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Israel - geographie.

Publié le 06/06/2013

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Israel - geographie. 1 EINLEITUNG Israel, Staat im Nahen Osten, an der Südostküste des Mittelmeeres. Israel grenzt im Norden an den Libanon, im Nordosten an Syrien, im Osten an Jordanien und im Südwesten an Ägypten. Der südwestlichste Teil des Landes erstreckt sich bis zum Golf von Akaba, einem Arm des Roten Meeres. Die Fläche des Landes beträgt 21 946 Quadratkilometer. Dazu zählt auch Ostjerusalem, das von Israel im Sechstagekrieg von 1967 besetzt und kurze Zeit später annektiert wurde. Die meisten Staaten erkennen die Annexion jedoch nicht an. Israel eroberte während dieses Krieges auch andere Gebiete, darunter den Gazastreifen, das Westjordanland (West Bank) und die Golanhöhen im Südwesten Syriens. Seit 1994 stehen der Gazastreifen und Teile des Westjordanlandes unter palästinensischer Selbstverwaltung. Diese Entwicklung erfolgte nach einem historischen Friedensvertrag zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsbewegung (PLO) im September 1993 (siehe Oslo-Verträge). Israel erhebt Anspruch auf den Status Jerusalems als ungeteilte Hauptstadt des Landes. 2 LAND Das Territorium des israelischen Staates erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung von der syrischen Grenze bis zum Roten Meer über etwa 420 Kilometer und in Ost-WestRichtung von der jordanischen Grenze (bzw. den besetzten Gebieten) bis zur Mittelmeerküste zwischen 16 und 115 Kilometer. Israel lässt sich in fünf topographische Gebiete einteilen: das Hochland von Galiläa, die Ebene von Esdraelon (auch Ebene von Jezreel genannt), die Hügelketten von Judäa und Samaria, die Küstenebenen und die Wüste Negev. 2.1 Physische Geographie Das Hochland von Galiläa nimmt den nördlichen Teil Israels ein; es erstreckt sich über 40 Kilometer von einer schmalen Küstenebene bis zum See Tiberias (auch See Genezareth). Der höchste Punkt Israels, der Berg Meron (1 208 Meter) liegt in diesem Gebiet. Südlich des Hochlands von Galiläa breitet sich die Ebene von Esdraelon aus. Sie ist 55 Kilometer lang, bis zu 25 Kilometer breit und verläuft von der Gegend um Haifa an der Mittelmeerküste bis zum Jordan. Das frühere Sumpfgebiet wurde trockengelegt, ist heute dicht besiedelt und eine landwirtschaftlich produktive Region. Über etwa 195 Kilometer entlang dem Mittelmeer erstrecken sich die Küstenebenen mit einer Breite von einem bis maximal 32 Kilometern. Sie umfassen die Ebene von Zevulun, die sich über 16 Kilometer nördlich von Haifa entlang der Bucht von Haifa ausdehnt, die Ebene von Sharon zwischen Haifa und Tel Aviv-Jaffa und die Ebene von Judäa zwischen Tel Aviv und der Stadt Gaza. In den Küstenebenen liegen die größten Städte Israels. Die Hügelketten von Judäa und Samaria erheben sich am Westufer des Jordan; sie fallen zum Toten Meer hin steil ab. Dessen Wasserspiegel liegt 408 Meter unterhalb des Meeresspiegels und markiert damit die tiefste Stelle der Erdoberfläche. Die Wüste Negev nimmt den Süden des Landes ein. Sie erstreckt sich vom Golf von Akaba nach Norden über nahezu die Hälfte des Staatsgebiets. 2.2 Flüsse und Seen Der längste Fluss Israels ist der Jordan. Er entspringt am Berg Hermon an der libanesisch-syrischen Grenze, fließt durch den See Tiberias, der 209 Meter unter dem Meeresspiegel liegt, und mündet in das Tote Meer. Die Küstenlinie am Mittelmeer ist wenig gegliedert. Den einzigen natürlichen Hafen bildet die Bucht von Haifa. Ein neuer Hafen wurde bei Ashdod im Süden gebaut. Die Wasserversorgung zählt zu den zentralen Problemen Israels. Nutzung und Zuteilung der Wasservorkommen liegen in der Verantwortung der Mekorot, der staatlichen Wasserversorgungsbehörde. Hierzu gehören die Reinigung von Abwässern, die Aufbewahrung und Verwendung natürlicher Süßwasservorkommen und die Entsalzung von Brack- und Meerwasser. Die Wasserversorgung erfolgt über Kanäle und Rohrleitungen. Wasser aus dem See Tiberias wird bis in die Wüste Negev transportiert. 2.3 Klima Israel liegt im Übergangsbereich zwischen mediterranem Klima und Wüstenklima. Im Januar liegen die Durchschnittstemperaturen in Jerusalem bei 9 °C und in Tel Aviv bei 14 °C. Im Juli betragen die Werte 23 °C bzw. 27 °C. Die Niederschläge beschränken sich auf die Wintermonate. Die mittleren Jahresniederschläge liegen in Galiläa bei 1 000 Millimetern, in Tel Aviv bei 540 Millimetern und im Süden bei Elat am Roten Meer bei lediglich 25 Millimetern. Nur in den Hochlagen kann es im Winter schneien. 2.4 Flora und Fauna In Israel gibt es über 2 800 Pflanzenarten, von denen die meisten zu Gattungen gehören, die lange Dürrezeiten überstehen können. Die Flora des Landes wird geprägt durch die klimatischen und topographischen Bedingungen dreier Gebiete: Dies sind die Mittelmeerküste, die asiatische Steppe und die Wüstenregion auf der Arabischen Halbinsel. Mediterrane Vegetation gedeiht im Norden des Landes, im Bereich Beerscheba (nördlicher Teil der Wüste Negev) dominiert Buschvegetation. In den anderen Teilen des Negev und im südlichen Jordangraben ist die Vegetationsdichte sehr gering; die Flora im nördlichen Teil des Jordangrabens vereint europäische und afrikanische Elemente. Zu den wichtigsten Anbauprodukten zählen Zitrusfrüchte, Bananen, Baumwolle, Tabak, Trauben, Datteln, Feigen, Oliven, Pflaumen und Mandeln. Die Anzahl der Eichen und anderer Laubbäume ist in den letzten Jahren gestiegen. Über 200 Millionen Bäume sind seit 1948 gepflanzt worden, heute nehmen die aufgeforsteten Gebiete 8,1 Prozent der Landesfläche ein (2005). Es kommen 116 Säugetierarten und 180 Vogelarten vor. Durch Israel führen bedeutende Wanderwege für Zugvögel, die von Europa oder Asien nach Afrika fliegen. Diese Zugstrecken werden im Frühjahr und Herbst von vielen Millionen Vögeln genutzt. Einige bemerkenswerte Arten der Vogelwelt sind Kuhreiher, Küstenreiher, Löffler, Rosaflamingo, Bartgeier, Steppenadler, Wüstenfalke, Halsbandfrankolin (ein Feldhuhn), Kragentrappe, Steppenkiebitz, Rennvogel, Kaptäubchen, Streifenohreule, die Eisvogelarten Braunliest und Graufischer sowie mehrere Arten von Flughühnern. Zu den Großraubtieren zählen Leopard, Wolf, Goldschakal und Streifenhyäne, weitere interessante Raubtiere sind mehrere Arten von Schleichkatzen, Falbkatze (die Vorfahrin unserer Hauskatzen), Sandfuchs und Honigdachs. Die Paarhuferfauna ist u. a. durch Gazellen (Edmigazelle, Dorkasgazelle) repräsentiert. In Israel leben etwa 80 Reptilienarten, zu denen Schlangen, Eidechsen, Chamäleons und Meeresschildkröten gehören. 3 BEVÖLKERUNG Die Einwohnerzahl beträgt etwa 6,50 Millionen (2008). Die Bevölkerungsdichte liegt bei 320 Einwohnern pro Quadratkilometer. Das mittlere Bevölkerungswachstum ist mit 1,13 Prozent im Jahr hoch (2008). Die Lebenserwartung beträgt in Israel 77,6 Jahre für Männer und 82 Jahre für Frauen (2008). Der Urbanisierungsgrad ist sehr hoch; 92 Prozent der Bevölkerung leben in Städten (2005). Etwa 82 Prozent der Bevölkerung sind jüdischer Abstammung, 17 Prozent sind Palästinenser mit israelischer Staatsangehörigkeit. Die kulturelle und ethnische Vielfalt ist groß. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist in Israel geboren (sie werden Sabras genannt), aber ihre Vorfahren stammen aus mehr als 100 verschiedenen Ländern und sprechen insgesamt etwa 85 verschiedene Sprachen oder Dialekte. Die größten Gruppen sind die Aschkenasim, deren Vorfahren aus den mitteleuropäischen Ländern nach Israel eingewandert sind, und die Sephardim, deren Vorfahren von der Iberischen Halbinsel und aus Nordafrika nach Israel kamen. Andere Volksgruppen stammen aus dem Mittleren Osten oder aus Osteuropa. Letztere wanderten vor allem nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Zerfall des Ostblocks nach Israel aus. 3.1 Wichtige Städte Größte Stadt des Landes ist Jerusalem (702 000 Einwohner einschließlich der Altstadt). Weitere wichtige Städte sind das Industriezentrum Tel Aviv-Jaffa (369 000), Haifa (269 000), Holon (166 000) und Ramat Gan (127 000). 3.2 Sprache Die Amtssprachen sind Hebräisch und Arabisch. Das Hebräische ist am weitesten verbreitet. Die palästinensische Minderheit spricht Arabisch, das ab der fünften Klasse, ebenso wie das Englische, in der Schule unterrichtet wird. Viele Bewohner des Landes sprechen zudem Englisch, Jiddisch, Russisch oder eine andere europäische Sprache. Englisch ist die Handelssprache und wird von den meisten Israelis beherrscht. Nahezu alle Bewohner des Landes sind zweisprachig, da ihre Eltern nach der Staatsgründung im Jahr 1948 nach Israel kamen. Für die Einwanderer gibt es heutzutage staatlich geförderte Hebräisch-Kurse, den so genannten Ulpanim-Unterricht. 3.3 Religion Die Angelegenheiten der drei wichtigsten Religionen im Land, Judentum, Islam und Christentum, werden von einem Ministerium für religiöse Angelegenheiten und jeweils zugehörigen Räten in den verschiedenen Religionen koordiniert. 81 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Judentum. Die Muslime haben unter der nichtjüdischen Bevölkerung den größten Anteil (14,4 Prozent der Gesamtbevölkerung); andere Minderheiten sind Christen (2,9 Prozent) und Drusen (1,7 Prozent). 3.3.1 Feiertage Die jüdischen Feiertage und der Sabbat sind im ganzen Land gesetzlich vorgeschrieben. Der jüdische Kalender basiert auf dem Mondkalender; die Daten der Feiertage weichen deshalb von denen des westlichen Sonnenkalenders ab. Der Monat Tischri - im September bzw. Oktober - beginnt mit dem jüdischen Neujahrsfest, Rosch Haschana. Der wichtigste jüdische Feiertag, der Versöhnungstag Jom Kippur, findet am 10. Tischri statt. Das Laubhüttenfest (Sukkot) beginnt am 15. Tischri, dauert eine ganze Woche und endet mit dem Simhat Thora. Dieser Feiertag markiert den Beginn des einjährigen Zyklus der Thoralesungen. Das Tempelweih- oder Lichterfest Chanukka wird im späten November oder Dezember gefeiert. Passah oder Pessach findet sechs Monate (nach dem Mondkalender) und zwei Wochen nach Rosch Haschana statt. Andere wichtige Fest- und Feiertage sind der Unabhängigkeitstag 21 Tage und Schawuot 50 Tage nach dem Passahfest. Die Zeitrechnung, auf den Tag bezogen, beginnt nach jüdischer Auffassung bei Sonnenuntergang. Deshalb beginnt der jüdische Sabbat bereits freitags bei Sonnenuntergang und endet samstags zur gleichen Zeit. 3.4 Soziales Die allgemeine Verwaltungs- und Koordinationsbehörde für das Gesundheitswesen ist das Gesundheitsministerium. Krankenversicherungen werden überwiegend privat oder über den Arbeitgeber abgeschlossen. Die größte Versicherung, der zwei Drittel der Bevölkerung angehören, wird von der Histadrut, der israelischen Arbeitergewerkschaft, betrieben. Vom Staat werden Krankenversicherung, Pensionen, Mutterschaftszuwendungen und Hilfen für minderjährige Kinder bezuschusst. Die Kindersterblichkeitsrate liegt bei 7 Sterbefällen pro 1 000 Lebendgeburten. 4 BILDUNG UND KULTUR Die meisten Schriftsteller, die auch in andere Sprachen übersetzt und in anderen Ländern gelesen werden, haben das moderne Israel und seine politische Entwicklung zum Thema, sind aber zugleich auch den jüdischen Traditionen verbunden (siehe hebräische Literatur und hebräisches Theater). Zu den bekanntesten Autoren gehören Max Brod, der Förderer Franz Kafkas, Schmuel Josef Agnon, der 1966 den Nobelpreis für Literatur erhielt, Ephraim Kishon und Amos Oz. In den letzten Jahren hat sich gerade aufgrund der unterschiedlichen kulturellen Traditionen der verschiedenen Volksgruppen eine vielfältige israelische Kunst- und Theaterszene (insbesondere in Tel Aviv) entwickelt. Tel Aviv verkörpert im Gegensatz zum mehr orthodoxen Jerusalem das moderne, westlich orientierte Israel. 4.1 Kunst und Musik In neuerer Zeit haben israelische Künstler wie Yaakov Agam und Dani Karavan auf sich aufmerksam gemacht. Zur Kunst und Architektur Israels siehe jüdische Kunst und Architektur. Das bekannteste Orchester des Landes sind die Israelischen Philharmoniker, das Stardirigenten aus aller Welt leiteten. Die populäre Musik wird vor allem vom internationalen Musikmarkt beherrscht; die israelische Rock- und Popmusik wird dagegen zwar nur im eigenen Land gehört, hat aber inzwischen internationalen Standard erreicht. In der traditionellen Volksmusik ist der orientalisch-jüdische Einfluss stark zu spüren, ebenso in den Tänzen ( siehe jüdische Musik). Bedeutende israelische Musiker sind Daniel Barenboim, Itzhak Perlman und Pinchas Zukerman. 