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Haïti - geographie.

Publié le 06/06/2013

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Haïti - geographie. 1 EINLEITUNG Haïti, Republik der Westindischen Inseln, umfasst das westliche Drittel der Insel Hispaniola. Haïti wird im Norden vom Atlantischen Ozean, im Osten von der Dominikanischen Republik, im Süden vom Karibischen Meer und im Westen von der Windward Passage begrenzt. Die Fläche des Landes beträgt 27 750 Quadratkilometer, die Hauptstadt ist Port-au-Prince. 2 LAND Haïti besteht aus zwei Halbinseln, die vom Golfe de la Gonâve getrennt werden. Das Land wird von Gebirgszügen dominiert, die von zahlreichen, meist engen Tälern durchzogen werden. Höchste Erhebung ist der im Südosten des Landes gelegene Pic la Selle mit 2 680 Metern. Die Küste ist stark zerklüftet, so dass es zahlreiche natürliche Häfen gibt. Die Küstenlänge beträgt insgesamt 1 770 Kilometer. Längster Fluss ist der in Teilen schiffbare Artibonite mit 170 Kilometern. Mit einer Fläche von 160 Quadratkilometern ist der Salzsee Étang Saumâtre größter See des Landes. Im Bereich von Haïti ist die Erdkruste tektonisch labil, von Zeit zu Zeit ereignen sich Erdbeben. 2.1 Klima In Haïti herrscht randtropisches Klima, das vom Nordostpassat beeinflusst wird. An der Luvseite der Gebirge betragen die Jahresniederschläge mehr als 2 000 Millimeter, während in windgeschützten Niederungen 600 Millimeter unterschritten werden können. Der überwiegende Teil der Niederschläge fällt im Sommer. Die mittleren Jahrestemperaturen liegen im Küstentiefland zwischen 25 und 28 °C. Haïti wird gelegentlich von tropischen Wirbelstürmen heimgesucht. 2.2 Flora und Fauna Die ursprüngliche Vegetation Haïtis, immergrüne Regen- und Bergwälder sowie regengrüne Wälder und Savannen, wurde durch land- und forstwirtschaftliche Nutzung stark reduziert. Derzeit sind jedoch nur noch etwa 3,8 Prozent (2005) der Landesfläche bewaldet. Pinienwälder finden sich in den höheren Bergregionen, vereinzelte Zedern-, Mahagoni- und Eichenbestände in den Tälern. In den Trockenregionen im Regenschatten der Gebirge gedeihen sukkulente Pflanzen und Dornstrauchvegetation. Zur Flora zählen neben zahlreichen Orchideenarten auch Orangen-, Brotfrucht- und Mangobäume. Auf Hispaniola gibt es über 5 600 Pflanzenarten, von denen 36 Prozent endemisch sind. Im Faunabereich sind zwei Säugetierarten auf der Insel endemisch: der Dominikanische Schlitzrüssler (ein Insektenfresser) und das Zaguti (ein Nagetier). Die Avifauna (Vogelwelt) wird u. a. durch Rosentrogon, Schwarzkappen-Sturmtaucher und Wanderfalke repräsentiert. Zur Reptilienfauna gehören Krokodile und Leguane. Giftschlangen gibt es hier nicht. 3 BEVÖLKERUNG Die Bevölkerung Haïtis besteht zu etwa 95 Prozent aus Schwarzen und zu fast 5 Prozent aus Mulatten. Die kleine weiße Minderheit umfasst überwiegend Ausländer. Die Haïtianer stammen von schwarzen Sklaven aus Afrika ab, die im 18. Jahrhundert von den französischen Kolonisten aus Westafrika verschleppt wurden. Die Einwohnerzahl Haïtis beträgt etwa 8,92 Millionen, die Bevölkerungsdichte 324 Einwohner pro Quadratkilometer bei einer jährlichen Wachstumsrate von 2,5 Prozent. 39 Prozent der Bevölkerung leben in Städten. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 57,6 Jahren (Männer 55,8 Jahre, Frauen 59,4 Jahre). 3.1 Wichtige Städte Die Hauptstadt Port-au-Prince mit etwa 2 Millionen Einwohnern (in der Agglomeration) ist das politische, kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des Landes. Weitere größere Städte sind Carrefour Moussignac (290 000), Delmas (240 000), Cap-Haïtien (114 000), Gonaïves (63 300) und Les Cayes (45 900). 3.1.1 Sprache und Religion Die Amtssprachen sind Französisch und haïtisches Créole (seit 1987), eine Kreolsprache, die das Französische der Kolonialzeit mit Elementen afrikanischer Sprachen verbindet. 90 Prozent der Haïtianer bekennen sich zum Katholizismus; es gibt eine Minderheit von Anglikanern, Baptisten und Bahai. Das Bekenntnis zum Christentum schließt jedoch synkretistische Elemente ein, viele Menschen sind Anhänger des Voodookultes. 