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Estland - geographie.

Publié le 06/06/2013

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Estland - geographie. 1 EINLEITUNG Estland (estnisch Eesti), Republik in Nordosteuropa, die im Norden an den Finnischen Meerbusen, im Osten an Russland, im Süden an Lettland und im Westen an die Ostsee grenzt. Zu Estland gehören über 1 500 Inseln. Die beiden größten, Ösel (estnisch Saaremaa) und Dagö (estnisch Hiiumaa), trennen den Rigaischen Meerbusen von der Ostsee. Die Landfläche beträgt 45 227 Quadratkilometer. Die Hauptstadt Reval (estnisch Tallinn) ist die größte Stadt des Landes und gleichzeitig wichtigste Hafenstadt. 2 LAND Estland liegt im Nordwesten der Osteuropäischen Tiefebene. Die Landschaft ist überwiegend flachwellig, die Höhenunterschiede sind gering. Die mit nur 318 Metern höchste Erhebung der Republik ist der Munamägi im Südosten des Landes. Mehr als 20 Prozent des Festlandes werden von Marschland eingenommen. Die rund 800 Inseln machen etwa 10 Prozent der Fläche aus. Seen bedecken weitere 5 Prozent der Landesfläche. Die beiden größten Seen sind der auch nach Russland hineinreichende Peipussee und der Wirzsee (Wirzjärv) in der südlichen Landesmitte. Estland wird weitgehend von eiszeitlichen Ablagerungen bedeckt. Die überwiegend in Nord-Süd-Richtung verlaufenden, lang gestreckten Moränen sind ebenso wie zahlreiche Felsblöcke Zeugnisse der eiszeitlichen Vergletscherung. Die Küste des Festlandes hat eine Länge von circa 3 794 Kilometern. 2.1 Klima Das Land liegt in der kühlgemäßigten Klimazone. Durch die Nähe zum Meer unterliegt das Klima maritimen Einflüssen, so dass die Winter relativ mild, die Sommer warm sind. Die Jahresmitteltemperatur der Hauptstadt Reval liegt bei 5,2 °C. Zum Landesinneren steigt der kontinentale Charakter des Klimas, und die Schwankungen der Temperatur im Jahresverlauf werden größer. Die mittleren Jahresniederschläge liegen in Estland zwischen 500 und 700 Millimetern. 2.2 Flora und Fauna Gut ein Viertel des Landes ist mit Wald bedeckt, der hauptsächlich aus Kiefern, Birken, Espen und Tannen besteht. An feuchteren Standorten treten verbreitet Bruchwälder mit Schwarzerlen und Moorbirken als dominierenden Baumarten auf. Zur Säugetierfauna gehören die Großraubtiere Braunbär, Wolf und Luchs sowie die Paarhufer Elch, Reh, Rothirsch und Wildschwein. Mit 213 Spezies präsentiert sich die Vogelwelt sehr artenreich. Auffallende Großvögel sind Weiß- und Schwarzstorch, Kranich, Auerhuhn und Adler (See-, Stein- und Schreiadler). An der Küste des Finnischen Meerbusens wurde der rund 85 000 Hektar große Nationalpark Lahemaa eingerichtet. 3 BEVÖLKERUNG Estland hat etwa 1,31 Millionen Einwohner (2008) und damit die niedrigste Bevölkerungszahl aller ehemaligen Republiken der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Die Bevölkerungsdichte beträgt 30 Einwohner pro Quadratkilometer. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 72,6 Jahren (2008). Im Jahr 2008 betrug die Wachstumsrate der Bevölkerung -0,63 Prozent. Rund 65 Prozent der Bevölkerung sind Esten. Die Russen stellen mit 29 Prozent der Gesamtbevölkerung die größte Minderheit dar; weitere ethnische Gruppen sind die Ukrainer (3 Prozent), Weißrussen (2 Prozent), Finnen, Juden und Letten. Vor der Annexion durch die Sowjetunion 1940 waren nur 8,5 Prozent der Gesamtbevölkerung Russen; sie kamen während der Herrschaft von Stalin während einer Periode groß angelegter Industrialisierung und Umsiedlung nach dem 2. Weltkrieg nach Estland. Die Mehrzahl der in Estland lebenden Russen arbeitet im industriellen Sektor. 