4.2 Kultureinrichtungen In Israel gibt es über 130 Museen; die bekanntesten sind das Tel-Aviv-Museum und das Israel-Museum in Jerusalem, das bedeutende Exponate jüdischer Volkskunst und moderner Bildhauerei beherbergt. Der Schrein des Buches, ein Teil des Israel-Museums, zeigt die Qumran-Rollen. Unter den mehr als 500 öffentlichen Bibliotheken im Land zählt die jüdische National- und Universitätsbibliothek auf dem Campus der Hebräischen Universität Jerusalem mit ihren 3,5 Millionen Bänden zu den wichtigsten. Der Universität von Tel Aviv ist die Wiener Library angegliedert, eine Forschungsbibliothek, die zeitgeschichtliche Publikationen zum Holocaust sowie zur Judaistik, zum Antisemitismus und zum Faschismus sammelt. 4.3 Medien Die israelische Rundfunkanstalt ist für inländische und internationale Radiosender und für das inländische Fernsehen verantwortlich. Es gibt ein staatliches Netzwerk für Fernunterricht. Post, Telefon und Telegraphenamt sind ebenfalls staatlich. In Israel erscheinen 34 Tageszeitungen (1996). Zu den einflussreichsten zählen Ha'aretz, Davar, Ma'ariv, Yedioth Aharonot und die Jerusalem Post. Daneben gibt es viele Wochenzeitungen und Magazine. Die meisten Zeitungen erscheinen in Tel Aviv. 4.4 Bildung und Schulwesen Es besteht eine elfjährige Schulpflicht; der Schulbesuch ist kostenlos. Neben dem gut ausgebauten staatlichen Schulsystem gibt es auch konfessionelle Schulen. Die akademische Ausbildung wird durch ein Gesetz von 1958 geregelt, mit dem ein Rat zur Kontrolle der Universitäten und anderer Hochschulen eingesetzt wurde. Zu den wichtigsten Hochschulen zählen die Hebräische Universität von Jerusalem (1918), das Institut für Technologie (1912) in Haifa und die Universität Haifa (1968), die Bar-Ilan Universität (1953) in Ramat Gan, die Universität Tel Aviv (1953), die Ben-Gurion-Universität des Negev (1965) in Beerscheba und das Weizmann-Institut (1949) in Rehovot. In Israel sind etwa 100 000 Studenten eingeschrieben. Die Studenten der weiterführenden Schulen erhalten staatliche und regionale Fördermittel, die bis zu 100 Prozent der Ausbildungskosten betragen können, je nach Einkommen der Eltern. 5 VERWALTUNG UND POLITIK Israel ist eine parlamentarische Republik. Es gibt keine schriftliche Verfassung, aber Gesetze, die künftig Bestandteil einer Verfassung werden sollen. 5.1 Exekutive Staatsoberhaupt ist der Präsident. Er wird vom Parlament für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt; einmalige Wiederwahl ist möglich. Der Präsident hat überwiegend repräsentative Funktion. Die eigentliche exekutive Gewalt liegt in den Händen des Kabinetts mit dem Ministerpräsidenten an der Spitze. Das Kabinett bleibt so lange im Amt, wie es das Vertrauen des Parlaments besitzt. Von 1996 bis 2001 wurde der Ministerpräsident direkt vom Volk gewählt; seither wird er wieder, wie vor 1996, von der Knesset gewählt. 5.2 Legislative Die Legislative liegt beim Parlament, der Knesset (hebräisch: Versammlung), bestehend aus 120 Mitgliedern, die für vier Jahre nach einem Verhältniswahlsystem gewählt werden. Alle Bürger ab 18 Jahren sind wahlberechtigt. 5.3 Judikative In Israel gibt es eine staatliche und eine religiöse Gerichtsbarkeit. Höchste Instanz der zivilen Gerichtsbarkeit ist der Oberste Gerichtshof; er ist Oberstes Verwaltungsgericht und höchster Appellationsgerichtshof des Landes. Ihm untergeordnet sind Distriktgerichte; sie bilden die Berufungsgerichte für die niedrigeren Gerichtshöfe, Magistrate und Amtsgerichte. Die religiöse Gerichtsbarkeit umfasst Gerichte der anerkannten religiösen Gemeinschaften; behandelt werden z. B. Hochzeiten, Scheidungen, Unterhaltszahlungen und Testamente. 5.4 Kommunalverwaltung Israel ist in sechs Verwaltungsbezirke gegliedert: Zentraldistrikt (Ramla), Haifa, Jerusalem, Norddistrikt (Nazareth), Süddistrikt (Beerscheba) und Tel Aviv. Jedem Distrikt wird vom Innenministerium ein Polizeipräsident zugewiesen. In der Praxis zeigt sich der Einfluss der Zentralregierung in allen Landesteilen unmittelbar. Die Lokalregierungen werden von Bürgermeistern oder Gemeinderäten gebildet. 5.5 Politik Bis in die neunziger Jahre dominierten zwei große politische Strömungen die Parteienlandschaft Israels. Der konservative Likud-Block entstand 1973 durch die Fusion verschiedener Gruppierungen, darunter die Gahal und die freie Zentrumspartei. Die sozialdemokratische Israelische Arbeitspartei wurde 1968 aus den Parteien Mapai, Rafi und Achdut Haavoda gegründet. Weitere wichtige Parteien sind die links orientierte Meretz, die liberale Schinui sowie die religiösen, teilweise ultraorthodoxen Parteien Shas, Vereinigtes Thora-Judentum und Nationalreligiöse Partei. Am rechten Rand des politischen Spektrums sind die russische Einwandererpartei Unser Haus Israel sowie die Nationale Union angesiedelt. Kadima, als Abspaltung von Likud entstanden und politisch etwa zwischen Likud und Arbeitspartei stehend, entwickelte sich sogleich nach ihrer Gründung 2005 zur stärksten Kraft. 5.6 Verteidigung Israel unterhält eine Armee mit einer Stärke von etwa 168 300 Soldaten (2004) und eine Reservistenarmee mit 430 000 Soldaten. Es besteht allgemeine Wehrpflicht für Männer und Frauen ab 18 Jahren; für Frauen beträgt der Wehrdienst zwei, für Männer drei Jahre. Männer unterliegen bis zum Alter von 51 Jahren einer Reservedienstpflicht, Frauen bis 24 Jahre; der Reservedienst beträgt im Durchschnitt ein bis zwei Monate pro Jahr. Die meisten arabischen Bürger sind von der Wehrpflicht befreit, ebenso Angehörige bestimmter religiöser Gruppierungen (z. B. die strenggläubigen ultraorthodoxen Juden). Der Luftwaffe gehören 35 000, der Marine 8 300 Soldaten an (2004). 6 WIRTSCHAFT Israel ist ein relativ rohstoffarmes Land und muss den Hauptteil der benötigten Rohstoffe importieren - sie machen etwa zwei Drittel des Gesamtimports aus. Eine Hauptstütze der Wirtschaft stellt die verarbeitende Industrie dar, die rund 38 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beisteuert, das 2006 bei insgesamt 140 457 Millionen USDollar lag. Hiervon erwirtschaftet der Dienstleistungssektor den Löwenanteil, etwa 58 Prozent des wirtschaftlichen Gesamtaufkommens. Obwohl der Agrarsektor nur 4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufbringt, erzielt Israels intensive und stark automatisierte Landwirtschaft immerhin 20 Prozent der gesamten Exporterlöse. Israels Wirtschaft leidet unter einer relativ hohen Inflation - die Inflationsrate lag 1998 bei 8,5 Prozent. Bemühungen, die Inflation einzudämmen, verursachen ein Leistungsbilanzdefizit und eine hohe Auslandsverschuldung (1997: 20,5 Milliarden US-Dollar). Die Arbeitslosigkeit liegt bei 10,7 Prozent (2003). 6.1 Landwirtschaft Landwirtschaft findet vor allem in der Küstenregion und in den relativ niederschlagsreichen nördlichen Landesteilen statt; in der Wüste Negev wurden ausgedehnte Bewässerungskulturen angelegt. Insgesamt ist ein Viertel der Landesfläche landwirtschaftlich nutzbar. Die israelische Landwirtschaft deckt drei Viertel des einheimischen Nahrungsmittelbedarfs. Anfang der neunziger Jahre wurden 887 000 Tonnen Orangen, 523 000 Tonnen Tomaten, 213 000 Tonnen Kartoffeln, 291 000 Tonnen Weizen, 104 000 Tonnen Äpfel, 66 300 Tonnen Melonen, 48 000 Tonnen Avokados und 98 000 Tonnen Weintrauben produziert. Zum Viehbestand zählen 398 000 Rinder, 445 000 Schafe, 87 000 Ziegen sowie 42,7 Millionen Hühner und anderes Geflügel (2006). Der Erfolg der israelischen Landwirtschaft war nur durch wissenschaftliche Forschung und technologische Fortschritte möglich, insbesondere bei der Landgewinnung und den Bewässerungsprogrammen. Die israelischen Dörfer auf dem Land lassen sich in drei Typen einteilen: die Kollektive (Kibbuzim), in welchen sich die Bewohner Arbeit und Gewinne teilen, die Kooperativen (Moschawim), bei denen einzelne Farmen getrennt produzieren, das Produkt aber gemeinsam vermarktet wird, und die kleinen Bauernhöfe (Moschava), auf denen wie in einem Privatunternehmen gewirtschaftet wird. Die ersten beiden Siedlungstypen wurden auf jenen Ländereien errichtet, die im Besitz der verschiedenen Kolonisierungsorganisationen waren, vor allem in Händen des Jüdischen Nationalfonds. Das Land wurde an die Siedler verpachtet. 6.2 Forstwirtschaft und Fischerei Im Zuge der Landgewinnung wurden große Aufforstungsprogramme überwiegend in den schwerer zu bewirtschaftenden hügeligen Regionen durchgeführt. 2005 waren 8,1 Prozent der Landesfläche bewaldet. 2005 wurden 26 555 Tonnen Fisch gefangen, mehr als die Hälfte davon stammten aus der Teichwirtschaft (vor allem Karpfen). 6.3 Bergbau Israel verfügt über vergleichsweise wenig Bodenschätze. Zu ihnen zählen Phosphate (Wüste Negev), Mineralsalze (Totes Meer), Kupfererz und Gips. Daneben gibt es einige Steinbrüche (z. B. Marmor, Granit). 6.4 Industrie Ein Großteil der bedeutenden Industriestandorte Israels konzentriert sich entlang der Mittelmeerküste. Hier sind vor allem die Ballungsräume um Tel Aviv-Jaffa, Ashdod und Haifa zu nennen. Neben dem Maschinen- und Fahrzeugbau kommt der Verarbeitung von Diamanten eine besondere Rolle zu. Mehr als die Hälfte aller Rohdiamanten der Welt werden in israelischen Diamantenschleifereien veredelt. Weitere wichtige Industriezweige sind Baustoff- und chemische Industrie, Nahrungsmittel- und Elektronikindustrie sowie die Erzeugung von Präzisionsinstrumenten und die Erdölverarbeitung. 6.5 Energie Ein wesentlicher Teil der Elektrizität Israels wird in Heizkraftwerken erzeugt. Die Solarenergie spielt eine wachsende Rolle. Alle neu gebauten Häuser in Israel müssen mit Solaranlagen für die Aufbereitung von Warmwasser ausgestattet sein. 6.6 Währung und Bankwesen Die Banken spielen in Israel eine wichtige Rolle. Die Notenbank des Landes ist die Bank von Israel. Die Währungseinheit ist der Neue Schekel (= 100 Agorot). 6.7 Außenhandel Pro Jahr gibt Israel mehr für Importe aus, als es durch Exporte einnimmt. Die wichtigsten Importgüter sind Rohdiamanten, militärische Ausrüstung, Rohöl und Erdölprodukte, Maschinen und Maschinenteile, chemische Produkte, Eisen und Stahl, Transportausrüstungen und Nahrungsmittel. Zu den wesentlichen Exportartikeln gehören geschliffene Diamanten, chemische Erzeugnisse, Zitrusfrüchte, Textilien, Maschinen und Maschinenteile. Die bedeutendsten Handelspartner sind die USA, die Länder der Europäischen Union, Japan, Kanada, die Schweiz und Hongkong. Devisen kommen vor allem durch Touristen in das Land, aber auch durch jüdische Stiftungen in den USA. 6.8 Gewerkschaften Die Gesamtzahl der Beschäftigten betrug Anfang der neunziger Jahre 1,7 Millionen, davon waren etwa ein Drittel Frauen. Der wichtigste und größte Verband der israelischen Arbeiter ist die Histadrut. Deren Mitglieder wurden für Ende der achtziger Jahre auf 1,6 Millionen geschätzt. Davon waren 11 Prozent Araber. Die Histadrut fungiert nicht nur als Gewerkschaft, sondern zählt auch zu den wichtigsten Arbeitgebern des Landes, denn sie betreibt verschiedene Handels- und Industrieunternehmen. 6.9 Verkehrswesen Haifa und Ashdod sind die wichtigsten israelischen Häfen. Der dritte größere Hafen ist Elat am Golf von Akaba. Die Eisenbahn mit 899 Kilometern Schienen (2005) transportiert überwiegend Güter. Der größte Teil des Personen- und Güterverkehrs wird über die Straße abgewickelt; private Busunternehmen haben den öffentlichen Personennah- und Fernverkehr übernommen. Das Straßennetz umfasst 17 446 Kilometer (2004). Neben der staatlichen Fluggesellschaft El Al und ihrer Tochtergesellschaft Arikia wird Israel von verschiedenen internationalen Fluggesellschaften angeflogen. Der internationale Flugverkehr wird über den Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv-Jaffa abgewickelt. Einen zweiten, vor allem für den Tourismus am Roten Meer wichtigen Flughafen gibt es in Elat. 7 GESCHICHTE Bei der Proklamation des Staates Israel am 14. Mai 1948 blickten seine Gründer auf mehr als ein halbes Jahrhundert der Bemühungen um die Errichtung eines jüdischen Nationalstaates in Palästina zurück. Während dieser Zeit hatten sich schon die wichtigsten Elemente von Staatlichkeit herausgebildet. Eine entscheidende Rolle in dieser Vorgeschichte Israels spielte die Ende des 19. Jahrhunderts in Europa entstandene zionistische Bewegung ( siehe Zionismus), deren Grundsätze bis heute das Fundament des politischen Lebens und des sozialen Zusammenhaltes des Staates bilden. Entstehung, Konflikte und Probleme des Staates Israel sind Teil der jüngsten Geschichte des Judentums wie auch des Nahen Ostens, dessen politische Entwicklung seit über einem halben Jahrhundert durch den Nahostkonflikt und die aus ihm resultierenden Nahostkriege mitgeprägt wird. 7.1 Von der Hoffnung auf Rückkehr bis zur Unabhängigkeit (19. Jahrhundert bis 1948) 7.1.1 Zionismus 7.1.1.1 Ursprünge Der Traum von der Rückkehr in das historische Siedlungsgebiet, in dem die Juden zuletzt unter römischer Herrschaft ein Staatsvolk gebildet hatten und aus dem sie nach dem Scheitern ihres Aufstands unter Bar Kochba 135 n. Chr. (Jüdische Kriege) vertrieben worden waren, blieb in der Diaspora sehr lange nur als Teil der messianischen Hoffnung in der Religion lebendig. Eine jüdische Rückwanderung gab es kaum; um die Mitte des 19. Jahrhunderts lebten nach Schätzungen höchstens 12 000 Juden in Palästina. Erst im Spannungsfeld zwischen Assimilation und Verfolgung des Judentums in Europa seit dem 18. Jahrhundert eröffnete sich eine neue Perspektive: Unter dem Eindruck des allgemein zunehmenden Antisemitismus und der Übergriffe gegen Juden in Osteuropa (Pogrome) entstand im 19. Jahrhundert eine Bewegung, die auch den Gedanken der Assimilation verwarf und nur im Auszug aller Juden aus den Nationalstaaten in eine neue ,,nationale Heimstätte" die Lösung der ,,Judenfrage" sah. Zur entscheidenden Kraft wurde dabei die 1897 in Basel auf dem Zionistischen Weltkongress gegründete Zionistische Weltorganisation (nach Zion, der biblischen Bezeichnung für einen der Hügel Jerusalems). Ihr charismatischer Führer Theodor Herzl, ein österreichischer Journalist, der mit seinem Buch Der Judenstaat die Programmschrift des Zionismus geliefert hatte, verhandelte viele Jahre lang erfolglos mit den Großmächten, die im Nahen Osten Einfluss besaßen, über die Zuteilung eines Territoriums. Erst der 1. Weltkrieg und die aus ihm resultierende Veränderung der Machtverhältnisse in Europa wie im Nahen Osten brachte das zionistische Projekt voran. 