3.1.2 Soziales Haïti ist eines der ärmsten Länder der Welt, der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Die desolate wirtschaftliche Lage spiegelt sich in der hohen Arbeitslosenquote wider. Die medizinische Versorgung ist unzureichend. Auf einen Arzt kommen 4 000 Einwohner, die Kindersterblichkeitsrate beträgt 62 Sterbefälle pro 1 000 Lebendgeburten. 4 BILDUNG UND KULTUR Es besteht eine 6-jährige Schulpflicht, der Schulbesuch ist unentgeltlich. Allerdings fehlt es dem Land an Lehranstalten, so dass viele Kinder keine Schule besuchen können. Der Alphabetisierungsgrad ist der niedrigste in Lateinamerika, er liegt bei etwa 55 Prozent. Die Universität von Haïti in Port-au-Prince wurde 1944 gegründet. 4.1 Kultureinrichtungen Haïti verfügt über mehrere ausgezeichnete Bibliotheken. Das Nationalarchiv und die Bibliothèque Nationale enthalten seltene Werke aus der Kolonialzeit. 4.2 Kunst Nach der Unabhängigkeit 1804 entstand während des 19. Jahrhunderts eine an Europa orientierte und von der Oberschicht getragene Kultur. Daneben existierte eine Volkskunst, die afrikanische mit indianischen Einflüssen verband. In der Mitte des 20. Jahrhunderts entstand eine haïtianische Richtung der naiven Kunst, die christliche Symbole mit solchen des Voodoo kombinierte. Dieser Stil stieß auch international auf großes Interesse und fand im 1944 gegründeten ,,Centre d'Art" in Port-au-Prince seinen Mittelpunkt. (Siehe auch lateinamerikanische Kunst und Architektur). 5 VERWALTUNG UND POLITIK Nach der Verfassung von 1987 ist Haïti eine Präsidialrepublik. 5.1 Exekutive Oberster Inhaber der Exekutivgewalt und zugleich Staatsoberhaupt ist der Präsident, der direkt für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt wird; er darf nicht zwei aufeinander folgende Amtszeiten absolvieren. Der Präsident ernennt den Ministerpräsidenten, der vom Parlament bestätigt werden muss. 5.2 Legislative Das Zweikammerparlament besteht aus dem Abgeordnetenhaus mit 99 Mitgliedern und dem Senat mit 30 Sitzen. Die Mitglieder des Abgeordnetenhauses werden für vier Jahre gewählt. Die Amtszeit der Senatoren beträgt sechs Jahre, ein Drittel der Sitze im Senat wird in Teilwahlen alle zwei Jahre neu besetzt. 5.3 Judikative Das Gerichtswesen orientiert sich am französischen Vorbild. Der Präsident ernennt die Richter, er hat auch ein Begnadigungsrecht. 5.4 Kommunalverwaltung Haïti ist in zehn Départements gegliedert, deren Präfekte von der Zentralregierung ernannt werden. Jedes Département ist in Arrondissements und Gemeinden unterteilt. 6 WIRTSCHAFT Haïti ist ein Agrarstaat mit einer auf der Landwirtschaft basierenden Kleinindustrie. Das Pro-Kopf-Einkommen zählt zu den niedrigsten in ganz Lateinamerika. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 4 975 Millionen US-Dollar (2006). Hiervon erwirtschaften der Dienstleistungssektor 55,3 Prozent, die Industrie 17,3 Prozent und der Agrarsektor 27,4 Prozent. Das BIP pro Kopf errechnet sich zu 526,70 US-Dollar. 6.1 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Etwa 51 Prozent der Erwerbstätigen sind in der Landwirtschaft beschäftigt. Wegen ungünstiger klimatischer Bedingungen (z. B. Hurrikane), einer starken Bodenerosion und der geringen Größe der Parzellen kann das Land den Eigenbedarf an Nahrungsmitteln nicht decken. Hauptexportprodukte sind Zuckerrohr, Kaffee, Sisal und Kakao. Für den Eigenbedarf werden vor allem Mais, Maniok, Süßkartoffeln, Mangos, Bohnen, Reis und Bananen angebaut. Die Wälder wurden durch Raubbau und Brandrodung zu erheblichen Teilen zerstört, die Forstwirtschaft wird durch fehlende Nachhaltigkeit beeinträchtigt. Eine wichtige Einkommensquelle ist der Fischfang. 6.2 Bergbau Haïti verfügt über Bauxit- und Kupfervorkommen, die Förderung wurde jedoch eingestellt. 6.3 Industrie Ein Großteil der Kleinindustrie Haïtis verarbeitet Produkte der einheimischen Landwirtschaft. Die im Land ansässige Leichtindustrie verarbeitet eingeführte Halbfertigwaren weiter. Der überwiegende Teil dieser Produkte geht in den Export. Einige ausländische Firmen (u. a. aus der Textil- und der Elektronikindustrie) haben aufgrund der niedrigen Personalkosten einen Teil ihrer Produktion nach Haïti verlegt. Die Petite industrie (Kunsthandwerk) fertigt Holzschnitzereien und Masken an. 6.4 Währung und Außenhandel Die Währung ist der Gourde (Gde.) zu 100 Centimes. Die Banque de la République d'Haïti ist die Staatsbank, sie wurde 1911 gegründet. Die wichtigsten Exportartikel sind Produkte der Leichtindustrie und Kaffee. Maschinen, Lebensmittel und Brennstoffe müssen zu einem großen Teil importiert werden. Ebenfalls zu den Einfuhrgütern zählen halbfertige Erzeugnisse. 