1992 wurden Gesetze erlassen, die das Erlangen der estnischen Staatsbürgerschaft erschwerten. Gemäß dieser Gesetze, die auf einem Gesetz von 1939 aufbauen, erhalten Einwohner, die vor 1940 im Land lebten und ihre Nachkommen automatisch die Staatsbürgerschaft ohne Berücksichtigung der Volksgruppe, der sie angehören. Alle anderen Einwohner müssen einen zweijährigen Aufenthalt vorweisen und eine Prüfung in Estnisch ablegen. Ehemalige Mitglieder des sowjetischen Sicherheitsapparates können die Staatsbürgerschaft nicht erhalten und somit auch nicht an den Parlamentswahlen teilnehmen. Nachdem das Gesetz über die Sprache verabschiedet worden war, übte die russische Regierung Kritik an angeblichen Menschenrechtsverletzungen gegenüber den in Estland lebenden Russen. Eine von der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) unterstützte Delegation wies die Diskriminierungsvorwürfe jedoch zurück, nachdem sie der Republik 1993 einen Besuch abgestattet hatte. 3.1 Wichtige Städte Rund 70 Prozent der Bevölkerung leben in städtischen Siedlungen; knapp ein Drittel der Gesamtbevölkerung wohnt in Reval (Tallinn). Die Stadt hat etwa 391 000 Einwohner (2003); weitere bedeutende Städte sind Dorpat (Tartu; 101 000 Einwohner) und Pernau (Pärnu; 44 800 Einwohner). Die Russen leben insbesondere in den im östlichen Teil des Landes liegenden Städten; die im Nordosten gelegene Stadt Narva mit etwa 67 800 Einwohnern ist fast ausschließlich von Russen bewohnt. Die Beziehungen zwischen Estland und Russland sind wegen des ungeklärten Grenzverlaufs der Ostgrenze Estlands weiterhin angespannt. 3.2 Sprache und Religion Amtssprache ist das Estnische, eine finnougrische Sprache, die mit dem Finnischen eng verwandt ist und auf dem lateinischen Alphabet basiert. Während der sowjetischen Ära waren die meisten Esten gezwungen, Russisch zu lernen, aber viele Russen in Estland sprechen kein Estnisch. Rund 60 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Luthertum, der traditionellen estnischen Kirche. Darüber hinaus werden auch andere christliche Religionen in Estland praktiziert; die Russen sind überwiegend russischorthodox. Da die Religionsausübung während der Sowjetzeit verboten war, hat die Kirche heute in Staat und Gesellschaft keinen großen Einfluss. 3.2.1 Feiertage Neben den üblichen christlichen werden in Estland auch noch landeseigene Feiertage begangen. Da die Winter in Estland sehr schneereich sind, gibt es einen so genannten Schlittenfeiertag, den Vastlapäev. An diesem Tag werden bestimmte Gerichte zubereitet, und die Esten hoffen auf eine lange Schlittenfahrt, die eine gute Ernte im Herbst vorhersagen soll. Estland hat gleich zwei Gründe, seine Unabhängigkeit zu feiern. Am 24. Februar 1918 wurde Estland als souveräne Republik ausgerufen. Am 20. August 1991 konnte die staatliche Unabhängigkeit Estlands von der Sowjetunion wieder hergestellt werden. Das erste Datum wird auch heute noch mit sehr viel größeren Feierlichkeiten begangen. Im Juni erinnern zwei Feiertage an historische Ereignisse: Am 14. Juni wird der Esten gedacht, die unter Stalin 1949 nach Sibirien deportiert wurden, und der 23. Juni ist der Tag des Sieges von Võnnu. Jaanipäev (Mittsommernacht) wird am 24. Juni gefeiert. Mit den Feiern, die reich an Bedeutung und Ritualen sind, wird der Beginn der so genannten ,,Weißen Nächte" eingeläutet, in denen die Sonne nachts nur für wenige Stunden untergeht. 3.3 Soziales Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist in den Städten ausreichend; auf dem Land herrschen in einigen Regionen jedoch Mangel an medizinischem Personal und Engpässe bei der Ausstattung mit Medikamenten. Durchschnittlich steht ein Arzt für 300 Einwohner zur Verfügung. Die Arbeitslosenquote liegt bei 9,6 Prozent (2004). 