7.1.1.2 Alija Unterdessen hatten die Zionisten bereits viel für die Einwanderung (Alija) nach Palästina getan. Die erste Alija war im Wesentlichen ein philanthropisches Unterfangen europäischer Geldgeber unter Führung des Pariser Bankiers Edmond de Rothschild (1845-1934) gewesen: Von 1882 bis 1903 wurden etwa 25 000 Juden aus Osteuropa in landwirtschaftlichen Kolonien in Palästina angesiedelt, die allerdings ohne finanzielle Unterstützung aus Europa nicht bestehen konnten. Die Leitidee dieses Unternehmens bestand darin, dem Bild des Ghettojuden das des jüdischen Ackerbauers entgegenzustellen; Hintergedanke war, den assimilierten Juden in Westeuropa den Zuzug weiterer ,,Ostjuden" zu ersparen, denn diese konnten aus ihrer Sicht dem Antisemitismus noch weiteren Auftrieb verleihen. Mit der zweiten und dritten Alija, nun unter zionistischer Leitung, kamen bis 1923 weitere 75 000 vorwiegend osteuropäische Juden nach Palästina. In diese Zeit fällt die Entstehung der sozialistisch und egalitär geprägten Kolonien (Kibbuzim, Moschawim u. a.) und die Gründung Tel Avivs, der ersten jüdischen Stadt (1908). 7.1.2 Die Briten in Palästina (1918-1948) 7.1.2.1 Palästina im Schnittpunkt äußerer Interessen Die Volkszählung, die Großbritannien 1922 in Palästina durchführte, nachdem es vom Völkerbund das Mandat über die frühere Provinz des Osmanischen Reiches erhalten hatte, ergab die Zahl von 84 000 jüdischen Einwohnern - 11 Prozent der Bevölkerung des Gebiets. Die Bevölkerungsmehrheit bestand aus arabisch sprechenden Muslimen und Christen. 1918 hatte Großbritannien das Gebiet besetzt. Schon lange vor dem absehbaren Ende des Osmanischen Reiches hatten die alliierten Großmächte Verhandlungen über eine Aufteilung des Nahen Ostens in Einflusszonen aufgenommen. Dabei wurden den Arabern, die auf alliierter Seite gekämpft hatten (u. a. unter Lawrence von Arabien), Gebietsversprechungen gemacht, die Hussein ibn Ali, den Scherifen von Mekka, auf ein großarabisches Reich hoffen ließen; andererseits hatten Frankreich und Großbritannien schon 1916 in einem geheimen Vertrag (siehe Sykes-Picot-Abkommen) eine Aufteilung der Region vereinbart, bei der Palästina unter gemeinsame Verwaltung kommen sollte. In dieser Konstellation bemühte sich die zionistische Bewegung unter Chaim Weizmann, dem Nachfolger Herzls, ihre Interessen zu wahren, und sah sich dabei im Bund mit Großbritannien, das ein von ihm abhängiges jüdisches Staatswesen nahe Ägypten und dem Suezkanal in Erwägung zog. Gestützt auf die einflussreichen jüdischen Gemeinschaften in England und den USA gelang es Weizmann, die nach dem damaligen Außenminister benannte Balfour-Deklaration zu erwirken, in der die britische Regierung erklärte: ,,Die Regierung Seiner Majestät begrüßt die Errichtung eines Staates für das jüdische Volk in Palästina und wird ihr Möglichstes zur Unterstützung dieses Projekts tun. Bei der Erreichung dieses Zieles sollen die zivilen und religiösen Rechte der bereits in Palästina lebenden, nichtjüdischen Gemeinden nicht beeinträchtigt werden ...". Als der Völkerbund 1920 Großbritannien das Mandat über Palästina, Transjordanien und den Irak übertrug, wurde die Verpflichtung auf die Balfour-Deklaration in die Präambel aufgenommen. 7.1.2.2 Zionistischer Aufbau Die zionistische Bewegung verstand dies als Ermutigung, wenn nicht als Charta für eine Staatsgründung, und verstärkte ihre Bemühungen um die Einwanderung, die Konsolidierung der jüdischen Gemeinschaft (Jischuw) und den Aufbau ihrer Institutionen. Schon 1920 gründeten sich der Gewerkschaftsbund Histadrut und der Jüdische Nationalfonds Keren Hayesot; 1922 wurde, als Vertretung jüdischer Interessen bei der Mandatsmacht, die Jewish Agency eingerichtet - die Keimzelle des Staates Israel. Der Zufluss von Geldern aus der jüdischen Diaspora erlaubte Landkauf im großen Stil, Industrien wurden aufgebaut, die dem Prinzip der ,,ausschließlich jüdischen Arbeit" (Avoda Ivrit) verpflichtet waren. Neue Städte, lokale Verwaltungen, eine Abgeordnetenversammlung und ein Nationalrat mit exekutiven Funktionen entstanden, die Hebräische Universität in Jerusalem wurde gegründet, die Entwicklung des Neuhebräischen (Ivrit) gefördert, für Angelegenheiten des Zivilstandes wurde das Rabbinat zuständig. Ein britischer Zensus von 1931 zählte bereits 175 000 jüdische Bewohner in Palästina, das waren 17 Prozent der Bevölkerung. In den zehn Jahren zwischen 1929 und 1939 kamen insgesamt 250 000 jüdische Einwanderer ins Land. In diesen Zeitraum fällt das Datum 1933: Die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland und der Beginn der systematischen Judenverfolgung in Deutschland und nachfolgend in großen Teilen Europas (siehe Holocaust). Das zionistische Projekt erhielt hierdurch die ungeahnte neue Dimension und Herausforderung, zunächst den deutschen Juden, schließlich dem gesamten kontinentaleuropäischen Judentum eine Zuflucht zu schaffen. Allein 1935 etwa emigrierten 60 000 Juden nach Palästina. Dabei spielte es auch eine Rolle, dass die großen westlichen Nationen an einer restriktiven Einwanderungspolitik festhielten: Während der Zeit des Nationalsozialismus wanderten z. B. deutlich weniger Juden in die USA aus als nach Palästina. 7.1.2.3 Konflikte Die Situation im Mandatsgebiet verschärfte sich dadurch in einer Weise, die für die britische Verwaltung große Probleme aufwarf. Zum einen wirkte es nach, dass Großbritannien am Ende des 1. Weltkrieges den arabischen Verbündeten falsche Versprechungen gemacht hatte. Wiederholt kam es zu Unruhen und Aufständen der Araber gegen die Mandatsmacht, die sich auch gegen die Einrichtungen der jüdischen Gemeinschaft richteten - aus arabischer Sicht waren die Juden Begünstigte der Mandatsherrschaft. Der erste Angriff auf jüdische Siedlungen führte zur Gründung der jüdischen Selbstverteidigungsorganisation Haganah. Zum anderen rückte der Jischuw mit der zunehmenden Einwanderung immer stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Von 1936 bis 1939 kämpften Haganah-Verbände gemeinsam mit britischen Truppen einen umfassenden arabischen Aufstand nieder. Ab 1939 versuchte die Mandatsregierung, den arabisch-jüdischen Konflikt durch Begrenzung der jüdischen Zuwanderung zu entschärfen, was sie allerdings, angesichts der Lage der Juden in Europa, in eine Konfrontation mit den jüdischen Organisationen brachte, die zunehmend gewaltsame Formen annahm. Der 2. Weltkrieg bewirkte in Palästina eine Art Waffenstillstand, die Spannungen zwischen Juden und Mandatsmacht blieben aber bestehen. Denn die illegale jüdische Einwanderung hatte schon seit 1939 zugenommen, und ab 1945 verstärkten jüdische Untergrundorganisationen ihre Angriffe gegen die britischen Institutionen, um ein Ende des Mandats und das Recht auf die Gründung des jüdischen Staates zu erzwingen. Zu den spektakulärsten Terrorakten gehörte der Anschlag der Organisation Irgun Zwai Leumi (unter der Leitung des späteren Ministerpräsidenten Menachem Begin) auf das King David Hotel in Jerusalem (den Sitz der Mandatsverwaltung) am 22. Juli 1946, dem 91 Menschen zum Opfer fielen. Der Terror richtete sich aber auch gegen die arabische Bevölkerung: Nachdem es Anfang 1948 zu neuen arabischen Angriffen auf jüdische Einrichtungen gekommen war, tötete die Irgun bei einem Massaker in dem arabischen Dorf Deir Yassin bei Jerusalem am 9. April 1948, kurz vor dem Ende der britischen Mandatszeit, 250 Zivilisten. Die Tat löste ihrerseits eine Reihe von Vergeltungsaktionen aus und hatte den ersten Exodus palästinensischer Araber zur Folge; bis zum Ausbruch des 1. Nahostkrieges Mitte Mai 1948 flohen etwa 300 000 palästinensische Araber in die Nachbarstaaten. 7.1.2.4 Ende des Mandats und Unabhängigkeit (1948) Im Februar 1947 erklärte die britische Regierung, sie habe ,,nicht die Macht, das Land den Arabern oder den Juden zuzusprechen oder es unter ihnen aufzuteilen" und schob das Problem den Vereinten Nationen zu, die in der Generalversammlung vom 29. November 1947 mit einer Stimmenmehrheit von 33 zu 13 die Aufteilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat beschlossen (UN-Resolution 181). Beide Staatsgebilde sollten in einer Wirtschaftsunion verbleiben, für Jerusalem war ein internationaler Status vorgesehen. Der Teilungsplan wurde von den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion unterstützt. Großbritannien enthielt sich der Stimme. Die jüdischen Repräsentanten akzeptierten den Plan, die arabische Seite sah darin die Besiegelung ihrer seit 1918 währenden Benachteiligung und lehnte ab. Der kommende Konflikt war vorgezeichnet. Großbritannien erklärte, das Mandat nur bis zum 15. Mai 1948 fortführen zu wollen, und begann bereits mit dem Abzug seiner Truppen. Am 14. Mai 1948 proklamierte der Vorsitzende der Jewish Agency, David Ben Gurion, den unabhängigen Staat Israel (Medinat Jisrael). Als erste Nation erkannten noch am selben Tag die USA das neue Staatswesen an. 7.2 Die ersten Jahre der Unabhängigkeit (1948-1965) 7.2.1 Der Unabhängigkeitskrieg Die arabischen Nachbarstaaten hatten diesen Schritt erwartet. Am Tag nach der Proklamation des Staates Israel, am 15. Mai 1948, formierten sich Armeeeinheiten Ägyptens, Transjordaniens (heute Jordanien), Syriens, des Libanon und des Irak sowie der noch von den Briten ausgebildeten Arabischen Legion zur Eroberung des neuen Staates. Doch die Kräfte der Haganah erwiesen sich im 1. Nahostkrieg bzw. 1. Arabisch-Israelischen Krieg als besser motiviert und organisiert und dank unablässiger Waffenimporte zunehmend auch als besser gerüstet. Als der von Israel als Unabhängigkeitskrieg verstandene Waffengang nach mehreren Feuerpausen am 20. Juli 1949 mit dem letzten Waffenstillstandsabkommen (mit Syrien) zu Ende ging, hatte sich die politische Landkarte deutlich verändert: Israel hatte knapp 6 000 Quadratkilometer über das im Teilungsplan vereinbarte Gebiet hinaus hinzugewonnen, Transjordanien hatte das Territorium westlich des Jordan (Westjordanland oder West Bank) und die Altstadt von Jerusalem vereinnahmt - diese Gebiete wurden kurz darauf von König Abd Allah ibn al-Husain zum Teil des neuen Königreichs Jordanien erklärt -, und Ägypten hielt den Gazastreifen besetzt. Zugleich löste der Krieg eine große Flüchtlingswelle aus: Von den 1,3 Millionen Arabern, die im Mandatsgebiet ansässig gewesen waren, flohen mehr als 700 000 in die Nachbarstaaten, vor allem nach Jordanien, Syrien und in den Libanon, wo sie in Flüchtlingslagern unterkamen, in denen sie heute noch - mehrheitlich schon in zweiter und dritter Generation - leben. 7.2.2 Der neue Staat Im Dezember 1949 erklärte die israelische Regierung Jerusalem zum Regierungssitz und zur ,,ewigen Hauptstadt". Zuvor schon hatte der Provisorische Staatsrat Wahlen zum Parlament (Knesset) organisiert, das David Ben Gurion, den Führer der sozialistischen Arbeiterpartei Mapai ( siehe Israelische Arbeitspartei) und Vorsitzenden der Jewish Agency, zum ersten Ministerpräsidenten wählte. Erster Staatspräsident wurde Chaim Weizmann, der langjährige Führer der zionistischen Bewegung. Ben Gurion, von vielen als ,,Vater der Nation" verehrt, spielte bis Mitte der sechziger Jahre eine entscheidende Rolle in der israelischen Politik. Sein Hauptanliegen war die Festigung des jungen Staates - vor allem durch den Aufbau einer modernen Armee. Gegen starke Widerstände im eigenen Land schloss Ben Gurion 1952 das so genannte Wiedergutmachungsabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland, das die Reparationszahlungen für die Schädigungen und Verbrechen regelte, derer sich die Deutschen unter dem Nationalsozialismus gegenüber den europäischen Juden schuldig gemacht hatten. Der israelische Staat war aus seiner eigenen wirtschaftlichen Basis heraus lange Zeit ökonomisch nicht lebensfähig, trotz außerordentlicher Aufbauleistungen in der Landwirtschaft und des Aufbaus eigener Industrien. Von Anfang an belasteten überaus hohe Militärausgaben das Budget. 