6.5 Verkehrswesen Das Straßennetz in Haïti hat eine Länge von 4 160 Kilometern (1999), von denen ein Großteil während der Regenzeit nicht befahrbar ist. Nur ein kleiner Teil der Straßen ist asphaltiert. Die letzte Eisenbahnlinie wurde 1990 stillgelegt. Wichtige Häfen des Landes sind Port-au-Prince im Süden und Cap Haïtien im Norden des Landes. Der einzige internationale Flughafen liegt in Port-au-Prince. 6.6 Energie Mehrere Wasserkraftwerke versorgen das Land mit Strom; ein Kraftwerk liegt am Artibonite. 1971 wurde am Péligre ein weiteres Kraftwerk errichtet. 45,8 Prozent der Elektrizität werden in Wasserkraftwerken erzeugt (2003). 7 GESCHICHTE Die Insel Hispaniola, deren westlichen Teil der heutige Staat Haïti einnimmt, wurde beginnend mit Christoph Kolumbus' zweiter Reise zu den Westindischen Inseln 1493 von Spaniern besiedelt. Die Insel war zunächst der Hauptstützpunkt der Spanier für ihre Unternehmungen in Zentral- und Südamerika, wurde in dieser Funktion jedoch schon 1515 von Kuba abgelöst. Schon bald nach der Inbesitznahme der Insel forcierten die Spanier den Zuckerrohranbau und brachten zur Bewirtschaftung ihrer Plantagen bereits frühzeitig Sklaven aus Afrika auf die Insel, die relativ rasch die zurückgehende indigene Bevölkerung ersetzten. 7.1 Kolonialzeit Im 17. Jahrhundert setzte sich Frankreich im Westen der Insel fest, wobei die kolonialen Besitzverhältnisse zunächst ungeklärt blieben; erst durch den Frieden von Rijswijk erhielt Frankreich 1697 formell das westliche Drittel der Insel. Der nun französische Teil der Insel, der sich jetzt Saint-Domingue nannte, entwickelte sich zur reichsten französischen Kolonie; es entstand aber auch ein sehr strenges und komplexes Klassen-/Rassen-System mit den weißen Kreolen an der Spitze der Gesellschaftshierarchie, den Mulatten in der Mitte und der Masse der schwarzen Sklavenarbeiter an deren Ende. Vor dem Hintergrund der Französischen Revolution erhoben sich 1791 Schwarze und Mulatten gegen die weiße Oberschicht; Anführer des Aufstandes wurde Toussaint Louverture. 1794 hob die französische Revolutionsregierung die Sklaverei auf, die Schwarzen erhielten einen de facto autonomen Status. Bis 1795 eroberte Toussaint, der unterdessen im Dienst der Revolutionsregierung gegen spanische und britische Invasoren kämpfte, auch den Ostteil der Insel, und im Basler Frieden musste Spanien 1795 den Ostteil formell an Frankreich abtreten. 1801 proklamierte Toussaint die Unabhängigkeit der Insel, woraufhin Napoleon 1802 Truppen nach Hispaniola entsandte, um die Insel wieder unter französische Herrschaft zu bringen. Die Franzosen besiegten Toussaint und nahmen ihn gefangen, provozierten damit aber einen weiteren Krieg, der 1803 mit der Niederlage der französischen Truppen und ihrer Vertreibung von der Insel endete. 7.2 Unabhängigkeit, Machtkämpfe und Anarchie Im Januar 1804 erklärte Jean Jacques Dessalines, der nach Toussaints Gefangennahme den Aufstand weitergeführt hatte, die Insel unter dem Namen Haïti für unabhängig und erhob sich wenig später als Jacques I. selbst zum Kaiser. 1806 stürzten und ermordeten Henri Christophe und Alexandre Pétion den diktatorisch herrschenden Dessalines und spalteten die Insel in eine von Pétion regierte Mulattenrepublik im Süden und Westen und ein von Schwarzen dominiertes Königreich unter Christophe im Norden. 1808 wurde der östliche Teil der Insel wieder spanisch. 1820 vereinte Jean Pierre Boyer, seit 1818 Nachfolger Pétions im Süden, beide Teile wieder, 1822 gewann er auch den östlichen Teil der Insel zurück und herrschte bis zu seinem Sturz 1843 über die gesamte Insel. 1844 trennte sich der östliche Teil der Insel endgültig vom Westen; der Staat Haïti war fortan auf den Westteil von Hispaniola beschränkt. Von 1849 bis 1859 regierte der selbst ernannte Kaiser Faustin I. (eigentlich Faustin Soulouque) über Haïti; in der Folgezeit versank Haïti, nun wieder Republik, unter der Führung sich einander ablösender Oligarchien in Anarchie und Bürgerkrieg. 