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Pakistan - geographie.

Publié le 07/06/2013

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Pakistan - geographie. 1 EINLEITUNG Pakistan, amtlich Islami Jumhuriya-e Pakistan (Islamische Republik Pakistan), Republik in Südasien, grenzt im Norden und Nordwesten an Afghanistan, im Norden an China, im Nordosten an Kaschmir, im Osten und Südosten an Indien, im Süden an das Arabische Meer und im Westen an den Iran. Über den Status von Kaschmir herrscht zwischen Indien und Pakistan keine Einigkeit. Pakistan wurde 1947 unabhängig und umfasste bis Dezember 1971 auch die Provinz Ostpakistan; diese nahm nach ihrer Abspaltung von Pakistan den Staatsnamen Bangladesch an. Das Staatsgebiet Pakistans hat eine Fläche von 796 095 Quadratkilometern ohne den unter pakistanischer Kontrolle stehenden Teil von Kaschmir. Die Hauptstadt Pakistans ist Islamabad; die größte Stadt ist Karachi. 2 LAND Pakistan befindet sich im Übergangsbereich zwischen dem Mittleren Osten und dem Indischen Subkontinent. Im Norden hat es Anteil an einigen der höchsten Gebirgsketten der Erde. Das Land erstreckt sich von Norden nach Süden über circa 1 600 Kilometer, die West-Ost-Ausdehnung beträgt rund 1 400 Kilometer. Die Küstenlänge liegt bei etwa 1 046 Kilometern. 2.1 Physische Geographie Das Industiefland nimmt mehr als ein Drittel der Staatsfläche ein. Westlich der Stromebene erheben sich Gebirgsketten wie das Sulaimangebirge (bis 3 441 Meter hoch) und das Kirthargebirge, an die im Südwesten Pakistans das Hochland von Belutschistan anschließt. Im Norden hat Pakistan Anteil an den Hochgebirgen Hindukusch, Karakorum und Himalaya. Im Osten geht die Indusebene in die Wüste Tharr (Große Indische Wüste) über, die auch auf indisches Staatsgebiet übergreift. Die höchste Erhebung in Pakistan ist der K2 (Mount Godwin-Austen). Der 8 611 Meter hohe Berg befindet sich im Karakorum und ist nach dem Mount Everest der zweithöchste Berg der Erde. Weitere Achttausender auf pakistanischem Gebiet sind u. a. der Nanga Parbat sowie Gasherbrum I und II. Eine wichtige Verkehrsverbindung ist der Khyber-Pass. Er verläuft durch das Gebirge Safid Kuh (Safed Koh) an der pakistanisch-afghanischen Grenze. Der Norden des Landes befindet sich an der Nahtstelle zweier tektonischer Platten (siehe Plattentektonik). In diesem Bereich schiebt sich die Indische Platte in nördlicher Richtung unter die Eurasische Platte. Die dabei entstehende Spannung entlädt sich von Zeit zu Zeit in Erdbeben. Ein besonders schweres Beben ereignete sich im Oktober 2005 im pakistanischen Teil von Kaschmir. Dabei wurden weite Landstriche verwüstet, etwa 80 000 Menschen starben und über drei Millionen verloren ihr Obdach. 2.2 Flüsse und Seen Längster Fluss des Landes ist der Indus, der Pakistan auf einer Länge von rund 2 200 Kilometern durchfließt und in einem Delta in das Arabische Meer mündet. Seine linken Nebenflüsse Jhelum, Chenab, Ravi, Beas und Sutlej bilden im Osten des Landes das Fünfstromland (siehe Punjab). 2.3 Klima Pakistan wird von kontinentalem Klima geprägt, die jahreszeitlichen Temperaturunterschiede nehmen mit zunehmender Entfernung von der Küste zu. In Karachi an der Küste liegt die mittlere Temperatur im Januar bei 19 °C, im Juli bei 30 °C, in Lahore am Gebirgsrand liegen die entsprechenden Werte bei 12 °C bzw. 32 °C. In der Wüste Tharr wurde bereits ein absolutes Maximum von 52 °C gemessen. Die Jahresniederschläge sind insgesamt gering. Die höchsten Werte werden mit durchschnittlich 1 200 Millimetern an den windexponierten Hängen der Hochgebirge erreicht. Im Punjab liegen die Mittelwerte bei rund 500 Millimetern, während in der Wüste Tharr in trockenen Jahren 100 Millimeter unterschritten werden können. Der meiste Niederschlag fällt zur Zeit des Sommermonsuns zwischen Juli und September. 2.4 Flora und Fauna Die Vegetation variiert mit Höhenlage und Jahresniederschlag. Im überwiegenden Teil des Landes dominieren Steppen oder wüstenartige Landschaften, der natürliche Pflanzenwuchs besteht größtenteils aus dürreresistenten Gräsern und niedrigen Bäumen. Alpiner Pflanzenbewuchs ist an den Hängen des Hochgebirges zu finden. Die Wetterseiten sind bewaldet; hier gedeihen Fichten, immergrüne Eichen, Kiefern und die Himalayazeder. Pakistan hat eine vielfältige Tierwelt, dazu gehören Arten wie die in Mitteleuropa heimischen Rothirsche und Wildschweine. In den Hochgebirgen leben Schneeleoparden, Leoparden, Braunbären, Steinböcke, Bezoarziegen und Wildschafe. In den Steppen sind Goldschakale, Streifenhyänen, Karakale, Steppenkatzen und Fischkatzen beheimatet. Im Indusdelta kommen Krokodile vor. 3 BEVÖLKERUNG Die ethnische Zusammensetzung der pakistanischen Bevölkerung ist sehr vielfältig, da das Land in einer Region liegt, die von alters her immer wieder von neuen Einwanderern erobert wurde. Die Bewohner sind dravidischer, indoarischer, griechischer, skythischer, mongolischer, arabischer, persischer, türkischer und afghanischer Herkunft. Heute leben in Pakistan rund 50 Prozent Panjabi, 15 Prozent Paschtunen, 15 Prozent Sindhi, 10 Prozent Saraiki und 8 Prozent Urdu. Die Einwohnerzahl des Landes beträgt etwa 168 Millionen (2008), was einer durchschnittlichen Bevölkerungsdichte von 215 Personen pro Quadratkilometer entspricht. Das jährliche Bevölkerungswachstum liegt bei 1,8 Prozent. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 64,1 Jahre (Männer 63,1 Jahre, Frauen 65,2 Jahre). 34,8 Prozent der Bevölkerung leben in Städten. 3.1 Wichtige Städte Pakistans größte Stadt und wirtschaftlicher und industrieller Mittelpunkt ist Karachi mit etwa 9,34 Millionen Einwohnern. Weitere bedeutende Städte sind Lahore (5,06 Millionen), ein industrielles Zentrum, Faisalabad (2,51 Millionen), ein Zentrum der Baumwollindustrie, Rawalpindi (1,41 Millionen), Sitz verschiedener Industrien und wichtiger Militärstützpunkt, Hyderabad (1,39 Millionen), ein Industriestandort, Multan (1,18 Millionen) und Peshawar (2 242 000), der Mittelpunkt für den Handel mit Afghanistan. Islamabad (698 000) ist die Hauptstadt Pakistans. 3.2 Sprache Amtssprache in Pakistan ist Urdu, eine indoarische Sprache, die jedoch von vergleichsweise wenigen Menschen als Muttersprache gesprochen wird (ca. 8 Prozent). Urdu wird zur Stärkung des Nationalbewusstseins gefördert und dient den meisten Pakistanern als Zweitsprache. Panjabi ist die am weitesten verbreitete Sprache (ca. 66 Prozent), gefolgt von Sindhi, Paschtu, Belutschi und Brahui (indische Sprachen). In den gebildeten Kreisen wird auch Englisch gesprochen. Die vielen Sprachen und Dialekte Pakistans zeugen von der kulturellen Vielfalt des Landes. 3.3 Religion Fast 100 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Islam, rund 90 Prozent davon sind sunnitische, der Rest schiitische Muslime. Hindus und Christen bilden religiöse Minderheiten. Daneben gibt es Sikhs, Parsen und eine kleine Zahl Buddhisten. Die Verfassung definiert Pakistan als islamische Nation; seit den Verfassungsänderungen von 1986 und 1991 ist die islamische Scharia oberste Rechtsquelle. Die Verfassung garantiert jedoch Glaubensfreiheit. 3.3.1 Feiertage Weltliche Feiertage sind der Pakistan-Tag (23. März), der Tag der Arbeit (1. Mai), der Unabhängigkeitstag (14. August), der Tag der Verteidigung Pakistans (6. September), der Todestag des Staatsgründers Quaid-e-Azam (11. September), der Tag des Allama Iqbal (9. November) und der Geburtstag von Quaid-e-Azam (25. Dezember). Die islamischen Feiertage richten sich nach dem Mondkalender und fallen jedes Jahr auf einen anderen Tag. Zu den wichtigsten gehören: Eid-al-Fitr, das Dreitagefest am Ende des Monats Ramzan (Ramadan), Eid-al-Azha (Opferfest), das Abrahams Bereitschaft gedenkt, seinen Sohn zu opfern, sowie die Pilgerfahrt (Haj) nach Mekka und schließlich Eid-i-Milad-un-Nabi, der Geburtstag des Propheten Mohammed. 3.4 Soziales Die Gesundheitsfürsorge funktioniert in Pakistan wegen fehlender Finanzmittel und medizinischer Einrichtungen nur eingeschränkt, vor allem in ländlichen Gebieten. Auf einen Arzt kommen 1 353 Einwohner (2004), die Kindersterblichkeitsrate beträgt 67 Sterbefälle pro 1 000 Lebendgeburten (2008). 1976 wurde eine Altersversorgung eingeführt, die durch staatliche Fonds finanziert wird, aber nur relativ wenige Pakistanis sind dadurch im Alter abgesichert. Die Arbeitslosenquote beträgt 7,7 Prozent (2004). 4 BILDUNG UND KULTUR Als muslimische Nation ist Pakistan stark von der Kultur und den Traditionen des Islam geprägt. 4.1 Bildung und Schulwesen 47,4 Prozent der erwachsenen Pakistanis können lesen und schreiben. Laut Verfassung besteht eine allgemeine Schulpflicht von drei Jahren, doch besuchen tatsächlich weniger als die Hälfte der fünf- bis neunjährigen Kinder eine Schule. Alphabetisierungskampagnen für Erwachsene spielen eine große Rolle im Kampf gegen das Analphabetentum. Zunehmende Bedeutung können religiös orientierte Schulen für sich in Anspruch nehmen. Die großstädtischen Eliten lassen ihren Nachwuchs bevorzugt an privaten Colleges ausbilden. Etwa 2 Prozent des Bruttosozialprodukts fließen in den Erziehungssektor. Pakistan hat 24 staatliche Universitäten und Hochschulen, die teilweise bereits Ende des 19. Jahrhunderts gegründet wurden, außerdem drei private Universitäten. Zu den führenden universitären Einrichtungen Pakistans zählen die Universität Karachi (gegründet 1951), die Universität von Punjab (gegründet 1882) in Lahore, die Universität Peshawar (gegründet 1950), die Universität des Sind (gegründet 1947) in Dadu und die landwirtschaftliche Hochschule (gegründet 1909) in Faisalabad. Die staatlichen Hochschulen werden finanziell kaum unterstützt, Ausnahmen gelten nur für wenige Institute mit vorwiegend technologischer Ausrichtung. 