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Afrikanische Religionen Afrikanische Religionen, die traditionellen Glaubensvorstellungen und -praktiken afrikanischer Gesellschaften.

Publié le 17/06/2013

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Afrikanische Religionen Afrikanische Religionen, die traditionellen Glaubensvorstellungen und -praktiken afrikanischer Gesellschaften. Verallgemeinernde Aussagen darüber sind sehr schwierig, da diese Religionen nahezu ebenso vielfältig sind wie die etwa 2 000 sprachlich und kulturell unterschiedenen Gesellschaften Afrikas. Sie sind mit ihrer jeweiligen Kultur stark verwoben und können nur im sozialen Kontext verstanden werden. In der Gegenwart sind in Afrika vor allem Christentum, Islam und andere Weltreligionen weit verbreitet. Traditionelle afrikanische Religionen wurden in der Geschichte der Ethnologie häufig als Animismus, d. h. als Seelen- oder Geisterglaube verstanden. Die Theorie des Evolutionismus sah in ihnen primitive Vorstufen des Monotheismus. Da in ihnen die Natur, insbesondere Tiere, Pflanzen, Berge und Flüsse, als beseelt begriffen wird, wurden sie auch als Naturreligionen bezeichnet. Beide Begriffe sind jedoch unangemessen, da sie sich nur auf einen Teilbereich der traditionellen afrikanischen Religionen beziehen. Im nördlichen Afrika entziehen sich die einstigen Religionen weitgehend unseren Kenntnissen, da hier das Christentum seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. präsent und vom 4. bis 8. Jahrhundert die vorherrschende Religion war, bis es, von einzelnen Enklaven abgesehen, vom Islam verdrängt wurde. Traditionelle afrikanische Religionen sind in ihrer Verbreitung geographisch eng begrenzt. Sie sind auf die eigene Gesellschaft ausgerichtet und an diese gebunden. Afrikanische Religionen beinhalten eine andere Interpretation der Welt und somit eine andere Verankerung des Standortes des Menschen in ihr als etwa das westliche Weltbild. Den religiösen Vorstellungen zahlloser afrikanischer Gesellschaften liegt eine kosmische Sicht aller Bereiche des Universums - Menschen, Tiere, Pflanzen, Berge, Gestirne usw. - zugrunde. Dabei gilt das Universum als von einer Fülle höchst unterschiedlicher Wesen bevölkert, deren Einflusssphären von den Menschen über die Ahnen, Geister und Gottheiten bis zum höchsten Wesen hierarchisch gestaffelt sind. In den meisten afrikanischen Gesellschaften gab es einen Schöpfergott, als dessen Werk die Erschaffung und Gestaltung der Welt gilt. Er ist geschlechtslos, unsichtbar und doch allgegenwärtig, allwissend und allmächtig sowie ewig. In der Regel wird der oberste Gott nicht kultisch verehrt, da er zu groß ist, als dass man sich mit kleinen menschlichen Problemen an ihn wenden könnte. Er wird meist mittels untergeordneter Götter angesprochen, von denen es in manchen Gesellschaften nur einige wenige, in anderen wiederum eine Vielzahl gibt. So wird die Götterwelt der Yoruba wegen der großen Zahl und Vielfältigkeit der Götter oft mit dem Pantheon des antiken Griechenland verglichen. Viele der männlichen und weiblichen Yorubagottheiten, orisha genannt, werden nur an einem einzigen Ort oder zu einem bestimmten Fest verehrt, andere wiederum in weiten Gebieten zu zahlreichen Anlässen angerufen. Die Religion durchdringt in dieser kosmischen Sicht der Welt alle Bestandteile des Lebens. Heilige und profane, religiöse und nichtreligiöse, spirituelle und materielle Bereiche können daher bei afrikanischen Religionen nicht getrennt werden. Dies wirkt sich auch grundlegend auf das Verständnis von Raum und Zeit aus. So wurde das Universum bei den Yoruba als zwei Hälften einer geschlossenen Kalebasse gedacht, von denen die eine Hälfte das Reich der Götter und Ahnen bildet, die andere das Reich der lebenden Wesen. Auch bei zahlreichen anderen afrikanischen Ethnien bilden innerhalb des Kosmos die Lebenden und die Ungeborenen sowie die Ahnen eine Gemeinschaft. Damit verknüpft ist der Glaube an ein Leben nach dem Tod. Dies bedeutet wiederum eine andere Vorstellung von Zeit, denn die Kontinuität des Daseins wird nicht als eine Linie mit dem Tod als Ende, sondern als Kreis oder Kette gedacht. Die Ahnen, die moralisch einwandfrei gelebt