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Geschichte der Pädagogik 1 EINLEITUNG Geschichte der Pädagogik (griechisch paidagogike: Erziehungskunst), Bezeichnung von Theorie und Methode der Erziehung.

Publié le 17/06/2013

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Geschichte der Pädagogik 1 EINLEITUNG Geschichte der Pädagogik (griechisch paidagogike: Erziehungskunst), Bezeichnung von Theorie und Methode der Erziehung. Erziehungsinhalte sind üblicherweise die Einweisung in kulturelle, soziale, religiös-moralische und seit Beginn der Aufklärung auch wissenschaftliche Werte, Normen und Erkenntnisse einer Gesellschaft. Diese werden von Generation zu Generation weitergegeben. Der Begriff der Pädagogik meint darüber hinaus die Techniken zur Vermittlung dieser Inhalte, abhängig von den jeweiligen körperlichen und geistig-seelischen Voraussetzungen der zu erziehenden Kinder, Jugendlichen oder auch Erwachsenen. Pädagogisch tätig in diesem Sinne werden neben Eltern und Familie auch weitere Institutionen und Gruppen (Kirche, Gesellschaft, Politik) sowie professionelle Erzieher in Kindergärten, Schulen und anderen Einrichtungen. 2 FRÜHE BILDUNGSSYSTEME Die ältesten geschichtlich bekannten Bildungssysteme erfüllten zwei Aufgaben: Sie unterwiesen in der Religion und gaben die Traditionen des Volkes weiter. Die Tempelschulen des alten Ägypten vermittelten ihren Schülern außerdem auch das Schreiben, die Naturwissenschaften, die Mathematik und die Baukunst. Auch in Indien, wo der Buddhismus entstand, wurde religiöses und weltliches Wissen vornehmlich von Priestern in buddhistischen Klöstern weitergegeben. Die buddhistischen Werte beeinflussten auf dem Weg über China den gesamten Fernen Osten. Im alten China waren aber auch die Lehren von Konfuzius, Lao-tse und anderen Philosophen maßgeblich, die den Schwerpunkt der Erziehung auf Philosophie, Dichtkunst und Religion legten. Die in Persien weit verbreiteten Methoden der körperlichen Übungen dienten als Vorbild für das Bildungswesen im alten Griechenland, in dem auf Gymnastik ebenso Wert gelegt wurde wie auf Mathematik und Musik. Im traditionellen Judentum gebot der Talmud den Eltern, ihren Kindern u. a. berufliche Kenntnisse, das Schwimmen und eine Fremdsprache beizubringen. Auch heute bildet nach wie vor die Thora die Grundlage für die Erziehung zu Hause, in der Synagoge und in der Schule. 3 GRUNDLEGENDE ABENDLÄNDISCHE TRADITIONEN Die Bildungssysteme, die heute in Europa verbreitet sind, basieren einerseits auf der jüdisch-christlichen Tradition, andererseits auf der griechischen Antike. Sokrates, Platon, Aristoteles und Isokrates beeinflussten mit ihren Gedanken das griechische Erziehungswesen, dessen Ziel es war, vielseitig gebildete junge Menschen für Führungspositionen in Staat und Gesellschaft heranzubilden. Auf dieser Grundlage bildeten sich später die Geisteswissenschaften, die Philosophie, die Kunst und die Gymnastik heraus. In der nachhellenistischen Zeit übte vor allem Plutarch einen großen Einfluss auf die Erziehung aus. Er strebte die Erziehung des Kindes durch eine Erziehung der Eltern an, die dann im Haus ihre Bildung weitergeben sollten. Später setzte sich auch bei den Römern das griechische Erziehungsideal durch, woraufhin viele Lehrer von Griechenland nach Rom geholt wurden, um die römische Jugend auszubilden. Quintilian, ein Rhetoriklehrer des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, vertrat die Auffassung, dass zur Ausbildung eines guten Redners das Studium der Sprache, der Literatur, der Philosophie und der Naturwissenschaften gehören, wobei er einen besonderen Wert auf die Entwicklung des Charakters legte. 