4.2 Kultureinrichtungen In Karachi befinden sich die wichtigsten Bibliotheken des Landes; es sind die Liakat Memorial Library, die Central Secretariat Library und die Universitätsbibliothek. Erwähnenswert sind auch das pakistanische Staatsarchiv in Islamabad und die Öffentliche Bibliothek von Punjab in Lahore. Das pakistanische Nationalmuseum in Karachi besitzt bedeutende Ausstellungsstücke über die Induskulturen wie auch Gebrauchs- und Kunstgegenstände der buddhistischen und islamischen Sphäre. Kulturelle Zeugnisse sind ferner im Museum von Lahore und im Museum von Peshawar zu besichtigen. In Lahore gibt es auch ein Industrie- und Gewerbemuseum. Die Kultureinrichtungen Pakistans werden staatlicherseits kaum gefördert. 4.3 Medien Die staatliche Fernsehanstalt Pakistan Television Corporation strahlt ein Fernsehprogramm aus, das von der Regierung kontrolliert und zensiert wird. Die ersten Übertragungen begannen 1964 in Lahore, ab 1966 auch in Karachi. Zeitungen erscheinen hauptsächlich in Urdu und Englisch. In Pakistan gibt es 291 Tageszeitungen und 560 Wochenzeitungen, viele in kleiner Auflage. Die wichtigsten Tageszeitungen sind in Lahore und Karachi konzentriert. Die Gesamtauflage aller Tageszeitungen lag 1999 bei rund 6 Millionen. Bezüglich der Pressefreiheit konstatierte die internationale Organisation Reporter ohne Grenzen für das Jahr 2000 eine ,,gefährliche Situation". 5 VERWALTUNG UND POLITIK Pakistan ist seit der Abspaltung von Ostpakistan im Jahr 1971 eine islamische Republik mit föderativem Staatsaufbau. 1973 wurde eine neue Verfassung verabschiedet, die die seit 1956 gültige Verfassung ablöste. Nach dem Militärputsch von 1977 wurde jedoch das Kriegsrecht verhängt und die Verfassung von 1973 in weiten Teilen suspendiert. Erst 1985 wurde das Kriegsrecht aufgehoben und die Verfassung wiederhergestellt, allerdings mit Änderungen zugunsten der Rolle des Präsidenten, dem nun die Befugnis zugestanden wurde, den Ministerpräsidenten zu entlassen, das Parlament aufzulösen und bei Gesetzgebungsvorhaben sein Veto einzulegen. Durch weitere Verfassungsänderungen wurden 1997 diese Sonderrechte des Präsidenten wieder abgeschafft, 2002 jedoch erneut in die Verfassung aufgenommen. Nach dem Militärputsch von 1999 wurde erneut die Verfassung außer Kraft gesetzt, das Parlament zunächst suspendiert und 2001 schließlich aufgelöst. 2002 erfolgte die Rückkehr zu parlamentarischen Strukturen. 5.1 Exekutive Nach der Verfassung von 1973, die 2002 letztmals geändert wurde, steht an der Spitze des Staates der Präsident, der für fünf Jahre von einem Wahlmännerkollegium gewählt wird. Ihm unterstellt ist der Ministerpräsident. Der Präsident verfügt über weit reichende Machtbefugnisse; so kann er den Ministerpräsidenten ernennen und entlassen und das Parlament auflösen. 5.2 Legislative Die Gesetzgebung liegt bei einem Zweikammerparlament, dem Oberhaus (Senat) und dem Unterhaus (Nationalversammlung). Die Nationalversammlung hat - seit der Änderung des Wahlsystems 2002 - 342 Sitze, wovon 60 Sitze für Frauen reserviert sind und zehn für ethnische Minderheiten; 272 Abgeordnete werden alle fünf Jahre in allgemeinen Wahlen gewählt. Der Senat hat 87 Sitze; seine Mitglieder werden indirekt durch die Provinzparlamente für eine Dauer von sechs Jahren gewählt. In Pakistan besteht allgemeines Wahlrecht ab 18 Jahren. 5.3 Judikative Das höchste Gericht in Pakistan ist der Oberste Gerichtshof. An der Spitze jeder Provinz steht ein Hochgericht. Ferner wurde ein islamisches Gericht (Scharia-Gerichtshof des Bundes) etabliert, das darüber entscheidet, ob die Gesetzgebung den Vorschriften des Islam widerspricht oder nicht. Seit 1991 ist ein Gesetz in Kraft, dem zufolge das Strafrecht mit der Scharia übereinstimmen muss. 1992 wurde die 1986 abgeschaffte Todesstrafe wieder eingeführt. Im Januar 2000 wurde die Justiz der seit dem Putsch vom Oktober 1999 amtierenden Militärregierung unterstellt. 5.4 Kommunalverwaltung Pakistan gliedert sich in vier Provinzen - Belutschistan, North-West Frontier Province (Nordwestliche Grenzprovinz), Punjab und Sind -, den Hauptstadtbezirk Islamabad sowie die der Zentralregierung direkt unterstehenden Stammesgebiete entlang der nordwestlichen Grenze zu Afghanistan. Den Provinzgouverneuren, die der Staatspräsident selbst ernennt, stehen gewählte Regionalversammlungen zur Seite. Die Provinzen sind nochmals in 50 Distrikte und so genannte Agencies (in den Stammesgebieten) unterteilt. Die Stammesgebiete - Khyber, Kurram, Malakand, Mohmand, Nord- und Südwaziristan - werden offiziell von politischen Vertretern regiert, die der Zentralregierung verantwortlich sind. In diesen Gebieten haben die pakistanischen Gesetze keine Gültigkeit, vielmehr werden sie nach Stammesrecht regiert. Azad Kashmir, der westliche Teil von Kaschmir, der von Pakistan kontrolliert wird, hat seine eigene Regierung, einen eigenen Präsidenten, Premierminister und eigene Gerichte. Der nördliche Teil - Gilgit, Diamir und Baltistan - untersteht direkt der Zentralregierung. 5.5 Politik Unter dem Kriegsrecht (1977-1985) wurden politische Parteien zuerst rigoros eingeschränkt und 1979 ganz verboten. 1985 durften sie ihre politische Arbeit wieder aufnehmen. Die dominierenden Parteien seither sind die linksgerichtete Pakistan People's Party (PPP, Pakistanische Volkspartei) und die Muslim-Liga (PML, Pakistan Muslim League). Die PPP war in den sechziger Jahren von Zulfikar Ali Khan Bhutto gegründet worden und vor der Zeit des Kriegsrechtes die einflussreichste Partei im Land gewesen. Nach Zulfikars Tod wurde die Partei von seiner Tochter Benazir Bhutto geführt. Die PML spaltete sich 2001 in zwei Parteien: in die dem Präsidenten Pervez Musharraf nahestehende Pakistan Muslim League - Quaid-e-Azam (PML-Q) und die Pakistan Muslim League - Nawaz (PML-N) des von Musharraf gestürzten ehemaligen Ministerpräsidenten Nawaz Sharif. Von Bedeutung ist außerdem das Bündnis religiöser Parteien Muttahida Majlis-e-Amal (MMA). 5.6 Verteidigung Pakistan hat eine Freiwilligenarmee. Die Streitkräfte verfügen über 619 000 Soldaten, wovon der Armee 550 000 Mann, der Luftwaffe 45 000 Mann und der Marine 24 000 Mann angehören. 6 WIRTSCHAFT Im internationalen Vergleich gehört Pakistan zu den Ländern mit niedrigem Einkommen. Die Wirtschaft des Landes leidet trotz verschiedener Reformbestrebungen unter Strukturproblemen. Ein wichtiges Standbein der Wirtschaft ist die Landwirtschaft, insbesondere der Anbau von Baumwolle. Der Handel mit Baumwolle befindet sich noch weitgehend in staatlicher Hand. Ein Großteil der produzierten Baumwolle und der Produkte der einheimischen Textil- und Bekleidungsindustrie gehen in den Export; ebenfalls von Bedeutung ist der Export von Reis. Dagegen muss Pakistan Maschinen und Chemikalien (Düngemittel, Pflanzenschutzmittel) sowie in umfangreichem Maß Erdöl und -produkte einführen. Pakistan erhält beträchtliche Wirtschaftshilfe von ausländischen Staaten und von internationalen Organisationen. Das Land ist Mitglied u. a. der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds und der Welthandelsorganisation (WTO). Pakistan investiert viel Geld in den Ausbau des Rüstungssektors (die Ausgaben für Verteidigungszwecke beliefen sich 2002 auf 18,03 Prozent der gesamten Staatsausgaben). Aufgrund seiner Atomtests im Mai 1998 wurde das Land seitens der USA 1998 mit einem Handelsembargo belegt. Zusätzlich blockierte der Internationale Währungsfonds Kreditauszahlungen, wodurch Pakistan an den Rand eines Staatsbankrotts geriet. Erst nach einer Lockerung des Embargos Anfang 1999 und Nachverhandlungen mit dem IWF entspannte sich die Lage langsam. Mit Hilfe eines einschneidenden Reformprogramms versuchte Pakistan seine Wirtschaft wiederzubeleben. 2006 betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 127 Milliarden US-Dollar (Dienstleistungen 53,4 Prozent, Industrie 27,2 Prozent, Landwirtschaft 19,4 Prozent); das BIP pro Kopf lag bei 797,70 US-Dollar. Im Dienstleistungssektor sind 37 Prozent der Erwerbstätigen beschäftigt, in der Industrie 21 Prozent. 6.1 Landwirtschaft 28,6 Prozent des Landes, hauptsächlich im Industiefland, sind landwirtschaftlich nutzbar, wobei der größte Teil der Anbaufläche künstlich bewässert wird. 42 Prozent aller Erwerbstätigen sind in der Landwirtschaft beschäftigt. Zu den wichtigsten Anbaufrüchten gehören Baumwolle, Zuckerrohr, Reis, Weizen und Mais. Die meisten Bewohner ländlicher Gebiete halten Vieh; die Bewohner trockener Hochebenen wie diejenigen in Belutschistan leben im Allgemeinen als nomadisierende Hirten. Die Tierhaltung umfasst überwiegend Rinder, Schafe, Büffel, Esel, Kamele und Hühner. 6.2 Forstwirtschaft und Fischerei 2,4 Prozent des Landes sind bewaldet. Der größte Teil des Holzeinschlages wird als Brennmaterial verwendet. Die Fischerei ist unterentwickelt, wird aber extensiv betrieben. Der größte Teil des Fanges stammt aus dem Indischen Ozean. Gefangen werden u. a. Sardinen, Sardellen und Haie; auch der Garnelenfang ist bedeutend. 6.3 Bergbau Die Bodenschätze des Landes sind noch nicht vollständig erforscht, umfassen aber Steinsalz, Kohle, Gips, Kalkstein, Schwefel, Ton, Graphit, Chrom-, Eisen- und Kupfererz sowie Erdöl- und Erdgasfelder. Viele bekannte Vorkommen, vor allem Eisenerz- und Kohlelagerstätten, sind von geringer Qualität. Kleinere Erdölfelder wurden zuerst 1915 entdeckt; bei intensiven Prospektierungen in den achtziger Jahren wurden vor allem im Sind neue Erdölquellen entdeckt. Ausgedehnte Erdgasvorkommen in der Grenzregion zwischen Belutschistan und Punjab sind seit den fünfziger Jahren bekannt. 