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Ungarn - geographie.

Publié le 06/06/2013

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Ungarn - geographie. 1 EINLEITUNG Ungarn (ungarisch Magyarország), Republik im Südosten Mitteleuropas, die im Norden an die Slowakei, im Nordosten an die Ukraine, im Osten an Rumänien, im Süden an Serbien, an Kroatien und Slowenien sowie im Westen an Österreich grenzt. Die Fläche Ungarns beträgt 93 030 Quadratkilometer. Die Hauptstadt des Landes ist Budapest. 2 LAND Das Land erstreckt sich in Ost-West-Richtung etwa 500 Kilometer und in Nord-Süd-Richtung rund 300 Kilometer. 2.1 Physische Geographie Ungarn wird überwiegend von Tiefland eingenommen. Mehr als zwei Drittel des Landes liegen weniger als 200 Meter über dem Meeresspiegel. Das Land erstreckt sich über den größten Teil des von Gebirgen umrahmten Pannonischen Beckens. Das Große Ungarische Tiefland (Alföld) nimmt als zentraler Teil dieses Beckens nahezu den gesamten Osten und Süden des Landes ein. Diese Großlandschaft wird von der Theiß durchflossen und weist in weiten Teilen steppenartigen Charakter auf. Das Kleine Ungarische Tiefland (Kisalföld) erstreckt sich im Nordwesten des Landes. Wie im Alföld sind die Höhenunterschiede in dieser Region sehr gering. Die beiden Tiefländer werden vom Ungarischen Mittelgebirge getrennt. Die Ungarn überwiegend südwärts durchziehende Donau, die zwischen Bratislava (Preßburg) und Esztergom die Grenze zur Slowakei bildet, teilt das Ungarische Mittelgebirge in das westliche Transdanubische Mittelgebirge und das östliche Nordungarische Mittelgebirge; beide umfassen mehrere Gebirgsgruppen. Im östlich der Donau gelegenen Mátragebirge befindet sich der Kékes; er markiert mit 1 014 Metern die höchste Erhebung des Landes. Der Südwesten Ungarns wird vom Transdanubischen Hügelland eingenommen. In diesem Gebiet liegt auch der Plattensee (Balaton), der größte See Mitteleuropas. 2.2 Klima Wegen der Binnenlage und der abschirmenden Wirkung der Gebirge hat Ungarn ein relativ trockenes Kontinentalklima mit kalten Wintern und warmen Sommern. Die mittleren Temperaturen liegen im Januar zwischen -1 °C und -3 °C sowie im Juli zwischen 21 und 23 °C. Im Frühsommer sind die ergiebigsten Niederschläge zu verzeichnen. Die mittlere Niederschlagsmenge beträgt im Westen rund 800 Millimeter, während in den östlichen Landesteilen in trockenen Jahren 500 Millimeter unterschritten werden können. 2.3 Flora und Fauna 8,9 Prozent (2007) der Gesamtfläche Ungarns stehen unter Naturschutz, 21,2 Prozent des Landes sind bewaldet. Die Wälder bestehen vor allem aus Eichen, Buchen, Linden, Eschen, Ahorn und Birken sowie im Transdanubischen Hügelland aus Edelkastanien und Maulbeerbäumen. Die als Puszta bezeichnete, von Feuchtwäldern durchsetzte Waldsteppe ist eine Kulturlandschaft. Sie ist heute weitgehend verschwunden und wurde zum Teil in standortfremde Robinienwälder umgewandelt. Bemerkenswerte Raubtiere sind Goldschakal, Steppeniltis (ein naher Verwandter des auch in Ungarn vorkommenden Iltis), Fischotter, Wildkatze und Marderhund. Zu den im offenen Land lebenden Nagetieren gehören Feldhamster, Ziesel, Ährenmaus und Steppenbirkenmaus. In Feuchtgebieten sind Weiß- und Schwarzstorch sowie seltene Reiherarten wie Purpur-, Silber-, Seiden- und Rallenreiher verbreitet. Die Greifvogelfauna ist auch durch Adlerarten wie See- und Kaiseradler repräsentiert. Ein auffallender Großvogel der Puszta ist die Großtrappe. Das Große Ungarische Tiefland bietet wichtige Rastplätze für Zugvögel. 3 BEVÖLKERUNG Die Einwohnerzahl Ungarns beträgt 9,93 Millionen (2008). Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte liegt bei 108 Einwohnern pro Quadratkilometer. Die nördlichen Landesteile sind wesentlich dichter besiedelt als der Süden. Die Wachstumsrate der Bevölkerung ist seit einigen Jahren negativ und beträgt -0,25 Prozent (2008). Die Lebenserwartung liegt bei 73,2 Jahren (2008). Die Magyaren machen etwa 97 Prozent der ungarischen Bevölkerung aus. Sie sind Nachkommen finnougrischer Stämme, die sich während ihrer Wanderung von ihren Siedlungsgebieten am Ural sowie während ihrer Sesshaftwerdung mit Awaren, Slawen und später auch Türken vermischten und sie assimlierten. Zu den ethnischen Minderheiten in Ungarn zählen u. a. Deutsche, Slowaken, Serben, Kroaten, Roma und Rumänen. 3.1 Wichtige Städte Die Bevölkerung lebt zu 66 Prozent in Städten. Die Hauptstadt Budapest hat etwa 1,71 Millionen Einwohner (2003) und ist das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum Ungarns. Weitere bedeutende Städte sind das Handels- und Agrarzentrum Debrecen (207 000 Einwohner), Miskolc, der Standort der Stahl und andere Metalle verarbeitenden Industrien (182 000 Einwohner), Szeged, der Umschlagplatz für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Alföld (164 000 Einwohner), sowie Pécs (160 000 Einwohner), ein Standort der verarbeitenden Industrie. 3.2 Sprache Die Amtssprache ist Ungarisch, eine finnougrische Sprache, die in lateinischen Buchstaben geschrieben wird. Es gibt zahlreiche Lehnwörter aus dem Türkischen, dem Deutschen, dem Französischen, dem Lateinischen und aus slawischen Sprachen. Minderheitensprachen sind u. a. Romani und Deutsch. 3.3 Religion Zwei Drittel der Bevölkerung sind römisch-katholisch, rund ein Viertel ist protestantisch; zudem gibt es kleinere Religionsgemeinschaften. Die wichtigsten protestantischen Kirchen sind die Ungarische Calvinistische Kirche und die Ungarisch-lutherische Kirche. Die jüdische Gemeinde umfasst etwa 100 000 Mitglieder. Während der kommunistischen Ära von den vierziger Jahren bis Ende der achtziger Jahre waren Staat und Kirche getrennt. Kirchliche Organisationen wurden allerdings vom Amt für Kirchenfragen verwaltet. Darüber hinaus löste das kommunistische Regime die meisten kirchlichen Orden auf und beschlagnahmte den Besitz der Klöster. 3.3.1 Feiertage Der erste Feiertag im Jahr ist Neujahr (1. Januar). Es folgen Ostern und Pfingsten sowie der Tag der Arbeit am 1. Mai; ein weiterer wichtiger Feiertag ist der 1. Weihnachtsfeiertag (25. Dezember). Offizieller Staatsfeiertag ist der Sankt Stephanstag am 20. August, der Tag des ersten ungarischen Königs Stephan I., des Heiligen; weitere Nationalfeiertage sind 15. März, der an den Freiheitskampf in der Revolution von 1848/49 erinnert und der 23. Oktober, an dem des Volksaufstandes von 1956 und der Proklamation der Republik 1989 gedacht wird. 3.4 Soziales In Ungarn gibt es seit 1972 eine gesetzliche Sozialversicherung. Sie wird seit 1993 landesweit von der Sozialversicherungsverwaltung kontrolliert und größtenteils von den Arbeitgebern finanziert. Die medizinische Versorgung ist kostenlos. Das Gesundheitsministerium verwaltet die staatlichen Gesundheitsdienste in Komitats- und Bezirkskrankenhausregionen. Der Staat bietet Schwangeren und jungen Müttern kostenlose Fachberatungen an. Außerdem finanziert er Mutterschaftsurlaub sowie Mutterschaftsgeld, Arbeitslosenunterstützung, Alters- und Behindertenrente, Kindergeld und Zuschüsse zu Bestattungskosten. 4 BILDUNG UND KULTUR Die frühen Magyaren besaßen eine heidnische Volkskultur, die teilweise östliche Märchen, Volkskunst und Volksmusik übernahm. Nach der Christianisierung Ungarns im 10. Jahrhundert verdrängten westeuropäische Einflüsse die heidnischen und östlichen Elemente. Latein wurde Amtssprache und die Sprache der Literatur. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde Ungarn durch die französische Aufklärung und den Liberalismus Westeuropas beeinflusst. Die ungarische Literatur entwickelte sich weitgehend unabhängig. 