1950 stellte die US-Regierung 400 Millionen USDollar Soforthilfe zu Verfügung; das gesamte Startkapital in Höhe von etwa einer Milliarde US-Dollar, das damals aufgebracht wurde, stammte jedoch vorwiegend von internationalen Geldgebern, vor allem von der jüdischen Gemeinschaft in den USA. Bis heute sind Zahlungen aus dem Ausland, insbesondere die amerikanische Wirtschaftsund Militärhilfe, ein bedeutender Faktor in der israelischen Haushaltspolitik. 7.2.3 Einwanderung Unmittelbar nach der Erlangung der Unabhängigkeit öffnete Israel seine Grenzen für jüdische Einwanderer aus aller Welt. Zum Zeitpunkt der Staatsgründung lebten 650 000 Juden im Mandatsgebiet, 80 Prozent von ihnen Einwanderer aus West- und Osteuropa (Aschkenasim); bis 1952 hatte sich die Bevölkerung verdoppelt. Viele Immigranten waren Überlebende der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Während der fünfziger Jahre kamen immer mehr Juden aus den muslimischen Ländern des Mittleren Ostens und Nordafrikas (Sephardim) nach Israel; ihre höhere Geburtenrate führte dazu, dass sie seit Ende der sechziger Jahre die Bevölkerungsmehrheit stellen. Innerhalb von drei Jahrzehnten verfünffachte sich die israelische Bevölkerung, zwei Drittel dieser Zunahme ging auf die Einwanderung zurück. 7.2.4 Suezkrise und Sinai-Feldzug (1956) Alle Versuche, die israelisch-arabischen Waffenstillstandsvereinbarungen nach dem 1. Nahostkrieg in Friedensverträge umzuwandeln, schlugen fehl. Die arabische Seite bestand darauf, dass Israel territoriale Zugeständnisse machen und das Recht der palästinensischen Flüchtlinge auf Rückkehr in ihre Heimat anerkennen müsse, außerdem sollte Jerusalem unter internationale Aufsicht gestellt werden (gemäß den UN-Resolutionen 181 von 1947 und 194 von 1948). In Israel betrachtete man diese Forderungen als unvereinbar mit den Sicherheitsinteressen des Landes. Das Klima der Feindseligkeit hielt an, es gab Angriffe arabischer Guerillaverbände und israelische Vergeltungsschläge. Als Ägypten 1956 im Zuge der Suezkrise israelischen Schiffen die Durchfahrt durch die Straße von Tiran verweigerte und Israel damit seines einzigen Zugangs zum Roten Meer beraubte - den Suezkanal hatte Ägypten schon zuvor für israelische Schiffe gesperrt -, verstand Israel dies als kriegerischen Akt. Am 29. Oktober 1956 drangen israelische Truppen unter dem Kommando des späteren Verteidigungs- und Außenministers Moshe Dayan über die Sinai-Halbinsel bis zum Suezkanal vor und eröffneten damit den 2. Arabisch-Israelischen Krieg bzw. 2. Nahostkrieg (auch Suezkrieg, Sinaikrieg). Großbritannien und Frankreich, die nach dem Vertrag über den Rückzug der britischen Besatzungstruppen aus Ägypten von 1954 weiterhin formell die Oberhoheit über den Suezkanal besaßen, schlossen sich den Kriegshandlungen gegen Ägypten an. Israel eroberte den Gazastreifen und die Sinai-Halbinsel in nur wenigen Tagen, anschließend besetzten Briten und Franzosen die Kanalzone. Die Vereinten Nationen forderten Israel in einer Reihe von Resolutionen auf, zuletzt am 7. November, die Kampfhandlungen einzustellen und sich aus den eroberten Gebieten zurückzuziehen. Untermauert wurden die UN-Forderungen noch durch die Drohung der Sowjetunion, in das Kampfgeschehen einzugreifen, sofern Israel der Resolution vom 7. November nicht Folge leiste. Am 8. November 1956 begann Israel mit dem Rückzug, überwacht von UN-Truppen. Erst im März 1957 war der israelische Rückzug abgeschlossen. 7.2.5 Das Ende der Ära Ben Gurion Israel modernisierte weiterhin seine Armee, vor allem die Luftwaffe, die mit den neuesten französischen Kampfflugzeugen ausgestattet wurde. Die wirtschaftliche Situation verbesserte sich, und durch ein neues staatliches Wasserverteilungssystem konnte nun auch der Süden des Landes besiedelt werden. Obwohl die Einwanderungswelle ihren Höhepunkt bereits in den ersten vier Jahren nach der Staatsgründung überschritten hatte, wuchs die Bevölkerung auch in den sechziger Jahren weiter an; vor allem aus Marokko kamen nun viele neue Einwanderer. Die wirtschaftliche und soziale Integration der jüdischen Neuankömmlinge aus den islamischen Ländern wurde zu einem zentralen Problem, weil sich das soziale und ökonomische Gefälle zwischen ihnen und den ersten Siedlern aus Europa immer deutlicher zeigte. Im Parteiensystem führten Spaltungen und Neugründungen während dieser Zeit zur Auflösung der traditionellen politischen Lager. Ben Gurion trat 1963 vom Amt des Ministerpräsidenten zurück (sein Nachfolger wurde Levi Eschkol) und verließ 1965 die Mapai, um sich an der Gründung der oppositionellen Rafi-Partei zu beteiligen. 1968 vereinigte sich die Mapai wieder mit der Rafi und einer weiteren Arbeiterpartei zur Israelischen Arbeitspartei, die bis 1977 die Regierungen stellte. Die beiden größten Oppositionsparteien, die Liberalen und die Cherut, verbanden sich 1965 zum Galal-Bündnis, aus dem 1973 der von Menachem Begin geführte national-konservative LikudBlock (Einheitsblock) hervorging. 7.3 Vom Sechstagekrieg bis zur Intifada (1967-1987) 7.3.1 Der Sechstagekrieg und die Folgen Nach dem 2. Nahostkrieg, insbesondere seit Mitte der sechziger Jahre verschärften sich die israelisch-arabischen Spannungen, nahmen die Konflikte an den israelischarabischen Grenzen zu, wurde die ungelöste Palästinenser-Frage immer dringlicher und unternahmen palästinensische Organisationen wie die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) mehr und mehr Aktionen gegen Israel. Die Bildung eines vereinigten arabischen Oberbefehls über die Truppen an den arabisch-israelischen Grenzen, die ägyptische Forderung nach Abzug der noch immer auf der Sinai-Halbinsel stationierten UN-Truppen sowie die vom ägyptischen Präsidenten Gamal Abd elNasser verfügte neuerliche Schließung der Straße von Tiran führten schließlich dazu, dass der israelische Ministerpräsident Levi Eschkol am 5. Juni 1967 einen Präventivschlag gegen Ägypten, Jordanien und Syrien befahl. Dieser so genannte Sechstagekrieg (3. Arabisch-Israelischer Krieg/Nahostkrieg, Junikrieg) endete am 10. Juni 1967 mit einem klaren Sieg für Israel. Israel hatte den Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel, Ostjerusalem, das Westjordanland und die Golanhöhen eingenommen, insgesamt ein Gebiet von etwa der doppelten Größe Israels, in dem rund 1,5 Millionen Araber lebten. Über 300 000 Palästinenser flohen damals in die Nachbarstaaten. Am 22. November 1967 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig die Resolution 242. Kernpunkte dieser Resolution sind die Aufforderung an Israel, sich aus den im Sechstagekrieg besetzten Gebieten zurückzuziehen sowie ,,eine gerechte Regelung des Flüchtlingsproblems zu verwirklichen". Und an alle beteiligten Staaten im Nahen Osten ging die Aufforderung, die territoriale Integrität und die politische Unabhängigkeit jedes Staates der Region zu respektieren. Die Resolution 242 wurde in einer Reihe weiterer UN-Resolutionen wieder aufgenommen und bekräftigt, und sie wurde regelmäßig als Grundlage für die israelisch-palästinensischen Friedensverhandlungen herangezogen. Allerdings war die Resolution in ihrer Auslegung von Beginn an höchst umstritten: Die offizielle englische Version fordert Israel zum Rückzug ,,aus Gebieten" (from territories) auf, die offizielle französische Version zum Rückzug ,,aus den Gebieten" (des territoires). 7.3.1.1 Besetzte Gebiete, jüdische Siedlungen und arabischer Widerstand Die besetzten Gebiete wurden für Israel nach 1967 innen- wie außenpolitisch zum bestimmenden Thema. Rechte Gruppierungen und orthodoxe religiöse Parteien widersetzten sich einem Rückzug aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen, während die Arbeitspartei in dieser Frage gespalten blieb. Die Annexion Ostjerusalems dagegen stieß bei der Mehrheit der israelischen Bevölkerung auf Zustimmung. Wenige Tage nach Kriegsende hatte die Regierung - völkerrechtswidrig - die Vereinigung beider Teile der Stadt erklärt. 1980 verabschiedete die Knesset ein Gesetz, das Jerusalem für alle Zeiten ,,zur ganzen und vereinigten" Hauptstadt Israels erklärte. Zugleich markierten die territorialen Eroberungen den Beginn einer neuen Siedlungsbewegung. Noch im Juni 1967 entstanden sicherheitspolitisch begründete jüdische Siedlungen auf den syrischen Golanhöhen. Im September 1968 begannen Mitglieder der nationalreligiösen Bewegung, aus der 1974 die Siedlerorganisation Gush Emunim (Block der Getreuen) hervorging, mit der Errichtung von Kiriat Arba bei Hebron, der ersten in einer Reihe von Siedlungen, die dem Ziel verpflichtet waren, das Heilige Land der Bibel auf immer zurückzugewinnen. Obwohl innenpolitisch stets umstritten, wurden die Siedlungen in den besetzten Gebieten von allen israelischen Regierungen in hohem Maße gefördert, u. a. durch ökonomische Anreize, die Einbindung in die Infrastruktur, Konfiszierung von Land und Ausbau eines Straßennetzes in den besetzten Gebieten. Den Schutz der Siedler übernahm die israelische Armee. Die Besatzungs- und Besiedlungspolitik führte zu zahlreichen Aufständen der Palästinenser, und verschiedene Guerillaorganisationen innerhalb der PLO führten wiederholt Terroranschläge auf israelische Einrichtungen aus. Bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München kamen bei einem Attentat der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September elf israelische Sportler ums Leben. Die Terroranschläge gegen Israel führten zunächst zu einer internationalen Ächtung der PLO; dennoch gelang es ihr im Laufe der Jahre, immer mehr Staaten für eine Unterstützung ihres Zieles - der Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates - zu gewinnen, bis hin zur Anerkennung als legitime Vertreterin palästinensischer Interessen durch die Vereinten Nationen. 7.3.2 Der Jom-Kippur-Krieg und die Folgen Israel zeigte sich nach dem Sechstagekrieg unbeeindruckt von allen UN-Resolutionen, in denen es zum Rückzug aus den besetzten Gebieten aufgefordert wurde, und auch die diplomatischen Bemühungen des seit 1970 amtierenden ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat, das Nahostproblem zu lösen, fruchteten nichts. Daher rüstete Sadat, unbemerkt von Israel, aber unterstützt von der Sowjetunion und mitfinanziert von den reichen Ölstaaten Saudi-Arabien und Kuwait, die ägyptische Armee massiv auf und verbündete sich mit Syrien, mit dem Ziel, die 1967 verlorenen Gebiete auf militärischem Wege zurückzugewinnen. Am 6. Oktober 1973, dem jüdischen Versöhnungsfest Jom Kippur, griffen Ägypten und Syrien in einer koordinierten Aktion das völlig unvorbereitete Israel im Süden und im Norden an. Die arabischen Verbündeten konnten beachtliche Anfangserfolge für sich verbuchen, drangen auf den Golanhöhen und auf der Sinai-Halbinsel gegen die israelische Grenze vor, wurden aber von Israel an allen Fronten wieder zurückgeschlagen (4. Arabisch-Israelischer Krieg/Nahostkrieg bzw. Jom-Kippur-Krieg). Unter Vermittlung der USA und der Vereinten Nationen, die eine Friedenstruppe von 7 000 Mann bereitstellten, sowie auf Druck der Sowjetunion kam es am 22. bzw. 24. Oktober zu einem Waffenstillstand mit Syrien bzw. Ägypten, und am 11. November 1973 unterzeichneten Israel und Ägypten ein Waffenstillstandsabkommen. Der Einsatz der westlichen Industrienationen, allen voran der USA, für eine möglichst rasche Beendigung des Krieges wurde nicht zuletzt auch durch das Ölembargo forciert, mit dem die arabischen Ölförderländer in Solidarität mit Syrien und Ägypten die westlichen, Israel unterstützenden Länder belegt hatten ( siehe Ölkrise). Nach dem Jom-Kippur-Krieg suchte der amerikanische Außenminister Henry Kissinger eine Friedensregelung zwischen Israel auf der einen, Ägypten und Syrien auf der anderen Seite zu vermitteln. Ergebnis der Verhandlungen war, dass sich die israelischen Truppen 1974 aus dem westlichen Teil der Sinai-Halbinsel und aus den Gebieten östlich der Golanhöhen zurückzogen. Als Folge des Jom-Kippur-Krieges war Israel wirtschaftlich und militärisch geschwächt. Dank umfangreicher wirtschaftlicher und militärischer Hilfe aus den USA konnten zwar die Kräfteverhältnisse in der Region erhalten, die Wirtschaftskrise aber nicht abgewendet werden. Neben der Wirtschaftskrise hatte der Jom-Kippur-Krieg auch eine schwere innenpolitische Krise zur Folge: Man lastete letztlich der von Ministerpräsidentin Golda Meir geführten Regierung die Verantwortung für die israelische Niederlage an; Meir zog die Konsequenz und trat 1974 zurück. Ihr Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten wurde Itzhak Rabin, Stabschef der Armee während des Sechstagekrieges und ebenfalls Mitglied der Arbeitspartei. Doch auch ihm gelang es nicht, Inflation und Wirtschaftskrise wirksam zu bekämpfen. 