6.4 Industrie Ein Großteil der verarbeitenden Industrie Pakistans ist in klein- und mittelständischen Betrieben organisiert. Große Bedeutung kommen der Textil- und Bekleidungsindustrie sowie der Nahrungsmittelindustrie und der Herstellung von Lederwaren zu. Weitere Industriezweige sind die chemische und die Metall verarbeitende Industrie. Die Herstellung von Teppichen hat ebenfalls wirtschaftliche Bedeutung. 6.5 Währung und Bankwesen Die Währungseinheit ist die Pakistanische Rupie (eine Rupie entspricht 100 Paisa). Die 1948 gegründete Staatsbank von Pakistan ist die Zentralbank. Einige führende Auslandsbanken haben Dépendancen im Land. Die Geschäfte der Banken und anderer Finanzinstitute unterliegen zum Teil dem islamischen Recht. So dürfen sie nach der geänderten Gesetzgebung von 1985 keine Zinsen für Transaktionen innerhalb des Landes zahlen und nach einer Scharia-Regelung von 1991 keine Zinsen berechnen. Stattdessen vermitteln Banken ein Geflecht von Investitionspartnerschaften mit Kunden. 6.6 Außenhandel Pakistans Handelsbilanz ist negativ. Hauptexportgüter sind Baumwollprodukte, synthetische Textilien, Nahrungsmittel, Lederwaren, Reis, Sportartikel und Teppiche. Das Land importiert vor allem Chemikalien, Nahrungsmittel (u. a. Weizen), Maschinen sowie Erdöl und -produkte. Pakistans wichtigste Handelspartner sind die EU, Japan, die USA, Saudi-Arabien und Kuwait. 6.7 Verkehrswesen und Tourismus Pakistan verfügt über 258 340 Kilometer Straßen (2004), von denen 65 Prozent asphaltiert sind. Das Streckennetz der pakistanischen Eisenbahn umfasst 7 791 Kilometer (2006). Karachi ist der größte und wichtigste Seehafen; ein weiterer wichtiger Hafen, Muhammad bin Qasim, wurde Anfang der achtziger Jahre eröffnet. Die nationale Fluggesellschaft Pakistan International Airlines (PIA), zu 62 Prozent im Staatsbesitz, besorgt den Inlands- wie den Auslandsdienst und fliegt Ziele in rund 30 Ländern an. Internationale Flughäfen sind in Karachi, Lahore und Rawalpindi. Der Tourismus hat ebenfalls wirtschaftliche Bedeutung. Etwa 898 000 Touristen kommen jährlich nach Pakistan. 6.8 Energie 63,7 Prozent des Strombedarfs decken Wärmekraftwerke, der überwiegende Rest wird in Wasserkraftwerken wie z. B. der großen Anlage in Tarbela am Indus erzeugt. Das Atomkraftwerk bei Karachi liefert 1 Prozent der gesamten Stromproduktion. 7 GESCHICHTE Zur frühen Geschichte der Region, in der das heutige Pakistan liegt, siehe Induskultur sowie Indien (Geschichte). Das Kerngebiet des heutigen Pakistan wurde 1849 von den Briten erobert und stand zunächst unter der Verwaltung der britischen Ostindischen Kompanie, ehe es 1858, nach dem Sepoy-Aufstand, wie das gesamte britische Indien direkt der britischen Krone unterstellt wurde. Die Vorgeschichte der Gründung des Staates Pakistan begann 1906 mit der Gründung der Muslim-Liga, der Interessenvertretung der indischen Muslime sowohl gegen die hinduistische Bevölkerungsmehrheit im britischen Indien als auch gegen die britische Kolonialmacht. Die Briten ihrerseits unterstützten zunächst die Muslim-Liga als Gegengewicht zu dem mächtigen, hinduistisch dominierten Indischen Nationalkongress (INC), der 1885 gegründet worden war. 1909 gestand die britische Kolonialverwaltung in einer Verfassungsreform den Muslimen eigene Wahllisten zu, so dass die Muslime bis zur Entlassung Britisch-Indiens in die Unabhängigkeit 1947 in den regionalen wie den nationalen Parlamenten vertreten waren. 7.1 Unabhängigkeit Die Idee eines eigenständigen Staates der indischen Muslime wurde erstmals 1930 - vor dem Hintergrund der zunehmend erstarkenden Unabhängigkeitsbewegung in Indien - von dem muslimischen Schriftsteller Sir Mohammed Iqbal im Rahmen seiner Zweinationentheorie öffentlich formuliert. Dieser indisch-muslimische Staat sollte die nordwestlichen Provinzen Britisch-Indiens sowie ganz Kaschmir umfassen; als Name für dieses Staatsgebilde wurde 1933 ,,Pakistan", zusammengesetzt aus den Anfangsbuchstaben bzw. Endsilben der Provinzen Punjab, Afghan Province, K ashmir, Indus, Sind und Belutschistan. Ende der dreißiger Jahre übernahm Mohammed Ali Jinnah, der Führer der Muslim-Liga, die Zweinationentheorie und setzte sich nachdrücklich für die Errichtung eines eigenen muslimischen Staates ein. Denn nur durch einen eigenen muslimischen Staat könne gewährleistet werden, dass die indischen Muslime nicht unter die dauerhafte Vorherrschaft der hinduistischen Bevölkerungsmehrheit gerieten. 1940 forderte die Muslim-Liga unter der Führung Jinnahs in der so genannten Pakistan-Resolution offiziell die Teilung Britisch-Indiens in einen mehrheitlich muslimischen und einen mehrheitlich hinduistischen Staat. Der INC allerdings sprach sich strikt gegen eine Teilung des Indischen Subkontinents in zwei Staaten aus, konnte sich am Ende aber gegen die Verfügungen der britischen Kolonialmacht nicht durchsetzen: Am 15. August 1947 entließ Großbritannien die Indische Union (Indien) und Pakistan als zwei eigenständige Staaten (bzw. als zwei Dominions des britischen Commonwealth) in die Unabhängigkeit. Der neue Muslimstaat umfasste alle vorwiegend muslimischen Teile des ehemaligen Britisch-Indiens, also das Gebiet des heutigen Pakistans im Westen des Subkontinents (Westpakistan) sowie Ostbengalen und Teile Assams im Osten (Ostpakistan, das heutige Bangladesch); beide Landesteile waren durch 1 500 Kilometer indisches Staatsgebiet voneinander getrennt. 7.2 Erste Konflikte mit Indien Im Gefolge der Teilung des Subkontinents kam es zu - teils erzwungenen - Bevölkerungsverschiebungen größten Ausmaßes: Rund sechs Millionen Hindus und Sikhs zogen von Pakistan nach Indien, etwa acht Millionen Muslime wanderten von Indien nach Pakistan aus. Die demographischen Verschiebungen wurden von zahlreichen Gewalttätigkeiten zwischen den ethnischen und religiösen Gruppen begleitet, teilweise kam es zu regelrechten Massakern. Die Vertreibungen und Gräueltaten vertieften die Ressentiments zwischen den beiden jungen Staaten erheblich. Eine Ursache weiterer Spannungen war die ungeklärte Frage des Beitritts der indischen Fürstentümer zu einem der beiden neuen Staaten. Von diesen 562 über den gesamten Subkontinent verstreuten Territorien schlossen sich fast alle Indien oder Pakistan an, je nach der religiösen Zugehörigkeit ihrer Bevölkerung. Lediglich die Fürsten von Hyderabad, Junagadh und Kaschmir zogen vorerst die Eigenstaatlichkeit vor. Gleichzeitig mit der Unabhängigkeit Indiens und Pakistans wurden am 15. August 1947 auch diese drei Fürstentümer formell unabhängig. Schon im September 1947 annektierte Indien Junagadh, nachdem sich dessen muslimischer Herrscher für einen Anschluss seines mehrheitlich hinduistischen Staates an Pakistan entschieden hatte; im September 1948 ereilte Hyderabad - ebenfalls muslimisch regiert, aber mehrheitlich hinduistisch bevölkert - das gleiche Schicksal. Der hinduistische Maharadscha von Kaschmir, dessen Bevölkerung zu drei Vierteln muslimisch war, tendierte dagegen zu einem Anschluss an Indien und provozierte damit schwere innere Unruhen, die sich rasch zu einem von Pakistan unterstützten Aufstand gegen die hinduistische Herrschaft ausweiteten. Am 24. Oktober 1947 riefen die aufständischen Muslime die ,,provisorische Regierung Kaschmirs" aus; zwei Tage später trat der Maharadscha von Kaschmir mit seinem Fürstentum vorläufig der Indischen Union bei und bat Indien zugleich um militärische Hilfe. Indien entsandte Truppen in den Ostteil Kaschmirs; Pakistan, das den Anschluss Kaschmirs an Indien als illegal bezeichnete, zog Truppen im Westen Kaschmirs zusammen. Der Indisch-Pakistanische Krieg um Kaschmir dauerte das ganze Jahr 1948 über an und konnte erst im Januar 1949 dank der Vermittlung der Vereinten Nationen (UN) beigelegt werden. Indien und Pakistan stimmten einer Waffenstillstandslinie bzw. vorläufigen Grenze ( Line of Control, LOC) zu, die Kaschmir in einen (größeren) indisch verwalteten und einen (kleineren) pakistanisch verwalteten Teil trennte. Im Juni 1949 einigten sich Indien und Pakistan zudem auf die Abhaltung einer Volksabstimmung, in der die Bevölkerung des Kaschmirs selbst über ihre endgültige staatliche Zugehörigkeit entscheiden sollte. Über die Voraussetzungen für eine derartige Volksabstimmung - in erster Linie die Demilitarisierung Kaschmirs - konnte jedoch keine Einigung erzielt werden; die Volksabstimmung fand bis heute nicht statt. Im Januar 1957 gliederte Indien zudem nicht nur die unter seiner Verwaltung stehenden zwei Drittel Kaschmirs, sondern formal das gesamte Kaschmir als Bundesstaat Jammu and Kashmir in sein Staatsgebiet ein. Der bis heute ungelöste Kaschmirkonflikt belastet das indisch-pakistanische Verhältnis bis in die Gegenwart und eskalierte mehrmals in militärischen Auseinandersetzungen. 7.3 Konstituierung Pakistans Erster Ministerpräsident des unabhängigen Pakistans war Liakat Ali Khan; als Generalgouverneur, d. h. als Staatsoberhaupt amtierte bis zu seinem Tod im Jahr 1948 der als Gründervater Pakistans verehrte Mohammed Ali Jinnah. Die ersten Jahre des jungen Staates waren von großen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Problemen geprägt: Millionen muslimische Flüchtlinge aus Indien mussten in die Gesellschaft und lokale Machthaber in das Staatswesen integriert werden, die Rolle des Islam im Staat war umstritten, die Wirtschaft bedurfte einer grundlegenden Modernisierung. Dazu kamen noch erhebliche Spannungen zwischen West- und Ostpakistan, die aus den großen strukturellen Unterschieden und der weiten Entfernung zwischen den beiden Landesteilen resultierten. Die Regierung unter Liakat Ali Khan ließ ein umfassendes politisches Programm zur Überwindung der wirtschaftlichen und sozialen Krise vermissen und fand daher auch nicht die Unterstützung der breiten Bevölkerung. 