7.3 US-Besatzung und neuerliche Unruhen Der anhaltende Bürgerkrieg veranlasste 1915 die USA zu einer Intervention; sie besetzten Haïti und ließen sich per Vertrag die ,,Schutzherrschaft" über den Staat übertragen. 1934 zogen die USA ihre Truppen wieder ab, behielten aber bis 1947 die Finanzkontrolle über das Land. 1939 wurde der ehemalige Minister für die Beziehungen zu den USA, Élie Lescot, zum Präsidenten gewählt; 1944 verlängerte das haïtianische Parlament seine Amtszeit um weitere sieben Jahre. 1945 trat Haïti als eines der Gründungsmitglieder den Vereinten Nationen bei, 1947 unterzeichnete es den Rio-Pakt, und 1948 schloss es sich der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) an. Zunehmende politische Unruhen führten 1946 zur Absetzung Lescots durch das Militär. Zum neuen Präsidenten wurde der Schwarze Dumarsais Estimé gewählt. Nach dessen erzwungenem Rücktritt 1950 übernahm vorübergehend eine Militärjunta die Macht, bis noch im selben Jahr Paul Eugène Magloire, ein Mitglied der Junta, das Präsidentenamt übernahm. 7.4 Das Duvalier-Regime Nach schweren Unruhen gegen das diktatorische Regime Magloires wurde 1957 François Duvalier, genannt ,,Papa Doc", zum Präsidenten gewählt. Duvalier verdrängte die bisher in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dominierenden Mulatten aus ihren Führungspositionen und stützte sich auf die schwarzen Bevölkerungsschichten. 1958 setzte er die Verfassung außer Kraft, und 1961 löste er das Parlament auf und ersetzte es durch eine neues, ausschließlich mit seinen Anhängern besetztes. 1964 ernannte er sich per Verfassungsänderung zum Präsidenten auf Lebenszeit. Sein diktatorisches Regime setzte er mithilfe seiner paramilitärischen Geheimtruppen, der berüchtigten Tontons Macoutes, durch. Es kam immer wieder zu Unruhen und Aufständen gegen das Duvalier-Regime, die jedoch alle blutig niedergeschlagen wurden; tausende Regimegegner wurden ermordet. Und während das Land immer weiter in Armut versank, bereicherte sich der Duvalier-Clan hemmungslos. Durch eine Verfassungsänderung bestimmte Duvalier Ende 1970 seinen Sohn Jean Claude, genannt ,,Baby Doc", zu seinem Nachfolger; nach dem Tod des Vaters am 21. April 1971 übernahm der knapp 20-jährige Jean Claude das Präsidentenamt. Unter Jean Claude Duvalier entspannte sich die Lage in Haïti etwas: Die Wirtschaft nahm einen leichten Aufschwung, Liberalisierungen und Demokratisierung wurden angekündigt. Vor dem Hintergrund einer sich erneut verschlechternden Wirtschaftslage kehrte das Regime jedoch Anfang der achtziger Jahre wieder zum alten repressiven Kurs zurück. Ab 1984 nahm der Druck der Opposition auf das Regime erheblich zu, die Unruhen häuften sich, Anfang 1986 stellten die USA ihre Wirtschaftshilfe für Haïti ein, und wenig später sah sich Jean Claude Duvalier schließlich zur Flucht ins Exil gezwungen. Vor seiner Flucht hatte er noch eine Übergangsregierung eingesetzt. Im April 1987 wurde eine neue, liberale Verfassung verabschiedet; die Unruhen hielten jedoch an, u. a. deshalb, weil Verwaltung und Militär weiterhin von Duvalier-Anhängern dominiert wurden. Die für den November 1987 anberaumten Präsidentschaftswahlen mussten wegen der anhaltenden Unruhen ausgesetzt werden; der im Januar 1988 zum Präsidenten gewählte Leslie Manigat wurde bereits im Juni durch einen Militärputsch wieder gestürzt, und nach weiteren Machtkämpfen putschte sich im September 1988 General Prosper Avril ins Präsidentenamt. Vor dem Hintergrund neuerlicher schwerer Unruhen trat Avril im März 1990 zurück; es folgte eine zivile Übergangsregierung, deren Hauptaufgabe es war, geordnete Präsidentschaftswahlen vorzubereiten. Aus diesen Wahlen, die im Dezember 1990 stattfanden, ging Jean-Bertrand Aristide klar als Sieger hervor. Im Februar 1991 trat Aristide sein Amt an, gestützt auf verschiedene linke Parteien; bereits im September 1991 wurde er durch einen Militärputsch unter General Raoul Cédras wieder gestürzt und ging ins Exil. 7.5 Die Ära Aristide Unmittelbar nach dem Sturz Aristides verhängte die OAS Sanktionen gegen Haïti, um gegen das neue Militärregime die Rückkehr Aristides in das Präsidentenamt zu erzwingen. Im Juni 1993 folgten Sanktionen der Vereinten Nationen, die jedoch wieder ausgesetzt wurden, nachdem sich das haïtianische Militär und Aristide auf einen Plan für dessen Wiedereinsetzung