4 VERWALTUNG UND POLITIK Die heutige Republik Estland ist Nachfolger der unabhängigen, gleichnamigen Republik, die vor der Annexion durch die Sowjetunion von 1918 bis 1940 bestand. Gemäß der Verfassung, die 1992 durch eine Volksabstimmung bestätigt wurde, ist Estland eine parlamentarische Republik. Staatsoberhaupt ist der Präsident, der für fünf Jahre durch das Parlament gewählt wird und mit eingeschränkter Exekutivgewalt ausgestattet ist. Die Legislative liegt beim Riigikogu (Reichstag), einem Einkammerparlament mit 101 Abgeordneten, die in Direktwahl auf vier Jahre gewählt werden. Alle estnischen Staatsbürger ab dem 18. Lebensjahr besitzen Wahlrecht. Die Regierungsgeschäfte werden vom Ministerrat unter der Leitung des Ministerpräsidenten geführt. Die wichtigsten Parteien sind die linksliberale Zentrumspartei, die konservativen Parteien Vaterlandsunion und Res Publica, die 2006 fusionierten, die marktwirtschaftlich orientierte Estnische Reformpartei, die Estnische Bürgerunion und die sozialdemokratische Moderate Partei. Estland wird verwaltungsmäßig in 15 Regionen und sechs Stadtbezirke gegliedert. Nationalfeiertag ist der 24. Februar, der an die Erklärung der Unabhängigkeit im Jahr 1918 erinnert. 5 WIRTSCHAFT Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 16 410 Millionen US-Dollar (2006; Dienstleistungen 67,8 Prozent, Industrie 29,1 Prozent, Landwirtschaft 3,2 Prozent); dieser Wert ergibt ein BIP pro Einwohner von 12 225,10 US-Dollar. Von den Erwerbstätigen sind 5 Prozent in der Landwirtschaft beschäftigt, 34 Prozent in der Industrie und 61 Prozent im Dienstleistungssektor (2005). Die Staatsverschuldung beträgt 309 Millionen US-Dollar. Die Inflationsrate liegt bei 6,10 Prozent (2006), das Wirtschaftswachstum bei 11,40 Prozent (2006). Wichtigster Produktionsstandort ist die Hauptstadt Reval. Der Maschinenbau und die Metallverarbeitung sind die wichtigsten Zweige des produzierenden Gewerbes, gefolgt vom Schieferbergbau. Die Ölschiefer verarbeitende Industrie erzeugt künstliche Gase und chemische Produkte. Zu den weiteren Erzeugnissen zählen Zement, Textilien (Baumwolle, Leinen und Wolle), Autoteile und Lederwaren. Die ausgedehnten Waldgebiete Estlands bilden die Basis für die Forstwirtschaft. Sie stellt die Rohstoffe für die Möbelindustrie sowie für die Herstellung und Weiterverarbeitung von Papier, Holz und Sperrholz zur Verfügung. Die Industrieproduktion ist in hohem Maße von wenigen Großunternehmen abhängig, die überwiegend im Norden des Landes ansässig sind. Ein Fünftel aller Betriebe erwirtschaftet 75 Prozent der gesamten industriellen Produktion. Der Wegfall alter Handelsverbindungen mit den ehemaligen Sowjetrepubliken führte 1992 zu einem starken Produktionsrückgang. Die wichtigsten Zweige der Landwirtschaft sind Milchwirtschaft und Viehzucht. Die Hauptanbauprodukte sind Hafer, Kartoffeln und Flachs. 13,9 Prozent der Gesamtfläche werden als Ackerland genutzt (2005). 5.1 Währung und Außenhandel Estland gab als erste ehemalige Sowjetrepublik eine eigene Währung heraus, die Kroon (Estnische Krone = 100 Senti), die seit 1992 in Umlauf ist. In der Folgezeit sanken die früher horrenden Inflationsraten drastisch. Ursache für die hohen Inflationsraten war der Nachholbedarf, den das Land in Bezug auf Güter und Dienstleistungen hatte. Estland ging das Ziel des Aufbaus einer Marktwirtschaft nach westlichem Vorbild mit hohem Tempo an. Bis auf wenige Großbetriebe ist die Privatisierung ehemals staatlicher Betriebe abgeschlossen. Da die eigene Produktion aber nicht ausreichte, musste ein Großteil der benötigten Waren und Dienstleistungen importiert werden. Seit seiner Unabhängigkeit machte Estland beim Ausbau der Handelsbeziehungen mit dem Westen beachtliche Fortschritte. 