Chiracs Wiederwahl gebildet wurde und dem auch die DL angehörte, mit 355 der insgesamt 577 Mandate die absolute Mehrheit im Parlament. Der Parti Socialiste verzeichnete mit nur noch 141 Sitzen einen Verlust von 100 Mandaten. Damit endete die fünfjährige Cohabitation aus bürgerlichem Präsidenten und linksgerichteter Regierung. Im November 2002 schloss sich das gesamte bürgerliche Parteienspektrum formell zu einer neuen Sammlungspartei zusammen, der Union pour un Mouvement Populaire (UMP, Union für eine Volksbewegung) mit Alain Juppé als Vorsitzendem. Die Regierung Raffarin leitete eine Reihe von Reformen ein, um den Staatshaushalt zu sanieren. Allerdings brachten diese Reformen zum Teil schwere Einschnitte in den Bereichen Soziales, Bildung und Gesundheit mit sich und provozierten zahlreiche Demonstrationen. Insbesondere die Rentenreform, die u. a. längere Beitragszeiten und niedrigere Renten vorsah, stieß auf schärfste Kritik und wurde mit Massenprotesten und umfassenden Streiks begleitet. Trotz aller Reformen gelang es der Regierung Raffarin aber nicht, das jährliche Haushaltsdefizit unter 3 Prozent zu senken und den Eurostabilitätspakt einzuhalten. Ursache dafür waren die Steuersenkungen, die Chirac für die laufende Legislaturperiode versprochen hatte und die nun die Staatseinnahmen erheblich senkten. Aber trotz der Überschreitung der Dreiprozentmarke in den Jahren 2002 und 2003 verzichtete die EU auf Sanktionen. Im Irak-Konflikt lehnte Frankreich, das als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über ein Vetorecht verfügt, schon frühzeitig ein militärisches Vorgehen gegen den Irak ab und kündigte sein Veto gegen eine Resolution an, die einen Krieg gegen den Irak legitimierte. Damit stellte sich Frankreich klar gegen die USA und Großbritannien, die schließlich ohne UN-Mandat in den Krieg gegen den Irak zogen, teilte seinen Standpunkt aber mit Ländern wie Russland und Deutschland. Die klare Haltung Chiracs gegen ein militärisches Vorgehen führte zu einer Polarisierung in Europa zwischen Kriegsgegnern (vor allem Frankreich und Deutschland) und Kriegsbefürwortern (vor allem Großbritannien, Spanien und einige der osteuropäischen Beitrittsländer) und zu einer massiven Verschlechterung der Beziehungen zu den USA. Schon im Juni 2003, relativ kurze Zeit nach dem Irak-Krieg, erklärten Chirac und US-Präsident George W. Bush die französisch-amerikanischen Differenzen in Bezug auf den Irak für beendet. In Frankreich selbst stieß Chiracs strikter Antikriegskurs auf Zustimmung in nahezu allen politischen Lagern. Einen schweren Rückschlag musste die Regierung Chirac-Raffarin bei den Regionalwahlen im März 2004 hinnehmen: Mit knapp über 50 Prozent der Stimmen erreichten die Linksparteien - Sozialisten, Grüne und Kommunisten - erstmals seit der Präsidentenwahl von 1988 wieder eine absolute Mehrheit, während das konservativ-bürgerliche Lager um Chirac und Raffarin nur auf rund 37 Prozent kam. Die Bürgerlichen verloren außer im Elsass in allen der 26 Regionen die Regierungsverantwortung. Das Wahlergebnis spiegelte offensichtlich die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Reformpolitik der Regierung wider. Als Reaktion auf die Niederlage seiner Partei kündigte Chirac