4 DAS CHRISTENTUM ALS BESTIMMENDE KRAFT Nachdem das Christentum im Römischen Reich zur Staatsreligion geworden war, gewann auch die christliche Erziehung an Bedeutung. Sie breitete sich von der Mittelmeerregion in die übrigen Teile Europas aus. Zu den Formen der christlichen Erziehung gehörten u. a. der Katechumenenunterricht, der Taufbewerber in das Christentum einführte, Katechismusunterricht für Christen sowie die Priesterausbildung an Pfarr- oder Domschulen. Auch die Kirchenväter, insbesondere Augustinus, beschäftigten sich in ihren Werken ausführlich mit Fragen der Erziehung und Bildung im frühen Christentum. In den ersten Jahrhunderten wurden viele Klöster sowie Kloster- und Domschulen gegründet, die die Artes liberales (die freien Künste) vermittelten: das Trivium, das die Fächer Grammatik, Rhetorik und Logik, sowie das Quadrivium, das Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik umfasste. Vom 5. bis zum 7. Jahrhundert stellten viele Gelehrte, wie z. B. der lateinische Schriftsteller Martianus Capella aus Nordafrika, der römische Historiker Cassiodor und der spanische Kleriker Isidor von Sevilla, Kompendien zusammen, die das vorhandene Wissen sammelten und Schülern als Lehrbücher dienten. 5 MITTELALTER Im 9. Jahrhundert lebte in Westeuropa das Interesse an Erziehung erneut auf. Karl der Große, der den Wert der Bildung anerkannte, holte Kleriker und den Pädagogen Alkuin von York aus England, um in Aachen eine Palastschule zu gründen. In England gründete König Alfred der Große, der selbst ein Gelehrter war, Erziehungs- und Bildungsinstitutionen. Darüber hinaus regte er die Klöster dazu an, ihre Bildungsaktivitäten zu erweitern. In Irland gab es Zentren der Gelehrsamkeit, aus denen Mönche als Lehrer auf den europäischen Kontinent geschickt wurden. Die hochgebildeten und kultivierten maurischen Eroberer Spaniens belebten zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert die römische Universität in Córdoba wieder und machten diese zu einem Zentrum der philosophischen, altertumswissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen und mathematischen Forschung. In Persien und Arabien entstanden zwischen dem 6. und 9. Jahrhundert Institutionen, an denen Naturwissenschaften und Sprache gelehrt wurden. Als Zentren islamischer Gelehrsamkeit wurden 859 die Al-Qarawiyin-Universität in Fès (Marokko) und 970 die Al-Azhar-Universität in Kairo gegründet. Im Mittelalter versuchte die Scholastik mit Hilfe der Logik, das Christentum mit den aristotelischen Auffassungen in Einklang zu bringen. Ein führender Vertreter der Scholastik war der Kleriker Anselm von Canterbury, der wie Platon der Auffassung war, dass nur die Ideen real sind. Roscelin von Compiègne, ebenfalls Kleriker, der aber Aristoteles folgte, vertrat den Nominalismus, eine Denkrichtung, der zufolge die konkreten Dinge real sind, während die allgemeinen Ideen (Universalien) nur Bezeichnungen (Namen) darstellen. Auch der französische Theologe Abélard, Schüler Roscelins, und der italienische Philosoph und Theologe Thomas von Aquin waren berühmte Lehrer der Scholastik. Ihr guter Ruf zog viele Schüler an, was seit dem 12. Jahrhundert in Europa zur Gründung einiger Universitäten z. B. in Paris, Oxford, Cambridge und Bologna führte. Während des ganzen Mittelalters waren die Klöster Hochburgen der Bildung, nicht zuletzt deshalb, weil in ihren Bibliotheken viele Handschriften aus der Antike aufbewahrt wurden. Die Berufsausbildung im Mittelalter sah eine Lehrzeit in einem Handwerk oder in den Diensten einer höher gestellten Person vor. Generell lässt sich jedoch sagen, dass Bildung das Privileg der Oberschicht war, während die Unterschicht keine Möglichkeit hatte, Bildung zu erwerben. Muslime und Juden, die außerhalb der christlich geprägten europäischen Gesellschaften standen, führten in Europa als Übersetzer und Gelehrte die Gedankenwelt der Antike ein. 6 HUMANISMUS UND RENAISSANCE Während der Renaissance erwachte erneut ein Interesse an der griechischen und römischen Kultur, so dass sich die mittelalterlichen Schulen verstärkt mit dem Studium der Antike beschäftigten. Viele Lehrer der griechischen Sprache und Literatur kamen nach Italien, darunter als erster der griechische Gelehrte Manuel Chrysoloras aus Konstantinopel (1397). Zu den Entdeckern und Übersetzern antiker Handschriften zählten auch die italienischen Humanisten Francesco Petrarca und Poggio Bracciolini. Die von den italienischen Pädagogen Vittorino da Feltre in Mantua (1425) und Guarino von Verona gegründeten Schulen demonstrierten das Bildungsideal der Renaissance in ihrer Konzentration auf Wissenschaft, Geschichte, Geographie, Musik und körperliche Übungen. Sie beeinflussten die pädagogische Theorie und dienten bis ins 18. Jahrhundert als Schulmodell. Auch der holländische Humanist Desiderius Erasmus von Rotterdam, der deutsche Pädagoge Johannes Sturm, der französische Essayist Michel de Montaigne und der spanische Humanist und Philosoph Juan Luis Vives beeinflussten in der Renaissance die Theorie der Pädagogik. Sie legten Wert auf die klassischen Fächer wie Griechisch und Latein, was zur Gründung der Lateinschule führte. Aus dieser entwickelte sich u. a. auch das Gymnasium. 