1950 knüpfte Pakistan enge Beziehungen zu den USA, was eine spürbare Belastung des Verhältnisses zur Sowjetunion, Pakistans engem Nachbarn, zur Folge hatte, dem Land aber zumindest umfassende Wirtschaftshilfe einbrachte. In der Folgezeit baute Pakistan seine Bindung an den Westen noch aus - im Gegensatz zu Indien, das eine Politik der Blockfreiheit betrieb, und zur militärischen Stärkung gegenüber Indien: 1954 trat Pakistan der SEATO bei und 1955 dem Bagdadpakt, der späteren CENTO. Nach Liakats Ermordung 1951 wurde Khwaja Nazim ud-Din, ein Ostpakistani, neuer Ministerpräsident; zuvor war Nazim ud-Din von 1948 bis 1951 Generalgouverneur von Pakistan. Aber auch ihm gelang es nicht, das nun vordringliche innenpolitische Problem, nämlich die zunehmenden Spannungen zwischen West- und Ostpakistan, beizulegen. 1953 wurde er durch einen weiteren Ostpakistani, Mohammed Ali Bogra, abgelöst. 1954 musste die Muslim-Liga bei den Regionalwahlen in Ostpakistan eine empfindliche Niederlage gegen die oppositionelle Awami-Liga hinnehmen; wenig später wurde der Staatsnotstand ausgerufen und Iskander Mirza als Gouverneur von Ostpakistan eingesetzt. In dieser Funktion unterdrückte er, mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet, jegliche Opposition gegen die Zentralverwaltung in Westpakistan und alle separatistischen Tendenzen. 1955 wurde Chaudhri Mohammed Ali, ein Westpakistani, neuer Ministerpräsident und Mirza Generalgouverneur von Pakistan. Am 23. März 1956 trat die erste pakistanische Verfassung in Kraft. Sie definierte Pakistan als ,,Islamische Republik"; Mirza wurde ihr erster Präsident. 7.4 Instabile Verhältnisse Auch mit der neuen Verfassung zogen keine stabilen Verhältnisse in Pakistan ein, denn es gelang keiner Partei, in der Nationalversammlung eine sichere Mehrheit zu gewinnen. Im September 1956 wurde Chaudhri Mohammed Ali im Amt des Ministerpräsidenten von Husein Shaheed Suhrawardy, dem Führer der ostpakistanischen AwamiLiga, abgelöst. Schon nach nur wenig mehr als einem Jahr veranlasste Mirza den Ministerpräsidenten zum Rücktritt und installierte eine Koalitionsregierung unter Ismail Ibrahim Chundrigars, die nur ganze zwei Monate Bestand hatte, ehe sie von einer von der Republikanischen Partei gestellten Regierung unter Firoz Khan Noon abgelöst wurde. Als Präsident Mirza vor dem Hintergrund eines sich anbahnenden Bündnisses zwischen Republikanern und der Awami-Liga seinen Einfluss schwinden sah, verhängte er am 7. Oktober 1958 das Kriegsrecht über das Land, setzte die Verfassung außer Kraft, entließ die Regierung Noon und löste die Nationalversammlung auf. Unter dem Kriegsrecht stellte Mirza General Mohammed Ayub Khan, den Oberbefehlshaber der Streitkräfte, als ,,Obersten Kriegsrechtsadministrator" an die Spitze der Regierung. Zwanzig Tage später zwang Ayub den Präsidenten zur Abdankung, ernannte sich selbst zum Präsidenten und übernahm zugleich das Amt des Ministerpräsidenten. 7.5 Reformen unter Ayub Khan Ayub Khan beherrschte Pakistan mehr als zehn Jahre lang fast unumschränkt. Unter seiner Regierung machte das Land zwar einige Fortschritte, aber auch er vermochte die Grundprobleme der pakistanischen Gesellschaft nicht zu lösen. Im Rahmen einer Landreform ließ Ayub Khan rund 900 000 Hektar Land an 150 000 Bauern verteilen, aber trotz dieser breit angelegten Reform blieben die feudalen Verhältnisse auf dem Land bestehen: 6 000 Großgrundbesitzer besaßen weiterhin dreimal so viel Ackerland wie den 150 000 Bauern insgesamt übertragen wurde. Um die erheblichen Unterschiede zwischen West- und dem wirtschaftlich benachteiligten Ostpakistan auszugleichen, erhöhte Ayub Khan die Finanzhilfen für Ostpakistan um das Dreifache; dies kam zwar der Wirtschaft des östlichen Landesteiles sichtbar zugute, aber reichte bei weitem nicht aus, um die Standards der beiden Landesteile anzugleichen. 1961 wurde mit dem Bau von Islamabad begonnen, das Karachi als Hauptstadt ablösen sollte. 1967 wurde Islamabad offiziell Hauptstadt Pakistans. Von allen politischen Reformen, die Ayub einleitete, war das mit der neuen Verfassung von 1962 eingeführte System der so genannten basic democracies (kleine Wahlkreise) von herausragender Bedeutung: Verteilt über das ganze Land wurden 80 000 basic democracies geschaffen, die die Vertreter für die parlamentarischen Versammlungen auf regionaler und nationaler Ebene bis hinauf zur Nationalversammlung wählten, die wiederum den Präsidenten wählte. Dieses System der ,,gelenkten Demokratie" gliederte sich in vier Stufen von der obersten nationalen bis hinab zur lokalen Ebene, und jeder Stufe kamen spezifische Verantwortlichkeiten in der Verwaltung ihrer jeweiligen Ebene zu. Eine weitere wichtige, von Ayub Khan initiierte Neuerung war die Reform der Ehe- und Familiengesetze: Es wurde die Vielehe eingeschränkt und die Ehescheidung geregelt sowie das Erbrecht der Frauen und Minderjährigen gestärkt. 1965 wurde Ayub Khan von der Nationalversammlung im Amt bestätigt. Ayub Khan pflegte freundschaftliche Beziehungen zu den USA, die Pakistan umfangreiche wirtschaftliche und militärische Hilfen zukommen ließen. Die Beziehungen verschlechterten sich jedoch, als es 1965 in der Kaschmirfrage zu einem zweiten Krieg zwischen Indien und Pakistan kam: Die USA stellten ihre Militär- und Wirtschaftshilfe für beide Länder ein, während sich gleichzeitig die Sowjetunion als Vermittler einschaltete und im Januar 1966 ein Abkommen zwischen den Konfliktparteien zustande brachte. In diesem Abkommen, dem Vertrag von Taschkent, einigten sich Pakistan und Indien auf den Rückzug ihrer Truppen auf die Vorkriegsstellungen und die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen, und sie sagten zu, eine Lösung des Kaschmirproblems nicht auf militärischem Weg herbeiführen zu wollen. Der Kaschmirkrieg und der Vertrag von Taschkent sowie die zunehmend diktatorische Amtsführung Ayub Khans lösten in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre wachsende Unzufriedenheit in der pakistanischen Bevölkerung aus. 1966 entließ Ayub Khan Außenminister Zulfikar Ali Khan Bhutto, der den Friedensschluss mit Indien ablehnte und den ,,Verlust" Kaschmirs scharf kritisierte, und schuf sich so einen mächtigen Gegner mit großem Rückhalt in der Bevölkerung. Ende 1968 entlud sich die Unzufriedenheit mit der Regierung Ayub Khan in Massendemonstrationen und Unruhen, die in einem Generalstreik gipfelten und schließlich im März 1969 Ayub Khan zum Rücktritt zwangen. Statt jedoch die Macht an den Präsidenten der Nationalversammlung zu übergeben, wie es die Verfassung vorsah, berief er den Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Aga Mohammed Jahja Khan, zu seinem Nachfolger. Jahja Khan setzte sogleich die Verfassung außer Kraft und verhängte das Kriegsrecht. 7.6 Sezession Bangladeschs Um Rückhalt in der Bevölkerung zu finden, entließ Jahja Khan fast 300 hohe Regierungsbeamte, die der Korruption verdächtig waren, und erließ eine Verordnung gegen Monopole und Handelskartelle, die insbesondere den Einfluss und die Macht jener 30 Familien eindämmen sollte, die mehr als die Hälfte des pakistanischen Bruttoinlandsproduktes kontrollierten. Des Weiteren sagte er zu, binnen kurzem die Macht wieder an zivile Behörden abzugeben; seine Reformvorhaben scheiterten jedoch an innenpolitischen Spannungen und der Polarisierung der politischen Kräfte. Die größte Gefahr für die politische Einheit Pakistans bildete die wachsende Kluft zwischen West- und Ostpakistan. Scheich Mujibur Rahman, seit 1966 Vorsitzender der Awami-Liga, forderte für Ostpakistan weitestgehende Autonomie im Rahmen einer Föderation, in der die Zentralregierung nur noch für die Außenpolitik und die Landesverteidigung zuständig sein sollte. Mit dieser Forderung fand er in Ostpakistan breite Unterstützung, und folgerichtig gewann seine Awami-Liga bei den Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung am 7. Dezember 1970 fast alle der für Ostpakistan reservierten Mandate und damit auch die Mehrheit in der Nationalversammlung. Die Pakistan People's Party (PPP, Pakistanische Volkspartei), die 1967 von Bhutto gegründet worden war, wurde stärkste Partei in Westpakistan. Die PPP verteidigte die Einheit Pakistans und verweigerte jegliche Zusammenarbeit mit der Awami-Liga. Jahja Khan zögerte die Konstituierung der Nationalversammlung immer wieder hinaus; sie trat nie zusammen. Im Gegenzug rief Mujibur Rahman im März 1971 die ,,Unabhängige Republik Bangladesch" aus. Die Zentralregierung suchte die Unabhängigkeit Ostpakistans mit Hilfe westpakistanischer Truppen zu unterdrücken, musste jedoch, als im Dezember 1971 Indien zugunsten Ostpakistans militärisch in den Konflikt eingriff, kapitulieren und sich in die Unabhängigkeit Ostpakistans (bzw. nun Bangladeschs) von Westpakistan (jetzt Pakistan) fügen. Aber erst 1974 erkannte Pakistan Bangladesch als souveränen Staat an, und als Bangladesch kurz nach seiner Unabhängigkeit 1972 in den Commonwealth aufgenommen wurde, trat Pakistan aus Protest aus und kehrte erst 1989 in diesen Staatenverbund zurück. 