Korrekturen im Reformkurs an und erklärte sich zu Zugeständnissen bereit, und er bildete die Regierung um. An Raffarin als Premierminister hielt er trotz nachdrücklicher Forderungen nach seinem Rücktritt fest. Personelle Veränderungen gab es u. a. im Außenministerium, das der bisherige EU-Kommissar Michel Barnier übernahm, während der bisherige Außenminister Dominique de Villepin an die Spitze des Innenministeriums wechselte und der bisherige Innenminister Nicolas Sarkozy als Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie den notwendigen Aufschwung am Arbeitsmarkt und in der Konjunktur herbeiführen sollte. Eine weitere Niederlage erlebte die Regierung Chirac-Raffarin bei dem Referendum über die Europäische Verfassung am 29. Mai 2005: Fast 55 Prozent der Wähler (bei einer Wahlbeteiligung von 70 Prozent) stimmten gegen die Verfassung. Auch dieses Votum wurde maßgeblich von der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung bestimmt; Bedenken gegen die Verfassung selbst dürften eine geringere Rolle gespielt haben. In der Folge bildete Chirac erneut die Regierung um und trug nun doch der weiter gesunkenen Akzeptanz Raffarins Rechnung: Als neuen Premierminister berief Chirac den bisherigen Innenminister de Villepin, Sarkozy kehrte in das Innenministerium zurück, Außenminister wurde der bisherige Gesundheitsminister Philippe Douste-Blazy; außerdem wurde noch eine Reihe weiterer Regierungsposten umoder neu besetzt, zumeist mit Chirac-Vertrauten. Oberste Priorität auch der Regierung de Villepin war die Senkung der Arbeitslosenquote, die seit Jahren um die 10 Prozent betrug; die Wirtschaftspolitik der neuen Regierung - u. a. die Privatisierung von Staatsbetrieben - trug vorerst allerdings wenig zur Lösung des Problems bei, provozierte vielmehr landesweite Proteste und Streiks. In eine schwere Krise geriet das Land, als nach dem Tod zweier Jugendlicher auf der Flucht vor der Polizei Ende Oktober 2005 in einem Pariser Vorort Krawalle ausbrachen, die rasch auf das ganze Land, insbesondere auf die vor allem von Migranten bewohnten Banlieues (Vorstädte) im Umkreis von Großstädten übergriffen. Wochenlang kam es allnächtlich zu regelrechten Straßenkämpfen zwischen meist Jugendlichen mit Migrationshintergrund und Sicherheitskräften, in deren Verlauf hunderte Menschen verletzt und fast 5 000 festgenommen wurden, mehr als 10 000 Autos zerstört und etwa 550 öffentliche Gebäude beschädigt wurden. Innenminister Sarkozy machte schon zu Beginn der Unruhen vor allem mit markigen Aussprüchen, wie etwa dass man mit ,,Hochdruckreinigern" die Banlieues von dem ,,Gesindel" säubern müsse, von sich Reden, woraufhin die Krawalle noch einmal eskalierten. In der Folge erklärte die Regierung am 8. November für bestimmte Regionen den Ausnahmezustand; zugleich kündigte de Villepin ein Programm zur Verbesserung der sozialen Situation in den Banlieues an. In der zweiten Novemberhälfte flauten die Unruhen ab, und Anfang Januar 2006 wurde der Ausnahmezustand wieder aufgehoben. In Reaktion auf die Banlieue-Unruhen brachte die Regierung eine Reihe von Reformen auf den Weg, die auf die Bekämpfung der Diskriminierung von Migranten, eine Verbesserung von Integration und Ausbildung sowie auf die Schaffung