7 PROTESTANTISCHE EINFLÜSSE Durch die Reformation, die auf Martin Luther zurückging, entstanden im frühen 16. Jahrhundert viele Schulen, die von protestantischen Kirchen gegründet wurden. Im Grundschulunterricht wurde Lesen, Schreiben, Rechnen und der Katechismus vermittelt; weiterführend wurden dann klassische Fächer wie Hebräisch, Mathematik und Naturwissenschaften angeboten. In Genf gründete der französische Theologe und Reformator Johannes Calvin 1559 eine Akademie, die sich zu einem bedeutenden Bildungszentrum entwickelte. 8 RÖMISCH-KATHOLISCHE EINFLÜSSE Der wachsende protestantische Einfluss in Europa führte in der katholischen Kirche zur Gegenreformation, in die jedoch auch Gedanken der Renaissance miteinflossen. Der spanische Kleriker Ignatius von Loyola gründete 1540 mit Billigung von Papst Paul III. den Jesuitenorden. Dieser führte in vielen Ländern Europas Schulen ein, die eine katholisch geprägte Bildung vermittelten. 9 ENTWICKLUNG DER NATURWISSENSCHAFTEN IM 17. JAHRHUNDERT Das 17. Jahrhundert war durch große Fortschritte in den Naturwissenschaften gekennzeichnet, wobei die 1660 in London gegründete Royal Society eine besondere Rolle spielte. Sie diente dem Austausch wissenschaftlicher und kultureller Informationen und förderte den Austausch von Entdeckungen und Forschungsergebnissen unter den Gelehrten der verschiedenen europäischen Länder. Die neuen Naturwissenschaften wurden in die Lehrpläne der Universitäten und weiterführenden Schulen aufgenommen. Das Christ's Hospital in London war eine der ersten weiterführenden Schulen, wo Naturwissenschaften durch Fachkräfte gelehrt wurden. Sie diente zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Vorbild für die erste naturwissenschaftlich ausgerichtete weiterführende Schule in Russland: die Moskauer Schule für Navigation und Mathematik. Die Bedeutung der Naturwissenschaften legte im 16. Jahrhundert der englische Philosoph Francis Bacon in seinen Schriften dar, in denen er Wert auf das Lernen durch Prozesse des induktiven Schließens legte. Lernende sollten dazu angeregt werden, viele Dinge mit ihren Sinnen und geistig zu erfassen, bevor sie zu Schlussfolgerungen gelangten. Im 17. Jahrhundert gewannen viele herausragende Pädagogen an Einfluss. Der deutsche Pädagoge Wolfgang Ratke leistete Pionierarbeit bei der Vermittlung der Muttersprache, der alten Sprachen und des Hebräischen. Der französische Philosoph René Descartes betonte die Rolle der Logik als grundlegendes Prinzip rationalen Denkens. Bis heute bildet die Logik in Frankreich die Grundlage der Bildung. Der englische Dichter John Milton entwickelte für die weiterführende Bildung ein enzyklopädisches Programm, in dem die Beschäftigung mit der Antike dem Lernenden Moral vermitteln und so eine intellektuell allseitig gebildete Perönlichkeit schaffen sollte. Der englische Philosoph John Locke empfahl einen Lehrplan, der darauf beruhte, nachweisbare Tatsachen empirisch zu überprüfen. Zu seiner Erziehungsmethode gehörten auch körperliche Übungen. In seinem Werk Some Thoughts Concerning Education (1693; Gedanken über Erziehung) sprach sich Locke für eine Reihe von pädagogischen Reformen aus. Er schlug u. a. vor, in Schulen weniger Buchwissen und mehr anschauliches Wissen zu vermitteln. So riet er, lieber einen Baum zu studieren als ein Buch über Bäume, lieber nach Frankreich zu fahren, als ein Buch über Frankreich zu lesen. Locke wird auch die Lehre von der Ausbildung des Geistes zugeschrieben, der zufolge die geistigen Fähigkeiten durch Übungen in der Logik und im Erkennen und Widerlegen von Trugschlüssen geübt und erweitert werden. Diese Lehre übte einen großen Einfluss auf die Pädagogen des 18. und 19. Jahrhunderts aus. Der französische Pädagoge Johannes Baptista de la Salle gründete 1684 in Frankreich das Institut der Christlichen Schulbrüder und rief 1685 ein Lehrerseminar ins Leben, das zum ersten Mal eine systematische Lehrerausbildung betrieb. Der wohl größte