4.1 Bildung und Schulwesen In Ungarn besteht für Kinder zwischen 7 und 16 Jahren Schulpflicht (2002-2003). Der Alphabetisierungsgrad liegt bei 99,4 Prozent (2005). Der Besuch der Grundschule ist kostenlos. Die Regierung zahlt auch den Großteil der Kosten für den Besuch der Sekundarschulen und höheren Bildungseinrichtungen. Das Schulsystem besteht aus allgemeinen Schulen oder Grundschulen, die die ersten acht Klassen umfassen, aus Sekundarschulen und technischen Schulen sowie aus höheren Bildungseinrichtungen. Auf die Berufsausbildung und die Ausbildung auf technischen Gebieten wird besonderer Wert gelegt. Die bedeutendsten der knapp 60 höheren Bildungseinrichtungen Ungarns sind die Universitäten von Budapest (gegründet 1635), Pécs (1367), Szeged (1872) und Debrecen (1912). 2001-2002 waren 354 386 Studenten an den Hochschulen und Universitäten eingeschrieben. Die meisten Hochschulen sind auf die Ausbildung von Lehrern, auf technische Fächer, auf Landwirtschaft oder eine spezielle Berufsausbildung ausgerichtet. 4.2 Kultureinrichtungen Ungarn besitzt über 5 000 öffentliche Bibliotheken. Die größte ist die Széchényi-Nationalbibliothek in Budapest. Sie wurde 1802 gegründet und umfasst rund 2,4 Millionen Bände und 4,2 Millionen Urkunden usw. Weitere bedeutende Bibliotheken in Budapest sind das Nationalarchiv, die Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und die Parlamentsbibliothek. Außer städtischen und regionalen öffentlichen Bibliotheken verfügt Ungarn auch über Bibliotheken der Gewerkschaft und über wissenschaftliche Bibliotheken. Zu den führenden Museen Ungarns gehören das Ungarische Historische Landesmuseum, das Sammlungen über die Geschichte der magyarischen Kultur ab dem 9. Jahrhundert beherbergt, das Ungarische Museum der Bildenden Künste und das Ungarische Nationalmuseum der Naturgeschichte. Diese drei Museen befinden sich in Budapest. 4.3 Kunst Nur wenige ungarische Künstler erlangten Weltruf. Die ungarische Malerei erlebte ihre Glanzzeit im 19. Jahrhundert zur Zeit der Romantik. Zu den namhaften Malern zählten Mihály Munkácsy, Viktor Madarász, Pál Szinyei Merse und Mihály Zichy. László Moholy-Nagy war ein bedeutender Künstler des 20. Jahrhunderts. Auf dem Gebiet der Plastik ragen György Zálas und Alajos Stróbls von Liptóujúar heraus. Während der kommunistischen Regierung dominierte auch in Ungarn der sozialistische Realismus. Zu den bedeutenden ungarnstämmigen Künstlern gehören die Photographen Brassaï, Robert Capa und André Kertész sowie die Architekten Ödön Lechner und Marcel Breuer. Namhafte Vertreter des ungarischen Films sind u. a. István Szabó und Márta Mészáros. 4.4 Literatur Die Geschichte der ungarischen Literatur beginnt im 13. Jahrhundert mit Übersetzungen aus dem Lateinischen; eine erste Blütezeit setzte im 17. Jahrhundert ein. Nachdem im 18. Jahrhundert unter den Habsburgern die Verwendung der ungarischen Sprache in der Literatur unterdrückt worden war, führte im 19. Jahrhundert ein neu erwachtes Nationalgefühl zu einem Aufleben der ungarischen Literatur. Namhafte Schriftsteller dieser Zeit sind Sándor Pet? fi, der zum Nationaldichter avancierte, János Arany und Károly Kisfaludy. Das 20. Jahrhundert brachte eine ganze Reihe hochrangiger ungarischer Schriftsteller hervor, u. a. Ferenc Molnár, György Konrád, Péter Nádas und Péter Esterházy. 2002 wurde Imre Kertész als erster Ungar mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Sein autobiographisch geprägtes Werk beschäftigt sich fast ausschließlich mit dem Holocaust, den er als 15-Jähriger nur knapp überlebte. 4.5 Musik Mit der Christianisierung Ungarns im 10. Jahrhundert kam auch westeuropäische sakrale Musik ins Land. Dazu zählten die gregorianischen Gesänge und - nach der Reformation - protestantische Choräle. Die weltliche Musik wurde stark vom Osten beeinflusst. Ein charakteristischer Instrumental- und Vokalstil kam im 15. Jahrhundert mit den Roma nach Ungarn. Außerdem übernahm die ungarische Volksmusik Elemente von orientalischen Harmonien, z. B. den Aufbau von Melodien durch Tonarten und Tonleitern nach türkischem Vorbild. (Die Türken hatten das Land im 16. und 17. Jahrhundert besetzt.) Im 17. und 18. Jahrhundert hatten die Fürstenhöfe - wie der des Fürsten Nicholas Esterházy in Eisenstadt - oft ihre eigenen Orchester und Theatergruppen, in denen ausländische Musiker arbeiteten. Der bekannteste ist der österreichische Komponist Joseph Haydn, der 30 Jahre lang für die Familie Esterházy arbeitete. Im 19. Jahrhundert brachte Ungarn seinen ersten bedeutenden, im Land geborenen Komponisten hervor, Ferenc Erkel, der die ungarische Nationalhymne und die erste ungarische Oper komponierte. Der in Ungarn gebürtige Komponist und Pianist Franz Liszt verbrachte den Großteil seines Lebens im Ausland. Wie schon Erkel so war auch Ernst von Dohnányi stark von deutschen Komponisten beeinflusst. Bis die Musik von Béla Bartók und Zóltan Kodály im 20. Jahrhundert internationale Anerkennung fand, hatten deutsche und österreichische Komponisten großen Einfluss auf die ungarische Musik. Ab 1905 sammelten und veröffentlichten Bartók und Kodály Tausende ungarischer Volkslieder und verwandten sie oder deren Leitmotive in ihrer eigenen Musik. Ende der fünfziger Jahre lehnten jüngere ungarische Komponisten diesen Volksmusikstil ab und verfolgten neue Ansätze der Komposition. Ein weiterer bedeutender Komponist des Landes war Paul Abraham. Weltgeltung erhielt auch der Violinist Leopold von Auer. 4.6 Medien Post-, Telegraphen- und Telefonleistungen sind in staatlicher Hand und unterstehen dem Handelsministerium. Der überregionale öffentlich-rechtliche Rundfunk umfasst zwei Fernseh- und drei Radioprogramme; daneben gibt es zwei große private Fernsehsender sowie eine Reihe regionaler und überregionaler Privatradios. Die ungarische Verfassung garantiert die Pressefreiheit. 2004 erschienen 34 Tageszeitungen mit einer Auflage von etwa 5 Millionen Exemplaren. 5 WIRTSCHAFT Vor dem 2. Weltkrieg bildete die Landwirtschaft die wirtschaftliche Grundlage Ungarns. Die wenigen Industriebetriebe des Landes wurden während des Krieges fast vollständig zerstört. Nachdem die Kommunistische Partei 1948 die bestimmende Macht geworden war, verkündete die ungarische Regierung eine Reihe langfristiger Pläne zur Wirtschaftsentwicklung. Der Hauptakzent dieser Pläne lag auf der Industrialisierung des Landes, wobei die Konsumgüterindustrie und der Dienstleistungssektor vernachlässigt werden sollten. In diesem Zuge setzte die Regierung ihre Gelder in erster Linie zum Aufbau der Schwerindustrie ein. Ende der siebziger/Anfang der achtziger Jahre geriet das Wirtschaftswachstum Ungarns zunehmend ins Stocken, die Auslandsverschuldung stieg dramatisch. Als Ursachen hierfür erkannten einige Experten u. a. die straffen, planwirtschaftlichen Strukturen sowie die zu einseitige Ausrichtung der ungarischen Ökonomie, folglich begann ein Umdenken. Gegen Ende der achtziger Jahre (ab 1988) wurden Entscheidungen im wirtschaftlichen Bereich in gewissem Umfang dezentralisiert. Nach den ersten freien Wahlen 1990 erfolgte schrittweise die Umstellung von der Planwirtschaft zu den Prinzipien der freien Marktwirtschaft. Gleichzeitig öffnete sich das Land stärker dem Tourismus, der sich schnell zu einem wichtigen Wirtschaftszweig entwickelte. In diesem Zuge baute man auch den Dienstleistungssektor enorm aus. 2004 lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei 112 920 Millionen US-Dollar. Den Hauptbeitrag zum BIP lieferte der Dienstleistungsbereich mit 65,7 Prozent, gefolgt von der Industrie mit 30,1 Prozent und der Landwirtschaft mit 4,2 Prozent. Die Inflationsrate lag bei 3,70 Prozent (2006). Von den 4,20 Millionen Erwerbstätigen Ungarns (2006) sind etwa 63 Prozent in der Dienstleistungsbranche, 32 Prozent in der Industrie und circa 5 Prozent in der Landwirtschaft beschäftigt. Die meisten Arbeitnehmer sind in Gewerkschaften organisiert. Diese haben sich zum Zentralrat der ungarischen Gewerkschaften zusammengeschlossen, der über vier Millionen Mitglieder zählt. 