von Arbeitsplätzen abzielten. Eines dieser Reformprojekte war der von de Villepin vorgelegte ,,Ersteinstellungsvertrag" (Contrat première embauche, CPE), der es Arbeitgebern erlauben sollte, neu Eingestellte bis zu einem Alter von 26 Jahren während der ersten zwei Jahre des Beschäftigungsverhältnisses ohne Angabe von Gründen fristlos zu entlassen, was nach Ansicht der Regierung die Unternehmen zu Neueinstellungen animieren würde. Nach heftigen Protesten einer breiten Front gesellschaftlicher Gruppen - Schüler, Studenten, Gewerkschaften - in Form von Demonstrationen, Streiks sowie einem Generalstreik annullierte Präsident Chirac am 10. April 2006 die CPE-Regelung; stattdessen wurden verschiedene andere Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung junger Menschen in die Wege geleitet. Eine weitere Konsequenz aus den Banlieue-Unruhen war ein von Sarkozy eingebrachtes und im Juni 2006 verabschiedetes Einwanderungsgesetz, das die Zuwanderung deutlich erschwerte. Am Ende der Banlieue-Unruhen und der Auseinandersetzungen um die Konsequenzen daraus sah sich de Villepin erheblich geschwächt, während Sarkozy seine Machtposition ausbauen konnte. Hatte de Villepin bis dahin noch als wahrscheinlicher UMP-Kandidat für die Präsidentenwahlen 2007 gegolten, so setzte sich in der Folge Sarkozy klar gegen alle parteiinternen Rivalen durch. Die Sozialisten nominierten mit Ségolène Royal erstmals in ihrer Geschichte eine Frau für das Präsidentenamt. Bei den Präsidentenwahlen setzte sich in der Stichwahl am 6. Mai 2007 Sarkozy mit gut 53 Prozent der Stimmen gegen Royal durch; die Wahlbeteiligung war in beiden Wahlgängen mit jeweils mehr als 84 Prozent so hoch wie seit Beginn der Fünften Republik nicht mehr. 7.24.5 Die Präsidentschaft Nicolas Sarkozys Am 16. Mai 2007 wurde Sarkozy als Nachfolger von Jacques Chirac im Amt des Staatspräsidenten vereidigt. Seine erste Auslandsreise führte ihn noch am selben Tag zu einem Antrittsbesuch nach Deutschland zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Zum Premierminister berief er mit François Fillon einen seiner engsten Vertrauten; seine Regierung verkleinerte er auf 15 Minister. Dieser ,,Reformregierung der Öffnung" gehörten sieben Frauen an sowie im Interesse einer Zusammenarbeit mit den anderen großen Parteien auch zwei nicht der Regierungspartei UMP angehörende Politiker, darunter der Sozialist Bernard Kouchner als Außenminister. Die Sozialisten sprachen Sarkozy jedoch die Bereitschaft zu einer echten Öffnung ab und bezeichneten die Aufnahme Kouchners (den sie im Übrigen als nicht mehr ihrer Partei zugehörig betrachteten) als Manöver zur Schwächung der Linken bei den bevorstehenden Parlamentswahlen. Aus den Parlamentswahlen am 10./17. Juni 2007 ging die UMP zwar mit 314 der insgesamt 577 Mandate erwartungsgemäß als absolut stärkste Partei hervor, verfehlte aber - selbst zusammen mit ihren Verbündeten - die angestrebte Zweidrittelmehrheit, die es Sarkozy erleichtert hätte, seine Reformvorhaben durchzusetzen. Gegenüber den Wahlen von 2002 verlor die UMP sogar rund 40 Mandate, während die Sozialisten etwa ebenso viele hinzugewannen und auf 185 Sitze kamen. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« beschränkt wird.

