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Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise (Sprache & Litteratur).

Publié le 13/06/2013

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Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise (Sprache & Litteratur). Gotthold Ephraim Lessing setzte seinem Freund, dem Philosophen Moses Mendelssohn, mit seinem 1779 erschienenen Drama Nathan der Weise ein literarisches Denkmal. Die folgenden Textpassagen, die dem 5. und dem 7. Auftritt des 3. Aufzugs entnommen sind, beinhalten die ,,Ringparabel", die der jüdische Kaufmann Nathan dem muslimischen Sultan Saladin erzählt. Darin stellt Lessing - von den Ideen der Aufklärung überzeugt - Christen, Juden und Muslime als völlig gleichberechtigt dar und wirbt für Toleranz zwischen den Weltreligionen. Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise Nathan. Sultan, Ich bin ein Jud'. Saladin. Und ich ein Muselmann. Der Christ ist zwischen uns. - Von diesen drei Religionen kann doch eine nur Die wahre sein. - Ein Mann, wie du, bleibt da Nicht stehen, wo der Zufall der Geburt Ihn hingeworfen: oder wenn er bleibt, Bleibt er aus Einsicht, Gründen, Wahl des Bessern. Wohlan! so teile deine Einsicht mir Dann mit. Laß mich die Gründe hören, denen Ich selber nachzugrübeln, nicht die Zeit Gehabt. Laß mich die Wahl, die diese Gründe Bestimmt, - versteht sich, im Vertrauen - wissen, Damit ich sie zu meiner mache. Wie? Du stutzest? wägst mich mit dem Auge? - Kann Wohl sein, daß ich der erste Sultan bin, Der eine solche Grille hat; die mich Doch eines Sultans eben nicht so ganz Unwürdig dünkt. - Nicht wahr? - So rede doch! Sprich! - Oder willst du einen Augenblick, Dich zu bedenken? Gut, ich geb ihn dir. - (...) Nathan. Vor grauen Jahren lebt' ein Mann in Osten, Der einen Ring von unschätzbarem Wert Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein Opal, der hundert schöne Farben spielte, Und hatte die geheime Kraft, vor Gott Und Menschen angenehm zu machen, wer In dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder, Daß ihn der Mann in Osten darum nie Vom Finger ließ; und die Verfügung traf, Auf ewig ihn bei seinem Hause zu Erhalten? Nämlich so. Er ließ den Ring Von seinen Söhnen dem geliebtesten; Und setzte fest, daß dieser wiederum Den Ring von seinen Söhnen dem vermache, Der ihm der liebste sei; und stets der liebste, Ohn' Ansehn der Geburt, in Kraft allein Des Rings, das Haupt, der Fürst des Hauses werde. - Versteh mich, Sultan. Saladin. Ich versteh dich. Weiter! Nathan. So kam nun dieser Ring, von Sohn zu Sohn, Auf einen Vater endlich von drei Söhnen; Die alle drei ihm gleich gehorsam waren, Die alle drei er folglich gleich zu lieben Sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit Zu Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald Der dritte, - sowie jeder sich mit ihm Allein befand, und sein ergießend Herz Die andern zwei nicht teilten, - würdiger Des Ringes; den er denn auch einem jeden Die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen. Das ging nun so, solang es ging. - Allein Es kam zum Sterben, und der gute Vater Kömmt in Verlegenheit. Es schmerzt ihn, zwei Von seinen Söhnen, die sich auf sein Wort Verlassen, so zu kränken. - Was zu tun? - Er sendet in geheim zu einem Künstler, Bei dem er, nach dem Muster seines Ringes, Zwei andere bestellt, und weder Kosten Noch Mühe sparen heißt, sie jenem gleich, Vollkommen gleich zu machen. Das gelingt Dem Künstler. Da er ihm die Ringe bringt, Kann selbst der Vater seinen Musterring Nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft Er seine Söhne, jeden insbesondre; Gibt jedem insbesondre seinen Segen, - Und seinen Ring, - und stirbt. - Du hörst doch, Sultan? Saladin (der sich betroffen von ihm gewandt). Ich hör, ich höre! - Komm mit deinem Märchen Nur bald zu Ende. - Wird's? Nathan. Ich bin zu Ende. Denn was noch folgt, versteht sich ja von selbst. - Kaum war der Vater tot, so kömmt ein jeder Mit seinem Ring, und jeder will der Fürst Des Hauses sein. Man untersucht, man zankt, Man klagt. Umsonst; der rechte Ring war nicht Erweislich; - (nach einer Pause, in welcher er des Sultans Antwort erwartet) Fast so unerweislich, als Uns itzt - der rechte Glaube. Saladin. Wie? das soll Die Antwort sein auf meine Frage? ... Nathan. Soll Mich bloß entschuldigen, wenn ich die Ringe Mir nicht getrau zu unterscheiden, die Der Vater in der Absicht machen ließ, Damit sie nicht zu unterscheiden wären. Saladin. Die Ringe! - Spiele nicht mit mir! - Ich dächte, Daß die Religionen, die ich dir Genannt, doch wohl zu unterscheiden wären. Bis auf die Kleidung, bis auf Speis' und Trank! Nathan. Und nur von seiten ihrer Gründe nicht. - Denn gründen alle sich nicht auf Geschichte? Geschrieben oder überliefert! - Und Geschichte muß doch wohl allein auf Treu Und Glauben angenommen werden? - Nicht? - Nun, wessen Treu und Glauben zieht man denn Am wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen? Doch deren Blut wir sind? doch deren, die Von Kindheit an uns Proben ihrer Liebe Gegeben? die uns nie getäuscht, als wo Getäuscht zu werden uns heilsamer war? Wie kann ich meinen Vätern weniger Als du den deinen glauben? Oder umgekehrt. - Kann ich von dir verlangen, daß du deine Vorfahren Lügen strafst, um meinen nicht Zu widersprechen? Oder umgekehrt. Das nämliche gilt von den Christen. Nicht? - Saladin. (Bei dem Lebendigen! Der Mann hat recht. Ich muß verstummen.) Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise. Ditzingen 1987, S. 69-74. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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« Er seine Söhne, jeden insbesondre;Gibt jedem insbesondre seinen Segen, –Und seinen Ring, – und stirbt.