bis zum 30. Oktober geeinigt hatten. Cédras jedoch weigerte sich, zurückzutreten, woraufhin die Vereinten Nationen im Oktober 1993 eine Handelsblockade verhängten und im Juli 1994 eine militärische Intervention beschlossen, um die Rückkehr des gewählten Präsidenten in sein Amt zu erzwingen. Diesem Druck musste Cédras sich schließlich beugen, und im Oktober 1994 konnte Aristide das Präsidentenamt wieder aufnehmen. Bereits im September 1994 hatten die USA 15 000 Soldaten nach Haïti verlegt, die für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sorgen sollten; im Februar 1996 wurde eine UN-Friedenstruppe in Haïti installiert, deren Mandat im November 1997 endete und die im Dezember 1997 durch eine internationale zivile UN-Polizeitruppe ersetzt wurde. Die USA zogen im Januar 2000 ihre letzten Truppen aus Haïti ab. Aus den Parlamentswahlen im Sommer 1995 ging Aristides Bewegung Organisation Politique Lavalas (OPL) als absolut stärkste Kraft in Abgeordnetenhaus und Senat hervor. Die Präsidentschaftswahlen im Dezember 1995, bei denen Aristide laut Verfassung nicht antreten durfte, gewann René Préval, ein Vertrauter Aristides. Préval trat sein Amt im Februar 1996 an und ernannte Rosny Smarth zum neuen Ministerpräsidenten. Ein wichtiges außenpolitisches Ziel blieb die Normalisierung der seit 1844 gespannten Beziehungen zum Nachbarland Dominikanische Republik; im Inneren stellten die katastrophale Wirtschaftslage und die Arbeitslosenquote von über 50 Prozent die drängendsten Probleme dar. Im Juni 1997 trat Ministerpräsident Smarth aufgrund anhaltender Kritik an seiner Wirtschaftspolitik zurück. Die in der Folgezeit von Préval vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten lehnte das Parlament durchwegs ab; denn die das Parlament dominierende OPL verweigerte jegliche Zusammenarbeit mit dem Präsidenten, solange nicht die umstrittenen Teilwahlen zum Senat vom April 1997 annulliert würden. Diese Wahlen seien, so der Vorwurf, zugunsten der von Aristide neu gegründeten Partei Fanmi Lavalas (FL) manipuliert worden. Im Juli 1998 ernannte Préval den Erziehungsminister Jacques-Édouard Alexis zum Ministerpräsidenten; der erhielt im Dezember 1998 die Zustimmung des Parlaments, jedoch keine endgültige Bestätigung. Im Januar 1999 erklärte Préval die Legislaturperiode für abgelaufen und regierte in der Folgezeit per Dekret und ohne Parlament, einigte sich aber mit verschiedenen Oppositionsparteien auf Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus und eines Teils der Senatoren, womit die umstrittenen Teilwahlen zum Senat von 1997 annulliert wurden. Die Neuwahlen wurden für November/Dezember 1999 anberaumt, dann aber mehrmals verschoben und fanden erst im Mai bis Juli 2000 statt. In diesen Wahlen gewann Aristides FL 18 der 19 zu vergebenden Senatssitze und 72 der insgesamt 83 Abgeordnetenmandate. Die in Opposition zur FL stehende, unterdessen in Organisation du Peuple en Lutte (OPL) umbenannte Organisation Politique Lavalas gewann lediglich ein Mandat. Internationalen Beobachtern zufolge waren die Wahlen von massiven Unregelmäßigkeiten geprägt; die USA und die Europäische Union z. B. erkannten das Wahlergebnis nicht an. Aus den von der Opposition weitgehend boykottierten Präsidentschaftswahlen am 26. November 2000 ging Aristide mit - nach offiziellen Angaben - über 90 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von etwa 60 Prozent als Sieger hervor; unabhängige Beobachter schätzten die Wahlbeteiligung allerdings auf nur etwa 10 Prozent. Bei der gleichzeitig stattfindenden Teilwahl des Senats gewann die FL alle der zu vergebenden neun Sitze. Der offensichtliche Wahlbetrug und die undemokratischen Verhältnisse veranlassten internationale Geberländer, bereits zugesagte, dringend benötigte Entwicklungshilfegelder in Höhe von etwa einer halben Milliarde US-Dollar einzufrieren. Der offizielle Amtsantritt Aristides am 7. Februar 2001 war begleitet von Unruhen und Gewalttätigkeiten zwischen Aristide-Anhängern und der in der Convergence Démocratique (CD) zusammengeschlossenen Opposition, die sich auch in der Folgezeit fortsetzten; Vermittlungsgespräche zwischen Regierung und Opposition fruchteten wenig. Auf Betreiben der OAS erklärte sich Aristide jedoch zu Neuwahlen des Parlaments und des Senats im Verlaufe des Jahres 2002 bereit; es blieb aber bei der Ankündigung. Zum Ministerpräsidenten ernannte Aristide im März 2001 den Wirtschaftsexperten Jean-Marie Chérestal, der jedoch bald bei Aristide in Ungnade fiel und im Januar 2002 unter dem Druck von Protestdemonstrationen, die das Aristide-Umfeld initiiert hatte, zurücktreten musste. Neuer Ministerpräsident wurde der bisherige Senatspräsident Yvon Neptune, ein langjähriger Vertrauter Aristides. 