5.1 Landwirtschaft 51,3 Prozent der Gesamtfläche Ungarns werden als Ackerland genutzt (2005). Die Haupterzeugnisse sind Mais, Weizen, Zuckerrüben, Gerste, Kartoffeln und Roggen, wobei Getreide die Hälfte der gesamten Produktionsmenge ausmacht. An Gemüse werden insbesondere Tomaten, Paprika und Zwiebeln ( siehe Lauch) angebaut. Die Weinbaugebiete in der Region um Tokaj sind auf der ganzen Welt berühmt (,,Tokajer"). Die Viehwirtschaft konzentriert sich vor allem auf die Haltung von Schweinen und Schafen. Einige Betriebe haben sich auf die Geflügelhaltung (Enten, Gänse und Hühner) spezialisiert. Etwa 2,8 Prozent der Agrarflächen werden für den Obstanbau genutzt. 5.2 Forstwirtschaft und Fischerei In der Nachkriegszeit verringerte sich der Waldbestand aufgrund der Ausdehnung des Ackerlandes, der hohen Abholzungsquote und der unzureichenden Wiederaufforstungsmaßnahmen. In den sechziger Jahren beschränkte die Regierung den Holzeinschlag und startete umfassende Programme zur Wiederaufforstung. Der Fischfang ist am Plattensee (Balaton), an der Donau und an der Theiß (Tisza) ein wichtiger regionaler Wirtschaftszweig. Die gefangenen Fischarten sind vor allem Barsche, Karpfen, Hechte und Welse. 5.3 Bergbau Obwohl Ungarn über einige Bauxit-, Kohle-, Mangan-, Erdgas-, Erdöl-, Kupfer-, Eisen- und Uranerzvorkommen verfügt, ist das Land dennoch als rohstoffarm zu bezeichnen. Außer dem Aluminium- und Manganerz sind die meisten Bodenschätze nur in geringen Mengen vorhanden und decken nicht den Eigenbedarf des Landes. Die Qualität des abgebauten Eisenerzes ist niedrig. Aus diesem Grunde muss Ungarns Industrie zahlreiche Rohstoffe aus dem Ausland importieren. 5.4 Industrie Bedeutende Industriezweige sind Maschinen- und Fahrzeugbau, Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, Textil- und Bekleidungsindustrie sowie Lederwarenproduktion. Außerdem werden auch chemische Erzeugnisse (Pharmaprodukte, Düngemittel, Kunststoffe) und Baustoffe hergestellt. 5.5 Währung und Bankwesen Die Währungseinheit ist der Forint (100 Fillér). Alle Bankgeschäfte werden von der Ungarischen Nationalbank kontrolliert. Sie ist Ungarns Notenbank und bietet auch Kontokorrent- und Sparkonten an. Die Kunden der Außenhandelsbank sind Unternehmen, die Wirtschaftsbeziehungen ins Ausland unterhalten. Die Staatliche Entwicklungsbank finanziert umfangreiche Investitionsprojekte. 5.6 Außenhandel Während der kommunistischen Ära unterstanden alle Großhandels- und die meisten Einzelhandelsunternehmen der staatlichen Kontrolle. Etwa die Hälfte des jährlichen Außenhandelsvolumens wurde mit der UdSSR und anderen Staaten des Ostblocks abgewickelt. Allerdings nahm der Handel mit Westeuropa, vor allem in den achtziger Jahren, stark zu. Mitte der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts gehörten vor allem Deutschland, Österreich, Italien, einige Staaten der GUS (z. B. Russland), Frankreich, die USA und Großbritannien zu den wichtigsten Außenhandelspartnern Ungarns. Gegen Ende der neunziger Jahre wickelte Ungarn seinen Außenhandel zu rund 80 Prozent mit Ländern der Europäischen Union ab. In der Handelsbilanz standen 46 394 Millionen US-Dollar für Einfuhrgüter einem Volumen von 42 309 Millionen US-Dollar für ausgeführte Waren gegenüber (2003). Zu den wichtigsten Exportprodukten Ungarns zählen Maschinen und Transportausrüstungen, Nahrungsmittel und Getränke, chemische Erzeugnisse, Kleidung und Textilien sowie Vieh. Im Gegensatz dazu waren Hauptimportprodukte vor allem Maschinen und vorgefertigte Teile, Nahrungs- und Genussmittel, Energieträger (z. B. Brennstoffe) sowie Rohstoffe (u. a. Nichteisenmetalle). 5.7 Verkehrswesen Die Donau ist eine der wichtigsten Verkehrsadern des Landes. Mit ihren schiffbaren Nebenflüssen (deren Gesamtlänge 1 622 Kilometer beträgt) ermöglicht sie die kostengünstige Abwicklung eines Großteiles der inländischen Fracht- und Passagiertransporte; Hauptumschlagsplatz ist Budapest. Von der Hauptstadt starten u. a. auch Tragflügelboote in Richtung Bratislava und Wien. Ferner bietet das Wasserstraßennetz einen schnellen Zugang zu den Märkten am Schwarzen Meer. Das Eisenbahnnetz ist 7 950 Kilometer lang (2005), wobei etwa ein Drittel elektrifiziert ist. Das ungarische Straßennetz hat eine Länge von 159 568 Kilometern (2003). Flüge werden sowohl von der staatlichen ungarischen Fluggesellschaft Malév als auch von ausländischen Flugunternehmen angeboten und am internationalen Flughafen Ferihegy in Budapest abgefertigt. Die beliebtesten und bekanntesten Fremdenverkehrsziele sind Budapest, der Plattensee (Balaton) und zahlreiche große Kurbäder. Die Besucherzahlen sind jedoch rückläufig. Während 1996 noch mehr als 20 Millionen Gäste aus dem Ausland kamen, waren es 1999 nur noch knapp 13 Millionen. 6 VERWALTUNG UND POLITIK Ungarn wird gemäß der Verfassung von 1949 regiert, die später mehrfach geändert und 1989 in wesentlichen Teilen überarbeitet wurde. Diese Änderungen entsprachen der Umstrukturierung des Landes von einer sozialistischen Volksrepublik in eine demokratische Republik. 6.1 Exekutive Staatsoberhaupt ist der von der Nationalversammlung für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählte Präsident, der einmal wiedergewählt werden darf. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und hat das Recht, den Kriegs- und Ausnahmezustand auszurufen. Die Nationalversammlung wählt auch den Ministerpräsidenten und sein Kabinett, den Ministerrat. 6.2 Legislative Die aus einer Kammer bestehende Nationalversammlung (Országgy? lés) umfasst 386 Mitglieder. Davon werden 176 Abgeordnete direkt aus lokalen Wahlbezirken, 152 durch Verhältniswahl aus Komitats- und Stadtlisten und 58 indirekt aus Landeslisten der einzelnen Parteien gestellt. Die Abgeordneten werden für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt. 6.3 Judikative Höchste juristische Instanz Ungarns ist der Oberste Gerichtshof mit Sitz in Budapest. Es ist das oberste Appellationsgericht des Landes; seine Richter werden von der Nationalversammlung gewählt. Die Komitats-, Bezirks- und Stadtgerichte verhandeln Strafsachen, meist unter dem Vorsitz eines Berufsrichters und zweier Laienrichter. Die Richter werden von örtlichen Räten für eine Dauer von drei Jahren gewählt. 6.4 Politik Zwischen 1949 und 1989 beherrschte die Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei das politische Leben des Landes. Im Oktober 1989 benannte sie sich aufgrund schnell sinkender Mitgliederzahlen in Ungarische Sozialistische Partei (MSzP) um. Weitere wichtige Parteien des Landes sind der Bund der Jungen Demokraten (FIDESz), das Demokratische Forum (MDF), die Unabhängige Partei der Kleinbauern (FKgP) und der Bund Freier Demokraten (SzDSz). 6.5 Kommunalverwaltung Ungarn ist in den Hauptstadtbezirk Budapest (mit dem Status eines Komitates) und 19 Komitate aufgeteilt, die wiederum in Bezirke untergliedert sind. Die 19 Komitate sind: Bács-Kiskun, Baranya, Békés, Borsod-Abaúj-Zemplén, Csongrád, Fejér, Gy?r-Moson-Sopron, Hajdú-Bihar, Heves, Jász-Nagykun-Szolnok, Komárom-Esztergom, Nógrád, Pest, Somogy, Szabolcs-Szatmár-Bereg, Tolna, Vas, Veszprém und Zala. Die Kommunalverwaltung hat einen hierarchischen Aufbau aus Dorfräten, Komitats- und Stadträten sowie Bezirksräten. Alle Räte werden durch freie Wahlen ermittelt, allerdings ist die Wahlbeteiligung im Allgemeinen niedrig. 6.6 Verteidigung Der Friedensvertrag von 1947 begrenzte die Stärke der ungarischen Armee auf 65 000 und die der Luftwaffe auf 5 000 Soldaten. Allerdings überschritt Ungarn diese Werte teilweise erheblich, bis nach dem Zusammenbruch des Ostblocks die Armee sukzessive reduziert wurde. 2004 umfassten die Streitkräfte 32 300 Soldaten beim Heer und 7 500 bei der Luftwaffe. Ende 2004 wurde die allgemeine Wehrpflicht mit einer Dienstzeit von zuletzt sechs Monaten abgeschafft. Seit März 1999 ist Ungarn Mitgliedsstaat der NATO. 7 GESCHICHTE Das Gebiet des heutigen Ungarn war ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. Teil der römischen Provinzen Dakien und Pannonien. 