7.3.3 Die Ära Begin (1977-1983) Bei den Wahlen von 1977 verlor die Arbeitspartei als Spätfolge des Jom-Kippur-Krieges und der anschließenden Krisen ihre Position als stärkste Partei in der Knesset an den rechten Likud-Block. Neuer Ministerpräsident wurde der Likud-Vorsitzende Menachem Begin. Gegen die weiterhin hohe Inflation und die Folgen der hohen Verteidigungsausgaben fand auch Begin kein wirtschaftspolitisches Rezept. 7.3.3.1 Friedensvertrag mit Ägypten Als erster israelischer Staatschef trat Begin in Friedensverhandlungen mit den arabischen Staaten ein. Auslöser dieser Entwicklung war eine Initiative des ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat, der aus der antiisraelischen Koalition der arabischen Länder ausgeschert war, im November 1977 nach Jerusalem reiste und in einer Rede vor der Knesset Friedensgespräche anbot. Verhandlungen zwischen Begin und Sadat in Camp David (Maryland, USA), die auf Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter zustande gekommen waren, führten schließlich am 26. März 1979 in Washington D.C. zur Unterzeichnung eines ägyptisch-israelischen Friedensvertrags. Der Vertrag verpflichtete Israel u. a. zur Räumung der Sinai-Halbinsel, sparte jedoch zahlreiche Problempunkte aus, die sich weiterhin als konfliktträchtig erweisen sollten - vor allem die Zukunft der besetzten Gebiete im Westjordanland und im Gazastreifen und das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge. Begin und Sadat erhielten für ihre Friedensbemühungen 1978 den Friedensnobelpreis. Die Parlamentswahlen vom Juni 1981 gewann erneut der Likud-Block unter der Führung Begins, aber nur mit knapper Mehrheit. Kurz zuvor hatten israelische Bomber im Irak Nuklearanlagen zerstört, in denen nach israelischen Erkenntnissen angeblich Atomwaffen für einen Angriff auf Israel produziert wurden. Auch die Annexion der syrischen Golanhöhen im Dezember 1982 strapazierte die Beziehungen Israels zu seinen Verbündeten. Trotz dieser Entwicklung und den Komplikationen, die durch die Ermordung Sadats im Oktober 1981 entstanden waren, zog sich Israel gemäß den Friedensvereinbarungen von Camp David im April 1982 von der Sinai-Halbinsel zurück. 7.3.3.2 Der Libanonkrieg (1982) Zwei Monate später begann Israel die Operation ,,Frieden für Galiläa", eine Invasion in den Libanon, der zum wichtigsten Stützpunkt der PLO geworden war, seit sie 1970 aus Jordanien vertrieben worden war. Ungeachtet des ursprünglichen Zieles, der PLO die Basis zu entziehen und sie außer Stande zu setzen, vom Südlibanon aus Angriffe auf den Norden Israels unternehmen zu können, und eine 40 Kilometer tiefe Sicherheitszone einzurichten, stießen die israelischen Truppen unter dem Kommando von Verteidigungsminister Ariel Sharon bis Beirut vor, schlossen den Westteil der Stadt ein und setzten Westbeirut wochenlang ununterbrochen schweren Angriffen aus. Nachdem die PLO-Kämpfer aufgrund eines von den Vereinten Nationen vermittelten Abkommens aus Westbeirut abgezogen waren, besetzte das israelische Militär Westbeirut und ließ dort im September 1982 ein Massaker der mit Israel verbündeten Milizen der christlichen Phalange-Partei in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila zu, bei dem mehr als 2 000 Zivilisten getötet wurden. Nach seinem Rückzug aus Beirut hielt Israel weiterhin eine 10 bis 20 Kilometer breite ,,Sicherheitszone" im Südlibanon besetzt - eine Politik, die bis Ende der neunziger Jahre hohe Kosten und innenpolitische Konflikte verursachte. Mit dem Libanonkrieg zog sich Israels Regierung heftige internationale Kritik zu und provozierte massive Protestbewegungen im eigenen Land, selbst innerhalb der Armee. Anfang 1983 wurde Verteidigungsminister Sharon wegen Kompetenzüberschreitung in der Kriegsführung entlassen. 7.3.4 Innere Krise 7.3.4.1 Regierungswechsel Die durch den Libanonkrieg ausgelöste innenpolitische Krise war der entscheidende Grund für Begins Rücktritt im September 1983. Sein Nachfolger als Ministerpräsident und Führer des Likud-Blocks wurde der bisherige Außenminister Yitzhak Schamir. Nach den Wahlen im Juli 1984, die keinem der beiden politischen Lager eine tragfähige Mehrheit erbrachten, bildeten Arbeitspartei und Likud eine große Koalition und vereinbarten einen Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten nach zwei Jahren. Zunächst führte Shimon Peres, der Vorsitzende der Arbeitspartei, die Regierung; im Oktober 1986 übernahm Schamir den Posten. Nach den Wahlen von 1988 setzten Arbeitspartei und Likud ihre Koalition fort, Schamir blieb Ministerpräsident. 7.3.4.2 Intifada Spontane Aufstände gegen die israelische Herrschaft leiteten im Dezember 1987 eine neue Dimension im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern in den seit zwanzig Jahren besetzten Gebieten ein. Die so genannte Intifada (,,Erhebung") wurde zunächst vor allem von Jugendlichen getragen, die mit Steinen gegen die Besatzungstruppen vorgingen - Ausdruck ohnmächtiger Wut über die hoffnungslose, von wirtschaftlichem Niedergang und israelischer Landnahme geprägte Situation im Gazastreifen und im Westjordanland. Die international kritisierten harten Repressionsmaßnahmen Israels, die viele Tote unter den Aufständischen forderten, schürten den Konflikt, der mit Generalstreiks, Großdemonstrationen und Formen zivilen Ungehorsams seitens der Palästinenser bis zum Beginn der Friedensverhandlungen Anfang der neunziger Jahre anhielt. Die Organisierung des militanten Widerstands durch die PLO und andere Gruppierungen (z. B. die islamistische Hamas) markierte aber auch den Beginn palästinensischer Staatlichkeit. 1988 rief die PLO in Algier einen unabhängigen Staat Palästina aus, nachdem der jordanische König Hussein II. den Souveränitätsanspruch auf das Westjordanland aufgegeben hatte. 7.4 Der Friedensprozess (ab 1991) 7.4.1 Neue Einwanderung Seit Ende der achtziger Jahre erlebte Israel eine große Einwanderungswelle aus der Sowjetunion bzw. deren Nachfolgestaaten: Innerhalb eines Jahrzehnts kamen rund eine Million Menschen nach Israel, die ein Recht auf die israelische Staatsbürgerschaft beanspruchen konnten und großzügige staatliche Förderung erfuhren. Diese neue Alija bedeutete eine neue Belastung für die israelische Wirtschaft und Gesellschaft, sie veränderte die demographischen Verhältnisse zugunsten der europäischen Juden und führte zur Entstehung einer neuen säkularen politischen Kraft, die ihren Ausdruck in der Gründung der ,,Einwandererpartei" (Israel b'Alija) fand. Zwischen 1980 und 1992 kamen außerdem etwa 45 000 Juden aus Äthiopien nach Israel. 1990 zerbrach die Koalition aus Likud und Arbeitspartei; Ursache war die Ablehnung der von den USA eingebrachten Friedensinitiative für den Nahen Osten durch den Likud bzw. ihren Ministerpräsidenten Schamir. Dieser bildete nun eine Koalition mit mehreren kleineren rechten und religiösen Parteien, die bis zum regulären Ende der Legislaturperiode Bestand hatte. Aus den Parlamentswahlen vom Juni 1992 ging wieder die Arbeitspartei als deutlich stärkste Kraft hervor; Ministerpräsident wurde der neue Arbeitspartei-Vorsitzende Itzhak Rabin. 7.4.2 ,,Land gegen Frieden" Nicht zuletzt der 2. Golfkrieg (1991), in den Israel nicht eingegriffen hatte, an dem sich jedoch viele arabische Staaten im Rahmen der internationalen antiirakischen Koalition unter Führung der USA beteiligt hatten, verbesserte die Voraussetzungen für eine israelisch-palästinensische Verständigung. Im Oktober 1991 begannen Vertreter Israels und der Palästinenser in Madrid geheime Friedensverhandlungen, die am 13. September 1993 in der Unterzeichnung eines ersten Abkommens, der Osloer Prinzipienerklärung (siehe auch Oslo-Verträge), in Washington D.C. mündeten. Besiegelt wurde das Abkommen durch einen historischen Händedruck zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Rabin und PLO-Chef Jasir Arafat. In der Prinzipienerklärung einigten sich beide Seiten auf die Rahmenbedingungen des Friedensprozesses, der nach einer fünfjährigen Interimsperiode, in deren Verlauf in den besetzten Gebieten nach und nach palästinensische Autonomiegebiete eingerichtet werden sollten, über die so genannten Endstatusverhandlungen bis hin zu einer endgültigen Friedenslösung führen sollte. Im nachfolgenden Gaza-Jericho-Abkommen (Oslo-I-Abkommen) vom 4. Mai 1994 schrieben Israel und die Palästinenser die Umsetzung der ersten Phase der von der Prinzipienerklärung vorgegebenen palästinensischen Selbstverwaltung fest, und zwar im Gazastreifen und in der Stadt Jericho im Westjordanland. Zugleich anerkannte die PLO das Existenzrecht Israels. Diese historische Entscheidung wurde im April 1996 bekräftigt, als der palästinensische Nationalrat alle gegen Israel gerichteten Passagen aus der Nationalcharta strich. Im Mai 1994 zog Israel seine Truppen aus Jericho und den palästinensischen Städten im Gazastreifen zurück. Im Juli 1994 kehrte Arafat nach Gaza zurück und übernahm die Führung der in den Oslo-Verträgen vorgesehenen Palästinensischen Autonomiebehörde (PNA), der palästinensischen Exekutive, die Anfang 1996 durch ein gewähltes Parlament, den Palästinensischen Autonomierat (PLC), ergänzt wurde. Ebenfalls im Juli 1994 unterzeichneten Premierminister Rabin und König Hussein von Jordanien in Washington einen Friedensvertrag, der den seit 46 Jahren bestehenden Kriegszustand zwischen den Nachbarstaaten offiziell beendete. Am 24. September 1995 erfolgte - schon mit erheblicher Verzögerung - die Unterzeichnung des Oslo-II-Abkommens. Dieses Abkommen legte die Aufteilung des Westjordanlandes in drei Zonen fest; in zwei dieser Zonen (zusammen etwa 28 Prozent des Westjordanlandes) sollte die PNA die vollen zivilen Kompetenzen erhalten, aber lediglich in einer Zone (etwa 3 Prozent des Westjordanlandes) auch die vollen polizeilichen Kompetenzen, die sie sich in der zweiten Zone schon mit den israelischen Sicherheitskräften teilen musste. Das Gebiet der beiden von der PNA zu verwaltenden Zonen liegt aufgeteilt in kleine Einheiten verstreut über das ganze Westjordanland, und Israel hat jederzeit die Möglichkeit, diese kleinen Einheiten vollständig abzuriegeln. Die Umsetzung des Prinzips ,,Land gegen Frieden", das den israelisch-palästinensischen Friedensvereinbarungen zugrunde lag, erwies sich jedoch als problematisch. Der Friedensprozess fand unter palästinensischen Islamisten gleichermaßen erbitterte Gegner wie unter rechten und nationalreligiösen Zionisten, die in der Siedlerbewegung in den besetzten Gebieten ihre Basis fanden. Unter innenpolitischem Druck verlangte die israelische Regierung wiederholt Nachverhandlungen und verzögerte immer wieder den Abzug seiner Truppen. 7.4.3 Hindernisse auf dem Weg zum Frieden 7.4.3.1 Von Rabin zu Netanjahu Am 4. November 1995 wurde Ministerpräsident Rabin bei einer Friedenskundgebung in Tel Aviv von einem jungen Israeli erschossen, der einer Gruppierung fanatischer Gegner der Aussöhnungspolitik angehörte. Bis zu den Neuwahlen übernahm nun Außenminister Shimon Peres die Amtsgeschäfte. Bei den ersten Direktwahlen zum Amt des Ministerpräsidenten im Mai 1996 errang Benjamin Netanjahu, der Führer des Likud-Blocks, einen knappen Sieg über Peres (50,5 Prozent zu 49,5 Prozent). Aus den gleichzeitig abgehaltenen Knesset-Wahlen ging jedoch erneut die Arbeitspartei als stärkste Kraft hervor. Netanjahu stützte seine Regierung auf eine Koalition seines LikudBlocks mit einer Reihe von rechten und religiösen Parteien. Obwohl Netanjahu erklärt hatte, den Friedensprozess fortsetzen und alle internationalen Verträge einhalten zu wollen, schlug er einen deutlichen Konfrontationskurs gegenüber den Palästinensern ein: Im August 1996 hob er den in den Friedensverträgen vereinbarten Baustopp für jüdische Siedlungen in den Palästinensergebieten auf, eine Entscheidung, die auch von den nachfolgenden Regierungen nicht revidiert wurde - bis Ende 2001 wuchs die Zahl der Siedler auf über 200 000. 