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Architektur (Architektur).

Publié le 19/06/2013

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Architektur (Architektur). 1 EINLEITUNG Architektur (lateinisch architectura), die Kunst des Entwerfens, Konstruierens und Errichtens von Bauwerken. Dieser Artikel thematisiert hauptsächlich Architektur mit einem künstlerischen Anspruch (im Unterschied zum Ingenieurbau). Als so genannte Baukunst gilt sie als eine stark zweckgebundene Kunst, der die Gestaltung des umbauten Raumes auch unter Einbezug von Licht und Farbe sowie der Funktion des Baus obliegt. Die Aufgabe des Architekten (bis ins 19. Jahrhundert zumeist Baumeister genannt) besteht auch in der Planung und Verwirklichung sozialer Räume im Sinne von Wohnbau und Stadtplanung. Weitere Gebiete, die sich in der Zuständigkeit des Architekten befinden, sind darüber hinaus der Bau und die Gestaltung öffentlicher Bauwerke (Verwaltungs- oder Repräsentationsbau), Sakralbauten (siehe Kirchenbau; Kloster), Landschaften und Gärten, schließlich auch die Innenraumgestaltung (siehe Innenarchitektur; Design). 2 TECHNISCHE VORAUSSETZUNGEN UND MATERIALIEN Die Geschichte der Architektur ist auch die des jeweils verwendeten Materials, da traditionelle Baustoffe wie Naturstein, Backstein und Holz seit der industriellen Revolution vermehrt durch Materialien wie Beton, Stahl, Glas und zahlreiche Kunststoffe ergänzt wurden. Diese materielle Erweiterung bedeutet zugleich die fortschreitende Befreiung der Architektur von Naturgesetzen und von klimatischen und geographischen Abhängigkeiten. Die Verfügbarkeit von geeigneten Baustoffen ist stark abhängig von der jeweiligen geographischen Region und beeinflusst maßgeblich das äußere Erscheinungsbild des Bauwerks wie auch die Ausprägung entsprechender handwerklicher Fähigkeiten. Bereits in der Konstruktionsphase müssen die spezifischen Eigenschaften von Baustoffen berücksichtigt werden, insbesondere um ein den menschlichen Bedürfnissen adäquates Raumklima herzustellen. 2.1 Holz Holz wird vor allem in Regionen der Erde verwendet, wo die Temperaturdifferenzen zwischen Tag und Nacht und Sommer und Winter sehr hoch sind. In Skandinavien und Russland ist die Holzbauweise deshalb - und wegen der leichten Verfügbarkeit - sehr hoch entwickelt (siehe Stabkirchen; skandinavische Kunst und Architektur). Holz wird auch in industriell geprägten Bauten als Konstruktions- und Ausbaumaterial in einer Fülle von gesägten und verleimten Halbfertigprodukten wie Leisten, Latten, Schichtholz und Sperrholz verwendet. Siehe auch Holzindustrie 2.2 Naturstein, Lehm und Ziegel Stein lässt sich behauen und ist mit dem alten Handwerksberuf des Steinmetzen eng verbunden. Marmor war in fast allen Zeiten aus ästhetischen und ökonomischen Gründen in der Regel repräsentativen und sakralen Bauten vorbehalten. Heute besitzen Natursteine vor allem in der Fassadengestaltung und in der Innenarchitektur noch eine gewisse Bedeutung. Lehm wird in heißen Ländern seit prähistorischen Zeiten als Baumaterial verwendet, so etwa in der Lehmarchitektur Vorderasiens und Afrikas, ferner in der Architektur der Puebloindianer in New Mexico. Er hat eine kühlende Eigenschaft nach innen und muss nicht gebrannt werden, sondern wird durch die Sonne gehärtet, sobald er auf ein Gitter aus Schilf oder Stroh aufgetragen wird. In gemäßigten klimatischen Zonen ist die Ziegelbauweise - oft mit Holzkonstruktionen kombiniert - vorherrschend. Die Eigenschaften des Mauerziegels können innerhalb bestimmter Grenzen durch das Rohmaterial (Lehm, Ton, Mergel) und durch den Brennvorgang gesteuert werden. Wichtige Eigenschaften des Ziegels sind seine Druckfestigkeit und seine Porosität. Die verschiedenen Formen von unverputztem Hartbrandstein, der vor allem im nördlichen Europa Verwendung findet, sowie verputztem Mauerziegel, der in Mittel- und Südeuropa eingesetzt wird, haben die Architektur und das Antlitz ganzer Städte bis heute entscheidend geprägt. Beispielsweise existierten in Berlin Ende des 19. Jahrhunderts ungefähr tausend Ziegelbrennereien. Stahl und Beton wurden seinerzeit nur in der industriell orientierten Architektur verwendet (siehe unten). Im Lauf des 20. Jahrhunderts nahm die Bedeutung der Ziegelbauweise zugunsten von Beton, Stahl, Glas und Kunststoffen ab. 2.3 Zement, Beton und Stahlbeton Zement wurde bereits in der römischen Antike gewonnen. Später fügte man Kies hinzu und erhielt so Beton, ein Material, das erstmals beim Bau der Kuppel des Pantheons in Rom verwendet wurde. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wird, besonders von Chicago ausgehend (siehe Chicago School), Stahlbeton verwendet. Dieser Verbundstoff aus Stahl und Beton gilt heute weltweit als der bedeutendste Baustoff für die Architektur, weil der eingelagerte Stahl die Zugkräfte und der umhüllende Beton die Druckkräfte ableiten kann. 2.4 Glas und Metalle In der Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts (siehe Crystal Palace; Eiffelturm) kamen zunehmend Gusseisen und Glas zum Einsatz, da Bauteile aus diesen Materialien in der Fabrik vorgefertigt und dann an der Baustelle zusammengesetzt werden konnten. In der zeitgenössischen, vor allem in der städtischen Büroarchitektur, spielt Glas eine immer größere Rolle. Die Verwendung von Glas zieht - etwa aus Gründen der Lichtregulierung - die Anwendung neuer Materialien nach sich. So gewinnen zunehmend Textilien zur Beschattung von Gebäuden an Bedeutung (etwa in Form von Markisen). Aluminium wird von Architekten geschätzt, weil es das am wenigsten witterungsabhängige Baumaterial ist, spiegelnde Eigenschaften besitzt und weitgehend wartungsfrei ist. Es dient daher vor allem zur Verkleidung von Fassaden. 2.5 Naturmaterialien und Abfall Die Nomadenvölker Mittel- und Zentralasiens (siehe zentralasiatische Kunst und Architektur; Jurte) sowie die Indianer (siehe Kunst und Architektur der nordamerikanischen Indianer; Tipi; Wigwam) haben im Lauf ihrer Geschichte eine Zeltarchitektur entwickelt. In den Tropen werden neben Holz und Bambus auch Blätter und andere Pflanzenteile zum Hausbau verwendet. Die Architektur der Metropolen der Dritten Welt wird von betont modernen Gebäuden (siehe Hochhaus) in den Zentren und von mehr oder weniger improvisierten Bauten aus Materialabfällen wie Pressspanplatten, Wellblech, textilen Materialien, Papier und Erde in den Slums geprägt. 3 GEBÄUDEKONSTRUKTIONEN Vor der Errichtung eines Gebäudes müssen alle einwirkenden Kräfte berechnet werden, um die Stabilität und Dauerhaftigkeit sicherzustellen ( siehe Baustatik). Das Tragwerk übernimmt die Aufgabe, alle auf ein Bauwerk einwirkenden Kräfte aufzunehmen, zu übertragen und auf das Fundament abzuleiten. Die Tragwerkelemente unterscheiden sich in ihren geometrischen Formen: punktförmige (Lager, Knoten), lineare (Stützen, Träger, Bogen), flächenförmige (Scheiben, Platten, Gewölbe) und körperhafte (Fundamente). Ein Lehrsatz der Konstruktion besagt, dass jedes Bauwerk im Ganzen, in seinen einzelnen Teilen und für sich allein standsicher sein muss. Die Konstruktion muss eine sichere Aussteifung haben und im Baugrund verankert sein. Die einzelnen Möglichkeiten der Aussteifung gehorchen folgenden Prinzipien: Es gibt Verstrebungen, Fachwerk (eine Verbindung von Mauerwerk, das durch Holzrahmen standsicher gemacht wird) oder Diagonalstäbe, die vor allem bei neuen Hallenkonstruktionen aus großen Glasoder Metallflächen verwendet werden. Wesentliche Elemente der Tragwerksaussteifung sind Wände und Decken. Durch Betonskelettbauten oder die Übertragung von Kräften auf das Mauerwerk lassen sich mehrgeschossige Bauten errichten. Bei der Gewölbekonstruktion wird ein durch Mauern umbauter Raum überspannt, ohne dass Baustoffe einer Spannung unterliegen; dies erlaubt, auch große Flächen mit Mauerwerk oder Beton zu decken. Der Außenschub von Gewölben muss jedoch durch Widerlager oder durch ein Strebewerk aufgefangen werden. Bei Tragwerken für Flachbauten, die oft eine größere Spannweite überwinden müssen, wird mit abgestützten Trägern gearbeitet. Wahlweise werden Rahmentragwerke oder Bogentragwerke verwendet, wie sie zum Überspannen von großen Flächen im Stadion- und Hallenbau angewendet werden. Die wissenschaftlichen Fortschritte in der Berechnung und Kalkulation von Strukturverhalten gingen im 19. Jahrhundert auf die Nachfrage nach großen Hoch- und Tiefbaukonstruktionen wie Dämmen, Brücken und Unterführungen zurück. Es war nun möglich, offenen Raum mit Hängekonstruktionen, dem umgekehrten Prinzip des Gewölbes, zu überspannen. Aufsehen haben seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts Bauwerke erregt, die netzartigen Gebilden aus der Natur nachempfunden sind und deren Tragwerke aus Stahlseilen bestehen (so etwa das Olympiastadion in München, entworfen von Frei Otto). Seiltragwerke ermöglichen die Überdachung von Flächen mit großen Spannweiten. Auch das Kolosseum in Rom wurde schon bei Bedarf von verspannten Sonnensegeln überdacht. Das bekannteste Dachtragwerk ist der als Sparrendach konstruierte Dachstuhl, wobei die Sparren zusammen mit der Decke des darunter liegenden Geschosses steife Dreiecke bilden (siehe Gebälk). Da ein Bauwerk alle angreifenden Lasten und Kräfte in den tragfähigen Untergrund überträgt, muss die Standsicherheit durch stabile Fundamente gewährleistet sein. Genaue Kenntnisse der Fundamentbeschaffenheit sind besonders bei sehr hohen Bauten erforderlich, um ihre Stabilität auch bei Sturm und Erdbeben zu gewährleisten. 4 IDEENGESCHICHTLICHER HINTERGRUND DER ARCHITEKTUR Ursprünglich diente die Architektur primär dem Schutz des Menschen vor Wetter und anderen Umwelteinflüssen. Eine Behausung war notwendiges Mittel, das Überleben zu gewährleisten. Die Entstehung arbeitsteiliger Gesellschaften mit differenzierteren Ansprüchen, Bedürfnissen und Gewohnheiten konfrontierte die Architektur mit neuen, auch sekundären Funktionen und Zwecken, mit vielfältigeren Anforderungen und komplexeren Aufgaben. Die Aufgaben der Architektur als Kunstform erschöpften sich nicht mehr in der Erfüllung technischer und gesellschaftlicher Funktionen; hinzu traten ästhetische Ansprüche, die schon in der Antike in der Idee des perfekten Raumes gipfelten. Mit dieser beschäftigten sich bereits die Proportionslehre Platons sowie der Kanon des Polyklet. Thematisch standen hier Überlegungen zur Strukturierung und Begrenzung des Raumes sowie zum Verhältnis von Baukörper und Raum im Mittelpunkt. Die Erkenntnisse über mechanische und statische Gesetze flossen in die Architekturtheorie ein. Die Konstruktion eines Bauwerks muss mit der Imagination des Architekten, seiner Vorstellung und Idee, in Übereinstimmung gebracht werden. In Letzterer besteht der eigentliche künstlerische Eigenanteil des Architekten als Künstler. Erst im Anschluss an die Phasen von Idee, Planung und Entwurf folgt die Realisation des Bauwerks, nämlich seine Errichtung. 