7.1 Die Ursprünge Ungarns Diese Provinzen am Rande des Römischen Reiches wurden zur Zeit der Völkerwanderung von germanischen Stämmen eingenommen. Die Hunnen vertrieben in der Folgezeit die Germanenstämme aus dieser Region, ab dem 5. Jahrhundert n. Chr. bildete das Territorium den Mittelpunkt des Hunnenreiches unter Attila. Nach dessen Tod drangen erneut Germanen in das Gebiet ein, wurden aber im 6. Jahrhundert von den Awaren wieder vertrieben. Mit dem Niedergang der Macht der Awaren im 8. Jahrhundert eroberten die Mähren, eine slawische Volksgruppe, die nördlichen und östlichen Teile der Region, und zwischen 791 und 797 gliederte Karl der Große, König der Franken, die restlichen Gebiete seinen Ländereien ein. Ein Jahrhundert später, im Jahr 895 oder 896, übernahm der finnougrische Stamm der Magyaren die Herrschaft über das Gebiet. Unter der Führung ihres Fürsten Árpád eroberten die Magyaren Mähren und drangen nach Mitteleuropa vor. Dort blieben sie für mehr als ein halbes Jahrhundert nach Árpáds Tod (907). Im Jahr 955 verwüsteten sie Burgund. 955 wurden sie dann von dem deutschen Kaiser Otto I. in der Schlacht auf dem Lechfeld vernichtend geschlagen. Diese Niederlage beschleunigte das Sesshaftwerden und die Christianisierung der Magyaren, die Beziehungen zum Heiligen Römischen Reich besserten sich. Großfürst Géza trat 975 zum christlichen Glauben über. Sein Sohn Stephan I., der Heilige, der Begründer der Árpáden-Dynastie, wurde 1001 formell als König von Ungarn anerkannt, als Papst Silvester II. ihm den Titel Apostolische Majestät verlieh. 7.2 Die Árpáden-Könige Unter Stephan, der 1083 heiliggesprochen wurde, begann für Ungarn eine neue Ära. Das Christentum wurde zur Staatsreligion, die Macht des Königs wurde zentralisiert, und das Land wurde in Komitate eingeteilt. Stephans direkter Nachfolger musste sich gegen Invasionen der Germanen behaupten. Ladislaus I. schloss mit Papst Gregor VII. ein Bündnis, wodurch Ungarn wieder zu einem mächtigen Königreich erstarkte. Ladislaus unterwarf die Gebiete des heutigen Kroatien, Bosnien und Teile Siebenbürgens (Transsilvaniens). Sein Nachfolger Koloman nahm Teile Dalmatiens ein. Im 12. Jahrhundert wurde die Macht des Königs eingeschränkt. Dies erfolgte hauptsächlich durch Eingreifen des byzantinischen Kaisers Manuel I. Komnenos, der den Großadel stärkte. Dadurch legte er die Grundlage für die Entwicklung des Feudalismus. Der byzantinische Einfluss schwand nach seinem Tod im Jahr 1180, doch der Adel behielt seine Sonderrechte. König Andreas II. versuchte die Zentralherrschaft wieder herzustellen. 1222 erließ er die Goldene Bulle Ungarns, die gelegentlich als die ungarische Magna Charta bezeichnet wird. Sie räumte dem Adel verschiedene Rechte ein. Die Macht der regionalen Fürsten konnte jedoch nicht grundlegend eingeschränkt werden. Während der Herrschaft von Andreas' Nachfolger, Béla IV., fielen die Mongolen 1241 in das Land ein. Die schwache Führung und weitere Zugeständnisse des Königs an den Adel beschleunigten den Zerfall des Königreiches. 7.3 Erste fremde Einflüsse Durch den Tod König Andreas III. 1301 starb die Linie der Árpáden-Könige aus. In der Folgezeit bestiegen fremde Herrscher den ungarischen Thron. 1308 wurde Karl Robert von Anjou als Karl I. König von Ungarn und führt dadurch das Haus Anjou in die ungarische Thronfolge ein. Während seiner Herrschaft, die 1342 endete, schränkte Karl die Rechte der regionalen Fürsten ein und stärkte die Macht des Königs. Er trug allgemein zur Festigung des Reiches bei und verleibte ihm auch neue Gebiete ein (Teile Bosniens und Serbiens). Durch die Heirat Elisabeths, der Schwester von König Kasimir III. von Polen, sicherte er seinem Sohn Ludwig I. die polnische Krone. Die Herrschaft Ludwigs dauerte bis zum Jahr 1382. Durch den Erwerb der polnischen Königskrone und durch erfolgreiche Eroberungszüge gegen Venedig entwickelte sich Ungarn zu einem der größten Reiche Europas. Ludwig führte zahlreiche Verwaltungsreformen durch, schränkte die Macht der Feudalbarone noch weiter ein und förderte die Wirtschaft durch Ausbau der Handelsbeziehungen und Durchführung einer Münzreform. Gegen Ende seiner Herrschaft wuchs die Macht des Osmanischen Reiches, und die Osmanen drangen kontinuierlich in Richtung Norden auf die Balkanhalbinsel vor. 1387 wurde Sigismund zum König gekrönt. Er organisierte einen Feldzug gegen die Osmanen, erlitt 1396 jedoch eine schwere Niederlage, der weitere (gegen die Venezier und gegen die Hussiten) folgten. Während der zweijährigen Herrschaft von Sigismunds habsburgischem Schwiegersohn und Thronfolger Albert wurde Ungarn erneut von den Osmanen bedroht. Nach Alberts Tod entbrannte 1439 ein erbitterter Streit um die Thronfolge. Der Reichsverweser János Hunyadi konnte die Osmanen mehrmals besiegen und beendete auch die osmanische Belagerung Belgrads im Jahr 1456. Hunyadis Sohn Matthias Corvinus wurde 1458 gegen den großen Widerstand Friedrichs III. zum König gewählt. Der neue Monarch führte verschiedene Verwaltungsreformen durch, stellte ein stehendes Heer auf und förderte die Entwicklung des Handels und der Kultur des Landes. Da Matthias auch ein hervorragender militärischer Befehlshaber war, übernahm er in den achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts von den Habsburgern die Kontrolle über Österreich und verlegte seinen Hof nach Wien. Dieser und weitere Gebietsgewinne, einschließlich Mährens, Schlesiens und der Lausitz, machten Ungarn für kurze Zeit zum mächtigsten Königreich Mitteleuropas. Nach Matthias' Tod 1490 wuchs die Macht der Feudalfürsten erneut. 7.4 Die Teilung Ungarns Die Feudalanarchie weitete sich in den ersten beiden Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts aus und führte dazu, dass sich das Land nicht mehr wirksam gegen die Osmanen verteidigen konnte. Im August 1521 nahm eine osmanische Armee unter Sultan Süleiman II. die beiden wichtigsten Stützpunkte des Königreiches im Süden, Belgrad und ?abac (heute zwei serbische Städte), ein. 1526 schlug Suleiman die ungarische Armee in der Schlacht bei Mohács vernichtend. König Ludwig II. und mehr als 20 000 seiner Männer fielen in dieser Schlacht. Am 10. September 1526 zog Suleiman in Buda ein. Nach der Niederlage bei Mohács kam es für einen Zeitraum von etwa 150 Jahren zu schweren Konflikten zwischen den habsburgischen Kaisern des Heiligen Römischen Reiches, die den Westteil des zerstörten Königreiches an sich brachten, den Osmanen, die die Oberherrschaft über den zentralen Teil des Landes hatten, und Gruppen ungarischer Adliger, insbesondere aus Siebenbürgen. Im Verlauf des Kampfes um die Vorherrschaft in Ungarn wurde Siebenbürgen zum Mittelpunkt der Magyarenbewegung gegen die osmanische und österreichisch-habsburgische Oberhoheit. Während der Reformation hatten sich die Magyaren von der katholischen Kirche abgewandt, wodurch sie die Feindschaft mit den Habsburgern und deren päpstlichen Verbündeten noch vertieften. Zwischen der Mitte des 16. Jahrhunderts und dem Beginn der Gegenreformation spitzten sich die Auseinandersetzungen zwischen den protestantischen Magyaren und den katholischen Habsburgern immer mehr zu. Nach dem Ende des Langen Krieges (1593-1606) musste Kaiser Rudolf II. den Magyaren in Siebenbürgen politische und religiöse Selbständigkeit, eine Gebietserweiterung sowie weitere Zugeständnisse gewähren. Die Siebenbürger kämpften im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) unter Gabriel Bethlen von Iktár, Fürst von Siebenbürgen und König von Ungarn, gegen die Habsburger. Georg I. Rákóczy, der 1631 Bethlens Nachfolge als Fürst von Siebenbürgen antrat, nahm den Kampf gegen die Vorherrschaft der Habsburger im Westen Ungarns wieder auf. Mit seinen Verbündeten Schweden und Frankreich marschierte Rákóczy 1644 auf österreichischem Gebiet ein. Kaiser Ferdinand III. musste viele von Rákóczys Forderungen erfüllen, einschließlich der Ausweitung vollständiger Religionsfreiheit auf alle Ungarn unter der Herrschaft der Habsburger. In der Folgezeit dehnten die Türken ihren Einflussbereich auf Siebenbürgen aus. Zur gleichen Zeit wurden viele Menschen im habsburgischen Teil Ungarns wieder zum römisch-katholischen Glauben bekehrt. Durch den Einfluss der Kirche gaben diese Bevölkerungsteile den Kampf gegen die Vorherrschaft der Habsburger auf. Es kam zu immer stärkeren Repressionen gegen die protestantische Bevölkerung. Diese Verfolgungen lösten eine neue Revolutionswelle in den ungarischen Herrschaftsgebieten Habsburgs aus. Unter Graf Imre Thököly errangen die Aufständischen eine Reihe von Siegen über die Truppen von Kaiser Leopold I. Thököly erhielt 1682 die militärische Unterstützung der Osmanen. Doch im darauf folgenden Krieg konnten die Truppen des Kaisers die Osmanen aus fast allen Teilen Ungarns vertreiben. Kurz darauf brachen die aufständischen Truppen Thökölys auseinander. Leopold führte harte Vergeltungsmaßnahmen gegen die Führer der Aufständischen durch. Außerdem zwang er den ungarischen Reichstag dazu, die ungarische Monarchie für alle Zeiten zu einer Erbmonarchie des Hauses Habsburg zu erklären. Die Bestimmungen des Friedensvertrages von Karlowitz aus dem Jahr 1699 sahen vor, dass die Osmanen nur das ungarische Banat erhielten, eine Region, die sie 19 Jahre später wieder verlieren sollten. Der Vertrag von Karlowitz sicherte den Habsburgern auch die Herrschaft über Siebenbürgen. 