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Reiseliteratur (Sprache & Litteratur).

Publié le 13/06/2013

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Reiseliteratur (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG Reiseliteratur, Sammelbezeichnung für jede Art literarischer Äußerung, die sich stofflich mit dem Bereich des Reisens befasst. Darunter lassen sich Reiseführer ebenso wie die wissenschaftliche, essayistische und fiktionale Behandlungen des Themas fassen. Zur wissenschaftlichen Reiseliteratur gehört Alexander von Humboldts Voyages aux règions équinoxiales du nouveau continent (30 Bde., 1805-1834), zur essayistischen Hermann Graf Keyserlings Reisetagebuch eines Philosophen (1919). Eine Sonderform der Reiseliteratur sind die Reisebriefe, die - oftmals als Teil einer Korrespondenz - über das geographische, kulturelle oder soziale Umfeld in der Fremde Auskunft geben. Literarisch wertvolle Reisebriefe stammen von Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Heinrich Wackenroder und Theodor Fontane. Auch Goethes Reisetagebuch Italienische Reise (1786) ist zur Reiseliteratur zu zählen. Eine Sonderform des Reiseromans ist der utopische Roman (Utopie; von griechisch ou: nicht; topos: Ort), der eine phantastisch-ideale Welt im Nirgendwo konstruiert, um an ihr die realen Verhältnisse zu messen. Ein Beispiel hierfür ist Thomas Mores Staatsroman Utopia (1515). Auch Abenteuer-, Schelmen- und Lügengeschichten können der Gattung angehören. 2 REISEFÜHRER Die Idee des Reiseführers entwickelte sich bereits im Altertum. Zur altgriechischen Literatur zählen Schriften, die Länderbeschreibungen oder Erläuterungen von Sehensund Merkwürdigkeiten einzelner Städte enthielten. Seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. sind solche Periegesen (von griechisch periegesis: Herumführen) bekannt. Ihre Verfasser, darunter Hekataios, Herakleides, Dionysos und Avienus, wurden Periegeten (also Fremdenführer) genannt. Überliefert ist etwa die Periegesis tes Hellados des Pausanias (um 170 v. Chr.) über Griechenland. Im Mittelalter dienten Reiseführer vorwiegend zur Unterweisung von Wallfahrern. Zunächst handschriftlich kopiert, wurden sie seit dem 15. Jahrhundert auch gedruckt. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich im Zuge bildungsbürgerlichen Interesses und im Rahmen des Massentourismus die Baedeker-Reihe (siehe Karl Baedeker), die am Anfang einer ganzen Welle von Reiseführer-Literatur stand. Autoren von Karl May bis hin zu Thomas Pynchon holten hier ihre Informationen über entlegene Länder für ihre Romane bzw. Erzählungen, ohne die Schauplätze erst bereisen zu müssen. 3 ANFÄNGE DER REISELITERATUR Den Beginn der fiktionalen Reiseliteratur des Abendlandes markiert Homers Epos Odyssee, welches, im 9. Jahrhundert v. Chr. entstanden, über die abenteuerliche Irrfahrt des Odysseus von Troja nach Ithaka berichtet. Im Auftrag des persischen Herrschers Dareios I. reiste Skylax aus Karyanda von Indien nach Suez und schrieb seine Erlebnisse um 516 v. Chr. nieder. Im 4. Jahrhundert v. Chr. berichtete Pytheas von seiner Fahrt zu den Shetland- und Orkney-Inseln. Diese griechische Tradition der Reisegeschichte, die, mit allerlei unglaublichen Abenteuern und pseudoethnologischen Berichten durchwoben, von sich behauptet, authentisch zu sein, fand bereits im 2. Jahrhundert in Lukian von Samosata einen ebenso phantasievollen wie skeptischen Parodisten. In seinen Wahren Geschichten