7.4.3.2 Hebron- und Wye-Abkommen Der im Oslo-II-Abkommen vereinbarte Abzug der israelischen Armee aus Teilen von Hebron verzögerte sich; erst im Januar 1997 räumte die israelische Armee den größten Teil der Stadt. Es blieben 2 000 israelische Soldaten stationiert, die gemeinsam mit palästinensischen Polizisten die Sicherheit der etwa 500 in der Altstadt Hebrons lebenden radikalen jüdischen Siedler garantieren sollten. Zuvor hatte die Knesset mit deutlicher Mehrheit dem zwischen Netanjahu und Jasir Arafat nach langwierigen Verhandlungen am 15. Januar 1997 getroffenen Hebron-Abkommen zugestimmt, in dem Israel erstmals auf ein zum biblischen Israel gerechnetes Gebiet verzichtete. In der Folgezeit brachten auch zahlreiche Treffen zwischen der israelischen und palästinensischen Seite den Friedensprozess kaum voran. Zum Zeitpunkt des 50. Jahrestages der Staatsgründung Israels (14. Mai 1998) waren entscheidende Fragen nach wie vor ungelöst, u. a. die künftige Nutzung des Hafens und Flughafens von Gaza, die Einrichtung eines sicheren Korridors für Palästinenser zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland und vor allem der endgültige Status von Jerusalem. Erst intensive diplomatische Intervention der USA brachte Israel und die Palästinenser zu neuen Verhandlungen zusammen, die in Wye Plantation bei Washington D.C. unter Vermittlung von US-Präsident Bill Clinton und dem jordanischen König Hussein am 23. Oktober 1998 ein Abkommen zur weiteren Umsetzung des Oslo-II-Abkommens erbrachten. Kernpunkte des Wye-Abkommens waren die Einwilligung Israels, sich aus weiteren 13 Prozent der von Israel kontrollierten Zone des Westjordanlandes zurückzuziehen, so dass nun insgesamt etwa 40 Prozent des Westjordanlandes ganz oder teilweise unter der Kontrolle der PNA stehen sollten, sowie die Zusicherung der PNA, in den von ihr verwalteten Gebieten für die Unterdrückung israelfeindlicher Aktivitäten zu sorgen. Am 20. November 1998 begann Israel, Truppen aus dem Westjordanland abzuziehen - eine Maßnahme, die von der jüdischen Siedlerbewegung heftig kritisiert wurde. Nachdem die verzögerte Entlassung palästinensischer politischer Gefangener aus israelischer Haft zu Unruhen in Jerusalem und einigen palästinensischen Städten geführt hatte, stoppte Israel Anfang Dezember den Abzug seiner Truppen wieder und beendete damit vorläufig die Umsetzung des Wye-Abkommens. Das Wye-Abkommen hatte jedoch in der Regierungskoalition unlösbare Konflikte zwischen den Siedlervertretern und den Realpolitikern des Likud gestiftet. Nach Rücktritten von Ministern und Kabinettsumbildungen verlor Netanjahu Ende Dezember 1998 das Vertrauen des Parlaments: Auf Antrag der Arbeitspartei beschloss die Knesset vorgezogene Neuwahlen zum Parlament und zum Amt des Ministerpräsidenten. Bei diesen Neuwahlen, die am 17. Mai 1999 stattfanden, konnte Ehud Barak, der neue Vorsitzende der Arbeitspartei, an der Spitze des Wahlbündnisses ,,Ein Israel" einen deutlichen Sieg über Netanjahu erringen: Er wurde mit 56 Prozent der Stimmen zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Und auch aus den Parlamentswahlen ging ,,Ein Israel" als stärkste Kraft hervor, kam aber trotzdem nur auf 26 der insgesamt 120 Sitze in der Knesset und war für eine regierungsfähige Mehrheit auf eine Koalition mit einer Reihe weiterer Parteien angewiesen. Die Koalition, die Barak schließlich nach langen Verhandlungen zustande brachte, umfasste praktisch das gesamte politische Spektrum von der ultraorthodoxen Shas-Partei bis hin zum linken Meretz-Bündnis. Konflikte innerhalb der Koalition waren damit von Beginn an vorgezeichnet. Barak, ein hochdekorierter Armeegeneral, der erst in der Mitte der neunziger Jahre in die Politik ging und zum rechten Flügel der Arbeitspartei gehörte, versuchte einen schwierigen Kurs der politischen Kompromisse: Er förderte weiterhin die Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten, machte aber auch einen Neuanfang im Friedensprozess. Am 4. September 1999 unterzeichneten Barak und Arafat einen Vertrag über die rasche Umsetzung des Wye-Abkommens (,,Wye II"), der im Kabinett umstritten war und zum Austritt der ultraorthodoxen Thora-Partei führte. Im März 2000 war der israelische Rückzug gemäß Wye II - nach einigen Verzögerungen - aus den im Wye-Abkommen festgelegten 13 Prozent des Westjordanlandes abgeschlossen, so dass nun etwa 40 Prozent des Westjordanlandes vollständig oder teilweise unter palästinensischer Verwaltung standen. Im Mai 2000 vollzog Barak auch den seit langem diskutierten und im März 2000 beschlossenen Rückzug der israelischen Truppen aus der seit 1983 besetzten Sicherheitszone im Südlibanon, in der es zuvor wieder zu einer Eskalation der Kämpfe gekommen war. Im Juni/Juli 2000 verließen sowohl das Meretz-Bündnis als auch die Shas-Partei sowie zwei kleinere nationalistische Parteien die Koalition, die nun nur noch über gut ein Viertel der Knessetstimmen verfügte. Die Shas-Partei und die Nationalisten waren aus Protest gegen die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den Palästinensern aus der Regierung ausgetreten. Den schwindenden Rückhalt für Baraks Kurs signalisierte die Wahl des neuen Staatspräsidenten durch die Knesset am 31. Juli 2000: Moshe Katsav, Kandidat des Likud-Blocks für die Nachfolge des im Zuge einer Spendenaffäre zurückgetretenen Ezer Weizman, setzte sich im zweiten Wahlgang gegen den favorisierten früheren Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträger Shimon Peres von der Arbeitspartei durch. Unterdessen waren die Endstatusverhandlungen, die laut Wye II bis zum 13. September 2000 abgeschlossen sein sollten, immer wieder in die Krise geraten und mehrmals abgebrochen worden. Hoffnungen auf eine endgültige Friedensregelung erweckte die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Barak und Arafat Mitte Juli 2000 in Camp David unter Vermittlung von Bill Clinton. Aber auch diese Verhandlungen scheiterten, trotz außerordentlich weit reichender Zugeständnisse Baraks, und zwar an der Jerusalemfrage: Barak bestand auf der vollen Souveränität Israels über die gesamte Stadt, Arafat forderte die volle Souveränität der Palästinenser über den arabischen Ostteil Jerusalems. 7.4.3.3 Al-Aksa-Intifada Am 28. September 2000 verschaffte sich der Likud-Vorsitzende Ariel Sharon, geduldet von der Regierung und begleitet von über 1 000 Mann Sicherheitskräften, Zugang zum heiligen Bezirk der Moscheen auf dem Tempelberg in Jerusalem. Die diesem provokativen ,,Besuch" folgenden Auseinandersetzungen in Jerusalem forderten Tote und Verletzte unter den Palästinensern und eskalierten rasch zu einem umfassenden Aufstand in den Palästinensergebieten, der nach einer Moschee auf dem Tempelberg AlAksa-Intifada genannt wurde. Diese zweite Intifada der Palästinenser brachte mit aller Gewalt die Enttäuschung über den stockenden Friedensprozess, die Fragmentierung der Autonomiegebiete und ihre fast permanente Abriegelung sowie die Verbitterung über die drastische Verschlechterung der Lebensverhältnisse zum Ausdruck. Von der ersten Intifada unterschied sich dieser Aufstand deutlich, sein Kennzeichen waren gezielte bewaffnete Angriffe auf jüdische Siedlungen und scharfe Kontrollmaßnahmen des israelischen Militärs. Außerdem kam es zu einer neuen Welle von Selbstmordanschlägen radikal-islamischer Gruppen (Hamas und Islamischer Jihad) in Israel. In den Koordinationskomitees der Intifada nahmen die Islamisten und oppositionelle Milizen eine mindestens gleichberechtigte Stellung gegenüber Arafats Al-Fatah-Organisation ein. 7.4.3.4 Die Ära Sharon Die Versuche von Ministerpräsident Barak, den Friedensprozess dennoch fortzuführen, scheiterten: Ein von US-Präsident Bill Clinton, UN-Generalsekretär Kofi Annan und dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak initiiertes Gipfeltreffen zwischen Barak und Arafat im Oktober 2000 blieb ohne Erfolg. Die Umsetzung der Oslo-Abkommen war damit am Ende. Nachdem Verhandlungen mit u. a. dem Likud-Block über eine ,,Notstands"-Regierung zu keiner Einigung geführt hatten, erklärte Barak am 10. Dezember 2000 seinen Rücktritt als Ministerpräsident. Aus den vorgezogenen Neuwahlen des Ministerpräsidenten am 6. Februar 2001 ging Ariel Sharon, Kandidat des Likud-Blocks, mit 62,5 Prozent der Stimmen erwartungsgemäß als Sieger hervor. Im März bildete er eine ,,Regierung der Nationalen Einheit", bestehend aus sechs Parteien, darunter auch die Arbeitspartei. Außenminister wurde Shimon Peres. Mit der Wahl Sharons, eines erklärten Gegners der Friedensabkommen und Verfechters der Siedlungspolitik, der die Oslo-Verträge bereits im Wahlkampf für nichtig erklärt hatte, spitzte sich der israelisch-palästinensische Konflikt abermals zu. Sharon galt, nicht zuletzt wegen seiner Rolle im Libanonkrieg, der gesamten arabischen Welt als Symbolfigur einer unversöhnlichen Haltung gegenüber den Palästinensern. Palästinensische Terrorakte ließ er mit einer Verschärfung der Repression beantworten: Luftangriffe, Einmarsch der Armee in die Autonomiegebiete, gezielte Liquidierung von Personen, die als Führer des islamistischen Terrors galten, sowie gezielte Angriffe auf Einrichtungen der PNA und der palästinensischen Sicherheitskräfte; zudem erklärte Sharon Ende 2001, dass PNA-Präsident Arafat ,,irrelevant" sei und von Israel nicht länger als Verhandlungspartner akzeptiert werde. Unterdessen scheiterten sämtliche Vermittlungsmissionen und Friedenspläne bzw. -initiativen - entweder aufgrund neuerlicher Eskalation der Gewalt oder am Widerspruch Sharons. Sharon selbst legte kein brauchbares politisches Konzept für eine friedliche Lösung des Konflikts vor, setzte vielmehr weiterhin auf militärische Gewalt, trotz zunehmender internationaler Kritik. Letztere äußerte sich u. a. darin, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im März 2002 zwei Resolutionen verabschiedete, in deren erster erstmalig von einem unabhängigen Staat Palästina die Rede war und in deren zweiter Israel nachdrücklich zum sofortigen Rückzug aus den besetzten Palästinensergebieten aufgefordert wurde. Anlass der Resolutionen war eine massive Militäraktion Israels (,,Operation Schutzwall"), die größte seit dem Libanonkrieg 1982, in deren Rahmen die israelische Armee als Reaktion auf eine Reihe schwerer palästinensischer Selbstmordattentate im März 2002 einige wichtige autonome Palästinenserstädte besetzte, darunter Ramallah, Jenin, Kalkilia und Tulkarem, und sogar den Amtssitz Arafats in Ramallah stürmte. In der Folgezeit unternahm Israel wiederholt umfangreiche Militäroperationen gegen die Palästinensergebiete, besetzte immer wieder autonome Territorien, riegelte Städte ab und begann im Juni 2002 mit der Errichtung eines Schutzzaunes zwischen dem Westjordanland und Israel, um das Einsickern von Terroristen nach Israel zu unterbinden. Vor dem Hintergrund der fortdauernden Gewalt stagnierten alle Bemühungen von dritter Seite um eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses. Im Oktober 2002 schied die Arbeitspartei - wie schon mehrmals angedroht - endgültig aus der Likud-geführten Regierungskoalition aus. Grund war der von Sharon vorgelegte Haushaltsentwurf für 2003, der deutliche Einsparungen u. a. im Sozialbereich vorsah, dafür aber eine drastische Erhöhung der Subventionen für die jüdischen Siedlungen im Westjordanland plante. Sharon, dessen Koalition nun über nur noch 55 der insgesamt 120 Sitze in der Knesset verfügte, bemühte sich vergeblich um einen neuen Koalitionspartner und musste am Ende vorgezogenen Neuwahlen zustimmen. Aus den vorgezogenen Neuwahlen, die am 28. Januar 2003 abgehalten wurden und bei denen die Wahlbeteiligung mit 68,5 Prozent so niedrig war wie noch nie zuvor, ging der Likud-Block mit 38 Mandaten klar als stärkste Kraft hervor (gegenüber den Wahlen von 1999 eine Verdoppelung der Mandatszahl). Die Arbeitspartei wurde mit lediglich 19 Sitzen nur noch zweitstärkste Partei. Sharon formierte, da sich sein favorisierter Koalitionspartner, die Arbeitspartei unter ihrem neuen Vorsitzenden Amram Mitzna, sich einer neuerlichen ,,Regierung der Nationalen Einheit" verweigerte, eine relativ heterogene Koalition aus Likud, der siedlerfreundlichen Nationalreligiösen Partei, der extrem rechten Nationalen Union und der säkular-liberalen Schinui-Partei. Die Koalition verfügte über 68 der insgesamt 120 Knesset-Sitze, und der Regierung gehörten u. a. Netanjahu als Finanzminister mit weit reichenden wirtschaftspolitischen Kompetenzen und Silvan Shalom als Außenminister an. Als vordringliches Ziel seiner Regierung nannte Sharon die Sanierung der Wirtschaft; die Wiederaufnahme des Friedensprozesses machte er vom Wohlverhalten der Palästinenser abhängig. Im Mai 2003 akzeptierte Israel ebenso wie die Palästinenser den vom so genannten Nahost-Quartett (USA, Russland, UNO und EU) vorgelegten neuen Friedensplan, die Road Map, und Sharon bekannte sich ausdrücklich zur Errichtung eines unabhängigen, territorial zusammenhängenden Palästinenserstaates . Die Situation im Nahostkonflikt entspannte sich in der Folge etwas; Israel baute einige illegale Außenposten im Westjordanland ab, allerdings nur unbewohnte, und entließ einige Hundert palästinensische Gefangene aus der Haft; nach neuerlichen palästinensischen Selbstmordattentaten kehrte Israel jedoch zu seiner Politik der gezielten Gegenschläge auf mutmaßliche Terroristen zurück. Am 5. Oktober 2003 unternahm Israel in Reaktion auf ein