Pädagoge des 17. Jahrhunderts war der protestantische Bischof Jan Komenský, der unter seinem lateinischen Namen Comenius bekannt wurde. Er schrieb ein weit verbreitetes, illustriertes Lehrbuch der lateinischen Sprache, Orbis Pictus (1658; Welt in Bildern). In seinem Werk Didactica Magna (1628-1632; Die große Didaktik) betonte er, wie förderlich es für den Erziehungsprozess sei, wenn man das Interesse der Schüler anrege und sich beim Lehren auf konkrete Dinge und nicht nur auf deren Beschreibungen beziehe. Sein Erziehungsziel kann in der Formulierung auf der Titelseite seiner Didactica Magna zusammengefasst werden: ,,Alle Menschen in gleicher Weise alles" zu lehren. Durch seinen Einsatz für eine allgemeine Bildung erwarb er sich den Ehrentitel ,,Lehrer der Völker". Der Pädagoge August Hermann Francke wirkte seit dem späten 17. Jahrhundert. Der lutherische Geistliche Francke war zuerst Theologieprofessor in Leipzig und lehrte später orientalische Sprachen in Halle. Seine Verdienste liegen im Bereich der weiterführenden Bildung, der Lehrerbildung, Erwachsenenbildung, Missionsschulen und der Reformierung der Lehrpläne. Die Francke'schen Erziehungsanstalten, die auch Francke'sche Stiftungen genannt wurden, blieben über fast drei Jahrhunderte erhalten und wurden erst 1946 der Universität Halle angegliedert. 10 DIE VERBREITUNG EUROPÄISCHER IDEEN IN ANDEREN LÄNDERN Seit dem 16. Jahrhundert verbreiteten sich europäische Bildungsvorstellungen auch in Afrika, Asien und Amerika. Die Bildungseinrichtungen, die in Mittel- und Südamerika und Teilen Nordamerikas gegründet wurden, gehen auf spanische und portugiesische Pädagogen zurück. Obwohl in der Neuen Welt auch Colleges und Universitäten gegründet wurden, reisten Studenten von dort oft nach Europa, um hier die höhere Bildung zu erlangen. 11 DAS 18. JAHRHUNDERT: ROUSSEAU UND ANDERE Zur gleichen Zeit als das Schulsystem in Preußen eingeführt wurde, ließen im 18. Jahrhundert die Zaren Peter I. der Große und seine Nachfolger in Russland Schulen einrichten. Im kolonialen Amerika entwickelten sich Schulen und Colleges; in Frankreich führte die Französische Revolution auch zu einer Reform der Bildung. Gegen Ende des Jahrhunderts wurden in England von dem Mäzen und Zeitungsverleger Robert Raikes Sonntagsschulen für arme und arbeitende Kinder gegründet. Die Sonntagsschulen schufen die Grundlagen für die Bildung der unteren Bevölkerungsschichten. Der bestimmende Pädagoge des 18. Jahrhunderts war der aus Genf stammende Jean-Jacques Rousseau. In seinem Buch Émile ou l'éducation (1762; Émile oder über die Erziehung) forderte er, dass Kinder als Kinder und nicht als kleine Erwachsene behandelt werden sollten und dass die Persönlichkeit des Einzelnen zu entwickeln sei. Er schlug vor, dass Kinder Natur und Gesellschaft durch direkte Beobachtung untersuchen sollten. Seine radikalen Vorschläge bezogen sich jedoch nur auf Jungen, während bei Mädchen die überkommene Erziehung beibehalten werden sollte. Da Rousseau vor allem ein pädagogischer Theoretiker war, blieb es seinen Nachfolgern vorbehalten, seine Ideen praktisch umzusetzen. Der deutsche Pädagoge Johann Bernhard Basedow und andere eröffneten in Deutschland und in anderen Ländern Schulen, die auf der Vorstellung einer ,,natürlichen Erziehung" basierten. 12 DAS 19. JAHRHUNDERT UND DIE NATIONALEN SCHULSYSTEME Der einflussreichste Schüler Rousseaus war der Schweizer Pädagoge Johann Pestalozzi. Sein Hauptziel bestand darin, die Lehrmethoden an die natürliche Entwicklung des Kindes anzupassen. Zu diesem Zweck strebte er die harmonische Entwicklung aller Fähigkeiten des Lernenden (Kopf, Herz, Hand) an. Weitere einflussreiche Pädagogen des 19. Jahrhunderts waren Friedrich Fröbel, der Vater des Kindergartens, Johann Herbart, der psychologische und philosophische Theorie in die Pädagogik einführte, die amerikanischen Pädagogen Horace Mann und Henry Barnard, die die Gedanken Pestalozzis und anderer europäischer Pädagogen in den Vereinigten Staaten bekannt machten, der englische Philosoph Herbert Spencer, der sich für die Naturwissenschaften als wichtigste Schulfächer einsetzte, und der dänische Bischof Nikolaj Grundtvig, dessen pädagogische Vorstellungen den Grundstein für die Volkshochschulbewegung legten. Das 19. Jahrhundert