1991 wickelte es noch über 90 Prozent seines Handels mit der ehemaligen Sowjetunion und deren Satellitenstaaten ab. 1994 machte der Handel mit den Ländern der Europäischen Union (vor allem Finnland, Schweden und Deutschland) bereits 60 Prozent des Handelsvolumens aus. Exportiert werden vor allem Textilien und Bekleidung, Nahrungsmittel und chemische Erzeugnisse; wichtigste Importprodukte sind Maschinen und Rohstoffe. 5.2 Energie Estland deckt seinen Energiebedarf zu über 95 Prozent aus fossilen Brennstoffen. Der Betrieb von Wärmekraftwerken mit Ölschiefer führt allerdings zu starken Luftverschmutzungen und saurem Regen. 6 GESCHICHTE Die Geschichte Estlands ist eng verbunden mit der des Baltikums und der der beiden anderen baltischen Republiken Lettland und Litauen. Die Besiedlung der gesamten nordosteuropäischen Region begann etwa um 7000 v. Chr.: Es entstand die so genannte Kunda-Kultur, um 4000 v. Chr. die Narwa-Kultur. Zur Bandkeramik-Kultur (ab 2000 v. Chr.) gehörten indoeuropäische Balten, die sich mit der hier lebenden Bevölkerung vermischten; u. a. gingen daraus die Esten und Letten hervor. Das Baltikum gewann über die Jahrhunderte immer mehr Bedeutung für den Handel zwischen Mitteleuropa und Skandinavien sowie Osteuropa und dem Orient. Verschiedene Völker (z. B. die Wikinger) versuchten, die Handelsrouten zu kontrollieren. Zum ersten Mal erwähnt werden estnische Stämme von Tacitus im 1. Jahrhundert n. Chr. König Waldemar II. von Dänemark eroberte Nordestland und errichtete 1219 die Festung Taani linn (Dänenstadt), das heutige Tallinn, und gründete dort einen Bischofssitz. Nach Aufständen in den Jahren 1343 bis 1345 verkaufte der dänische König seine Gebiete in Nordestland an den Deutschen Orden, der bereits die südliche Region (Livland) beherrschte. 1521 gelangte die Reformation ins Baltikum. Im Livländischen Krieg (1558-1582) kamen 1561 große Teile Estlands unter schwedische Herrschaft. Polen erhielt vorübergehend den Südteil Estlands, einschließlich der Stadt Tartu. Ab 1645 stand ganz Estland unter schwedischer Herrschaft. 6.1 18. bis 20. Jahrhundert Nach dem Großen Nordischen Krieg (1700-1721) musste Schweden im Frieden von Nystad Estland an Russland abtreten. Im frühen 19. Jahrhundert schaffte der russische Zar Alexander I. in Estland die Leibeigenschaft ab. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhielten die Bauern das Recht, Land zu kaufen, und das Fronsystem wurde abgeschafft. In dieser Zeit entwickelte sich eine eigenständige estnische Nationalliteratur und -kultur. Vor der Oktoberrevolution (1917) in Russland war es zu Aufständen gegen die deutschbaltischen Gutsbesitzer und gegen die zaristische Verwaltung gekommen. Nach der Revolution konstituierte sich Estland am 24. Februar 1918 als unabhängige Republik. Der Einmarsch der sowjetrussischen Armee konnte verhindert werden, und am 2. Februar 1920 wurde in Dorpat ein Friedensvertrag zwischen Russland und Estland unterzeichnet, in dem Russland auf alle Herrschaftsansprüche über Estland verzichtete. In der Folge wurde der neuen Republik von Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland, den Vereinigten Staaten und weiteren Ländern eine De-jure-Anerkennung zugestanden. Estland wurde Mitglied des Völkerbundes. Im Juni 1940 besetzten sowjetische Truppen gemäß dem Hitler-Stalin-Pakt Estland sowie die beiden anderen baltischen Republiken Lettland und Litauen; am 6. August 1940 wurde Estland eine Republik der UdSSR. Ab dem Sommer 1941 war Estland von deutschen Truppen besetzt, bis nach deren Abzug im September 1944 die Sowjetarmee nach Estland zurückkehrte; mehr als 60 000 Esten flohen nach Schweden und Deutschland. 