7.5.1 Der Sturz Aristides In der Folgezeit verschärften sich die Proteste gegen das zunehmend korrupte und gewalttätige Regime Aristides. Es kam immer wieder zu Demonstrationen und Auseinandersetzungen, und die Forderung nach einem Rücktritt Aristides wurde immer nachdrücklicher. Beginnend mit dem Unabhängigkeitstag am 1. Januar schlugen die Demonstrationen Anfang 2004 in einen militanten Aufstand der Opposition um. Oppositionelle Rebellengruppen brachten binnen weniger Wochen den Großteil des Landes unter ihre Kontrolle. Je näher sie der Hauptstadt Port-au-Prince rückten, desto intensiver suchten Staaten wie die USA und Frankreich, aber auch die Vereinten Nationen und die OAS in dem Konflikt zu vermitteln. Eine Lösung wurde allerdings nicht gefunden, da auf der einen Seite die Opposition den Rücktritt Aristides forderte, Aristide sich auf der anderen Seite einem Rücktritt verweigerte. Erst als die Rebellen kurz vor Port-au-Prince standen und auch die USA und Frankreich zunehmend Druck auf Aristide ausübten, trat er am 29. Februar 2004 zurück und setzte sich ins Ausland ab. Zur Wiederherstellung von Stabilität und Ordnung entsandten die Vereinten Nationen eine internationale Eingreiftruppe nach Haïti, wo teilweise chaotische Zustände herrschten, es noch immer Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und Aristide-Anhängern gab und Plünderungen an der Tagesordnung waren. Das Amt des Staatsoberhauptes übernahm verfassungsgemäß der Präsident des Obersten Gerichts, Boniface Alexandre; Ministerpräsident blieb vorerst Yvon Neptune. Am 3. März rief Neptune angesichts der fortdauernden Unruhen den Notstand aus. 7.6 Neuanfang Knapp eine Woche später berief der unterdessen zusammengetretene ,,Rat der Weisen", dem Vertreter aller relevanten Gruppierungen angehörten, den im Exil lebenden früheren haïtianischen Außenminister und UN-Diplomaten Gerard Latortue zum neuen Ministerpräsidenten. Am 17. März 2004 wurde Latortue zusammen mit seinem Kabinett, dem kein Mitglied der FL Aristides angehörte, vereidigt. Im Mai 2004 wurde Hispaniola von anhaltenden, starken Niederschlägen heimgesucht, in deren Folge es in der dominikanisch-haïtianischen Grenzregion zu schweren Überschwemmungen kam. In Haïti forderten die Hochwasser- und Schlammfluten vermutlich weit über tausend Todesopfer, zahlreiche Häuser und ganze Ortschaften wurden von den Wassermassen weggerissen oder von der Außenwelt abgeschnitten, und die Landwirtschaft erlitt ebenfalls erhebliche Schäden. Mitverantwortlich für das Ausmaß der Überschwemmungen war u. a. die unkontrollierte Abholzung der Wälder in Haïti. Im September 2004 folgte eine weitere Naturkatastrophe: Der Hurrikan Jeanne bzw. die starken Regenfälle und Überschwemmungen, die mit ihm einhergingen, forderten schätzungsweise 2 000 Todesopfer und machten erneut Zehntausende Haïtianer obdachlos. Ursprünglich für den Herbst 2005 geplant, mussten die Präsidentschaftswahlen wegen der prekären Sicherheitslage mehrmals verschoben werden und fanden schließlich am 7. Februar 2006 statt. Es gewann mit etwa 51 Prozent der Stimmen René Préval, der bereits zehn Jahre zuvor das Präsidentenamt innehatte, damals ein enger Parteigänger Aristides war, sich inzwischen aber von ihm und seiner Partei distanziert hatte. Die Wahlen waren erneut begleitet von teils gewalttätigen Protesten und Demonstrationen; während der Stimmenauszählung legten die Anhänger Prévals und seiner Partei Lespwa (Hoffnung) mit ihren Aktionen teilweise das öffentliche Leben völlig lahm. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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Der Präsident ernennt den Ministerpräsidenten, der vom Parlament bestätigt werden muss. 5.2 Legislative Das Zweikammerparlament besteht aus dem Abgeordnetenhaus mit 99 Mitgliedern und dem Senat mit 30 Sitzen.