7.5 Herrschaft der Habsburger 1703 initiierte Franz Rákóczi II. (1676-1735) einen Aufstand gegen die Herrschaft Österreichs, das zu jener Zeit am Spanischen Erbfolgekrieg teilnahm. Bei seinem Vorgehen wurde Rákóczi von Frankreich unterstützt. Er setzte eine provisorische Regierung ein und hielt Österreich bis 1708 aus Ungarn fern, bis er bei Tren?ín eine vernichtende Niederlage hinnehmen musste. Der Widerstand dauerte bis zum April 1711, dann bot Kaiser Karl VI. Friedensverhandlungen an. Deren Ergebnis umfasste eine Generalamnestie, Religionsfreiheit und eine Reihe politischer Zugeständnisse. Während der darauf folgenden Jahrzehnte verliefen die Beziehungen zwischen den Habsburgern und ihren ungarischen Untertanen im Allgemeinen ruhig. 7.5.1 Wiederaufleben des Patriotismus Nach der Französischen Revolution 1789 blieb der überwiegende Teil der Ungarn Österreich gegenüber loyal. Doch bei einem Teil der Bevölkerung wuchs ab 1815 das Streben nach nationaler Unabhängigkeit. Unter anderem führte diese Entwicklung zur Gründung der Liberalen Partei. Die liberale Bewegung mit Führern wie den ungarischen Staatsmännern Graf István Széchenyi, József Eötvös, Ferenc Deák, Lajos Kossuth und Lajos Batthyány spiegelte sich auch in dem literarischen Schaffen der Zeit wider. 7.5.2 Die Revolution von 1848 Bei den Reichstagswahlen von 1847 erzielten die fortschrittlichen politischen Gruppierungen Ungarns einen klaren Erfolg. Zunächst ignorierte die österreichische Regierung den Auftrag ihrer Wähler. Als sie aber die innenpolitische Stabilität im März 1848 durch die Revolution in Wien und darauf folgende Aufstände in Ungarn bedroht sah, gab sie den Forderungen der ungarischen Nationalisten nach und genehmigte die Bildung eines ungarischen Ministeriums unter Premierminister Batthyány. Mit dem In-Kraft-Treten einiger neuer Gesetze kappte das Ministerium nahezu alle Verbindungen zu Österreich. Ungarisch wurde zur Amtssprache des Landes erklärt. Am 14. April 1849 wurde im Reichstag die Unabhängigkeit Ungarns von den Habsburgern erklärt. Österreich konnte den ungarischen Freiheitskampf erst durch russische Militärhilfe im August 1849 niederwerfen. Am 6. Oktober 1849, der auch heute noch ein nationaler Gedenktag ist, wurden Batthyány sowie 13 weitere Revolutionsführer hingerichtet. Diese und weitere harte Vergeltungsmaßnahmen leiteten eine Periode der zentralistischen österreichischen Herrschaft ein, die über ein Jahrzehnt andauerte. 1865 stimmte die kaiserliche Regierung dem Entwurf einer neuen ungarischen Verfassung zu. Bevor dieses Dokument fertig gestellt werden konnte, unterlag Österreich 1866 im Deutschen Krieg Preußen. Dadurch wurde die ungarische Position gestärkt. 1867 wurde Ungarn in Realunion mit Österreich zum selbständigen Königreich erklärt und mit Österreich zu einer Doppelmonarchie unter einem gemeinsamen Herrscher zusammengeschlossen. Die neue Verfassung garantierte Ungarn eine teilweise Autonomie in inneren Angelegenheiten, bei Verteidigungsfragen und in der Außenpolitik. Am 8. Juni 1867 wurde Kaiser Franz Joseph I. zum König von Ungarn gekrönt. Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn bestand bis zur Niederlage Deutschlands und des Österreichisch-Ungarischen Reiches im 1. Weltkrieg. 7.6 Der 1. Weltkrieg und die Republik Die politischen Führer Ungarns unterstützten Österreich im 1. Weltkrieg, denn sie befürchteten, ein Sieg Russlands könne zur Abspaltung der slawischen Minderheiten in Ungarn und zum Auseinanderbrechen des Landes führen. Durch den Tod Franz Josephs am 21. November 1916 und die Thronfolge Kaiser Karls I. wurden die Bindungen zwischen Ungarn und Österreich geschwächt. Am 25. Oktober 1917 gründete Graf Mihály Károlyi einen Nationalrat, der für ein allgemeines Wahlrecht, die Auflösung des Parlaments und den Abschluss eines Friedensvertrages mit den Alliierten eintrat. Am 11. November 1918 wurde das Kaiserreich offiziell aufgelöst, und fünf Tage später rief der Nationalrat die Demokratische Republik Ungarn aus. Károlyi wurde der erste Präsident. Die sozialen und politischen Unruhen hielten jedoch an, und im März 1919 wurde die Regierung Károlyi von den Kommunisten gestürzt, die unter der Führung von Béla Kun eine Räterepublik gründeten. Die neue Regierung verstaatlichte alle Industrie- und Handelsunternehmen, enteignete die Banken und verbot eine Reihe von Zeitungen. Dies führte zu außenpolitischer Isolation des Landes. Im April 1919 wurde mit Billigung der Entente-Mächte der Norden Ungarns von tschechischen, der Süden von serbischen und der Osten von rumänischen Truppen besetzt. Ungarn verlor einen großen Teil seines Staatsgebiets. Béla Kun trat am 1. August 1919 zurück und floh nach Österreich. 7.7 Das Königreich Ungarn Unter der Aufsicht der Alliierten wurde am 25. November 1919 eine Übergangsregierung eingesetzt, in der die verschiedenen politischen Parteien Ungarns vertreten waren. Der ehemalige österreichisch-ungarische Admiral Miklós Horthy, der während der kurzen Zeit der Räterepublik eine konterrevolutionäre Armee und Regierung aufgestellt hatte, stand der neuen Regierung vor. Unmittelbar nach der Amtsübernahme der neuen Regierung kam es zu gewalttätigen Übergriffen gegen Anhänger der Räterepublik. Am 1. März 1920 wurde Horthy von der Nationalversammlung zum Reichsverweser gewählt. Versuche des früheren Königs Karl IV. (Karl I. von Österreich), auf den ungarischen Thron zurückzukehren, konnte Horthy mit Hilfe des Parlaments abwehren. Die ungarische Regierung erkannte am 4. April 1920 den Friedensvertrag von Trianon an, nach dessen Bedingungen Ungarn Siebenbürgen, Kroatien und die Slowakei abtreten musste. Am 6. Juni 1921 wurde die Monarchie wieder hergestellt. Horthy konnte in Ungarn seine Alleinherrschaft über zwei Jahrzehnte lang aufrechterhalten. Während der Amtszeit (1921-1931) des Ministerpräsidenten Graf Stephan Bethlen von Bethlen keimte der ungarische Nationalismus wieder auf. Nachdem Horthy den Faschisten Gyula von Gömbös im September 1932 zum Ministerpräsidenten ernannt hatte, kam es zu einer aggressiven Außenpolitik gegenüber den benachbarten Demokratien sowie zu engen Beziehungen zu den totalitären Regimen Italiens und Deutschlands. Die enge Bindung an Deutschland brachte Ungarn durch die Wiener Schiedssprüche erhebliche Gebeitesgewinne zulasten Tschechoslowakei, da Hitler der Zuteilung von Teilen der Slowakei und Rumäniens an Ungarn zustimmte. In der Folge trat Ungarn aus dem Völkerbund aus, und im Januar 1939 schloss es sich dem Antikominternpakt an. 7.8 Der 2. Weltkrieg Bei Ausbruch des 2. Weltkrieges verkündete die ungarische Regierung offiziell die Neutralität des Landes. Doch die nachfolgenden Beschlüsse zeigten deutlich, dass Ungarn die Ziele der Achsenmächte unterstützte. Im April 1941 nutzte das ungarische Regime den Angriff