5 KÜNSTLERISCHE ASPEKTE UND KLASSIFIKATIONEN 5.1 Gattungen der Architektur Die Funktion eines Bauwerks bedingt dessen Erscheinungsbild. Eine grundlegende Unterscheidung gilt der funktionalen Trennung von Sakral- und Profanbau. Sakrale Bauwerke dienen religiösen Zwecken und werden meist durch religiöse Gemeinschaften beauftragt und finanziert. Profane Bauwerke dienen weltlichen Zwecken, wozu vor allem der Wohnbau, Repräsentationsbauten (z. B. Schloss, Villa), öffentliche Bauten (z. B. Rathäuser, Markthallen, Bahnhöfe, Universitäten, Bibliotheken, Museen, Krankenhäuser, Bäder, Sportstadien), die Industriearchitektur, Wehrbauten (z. B. Burg, Geschlechterturm) und der Städtebau zählen. Architektur meint nicht allein das Bauen an sich und kann ebenso wenig allein von der Funktion des Bauwerks her definiert werden. Architektur, verstanden als eine kulturelle Leistung, ist stets eine für die Gesellschaft repräsentative Kunstform, eine symbolische gesellschaftliche Selbstdarstellung. Dabei ist sie innerhalb des Kanons der so genannten schönen Künste neben Malerei und Bildhauerei die am wenigsten autonome Kunst, da sie zu ihrer Realisierung weitreichender materieller Voraussetzungen und kollektiver Anstrengungen bedarf. In einem gewissen Gegensatz hierzu steht das traditionell hohe Renommee der Architektur als Kunstform. Dieses beruht auch auf der Außenwirkung, auf einer möglichen Erhabenheit und auf der Dauerhaftigkeit der Bauwerke. 5.2 Sonderformen der Architektur In der neuzeitlichen Geschichte der Architektur spielt der gedanklich-reflexive und konzeptuelle Anteil im kreativen Prozess des Entwerfens eine wichtige Rolle. Dieser Aspekt der Architektur ignoriert zumeist bewusst die Grenzen des tatsächlich als Bauwerk Realisierbaren. Die ersten selbstbewussten Werke unrealisierter und unrealisierbarer Architektur schufen die Vertreter der Revolutionsarchitektur. Derartige Ansätze wurden im 19. und vor allem im 20. Jahrhundert von einigen Schulen, Architekten und Künstlern weiterentwickelt. Im Rahmen der Avantgardebewegungen des 20. Jahrhunderts gewannen insbesondere die Richtungen der utopischen Architektur und der phantastischen Architektur an Einfluss (z. B. Gläserne Kette). Innerhalb dieser Strömungen haben sich wiederum Sonderformen wie die Lichtarchitektur oder die Megalomanie herausgebildet. Zahlreiche dieser Konzepte standen im Zusammenhang von Gesamtkunstwerken. Bewegungen und Gruppen wie der Konstruktivismus oder die Novembergruppe stellten ihre Arbeit in den Dienst politischer Ziele. Künstlerisch anregend wirkten auch die Ansätze der abstrakten Architektur, der organischen Architektur und der anthroposophischen Architektur. Für eine Reihe stark experimentell orientierter Architekturformen stehen beispielhaft die Begriffe alternative Architektur und pneumatische Architektur. Eher randständige Sonderformen lassen sich unter den Begriff der ephemeren Architektur subsumieren. Damit sind Konstruktionen gemeint, die beispielsweise als Theateroder Festbauten von vornherein zum vorübergehenden Gebrauch errichtet werden. Ähnlich verhält es sich mit der Filmarchitektur. Im Zeitalter des Absolutismus, vereinzelt auch später, gehörten Festdekorationen etc. zu den Aufgaben mancher Architekten. Die Innen- und Außenansichten von Bauwerken sowie Stadtansichten sind ein wichtiges Motiv der Malerei wie der graphischen Künste. Beispiele finden sich aus nahezu allen Epochen der Kunst. Die Vedute hat sich innerhalb der abendländischen Malerei zu einer eigenen Gattung entwickelt. Berühmt sind die realistisch wirkenden, tatsächlich aber idealisierenden Ansichten Venedigs von Canaletto. Demgegenüber streben Architekturphantasien von vornherein in utopische und phantastische Gefilde. Düster-phantastische Motive beherrschen beispielsweise die Radierungen Giovanni Battista Piranesis (Werkgruppe der Carceri [Kerker], 1745). Eine andere Kunstform ist die Architekturphotographie. Sie dient nicht nur der Dokumentation, sondern hat sich zu einer eigenständigen Sonderdisziplin entwickelt, wofür die Werke der Photographen Bernd und Hilla Becher ein eindrucksvolles Beispiel sind. Die philosophisch-theoretische Reflexion der Architektur sowie diesbezügliche Sinn- und Wertsetzungen leistet die Architekturtheorie, eine Spezialdisziplin der Ästhetik. Auf der anderen Seite zeigten viele Architekten des 20. Jahrhunderts einen starken Hang zu theoretischen Konzeptionen (z. B. Oswald Mathias Ungers, Haus-Rucker-Co, OMA, Rem Koolhaas, Coop Himmelb(l)au, Frederick Kiesler). 5.3 Stil Der Begriff des Stils wurde erst um 1800 in die Kunstwissenschaft eingeführt. Er bezeichnet eine Konstellation künstlerischer Eigenarten, mit denen sich ein Werk, ein Künstler, eine Gruppe oder Generation von Künstlern, eine Kunstregion oder eine historische Periode von jeweils anderen unterscheidet (Individualstil, Generationsstil, Zeitstil, Epochenstil, Regionalstil, Nationalstil). Die Backsteingotik ist ein Beispiel für einen vom Material geprägten Stil (Materialstil). Somit zielt der Stilbegriff auf die Zusammenfassung der Besonderheiten von Kunstwerken ab, und gemäß dieser Zusammenfassung lassen sich Einteilungen, Abgrenzungen und Systematisierungen von künstlerischen Produktionen vornehmen, die in Zusammenhang mit dem Verlauf der allgemeinen Geschichte gebracht werden können. Als Resultat dieser Sichtweise präsentiert sich ein Geschichtsmodell, das die Kulturgeschichte periodisiert (z. B. Gotik, Renaissance, Barock usw.). Diese Einteilung in eine Abfolge ist ebenso hilfreich wie problematisch. Sie verschafft einen Überblick über die Vielfalt der kulturellen Erscheinungen, zwingt aber zum Teil auch zu einseitigem Schematismus und weitgehenden Generalisierungen. Individueller Stil als erklärte Absicht der Künstler (,,seinen eigenen Stil finden") ist in der globalen Kulturgeschichte eher die Ausnahme, insbesondere in jener spezifischen Form, die sich als bewusste Opposition zur Tradition zeigt. Diese ästhetische Haltung ist insbesondere mit der Entwicklung der Individualität in der europäischen Neuzeit verbunden. Sie hat somit auch gewisse Perspektiven der Kunstwissenschaft und -geschichte geprägt. Diese Sichtweise wird aber älteren Kulturepochen und fremden Kulturen (vergleiche Ethnokunst; Kunstethnologie) nicht immer gerecht. Die so genannte Stilanalyse unterstellt dem architektonischen Werk, eine geschichtsbedingte Form zu sein. Als Methode ermöglicht sie dem Historiker wie dem Kunstwissenschaftler, Kunst- und Bauwerke in geschichtliche Zusammenhänge zu bringen. Inzwischen ist der wissenschaftliche Kenntnisstand dergestalt gereift, dass selbst kleine Überbleibsel ansonsten nicht erhaltener Bauwerke Aufschlüsse über deren Entstehungszeit zulassen. Die Stilgeschichte unterscheidet Epochen mit kohärenten Stilen und voneinander deutlich abgrenzbaren Zeitspannen. Für den europäisch-mediterranen Raum hat sich folgende Grobeinteilung eingebürgert: o Vor- und Frühgeschichte (ab etwa 600 000 v. Chr.), o frühe Hochkulturen, insbesondere Ägypten (ab 3000 v. Chr.), o griechische und römische Antike (ab 800 v. Chr.), o frühes Mittelalter (ab 500 n. Chr.), o Romanik (1000-1150), o Gotik (1150 bis 1400), o Renaissance und Manierismus (15./16. Jahrhundert), o Barock und Rokoko (16. Jahrhundert bis etwa 1750), o Klassizismus, Romantik und Historismus (19. Jahrhundert), o Moderne (20./21. Jahrhundert). Jede einzelne dieser Epochen weist ein für sie prägendes künstlerisches Formengut auf, das sich auch in der jeweiligen Architektursprache niederschlägt. 6 VOR- UND FRÜHGESCHICHTE Höhlen und Wohngruben waren Vorläuferformen der Baugeschichte des begrenzten und umschlossenen Wohnraums. Dieser wurde in dieser frühesten Form entweder im vorgefundenen natürlichen Zustand belassen oder aber künstlich - aus natürlichen Materialien wie Stein und Lehm - geschaffen. Quellen wie die Höhlenmalerei ( siehe paläolithische Kunst) belegen die Errichtung von Windschirmen aus Zweigen, Ästen und Blättern und lassen die Entstehung der ersten bekannten Rundzelte (im Magdalénien, um 30000 v. Chr.) datieren. Die frühesten bautechnischen Errungenschaften wie Blockhütten, Pfahlbauten, Siedlungen aus geschichteten Steinen, gestampfter Lehm etc. lassen Erfindergeist und innovative Kraft erkennen. Doch diese aus der existentiellen Not heraus entstandenen Behausungen können noch nicht als Architektur im Sinne der Baukunst bezeichnet werden. Aus dem 8. und 7. Jahrtausend v. Chr. (Neolithikum) stammen die ersten Belege revolutionärer Veränderungen der Menschheit, es entwickelten sich Ackerbau, Viehzucht und Sesshaftigkeit. Diese Neolithische Revolution legt die Annahme einer Veränderung des sozialen Lebens nahe, was notwendig auch Veränderungen der Bautätigkeit nach sich zog. Die ersten städtischen Siedlungen und Wehranlagen entstanden um 8000 v. Chr. ( siehe Çatal Hüyük; Jericho). Der Wechsel vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit des Menschen markiert den Beginn der Architekturgeschichte. Die neu entwickelten Techniken der Metallverarbeitung zeigten erstmals auch eine ästhetische Gestaltung. Eine ausgeprägte Bestattungskultur (siehe Grab) verbreitete sich. Von der geistigen Nähe dieser Anlagen zu Denkmalkult und Ritual zeugen die Überreste des größten prähistorischen Steindenkmals Stonehenge bei Salesbury. Siehe auch ägäische Kultur; Mykene; Hethiter; iranische Kunst und Architektur 7 ÄGYPTEN Unter den frühen Hochkulturen gewann die Kunst Ägyptens besonders weit reichenden Einfluss auf die europäische Kultur. Aufgrund der weiten sumpfigen Randgebiete der Wüstenregion am Nil traf man in Ägypten wohl saftige Papyrusstauden an, geeignetes Bauholz jedoch musste u. a. aus dem Libanon importiert werden. Allerdings waren Kalkstein, Basalt und Alabaster vorhanden, was die Erfindung und Entwicklung von besonderen Werkzeugen zur Steinbearbeitung notwendig machte. Diese wurden für die ägyptische Kultur maßgeblich und prägend; der bearbeitete Stein wurde zum Träger einer reichen literarischen Produktion (siehe Schrift; Hieroglyphen; Kalender). Die berühmtesten Baudenkmäler der ägyptischen Kultur sind die Gedenkstätten für die als Heilige verehrten Toten, die Pyramiden. Bis um 2400 v. Chr. (Altes Reich) entstanden die Königsgräber des Cheops, Chephren und Mykerinos in Gise als großartige Beiträge zur Weltarchitektur. Sie geben Zeugnis von der politisch-religiösen Ordnung einer Kultur, die der Idee des göttlichen Königtums monumentalen Ausdruck verleihen und diesen Anspruch künstlerisch adäquat umsetzen wollte. Die Pyramidentempel in der Totenstadt Sakkara wurden nach mathematischen Gesetzmäßigkeiten (50 Grad Neigungswinkel nach allen Seiten) aus Alabaster- und Granitblöcken ungeheuren Ausmaßes errichtet; die Grabkammer war über schachtartige Gänge im Tempelinneren zu erreichen. Die Cheopspyramide weist eine Basislänge von 230 Metern auf, und ihre Höhe betrug früher fast 147 Meter. Der damit verbundene Aufwand ließ sich nicht beliebig fortführen. In der 5. Dynastie erkannte man, dass die megalomane Bauweise zum Staatsbankrott führen würde. Der Bau späterer Pyramiden folgte nun bescheideneren Maßgaben und wurde symbolisch umgedeutet. Die Innenraumstruktur der Pyramidenanlagen, die als Komplex über heiligen Bezirken errichtet wurden und meist über monumentale Treppenläufe