7.7 Die Regierung Bhutto Am 20. Dezember 1971, wenige Tage nach der Niederlage Pakistans im Sezessionskrieg gegen Bangladesch, trat Jahja Khan zurück; neuer Staatspräsident wurde Bhutto. Unter der Führung Bhuttos ordnete das territorial geschrumpfte und durch die Niederlage gegen Indien gedemütigte Pakistan nach zehn Jahren der Militärherrschaft sein politisches, wirtschaftliches und soziales Leben neu. Bhutto verstaatlichte verschiedene Schlüsselindustrien und Banken und leitete eine maßvolle Landreform ein, die die feudalen Strukturen vollends beseitigen und vor allem den mittelständischen Bauern zugutekommen sollte. Er drängte das Militär aus politischen Schlüsselpositionen und beschwichtigte es im Gegenzug mit einem vergleichsweise hohen Verteidigungsetat. 1973 wurde eine neue Verfassung verabschiedet, die Pakistan als ziviles, parlamentarisch-demokratisch regiertes Staatswesen definierte. Bhutto übernahm unter der neuen Verfassung das Amt des mit weitreichenden Vollmachten ausgestatteten Ministerpräsidenten; neuer Staatspräsident wurde Fazal Elahi Chaudry. Verstaatlichungen und Landreform stießen jedoch auf den erbitterten Widerstand der Unternehmer und Großgrundbesitzer, sein sozialistischer Kurs wurde von führenden Muslimen als gegen den Islam gerichtet interpretiert, und die politische Entmachtung schürte die Unzufriedenheit des Militärs. Bhuttos entscheidender Fehler war jedoch, dass er kein konstruktives Verhältnis zur Opposition fand, ihr im Gegenteil zunehmend repressiv begegnete. 1974/75 kam es in einigen Provinzen zu ersten großen Unruhen gegen die Regierung Bhutto. Im Vorfeld der Parlamentswahlen vom März 1977 schlossen sich neun oppositionelle Parteien in der Pakistan National Alliance (PNA) zusammen und stellten sich gegen Bhuttos PPP. Die Stimmenauszählung nach der Wahl ergab einen klaren Sieg für die PPP, doch die PNA erkannte das Ergebnis nicht an und beschuldigte Bhutto des Wahlbetrugs. Es kam zu landesweiten Demonstrationen gegen Bhutto, die bald in schwere Unruhen ausarteten; über 300 Menschen kamen dabei um, etwa 30 000 wurden verhaftet. 7.8 Das Zia-Regime Vor diesem Hintergrund übernahm am 5. Juli 1977 der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Mohammed Zia ul-Haq, die Macht und setzte ein Militärregime ein. Unter Suspendierung der Verfassung von 1973 und dem Verbot von Parteien und Gewerkschaften verhängte er erneut das Kriegsrecht und installierte ein diktatorisches System. 1978 übernahm er offiziell das Präsidentenamt. Bhutto wurde wegen Anstiftung zum Mord an einem Oppositionspolitiker vor Gericht gestellt und schuldig gesprochen; am 4. April 1979 wurde er hingerichtet. Am 24. März 1981 erließ Zia ul-Haq ein Dekret über eine provisorische Verfassungsordnung, die bis zur Aufhebung des Kriegsrechtes gelten sollte. Dieses Dekret ließ u. a. nur diejenigen politischen Parteien zu, die vor dem 30. September 1979 das Plazet der Wahlkommission erhalten hatten und nicht den ,,islamischen Grundsätzen" widersprachen. Alle anderen Parteien, allen voran die PPP, die nun von Bhuttos Witwe und seiner Tochter Benazir geführt wurde, traf das Verbot des Präsidenten. Trotz des Parteienverbots schlossen sich 1981 mehrere oppositionelle Parteien unter der Führung der PPP zur Bewegung zur Wiederherstellung der Demokratie zusammen. Der Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan im Dezember 1979 hatte erhebliche Auswirkungen auch auf Pakistan: Bis 1984 waren etwa drei Millionen afghanische Flüchtlinge nach Pakistan gekommen. Sie wurden in Lagern nahe der Grenze zu Afghanistan untergebracht und von der pakistanischen Regierung und internationalen Hilfsorganisationen unterstützt. Im September 1981 erhielt Zia ul-Haq von den USA Militär- und Wirtschaftshilfe in Höhe von 3,2 Milliarden US-Dollar, verteilt über einen Zeitraum von sechs Jahren. Im Dezember 1984 stimmte die Bevölkerung in einem Referendum Zia ul-Haqs Islamisierungspolitik zu, insbesondere der unmittelbar nach Zia ul-Haqs Machtübernahme umgesetzten Einführung der Scharia als oberster Rechtsquelle, und sie verlängerte Zia ul-Haqs Amtszeit um weitere fünf Jahre. 1985 ließ Zia ul-Haq Parlamentswahlen abhalten, zu denen allerdings keine Parteien, sondern nur parteiunabhängige Einzelkandidaten zugelassen waren. Im April 1985 übernahm ein ziviles Kabinett die Regierungsgeschäfte; im Dezember wurde das Kriegsrecht sowie das Parteienverbot aufgehoben. Wenig später kehrte Benazir Bhutto, unterdessen die führende Politikerin der Opposition, aus dem Exil zurück. Im Mai 1988 setzte Zia ul-Haq die Regierung ab und ordnete Neuwahlen an. Drei Monate später, im August 1988, kam er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Eine Militärregierung unter Ghulam Ishaq Khan übernahm interimistisch die Macht. 7.9 Die Regierungen Benazir Bhutto und Nawaz Sharif Aus den Parlamentswahlen im November 1988 ging die PPP als deutlich stärkste Partei hervor; Ministerpräsidentin wurde Benazir Bhutto, Staatspräsident blieb Ishaq Khan. Mit Benazir Bhutto übernahm erstmals in einem modernen islamischen Staat eine Frau das Amt des Regierungschefs. Aber schon im August 1990 setzte Präsident Ishaq Khan die Regierung Bhutto unter dem Vorwurf der Inkompetenz und der Korruption wieder ab und rief den Notstand aus. Bei den Wahlen im Oktober 1990 musste die PPP eine schwere Niederlage hinnehmen; Siegerin mit absoluter Mehrheit wurde das von der Muslim-Liga dominierte Parteienbündnis Islamische Demokratische Allianz und neuer Ministerpräsident dessen Führer Mian Muhammad Nawaz Sharif. Nawaz Sharif forcierte die in den achtziger Jahren begonnene Politik der Reprivatisierung von Staatsunternehmen, kehrte zur Islamisierungspolitik Zia ul-Haqs zurück und stellte eine Lösung der Kaschmirfrage in Aussicht. 1991 billigte das Parlament in einem Gesetz die Scharia als oberstes Rechtsinstitut. Im April 1993 machte Ishaq Khan erneut von seiner präsidialen Macht Gebrauch: Diesmal entließ er Nawaz Sharif und löste das Parlament auf. Nawaz Sharif rief daraufhin das Verfassungsgericht an, das Ishaq Khans Vorgehen als nicht verfassungskonform verurteilte und Nawaz Sharifs Wiedereinsetzung als Ministerpräsident veranlasste. Nawaz Sharif und Ishaq Khan lieferten sich daraufhin einen Machtkampf, der die pakistanische Regierung lähmte. Schließlich einigten sich die beiden Widersacher, um die Pattsituation zu überwinden, unter Vermittlung der Armee auf einen gemeinsamen Rücktritt, den sie im Juli 1993 vollzogen. Damit war der Weg frei für Neuwahlen. Aus diesen Wahlen, die im Oktober 1993 stattfanden, ging wieder die PPP, diesmal zusammen mit einer Abspaltung der Muslim-Liga, als stärkste Kraft hervor, allerdings nur mit relativer Mehrheit. Benazir Bhutto wurde erneut Ministerpräsidentin; zum Staatspräsidenten wurde der PPP-Kandidat Sardar Faruk Ahmad Khan Leghari gewählt. Unter der Regierung Bhutto nahmen die Spannungen mit Indien in der Kaschmirfrage wieder zu. Benazir Bhutto unterstützte offen den muslimischen Widerstand im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs. Zudem kündigte sie die Fortsetzung des pakistanischen Programms zur Entwicklung von Atomwaffen an und nährte damit Befürchtungen eines möglicherweise unkontrollierten atomaren Rüstungswettlaufs zwischen Pakistan und Indien, das seit den siebziger Jahren über Atomwaffen verfügte. Auch in der Innenpolitik agierte Benazir Bhutto glücklos: Das Staatsdefizit blieb unverändert hoch, die ethnischen Unruhen sowie die religiösen Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten, die zunehmend in gewaltsame Auseinandersetzungen ausarteten, hielten an, und in der Diskussion über die Scharia, die unterdessen eine Reihe Aufsehen erregender, drastischer Urteile gezeitigt hatte, hielt sich Benazir Bhutto völlig im Hintergrund. Am 5. November 1996 entließ Staatspräsident Leghari Ministerpräsidentin Benazir Bhutto aus ihrem Amt und löste die Nationalversammlung auf. Auch er begründete die Entlassung mit der Misswirtschaft und Korruption der Regierung Bhutto, zudem habe sie die Unabhängigkeit der Justiz untergraben. Bhutto wurde damit zum zweiten Mal vorzeitig aus dem höchsten Regierungsamt entfernt. Nach der Entlassung Benazir Bhuttos kam es zu heftigen Straßenschlachten zwischen PPP-Anhängern und der Polizei; Bhutto selbst wurde unter Hausarrest gestellt. Ministerpräsident einer Übergangsregierung wurde der 80-jährige Malik Meraj Khalid. Der entließ sogleich Hunderte zum Teil ranghohe Zivil- und Polizeibeamte und Regierungsberater und ließ den Chef des Inlandgeheimdienstes verhaften; weitergehende Konsequenzen wurden jedoch nicht gezogen. Bei den Neuwahlen am 3. Februar 1997 errang die Muslim-Liga Nawaz Sharifs die absolute Mehrheit und verfügte nun zusammen mit verbündeten Kräften sogar über die Zweidrittelmehrheit im Parlament, während die PPP eine vernichtende Niederlage hinnehmen musste: Sie gewann nur noch 18 der insgesamt 217 Sitze. Ministerpräsident wurde erneut Nawaz Sharif. Schon kurz nach seinem Amtsantritt brachte er im Parlament eine Verfassungsänderung durch, die es dem Staatspräsidenten künftig untersagt, den Ministerpräsidenten zu entlassen und das Parlament aufzulösen. Dies sowie weitere umstrittene, in die Grundrechte eingreifende Gesetze, die die Regierung Nawaz Sharif erließ, führten zu einer Verfassungskrise, in deren Verlauf der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, Sajjad Ali Shah, der die Verfassungsänderung bezüglich der präsidialen Vollmachten als verfassungswidrig verworfen hatte, abgesetzt wurde und Präsident Leghari, der der oppositionellen PPP angehörte, im Dezember 1996 auf Druck