– Du hörst doch,Sultan?Saladin (der sich betroffen von ihm gewandt).Ich hör, ich höre! – Komm mit deinem MärchenNur bald zu Ende.

– Wird’s?Nathan. Ich bin zu Ende. Denn was noch folgt, versteht sich ja von selbst.

–Kaum war der Vater tot, so kömmt ein jederMit seinem Ring, und jeder will der FürstDes Hauses sein.

Man untersucht, man zankt,Man klagt.

Umsonst; der rechte Ring war nichtErweislich; – (nach einer Pause, in welcher er des Sultans Antwort erwartet)Fast so unerweislich, alsUns itzt – der rechte Glaube.Saladin. Wie? das soll Die Antwort sein auf meine Frage? …Nathan. Soll Mich bloß entschuldigen, wenn ich die RingeMir nicht getrau zu unterscheiden, dieDer Vater in der Absicht machen ließ,Damit sie nicht zu unterscheiden wären.Saladin.Die Ringe! – Spiele nicht mit mir! – Ich dächte,Daß die Religionen, die ich dirGenannt, doch wohl zu unterscheiden wären.Bis auf die Kleidung, bis auf Speis’ und Trank!Nathan.Und nur von seiten ihrer Gründe nicht.

–Denn gründen alle sich nicht auf Geschichte?Geschrieben oder überliefert! – UndGeschichte muß doch wohl allein auf TreuUnd Glauben angenommen werden? – Nicht? –Nun, wessen Treu und Glauben zieht man dennAm wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen?Doch deren Blut wir sind? doch deren, dieVon Kindheit an uns Proben ihrer LiebeGegeben? die uns nie getäuscht, als woGetäuscht zu werden uns heilsamer war?Wie kann ich meinen Vätern wenigerAls du den deinen glauben? Oder umgekehrt.

–Kann ich von dir verlangen, daß du deineVorfahren Lügen strafst, um meinen nichtZu widersprechen? Oder umgekehrt.Das nämliche gilt von den Christen.

Nicht? –Saladin. (Bei dem Lebendigen! Der Mann hat recht. Ich muß verstummen.) Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise .

Ditzingen 1987, S.

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