zugänglich waren, sorgte seit ihrer Entdeckung für Aufsehen und zahlreiche Legenden. Denn die nach außen geschlossenen Steinmassen beherbergen in ihrem Inneren ein konstruiertes Labyrinth aus Gängen und Schächten, Scheintüren und ins Nichts führenden Treppen, um Grabräuber und andere Unbefugte vom Zugriff auf den bestatteten König abzuhalten. Dessen Mumie befand sich allerdings weder in einer der oberirdischen Grabkammern noch in einem der Opferhöfe oder einer der Kapellen, sondern vielmehr unterhalb des Pyramidenbaus, also unterirdisch begraben. Allenfalls in der mesopotamischen sowie in der chinesischen Architektur finden sich Beispiele eines mit vergleichbarem Aufwand betriebenen Grabkultes. Das heutige Bild von der ägyptischen Architektur wird weitgehend durch die Pyramidenanlagen, also durch Sakralbauten geprägt. Die weitläufigen Stadtanlagen und Profanbauten sind bis auf wenige Relikte nicht erhalten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass geometrische Maßgaben und eine strenge Axialität auch hier dominierten. Die ägyptische Bauweise zeigte eine Architektur nach den Gesetzen des Maßes, der Harmonie und Proportion. Dabei boten die glatten geschlossenen Wandflächen stets genügend Raum für die Integration der bildenden Kunst und der Schriftkunst mit Hieroglyphen: Eingefügte Schriftfelder, symbolisch-realistische Szenen in Relief und Wandmalerei, astronomische Darstellungen und prachtvolle archaische Skulpturen zeugten in ihrer Vollkommenheit vom komplexen Denken der ägyptischen Hochkultur, deren Erbe in der koptischen Kunst und Architektur fortlebte. Zudem übte die ägyptische Architektur starken Einfluss auf die architektonische Entwicklung Afrikas aus ( siehe afrikanische Kunst und Architektur). 8 ASIATISCHE HOCHKULTUREN 8.1 Indien Die traditionelle hinduistische Steinarchitektur ging bei der Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes der Gebäude eine enge Verbindung mit der Skulptur ein. Geometrische Formen oder strukturierende Elemente wurden dagegen nicht angestrebt, und auch die Größe des errichteten Bauwerks spielte nur eine untergeordnete Rolle. Ein spezifisch indisches Kultmal ist der halbkugelförmige Stupa, der erstmals zwischen dem 3. Jahrhundert v. Chr. und dem 1. Jahrhundert n. Chr. unter buddhistischem Einfluss in Sanchi bei Bhopal in Mittelindien gebaut wurde. Er bildet den Grundstein der buddhistischen Tempelarchitektur. Die Heiligtümer, Höhlentempel und Klöster in Ellora und Ajanta nordöstlich von Mumbai bestehen aus mehreren großen Höhlen, die über viele Jahrhunderte hinweg von Menschenhand in den Felsen gehauen wurden. Später ging man vom Behauen der Felsen zur Konstruktion eines Gebäudes aus Stein über, wobei jedoch die zu behauende Steinmasse wichtiger blieb als der Raum, den dieses Gebäude umschloss. Hinduistische Tempel finden sich in ganz Indien, besonders im Süden und im Osten, wo der Einfluss der islamischen Mogul-Herrscher weniger einflussreich war. Siehe auch indische Kunst und Architektur; Hinduismus; Buddhismus 8.2 Südostasien Die bekannteste Tempelanlage in Südostasien ist Angkor Wat (wat: Tempel), zu Beginn des 12. Jahrhunderts unter der Khmer-Dynastie im Nordwesten Kambodschas erbaut. Die Gesamtanlage ist ein reich mit Skulpturen verzierter, teilweise bis zu 61 Meter hoher Komplex, der vollständig aus Stein errichtet wurde und über eine 183 Meter lange Zeremonienbrücke erreichbar ist, die einen rundum laufenden Graben überspannt. Buddhistische Bautraditionen, die häufig über China in das Land kamen, sind besonders in Myanmar, Thailand und Malaysia sowie auf Java und in Sri Lanka zu beobachten. Die reich verzierten Tempel und Heiligtümer in der Königspalastanlage Wat Arun in Thon Buri (Bangkok) wurden um 1770 errichtet und zeugen von der fortdauernden Lebendigkeit dieser Kultur. Siehe auch buddhistische Architektur 8.3 China Der strenge Grundriss des chinesischen Hauses resultiert direkt aus dem hierarchisch organisierten Leben der Familie. Dabei spielt das traditionelle Ritual der Verehrung der Vorfahren eine große Rolle (siehe Ahnenkult): Das Haus wird auf einem rechteckigen Fundament, wenn möglich an der Nordseite eines ummauerten Hofes errichtet und ist von der Südseite aus zugänglich; weitere Wohnelemente werden symmetrisch auf beiden Seiten dieser Nord-Süd-Achse angelegt. Diese Anlage war auch das Grundmuster der chinesischen Städteplanung und maßgeblicher Bauten wie Klöster, Paläste und herrschaftlicher Häuser. Die chinesische Hauptstadt Peking entstand über einen Zeitraum von 1 300 Jahren hinweg unter verschiedenen Dynastien. Peking setzt sich aus zwei abgegrenzten Stadtteilen zusammen: In der Inneren Stadt befindet sich die Kaiserstadt, in der wiederum die Verbotene Stadt liegt. Sie bot dem kaiserlichen Hof und der kaiserlichen Familie Schutz. Die gesamte Anlage folgt dem Prinzip strenger, an einer großen Nord-Süd-Achse ausgerichteten Symmetrie. Stein, Ziegel, Fliesen und in beschränktem Umfang Holz standen in China traditionell als Baumaterialien zur Verfügung. Die Wände haben keine tragende Funktion und dienen lediglich der Abgrenzung des Raumes. Die gesamte Last des offenen hölzernen Dachstuhles, der sich in mehreren Stufen aufbauen kann, ruht lediglich auf den Ecksäulen. Das Dach selbst ist mit farbig glasierten Keramikziegeln gedeckt. Siehe auch chinesische Kunst und Architektur; koreanische Kunst und Architektur 8.4 Japan Die traditionelle japanische Wohnhausarchitektur versucht, die natürlichen Elemente zu integrieren ( siehe Feng Shui). Erde, Wasser, Steine und Bäume sollen in ein geordnetes Verhältnis gebracht werden, um in der Architektur die kosmische Ordnung abzubilden. Der Katsura-Palast (erste Hälfte des 17. Jahrhunderts) wurde nach eben diesen Vorstellungen von einem Meister der Teezeremonie entworfen. Der Bau ist eine sorgfältig durchdachte Baufolge mit weiten Ausblicken in die Umgebung. So will man ein ausgeglichenes Verhältnis von umbautem Raum und Gartenanlage erreichen. In Japan gab es schon sehr früh ausgereifte Prototypen im Holzbau. Der Schrein von Ise an der Küste südwestlich von Tokyo stammt aus dem 5. Jahrhundert und wird im 20-jährigen Rhythmus regelmäßig erneuert. Das Hauptgebäude ist ein Schatzhaus aus Holz und auf Holzpfeilern errichtet, die in den Boden versenkt sind. Ein strohgedecktes Satteldach bedeckt den Bau. Siehe auch japanische Kunst und Architektur 9 AMERIKA Zur präkolumbischen Architektur Amerikas siehe präkolumbische Kunst und Architektur; Maya; Azteken; Inka. 10 GRIECHISCHE ANTIKE Monumentalität und Pathos sind die kulturellen Leitideen antiker Architektur, was sich gerade im Tempelbau niederschlägt. Im Gegensatz zu den ägyptischen Grabtempeln entstanden die griechischen Tempel nicht aus dem Totenkult. Sie dienten sowohl religiösen als auch repräsentativen Zwecken. Die frühesten dieser Tempel stammen aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. und wurden auf Samos entdeckt (Heratempel). Andere und eher einfache Tempel finden sich auf Kreta. Diese waren bereits vom Fundament her über einem niedrigen Sockel aus Bruchstein errichtet und holzgedeckt. Die ältesten bekannten Tempel aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., die ausschließlich aus Stein errichtet waren, sind zum einen der Apollontempel in Korinth und zum anderen das so genannte Heraion in Olympia, beide also auf dem griechischen Festland. Siehe auch griechische Kunst und Architektur 10.1 Säulenordnungen Man unterscheidet neben dem ganz schmucklosen archaischen Typus drei weitere Säulenordnungen: die dorische, die ionische und die korinthische. Anhand dieser stilistischen Merkmale lassen sich antike Bauwerke und Tempel sehr gut datieren. 10.2 Tempel Der griechische Tempel diente in seiner Funktion als Herberge und Schrein für das Kultbild. Dieses wurde jedoch im Tempelinneren nur bewacht, aber nicht angebetet. Der Gottesdienst fand im Freien vor den Tempelbauten statt. Der wohl berühmteste Tempelbau, nämlich der Parthenon auf der Akropolis in Athen, ist zugleich das Stadtsymbol der griechischen Metropole. In seiner unkonventionellen Form krönte der Tempel das zentrale Heiligtum der griechischen Antike, nämlich die der Göttin Athene geweihte Burganlage. Teilweise sind die Säulen durch gleich hohe stehende weibliche Figuren (Karyatiden) geziert, deren ausladende Frisuren meisterhaft in die Kapitelle hineingearbeitet wurden, so dass die Last des Gebälks scheinbar mühelos auf den Köpfen der Statuen ruht. Die Tempelanlage auf der Akropolis ist maßgebend für die Architekturornamentik, den so genannten ionischen Stil, der sich durch üppige Formen und schmuckhafte Gliederung auszeichnet. Dieser ist häufig im östlichen Griechenland anzutreffen (etwa beim Heratempel auf Samos und beim Tempel der Artemis in Ephesos, um 480 v. Chr.). Im süditalienischen Großgriechenland herrschte zeitgleich die strenge, klassische Ordnung des dorischen Stils. Vor allem dieser prägt das heutige Bild von der griechischen Architektur aus blendend weißem Marmor und klaren geometrischen Formen. 10.3 Theater Im 4. Jahrhundert v. Chr. setzte der griechische Theaterbau ein. Aufgrund der stärkeren Zweckgebundenheit des Bauwerks durchmischten sich der dorische und der ionische Stil. Das Theater als religiöse Schaubühne wurde in der griechischen Polis zur staatlich subventionierten Institution. Eines der größten und berühmtesten Theater, das DionysosTheater in Athen am Südhang der Akropolis, lässt aufgrund der Funde die Rekonstruktion eines Baus mit etwa 2 000 Sitzplätzen zu. Noch größer ist das Theater in Epidauros (entstanden um 300 v. Chr.) mit 14 000 Sitzplätzen, terrassenförmig aufsteigenden Kalksteintreppen (Kerkides), die konzentrisch um die Bühne (Skene) und den Chorraum (Orchestra) angeordnet waren. Solche Amphitheater finden sich in der gesamten antiken Zeit im griechischen, römischen und kleinasiatischen Raum. Die geometrisch angelegten Theaterrundbauten bilden noch heute das Vorbild für zeitgenössische Theaterbauten und vor allem für Konzertsäle, da sich die Akustik bewährt hat. Die wichtigsten Funde griechischer Architektur ereigneten sich um die Wende des 20. Jahrhunderts. Bereits in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts entdeckte der deutsche Ingenieur Carl Humann den bis heute größten Baukomplex, den Burgberg von Pergamon. Die archäologischen Grabungen dauerten bis um 1930 (einzelne Untersuchungen sind bis heute nicht abgeschlossen) und legten einen vollständigen hellenistischen Herrschersitz in Verbindung mit Kult- und Opferstätten sowie eine Theateranlage frei. Der Osten war der Altarterrasse sowie dem berühmten Pergamonaltar vorbehalten, der um 180 v. Chr. erbaut wurde. Die gesamte Anlage wurde in erstaunlich kurzer Zeit errichtet. Quellen zufolge muss dies innerhalb eines knappen Jahrhunderts geschehen sein; dazu kommt, dass die Pergamon-Anlage einen Markstein der Entwicklung einer neuen hellenistischen Kunst bildet: die großzügige Bebauung, die terrassenförmige Anlage der Baukörper sowie die Bemächtigung der Natur sind die wichtigsten architektonischen Kriterien. 