der Regierung zurücktrat. Am 31. Dezember 1997 wurde auf Betreiben Navaz Sharifs der konservativ-religiöse Mohammed Rafiq Tarar zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Bei seiner Amtseinführung kündigte Rafiq Tarar eine Stärkung der Rolle des Islam in der Gesellschaft an. Eine Beruhigung des sich zuspitzenden Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten gelang aber auch Nawaz Sharif nicht; das im Juli 1997 verabschiedete Terrorgesetz, das wegen seiner den Grundrechten widersprechenden Passagen mit zu der Verfassungskrise beigetragen hatte, konnte die sich häufenden Attentate sunnitischer und schiitischer Extremisten nicht verhindern. Im Oktober 1998 verabschiedete das Parlament eine von Nawaz Sharif eingebrachte Verfassungsänderung, der zufolge die Scharia zum allein gültigen Rechtssystem werden sollte; die Verfassungsänderung scheiterte jedoch im Senat, in dem die Muslim-Liga und ihre Verbündeten nicht über eine verfassungsändernde Mehrheit verfügten. Dafür wurde die Scharia immerhin in einigen Distrikten der North-West Frontier Province per Dekret als alleinige Rechtsordnung eingeführt. Im Verhältnis zu Indien dagegen zeichnete sich eine leichte Entspannung ab: Im März 1997 wurden erstmals seit 1994 wieder direkte Verhandlungen mit Indien über die Kaschmirfrage aufgenommen, und im August 1997 regte Nawaz Sharif offizielle Friedensgespräche an. Hintergrund der Verhandlungs- und Friedensbereitschaft war die desolate Wirtschaftslage des Landes, die es de facto nicht erlaubte, weiterhin einen Großteil des Staatshaushaltes in Rüstung und Verteidigung zu investieren. Die Entspannung schlug jedoch erneut in eine tiefe Krise um, als Indien im Mai 1998 unterirdische Atombombentests durchführte und Pakistan wenige Tage später in Reaktion darauf seinerseits eine Reihe von nuklearen Testsprengsätzen zündete. Die indischen wie die pakistanischen Atomtests riefen international scharfe Kritik hervor und zogen - für Pakistan besonders schmerzlich - auch Wirtschaftssanktionen nach sich. Im Juni 1998 verkündete Pakistan ein Atomtest-Moratorium. Der Krise folgte wieder eine Phase der Entspannung: Im Februar 1999 vereinbarten Nawaz Sharif und der indische Premierminister Atal Bahari Vajpayee, die Verhandlungen über die Kaschmirfrage voranzutreiben, und beschlossen vertrauensbildende Maßnahmen zur Kontrolle der Nuklearwaffen. Schon im Mai 1999 eskalierte der Konflikt erneut: Von Pakistan aus drangen mehrere Hundert muslimischer Kämpfer über die Demarkationslinie in den indisch verwalteten Teil Kaschmirs ein, zerstörten dort indische Militäreinrichtungen und verschanzten sich in einem Hochtal; Indien antwortete mit einer breit angelegten Boden- und Luftoffensive. Die Kämpfe weiteten sich zu den schwersten indisch-pakistanischen Gefechten seit 1971 aus. Pakistan bot Indien, das sich gegenüber den muslimischen Milizen bald auf dem Vormarsch befand, direkte Verhandlungen an, die Indien jedoch ablehnte; erst als sich Nawaz Sharif auf Betreiben des US-Präsidenten Bill Clinton zum Abzug der muslimischen Milizen aus dem indischen Teil Kaschmirs bereit erklärte, willigte Indien am 11. Juli 1999 in ein Waffenstillstandsabkommen ein, und Pakistan verpflichtete sich zum Rückzug der muslimischen Milizen hinter die Demarkationslinie. 7.10 Pakistan unter Pervez Musharraf Der Rückzug aus Kaschmir stieß in Pakistan auf scharfe Kritik; er wurde sowohl von weiten Teilen der Bevölkerung als vor allem auch vom Militär als Niederlage interpretiert; die Spannungen zwischen Regierung und Militär verschärften sich, in Massendemonstrationen forderte die Bevölkerung immer nachdrücklicher den Rücktritt Nawaz Sharifs. Am 12. Oktober 1999 entließ Nawaz Sharif den Generalstabschef des Heeres, Pervez Musharraf, und noch am selben Tag ergriff das Militär unter der Führung von Musharraf in einem unblutigen Putsch die Macht, setzte Nawaz Sharif ab und stellte ihn unter Hausarrest, setzte die Verfassung außer Kraft und suspendierte das Parlament. Als neue Regierung setzte Musharraf einen siebenköpfigen Nationalen Sicherheitsrat ein, in dem er selbst als ,,Chef der Exekutive" die Führung übernahm. Staatspräsident Tarar wurde sozusagen als Legitimationsinstanz der neuen Regierung im Amt belassen. Während der Sturz der korrupten Zivilregierung von weiten Teilen der Bevölkerung mit Erleichterung aufgenommen wurde, reagierte das Ausland mit scharfer Kritik und Sanktionen; das Commonwealth suspendierte die Mitgliedschaft Pakistans bis zur Wiederherstellung der Demokratie. Ab Februar 2000 kam es an der Demarkationslinie in Kaschmir immer wieder zu Gefechten zwischen pakistanischen Truppen und muslimischen Milizen auf der einen, indischen Truppen auf der anderen Seite. Erst eine im November 2000 einseitig von Indien ausgerufene Waffenruhe konnte die Lage wieder etwas beruhigen. Den Gesprächsangeboten Pakistans verweigerte sich Indien allerdings: Indien war nicht bereit, mit dem undemokratisch an die Macht gekommenen ,,Chef der Exekutive" zu verhandeln. Im Vorfeld der ersten Kommunalwahlen unter der Regierung Musharraf, die im Dezember 2000 und März 2001 in 41 der 106 Bezirke abgehalten wurden, schlossen sich 18 Oppositionsparteien zu einer neuerlichen ,,Allianz für die Wiederherstellung der Demokratie" ( Alliance for the Restoration of Democracy, ARD) zusammen, darunter auch die miteinander verfeindeten PPP und Muslim-Liga, deren Führer Bhutto und Nawaz Sharif seit 1999 bzw. 2000 im Exil lebten (Nawaz Sharif, unterdessen u. a. wegen Terrorismus und Korruption zu lebenslanger Haft verurteilt, durfte im Dezember 2000 Pakistan verlassen). Bei den Wahlen durften zwar nur nominell unabhängige Kandidaten antreten, die meisten der Gewählten gehörten aber einer der großen in der ARD zusammengeschlossenen Parteien an. Im Umfeld der Wahlen kam es zu zahlreichen Verhaftungen von Oppositionspolitikern. Am 20. Juni 2001 ließ sich Musharraf vom Obersten Richter im Amt des Staatspräsidenten vereidigen, nachdem er den bisher amtierenden Präsidenten Tarar zum Rücktritt veranlasst hatte, und verschaffte so seiner Machtergreifung ein gewisses Maß an Legitimität. Kurz zuvor hatte er das suspendierte Parlament, in dessen Zuständigkeit die Wahl des Präsidenten eigentlich gefallen wäre, vollends aufgelöst. Die Übernahme des Präsidentenamtes stand offensichtlich im Zusammenhang mit dem für den Juli 2001 anberaumten pakistanisch-indischen Gipfeltreffen, in das Indien angesichts der Stagnation in der Kaschmirfrage endlich eingewilligt hatte und zu dem Musharraf nun als ,,legitimer" Staatspräsident und als dem indischen Premierminister gleichrangiger Verhandlungspartner erscheinen konnte. Das Gipfeltreffen selbst endete ohne konkrete Ergebnisse, aber immerhin mit der Zusage beider Seiten, den Kaschmirkonflikt nicht auf militärischem Weg lösen zu wollen. Pakistan seinerseits leitete einen härteren Kurs gegen muslimische Separatisten ein: Mehrere ihrer Organisationen wurden Verboten bzw. unter Beobachtung gestellt, einige Aktivisten wurden verhaftet. Nach den Terroranschlägen auf Ziele in den USA am 11. September 2001 sagte Musharraf den USA seine volle Unterstützung beim Kampf gegen den Terrorismus zu; zugleich aber unterhielt Pakistan auch nach dem 11. September als bald einziger Staat noch Kontakte zu dem Taliban-Regime in Afghanistan, das sozusagen als Schutzmacht des mutmaßlichen Drahtziehers der Terroranschläge, Osama bin Laden, fungierte. Pakistan hatte seit den frühen neunziger Jahren die Taliban aktiv unterstützt und war nach deren Machtübernahme 1996 in Afghanistan einer von insgesamt lediglich drei Staaten, die das Taliban-Regime offiziell anerkannten. Musharrafs Zusage an die USA, sie im Kampf gegen den Terrorismus, d. h. auch in einem Krieg gegen das Taliban-Regime in Afghanistan zu unterstützen, führte auf der einen Seite zu einer weitgehenden Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Pakistan und einer deutlichen Verbesserung der pakistanisch-amerikanischen Beziehungen, stieß aber im eigenen Land auf den scharfen Protest muslimischer und islamistischer Gruppierungen und der zahlreichen Taliban-Anhänger und drohte Musharrafs Machtposition zu gefährden. In Reaktion auf den breiten Widerstand gegen seine USA-freundliche Politik verschärfte Musharraf auf internationalen Druck hin wie aus eigenem innenpolitischen Interesse seinen Kurs gegen islamistische, des Terrorismus verdächtigte radikale Organisationen. Der große Flüchtlingsstrom, der sich seit Beginn des US-Krieges gegen die Taliban im Oktober 2001 nach Pakistan ergoss, stellte die Regierung Musharraf zusätzlich vor immense Probleme. Während im Westen, in Afghanistan, der Krieg nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Wesentlichen beendet war, drohte im Osten der Konflikt mit Indien in einen offenen Krieg umzuschlagen: Am 13. Dezember 2001 verübten vermutlich aus Pakistan stammende islamistische Extremisten ein Attentat auf das indische Parlament in Delhi, Indien drohte mit militärischer Vergeltung, beide Seiten zogen in großem Umfang Truppen in der Grenzregion zusammen und lieferten sich vereinzelte Gefechte. Pakistanische Verhandlungsangebote lehnte Indien ab, aber dank internationaler Vermittlung, die vor allem eine weitere Destabilisierung der nach wie vor labilen Lage in der Region zu verhindern suchte, konnte im Januar 2002 ein direkter Krieg zwischen Indien und Pakistan noch einmal abgewendet werden. Zur Entspannung der Situation hatte auch Musharrafs - bald in die Tat umgesetzte - Zusage beigetragen, noch härter gegen islamistische