und Nachkommen hinterlassen haben sowie vorschriftsgemäß begraben wurden, stehen ihrer Familie auch über den Tod hinaus nahe und üben Einfluss und Macht auf die Lebenden aus: Sie sorgen für das Wohlergehen des Einzelnen wie auch der Gemeinschaft, sie strafen mit Unheil und Krankheit und wachen über Recht und Ordnung. Die lebenden Toten spielen im Lebensund Jahreszyklus eine große Rolle. Sie treten beispielsweise durch Maskentänzer verkörpert bei Ernte- und Jagdriten, während der Mannwerdungszeremonien sowie anderer festlicher Gelegenheiten auf. Im alltäglichen Leben wird an die Ahnen durch zahlreiche Handlungen erinnert: Man gibt ihnen Trinken und Essen auf den Boden, auf kleine Schreine oder auf das Grab. In vielen Gesellschaften werden Kinder nach Verstorbenen benannt. Neben den Ahnen spielen Naturgeister, die vor allem in der Wildnis und in Gewässern wohnen, in traditionellen afrikanischen Religionen eine große Rolle. Zudem gibt es in vielen Gesellschaften Orakelsysteme, durch deren Befragung Priester oder Ritualexperten ungeklärte Geschehnisse und Verantwortlichkeiten wie auch räumlich und zeitlich Verborgenes offenkundig machen. Ahnen- und Orakelwesen sowie Naturgeister nehmen im religiösen Leben einen weitaus größeren Raum ein als der Dienst an den Göttern. Traditionelle afrikanische Religionen sind nicht vornehmlich auf den Einzelnen ausgerichtet, sondern auf die Gemeinschaft. Mit der Geburt wird der Mensch nicht nur Mitglied seiner ethnischen Gruppe, sondern gehört auch zu deren Religion. Dadurch kann sich der Einzelne auch nicht für oder gegen diese Religion entscheiden, ohne sich von seiner Gesellschaft zu entfernen. Fremde können nur durch Heirat oder Aufnahmerituale Mitglied der kulturellen und somit religiösen Gemeinschaft werden. In der engen Verknüpfung von Kultur und Religion begreift sich der Mensch als religiöses Wesen. In all seinen Handlungen lebt er seine Religion: Beim Bebauen und Ernten der Felder, beim Jagen und Fischen, bei der Partnerwahl oder der medizinischen Behandlung. Die Religion liefert ihm eine Richtlinie, um in Harmonie mit der Mitwelt zu leben. Traditionelle afrikanische Religionen wurden nicht durch Schriften vermittelt. Für ihr Verständnis sind daher Sprache, mündliche Überlieferungen, Mythen, Sprichwörter, Weissagungen und insbesondere rituelle Anrufungen und Gebete unverzichtbare Quellen. Gerade weil sie auf religiöser Praxis beruhen, besitzen sie eine weitaus größere Anpassungsfähigkeit als Schriftreligionen. Viele afrikanische Religionen zeichnen sich durch eine große Aufnahmefähigkeit gegenüber neuen und bislang unbekannten Phänomenen aus, mit denen sie konfrontiert werden. Dadurch können sie Veränderungen leicht verarbeiten und angesichts tief greifender Umwälzungen ihre Glaubensvorstellungen und -praktiken den aktuellen Bedürfnissen anpassen. Wenn sie auch neue Vorstellungen und Praktiken in vielfältiger Form aufnehmen, so sind die traditionellen afrikanischen Religionen doch in ihren grundlegenden Anschauungen ziemlich stabil. Wegen ihrer engen Bindung an die eigene Gesellschaft sind sie ihrem Wesen nach ohne missionarischen Eifer. Vollkommen verschiedene Religionen und Weltanschauungen können nebeneinander existieren oder auch einzelne ihrer Elemente davon vermischen. Manche Kulte sind auch gruppenübergreifend - so ist etwa der synkretistische Mami-Wata-Kult entlang der gesamten Guineaküste verbreitet. Schätzungen zufolge gab es 2000 rund 72 Millionen Afrikaner, die ausschließlich Mitglieder ihrer traditionellen Religionen waren. Weitaus mehr, etwa 395 Millionen, sind Christen und etwa 340 Millionen Muslime. Gerade Islam und Christentum sind hier jedoch stark afrikanisiert und weisen eine große Vielfalt auf - so gibt es mehrere Tausend unabhängige afrikanische Kirchen. Anderen Weltreligionen wie Hinduismus, Sikhismus und Judentum gehören in Afrika insgesamt etwa acht Millionen Menschen an. Doch gerade in Krisenzeiten oder wenn neu angenommene Religionen bei Problemen versagen, wendet man sich wieder verstärkt traditionellen Glaubensvorstellungen zu. Verfasst von: Karin Guggeis Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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