11 RÖMISCHE ANTIKE Hellenismus und griechische Kultur, ihre Errungenschaften in Stadtplanung und Kunstentwicklung waren international bedeutsam. Bis in die Renaissance und den Klassizismus wurden antike Formelemente gerade in der Architektur immer wieder aufgenommen ( siehe Eklektizismus) und weiterentwickelt. Mit der Befreiung der Römer aus der Herrschaft der Etrusker (6. Jahrhundert v. Chr.) setzte die kontinuierliche Erstarkung des Römischen Reiches ein, das in einem fortdauernden Siegeszug bis zum 3. Jahrhundert den gesamten Mittelmeerraum eingenommen hatte; unter der Regierung Caesars und Augustus' folgten die europäischen Territorien. Das römische Weltreich erlangte schließlich unter Trajan im 1. Jahrhundert n. Chr. seine größte Ausdehnung, bevor es im 5. Jahrhundert zerbrach. Diese Expansionsmacht forderte die Weiterentwicklung der griechischen Vorbilder von Architektur und Städtebau. Das neue Bauen war durch eine zweckbestimmte Konzeption von Technik und Repräsentation geprägt. Tempel, Basiliken, Thermen und Theater säumten die weiten Plätze (Foren) der römischen Städte und auch das originäre Wohnhaus (domus) war zunehmend bedeutsam. Das Einfamilienhaus nach griechischer Tradition, wie es auch in der islamischen Architektur anzutreffen ist, verfügte über einen von Säulenhallen umgebenen Hof (Peristyl) und meist mehrere Gärten, die von verschiedenen Seiten an die einzelnen Wohnräume heranreichten. Ein sehr gut erhaltenes Beispiel ist die Casa del Fauno in Pompeji, entstanden wohl um das 2. Jahrhundert v. Chr. Durch den Bau von Straßen, Brücken, Aquädukten und Stadtmauern erhielten die Stadtanlagen ein strukturiertes Stadtbild. 11.1 Bogen Die hellenistische Bauordnung wurde um das von nun an entscheidende Element des Bogens erweitert. Er wurde auch im Bau von Tempeln, Basiliken und anderen öffentlichen Bauten umgesetzt. Der Bogen dient der stützenlosen Überspannung von Öffnungen im (Ziegel-)Mauerwerk und vermag so die Säule mitsamt des Kapitells zu ersetzen. Es kommt zu neuen Gliederungsprinzipien der Fassaden, da der Bogen zum einen das mehrgeschossige Bauen erlaubt, zum anderen ein willkommenes Bindeglied zwischen verschiedenen Gebäudeteilen oder gar Baukörpern herstellt. Seit dem 2. Jahrhundert diente der Bogen ornamentalen und repräsentativen Zwecken: Römische Feldherren (Imperatoren) setzten sich anlässlich ihrer Regierungsjubiläen oder siegreicher Feldzüge in Form des Bogens selbst ein Denkmal (z. B. Trajansbogen im algerischen Timgad, Ende des 2. Jahrhunderts). 11.2 Basilika Die Basilika (griechisch: Königshalle) bot einen neuen Bautyp und bildete eine lang gestreckte Halle zum Zwecke von Märkten und Gerichtsverhandlungen. Zudem lieferte sie den Grundtypus der ersten christlichen Kirchen (siehe frühchristliche Kunst und Architektur). Die älteste bekannte Basilika in Europa wurde wohl 184 v. Chr. erbaut und findet sich in Rom (Basilica Porcia). Ebenfalls dort ist die Konstantins-Basilika (315 n. Chr.) auf dem Forum Romanum. Außerhalb Europas repräsentiert die 636 erbaute Gajanekirche in Armenien das älteste Beispiel einer Kuppelbasilika ( siehe armenische Kunst und Architektur). Das Forum, ein meist rechteckiger Platz inmitten der römischen Stadt, bildete deren neues Zentrum und diente als Marktplatz sowie als Versammlungsort. Das Forum Romanum war Zentrum des politischen und religiösen Lebens und Stätte mehrerer Tempel, Basiliken, Markthallen und Triumphbogen. Als eine selbständige Einheit innerhalb der Stadt bildeten die Marktplätze den Veranstaltungsort politischer und zeremonieller Schauspiele und des Lebens der Großstadt. 11.3 Thermen Thermen spielten im öffentlichen Leben der Antike eine besondere Rolle. Es gab Badeanlagen, die der breiten Öffentlichkeit zugänglich waren, sowie Privatanlagen. Zur Zeit des Kaisers Augustus existierten allein in Rom 170 Bäder. Antike Bäder boten nicht nur Mosaikkünstlern eine willkommene Gelegenheit zur prachtvollen Ausgestaltung der großflächigen Anlagen. Betrieb und Instandhaltung forderten auch technische Betreuung und Entwicklung: Große Baumassen mussten bewältigt und die Räumlichkeiten ansprechend gestaltet werden. Die Erfindung des Gussbetons erlaubte schließlich die Ausführung von weit gespannten Gewölben sowie die Errichtung tiefer Becken, die entsprechende Wassermengen fassten. Beispiele sind die Thermen Caracallas und Diokletians. 11.4 Theater Der römische Theaterbau wurde gegenüber dem hellenistischen Prototypen stark weiterentwickelt. Zwar wurden alle wichtigen Elemente des griechischen Amphitheaters übernommen, der Innenraum jedoch zu einem vollwertigen Gebäude umfunktioniert. Vor allem die Arkaden waren wichtig, da hier ein Sonnensegel über dem Zuschauerraum gespannt werden konnte, das die Besucher vor allzu starker Sonneneinstrahlung schützte. Dazu kam die Erweiterung des Theaterprogramms. Auf dem Spielplan standen in hellenischer Zeit vorwiegend Dramen und Komödien. Das römische Publikum ließ sich vor allem durch Gladiatorenkämpfe (seit etwa 150 v. Chr.) begeistern. Wachsende Besucherzahlen zwangen zur Erweiterung des Sitzplatzkontingents, und man baute das halbkreisförmige Amphitheater zur ovalen Arena um. Ein eindrückliches Beispiel ist das Kolosseum, das um 70 n. Chr. unter Vespasian gebaut wurde. 11.5 Gewölbe Bogen und Gewölbe erweiterten erneut das architektonische Formenrepertoire. Die Variationsbreite fand ihren Höhepunkt im bekanntesten Tempelbau der römischen Antike, dem Pantheon in Rom. Der zwischen 118 und 128 n. Chr. unter Hadrian erbaute Rundbau ist besonders berühmt für die halbkreisförmige Kuppel aus Gussbeton. 11.6 Villen Die sehr gut erhaltene Anlage der Hadriansvilla in Tivoli belegt den Stand bautechnischen Fortschritts und architektonischer Reife des Römischen Reiches im 1. Jahrhundert n. Chr. Der gesamte, sich idyllisch in das Umland eingliedernde Komplex besteht aus mehreren Wohnräumen, Wandelhallen, Thermen, Bibliotheken, Terrassen und Wasserspielen sowie einer Inselvilla. Alle Blickachsen leiten den Blick durch reich verzierte Bogen in die umliegenden Gärten. Siehe auch römische Kunst und Architektur 12 CHRISTLICH-RÖMISCHE ANTIKE Die Anerkennung des Christentums durch das Edikt von Mailand unter Kaiser Konstantin schuf die rechtlichen Voraussetzungen für eine die christliche Religion repräsentierende Architektur. Im Wesentlichen sind es zwei Grundtypen, an denen sich die christliche Sakralbaukunst orientierte, nämlich Basilika und Zentralbau. ,,Haupt und Mutter aller Kirchen" war die 313 n. Chr. von Konstantin gestiftete Basilika San Giovanni in Laterano in Rom, der wegweisende Gründerbau der frühchristlichen Basilika. Die Basilika, ehemals Markthalle, wurde nun in allen Bauteilen und Bauelementen der neuen liturgischen Funktion untergeordnet. Alle Teile leiten den Blick auf den Altarraum, der so eine starke spirituelle Wirkung erhält. Gleichermaßen verhielt es sich mit den Zentralbauten, die besonderen Kultaufgaben vorbehalten waren, wie etwa Baptisterien und Mausoleen. Die hellenistischen Bautypen (Achteckbauten, Thermenanlagen und Ähnliches) waren Vorbilder späterer christlich-römischer Sakralbauten. Santa Constanza in Rom wurde um 398 n. Chr. ursprünglich als Mausoleum erbaut. Der rund angelegte Grundriss wurde kreuzförmig aufgeteilt. Somit bekam der Bau eine christliche Gestalt. 13 FRÜHES MITTELALTER Das Mittelalter bot kein einheitliches Epochenbild. Vielmehr müssen Parallelentwicklungen in der byzantinischen, irisch-angelsächsischen, karolingischen und schließlich ottonischen Kunst- und Kulturgenese beobachtet werden. Da gemeinsam in Werkstätten und Skriptorien (Schreibschulen) gearbeitet wurde, die in einen Klosterbetrieb integriert waren, können die wenigsten Kunstwerke konkreten, namentlich bekannten Künstlern zugeordnet werden. Eher sind die Stifter bekannt, welche die jeweiligen Artefakte in Auftrag gaben bzw. finanzierten. 13.1 Sakralbau Die mittelalterlichen religiösen Bauwerke zeigten unabhängig von ihrer geographischen Lage eine sehr strenge, geometrische Formensprache. Im Westen ist die unter Kaiser Justinian errichtete Kirche San Vitale in Ravenna (526-547) das bekannteste Beispiel frühmittelalterlicher Bautätigkeit. Auch hier sind die Wände des achteckigen Hallenbaus mit einem geschlossenen Mosaikprogramm überzogen. Im Zentrum steht die Szene der Eucharistie (Abendmahl), um die sich Sequenzen aus dem Alten und Neuen Testament gruppieren. Ebenfalls in justinianischer Zeit entstand die wohl großartigste religiöse Bauanlage von Konstantinopel, die Hagia Sophia. Besonders der Kuppelaufbau verleiht der Kirche ihre Monumentalität und ihre Größe. Am unteren Abschluss sind in die Kuppel vierzig Fenster eingearbeitet, die den Innenraum mit natürlichem, diffus einfallendem Licht ausleuchten. Mosaik und Fresko sind Kunstformen, die notwendig mit architektonischen Kunstwerken verbunden und gerade in der mittelalterlichen Kunst von großer Bedeutung waren. Diese Bilderarchitekturen stellten den inhaltlichen Zusammenhang von Bau und Schmuck her und verbanden architektonische Form und Gestalt. Nicht zuletzt darum ist die Architektur neben der Buchmalerei die wichtigste der mittelalterlichen Künste. Die Innenraumgestaltung der westlichen mittelalterlichen Kirchenbauten ist gegenüber denen der byzantinischen Architektur weit weniger prunkvoll. Allenfalls im Mittelmeerraum finden sich solch prächtige Mosaikzyklen und Apsisfresken wie im byzantinischen Raum, auch sind die Farben wesentlich gedeckter. 13.2 Klöster Neben der Errichtung von Kirchen war der Bau von Klosteranlagen besonders wichtig. Klöster galten als Zentren des kulturellen Lebens, als mittelalterliche Hochburgen künstlerischer Produktion. Der älteste überlieferte Grundriss einer mittelalterlichen Klosteranlage, des Klosters Sankt Gallen, beschreibt die Form und Funktion der einzelnen Gebäude sowie die Organisation des Gemeinwesens der Benediktiner. Um die Basilika gliederten sich unmittelbar die Gebäude für die Mönche an: der Kreuzgang, das Dormitorium (der Schlafsaal), das Refektorium (der Speisesaal), die Küche sowie diverse Kammern. Diesen innersten Kern der Anlage umgaben weiter das Abtshaus, Häuser für Gäste und Gesinde, Stallungen, Scheunen und Lagerräume, daneben Werkstätten, die Schule, Krankenstationen, Gärten und schließlich der Friedhof. 14 BYZANTINISCHE ARCHITEKTUR Die byzantinische Architektur des Mittelalters blieb im Gegensatz zum Westen weitgehend konstant. Der bevorzugte Bautypus war die Kreuzkuppelkirche wie die Marienkirche im Kloster Hosios Lukas (in Böotien, 11. Jahrhundert) und auch die Klosterkirche Daphni bei Athen (spätes 12. Jahrhundert). Der Baukorpus wurde stets so filigran wie möglich errichtet. Diese entmaterialisierte Atmosphäre wird durch das Licht noch gesteigert, welches durch die mehrteiligen Fenster auf die Mosaiken und mit Marmor verkleideten Fenster fällt. Die Fassade des Kreuzkuppelbaus spiegelt ihr Inneres: Das äußere Erscheinungsbild der Kirche wirkt leicht und harmonisch. Die byzantinische Architektur brachte auch zum späten Mittelalter hin wenig Neuerungen; vielmehr gewannen ältere Bautypen erneut an Aktualität: Die Klosterkirche von Athos (um 1300) erinnert wieder an die frühen Formen der Basilika. Die Aphendikokirche in Mistra (Anfang des 14. Jahrhunderts) verbindet Kreuzkuppelkirche und Basilika. Der äußeren Gestalt der byzantinischen Kirche wird weit größere Aufmerksamkeit beigemessen als ihrem Inneren. Die Fassaden wurden durch Arkaden, Nischen und Bogen stark gegliedert, ferner durch die musterartige Verwendung verschiedener Materialien wie Hausstein, Ziegel und Mörtel zierlich gestaltet. 