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Aristoteles: Poetik - Anthologie.

Publié le 17/06/2013

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Aristoteles: Poetik - Anthologie. Mit seiner 336 v. Chr. verfassten Poetik beeinflusste Aristoteles maßgeblich die europäische Dramentheorie bis ins 18. Jahrhundert hinein. Nachfolgende Textpassage illustriert die innerhalb der aristotelischen Poetik zentralen Ideen der Nachahmung, der Einheit und der Wahrscheinlichkeit. Aristoteles: Poetik Wir haben festgestellt, daß die Tragödie die Nachahmung einer in sich geschlossenen und ganzen Handlung ist, die eine bestimmte Größe hat; es gibt ja auch etwas Ganzes ohne nennenswerte Größe. Ein Ganzes ist, was Anfang, Mitte und Ende hat. Ein Anfang ist, was selbst nicht mit Notwendigkeit auf etwas anderes folgt, nach dem jedoch natürlicherweise etwas anderes eintritt oder entsteht. Ein Ende ist umgekehrt, was selbst natürlicherweise auf etwas anderes folgt, und zwar notwendigerweise oder in der Regel, während nach ihm nichts anderes mehr eintritt. Eine Mitte ist, was sowohl selbst auf etwas anderes folgt als auch etwas anderes nach sich zieht. Demzufolge dürfen Handlungen, wenn sie gut zusammengefügt sein sollen, nicht an beliebiger Stelle einsetzen noch an beliebiger Stelle enden, sondern sie müssen sich an die genannten Grundsätze halten. Ferner ist das Schöne bei einem Lebewesen und bei jedem Gegenstand, der aus etwas zusammengesetzt ist, nicht nur dadurch bedingt, daß die Teile in bestimmter Weise angeordnet sind; es muß vielmehr auch eine bestimmte Größe haben. Das Schöne beruht nämlich auf der Größe und der Anordnung. Deshalb kann weder ein ganz kleines Lebewesen schön sein (die Anschauung verwirrt sich nämlich, wenn ihr Gegenstand einer nicht mehr wahrnehmbaren Größe nahekommt) noch ein ganz großes (die Anschauung kommt nämlich nicht auf einmal zustande, vielmehr entweicht den Anschauenden die Einheit und die Ganzheit aus der Anschauung, wie wenn ein Lebewesen eine Größe von zehntausend Stadien hätte). Demzufolge müssen, wie bei Gegenständen und Lebewesen eine bestimmte Größe erforderlich ist und diese übersichtlich sein soll, so auch die Handlungen eine bestimmte Ausdehnung haben, und zwar eine Ausdehnung, die sich dem Gedächtnis leicht einprägt. Die Begrenzung der Ausdehnung ist nicht Sache der Kunst, soweit sie auf die Aufführungen und den äußeren Eindruck Rücksicht nimmt. Wenn nämlich hundert Tragödien miteinander in Wettkampf treten müßten, dann würde deren Ausdehnung gewiß nach der Uhr bemessen. Für die Begrenzung, die der Natur der Sache folgt, gilt, daß eine Handlung, was ihre Größe betrifft, desto schöner ist, je größer sie ist, vorausgesetzt, daß sie faßlich bleibt. Um eine allgemeine Regel aufzustellen: die Größe, die erforderlich ist, mit Hilfe der nach der Wahrscheinlichkeit oder der Notwendigkeit aufeinander folgenden Ereignisse einen Umschlag vom Unglück ins Glück oder vom Glück ins Unglück herbeizuführen, diese Größe hat die richtige Begrenzung. Die Fabel des Stücks ist nicht schon dann - wie einige meinen - eine Einheit, wenn sie sich um einen einzigen Helden dreht. Denn diesem einen stößt unendlich vieles zu, woraus keinerlei Einheit hervorgeht. So führt der eine auch vielerlei Handlungen aus, ohne daß sich daraus eine einheitliche Handlung ergibt. Daher haben offenbar alle die Dichter ihre Sache verkehrt gemacht, die eine ,,Heraklëis", eine ,,Thesëis" und derlei Werke gedichtet haben. Sie glaubten nämlich, daß, weil Herakles eine Person sei, schon deshalb auch die Fabel notwendigerweise eine Einheit sei. Aristoteles: Poetik. Griechisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Manfred Fuhrmann. Stuttgart 1982, S. 25-27. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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