war auch die Zeit, in der England, Frankreich, Deutschland, Italien und andere europäische Länder nationale Schulsysteme einführten. Einige Länder Lateinamerikas orientierten sich an den Bildungssystemen Europas und der Vereinigten Staaten. Japan löste sich aus seiner traditionellen Isolierung und führte Institutionen nach westlichem Vorbild ein, wobei es sich bei der Gründung eines modernen Schul- und Universitätssystems ebenfalls auf Erfahrungen europäischer Länder und der Vereinigten Staaten stützen konnte. Eine weitere bedeutende Entwicklung des 19. Jahrhunderts war das Missionsschulwesen in den Entwicklungsländern, besonders in Afrika und Ozeanien. In Indien und anderen Kolonien wurden vonseiten der Kolonialmächte Bildungssysteme eingeführt. Im Allgemeinen erhielt die überwiegende Mehrheit der Bewohner von Kolonien oder Entwicklungsländern jedoch wenig oder gar keine schulische Bildung. Damit einher ging andererseits oft genug eine Zerstörung der traditionellen kulturellen Werte, die von den Kolonisatoren in der Regel als minderwertig betrachtet und durch eine aufgepfropfte europäische Kultur, v. a. im Zusammenhang mit einer eifrig betriebenen Christianisierung, ersetzt wurden. 13 DAS 20. JAHRHUNDERT: DAS KIND IM MITTELPUNKT Zu Beginn des 20. Jahrhunderts übte die schwedische Feministin und Pädagogin Ellen Key einen großen Einfluss auf die Pädagogik aus. Ihr Buch Das Jahrhundert des Kindes (1900) wurde in viele Sprachen übersetzt und regte Reformpädagogen in vielen Ländern an. Unter Reformpädagogik verstand man Erziehungsmethoden, die an den Bedürfnissen und Fähigkeiten des Kindes ansetzten und nicht die Bedürfnisse der Gesellschaft oder religiöse Vorschriften in den Mittelpunkt stellten. Einflussreiche Reformpädagogen waren Hermann Lietz und Georg Kerschensteiner, Bertrand Russell und Maria Montessori. In den Vereinigten Staaten entwickelte John Dewey eine Projektmethode, die durch Einbeziehung der persönlichen Bedürfnisse und Interessen die schulische Entwicklung des Kindes fördern sollte. In den Vereinigten Staaten und anderen Ländern war diese Methode lange Zeit führend im Grundschulunterricht. Nach der Russischen Revolution von 1917 begann das Thema der Erziehung in der UdSSR für Beobachter einen größeren Stellenwert einzunehmen. Besonders als die Sowjetunion 1957 den Sputnik als ersten künstlichen Satelliten in die Erdumlaufbahn brachte, war dies ein Zeichen für den fortgeschrittenen technischen Ausbildungsstand in der Sowjetunion. Zahlreiche ausländische Besucher, vor allem aus Entwicklungsländern, übernahmen das auf den Ideen des Marxismus-Leninismus basierende sowjetische Erziehungsmodell. Zur Zeit des Kalten Krieges wirkte der technische Vorsprung der UdSSR als Sputnikschock, der vor dem Hintergrund des Wettrüstens auch zur Verbesserung der technischen Ausbildung an amerikanischen Schulen führte. Das 20. Jahrhundert war von der Ausweitung des Bildungswesens in den Industrienationen und vom Entstehen eines Schulwesens in den jüngeren, sich noch entwickelnden Ländern Asiens und Afrikas gekennzeichnet. Obwohl es inzwischen fast in allen Ländern eine Schulpflicht gibt, gehen jedoch weltweit schätzungsweise 50 Prozent der Kinder im schulpflichtigen Alter nicht zur Schule. Mit dem Ziel, auf jedem Niveau bessere Bildungschancen zu schaffen, hat die UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) Alphabetisierungskampagnen und andere Bildungsprojekte ins Leben gerufen. Die UNESCO arbeitet darauf hin, dass alle Kinder der Welt zur Schule gehen können und der Analphabetismus beseitigt wird. Dies scheitert jedoch oft an kulturellen Wertvorstellungen (speziell in Bezug auf die Bildung von Mädchen) sowie an der weltweit immer noch verbreiteten Kinderarbeit, die den oft genug für die Familien lebensnotwendigen Beitrag zum Broterwerb über abstrakte Bildungsideale stellt. Zur Information über andere nationale Bildungssysteme vergleiche die Abschnitte über Erziehung und Bildung in den Artikeln zu den einzelnen Ländern. 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« 6 HUMANISMUS UND RENAISSANCE Während der Renaissance erwachte erneut ein Interesse an der griechischen und römischen Kultur, so dass sich die mittelalterlichen Schulen verstärkt mit dem Studium derAntike beschäftigten.