15 ROMANIK Gerade die von 1000 bis 1400 entstandenen Kunst- und Kulturdenkmäler entsprechen nicht der Legende vom ,,finsteren Mittelalter". Viele Kunstwerke, die zeitlich zusammengehören, sind völlig gegensätzlich. Außerdem fanden die Entwicklungsphasen innerhalb Europas nicht zeitgleich statt: Mit der Errichtung der Abteikirche in SaintDenis wurde um 1150 die gotische Architektur in Frankreich begründet. In Italien wurde noch im 13. Jahrhundert romanisch gebaut ( siehe italienische Kunst und Architektur), in Portugal und in Apulien sogar noch im 14. Jahrhundert. Die Datierung der stilistischen Übergänge von der Romanik (etwa 1000-1150) zur Gotik sind also geographisch verschieden. Dies hängt von den politischen Gegebenheiten des einzelnen Landes ab. Gleiches gilt für den Profanbau, z. B. das Fachwerk. 15.1 Romanischer Sakralbau Romanik und frühes Mittelalter unterschieden sich nicht durch jeweils individuelle Bautypen. Man verurteilte aber allen Schmuck, alles Prachtvolle und Ornamentale. Charakteristisch ist das 1115 von Bernhard von Clairvaux gegründete Zisterzienser-Kloster von Clairvaux, dessen Schlichtheit unübertroffen ist: Mächtige Turmaufbauten fehlen ebenso wie prachtvolle Fassaden oder Bauplastiken. Dadurch wirkt das Kircheninnere schlicht. Nichts lenkt von der heiligen Atmosphäre des Ortes ab. Siehe auch Zisterzienserbaukunst Geometrie und Proportion gehörten durch das Studium antiker Schriften zum klassischen Bildungsgut. Besonders romanische Kirchen sind gerade deshalb auffallend klar und geometrisch gegliedert. Nicht selten sind noch römische Maßeinheiten anzutreffen; die Abteikirche von Cluny (Burgund) wurde z. B. unter Verwendung der Maßeinheit von fünf römischen Fuß entworfen. In Cluny wurde bereits der für die Gotik charakteristische Spitzbogen gebaut. 15.1.1 Chor Die Grundrisse romanischer Kirchen beruhen weitgehend auf der Tradition der dreischiffigen Basilika mit der Apsis im Osten. Neu war jedoch die Entwicklung des Chores: Im Osten des Baukörpers wurde die traditionelle Apsis durch mehrere kleinere ersetzt. Dies geschah aus liturgischen Gründen: In diesen neuen Nischen, Kapellen oder Apsiden wurden Reliquien und Schreine aufgestellt, an die Pilger herantreten und ihre Gebete vortragen konnten. Darum musste der Ostteil ausgebaut werden. Aus dem gleichen Grund wurde die ehemals kleine und dunkle Krypta (unterirdische Grabanlage unter der Apsis) nun zu einer hellen unterirdischen Halle konzipiert, die ebenfalls größere Menschenmengen aufnehmen konnte. 15.1.2 Kuppel und Gewölbe Der verstärkte Bau von Kuppeln und Gewölben übernahm eine dekorative Funktion. Die einfachste Konstruktion ist das so genannte Tonnengewölbe. Kreuzen sich zwei solche Tonnen (an der Vierung von Lang- und Querhaus), spricht man von einem Kreuzgratgewölbe ( siehe Bogen und Gewölbe). Im deutschen Raum finden sich vermehrt auch ausgefeiltere Gewölbeformen. Der zu den bedeutendsten Werken der romanischen Baukunst in Deutschland zählende Dom zu Speyer (Ende des 11. Jahrhunderts) und die Benediktinerabtei Maria Laach (1230 geweiht) zeigen verschiedene Gewölbesysteme, u. a. das Rippengewölbe: Hier wurde das Gewölbe mit nicht tragenden Schmuckrippen geziert, die teilweise sogar frei unterhalb der Gewölbeschale verlaufen. Eine andere regionale Besonderheit weisen die toskanischen Kirchenbauten auf, deren Erbauer sich stark an antiken Traditionen orientierten und daher prachtvolle Marmorbauten errichteten. Diese zeigen meist Fassaden mit besonders kräftigen Farben (z. B. San Miniato al Monte in Florenz). Mit der Pilgerbewegung wurde der romanische Stil bis nach Spanien überliefert (Wallfahrten zum Grab des heiligen Jakobus sind beispielsweise seit 951 belegt; siehe Jakobsweg). In Santiago de Compostela wurde der aus dem Islamischen übernommene und eher dekorative Regionalstil mit den Charakteristika des romanischen Kirchenbaus wie Doppelturmfassade, Krypta und Chorumgang kombiniert. Die romanischen Kirchen Englands weisen dagegen eindeutig normannische Einschläge auf und zeugen von einem in Europa einzigartigen Erfindungsreichtum: So verfügten viele im 11. Jahrhundert errichtete Kirchen über einen viergeschossigen und ganz mit Rippen gewölbten Aufbau, und die Kathedrale von Durham war die erste vollständig mit Kreuzrippen überdeckte Kirche Europas. Die anglonormannische Schule breitete sich in Kombination mit deutschen Bauelementen bis nach Schweden, Norwegen und Dänemark aus (z. B. Frauenkirche in Kalundborg, um 1170). Außerhalb Europas jedoch blieb der Sakralbau von den romanischen Architekturentwicklungen gänzlich unberührt. 15.1.3 Kapitelle und Portale Die für die Romanik charakteristische Reduktion von Schmuck und Ornament bedeutete keinen gänzlichen Verzicht auf die Bauplastik. Die Steinmetze schmückten die Kapitelle und belebten sie durch Figuren: Menschen, Tiere und auch Phantasiegebilde, vor allem Fabelwesen und verzerrte Figuren (Grotesken), ja sogar Monster bzw. Mischwesen, zierten nun die Säulenabschlüsse. Im 11. Jahrhundert gewann das Portal einer Kirche immer mehr an Bedeutung und wurde zum Träger eines ausgefeilten bildhauerischen Programms. In Italien, Toulouse und in Burgund waren Bildhauerschulen ansässig. Diese Zentren entwickelten die stetig größere Plastizität der Figuren: Durch Rundung, Faltenwurf der Gewänder und natürliche Gesichtszüge wurden die steinernen Figuren realistisch. Häufig wurden sie in Nischen oder als zusammenhängende Gruppen in die Archivolten (die Bogenläufe um das Portal herum) eingefügt und erzählten Szenen aus der Bibel. Der Dom zu Pisa (1063-1170) dokumentiert mit seiner Kuppel, den Blendarkaden und den offenen Galerien den Wunsch nach Öffnung der monumental wirkenden Baumassen. Die Wandgefüge sollten geöffnet und das Kircheninnere durch Tageslicht ausgeleuchtet werden. Diese Ziele verfolgte die gotische Baukunst. Siehe auch romanische Kunst und Architektur 16 GOTIK Der Stilbegriff der Gotik erinnert an die steilen Spitzbogen, die in Abwandlung des romanischen Rundbogens durch einen Knick im Scheitel entstanden sind, und besonders an die durch hohe Fenster und Rosetten durchbrochenen Fassaden. Die Fensterrosen dominierten die Fassaden fast jeder Kathedrale. Seit 1240 waren die Architekten der Gotik in der Lage, die Fenster so groß zu arbeiten, dass zwischen ihnen und den Gewölben keine blinden Wandzonen mehr standen. Der Spitzbogen erlaubte zudem die entscheidende Erweiterung des Gewölbeprogramms. Dadurch ist der gotische Baustil flexibel, variantenreich und gegenüber der Romanik geradezu spielerisch. Die Gotik bildet kunst- und geistesgeschichtlich den Höhepunkt und Abschluss des christlichen Mittelalters. Hier vereinen sich hohes technisches Können, künstlerische Inspiration und eine intellektuelle Hinwendung zu Spekulation und Mystik. 16.1 Glasmalerei Diese mystischen Elemente spiegeln sich am wirkungsvollsten in der Glasmalerei. Sie ist der bedeutendste Beitrag Frankreichs zur gotischen Architektur. Quellen berichten bereits um 1000 von bunten Fenstern. Die Blütezeit der Glasmalerei liegt jedoch im 13. Jahrhundert. Viele Glasfenster sind nur als Reproduktionen erhalten. Die Fenster wurden zunächst mit Ornamenten geziert, die dann in Rauten und Vierecke, Vierpässe und Medaillons umgewandelt wurden. Mit der Zeit wurde das Kirchenfenster zum Träger eines immer komplexeren Bildprogramms. Das einfache Volk, das nicht lesen konnte, verfolgte in den Glasbildern die Erzählungen der Heiligen Schrift. Daher zeigen die Fenster oft Propheten und Heilige, Szenen aus dem Leben Christi und andere wichtige Auszüge aus dem Alten und Neuen Testament. Die tragende Farbe des Mittelalters ist Blau, der Farbsymbolik gemäß die Farbe des Himmels. Dazu kommen Rubinrot und ferner Gold. Andere Farben wie Türkis und Weiß spielten eine untergeordnete Rolle. Die durch das einfallende Tageslicht erzielte Leuchtkraft der Fenster wurde von den Zeitgenossen (z. B. Thomas von Aquin) mit der wirkenden Macht Gottes gleichgesetzt; das Licht steht stellvertretend für Gottes Inspiration und Schöpfung aufgrund der in der Genesis überlieferten Schöpfungsgeschichte: ,,Fiat lux!" - ,,Es werde Licht!" 16.2 Ordenskirchen Die gotische Architektur wurde maßgeblich durch die Kunstentwicklungen in den Mönchsorden beeinflusst: Die Architektur der Zisterzienser verzichtete auf den Prunk des Ornaments (siehe Zisterzienserbaukunst). Auch die Architektur der Bettelorden wie Franziskaner und Dominikaner unterlag der Einfachheit, Strenge und Schlichtheit: Weitgehend wurde daher auf Malereien, geschmückte Fenster und anderen Dekor verzichtet ( siehe Jesuitengotik). 16.3 Profan- und Städtebau Im Gegensatz zur Romanik sind aus gotischer Zeit auch viele Zeugnisse eines regen Profan- und Städtebaus überliefert. Gerade Residenzen, also Wohnsitze weltlicher Herren, sowie Schlösser und Burgen des Adels zeigen gotische Bau- und Stilelemente. In England (z. B. Convay Castle, 1248 von Henry Elreton erbaut) und Deutschland sind weit mehr gotische Profanbauten erhalten als in Frankreich. Auch im Mittelmeerraum finden sich gotische Profanbauten, z. B. das auf einem achteckigen Grundriss errichtete Jagdschloss Castel del Monte in Apulien. Das Warenhaus ist eine gotische Neuerung, die besonders in Flandern vorangetrieben wurde. Rathäuser und Kaufhallen (z. B. die Tuchmacherhalle in Brügge) prägten das Stadtbild. Die Türme dieser öffentlichen Gebäude erinnern auch an den venezianischen Palastbau, dem innerhalb der gotischen Bautätigkeit eine Sonderrolle zufiel: Gerade die Außenfassade des Dogenpalasts (Palazzo Ducale) in Venedig ist stark zergliedert. Die Arkadenbogen, Zwillingsfenster und die geschlossenen Wandflächen wurden mit rautenförmigen Mosaiken verziert und durch symmetrisch angelegte Spitzbogenfenster unterbrochen. Siehe auch Gotik 17 RENAISSANCE Zu den wesentlichen Errungenschaften der Neuzeit gehörte die Entdeckung, dass die visuelle Wahrnehmung des Raumes strengen Gesetzmäßigkeiten unterworfen ist. Dies stand im engen Zusammenhang mit der Entdeckung der Perspektive in der Malerei und Graphik. Die Kunst der Frührenaissance widmete sich dem Ziel, den Raum möglichst exakt wiederzugeben. Perspektive wurde zur Wissenschaft. In keiner anderen Epoche der Kunst waren Wissenschaft und bildende Kunst so vereint wie in der Renaissance. Dies hatte für die Architektur weit reichende Folgen. Der einflussreiche Architekturtheoretiker Leon Battista Alberti verfasste 1451 den Traktat Über die Baukunst. Diese seit Vitruv wichtigste Abhandlung zu den Merkmalen und Richtlinien der Architektur sowie zu den Aufgaben des Architekten formulierte drei wesentliche Kriterien: 1. die Harmonie des Gesamtbaus und seiner einzelnen Teile; 2. der Bau soll bereits hinsichtlich der verwendeten Materialien schmückend sein, was ebenso für alle Elemente (Fenster, Ornamente etc.) sowie für die Proportionen der Einzelformen (Symmetrie, Harmonie) gilt; 3. die zeitgenössischen Baumeister sollen sich an den Relikten der antiken Architektur orientieren, da bereits hier formvollendete Bauten errichtet worden seien. 