und in Ikaromenippos oder Die Luftreise wird die Übertreibungskunst griechischer Chronisten wie Ktesias (Indien), Iambulos oder Herodot (Kleinasien, Nordafrika) in ironischer Weise noch überboten. Aus der asiatischen Literatur sind fiktionale Reisetexte seit dem 4. Jahrhundert n. Chr. überliefert. Im Mittelalter sind vor allem die Spielmannsdichtung sowie die Amadis- und Artusromane (siehe auch Artussage) wichtiger Bestandteil der Reiseliteratur. Hinzu kamen zahlreiche Berichte über Pilgerreisen, etwa von Hans Schiltberger (1429), und das Raisbuch von Hans Tucher (1428). Das Werk jedoch, von welchem die größte Nachwirkung ausging, war Marco Polos Il Milione (1301; Der Milione - auch: Die Wunder der Welt), in dem dieser seine zwischen 1271 und 1295 unternommene Reise in die Mongolei des Kubilai Khan beschrieb. Eine erste hochdeutsche Übersetzung erschien Ende des 14. Jahrhunderts. In Il Milione vermischte Polo genaue gesellschaftliche Analyse, authentische Geschichte und Fiktion (z. B. einen Bericht über Menschen mit Hundegesichtern) unentwirrbar miteinander. Auf diese Weise gelangten erste Informationen und Gerüchte über den Fernen Osten nach Europa. Polos Reisebericht regte Christoph Kolumbus zu seiner (Indien-)Reise an und ermutigte zahlreiche Abenteurer, dem legendären Reichtum Chinas nachzujagen. Der phantastische Reisebericht des englischen Ritters Mendeville Jean de Bourgoignes aus der Mitte des 14. Jahrhunderts ist direkt von Polo beeinflusst. 4 18. UND 19. JAHRHUNDERT Nach den phantastischen Fahrten Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausens (Reisebeschreibung nach der oberen Mondwelt), der Gesellschaftssatire Jonathan Swifts (Gullivers Reisen), der Parodie auf den Ritterroman von Miguel de Cervantes (Don Quijote) und den philosophischen Reisefiktionen der Aufklärung - darunter Voltaires Candide - entwickelte sich der bildungsbeflissene Reiseroman des Barock und der erotisch-galante Rokoko-Reiseroman. In der Tradition von Laurence Sternes Empfindsamer Reise durch Frankreich und Italien (1768) entstand Schummels Empfindsame Reise durch Deutschland (1770-1772). Im 18. Jahrhundert begründen Daniel Defoe und Tobias George Smollet zudem die Robinsonade bzw. den Seeroman. Daneben erschienen erste Weltreise-Bücher, so Johann Georg Adam Forsters Reise um die Welt (1777) oder Adelbert von Chamissos Reise um die Welt (1821). Jules Vernes erschloss den Reiseroman der Sciencefiction. Seine Reise um die Welt in 80 Tagen reizte im 20. Jahrhundert Autoren wie Jean Cocteau (Meine Reise um die Welt in 80 Tagen) und Julio Cortázar (Reise um den Tag in 80 Welten) zu intelligenten Variationen. Die Abkehr von den Naturtheorien Jean-Jacques Rousseaus zeigte sich im Sturm und Drang, etwa bei Friedrich Maximilian Klingers Faust (1791). Hingegen besitzen Jean Pauls phantasiereiche Reiseromane Züge des Idyllischen. Das Sujet der Lügenfahrten nehmen die sich um die Person Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen rankenden Münchhauseniaden auf: Auch diese Tradition setzte sich bis ins 20. Jahrhundert fort, etwa bei Paul Scheerbart, Walter Hasenclever u. a. Eigene Erfahrungen in exotischer Ferne skizzierte Iwan Gontscharow Mitte des 19. Jahrhunderts in Fregat Pallada (2 Bde.; Die Fregatte Pallas), zugleich eine anklagendparodistische Variante der Reiseliteratur einer sentimental-verklärenden Romantik. (Innerhalb der deutschen Romantik taucht das Motiv etwa in Joseph Freiherr von Eichendorffs Aus dem Leben eines Taugenichts von 1826 auf.) Der Abenteuer- und Entdeckerlust anderer Autoren steht hier die eigene Unfähigkeit zum Genuss des Fremden (,,Kälte und Trägheit hatten mich ganz übermannt") entgegen. 