Eine weitere gravierende Beeinträchtigung der Fauna besteht darin, dass Frankreich den Massenfang von Vögeln für kulinarische Zwecke erlaubt, 1997schätzte man die Zahl der hier getöteten Vögel auf 70 Millionen.

Hinzu kommt, dass zwei Drittel der Waldflächen nur als Niederwald entwickelt sind.

Hier finden vor allemArten wie Feldhasen, Fasane und Rebhühner geeigneten Lebensraum.

In den Hochwäldern leben Rothirsche, Rehe, Wildschweine und Rotfüchse, in höheren Lagen der AlpenGämsen, Murmeltiere und Schneehasen.

Den Südwesten des Landes bewohnt ein bemerkenswertes Raubtier: die Ginsterkatze (eine Schleichkatze), in den Pyrenäen gibt esnoch einige wenige Braunbären.

Die frei lebenden Pferde in der Camargue sind verwilderte Hauspferde. Zu den Besonderheiten der Avifauna (Vogelwelt) gehören neben Schmutzgeiern fünf Adlerarten (Seeadler, Steinadler, Habichtsadler, Zwergadler, Schlangenadler), in derCamargue leben Flamingos.

Weitere besonders auffallende Vogelarten sind Bienenfresser und Wiedehopf.

Vor allem in den südlichen Landesteilen gibt es zahlreicheReptilien wie Geckos, Skinke (Glattechsen), Eidechsen (u.

a.

die bis 60 Zentimeter große Perleidechse), Schlangen (Nattern, Vipern) sowie Sumpf- und Meeresschildkröten.Die häufigsten Süßwasserfische sind Karpfen.

In den Küstengewässern des Atlantiks und des Mittelmeeres leben zahlreiche Fischarten, darunter Dorsche, Heringe, Makrelen,Plattfische, Sardinen und Thunfische. 3 BEVÖLKERUNG Frankreich hat etwa 64,1 Millionen Einwohner, woraus sich eine Bevölkerungsdichte von 100 Einwohnern pro Quadratkilometer ergibt.

Die Bevölkerung des Landes istethnisch relativ homogen, 94 Prozent der Einwohner sind französische Staatsbürger.

Die größten Gruppen ausländischer Herkunft sind Algerier, Portugiesen, Marokkaner,Italiener und Spanier.

Einen Siedlungsschwerpunkt bildet die Île-de-France; in diesem Gebiet liegt die Bevölkerungsdichte bei 839 Einwohnern pro Quadratkilometer. Die mittlere Wachstumsrate der Bevölkerung beträgt 0,58 Prozent.

Die Lebenserwartung liegt für Männer bei 77,7 Jahren und für Frauen bei 84,2 Jahren (2008). 3.1 Wichtige Städte Rund drei Viertel der Bevölkerung leben in Städten.

Größte Stadt Frankreichs ist Paris mit etwa 2,15 Millionen Einwohnern; die Gesamteinwohnerzahl in der AgglomerationParis beläuft sich auf rund 9,79 Millionen Menschen (2003).

In der Hafenstadt Marseille leben etwa 821 000 Menschen (in der Agglomeration circa 1,35 MillionenEinwohner).

Lyon mit etwa 466 400 Einwohnern (in der Agglomeration rund 1,39 Millionen Einwohner) ist der Hauptstandort der Textilindustrie. Weitere wichtige Städte sind das Industrie- und Handelszentrum Toulouse (435 000 Einwohner), das touristisch attraktive Nizza ( Nice; 347 900 Einwohner), Straßburg (Strasbourg; 273 000 Einwohner) mit seinem Rheinhafen, ein wichtiges Industrie- und Handelszentrum, Nantes (281 800 Einwohner), bekannt für Zuckerproduktion, Schiffbau und eine Reihe anderer Industriezweige, Bordeaux (231 000 Einwohner) mit bedeutendem Seehafen und ein Zentrum für Weinhandel und Industrie sowieMontpellier (244 000 Einwohner), ein Handels- und Gewerbezentrum. 3.2 Sprache Die Amtssprache Französisch wird von der großen Mehrheit der Landesbevölkerung gesprochen.

Daneben existieren in einigen Gebieten Regionalsprachen; Bretonisch in derBretagne, Baskisch und Katalanisch in den Pyrenäen, Provenzalisch in Teilen der Provence, Okzitanisch im Languedoc, Flämisch in Flandern sowie Deutsch im Elsass und inLothringen.

Der im Elsass gesprochene deutsche Dialekt wird Elsässisch genannt. In Frankreich hat die Pflege der französischen Sprache einen großen Stellenwert ( siehe Institut de France).

Trotz einiger durch den Verfassungsrat vorgeschriebener Veränderungen ist weiterhin das als Loi Toubon bekannt gewordene Gesetz aus dem Jahr 1994 in Kraft, das den obligatorischen Gebrauch der französischen Sprache in Werbung, Dokumenten und auf Kongressen vorsieht und Zuwiderhandlungen mit Geldbußen ahndet.

Dies richtet sich vor allem gegen die auch in Frankreich weitverbreiteten Anglizismen, in denen eine Gefahr für die kulturelle Identität gesehen wird. 3.3 Religion Rund 81 Prozent der Bevölkerung gehören der katholischen Kirche an, etwa 4,5 Prozent sind Muslime, die meisten von ihnen Sunniten.

Darüber hinaus leben auchProtestanten (circa 1,4 Prozent) und Juden (etwa 1,3 Prozent) in Frankreich.