17.1 Sakralbau In der Gliederung in wohlproportionierte Flächen ist die Ausrichtung an der Antike deutlich erkennbar. Das neue Bauen der Renaissance beanspruchte eine gewisse Leichtigkeit, ohne jedoch auf Materialität gänzlich zu verzichten. Im Gegensatz zum gotischen Stil wurden wieder geschlossene Flächen betont. Alle Elemente, sogar Pfeiler, wurden plastisch ausgebildet. Säulen und Pfeiler wurden konsequent symmetrisch angeordnet und oft durch Rundbogen verbunden. Diese Entwicklungen sind auch nördlich der Alpen zu beobachten. 17.1.1 Kuppelbauten Das Hauptwerk des Florentiner Architekten Filippo Brunelleschi ist die Kuppel (1436) des Domes von Florenz (Santa Maria del Fiore). Sie wurde zum Prototyp weiterer bedeutender Kuppelbauten (z. B. Michelangelos Kuppel für den Petersdom in Rom, 1547). Von Donato Bramante stammt die Kirche Santo Spirito in Florenz (begonnen 1434), deren Anlage sehr harmonisch und ausgewogen ist. Alles dient hier einer zentralisierenden Raumkonzeption; jedes Einzelelement steht zu einem anderen in Beziehung. 17.1.2 Hallen- und Zentralkirche Die Architekten strebten im 15. Jahrhundert nach einer Raumwirkung, die nicht erst beim Durchschreiten erfahrbar wird. Der Innenraum von Santa Maria Presso San Satiro in Mailand, die Donato Bramante seit etwa 1480 ausbaute, ist im Augenblick des Eintretens mit einem Blick erfassbar. Hier wurde sogar mit den Mitteln illusionistischer Malerei gearbeitet, um den Eindruck eines konsequent regelmäßigen Zentralbaus zu erzeugen. Ein Meisterwerk der Zentralbaukunst ist Bramantes Tempietto (italienisch: Tempelchen) im Klosterhof von San Pietro in Montorio in Rom (begonnen 1502) sowie die Konzeption des Petersdoms in Rom, der Hauptkirche der Christenheit. In England nutzte man die Klarheit des architektonischen Rahmens zu außerordentlich dekorativem Reichtum. Die Kapelle des Königs Heinrich VII. in Westminster Abbey zeigt ein kompliziertes Maßwerk aus Steinwölbungen mit herabhängenden Schlusssteinen ( siehe Perpendicular Style). 17.2 Profanbau In Florenz gehörte die Loggia dei Lanzi (1374 bis 1381 von Benci di Cione erbaut) und in Rom die Arkadenarchitektur des Palazzo della Cancellaria zu den bedeutendsten Profanbauten. Hier wurden die Maßgaben Albertis (siehe oben) hinsichtlich Ausgewogenheit und Harmonie des Ganzen vorbildlich erfüllt. Venedig wahrte dagegen die Traditionen des gotischen Palastbaus (Ca'd'Oro am Canal Grande, 1421-1440) und behielt neben der symmetrischen Anordnung auch das Dekorative der Fassaden bei. Die Stadtbauten von Florenz (z. B. Palazzo Rucellai, 1446 nach Plänen Albertis erbaut) und Rom (z. B. Palazzo Farnese, 1541 durch Michelangelo nach Plänen Antonio Sangallos vollendet) waren dagegen klassisch und auf die antiken Säulenordnungen von dorischer, ionischer und korinthischer Systematik bezogen. Die Bauten Andrea Palladios mit den über zwei Geschosse reichenden Säulen (siehe Kolossalordnung) stehen stellvertretend für die noch bis ins 19. Jahrhundert geschätzte Kühle und Wohlabgewogenheit. 18 MANIERISMUS Die Kunst und Architektur des Manierismus stand in einem gewissen Gegensatz zur klassischen Haltung der Renaissance. Häufig stellte er klassische und antiklassische Formen in eine kontrastierende Beziehung. Mit dem Stilmittel der Ironie sollten auch in der Architektur die Gesetze der Kunst in Frage gestellt werden. So suchten die Baumeister das traditionelle Zusammenspiel von tragenden und nichttragenden Elementen außer Kraft zu setzen, indem sie Säulen in Mauerverbände einarbeiteten (z. B. Biblioteca Laurenziana in Florenz von Michelangelo). Der Kunstschriftsteller und Architekt Giorgio Vasari integrierte in den florentinischen Uffizien (1560) einen sich in den Baukörper einschneidenden, tiefen Korridor. 19 BAROCK Die Barockarchitektur umfasste in ihrem Ursprungsland Italien einen Zeitraum von etwa 1600 bis 1760. In Europa lassen sich geographisch drei Zentren herausheben, nämlich Rom, Paris und Mitteleuropa. Von dort aus wirkten sich die barocken Tendenzen über fast ganz Europa bis in die russische Kunst und Architektur aus. Für Sakral- wie Profanbauten des Barock waren ähnliche Gesichtspunkte maßgeblich: Repräsentation, Monumentalität sowie die Integration von Architektur und Landschaft. Ein wesentliches Merkmal herrschaftlicher Repräsentationsarchitektur ist beispielsweise die Treppe, vor allem innerhalb des Schlossbaus. Von Johann Dientzenhofer (Schloss Weißenstein in Pommersfelden, 1711-1716) und Balthasar Neumann (Schloss Augustusburg in Brühl, 1741-1748) wurden berühmte Treppenläufe errichtet. 19.1 Sakralbau Der Kuppelbau des Petersdoms in Rom (siehe oben) zeigte die Bewegungsfähigkeit einer kolossalen Architektur. Daraus entstand ein neues künstlerisches Empfinden für dynamisches, kontrastreiches, zum Teil illusionistisches Bauen (siehe Scheinarchitektur), wie es gerade Michelangelo verwirklichte. Rom war die Wiege der Barockarchitektur. Ein Hauptvertreter war Lorenzo Bernini: Er gab dem Petersplatz seine heutige Gestalt, der das Bindeglied zwischen Kirche und Stadt darstellt. Unter dem Einfluss der Barockisierug von Sankt Peter stehen Kuppelbauten im Mittelpunkt aller sakralen Bauvorhaben (z. B. Santa Susanna, 1603, und Santi Martina e Luca, 1635; beide in Rom). Häufig ist die Symmetrie das wichtigste Gliederungsprinzip der kolossalen Bauten: Alles strebt zur Mitte der Fassade hin, das Portal ist nach vorne verlagert und durch einen Treppenaufgang noch stärker betont. Barocke Architektur war Wirkungsarchitektur, die gerne mit theatralischen Effekten spielte. Zur Steigerung der Wirkung wurde der sakrale Zentralbau wieder häufig gebaut, der sich besonders für Kuppelkirchen eignete. Beliebt waren Hell-Dunkel-Effekte im Innenraum, der durch die laternenartige Öffnung im Scheitel der Kuppel ausgeleuchtet wurde. Auch bei Theaterbauten dieser Zeit findet sich die ovale oder runde Gestaltung des Innenraums. Im Inneren der Kirche entstanden so genannte Rotunden: Der Hauptraum erhielt nun einen kreisrunden oder ovalen Grundriss, wie man ihn vom Pantheon her kannte. Wurden keine Neubauten errichtet, konnten sogar in bestehende gotische Kirchen Rotunden integriert werden. 19.2 Villen Das römische Stadtbild wurde vermehrt durch private Wohnsitze geprägt (z. B. Belvedere des Palazzo Falconieri von Francesco Borromini). Auch kleinere, bereits bestehende Stadtvillen wurden zu schlossähnlichen Baukomplexen erweitert, so etwa der Palazzo del Quirinale. 19.3 Frankreich Paris war ebenso ein Schauplatz der barocken Umgestaltungen: Hier orientierte man sich bevorzugt am französischen Schlossbau (Palais du Luxembourg, 1615 bis 1620 für Maria von Medici erbaut). Unter der die absolutistische Herrschaft vorbereitenden Regierung des Ministers Richelieu erlebte die Bautätigkeit in Frankreich einen enormen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung. Das antike Rom wurde zum Vorbild der künstlerischen Strömungen. Erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurden auch sakrale Bauwerke barockisiert. Der führende Architekt dieser Phase war der von Richelieu protegierte Jacques Lemercier. Inbegriff barocker Architektur ist die Schlossanlage Versailles, die inzwischen zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Residenz Ludwigs XIV. Die Schlossanlage stand ganz im Dienst des absolutistischen Repräsentationsbewusstseins und war Schauplatz für Festivitäten und Vergnügungsspektakel der Hofgesellschaft. Darum war der Schlossgarten von besonderer Bedeutung (siehe Gartengestaltung; Landschaftsarchitektur). Versailles wurde zum monumentalen Vorbild des Schlossbaus in ganz Europa. 19.4 Mitteleuropa In Mitteleuropa entfaltete sich die barocke Baukunst vor allem in den katholischen Ländern des heutigen Süddeutschland, Österreichs und in der Schweiz (z. B. die Jesuitenkirche Sankt Michael in München, Sankt Niklas in Prag und die Paulanerkirche in Wien). Das Obere Belvedere in Wien, 1721 bis 1723 von Johann Lucas von Hildebrandt als Sommerresidenz für den Prinzen Eugen von Savoyen erbaut, ist in direkter Anlehnung an die Versailler Architektur entstanden. Johann Bernhard Fischer von Erlach baute für den Fürsten von Liechtenstein das Belvedere in Wien-Roßgau (1689) nach dem Versailler Vorbild. Erlach ist neben Johann Lucas von Hildebrandt einer der wichtigsten Baukünstler des Barock. Das von Jakob Prandtauer erbaute Benediktinerstift Melk an der Donau ist das Meisterwerk zentraleuropäischer Barockkunst des 18. Jahrhunderts. 20 ROKOKO Das Rokoko (französisch rocaille: kleine Steine, Muscheln) bildete keinen gänzlich eigenen Architektur- bzw. Baustil heraus. Der zierliche, beschwingte, gelegentlich überladen wirkende Dekorationsstil wurde vor allem in Privaträumen, dann auch in Repräsentationsräumen umgesetzt. Das Rokoko hob die während des Barock noch übliche Trennung von öffentlichem und privatem Bereich ästhetisch auf. Von Paris aus wurden die neu in Mode gekommenen Ornamente, Verzierungen und Dekorationselemente recht schnell von venezianischen Dekorateuren übernommen. Eine Entwicklung neuer Bautechniken oder -typen aber blieb aus. Lediglich die Innenräume wurden durch Ornamentstiche, gemalte Girlanden und Grotesken neu gestaltet. Durch den Spiegelsaal von Versailles kamen große Spiegel in Mode. Wandgemälde wurden um Stuckleisten und Deckenskulpturen erweitert, wobei zu den bislang üblichen Materialien wie Marmor und Holz nun Gips und Blattgold kamen. Beispiele hierfür sind Schloss Sanssouci in Potsdam, das Cuvilliéstheater (erbaut 1750 bis 1753 von François de Cuvilliés) in der Münchener Residenz und die Amalienburg bei Schloss Nymphenburg, ebenfalls in München. Auch die Innenräume der Sakralbauten wurden im Dekorationsstil des Rokoko gestaltet, so etwa in der Wieskirche durch die Brüder Johann Baptist und Dominikus Zimmermann von 1748 bis 1753. Das Rokoko bildete den Höhepunkt und auch den Endpunkt eines in dieser Form nicht wiedergekehrten Zusammenspiels der Künste. 