Die Mitglieder des Abgeordnetenhauses werden für vierJahre gewählt.

Die Amtszeit der Senatoren beträgt sechs Jahre, ein Drittel der Sitze im Senat wird in Teilwahlen alle zwei Jahre neu besetzt. 5.3 Judikative Das Gerichtswesen orientiert sich am französischen Vorbild.

Der Präsident ernennt die Richter, er hat auch ein Begnadigungsrecht. 5.4 Kommunalverwaltung Haïti ist in zehn Départements gegliedert, deren Präfekte von der Zentralregierung ernannt werden.

Jedes Département ist in Arrondissements und Gemeinden unterteilt. 6 WIRTSCHAFT Haïti ist ein Agrarstaat mit einer auf der Landwirtschaft basierenden Kleinindustrie.

Das Pro-Kopf-Einkommen zählt zu den niedrigsten in ganz Lateinamerika.

DasBruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 4 975 Millionen US-Dollar (2006).

Hiervon erwirtschaften der Dienstleistungssektor 55,3 Prozent, die Industrie 17,3 Prozent und derAgrarsektor 27,4 Prozent.

Das BIP pro Kopf errechnet sich zu 526,70 US-Dollar. 6.1 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Etwa 51 Prozent der Erwerbstätigen sind in der Landwirtschaft beschäftigt.