Viele Lehrer der griechischen Sprache und Literatur kamen nach Italien, darunter als erster der griechische Gelehrte Manuel Chrysoloras ausKonstantinopel (1397).

Zu den Entdeckern und Übersetzern antiker Handschriften zählten auch die italienischen Humanisten Francesco Petrarca und Poggio Bracciolini. Die von den italienischen Pädagogen Vittorino da Feltre in Mantua (1425) und Guarino von Verona gegründeten Schulen demonstrierten das Bildungsideal der Renaissancein ihrer Konzentration auf Wissenschaft, Geschichte, Geographie, Musik und körperliche Übungen.

Sie beeinflussten die pädagogische Theorie und dienten bis ins18.

Jahrhundert als Schulmodell.

Auch der holländische Humanist Desiderius Erasmus von Rotterdam, der deutsche Pädagoge Johannes Sturm, der französische EssayistMichel de Montaigne und der spanische Humanist und Philosoph Juan Luis Vives beeinflussten in der Renaissance die Theorie der Pädagogik.

Sie legten Wert auf dieklassischen Fächer wie Griechisch und Latein, was zur Gründung der Lateinschule führte.

Aus dieser entwickelte sich u.

a.

auch das Gymnasium. 7 PROTESTANTISCHE EINFLÜSSE Durch die Reformation, die auf Martin Luther zurückging, entstanden im frühen 16.