Deutschlands auf Jugoslawien aus und besetzte das ehemals ungarische Gebiet, das Jugoslawien durch den Frieden von Trianon zugesprochen worden war. Am 27. Juni 1941 erklärte Ungarn der Sowjetunion den Krieg. Die ungarische Armee erlitt an der russischen Front schwere Verluste, und im August 1943 machte die ungarische Regierung unter Horthy den Alliierten ein Friedensangebot. Daraufhin wurde das Land im März 1944 von deutschen Truppen besetzt, und im Oktober 1944 wurde Horthy, der den Rückzug Ungarns aus dem Krieg anstrebte, abgesetzt. In der Folge errichteten die faschistischen Pfeilkreuzler eine Diktatur unter der Protektion der deutschen Besatzer und setzten den Krieg an der Seite Deutschlands fort. Tausende von Regimegegnern und ungarischen Juden wurden binnen kurzer Zeit von der Pfeilkreuzler-Diktatur in Konzentrationslager deportiert und ermordet. Noch im Oktober 1944 marschierte die sowjetische Armee in Ungarn ein, und im Dezember setzte sie eine provisorische Regierung in den von ihr besetzten Teilen Ungarns ein. Am 20. Januar 1945 unterzeichneten Vertreter provisorischen Regierung die Waffenstillstandsbedingungen der Alliierten, und am 13. Februar nahmen sowjetische Truppen Budapest ein. Die provisorische Regierung führte im März 1945 eine groß angelegte Bodenreform durch, bei der große Ländereien des Adels und der Kirche konfisziert wurden. Vor den Wahlen zur Nationalversammlung versuchte die wieder erstarkte Kommunistische Partei, eine der einflussreichsten Parteien Ungarns, die Mehrheit zu gewinnen. Bei den Wahlen vom November 1945 gewann jedoch die Partei der Kleinen Landwirte unter der Führung Zoltán Tildys. Nach Ausrufung der Republik wurde Tildy zum Präsidenten gewählt. Er bildete eine Koalitionsregierung mit Ferenc Nagy als Ministerpräsidenten, einem führenden Mitglied der Partei der Kleinen Landwirte. Stellvertretender Ministerpräsident wurde Mátyás Rákosi, der Generalsekretär der Ungarischen Kommunistischen Partei. 7.9 Die kommunistische Ära Noch Monate nach der Gründung der Republik befand sich Ungarns Wirtschaft in einer extrem schwierigen Situation. Nahrungsmittelknappheit und Inflation beeinträchtigten den wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes. Mit Unterstützung der Sowjetunion entwickelte sich die Kommunistische Partei immer stärker zur treibenden Kraft im Land. 7.9.1 Konsolidierung der Macht Im Januar 1947 wurden einige Führer der Partei der Kleinen Landwirte der konspirativen Aktivität gegen die Republik beschuldigt und von Kommunisten verhaftet. Im Mai wurde Nagy zum Rücktritt gezwungen. Nachfolger wurde Lajos Dinnyés, ebenfalls ein Mitglied der Partei der Kleinen Landwirte. Von den Kommunisten als illoyal eingestufte Offiziere wurden aus der Armee entlassen. Im Juli wurde das Parlament aufgelöst, und im August wurden Neuwahlen abgehalten. Obwohl die Kommunistische Partei nur 22 Prozent der Stimmen erhielt, dominierte sie die Koalitionsregierung Dinnyés. 1948 wurde der Zusammenschluss der Sozialdemokratischen Partei mit der Kommunistischen Partei zur Vereinigten Ungarischen Arbeiterpartei vollzogen. Eine ,,Säuberungsaktion", die 1949 in dieser Partei durchgeführt wurde, festigte die Macht der Kommunisten weiter. Die Kommunistische Partei wurde zur dominierenden Partei. Bei den Parlamentswahlen vom Mai 1949 standen ausschließlich Kommunisten zur Wahl. Im August nahm die Nationalversammlung eine Verfassung an, die Ungarn zur Volksrepublik erklärte. 7.9.2 Wirtschaftlicher Wandel Währenddessen hatte die Umwandlung Ungarns in Übereinstimmung mit der kommunistischen Politik begonnen. Mit der UdSSR und weiteren kommunistischen Staaten wurden Verträge über engere Zusammenarbeit geschlossen. Die meisten Konfessionsschulen wurden verstaatlicht und Hunderte Priester und Nonnen, die gegen diese Aktion Widerstand leisteten, verhaftet. József Kardinal Mindszenty wurde verhaftet, vor Gericht gestellt und 1949 zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Viele Betriebe wurden verstaatlicht. Den Bauern, die sich weigerten, einer landwirtschaftlichen Produktionsgemeinschaft beizutreten, wurde das Land weggenommen und den Produktionsgemeinschaften zugeschlagen. Gegner des kommunistischen Regimes wurden zu Zwangsarbeit in Arbeitslagern verurteilt. Nach dem Tod des sowjetischen Diktators Jossif Stalin im Jahr 1953 machten innenpolitische Spannungen eine Liberalisierung notwendig. Der seit 1952 amtierende Ministerpräsident Mátyás Rákosi blieb Vorsitzender der Kommunistischen Partei, wurde jedoch als Regierungschef von Imre Nagy abgelöst. Die neue Regierung setzte wirtschaftliche Reformen in Gang, gewährte einigen politischen Gefangenen Amnestie und schaffte die Internierungslager ab. Die Verbindung zur UdSSR blieb weiterhin sehr eng. 1955 trat Ungarn dem Warschauer Pakt bei. Ferner erweiterten diese Länder die Zuständigkeiten des COMECON ( Council for Mutual Economic Assistance; Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe). Erste Anzeichen für das Ende der liberalen Periode zeigten sich im April 1955, als Nagy aus dem Amt des Ministerpräsidenten entlassen und aus der Partei ausgeschlossen wurde, da er angeblich eine antisowjetische Linie vertrat. Sein Nachfolger war András Hegedüs, ein Protegé Rákosis. Im Zuge der Entstalinisierung unter Nikita Chruschtschow 1956 wurde die Politik der ungarischen Regierung wieder liberaler. Ernö Gerö wurde Nachfolger Rákosis an der Parteispitze. 7.9.3 Der Volksaufstand von 1956 Die Unzufriedenheit der Bevölkerung wuchs, und die antisowjetische Opposition wurde durch Demonstrationen in Polen 1956 bestärkt. Studenten demonstrierten für die Abschaffung der Pflichtfächer ,,Russisch" und ,,Marxismus-Leninismus" an Schulen und Universitäten und brachten zusammen mit dem Schriftstellerbund ihre Sympathie für die antisowjetische Bewegung in Polen zum Ausdruck. Die Arbeiter schlossen sich der Forderung dieser Gruppierungen an. Am 23. Oktober bat Ministerpräsident Hegedüs angesichts des großen Unmutes in der ungarischen Bevölkerung die sowjetischen Besatzungstruppen um Hilfe. Die Arbeiterpartei griff ein, Hegedüs wurde durch Nagy und Gerö durch János Kádár abgelöst. Nagy stand auf Seiten der Demonstranten und kündigte das Ende des Einparteiensystems und die Abhaltung freier Wahlen an. Er versprach Wirtschaftsreformen, entließ Kardinal Mindszenty aus der Haft, forderte den Abzug der sowjetischen Truppen, kündigte Ungarns Mitgliedschaft im Warschauer Pakt auf und erklärte Ungarn zu einem neutralen Staat. Anfang November wurde der Ungarische Volksaufstand durch sowjetische Truppen und Panzer blutig niedergeschlagen. Hunderte von Ungarn wurden hingerichtet, viele Tausende wurden verhaftet, und fast 200 000 Menschen flohen nach Österreich. Imre Nagy wurde 1958 in einem Geheimprozess zum Tod verurteilt und hingerichtet. 7.9.4 Kádárs Regime Unter dem Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei, János Kádár, kam es zu einer Erneuerung des kommunistischen Systems. Moskau sagte sofort umfangreiche Hilfszahlungen und seine volle Unterstützung zu. Die Verurteilung der Aufständischen wurde zwischen 1957 und 1958 fortgesetzt. Tausende wurden in die UdSSR deportiert, viele Reformpolitiker wurden hingerichtet. Über drei Jahrzehnte bestimmte Kádár die Politik des Landes. Der Posten des Generalsekretärs der Partei stellte die Grundlage seiner Macht dar, obwohl er zwischenzeitlich auch das Amt des Ministerpräsidenten innehatte. Die Regierung blieb moskautreu und beteiligte sich 1968 an dem Einmarsch in der Tschechoslowakei, der den ,,Prager Frühling" beendete. Durch die Umsetzung verschiedener Reformen entwickelte sich die ungarische Wirtschaft zur erfolgreichsten der osteuropäischen Staaten. Im Zuge der politischen Öffnung des Landes nach Westen war das Regime darauf bedacht, die UdSSR nicht zu verstimmen und unterstützte die harte Linie der Sowjets gegenüber der Liberalisierung in Polen 1981/82. Die Wirtschaftsflaute Mitte der achtziger Jahre brachte die Einführung eines Sparprogramms mit sich sowie eine Massendemonstration für Reformen der Bürgerrechte. Mitte der achtziger Jahre wurde unter dem Eindruck von Michail Gorbatschows Reformplänen in der UdSSR die Liberalisierung der Wirtschaftspolitik weiter vorangetrieben. Auf dem Parteitag im Mai 1988 mussten Kádár und das gesamte Politbüro zurücktreten. 