21 KLASSIZISMUS UND ROMANTIK Der Klassizismus bedeutete eine ästhetische Erneuerung am Vorbild der Antike und eine Abkehr von der Architektur der vorausgegangenen Epochen. Erstmals richteten sich die Künstler bewusst nach einem vorgeprägten Stil. Man hatte ein historisches Bewusstsein entwickelt. Zusehends rückte die Kunst auch ins Licht der Öffentlichkeit: Die Kunstkritik stellte sie in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Diskussion, so etwa Johann Joachim Winckelmann, in der Folge Charles Baudelaire, Émile Zola und Gustave Flaubert. Man strebte nach der Herstellung bleibender Zeugnisse der eigenen Gegenwart. Dieser Wunsch nach der Gestaltung der eigenen Geschichte wird auch der ,,Einbruch der Geschichtlichkeit" genannt. Das Motto ,,Die einzige Pracht sei einfache Schönheit, die allereinfachste ehrerbietige Größe" galt sowohl für sakrale Bauwerke als auch für öffentliche Gebäude (z. B. für die Museumsarchitektur). Rom wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum bevorzugten Studienort der europäischen Architekten. Gerade die französische Architektur vollzog eine radikale Hinwendung zum klassischen Ideal. Dieses wurde an der École d'Architecture in Paris radikalisiert, und die neuen Architekten Étienne-Louis Boullée, Claude-Nicolas Ledoux, Johann Jakob Friedrich Weinbrenner und John Soane planten in streng geometrischen Formen. Diese Vorstellungen waren praktisch kaum zu realisieren. Der radikale französische Klassizismus blieb ein Idealentwurf (siehe Revolutionsarchitektur). Der Klassizismus löste eine rege Bautätigkeit aus, die jedoch weit weniger radikal war. Der so genannte malerische, romantische Klassizismus strebte nach der Verbindung von Bau und Natur sowie nach der natürlichen Eleganz, wie sie in der antiken Architektur bereits verwirklicht worden waren. Ein Hauptvertreter dieser Auffassung des Klassizismus war Karl Friedrich Schinkel. Besonders deutlich werden seine Bestrebungen am Beispiel von Schloss Charlottenhof in Potsdam. Besonders einflussreich war Leo von Klenze, der für das Stadtbild der Residenzstadt München maßgebend verantwortlich war. Nach seinen Entwürfen wurden die Glyptothek, die Alte Pinakothek und wesentliche Teile der Ludwigstraße realisiert. Der klassizistische Theaterbau orientierte sich wieder an der Aufführungspraxis des antiken Dramas sowie am symmetrischen Aufbau der Schauspielstätten ( siehe Gottfried Semper; Empirestil). Die neu gegründeten Akademien verbreiteten das klassizistische Gedankengut in Europa; ein Beispiel für diese Entwicklung ist die Frauenkirche in Kopenhagen, die 1811 bis 1829 von Christian Frederik Hansen errichtet wurde. In den englischen Kolonien Nordamerikas folgten Peter Harrison und Samuel McIntire ( siehe Innenarchitektur) den Vorbildern der englischen Architekten. Dieser Kolonialstil wurde nach der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten als Federal Style bezeichnet. Im Südosten von Nordamerika, wo die Aristokratie vorwiegend auf dem Land lebte, orientierten sich Thomas Jefferson, Benjamin Latrobe und andere Baumeister an Palladio, was sich im Nachbau des Pantheons auf dem Campus der Universität von Virginia (1817-1826) äußerte. 22 HISTORISMUS, INDUSTRIEARCHITEKTUR UND JUGENDSTIL Nachgebaute antike Architektur war schon im Klassizismus häufig anzutreffen. Aufgrund der Rückbesinnung auf diese historischen Elemente spricht man in der Architektur des 19. Jahrhunderts auch von Historismus. Eine romantische Form dieses Stils fand in Schloss Neuschwanstein ihren Ausdruck. Diese Spätphase des Klassizismus zeichnete sich durch das Nebeneinander verschiedener Stile und Formen aus, welche aus der griechischen und der römischen Antike übernommen wurden ( siehe Neugotik; kanadische Kunst und Architektur; australische Kunst und Architektur). Die Industrialisierung stellte die Architektur vor völlig neue Bauaufgaben. Benötigt wurden nun vermehrt Bahnhofsbauten, Fabriken, Ausstellungshallen sowie neuartige Türme und Brücken (siehe Industriearchitektur). Zum architektonischen Symbol des Zeitalters und seines zunehmend technischen Selbstverständnisses wurde der Eiffelturm in Paris (1889). Der Wohnungsbau erschöpfte sich dagegen in einem weitgehend bescheidenen Historismus. Lebensreformatorische Ansätze, die auf eine integrale Gestaltung modernen Lebens abzielten und die schädlichen Folgen des Industriezeitalters kompensieren wollten, verfolgte der im 19. Jahrhundert sehr einflussreiche Schriftsteller und Theoretiker John Ruskin. Ähnliche Ziele auf einem anderen ideologischen Fundament hatte später die anthroposophische Architektur im Sinn. Im Übergang zur modernen Architektur stehen Stile wie der vor allem an dekorativen Motiven und Eleganz interessierte Jugendstil mit seinen regionalen Ausprägungen wie Art Nouveau, Modern Style und Secessionsstil. Als Gegenbewegung zu den Kunst- und Architekturakademien strebten auch bildende Künstler wie Gustav Klimt, Henri de Toulouse-Lautrec, Franz von Stuck und Heinrich Vogeler nach der Verbindung von Kunst und Leben und der Verbindung von Architektur und Design ( siehe Funktionalismus). Die wichtigsten architektonischen Merkmale waren dabei asymmetrische Fassaden, wie sie etwa Henry Clemens van de Velde gestaltete, ornamentale Verzierungen sowie Anwendungen neuer technischer Erkenntnisse. So wurde der Crystal Palace aus vorgefertigten Konstruktionen aus Stahl und Glas errichtet. 23 20. JAHRHUNDERT Industrialisierung und Urbanisierung forcierten neue Formen des Bauens. Fortschritte der Technik führten zu neuen Materialien und zu neuen Bauweisen. Das Hochhaus wurde zum Symbol der modernen Großstadt. Stahl, Beton sowie zahlreiche Kunststoffe ließen in Kombination mit bewährten, aber weiterentwickelten Baumaterialien wie Glas völlig neue Architekturformen zu. Die moderne Architektur ist in weiten Bereichen eine funktionale, technische Architektur, lässt aber auf der anderen Seite auch eine extreme Emanzipation zu freien Formen des Bauens zu, wofür hier noch einmal als frühes Pionierwerk der Eiffelturm erwähnt sei. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlahmte der Schwung der Avantgarde langsam und wich den neuen Vorgaben der postmodernen Architektur. Ende des 19. Jahrhunderts bauten die Architekten der Chicago School mit Hilfe des Stahlskelettbaus die Prototypen multifunktionaler Hochhäuser und Großraumgebäude. Hier waren Büros und Wohnungen sowie im Erdgeschoss Ladenlokale untergebracht (z. B. Das Monadnock Building in Chicago, 1889 bis 1893 von Holabird und Roche erbaut). Zwar schien der Stahlskelettbau gerade in den Anfängen dem Massivbau an Eleganz und Präzision unterlegen zu sein, doch überwogen seine Vorteile: Wirtschaftlichkeit, Anpassungsfähigkeit, Feuersicherheit und Korrosionsbeständigkeit der neuen Bauweise waren stichhaltige Argumente. ,,Second School of Chicago" wird die von Ludwig Mies van der Rohe beeinflusste Wiederbelebung der Schule von Chicago in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts genannt. Chicago bildete bis etwa 1910 das Zentrum eines konsequenten Funktionalismus in der Architektur, der in Europa nur vereinzelt anzutreffen ist. Den neuartigen Herausforderungen beim Erbauen immer umfangreicherer Fabriken und anderer technischer Bauwerke stellte sich in Deutschland vor allem der Deutsche Werkbund. Führende Vertreter waren Hermann Muthesius, Theodor Fischer, Henry Clemens van de Velde, Peter Behrens, Josef Hoffmann, Joseph Maria Olbrich und Richard Riemerschmid. Es entstanden Bauten in einer fast asketisch wirkenden Geometrie wie etwa die AEG-Turbinenhalle in Berlin (1909). Einen später berühmt gewordenen Grundsatz der modernen Architektur formulierte 1896 Louis Henri Sullivan: ,,Form follows function." (,,Immer folgt die Form der Funktion, und das ist das Gesetz.") Gerrit Thomas Rietveld und Le Corbusier bauten unter diesen ästhetischen Vorgaben. Ein anschauliches Beispiel ist der Gebäudekomplex Unité d'Habitation in Marseilles (1947-1952). Eines der berühmtesten Bauwerke der klassischen Moderne und das prominente Beispiel kubischer Architektur ist die Weißenhofsiedlung in Stuttgart. Diese Wohnsiedlung wurde Ende der zwanziger Jahre von den Bauhaus-Architekten Ludwig Mies van der Rohe, Walter Gropius, Le Corbusier und anderen entworfen. Die zwölfjährige Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten und der 2. Weltkrieg bedeuteten für die moderne Architektur in Europa einen tief greifenden Einschnitt ( siehe nationalsozialistische Architektur). In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestand ein gesteigerter Bedarf an gestalteten Freiräumen innerhalb und außerhalb der Großstadt: Spielflächen sowie Sport- und Freizeitanlagen sollten den Großstadtbewohnern einen Ausgleich für Naturferne, Enge, Lärm und schlechte Luft bieten. Die in den sechziger und siebziger Jahren hochgezogenen Reihen- und Siedlungsbauten in den Randbezirken der Großstädte wurden nach rein funktionalen und ökonomischen Aspekten errichtet (siehe Plattenbauweise). Die Tendenz zur Vereinheitlichung durch zunehmende Anonymität ist weltweit anzutreffen. Kritisch ist die Verelendung der Menschen in Massenquartieren der Großstädte und das Unvermögen der modernen Architektur, den Stadtbewohnern vor allem in Lateinamerika, Afrika und Asien adäquaten Wohnraum anbieten zu können. Ausgehend von den USA, fand die postmoderne Architektur Anhänger und Vertreter. Ein prominetes Beispiel für einen postmodernen Monumentalbau ist das von Philip Johnson entworfene AT&T Building in New York (1984). Michael Graves verwendete auf wirkungsvolle Weise leuchtende Farben und andere Dekorelemente. Richard Meier entwickelte dagegen eine nüchternere Version der Postmoderne; seine Entwürfe für Museen und Privathäuser sind von Le Corbusier beeinflusst. Siehe auch Internationaler Stil In Mitteleuropa entstand zudem ein wachsendes Interesse am ökologischen Bauen, das Gesichtspunkte des Energiesparens, ökologische Verträglichkeit sowie gesundheitliche Aspekte berücksichtigt. Eine Vertreterin des Dekonstruktivismus ist die Architektin Zaha Hadid. Das Wiener Büro Coop Himmelb(l)au widmete sich u. a. den spektakulären Umbauprojekten von Altbauten. Siehe auch Futurismus (Architektur); Kubismus (Architektur); stalinistische Architektur; Neoklassizismus (Kunst und Architektur); rationale Architektur; Zweite Moderne (Architektur) 24 21. JAHRHUNDERT Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist die Architektur die Kunstgattung, die in der Öffentlichkeit am lebhaftesten diskutiert wird. Als Ausdruck von technischem Fortschritt und gesellschaftspolitischer Entwicklung transportiert sie Utopien und Zukunftsvisionen (siehe oben). Zudem repräsentiert sie Status, Macht und wirtschaftliche Größe der Bauherren und Auftraggeber, vermittelt eine künstlerische Ideologie und stellt stets aufs Neue die Herrschaft über Naturkräfte unter Beweis. Der Terroranschlag auf das World Trade Center in New York (2001), bei dem die beiden Türme des Hochhauses zerstört wurden, bezeugt die Rolle der Architektur als Gegenstand der Identifikation einer Nation mit ihren Idealen. Siehe auch deutsche Kunst und Architektur; österreichische Kunst und Architektur; Schweizer Kunst und Architektur; niederländische Kunst und Architektur; englische Kunst und Architektur; spanische Kunst und Architektur; amerikanische Kunst und Architektur; lateinamerikanische Kunst und Architektur; israelische Kunst und Architektur; jüdische Kunst und Architektur; zentralasiatische Kunst und Architektur; ozeanische Kunst und Architektur Verfasst von: Johanna Dahm Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« Vor der Errichtung eines Gebäudes müssen alle einwirkenden Kräfte berechnet werden, um die Stabilität und Dauerhaftigkeit sicherzustellen ( siehe Baustatik).

