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Gottlob Frege: Über Begriff und Gegenstand - Anthologie.

Publié le 17/06/2013

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Gottlob Frege: Über Begriff und Gegenstand - Anthologie. Friedrich Ludwig Gottlob Frege (1848-1925) gilt als Begründer der modernen Logik. Der Aufsatz Über Begriff und Gegenstand, dem der folgende Auszug entstammt, erschien erstmals 1892 in Heft 16 der Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie. Gottlob Frege: Über Begriff und Gegenstand Als ich meine Grundlagen der Arithmetik schrieb, hatte ich den Unterschied zwischen Sinn und Bedeutung noch nicht gemacht und daher unter dem Ausdrucke ,,beurteilbarer Inhalt" noch das zusammengefaßt, was ich jetzt mit den Wörtern ,,Gedanke" und ,,Wahrheitswert" unterscheidend bezeichne. Die dort (...) gegebene Erklärung billige ich darum ihrem Wortlaute nach nicht mehr ganz, obwohl ich im wesentlichen noch derselben Meinung bin. Wir können kurz sagen, indem wir ,,Prädikat" und ,,Subjekt" im sprachlichen Sinne verstehen: Begriff ist Bedeutung eines Prädikates, Gegenstand ist, was nie die ganze Bedeutung eines Prädikates, wohl aber Bedeutung eines Subjekts sein kann. Dabei ist zu bemerken, daß die Wörter ,,alle", ,,jeder", ,,kein", ,,einige" vor Begriffswörtern stehen. Wir sprechen in den allgemein und partikulär bejahenden und verneinenden Sätzen Beziehungen zwischen Begriffen aus und deuten die besondere Art dieser Beziehung durch jene Wörter an, die also logisch nicht enger mit dem darauffolgenden Begriffsworte zu verbinden, sondern auf den ganzen Satz zu beziehen sind. Man sieht das leicht bei der Verneinung. Wenn in dem Satze ,,alle Säugetiere sind Landbewohner" die Wortverbindung ,,alle Säugetiere" das logische Subjekt zum Prädikate sind Landbewohner ausdrückte, so müßte man, um das Ganze zu verneinen, das Prädikat verneinen: ,,sind nicht Landbewohner". Statt dessen ist das ,,nicht" vor ,,alle" zu setzen, woraus folgt, daß ,,alle" logisch zum Prädikate gehört. Dagegen verneinen wir den Satz ,,der Begriff Säugetier ist untergeordnet dem Begriffe Landbewohner", indem wir das Prädikat verneinen: ,,ist nicht untergeordnet dem Begriff Landbewohner". (...) Die Sprache hat Mittel, bald diesen, bald jenen Teil des Gedankens als Subjekt erscheinen zu lassen. Eins der bekanntesten ist die Unterscheidung der Formen des Aktivs und des Passivs. Es ist daher nicht unmöglich, daß derselbe Gedanke bei einer Zerlegung als singulärer, bei einer anderen als partikulärer, bei einer dritten als allgemeiner erscheint. Danach darf es nicht Wunder nehmen, daß derselbe Satz aufgefaßt werden kann als eine Aussage von einem Begriffe und auch als eine Aussage von einem Gegenstande, wenn nur beachtet wird, daß diese Aussagen verschieden sind. Es ist unmöglich, in dem Satze ,,es gibt mindestens eine Quadratwurzel aus 4" die Worte ,,eine Quadratwurzel aus 4" zu ersetzen durch ,,den Begriff Quadratwurzel aus 4"; d. h. die Aussage, die auf den Begriff paßt, paßt nicht auf den Gegenstand. Obgleich unser Satz den Begriff nicht als Subjekt erscheinen läßt, sagt er doch etwas von ihm aus. Man kann es so auffassen, als werde das Fallen eines Begriffes unter einen höheren ausgedrückt. Aber hierdurch wird der Unterschied zwischen Gegenstand und Begriff keineswegs verwischt. Zunächst bemerken wir, daß in dem Satze ,,es gibt mindestens eine Quadratwurzel aus 4" der Begriff seine prädikative Natur nicht verleugnet. Man kann sagen, ,,es gibt etwas, was die Eigenschaft hat, mit sich selbst multipliziert 4 zu ergeben". Folglich kann das nie von einem Gegenstande ausgesagt werden, was hier von dem Begriffe ausgesagt wird; denn ein Eigenname kann nie Prädikatausdruck sein, wiewohl er Teil eines solchen sein kann. Ich will nicht sagen, es sei falsch, das von einem Gegenstande auszusagen, was hier von einem Begriffe ausgesagt wird; sondern ich will sagen, es sei unmöglich, es sei sinnlos. Der Satz ,,es gibt Julius Cäsar" ist weder wahr noch falsch, sondern sinnlos, wiewohl der Satz ,,es gibt einen Mann mit Namen Julius Cäsar" einen Sinn hat; aber hier haben wir auch wieder einen Begriff, wie der unbestimmte Artikel erkennen läßt. Dasselbe haben wir in dem Satze ,,es gibt nur ein Wien". Man muß sich nicht dadurch täuschen lassen, daß die Sprache manchmal dasselbe Wort teils als Eigennamen, teils als Begriffswort gebraucht. Das Zahlwort deutet hier an, daß der letzte Fall vorliegt. ,,Wien" ist hier ebenso Begriffswort wie ,,Kaiserstadt". Man kann in diesem Sinne sagen ,,Triest ist kein Wien". Wenn wir dagegen in dem Satze ,,der Begriff Quadratwurzel aus 4 ist erfüllt" den durch die ersten fünf Worte gebildeten Eigennamen durch ,,Julius Cäsar" ersetzen, so erhalten wir einen Satz, der Sinn hat, aber falsch ist; denn das Erfülltsein, wie das Wort hier verstanden wird, kann in Wahrheit nur von Gegenständen ganz besonderer Art ausgesagt werden, solchen nämlich, welche durch Eigennamen von der Form ,,der Begriff F" bezeichnet werden können. Die Worte ,,der Begriff Quadratwurzel aus 4" verhalten sich aber in Hinsicht auf ihre Ersetzbarkeit wesentlich anders als die Worte ,,eine Quadratwurzel aus 4" in unserem ursprünglichen Satze, d. h. die Bedeutungen dieser beiden Wortverbindungen sind wesentlich verschieden. Was hier an einem Beispiele gezeigt ist, gilt allgemein: der Begriff verhält sich wesentlich prädikativ auch da, wo etwas von ihm ausgesagt wird; folglich kann er dort nur wieder durch einen Begriff, niemals durch einen Gegenstand ersetzt werden. Die Aussage also, welche von einem Begriffe gemacht wird, paßt gar nicht auf einen Gegenstand. Die Begriffe zweiter Stufe, unter welche Begriffe fallen, sind wesentlich verschieden von den Begriffen erster Stufe, unter welche Gegenstände fallen. Die Beziehung eines Gegenstandes zu einem Begriff erster Stufe, unter den er fällt, ist verschieden von der allerdings ähnlichen eines Begriffes erster Stufe zu einem Begriff zweiter Stufe. Man könnte vielleicht, um dem Unterschiede zugleich mit der Ähnlichkeit gerecht zu werden, sagen, ein Gegenstand falle unter einen Begriff erster Stufe, und ein Begriff falle in einen Begriff zweiter Stufe. Der Unterschied von Begriff und Gegenstand bleibt also in ganzer Schroffheit bestehen. Rolf Günter Renner: Klassiker deutschen Denkens. Band 2: Vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Freiburg i. Br., Basel, Wien 1992, S. 194-198. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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