Extremisten und Terroristen vorzugehen, wie dies von Indien mit Nachdruck gefordert worden war. Im Januar 2002 dekretierte Musharraf verschiedene Änderungen im Wahlgesetz, u. a. eine Erhöhung der Anzahl der Parlamentssitze von 217 auf 350, die auf eine Revision der in den achtziger Jahren durchgeführten Islamisierung des Wahlsystems ausgerichtet waren. Am 30. April 2002 ließ er sich in einem umstrittenen Referendum für weitere fünf Jahre im Präsidentenamt bestätigen und umging damit den verfassungsgemäßen Weg zur Wiederwahl, nämlich die Wahl durch das Parlament, das aber seit Juni 2001 aufgelöst war und erst im Oktober 2002 neu gewählt werden sollte. Im Juni 2002 initiierte Musharraf eine Verfassungsänderung, die dem Staatspräsidenten weitere Vollmachten übertrug, und zwar das 1997 kassierte Recht zur Entlassung des Ministerpräsidenten und zur Auflösung des Parlaments. Per Dekret schloss er im Juli 2002 Kandidaten, die bereits zweimal Ministerpräsident waren, von einer Wiederwahl aus; das Dekret zielte eindeutig auf die prominentesten pakistanischen Oppositionspolitiker und seine schärfsten Widersacher Benazir Bhutto und Nawaz Sharif ab. Aus den Parlamentswahlen am 10. Oktober 2002 ging die Musharraf nahestehende Fraktion der Muslim-Liga Quaid-e-Azam (PML-Q, 118 der insgesamt 342 Sitze) als stärkste Fraktion hervor, gefolgt von der Pakistan People's Party (PPP) Bhuttos (71 Sitze), der als Majlis Muttahida Amal (MMA, 68 Sitze) angetretenen Koalition islamistischer Parteien sowie der Muslim-Liga Nawaz Sharifs (PML-N). Nach langen Verhandlungen über eine tragfähige Regierungskoalition konstituierte sich eine Koalition aus PML-Q und verschiedenen kleinen Parteien sowie einigen abtrünnigen Abgeordneten der PPP. Das Amt des Regierungschefs gab Musharraf an den neuen Ministerpräsidenten Zafarullah Jamali (PML-Q) ab. Jedoch war das neue Parlament aufgrund eines Boykotts der Opposition lange Zeit nicht arbeitsfähig. Eine seiner ersten Handlungen nach Beendigung des Boykotts war Ende Dezember 2003 die Zustimmung zu einer Verfassungsänderung, die dem Präsidenten größere Vollmachten einräumte, darunter das Recht, den Ministerpräsidenten zu entlassen, jedoch nur bei Zustimmung des Obersten Gerichtshofes. Am 1. Januar 2004 legitimierte das Parlament außerdem auf der Basis des umstrittenen Referendums von 2002 formell Musharraf als Staatspräsidenten. Im Juni 2004 wurde Pakistan aufgrund seiner ,,demokratischen Fortschritte" - gemeint waren u. a. die Parlamentswahlen - wieder in den Commonwealth aufgenommen. Im selben Monat trat Jamali wegen wachsender Differenzen mit Musharraf zurück; zum neuen Ministerpräsidenten ernannte Musharraf Shaukat Aziz. Unterdessen drohte der Kaschmirkonflikt nach einem neuerlichen Anschlag islamistischer Extremisten im indischen Teil Kaschmirs im Mai 2002 erneut in eine militärische Konfrontation zu münden; beide Seiten zogen wieder Truppen in der Krisenregion zusammen und drohten nun erstmals auch offen mit dem Einsatz von Atomwaffen. Aber auch dieses Mal konnte der Konflikt entschärft werden, obwohl Indien auch jetzt wieder alle pakistanischen Verhandlungsangebote abgelehnt und Pakistan auf dem Höhepunkt der Spannungen Tests neuer Trägerraketen durchgeführt hatte. Im Oktober 2002 kündigten die Regierungen Pakistans und Indiens einen Teilrückzug ihrer Truppen aus der umkämpften Region Kaschmir an. Eine neue Phase des Dauerkonflikts wurde Anfang 2003 eingeleitet, als beide Staaten atomwaffenfähige Kurzstreckenraketen testeten, die mit atomaren Sprengköpfen bestückt werden können. In der Folgezeit begannen sich die Beziehungen zwischen Indien und Pakistan jedoch wieder zu entspannen; die Impulse dazu gingen allerdings vorwiegend von Indien aus. Im Januar 2004 wurden einige Verkehrsverbindungen zwischen Pakistan und Indien wieder eröffnet - nach dem Attentat auf das indische Parlament im Dezember 2001 hatte Indien sämtliche Verkehrsverbindungen geschlossen. Ebenfalls im Januar 2004 trafen sich Musharraf und der indische Premierminister Vajpayee erstmals seit zweieinhalb Jahren wieder zu direkten Gesprächen. Beide Seiten vereinbarten weitere Verhandlungen, die eine friedliche Lösung aller Probleme und Konflikte zwischen den beiden Ländern einschließlich des Kaschmirkonflikts zum Ziel haben sollten. Es fanden zwar weitere Gespräche statt, und das Verhältnis zwischen Indien und Pakistan entspannte sich etwas; substantielle Fortschritte wurden jedoch nicht erreicht. In der Folgezeit traten zwei andere Problemfelder in den Vordergrund: Im Oktober 2005 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,6 auf der Richterskala große Teile der Nordwest-Grenzprovinz und Azad Kashmirs. Etwa 73 000 Menschen kamen durch das Erdbeben ums Leben, weit mehr als 100 000 wurden schwer verletzt, tausende Dörfer wurden zerstört, drei Millionen Menschen wurden obdachlos. Umfangreiche Hilfe aus dem Ausland verhinderte Schlimmeres für die durch das Beben und nachfolgende Unwetter teilweise von der Außenwelt abgeschnittene Bevölkerung. Das zweite schwerwiegende Problem waren die zunehmenden islamistischen Aktivitäten in Pakistan: Immer mehr Koranschulen vertraten eine fundamentalistische Richtung, manche waren regelrechte Brutstätten für Taliban- und al-Qaida-Mitglieder und Selbstmordattentäter; das Land selbst, vor allem der Westen und der Norden, war Rückzugsgebiet und Basis von Taliban und al-Qaida; Attentate mit islamistischem Hintergrund häuften sich. Die Folge war ein (von den westlichen Staaten, vor allem den USA nicht nur akzeptiertes, sondern sogar erwünschtes) zunehmend rigoroses Vorgehen Musharrafs gegen Islamisten aller Art, womit er allerdings nicht nur deren Gegenwehr provozierte, sondern sich auch in anderen Kreisen eine immer größere Opposition schuf, da er sich damit den Ruf eines Büttels der USA geschaffen hatte. Einen Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen Staatsmacht und Islamisten bildete im Juli 2007 die Besetzung der Roten Moschee in Islamabad durch Islamisten, die am Ende mit Waffengewalt beendet wurde. Vor dem Hintergrund der beträchtlich angewachsenen Opposition und der inneren Konflikte suchte Musharraf im Vorfeld der Präsidentenwahl am 6. Oktober 2007 sowie der für Januar 2008 geplanten Parlamentswahlen seine Macht sowohl zu sichern als auch ihr den Anschein demokratischer Legitimation zu geben. So kündigte er (wie schon einmal Jahre zuvor) für den Fall seiner Wiederwahl seinen Rücktritt als Armeechef an. Der im Exil lebenden Benazir Bhutto sicherte er im Rahmen einer Amnestie Straffreiheit zu und verhandelte mit ihr und ihrer PPP als der größten Oppositionspartei über eine mögliche Machtaufteilung. Bhutto kehrte nach der Präsidentenwahl im Oktober nach Pakistan zurück; es kam jedoch schon bald zu einem neuerlichen Zerwürfnis zwischen ihr und Musharraf. Im November kehrte auch Nawaz Sharif aus dem Exil zurück; zwei Monate zuvor hatte er bereits einmal versucht zurückzukehren, nachdem ihm vom Obersten Richter sein Recht auf Rückkehr bescheinigt worden war, war jedoch sogleich wieder ins Exil gegangen, da er sich in Pakistan vor der Alternative Exil oder Gefängnis fand. Die Präsidentenwahl gewann Musharraf mit fast 99 Prozent der Stimmen; die Opposition hatte die Wahl boykottiert. Etwa einen Monat nach der Wahl, kurz bevor das Oberste Gericht seine Entscheidung bekannt geben wollte, ob die Wahl Musharrafs in seiner Doppelfunktion als Staatspräsident und Armeechef überhaupt rechtmäßig gewesen sei, rief Musharraf den Ausnahmezustand aus, setzte die Verfassung außer Kraft, entließ den Obersten Richter und verhängte eine Medienzensur, vorgeblich wegen der zunehmenden Bedrohung des Landes durch Extremisten und der Gefährdung der Stabilität durch die Justiz. Hunderte Oppositionelle und Kritiker - vor allem Anwälte, die sich wegen des Eingriffs in die Unabhängigkeit der Justiz an die Spitze des Protestes gegen Musharraf gesetzt hatten - wurden verhaftet oder unter Hausarrest gestellt. Auch aus dem Ausland, vor allem den USA, kam scharfe Kritik an diesem ,,zweiten Putsch" Musharrafs. Als das Oberste Gericht Ende November Musharrafs Wiederwahl endgültig für rechtmäßig erklärt hatte, legte Musharraf tatsächlich sein Amt als Armeechef nieder, u. a. auf Druck der USA, und ließ sich als Zivilist für eine weitere Amtszeit als Präsident vereidigen. Wenig später hob er den Ausnahmezustand wieder auf. Der Commonwealth aber suspendierte ein zweites Mal nach 1999 Pakistans Mitgliedschaft, bis die Demokratie wieder hergestellt sei. Am 27. Dezember 2007 fiel Benazir Bhutto während einer Wahlkampfveranstaltung einem Attentat zum Opfer. Die Regierung wies die Schuld sogleich al-Qaida zu, die aber jegliche Beteiligung an dem Attentat bestritt. Die schweren Unruhen mit mehreren Dutzend Toten, die die Ermordung Bhuttos ausgelöst hatte, veranlassten die Wahlkommission, die Parlamentswahlen auf den 18. Februar 2008 zu verschieben. Neuer Vorsitzender der PPP wurde Bhuttos 19-jähriger Sohn Bilawal Zardari, dem ihr Witwer Asif Ali Zardari als Kovorsitzender zur Seite gestellt wurde. Die Parlamentswahlen am 18. Februar gewann erwartungsgemäß die Opposition: Stärkste Kraft wurde die PPP mit etwa 86 der 272 per Wahl vergebenen Mandate, gefolgt von der PML-N von Nawaz Sharif mit 67 Mandaten; die Musharraf nahestehende PML-Q kam nur noch auf 43 Mandate. Obwohl fast schon traditionell verfeindet, einigten sich PPP und PML-N rasch auf eine Koalition unter einem von der PPP gestellten Ministerpräsidenten. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
pakistan