Das Tragwerk übernimmt die Aufgabe, alle auf ein Bauwerk einwirkenden Kräfte aufzunehmen, zu übertragen und auf das Fundament abzuleiten.

Die Tragwerkelemente unterscheidensich in ihren geometrischen Formen: punktförmige (Lager, Knoten), lineare (Stützen, Träger, Bogen), flächenförmige (Scheiben, Platten, Gewölbe) und körperhafte(Fundamente). Ein Lehrsatz der Konstruktion besagt, dass jedes Bauwerk im Ganzen, in seinen einzelnen Teilen und für sich allein standsicher sein muss.

Die Konstruktion muss einesichere Aussteifung haben und im Baugrund verankert sein.

Die einzelnen Möglichkeiten der Aussteifung gehorchen folgenden Prinzipien: Es gibt Verstrebungen, Fachwerk(eine Verbindung von Mauerwerk, das durch Holzrahmen standsicher gemacht wird) oder Diagonalstäbe, die vor allem bei neuen Hallenkonstruktionen aus großen Glas-oder Metallflächen verwendet werden.

Wesentliche Elemente der Tragwerksaussteifung sind Wände und Decken. Durch Betonskelettbauten oder die Übertragung von Kräften auf das Mauerwerk lassen sich mehrgeschossige Bauten errichten.

Bei der Gewölbekonstruktion wird ein durchMauern umbauter Raum überspannt, ohne dass Baustoffe einer Spannung unterliegen; dies erlaubt, auch große Flächen mit Mauerwerk oder Beton zu decken.

DerAußenschub von Gewölben muss jedoch durch Widerlager oder durch ein Strebewerk aufgefangen werden. Bei Tragwerken für Flachbauten, die oft eine größere Spannweite überwinden müssen, wird mit abgestützten Trägern gearbeitet.

Wahlweise werden Rahmentragwerke oderBogentragwerke verwendet, wie sie zum Überspannen von großen Flächen im Stadion- und Hallenbau angewendet werden.

Die wissenschaftlichen Fortschritte in derBerechnung und Kalkulation von Strukturverhalten gingen im 19.

Jahrhundert auf die Nachfrage nach großen Hoch- und Tiefbaukonstruktionen wie Dämmen, Brücken undUnterführungen zurück.

Es war nun möglich, offenen Raum mit Hängekonstruktionen, dem umgekehrten Prinzip des Gewölbes, zu überspannen. Aufsehen haben seit den sechziger Jahren des 20.

Jahrhunderts Bauwerke erregt, die netzartigen Gebilden aus der Natur nachempfunden sind und deren Tragwerke ausStahlseilen bestehen (so etwa das Olympiastadion in München, entworfen von Frei Otto).

Seiltragwerke ermöglichen die Überdachung von Flächen mit großen Spannweiten.Auch das Kolosseum in Rom wurde schon bei Bedarf von verspannten Sonnensegeln überdacht. Das bekannteste Dachtragwerk ist der als Sparrendach konstruierte Dachstuhl, wobei die Sparren zusammen mit der Decke des darunter liegenden Geschosses steifeDreiecke bilden ( siehe Gebälk). Da ein Bauwerk alle angreifenden Lasten und Kräfte in den tragfähigen Untergrund überträgt, muss die Standsicherheit durch stabile Fundamente gewährleistet sein.Genaue Kenntnisse der Fundamentbeschaffenheit sind besonders bei sehr hohen Bauten erforderlich, um ihre Stabilität auch bei Sturm und Erdbeben zu gewährleisten. 4 IDEENGESCHICHTLICHER HINTERGRUND DER ARCHITEKTUR Ursprünglich diente die Architektur primär dem Schutz des Menschen vor Wetter und anderen Umwelteinflüssen.

Eine Behausung war notwendiges Mittel, das Überleben zugewährleisten.

Die Entstehung arbeitsteiliger Gesellschaften mit differenzierteren Ansprüchen, Bedürfnissen und Gewohnheiten konfrontierte die Architektur mit neuen, auchsekundären Funktionen und Zwecken, mit vielfältigeren Anforderungen und komplexeren Aufgaben. Die Aufgaben der Architektur als Kunstform erschöpften sich nicht mehr in der Erfüllung technischer und gesellschaftlicher Funktionen; hinzu traten ästhetische Ansprüche,die schon in der Antike in der Idee des perfekten Raumes gipfelten.

Mit dieser beschäftigten sich bereits die Proportionslehre Platons sowie der Kanon des Polyklet.Thematisch standen hier Überlegungen zur Strukturierung und Begrenzung des Raumes sowie zum Verhältnis von Baukörper und Raum im Mittelpunkt. Die Erkenntnisse über mechanische und statische Gesetze flossen in die Architekturtheorie ein.

Die Konstruktion eines Bauwerks muss mit der Imagination des Architekten,seiner Vorstellung und Idee, in Übereinstimmung gebracht werden.

In Letzterer besteht der eigentliche künstlerische Eigenanteil des Architekten als Künstler.

Erst imAnschluss an die Phasen von Idee, Planung und Entwurf folgt die Realisation des Bauwerks, nämlich seine Errichtung. 5 KÜNSTLERISCHE ASPEKTE UND KLASSIFIKATIONEN 5.1 Gattungen der Architektur Die Funktion eines Bauwerks bedingt dessen Erscheinungsbild.

Eine grundlegende Unterscheidung gilt der funktionalen Trennung von Sakral- und Profanbau.

SakraleBauwerke dienen religiösen Zwecken und werden meist durch religiöse Gemeinschaften beauftragt und finanziert.

Profane Bauwerke dienen weltlichen Zwecken, wozu vorallem der Wohnbau, Repräsentationsbauten (z.

B.

Schloss, Villa), öffentliche Bauten (z.

B.

Rathäuser, Markthallen, Bahnhöfe, Universitäten, Bibliotheken, Museen,Krankenhäuser, Bäder, Sportstadien), die Industriearchitektur, Wehrbauten (z.

B.

Burg, Geschlechterturm) und der Städtebau zählen. Architektur meint nicht allein das Bauen an sich und kann ebenso wenig allein von der Funktion des Bauwerks her definiert werden.

Architektur, verstanden als einekulturelle Leistung, ist stets eine für die Gesellschaft repräsentative Kunstform, eine symbolische gesellschaftliche Selbstdarstellung.

Dabei ist sie innerhalb des Kanons derso genannten schönen Künste neben Malerei und Bildhauerei die am wenigsten autonome Kunst, da sie zu ihrer Realisierung weitreichender materieller Voraussetzungenund kollektiver Anstrengungen bedarf.

In einem gewissen Gegensatz hierzu steht das traditionell hohe Renommee der Architektur als Kunstform.

Dieses beruht auch auf derAußenwirkung, auf einer möglichen Erhabenheit und auf der Dauerhaftigkeit der Bauwerke. 5.2 Sonderformen der Architektur In der neuzeitlichen Geschichte der Architektur spielt der gedanklich-reflexive und konzeptuelle Anteil im kreativen Prozess des Entwerfens eine wichtige Rolle.

DieserAspekt der Architektur ignoriert zumeist bewusst die Grenzen des tatsächlich als Bauwerk Realisierbaren.

Die ersten selbstbewussten Werke unrealisierter undunrealisierbarer Architektur schufen die Vertreter der Revolutionsarchitektur.

Derartige Ansätze wurden im 19.

und vor allem im 20.

Jahrhundert von einigen Schulen,Architekten und Künstlern weiterentwickelt.

Im Rahmen der Avantgardebewegungen des 20.

Jahrhunderts gewannen insbesondere die Richtungen der utopischenArchitektur und der phantastischen Architektur an Einfluss (z.

B.

Gläserne Kette).

Innerhalb dieser Strömungen haben sich wiederum Sonderformen wie die Lichtarchitekturoder die Megalomanie herausgebildet.

Zahlreiche dieser Konzepte standen im Zusammenhang von Gesamtkunstwerken.

Bewegungen und Gruppen wie derKonstruktivismus oder die Novembergruppe stellten ihre Arbeit in den Dienst politischer Ziele.

Künstlerisch anregend wirkten auch die Ansätze der abstrakten Architektur,der organischen Architektur und der anthroposophischen Architektur. Für eine Reihe stark experimentell orientierter Architekturformen stehen beispielhaft die Begriffe alternative Architektur und pneumatische Architektur. Eher randständige Sonderformen lassen sich unter den Begriff der ephemeren Architektur subsumieren.

Damit sind Konstruktionen gemeint, die beispielsweise als Theater-oder Festbauten von vornherein zum vorübergehenden Gebrauch errichtet werden.

Ähnlich verhält es sich mit der Filmarchitektur.

Im Zeitalter des Absolutismus, vereinzeltauch später, gehörten Festdekorationen etc.

zu den Aufgaben mancher Architekten. Die Innen- und Außenansichten von Bauwerken sowie Stadtansichten sind ein wichtiges Motiv der Malerei wie der graphischen Künste.

Beispiele finden sich aus nahezuallen Epochen der Kunst.

Die Vedute hat sich innerhalb der abendländischen Malerei zu einer eigenen Gattung entwickelt.

Berühmt sind die realistisch wirkenden, tatsächlichaber idealisierenden Ansichten Venedigs von Canaletto. Demgegenüber streben Architekturphantasien von vornherein in utopische und phantastische Gefilde.

Düster-phantastische Motive beherrschen beispielsweise dieRadierungen Giovanni Battista Piranesis (Werkgruppe der Carceri [Kerker], 1745).. »

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