schweres Attentat einen Luftangriff auf ein mutmaßliches Ausbildungslager palästinensischer Extremisten nahe Damaskus in Syrien und rief damit weltweit großen Protest hervor. Es war dies der erste israelische Angriff auf syrisches Territorium seit zwei Jahrzehnten. Im Februar 2004 kündigte Sharon die Räumung aller israelischen Siedlungen im Gazastreifen und den völligen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen an sowie die Aufgabe von vier Siedlungen im Westjordanland und stieß damit auf ein geteiltes Echo: Während große Teile seiner eigenen Partei und der Koalitionspartner den Rückzugsplan ablehnten - sie waren generell nicht bereit, jüdische Siedlungen aufzugeben -, befürwortete die Mehrheit der israelischen Bevölkerung den Plan. Die USA unterstützten ihn ebenfalls, während die arabische Welt sowie einige andere Staaten und die Vereinten Nationen den Plan zurückwiesen, u. a. weil er gleichzeitig die endgültige Annexion einiger Gebiete im Westjordanland implizierte. Außerdem ließ der einseitig beschlossene Rückzug Absprachen und Verhandlungen mit der palästinensischen Seite vermissen. Sharons eigene Partei, der Likud, votierte in einer Abstimmung im Mai 2004 mit klarer Mehrheit gegen einen Rückzug; das Kabinett dagegen akzeptierte den Rückzugsplan in modifizierter Form mit einer Mehrheit von zwei Dritteln. Im Zuge der Auseinandersetzung um den Gaza-Rückzug verließ der schärfste Gegner jeglicher Räumung jüdischer Siedlungen, die Nationale Union, die Regierungskoalition, so dass sich Sharon nur noch auf 59 der 120 Knesset-Abgeordneten stützen konnte. Im Oktober 2004 nahm die Knesset den Rückzugsplan an; jedoch kam ein Großteil der 67 Stimmen für den Plan aus den Reihen der Opposition, was die Regierung Sharon erneut in eine Krise stürzte. In der Folge verließ auch die Nationalreligiöse Partei die Koalition. Anfang Dezember 2004 zerbrach die Regierung endgültig, als die Mehrheit der Knesset, darunter auch die Schinui-Partei, Sharons Haushaltsentwurf für 2005 ablehnte. Die Schinui-Partei störte sich vor allem an den mehr als 40 Millionen Euro für religiöse Institutionen der ultraorthodoxen Partei Vereinigtes Thora-Judentum, die der Haushalt enthielt. Sharon entließ daraufhin die fünf Schinui-Minister aus seiner Regierung, die 15 Schinui-Abgeordneten zogen sich aus der Koalition zurück, so dass sich Sharon nun in der Knesset nur noch auf die Likud-Abgeordneten stützen konnte. Neuwahlen lehnte Sharon ab, stattdessen formierte er nach langwierigen Verhandlungen eine neue Koalition aus Likud, Arbeitspartei und Vereinigtem Thora-Judentum, die zusammen über 66 Sitze in der Knesset verfügten. Jedoch votierten nicht alle Abgeordneten der Koalition für die neue Regierung, als die Knesset am 10. Januar 2005 über sie abstimmte; einige Likud-Abgeordnete lehnten die große Koalition ab. Der Tod des Palästinenserpräsidenten Arafat am 11. November 2004, den Sharon ja knapp drei Jahre zuvor für ,,irrelevant" erklärt und damit als Verhandlungspartner ausgeschlossen hatte, eröffnete neue Chancen auf eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses. Gegenüber dem neuen, am 9. Januar 2005 gewählten Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas erklärte Israel sogleich seine Bereitschaft zu Verhandlungen, und schon am 8. Februar kam es zu einem ersten Gipfeltreffen zwischen Sharon und Abbas, auf dem sich beide Seiten u. a. auf einen sofortigen Gewaltverzicht verständigten. Im März 2005 machte die Knesset den Weg für den Gaza-Rückzug endgültig frei, und im August 2005 räumte Israel den Gazastreifen und vier Siedlungen im Westjordanland. Die Räumung verlief trotz des Widerstands einiger Siedler und zahlreicher israelischer Demonstranten rascher und gewaltfreier als erwartet. Die insgesamt etwa 9 000 Siedler - 8 000 aus dem Gazastreifen und 1 000 aus den vier Siedlungen im Westjordanland - wurden in Israel angesiedelt, zum Teil in Behelfsquartieren, und pro Familie mit umgerechnet etwa 300 000 Euro entschädigt. Mit dem Abzug seiner letzten Soldaten am 11. September 2005 aus dem Gazastreifen gab Israel nach 38 Jahren Besatzung das Gebiet an die Palästinenser zurück. Im November 2005 zerbrach nach nur zehn Monaten die Koalition aus Likud und Arbeitspartei, als die Arbeitspartei auf Betreiben ihres neu gewählten Vorsitzenden Amir Peretz beschloss, sich aus der Koalition zurückzuziehen. In der Folge einigten sich die beteiligten Parteien auf eine vorzeitige Auflösung der Knesset und vorgezogene Neuwahlen im Frühjahr 2006. Außerdem verließ Sharon mit einer Reihe von Gleichgesinnten den Likud, der spätestens seit der Ankündigung des Gaza-Rückzugs in zwei unversöhnliche Fraktionen gespalten war: die Parteigänger Sharons, die den Rückzug und eine Fortsetzung des Friedensprozesses befürworteten, und seine Gegner, darunter Netanjahu, die die Preisgabe jeglichen von Israel besetzten Gebietes strikt ablehnten. Sharon gründete eine neue, politisch in der Mitte angesiedelte Partei mit dem Namen Kadima (,,Vorwärts"), der für die vorgezogenen Knessetwahlen große Chancen auf einen Wahlsieg prognostiziert wurden. Schwer erschüttert wurde die politische Landschaft Israels, als Sharon im Januar 2006 einen Schlaganfall erlitt und nicht mehr in der Lage war, seine Ämter auszuüben; Ministerpräsident und Kadima-Vorsitzender wurde amtierend der stellvertretende Ministerpräsident und Finanzminister Ehud Olmert. Als weitere politische Herausforderung für Israel kam der Sieg der Hamas bei den palästinensischen Parlamentswahlen hinzu. Die Hamas, die nicht nur von Israel als Terrororganisation eingestuft wurde, hatte die Vernichtung Israels zum Ziel und wich von dieser Doktrin auch nach ihrem Wahlsieg nicht ab. Verhandlungen mit einer palästinensischen Regierung, der auch HamasMitglieder, d. h. Mitglieder einer Terrororganisation, angehörten, erteilte die israelische Regierung eine klare Absage; dem Friedensprozess drohte erneut eine schwerer Rückschlag. 7.4.3.5 Die Regierung Olmert Aus den vorgezogenen Parlamentswahlen am 28. März 2006 ging erwartungsgemäß Kadima unter der Führung Olmerts als stärkste Kraft hervor, sie schnitt jedoch mit 29 Mandaten deutlich schlechter ab als vorhergesagt. Zweitstärkste Partei wurde die Arbeitspartei mit 19 Mandaten, gefolgt von dem wieder von Netanjahu angeführten Likud und der Shas-Partei (jeweils zwölf Mandate) sowie der rechten Partei Unser Haus Israel (elf Mandate). Die Wahlbeteiligung erreichte mit 63,2 Prozent einen neuen historischen Tiefststand. Von Staatspräsident Katsav mit der Regierungsbildung beauftragt, formierte Olmert eine Koalition aus Kadima, der Arbeitspartei, der Shas-Partei und der erst wenige Monate zuvor gegründeten Rentnerpartei Gil (sieben Mandate); die Koalition verfügte über insgesamt 67 Sitze in der Knesset. Anfang Mai 2006 wurde Olmerts 25-köpfige Regierung, deren wichtigste Posten erstmals in der Geschichte Israels nicht von Personen mit vorwiegend militärischer Laufbahn, sondern von Zivilisten eingenommen wurden, von der Knesset bestätigt. Als eine der wesentlichen Aufgaben seiner Regierung nannte Olmert die - gegebenenfalls einseitige - endgültige Festlegung der israelisch-palästinensischen Grenzen bis 2010 und, damit verbunden, die Auflösung einiger jüdischer Siedlungen im Westjordanland und die Umsiedelung mehrerer Zehntausend jüdischer Siedler. Da anzunehmen war, dass die Shas-Partei der Aufgabe jüdischer Siedlungen nicht zustimmen würde und die Koalition dadurch scheitern lassen könnte, wurde sie im Koalitionsvertrag von der Pflicht befreit, diesem Vorhaben zuzustimmen. In der Folgezeit trieb die Regierung Olmert vor allem den Ausbau der Grenzbefestigung zwischen Israel und den Palästinensergebieten voran, um mit einer einseitigen Grenzziehung Fakten zu schaffen, was jedoch sowohl in Israel als auch international auf Kritik stieß, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Das Verhältnis zu den Palästinensern blieb gespannt, aber vergleichsweise ruhig, obwohl es immer wieder zu Raketenangriffen aus dem Gazastreifen auf Israel kam, die Israel vorerst aber nur mit vereinzelten Gegenschlägen beantwortete. Die Lage änderte sich, als am 25. Juni 2006 Palästinenser einen israelischen Grenzposten am Gazastreifen überfielen und einen israelischen Soldaten verschleppten. Israel reagierte mit einer breit angelegten Offensive und drang zum ersten Mal seit seinem Abzug im Jahr zuvor wieder mit Panzerverbänden in den Gazastreifen ein. Nur wenig später, am 12. Juli, eröffnete Israel eine zweite Front, und zwar im Norden gegen die vom Libanon aus gegen Israel agierende Hisbollah. Auch hier waren an der Grenze zwei israelische Soldaten verschleppt worden, und auch hier begann Israel eine Großoffensive. Mit Bodentruppen, aus der Luft und von See griff die israelische Armee Hisbollah-Stellungen im Süden des Libanon an, aber auch Stützpunkte der Organisation weiter im Norden des Landes, etwa in Beirut und in der Beka-Ebene, mit dem Ziel, die Hisbollah nachhaltig zurückzudrängen. Es wurden militärische Stellungen der Hisbollah zerstört, aber auch, um den Nachschub für die Hisbollah abzuschneiden, in großem Umfang Straßen, Brücken, Flugplätze und andere Einrichtungen, und es wurde eine See- und Luftblockade verhängt, so dass auch die Versorgung der Zivilbevölkerung nicht mehr gewährleistet werden konnte; zudem trieb der israelische Angriff Hunderttausende Libanesen in die Flucht und kostete Hunderte, vor allem Zivilisten, das Leben. Obwohl der Angriff international als unverhältnismäßig kritisiert wurde und obwohl Israel von verschiedenen Seiten - nicht aber von den Vereinten Nationen, die sich wegen des Widerspruchs der USA zuerst nicht auf eine entsprechende Resolution einigen konnten - zu einer sofortigen Waffenruhe aufgerufen wurde, setzte es die Offensive unvermindert fort und erklärte, seine Truppen so lange im Südlibanon zu halten, bis dort eine internationale Friedenstruppe stationiert sei und für Frieden und Sicherheit sorgen könne. Der Krieg gegen die Hisbollah wurde durch die UN-Resolution 1701 vom 11. August 2006 beendet, die u. a. die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten und den Rückzug Israels aus dem Südlibanon parallel zu der Stationierung von libanesischen und Blauhelmtruppen in diesem Gebiet forderte. Der Abzug ging jedoch nur schleppend voran - er war erst Anfang Oktober abgeschlossen -, und auch die See- und Luftblockade, die vor allem die Zivilbevölkerung betraf, hielt Israel noch bis in den September hinein aufrecht. Der später in Israel offiziell als 2. Libanonkrieg bezeichnete Krieg war der erste, den Israel nicht gewann; es war Israel trotz seiner Übermacht nicht einmal gelungen, die Hisbollah entscheidend zu schwächen, was nun auch in Israel selbst mit scharfer Kritik an der Regierung und deren Kriegsführung quittiert wurde. Vorhaben wie etwa der Teilrückzug aus dem Westjordanland wurden vorerst ausgesetzt. Um seiner Regierung eine breitere Grundlage zu verschaffen, nahm Olmert im Oktober 2006 die ultranationalistische Partei Unser Haus Israel von Avigdor Lieberman in die Koalition auf, die nun über 78 Mandate verfügte. Die Arbeitspartei hatte zwar gegen diesen Entschluss protestiert, war aber in der Regierung verblieben, um dem Einfluss von Lieberman auf die Regierungspolitik entgegenzuwirken. Im April 2007 legte die von der Regierung eingesetzte Untersuchungskommission zum Libanonkrieg, die so genannte Winograd-Kommission, einen Zwischenbericht vor, in dem sie den Verantwortlichen im Libanonkrieg, allen voran Ministerpräsident Olmert sowie Verteidigungsminister Peretz und der Armeeführung, schwere Fehler vorwarf; u. a. sei Israel übereilt, ohne strategischen Plan, ohne Prüfung von Alternativen und mit einer unvorbereiteten Armee in den Krieg gegen die Hisbollah gezogen. Nicht zuletzt aufgrund seines Versagens im Libanonkrieg wurde Peretz im Juni 2007 als Parteivorsitzender abgewählt und durch Barak ersetzt, der Peretz auch im Amt des Verteidigungsministers nachfolgte. Zum neuen Staatspräsidenten wählte die Knesset ebenfalls im Juni 2007 den Kandidaten von Kadima, Shimon Peres. Amtsinhaber Katsav trat kurz vor dem offiziellen Ende seiner Amtszeit (Juli 2007) wegen des - eingestandenen - Vorwurfs der sexuellen Belästigung von Mitarbeiterinnen zurück. In die seit der Regierungsübernahme der Hamas weitgehend abgebrochenen Beziehungen zu den Palästinensern kam im Sommer 2007 wieder Bewegung, nachdem Palästinenserpräsident Abbas die von der Hamas geführte Regierung aufgelöst und eine von der Fatah dominierte Notstandsregierung eingesetzt hatte, die jedoch nur im Westjordanland agieren konnte, während der Gazastreifen nach einem kurzen innerpalästinensischen Bürgerkrieg völlig unter der Kontrolle der Hamas stand. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
israel