7.9.5 Demokratisierung Der neue Generalsekretär Károly Grósz übernahm im Juni 1987 das Amt des Ministerpräsidenten. In dieser Position initiierte er ein Wirtschaftsprogramm, das die Erhebung neuer Steuern, die Streichung von Subventionen und die Förderung der Privatwirtschaft beinhaltete. Als weitere Zeichen der Liberalisierung gestattete die Regierung die Bildung unabhängiger politischer Gruppierungen und führte das Streik- und Demonstrationsrecht ein. In der Folgezeit wurde die bestehende Verfassung überarbeitet, das Mehrparteiensystem eingeführt, und der offizielle Name des Landes wurde von Volksrepublik Ungarn in Republik Ungarn geändert. Im März und April 1990 gewann eine Koalition aus Mitte-rechts-Parteien bei den ersten freien Parlamentswahlen seit 45 Jahren die Mehrheit im Parlament. Der Schriftsteller Árpád Göncz, einer der Mitbegründer des Bundes Freier Demokraten (SzDSz), wurde zum Staatsoberhaupt gewählt. 7.10 Annäherung an Westeuropa 1990 trat Ungarn als erstes mitteleuropäisches Land des Ostblocks dem Europarat bei. Es wurden auch erstmals Gespräche über eine Aufnahme Ungarns in die Europäische Union geführt. 1991 und 1992 unterzeichnete die Regierung Erklärungen über eine Zusammenarbeit mit Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakischen Republik, Russland sowie der Ukraine. Die Beziehungen zu Rumänien und der Slowakei blieben aufgrund der Behandlung der ungarischen Minderheiten in diesen Ländern angespannt. Im April 1994 beantragte Ungarn die Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Bei den Parlamentswahlen vom Mai 1994 gewann die Ungarische Sozialistische Partei (MSzP; früher: Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei) wieder die Mehrheit der Sitze im Parlament. Das Amt des Ministerpräsidenten übernahm Gyula Horn. Im September 1996 wurde mit Rumänien ein bilateraler Grundlagenvertrag abgeschlossen. In ihm werden die Rechte der Ungarn in Rumänien geregelt. Im November 1997 stimmten die Ungarn im Rahmen einer Volksabstimmung mit großer Mehrheit für den Beitritt ihres Landes zur NATO, nachdem Vertreter des Landes von den Mitgliedsstaaten des westlichen Verteidigungsbündnisses bereits zu Verhandlungen eingeladen worden waren. Ab Anfang 1998 wurde der Beitritt Ungarns zur Europäischen Union vorbereitet. Die Parlamentswahlen vom Mai 1998 führten zu einem Machtwechsel. Stärkste politische Kraft wurde der rechtsliberale Bund der Jungen Demokraten (FIDESz). Dessen Vorsitzender, Viktor Orbán, wurde zum neuen Ministerpräsidenten Ungarns gewählt; er steht einer Koalitionsregierung seiner Partei mit dem Demokratischen Forum (MDF) und der Unabhängigen Partei der Kleinbauern (FKgP) vor. Am 12. März 1999 wurde Ungarn offiziell in die NATO aufgenommen. Im Februar 2000 kam es entlang der Theiß zu einer verheerenden ökologischen Katastrophe, nachdem am 30. Januar bei einer Goldmine in Rumänien der Damm eines Rückhaltebeckens gebrochen war und sich große Mengen giftigen Schlammes über den Fluss Lapus in die Theiß ergossen hatten. Nahezu der gesamte Fischbestand starb, die Trinkwasserentnahme aus dem Fluss musste eingestellt werden. Im April 2000 schloss sich eine weitere Katastrophe an: Nach wochenlangen Regenfällen trat die Theiß über die Ufer und setzte rund 251 000 Hektar Land unter Wasser; außerdem forderten die Überschwemmungen zehn Todesopfer. Bei den Präsidentschaftswahlen vom 6. Juni 2000 wurde Ferenc Madl in der dritten Runde mit einfacher Mehrheit zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Madl trat die Nachfolge des nach zwei Amtsperioden scheidenden Árpád Göncz an. Zu einem erneuten Regierungswechsel kam es nach den Parlamentswahlen vom 7. und 21. April 2002: Die bisher oppositionelle MSzP wurde mit 42,1 Prozent der Stimmen und 178 der insgesamt 386 Mandate stärkste Kraft und verdrängte die FIDESz, die 41,1 Prozent und 164 Mandate erhalten hatte, aus der Führungsrolle. Die MSzP mit ihrem parteilosen Spitzenkandidaten Péter Medgyessy bildete eine Koalition mit dem linksliberalen Bund Freier Demokraten (SzDSz), der über 24 Mandate verfügte. Am 27. Mai 2002 wählte das Parlament mit den Stimmen der Koalition Medgyessy zum neuen Ministerpräsidenten. Im Dezember 2002 beschloss der Europäische Rat die Aufnahme Ungarns in die EU (neben neun weiteren ost- und südeuropäischen Ländern) zum 1. Mai 2004. Im April 2003 stimmten die Ungarn mit fast 84 Prozent der Stimmen (bei einer Wahlbeteiligung von gut 45 Prozent) für den Beitritt ihres Landes zur EU. Am 1. Mai 2004 wurde Ungarn wie geplant in die EU aufgenommen. Bei den Europawahlen im Juni 2004 musste die MSzP schwere Verluste hinnehmen, während die FIDESz im Vergleich zu den Parlamentswahlen von 2002 deutlich hinzugewann. Dieses Wahlergebnis war u. a. auf die strikte Sparpolitik zurückzuführen, die die Regierung Medgyessy umsetzte und die von der Bevölkerung kaum akzeptiert wurde. Das schlechte Abschneiden der MSzP brachte die latente, durch die Sparpolitik hervorgerufene Krise innerhalb der Regierungskoalition vollends zum Ausbruch. Medgyessy suchte die Krise durch eine Kabinettsumbildung zu beheben, jedoch ohne Erfolg. Medgyessy reichte daraufhin im August 2004 seinen Rücktritt ein. Zum neuen Ministerpräsidenten wurde Ende September der bisherige Sportminister Ferenc Gyurcsány (MSzP) gewählt. Die Präsidentschaftswahlen im Juni 2005 gewann überraschend der parteilose Kandidat der rechtskonservativen Opposition, László Sólyom, der sich im dritten Wahlgang knapp gegen die Kandidatin der regierenden Sozialisten, die Parlamentspräsidentin Katalin Szili, durchsetzte. Am 5. August trat Sólyom sein neues Amt an. Aus den Parlamentswahlen am 9. und 23. April 2006 ging erneut die MSzP unter Gyurcsány als stärkste Kraft hervor, und zwar mit 192 Mandaten, also unter Zugewinnen gegenüber 2002. Ihr Koalitionspartner SzDSz gewann 18 Mandate, so dass die zwei Parteien zusammen mit 210 der insgesamt 386 Mandate klar über die absolute Mehrheit verfügten. Die FIDESz unter Viktor Orbán wurde mit 164 Mandaten wieder zweitstärkste Kraft und blieb in der Opposition. Damit wurde zum ersten Mal seit 1990 in Ungarn bei Parlamentswahlen eine Regierung im Amt bestätigt. Als vordringliche Ziele der zweiten Amtszeit der MSzP-Regierung galten die Forcierung des Reformkurses und vor allem die Senkung des Haushaltsdefizits, das 2005 6,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betrug und für 2006 auf etwa 20 Prozent geschätzt wurde, auf die vom Eurostabilitätspakt vorgeschriebenen 3 Prozent bis 2008, um wie geplant 2010 den Euro einführen zu können. Konsequenterweise leitete die Regierung Gyurcsány unmittelbar nach ihrer Wiederwahl ein rigoroses Sparprogramm ein, das insbesondere die breite Masse betraf, von dem im Wahlkampf aber noch nicht die Rede gewesen war. Als im September 2006 eine nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Rede Gyurcsánys vom vorangegangenen Mai bekannt wurde, in der der Ministerpräsident vor seiner Fraktion offen zugab, das Volk im Wahlkampf bezüglich der Haushaltslage und der notwendigen Sparmaßnahmen belogen zu haben, kam es einige Tage lang zu teils gewalttätigen Massendemonstrationen gegen die Regierung; die Opposition forderte Gyurcsánys Rücktritt, die Kommunalwahlen Anfang Oktober verloren die Regierungsparteien deutlich. Gyurcsány aber lehnte einen Rücktritt ab und kündigte die Fortsetzung seines Sparkurses an; eine Vertrauensabstimmung gewann er dank der großen Mehrheit seiner Koalition im Parlament klar. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« 3.4 Soziales In Ungarn gibt es seit 1972 eine gesetzliche Sozialversicherung.