6.2 Die Unabhängigkeit Während der folgenden 45 Jahre war Estland eine Republik der Sowjetunion und als solche international de facto anerkannt. Gemeinsam mit Lettland und Litauen gehörte Estland zu den ersten Sowjetrepubliken, die Ende der achtziger Jahre unter Missachtung der sowjetischen Zentralregierung die Unabhängigkeit anstrebten. Während des allmählichen Auflösungs- und Zerfallsprozesses der Sowjetunion erkannte die Regierung in Moskau am 6. September 1991 formell die Unabhängigkeit der baltischen Republiken an. Noch im selben Monat traten alle drei Republiken den Vereinten Nationen bei. Der Verlauf der Ostgrenze zu Russland bleibt auch Jahre nach Estlands Unabhängigkeit zwischen beiden Staaten umstritten. Zwar gab es immer wieder Verhandlungen sowie Entwürfe eines abschließenden Grenzvertrages; eine Unterzeichnung bzw. Ratifikation steht jedoch noch aus. Estland bemühte sich seit seiner Unabhängigkeit um den Ausbau seiner Beziehungen sowohl zu den beiden anderen baltischen Republiken als auch vor allem zu den westlichen Ländern und zur Europäischen Union (EU). 1993 unterzeichnete es mit Lettland und Litauen ein Freihandelsabkommen; Einfuhrzölle wurden abgeschafft und Visa- und Zollbestimmungen vereinheitlicht. 1994 schloss sich Estland der Partnerschaft für den Frieden für eine begrenzte militärische und sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit der NATO an. Im selben Jahr zog Russland seine Truppen aus Estland ab. Im April 1995 unterzeichnete Estland ein Assoziierungsabkommen mit der EU, und im November 1995 reichte Estland sein Beitrittsgesuch zur EU ein. Die ersten Parlamentswahlen seit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit fanden im September 1992 statt und erbrachten eine Mehrheit für die von der Vaterlandsunion geführte Mitte-rechts-Koalition; erster Ministerpräsident des unabhängigen Estland wurde Mart Laar. Aus den zweiten allgemeinen Wahlen im März 1995 ging das Wahlbündnis KMÜ aus Koalitionspartei und Agrarunion als stärkste Kraft hervor; Ministerpräsident wurde Tiit Vähi, der dieses Amt schon einmal 1992, vor den ersten freien Wahlen, innehatte. Staatspräsident war seit den ersten Präsidentschaftswahlen 1992 Lennart Meri; er wurde 1996 im Amt bestätigt, und zwar gegen seinen Herausforderer Arnold Rüütel, einen früheren sowjetischen Parteifunktionär. Im Februar 1997 trat Tiit Vähi als Ministerpräsident zurück, nachdem er wiederholt des Amtsmissbrauchs beschuldigt worden war. Nachfolger als Regierungschef wurde Mart Siimann, der Vorsitzende der Koalitionspartei. Die wirtschaftliche Situation Estlands konnte sich nach dramatischen Entwicklungen in den ersten Jahren der Unabhängigkeit weitgehend stabilisieren. Aufgrund der gestiegenen Investitionsbereitschaft seitens der westlichen Industrieländer floss immer mehr ausländisches Kapital in den baltischen Staat. Die EU beurteilte die politische und die wirtschaftliche Entwicklung in Estland positiv und nahm im März 1998 offizielle Beitrittsverhandlungen auf. Die Parlamentswahlen vom 7. März 1999 gewannen die marktwirtschaftlich orientierten Parteien. Der neue Ministerpräsident Mart Laar von der konservativen Vaterlandsunion formierte eine Mitte-rechts-Koalition mit der wirtschaftsliberalen Reformpartei von Siim Kallas und den sozialdemokratischen Moderaten, die die bisherige konservative Minderheitsregierung unter Mart Siimann ablöste. Laar hatte sich vor allem als Befürworter eines Beitritts Estlands zur EU profiliert. Bei den Präsidentschaftswahlen im September 2001 wurde Rüütel im fünften Wahlgang zum neuen Staatsoberhaupt gewählt; der amtierende Staatspräsident Meri durfte laut Verfassung nach zwei Amtsperioden nicht mehr kandidieren. Anfang 2002 trat Mart Laar nach heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Regierungskoalition vom Amt des Ministerpräsidenten zurück. Sein Nachfolger wurde