Jahrhundert viele Schulen, die von protestantischen Kirchen gegründet wurden.

ImGrundschulunterricht wurde Lesen, Schreiben, Rechnen und der Katechismus vermittelt; weiterführend wurden dann klassische Fächer wie Hebräisch, Mathematik undNaturwissenschaften angeboten.

In Genf gründete der französische Theologe und Reformator Johannes Calvin 1559 eine Akademie, die sich zu einem bedeutendenBildungszentrum entwickelte. 8 RÖMISCH-KATHOLISCHE EINFLÜSSE Der wachsende protestantische Einfluss in Europa führte in der katholischen Kirche zur Gegenreformation, in die jedoch auch Gedanken der Renaissance miteinflossen.

Derspanische Kleriker Ignatius von Loyola gründete 1540 mit Billigung von Papst Paul III.

den Jesuitenorden.

Dieser führte in vielen Ländern Europas Schulen ein, die einekatholisch geprägte Bildung vermittelten. 9 ENTWICKLUNG DER NATURWISSENSCHAFTEN IM 17.

JAHRHUNDERT Das 17.

Jahrhundert war durch große Fortschritte in den Naturwissenschaften gekennzeichnet, wobei die 1660 in London gegründete Royal Society eine besondere Rollespielte.

Sie diente dem Austausch wissenschaftlicher und kultureller Informationen und förderte den Austausch von Entdeckungen und Forschungsergebnissen unter denGelehrten der verschiedenen europäischen Länder.

Die neuen Naturwissenschaften wurden in die Lehrpläne der Universitäten und weiterführenden Schulen aufgenommen.Das Christ’s Hospital in London war eine der ersten weiterführenden Schulen, wo Naturwissenschaften durch Fachkräfte gelehrt wurden.

Sie diente zu Beginn des 18.

Jahrhunderts als Vorbild für die erste naturwissenschaftlich ausgerichtete weiterführende Schule in Russland: die Moskauer Schule für Navigation und Mathematik.

DieBedeutung der Naturwissenschaften legte im 16.

Jahrhundert der englische Philosoph Francis Bacon in seinen Schriften dar, in denen er Wert auf das Lernen durch Prozessedes induktiven Schließens legte.

Lernende sollten dazu angeregt werden, viele Dinge mit ihren Sinnen und geistig zu erfassen, bevor sie zu Schlussfolgerungen gelangten. Im 17.

Jahrhundert gewannen viele herausragende Pädagogen an Einfluss.

Der deutsche Pädagoge Wolfgang Ratke leistete Pionierarbeit bei der Vermittlung derMuttersprache, der alten Sprachen und des Hebräischen.

Der französische Philosoph René Descartes betonte die Rolle der Logik als grundlegendes Prinzip rationalenDenkens.

Bis heute bildet die Logik in Frankreich die Grundlage der Bildung.

Der englische Dichter John Milton entwickelte für die weiterführende Bildung einenzyklopädisches Programm, in dem die Beschäftigung mit der Antike dem Lernenden Moral vermitteln und so eine intellektuell allseitig gebildete Perönlichkeit schaffensollte.

Der englische Philosoph John Locke empfahl einen Lehrplan, der darauf beruhte, nachweisbare Tatsachen empirisch zu überprüfen.

Zu seiner Erziehungsmethodegehörten auch körperliche Übungen.

In seinem Werk Some Thoughts Concerning Education (1693; Gedanken über Erziehung ) sprach sich Locke für eine Reihe von pädagogischen Reformen aus.

Er schlug u.

a.

vor, in Schulen weniger Buchwissen und mehr anschauliches Wissen zu vermitteln.

So riet er, lieber einen Baum zu studierenals ein Buch über Bäume, lieber nach Frankreich zu fahren, als ein Buch über Frankreich zu lesen.

Locke wird auch die Lehre von der Ausbildung des Geistes zugeschrieben,der zufolge die geistigen Fähigkeiten durch Übungen in der Logik und im Erkennen und Widerlegen von Trugschlüssen geübt und erweitert werden.

Diese Lehre übte einengroßen Einfluss auf die Pädagogen des 18.

und 19.

Jahrhunderts aus.