Bis zu Beginn des 20.

Jahrhunderts waren Kirche und Staat nicht getrennt.

Der wachsendeEinfluss der katholischen Kirche auf Politik und öffentliche Bildung stieß jedoch auf starken Widerstand im Volk und führte 1905 zur gesetzlichen Trennung von Staat undKirche; seit diesem Zeitpunkt gibt es seitens des Staates keine finanzielle Unterstützung mehr, so dass die Kirche weitgehend auf Spenden angewiesen ist. 3.3. 1 Feiertage Die Franzosen läuten das neue Jahr am 1.

Januar ein.

Das Dreikönigsfest, genannt Le Jour des Rois wird am 6.

Januar gefeiert.

Auf den Ostersonntag folgt der Ostermontag als gesetzlicher Feiertag.

Der Maifeiertag (1.

Mai) ist in Frankreich auch gleichzeitig der Tag der Arbeit.

Am 8.

Mai wird der bedingungslosen Kapitulation desnationalsozialistischen Deutschlands vor den alliierten Kräften (1945) gedacht.

Vierzig Tage nach Ostern wird Christi Himmelfahrt gefeiert.

Pfingstsonntag (fünfzig Tage nachOstern) und der darauf folgende Pfingstmontag sind ebenfalls gesetzliche Feiertage.

Nationalfeiertag ist der Tag des Sturms auf die Bastille ( La Fête Nationale ) am 14.

Juli. Am 15.

August wird Mariä Himmelfahrt gefeiert.

Allen christlichen Heiligen wird am 1.

November La Toussaint, bzw.

Allerheiligen, Ehre erwiesen.

Der Tag des Waffenstillstands, der 11.

November, kennzeichnet den Tag, an dem die Alliierten und die Mittelmächte den 1.

Weltkrieg mit der Unterzeichnung einesWaffenstillstandsvertrages beendeten.

Weihnachten wird am 25.

Dezember gefeiert. 3.4 Soziales Die französische Krankenversicherung deckt in den meisten Fällen einen Teil der Kosten für ärztliche Behandlung, Medikamente und Krankenhausaufenthalte und übernimmtbei sozial schwachen Gruppen, Arbeitslosen und Kindern unter zehn Jahren die Gesamtheit dieser Kosten.

Die Krankenversicherung und andere Zweige derSozialversicherung fallen in den Zuständigkeitsbereich der Sécurité Sociale, die Kindergeld, Krankengeld, Mutterschaftsgeld sowie Erwerbsunfähigkeitsrente und Altersversorgung verwaltet.

Die Pflicht zur Sozialversicherung erfasst rund 98 Prozent der Einwohner Frankreichs.

Die Arbeitslosenquote beträgt 9,9 Prozent (2004).

Auf293 Einwohner kommt ein Arzt.

Die Kindersterblichkeitsrate liegt bei 0,9 Prozent (1995). 4 BILDUNG UND KULTUR 4.1 Bildung und Schulwesen Seit dem Mittelalter, namentlich mit der im 12.

Jahrhundert gegründeten Université de Paris, fungierten die französischen Bildungszentren als internationale Vorbilder.

Zuden einflussreichen Lehrmeistern gehörten Pierre Abélard im 12.

Jahrhundert, Michel de Montaigne im 16.

Jahrhundert, François Fénelon und Jean-Jacques Rousseau im18.

Jahrhundert sowie der Philosoph Victor Cousin im 19.

Jahrhundert. Die Zentralisierung des Schulsystems auf staatlicher Grundlage entwickelte sich zwischen 1806 und 1808 unter Napoleon.

Das moderne Bildungswesen gründet sich aufGesetze, die von 1881 bis 1886 durch den Unterrichtsminister Jules Ferry erlassen wurden.

Sie legten den unentgeltlichen Pflichtbesuch öffentlicher Schulen fest.

Unter denspäter erfolgten Gesetzesänderungen waren die Genehmigung eines freien Unterrichtswesens in Sekundarschulen und technischen Schulen, die Trennung von Kirche und. »

↓↓↓ APERÇU DU DOCUMENT ↓↓↓

Liens utiles