der bisherige Finanzminister Siim Kallas, der eine neue, Mitte-links-Koalition seiner Reformpartei mit der Zentrumspartei bildete. Bei den Parlamentswahlen am 2. März 2003 behauptete die Zentrumspartei die Anzahl ihrer Mandate, die Reformpartei verzeichnete sogar leichte Gewinne. Überraschend errang jedoch die erst im Dezember 2002 gegründete konservative Partei Res Publica genauso viele Mandate wie die Zentrumspartei und lief ihr damit den Rang als allein führender Kraft im Parlament ab. Ihr Vorsitzender Juhan Parts bildete eine Mitte-rechts-Koalition aus Res Publica, Reformpartei und Bürgerunion; am 10. April 2003 wurde die neue Regierung mit Parts als Ministerpräsidenten vereidigt. Am 29. März 2004 wurde Estland zusammen mit Litauen und Lettland sowie weiteren osteuropäischen Staaten in die NATO aufgenommen; mit Estland und den beiden anderen baltischen Republiken wurden nun erstmals ehemalige Sowjetrepubliken Mitglieder der NATO. Bereits im Dezember 2002 hatte der Europäische Rat die Aufnahme Estlands in die EU beschlossen, und im September 2003 hatten etwa zwei Drittel der Wähler in einer Volksabstimmung bei einer Wahlbeteiligung von 63 Prozent für den Beitritt ihres Landes zur EU gestimmt. Am 1. Mai 2004 folgte im Rahmen der größten Erweiterung der EU der Beitritt Estlands zu der Union. Im März 2005, knapp zwei Jahre nach seinem Amtsantritt, reichte Ministerpräsident Parts überraschend seinen Rücktritt ein, nachdem bereits zwei Minister wegen Verletzung ihrer Amtspflichten hatten ausgetauscht werden müssen und auch noch der Justizminister durch ein Misstrauensvotum abgewählt worden war. Es formierte sich eine Koalition aus Zentrumspartei, Reformpartei und Vaterlandsunion; zum neuen Ministerpräsidenten wurde am 12. April 2005 der Vorsitzende der Reformpartei und bisherige Wirtschaftsminister Andrus Ansip gewählt. Die Präsidentschaftswahlen im August/September 2006 entschied im vierten Wahlgang überraschend der Kandidat der oppositionellen Sozialdemokraten, Toomas Hendrik Ilves, für sich, obwohl Rüütel als der klar aussichtsreichere Kandidat gegolten hatte. Die Parlamentswahlen am 4. März 2007 bestärkten die bisherige Regierungspolitik: Die Reformpartei wurde unter großen Zugewinnen mit 31 der insgesamt 101 Mandate stärkste Kraft, gefolgt von der Zentrumspartei (29 Mandate), die sich gegenüber den Wahlen von 2003 in etwa behaupten konnte. Ansip formierte jedoch eine neue Koalition, bestehend aus seiner Reformpartei, der 2006 aus der Fusion von Vaterlandspartei und Res Publica hervorgegangenen Vaterlands- und Res-Publica-Union (IRL) sowie den Sozialdemokraten. In der Außenpolitik begann das gespannte Verhältnis zu Russland eine beherrschende Rolle zu spielen, während die Integration des Landes in EU und NATO reibungslos voranschritt. So verweigerte Russland 2005 die Ratifizierung des endlich zustande gekommenen und bereits unterzeichneten Grenzabkommens mit Estland, da Estland nachträglich und einseitig eine Präambel zu dem Abkommen hinzugefügt hatte, in der sich das Land als Opfer sowjetischer Besatzung bezeichnete. Neue Verhandlungen über die estnisch-russische Grenze, die als Teil ihrer Außengrenze auch für die EU von Bedeutung ist, lehnte Estland ab. Zu schweren Unruhen sowie einer diplomatischen Krise kam es, als 2007 im Zentrum von Tallinn ein sowjetisches Kriegerdenkmal, das den Esten eher als Symbol der sowjetischen Fremdherrschaft denn der Befreiung gilt, demontiert wurde, um andernorts wieder aufgebaut zu werden. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« 4 VERWALTUNG UND POLITIK Die heutige Republik Estland ist Nachfolger der unabhängigen, gleichnamigen Republik, die vor der Annexion durch die Sowjetunion von 1918 bis 1940 bestand.