« 3.3 Religion Fast 100 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Islam, rund 90 Prozent davon sind sunnitische, der Rest schiitische Muslime.

Hindus und Christen bilden religiöseMinderheiten.

Daneben gibt es Sikhs, Parsen und eine kleine Zahl Buddhisten.

Die Verfassung definiert Pakistan als islamische Nation; seit den Verfassungsänderungen von1986 und 1991 ist die islamische Scharia oberste Rechtsquelle.

Die Verfassung garantiert jedoch Glaubensfreiheit. 3.3. 1 Feiertage Weltliche Feiertage sind der Pakistan-Tag (23.

März), der Tag der Arbeit (1.

Mai), der Unabhängigkeitstag (14.

August), der Tag der Verteidigung Pakistans (6.

September),der Todestag des Staatsgründers Quaid-e-Azam (11.

September), der Tag des Allama Iqbal (9.

November) und der Geburtstag von Quaid-e-Azam (25.

Dezember).

Dieislamischen Feiertage richten sich nach dem Mondkalender und fallen jedes Jahr auf einen anderen Tag.

Zu den wichtigsten gehören: Eid-al-Fitr, das Dreitagefest am Ende des Monats Ramzan (Ramadan), Eid-al-Azha (Opferfest), das Abrahams Bereitschaft gedenkt, seinen Sohn zu opfern, sowie die Pilgerfahrt (Haj) nach Mekka und schließlich Eid-i-Milad-un-Nabi, der Geburtstag des Propheten Mohammed. 3.4 Soziales Die Gesundheitsfürsorge funktioniert in Pakistan wegen fehlender Finanzmittel und medizinischer Einrichtungen nur eingeschränkt, vor allem in ländlichen Gebieten.

Aufeinen Arzt kommen 1 353 Einwohner (2004), die Kindersterblichkeitsrate beträgt 67 Sterbefälle pro 1 000 Lebendgeburten (2008).

1976 wurde eine Altersversorgungeingeführt, die durch staatliche Fonds finanziert wird, aber nur relativ wenige Pakistanis sind dadurch im Alter abgesichert.

Die Arbeitslosenquote beträgt 7,7 Prozent(2004). 4 BILDUNG UND KULTUR Als muslimische Nation ist Pakistan stark von der Kultur und den Traditionen des Islam geprägt. 4.1 Bildung und Schulwesen 47,4 Prozent der erwachsenen Pakistanis können lesen und schreiben.

Laut Verfassung besteht eine allgemeine Schulpflicht von drei Jahren, doch besuchen tatsächlichweniger als die Hälfte der fünf- bis neunjährigen Kinder eine Schule.

Alphabetisierungskampagnen für Erwachsene spielen eine große Rolle im Kampf gegen dasAnalphabetentum.

Zunehmende Bedeutung können religiös orientierte Schulen für sich in Anspruch nehmen.

Die großstädtischen Eliten lassen ihren Nachwuchs bevorzugtan privaten Colleges ausbilden.

Etwa 2 Prozent des Bruttosozialprodukts fließen in den Erziehungssektor. Pakistan hat 24 staatliche Universitäten und Hochschulen, die teilweise bereits Ende des 19.

Jahrhunderts gegründet wurden, außerdem drei private Universitäten.

Zu denführenden universitären Einrichtungen Pakistans zählen die Universität Karachi (gegründet 1951), die Universität von Punjab (gegründet 1882) in Lahore, die UniversitätPeshawar (gegründet 1950), die Universität des Sind (gegründet 1947) in Dadu und die landwirtschaftliche Hochschule (gegründet 1909) in Faisalabad.

Die staatlichenHochschulen werden finanziell kaum unterstützt, Ausnahmen gelten nur für wenige Institute mit vorwiegend technologischer Ausrichtung. 4.2 Kultureinrichtungen In Karachi befinden sich die wichtigsten Bibliotheken des Landes; es sind die Liakat Memorial Library, die Central Secretariat Library und die Universitätsbibliothek.Erwähnenswert sind auch das pakistanische Staatsarchiv in Islamabad und die Öffentliche Bibliothek von Punjab in Lahore.

Das pakistanische Nationalmuseum in Karachibesitzt bedeutende Ausstellungsstücke über die Induskulturen wie auch Gebrauchs- und Kunstgegenstände der buddhistischen und islamischen Sphäre.

Kulturelle Zeugnissesind ferner im Museum von Lahore und im Museum von Peshawar zu besichtigen.

In Lahore gibt es auch ein Industrie- und Gewerbemuseum.

Die KultureinrichtungenPakistans werden staatlicherseits kaum gefördert. 4.3 Medien Die staatliche Fernsehanstalt Pakistan Television Corporation strahlt ein Fernsehprogramm aus, das von der Regierung kontrolliert und zensiert wird.

Die erstenÜbertragungen begannen 1964 in Lahore, ab 1966 auch in Karachi.

Zeitungen erscheinen hauptsächlich in Urdu und Englisch.

In Pakistan gibt es 291 Tageszeitungen und560 Wochenzeitungen, viele in kleiner Auflage.

Die wichtigsten Tageszeitungen sind in Lahore und Karachi konzentriert.

Die Gesamtauflage aller Tageszeitungen lag 1999bei rund 6 Millionen.

Bezüglich der Pressefreiheit konstatierte die internationale Organisation Reporter ohne Grenzen für das Jahr 2000 eine „gefährliche Situation”. 5 VERWALTUNG UND POLITIK Pakistan ist seit der Abspaltung von Ostpakistan im Jahr 1971 eine islamische Republik mit föderativem Staatsaufbau.

1973 wurde eine neue Verfassung verabschiedet, diedie seit 1956 gültige Verfassung ablöste.

Nach dem Militärputsch von 1977 wurde jedoch das Kriegsrecht verhängt und die Verfassung von 1973 in weiten Teilensuspendiert.

Erst 1985 wurde das Kriegsrecht aufgehoben und die Verfassung wiederhergestellt, allerdings mit Änderungen zugunsten der Rolle des Präsidenten, dem nundie Befugnis zugestanden wurde, den Ministerpräsidenten zu entlassen, das Parlament aufzulösen und bei Gesetzgebungsvorhaben sein Veto einzulegen.

Durch weitereVerfassungsänderungen wurden 1997 diese Sonderrechte des Präsidenten wieder abgeschafft, 2002 jedoch erneut in die Verfassung aufgenommen.

Nach dem Militärputschvon 1999 wurde erneut die Verfassung außer Kraft gesetzt, das Parlament zunächst suspendiert und 2001 schließlich aufgelöst.

2002 erfolgte die Rückkehr zuparlamentarischen Strukturen. 5.1 Exekutive Nach der Verfassung von 1973, die 2002 letztmals geändert wurde, steht an der Spitze des Staates der Präsident, der für fünf Jahre von einem Wahlmännerkollegiumgewählt wird.

Ihm unterstellt ist der Ministerpräsident.

Der Präsident verfügt über weit reichende Machtbefugnisse; so kann er den Ministerpräsidenten ernennen undentlassen und das Parlament auflösen. 5.2 Legislative Die Gesetzgebung liegt bei einem Zweikammerparlament, dem Oberhaus (Senat) und dem Unterhaus (Nationalversammlung).

Die Nationalversammlung hat – seit derÄnderung des Wahlsystems 2002 – 342 Sitze, wovon 60 Sitze für Frauen reserviert sind und zehn für ethnische Minderheiten; 272 Abgeordnete werden alle fünf Jahre inallgemeinen Wahlen gewählt.

Der Senat hat 87 Sitze; seine Mitglieder werden indirekt durch die Provinzparlamente für eine Dauer von sechs Jahren gewählt.

In Pakistanbesteht allgemeines Wahlrecht ab 18 Jahren.. »

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