Sie wird seit 1993 landesweit von der Sozialversicherungsverwaltung kontrolliert und größtenteils von denArbeitgebern finanziert.

Die medizinische Versorgung ist kostenlos.

Das Gesundheitsministerium verwaltet die staatlichen Gesundheitsdienste in Komitats- undBezirkskrankenhausregionen.

Der Staat bietet Schwangeren und jungen Müttern kostenlose Fachberatungen an.

Außerdem finanziert er Mutterschaftsurlaub sowieMutterschaftsgeld, Arbeitslosenunterstützung, Alters- und Behindertenrente, Kindergeld und Zuschüsse zu Bestattungskosten. 4 BILDUNG UND KULTUR Die frühen Magyaren besaßen eine heidnische Volkskultur, die teilweise östliche Märchen, Volkskunst und Volksmusik übernahm.

Nach der Christianisierung Ungarns im10.

Jahrhundert verdrängten westeuropäische Einflüsse die heidnischen und östlichen Elemente.

Latein wurde Amtssprache und die Sprache der Literatur.

Im 18.

und19.

Jahrhundert wurde Ungarn durch die französische Aufklärung und den Liberalismus Westeuropas beeinflusst.

Die ungarische Literatur entwickelte sich weitgehendunabhängig. 4.1 Bildung und Schulwesen In Ungarn besteht für Kinder zwischen 7 und 16 Jahren Schulpflicht (2002–2003).

Der Alphabetisierungsgrad liegt bei 99,4 Prozent (2005).

Der Besuch der Grundschule istkostenlos.

Die Regierung zahlt auch den Großteil der Kosten für den Besuch der Sekundarschulen und höheren Bildungseinrichtungen.

Das Schulsystem besteht ausallgemeinen Schulen oder Grundschulen, die die ersten acht Klassen umfassen, aus Sekundarschulen und technischen Schulen sowie aus höheren Bildungseinrichtungen.Auf die Berufsausbildung und die Ausbildung auf technischen Gebieten wird besonderer Wert gelegt. Die bedeutendsten der knapp 60 höheren Bildungseinrichtungen Ungarns sind die Universitäten von Budapest (gegründet 1635), Pécs (1367), Szeged (1872) und Debrecen(1912).

2001–2002 waren 354 386 Studenten an den Hochschulen und Universitäten eingeschrieben.

Die meisten Hochschulen sind auf die Ausbildung von Lehrern, auftechnische Fächer, auf Landwirtschaft oder eine spezielle Berufsausbildung ausgerichtet. 4.2 Kultureinrichtungen Ungarn besitzt über 5 000 öffentliche Bibliotheken.

Die größte ist die Széchényi-Nationalbibliothek in Budapest.

Sie wurde 1802 gegründet und umfasst rund 2,4 MillionenBände und 4,2 Millionen Urkunden usw.

Weitere bedeutende Bibliotheken in Budapest sind das Nationalarchiv, die Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaftenund die Parlamentsbibliothek.

Außer städtischen und regionalen öffentlichen Bibliotheken verfügt Ungarn auch über Bibliotheken der Gewerkschaft und überwissenschaftliche Bibliotheken. Zu den führenden Museen Ungarns gehören das Ungarische Historische Landesmuseum, das Sammlungen über die Geschichte der magyarischen Kultur ab dem9.

Jahrhundert beherbergt, das Ungarische Museum der Bildenden Künste und das Ungarische Nationalmuseum der Naturgeschichte.

Diese drei Museen befinden sich inBudapest. 4.3 Kunst Nur wenige ungarische Künstler erlangten Weltruf.

Die ungarische Malerei erlebte ihre Glanzzeit im 19.

Jahrhundert zur Zeit der Romantik.

Zu den namhaften Malern zähltenMihály Munkácsy, Viktor Madarász, Pál Szinyei Merse und Mihály Zichy.

László Moholy-Nagy war ein bedeutender Künstler des 20.

Jahrhunderts.

Auf dem Gebiet der Plastikragen György Zálas und Alajos Stróbls von Liptóujúar heraus.

Während der kommunistischen Regierung dominierte auch in Ungarn der sozialistische Realismus.

Zu denbedeutenden ungarnstämmigen Künstlern gehören die Photographen Brassaï, Robert Capa und André Kertész sowie die Architekten Ödön Lechner und Marcel Breuer.Namhafte Vertreter des ungarischen Films sind u.

a.

István Szabó und Márta Mészáros. 4.4 Literatur Die Geschichte der ungarischen Literatur beginnt im 13.

Jahrhundert mit Übersetzungen aus dem Lateinischen; eine erste Blütezeit setzte im 17.

Jahrhundert ein.

Nachdemim 18.

Jahrhundert unter den Habsburgern die Verwendung der ungarischen Sprache in der Literatur unterdrückt worden war, führte im 19.

Jahrhundert ein neu erwachtesNationalgefühl zu einem Aufleben der ungarischen Literatur.

Namhafte Schriftsteller dieser Zeit sind Sándor Petőfi, der zum Nationaldichter avancierte, János Arany undKároly Kisfaludy.

Das 20.

Jahrhundert brachte eine ganze Reihe hochrangiger ungarischer Schriftsteller hervor, u.

a.

Ferenc Molnár, György Konrád, Péter Nádas und PéterEsterházy.

2002 wurde Imre Kertész als erster Ungar mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.

Sein autobiographisch geprägtes Werk beschäftigt sich fastausschließlich mit dem Holocaust, den er als 15-Jähriger nur knapp überlebte. 4.5 Musik Mit der Christianisierung Ungarns im 10.

Jahrhundert kam auch westeuropäische sakrale Musik ins Land.

Dazu zählten die gregorianischen Gesänge und – nach derReformation – protestantische Choräle.

Die weltliche Musik wurde stark vom Osten beeinflusst.

Ein charakteristischer Instrumental- und Vokalstil kam im 15.

Jahrhundertmit den Roma nach Ungarn.

Außerdem übernahm die ungarische Volksmusik Elemente von orientalischen Harmonien, z.

B.

den Aufbau von Melodien durch Tonarten undTonleitern nach türkischem Vorbild.

(Die Türken hatten das Land im 16.

und 17.

Jahrhundert besetzt.) Im 17.

und 18.

Jahrhundert hatten die Fürstenhöfe – wie der des Fürsten Nicholas Esterházy in Eisenstadt – oft ihre eigenen Orchester und Theatergruppen, in denenausländische Musiker arbeiteten.

Der bekannteste ist der österreichische Komponist Joseph Haydn, der 30 Jahre lang für die Familie Esterházy arbeitete. Im 19.

Jahrhundert brachte Ungarn seinen ersten bedeutenden, im Land geborenen Komponisten hervor, Ferenc Erkel, der die ungarische Nationalhymne und die ersteungarische Oper komponierte.

Der in Ungarn gebürtige Komponist und Pianist Franz Liszt verbrachte den Großteil seines Lebens im Ausland.

Wie schon Erkel so war auchErnst von Dohnányi stark von deutschen Komponisten beeinflusst. Bis die Musik von Béla Bartók und Zóltan Kodály im 20.

Jahrhundert internationale Anerkennung fand, hatten deutsche und österreichische Komponisten großen Einfluss aufdie ungarische Musik.

Ab 1905 sammelten und veröffentlichten Bartók und Kodály Tausende ungarischer Volkslieder und verwandten sie oder deren Leitmotive in ihrereigenen Musik.

Ende der fünfziger Jahre lehnten jüngere ungarische Komponisten diesen Volksmusikstil ab und verfolgten neue Ansätze der Komposition.

Ein weitererbedeutender Komponist des Landes war Paul Abraham.

Weltgeltung erhielt auch der Violinist Leopold von Auer. 4.6 Medien Post-, Telegraphen- und Telefonleistungen sind in staatlicher Hand und unterstehen dem Handelsministerium.

Der überregionale öffentlich-rechtliche Rundfunk umfasst zweiFernseh- und drei Radioprogramme; daneben gibt es zwei große private Fernsehsender sowie eine Reihe regionaler und überregionaler Privatradios.

Die ungarischeVerfassung garantiert die Pressefreiheit.

2004 erschienen 34 Tageszeitungen mit einer Auflage von etwa 5 Millionen Exemplaren.. »

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