Gemäß derVerfassung, die 1992 durch eine Volksabstimmung bestätigt wurde, ist Estland eine parlamentarische Republik.

Staatsoberhaupt ist der Präsident, der für fünf Jahre durchdas Parlament gewählt wird und mit eingeschränkter Exekutivgewalt ausgestattet ist.

Die Legislative liegt beim Riigikogu (Reichstag), einem Einkammerparlament mit 101 Abgeordneten, die in Direktwahl auf vier Jahre gewählt werden.

Alle estnischen Staatsbürger ab dem 18.

Lebensjahr besitzen Wahlrecht.

Die Regierungsgeschäftewerden vom Ministerrat unter der Leitung des Ministerpräsidenten geführt. Die wichtigsten Parteien sind die linksliberale Zentrumspartei, die konservativen Parteien Vaterlandsunion und Res Publica, die 2006 fusionierten, die marktwirtschaftlich orientierte Estnische Reformpartei, die Estnische Bürgerunion und die sozialdemokratische Moderate Partei. Estland wird verwaltungsmäßig in 15 Regionen und sechs Stadtbezirke gegliedert.

Nationalfeiertag ist der 24.

Februar, der an die Erklärung der Unabhängigkeit im Jahr1918 erinnert. 5 WIRTSCHAFT Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 16 410 Millionen US-Dollar (2006; Dienstleistungen 67,8 Prozent, Industrie 29,1 Prozent, Landwirtschaft 3,2 Prozent); dieser Wertergibt ein BIP pro Einwohner von 12 225,10 US-Dollar.

Von den Erwerbstätigen sind 5 Prozent in der Landwirtschaft beschäftigt, 34 Prozent in der Industrie und 61 Prozentim Dienstleistungssektor (2005).

Die Staatsverschuldung beträgt 309 Millionen US-Dollar.

Die Inflationsrate liegt bei 6,10 Prozent (2006), das Wirtschaftswachstum bei11,40 Prozent (2006).

Wichtigster Produktionsstandort ist die Hauptstadt Reval.

Der Maschinenbau und die Metallverarbeitung sind die wichtigsten Zweige desproduzierenden Gewerbes, gefolgt vom Schieferbergbau.

Die Ölschiefer verarbeitende Industrie erzeugt künstliche Gase und chemische Produkte.

Zu den weiterenErzeugnissen zählen Zement, Textilien (Baumwolle, Leinen und Wolle), Autoteile und Lederwaren.

Die ausgedehnten Waldgebiete Estlands bilden die Basis für dieForstwirtschaft.

Sie stellt die Rohstoffe für die Möbelindustrie sowie für die Herstellung und Weiterverarbeitung von Papier, Holz und Sperrholz zur Verfügung. Die Industrieproduktion ist in hohem Maße von wenigen Großunternehmen abhängig, die überwiegend im Norden des Landes ansässig sind.

Ein Fünftel aller Betriebeerwirtschaftet 75 Prozent der gesamten industriellen Produktion.

Der Wegfall alter Handelsverbindungen mit den ehemaligen Sowjetrepubliken führte 1992 zu einem starkenProduktionsrückgang.

Die wichtigsten Zweige der Landwirtschaft sind Milchwirtschaft und Viehzucht.

Die Hauptanbauprodukte sind Hafer, Kartoffeln und Flachs.13,9 Prozent der Gesamtfläche werden als Ackerland genutzt (2005). 5.1 Währung und Außenhandel Estland gab als erste ehemalige Sowjetrepublik eine eigene Währung heraus, die Kroon (Estnische Krone = 100 Senti), die seit 1992 in Umlauf ist.

In der Folgezeit sankendie früher horrenden Inflationsraten drastisch.

Ursache für die hohen Inflationsraten war der Nachholbedarf, den das Land in Bezug auf Güter und Dienstleistungen hatte.Estland ging das Ziel des Aufbaus einer Marktwirtschaft nach westlichem Vorbild mit hohem Tempo an.

Bis auf wenige Großbetriebe ist die Privatisierung ehemals staatlicherBetriebe abgeschlossen.

Da die eigene Produktion aber nicht ausreichte, musste ein Großteil der benötigten Waren und Dienstleistungen importiert werden. Seit seiner Unabhängigkeit machte Estland beim Ausbau der Handelsbeziehungen mit dem Westen beachtliche Fortschritte.

1991 wickelte es noch über 90 Prozent seinesHandels mit der ehemaligen Sowjetunion und deren Satellitenstaaten ab.

1994 machte der Handel mit den Ländern der Europäischen Union (vor allem Finnland, Schwedenund Deutschland) bereits 60 Prozent des Handelsvolumens aus.