Wegen ungünstiger klimatischer Bedingungen (z.

B.

Hurrikane), einer starken Bodenerosion undder geringen Größe der Parzellen kann das Land den Eigenbedarf an Nahrungsmitteln nicht decken.

Hauptexportprodukte sind Zuckerrohr, Kaffee, Sisal und Kakao.

Für denEigenbedarf werden vor allem Mais, Maniok, Süßkartoffeln, Mangos, Bohnen, Reis und Bananen angebaut.

Die Wälder wurden durch Raubbau und Brandrodung zuerheblichen Teilen zerstört, die Forstwirtschaft wird durch fehlende Nachhaltigkeit beeinträchtigt.

Eine wichtige Einkommensquelle ist der Fischfang. 6.2 Bergbau Haïti verfügt über Bauxit- und Kupfervorkommen, die Förderung wurde jedoch eingestellt. 6.3 Industrie Ein Großteil der Kleinindustrie Haïtis verarbeitet Produkte der einheimischen Landwirtschaft.

Die im Land ansässige Leichtindustrie verarbeitet eingeführte Halbfertigwarenweiter.

Der überwiegende Teil dieser Produkte geht in den Export.

Einige ausländische Firmen (u.

a.

aus der Textil- und der Elektronikindustrie) haben aufgrund derniedrigen Personalkosten einen Teil ihrer Produktion nach Haïti verlegt.

Die Petite industrie (Kunsthandwerk) fertigt Holzschnitzereien und Masken an. 6.4 Währung und Außenhandel Die Währung ist der Gourde (Gde.) zu 100 Centimes.

Die Banque de la République d’Haïti ist die Staatsbank, sie wurde 1911 gegründet.

Die wichtigsten Exportartikel sindProdukte der Leichtindustrie und Kaffee.

Maschinen, Lebensmittel und Brennstoffe müssen zu einem großen Teil importiert werden.

Ebenfalls zu den Einfuhrgütern zählenhalbfertige Erzeugnisse. 6.5 Verkehrswesen Das Straßennetz in Haïti hat eine Länge von 4 160 Kilometern (1999), von denen ein Großteil während der Regenzeit nicht befahrbar ist.

Nur ein kleiner Teil der Straßen istasphaltiert.

Die letzte Eisenbahnlinie wurde 1990 stillgelegt.

Wichtige Häfen des Landes sind Port-au-Prince im Süden und Cap Haïtien im Norden des Landes.

Der einzigeinternationale Flughafen liegt in Port-au-Prince. 6.6 Energie Mehrere Wasserkraftwerke versorgen das Land mit Strom; ein Kraftwerk liegt am Artibonite.

1971 wurde am Péligre ein weiteres Kraftwerk errichtet.

45,8 Prozent derElektrizität werden in Wasserkraftwerken erzeugt (2003). 7 GESCHICHTE Die Insel Hispaniola, deren westlichen Teil der heutige Staat Haïti einnimmt, wurde beginnend mit Christoph Kolumbus’ zweiter Reise zu den Westindischen Inseln 1493 vonSpaniern besiedelt.

Die Insel war zunächst der Hauptstützpunkt der Spanier für ihre Unternehmungen in Zentral- und Südamerika, wurde in dieser Funktion jedoch schon1515 von Kuba abgelöst.

Schon bald nach der Inbesitznahme der Insel forcierten die Spanier den Zuckerrohranbau und brachten zur Bewirtschaftung ihrer Plantagen bereitsfrühzeitig Sklaven aus Afrika auf die Insel, die relativ rasch die zurückgehende indigene Bevölkerung ersetzten. 7.1 Kolonialzeit Im 17.

Jahrhundert setzte sich Frankreich im Westen der Insel fest, wobei die kolonialen Besitzverhältnisse zunächst ungeklärt blieben; erst durch den Frieden von Rijswijkerhielt Frankreich 1697 formell das westliche Drittel der Insel.

Der nun französische Teil der Insel, der sich jetzt Saint-Domingue nannte, entwickelte sich zur reichstenfranzösischen Kolonie; es entstand aber auch ein sehr strenges und komplexes Klassen-/Rassen-System mit den weißen Kreolen an der Spitze der Gesellschaftshierarchie,den Mulatten in der Mitte und der Masse der schwarzen Sklavenarbeiter an deren Ende. Vor dem Hintergrund der Französischen Revolution erhoben sich 1791 Schwarze und Mulatten gegen die weiße Oberschicht; Anführer des Aufstandes wurde Toussaint. »

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