5 DER EXOTISMUS DES 19. JAHRHUNDERTS Im Zeitalter des Imperialismus entstand vor allem im englischsprachigen Raum, aber auch in Frankreich und Spanien eine Anzahl exotistischer Werke, die neben nationalistischen Gefühlen auch das Verlangen nach Wissen über Fremdes stillten. (Allerdings nahm diese Tradition bereits viel früher ihren Anfang. Ein Beispiel hierfür sind die Reisebriefe von Hernán Cortés über das Aztekenreich in Mexiko.) In diese Zeit fallen auch die ethnologisch, geographisch und kulturhistorisch angelegten Berichte zahlreicher Forschungsreisender. Dazu zählen David Livingstones Missionary Travels (1859; Missionsreisen), Richard Burtons First Footsteps in Africa (1856; Die Expeditionen Burtons und Spekes) und Henry Morton Stanleys In Darkest Africa (1890; Im tiefsten Afrika). Exotistische Romane äußerst unterschiedlichen Niveaus schrieben u. a. Rudyard Kipling, Herman Melville, Joseph Conrad, Pierre Loti, André Gide und Karl May. Ihre oftmals idealisierenden Beschreibungen beeinflussten Autoren des Naturalismus, die, wie etwa Gerhart Hauptmann mit Griechischer Frühling (1907), die Fremde zur arkadischen Idylle stilisierten. Im Expressionismus - etwa durch Robert Müllers Roman Tropen (1915) - wurde diese Form des Exotismus persifliert. 6 20. JAHRHUNDERT In den zwanziger Jahren entstand die kritische Reisereportage. Vorreiter hierfür waren Arthur Hollitscher (Amerika heute und morgen) und Egon Erwin Kisch (Paradies Amerika, 1929). Nach dem 2. Weltkrieg entsteht die Form der politisch engagierten Reisebeschreibung, so etwa Simone de Beauvoirs La longue marché (1957; Der lange Marsch). In den fünfziger Jahren schrieb Heinrich Böll sein Irisches Tagebuch (1959). Auch beginnt Wolfgang Koeppen eine Reihe von Russland-, Amerika- und Venedigbüchern (Nach Russland und anderswo hin, 1958; Ich bin gern in Venedig warum, 1994). In den USA illustrierte die Beatgeneration, allen voran Jack Kerouac mit seinem Roman On the Road (1957; Unterwegs), ein neues Lebensgefühl. Weitere Autoren von Reiseliteratur sind u. a. Alfred Andersch, Cees Noteboom, Hans Magnus Enzensberger, Hubert Fichte, Bruce Chatwin (Traumpfade), V. S. Naipaul und Paul Theroux. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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JAHRHUNDERT In den zwanziger Jahren entstand die kritische Reisereportage.

Vorreiter hierfür waren Arthur Hollitscher (Amerika heute und morgen) und Egon Erwin Kisch ( Paradies Amerika, 1929).

Nach dem 2.

Weltkrieg entsteht die Form der politisch engagierten Reisebeschreibung, so etwa Simone de Beauvoirs La longue marché (1957; Der lange Marsch ).

In den fünfziger Jahren schrieb Heinrich Böll sein Irisches Tagebuch (1959).

Auch beginnt Wolfgang Koeppen eine Reihe von Russland-, Amerika- und Venedigbüchern ( Nach Russland und anderswo hin, 1958; Ich bin gern in Venedig warum, 1994).

In den USA illustrierte die Beatgeneration, allen voran Jack Kerouac mit seinem Roman On the Road (1957; Unterwegs ), ein neues Lebensgefühl. Weitere Autoren von Reiseliteratur sind u.

a.

Alfred Andersch, Cees Noteboom, Hans Magnus Enzensberger, Hubert Fichte, Bruce Chatwin (Traumpfade), V.

S.

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