Exportiert werden vor allem Textilien und Bekleidung, Nahrungsmittel und chemische Erzeugnisse;wichtigste Importprodukte sind Maschinen und Rohstoffe. 5.2 Energie Estland deckt seinen Energiebedarf zu über 95 Prozent aus fossilen Brennstoffen.

Der Betrieb von Wärmekraftwerken mit Ölschiefer führt allerdings zu starkenLuftverschmutzungen und saurem Regen. 6 GESCHICHTE Die Geschichte Estlands ist eng verbunden mit der des Baltikums und der der beiden anderen baltischen Republiken Lettland und Litauen. Die Besiedlung der gesamten nordosteuropäischen Region begann etwa um 7000 v.

Chr.: Es entstand die so genannte Kunda-Kultur, um 4000 v.

Chr.

die Narwa-Kultur.

ZurBandkeramik-Kultur (ab 2000 v.

Chr.) gehörten indoeuropäische Balten, die sich mit der hier lebenden Bevölkerung vermischten; u.

a.

gingen daraus die Esten und Lettenhervor.

Das Baltikum gewann über die Jahrhunderte immer mehr Bedeutung für den Handel zwischen Mitteleuropa und Skandinavien sowie Osteuropa und dem Orient.Verschiedene Völker (z.

B.

die Wikinger) versuchten, die Handelsrouten zu kontrollieren. Zum ersten Mal erwähnt werden estnische Stämme von Tacitus im 1.

Jahrhundert n.

Chr.

König Waldemar II.

von Dänemark eroberte Nordestland und errichtete 1219 dieFestung Taani linn (Dänenstadt), das heutige Tallinn, und gründete dort einen Bischofssitz.

Nach Aufständen in den Jahren 1343 bis 1345 verkaufte der dänische Königseine Gebiete in Nordestland an den Deutschen Orden, der bereits die südliche Region (Livland) beherrschte. 1521 gelangte die Reformation ins Baltikum.

Im Livländischen Krieg (1558-1582) kamen 1561 große Teile Estlands unter schwedische Herrschaft.

Polen erhieltvorübergehend den Südteil Estlands, einschließlich der Stadt Tartu.

Ab 1645 stand ganz Estland unter schwedischer Herrschaft. 6.1 18.

bis 20.

Jahrhundert Nach dem Großen Nordischen Krieg (1700-1721) musste Schweden im Frieden von Nystad Estland an Russland abtreten.

Im frühen 19.

Jahrhundert schaffte der russischeZar Alexander I.

in Estland die Leibeigenschaft ab.

In der zweiten Hälfte des 19.

Jahrhunderts erhielten die Bauern das Recht, Land zu kaufen, und das Fronsystem wurdeabgeschafft.

In dieser Zeit entwickelte sich eine eigenständige estnische Nationalliteratur und -kultur.

Vor der Oktoberrevolution (1917) in Russland war es zu Aufständengegen die deutschbaltischen Gutsbesitzer und gegen die zaristische Verwaltung gekommen.

Nach der Revolution konstituierte sich Estland am 24.

Februar 1918 alsunabhängige Republik.

Der Einmarsch der sowjetrussischen Armee konnte verhindert werden, und am 2.

Februar 1920 wurde in Dorpat ein Friedensvertrag zwischenRussland und Estland unterzeichnet, in dem Russland auf alle Herrschaftsansprüche über Estland verzichtete.

In der Folge wurde der neuen Republik von Großbritannien,Frankreich, Italien, Deutschland, den Vereinigten Staaten und weiteren Ländern eine De-jure-Anerkennung zugestanden.

Estland wurde Mitglied des Völkerbundes. Im Juni 1940 besetzten sowjetische Truppen gemäß dem Hitler-Stalin-Pakt Estland sowie die beiden anderen baltischen Republiken Lettland und Litauen; am 6.

August1940 wurde Estland eine Republik der UdSSR.

Ab dem Sommer 1941 war Estland von deutschen Truppen besetzt, bis nach deren Abzug im September 1944 dieSowjetarmee nach Estland zurückkehrte; mehr als 60 000 Esten flohen nach Schweden und Deutschland. 6.2 Die Unabhängigkeit Während der folgenden 45 Jahre war Estland eine Republik der Sowjetunion und als solche international de facto anerkannt.

Gemeinsam mit Lettland und Litauen gehörte. »

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