Der französische Pädagoge Johannes Baptista de la Salle gründete 1684 in Frankreich das Institut derChristlichen Schulbrüder und rief 1685 ein Lehrerseminar ins Leben, das zum ersten Mal eine systematische Lehrerausbildung betrieb. Der wohl größte Pädagoge des 17.

Jahrhunderts war der protestantische Bischof Jan Komenský, der unter seinem lateinischen Namen Comenius bekannt wurde.

Er schriebein weit verbreitetes, illustriertes Lehrbuch der lateinischen Sprache, Orbis Pictus (1658; Welt in Bildern ).

In seinem Werk Didactica Magna (1628-1632; Die große Didaktik ) betonte er, wie förderlich es für den Erziehungsprozess sei, wenn man das Interesse der Schüler anrege und sich beim Lehren auf konkrete Dinge und nicht nur auf derenBeschreibungen beziehe.

Sein Erziehungsziel kann in der Formulierung auf der Titelseite seiner Didactica Magna zusammengefasst werden: „Alle Menschen in gleicher Weise alles” zu lehren.

Durch seinen Einsatz für eine allgemeine Bildung erwarb er sich den Ehrentitel „Lehrer der Völker”. Der Pädagoge August Hermann Francke wirkte seit dem späten 17.

Jahrhundert.

Der lutherische Geistliche Francke war zuerst Theologieprofessor in Leipzig und lehrtespäter orientalische Sprachen in Halle.

Seine Verdienste liegen im Bereich der weiterführenden Bildung, der Lehrerbildung, Erwachsenenbildung, Missionsschulen und derReformierung der Lehrpläne.

Die Francke’schen Erziehungsanstalten, die auch Francke’sche Stiftungen genannt wurden, blieben über fast drei Jahrhunderte erhalten undwurden erst 1946 der Universität Halle angegliedert. 10 DIE VERBREITUNG EUROPÄISCHER IDEEN IN ANDEREN LÄNDERN Seit dem 16.

Jahrhundert verbreiteten sich europäische Bildungsvorstellungen auch in Afrika, Asien und Amerika.

Die Bildungseinrichtungen, die in Mittel- und Südamerikaund Teilen Nordamerikas gegründet wurden, gehen auf spanische und portugiesische Pädagogen zurück.

Obwohl in der Neuen Welt auch Colleges und Universitätengegründet wurden, reisten Studenten von dort oft nach Europa, um hier die höhere Bildung zu erlangen. 11 DAS 18.

JAHRHUNDERT: ROUSSEAU UND ANDERE Zur gleichen Zeit als das Schulsystem in Preußen eingeführt wurde, ließen im 18.

Jahrhundert die Zaren Peter I.

der Große und seine Nachfolger in Russland Schuleneinrichten.

Im kolonialen Amerika entwickelten sich Schulen und Colleges; in Frankreich führte die Französische Revolution auch zu einer Reform der Bildung.

Gegen Endedes Jahrhunderts wurden in England von dem Mäzen und Zeitungsverleger Robert Raikes Sonntagsschulen für arme und arbeitende Kinder gegründet.

Die Sonntagsschulenschufen die Grundlagen für die Bildung der unteren Bevölkerungsschichten. Der bestimmende Pädagoge des 18.

Jahrhunderts war der aus Genf stammende Jean-Jacques Rousseau.

In seinem Buch Émile ou l’éducation (1762; Émile oder über die Erziehung ) forderte er, dass Kinder als Kinder und nicht als kleine Erwachsene behandelt werden sollten und dass die Persönlichkeit des Einzelnen zu entwickeln sei.

Er schlug vor, dass Kinder Natur und Gesellschaft durch direkte Beobachtung untersuchen sollten.

Seine radikalen Vorschläge bezogen sich jedoch nur auf Jungen, während beiMädchen die überkommene Erziehung beibehalten werden sollte. Da Rousseau vor allem ein pädagogischer Theoretiker war, blieb es seinen Nachfolgern vorbehalten, seine Ideen praktisch umzusetzen.

Der deutsche Pädagoge JohannBernhard Basedow und andere eröffneten in Deutschland und in anderen Ländern Schulen, die auf der Vorstellung einer „natürlichen Erziehung” basierten.. »

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