« Israel eingewandert sind, und die Sephardim, deren Vorfahren von der Iberischen Halbinsel und aus Nordafrika nach Israel kamen.

Andere Volksgruppen stammen aus demMittleren Osten oder aus Osteuropa.

Letztere wanderten vor allem nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Zerfall des Ostblocks nach Israel aus. 3.1 Wichtige Städte Größte Stadt des Landes ist Jerusalem (702 000 Einwohner einschließlich der Altstadt).

Weitere wichtige Städte sind das Industriezentrum Tel Aviv-Jaffa (369 000), Haifa(269 000), Holon (166 000) und Ramat Gan (127 000). 3.2 Sprache Die Amtssprachen sind Hebräisch und Arabisch.

Das Hebräische ist am weitesten verbreitet.

Die palästinensische Minderheit spricht Arabisch, das ab der fünften Klasse,ebenso wie das Englische, in der Schule unterrichtet wird.

Viele Bewohner des Landes sprechen zudem Englisch, Jiddisch, Russisch oder eine andere europäische Sprache.Englisch ist die Handelssprache und wird von den meisten Israelis beherrscht.

Nahezu alle Bewohner des Landes sind zweisprachig, da ihre Eltern nach der Staatsgründungim Jahr 1948 nach Israel kamen.

Für die Einwanderer gibt es heutzutage staatlich geförderte Hebräisch-Kurse, den so genannten Ulpanim- Unterricht. 3.3 Religion Die Angelegenheiten der drei wichtigsten Religionen im Land, Judentum, Islam und Christentum, werden von einem Ministerium für religiöse Angelegenheiten und jeweilszugehörigen Räten in den verschiedenen Religionen koordiniert.

81 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Judentum.

Die Muslime haben unter der nichtjüdischenBevölkerung den größten Anteil (14,4 Prozent der Gesamtbevölkerung); andere Minderheiten sind Christen (2,9 Prozent) und Drusen (1,7 Prozent). 3.3. 1 Feiertage Die jüdischen Feiertage und der Sabbat sind im ganzen Land gesetzlich vorgeschrieben.

Der jüdische Kalender basiert auf dem Mondkalender; die Daten der Feiertageweichen deshalb von denen des westlichen Sonnenkalenders ab.

Der Monat Tischri – im September bzw.

Oktober – beginnt mit dem jüdischen Neujahrsfest, RoschHaschana .

Der wichtigste jüdische Feiertag , der Versöhnungstag Jom Kippur, findet am 10.

Tischri statt.

Das Laubhüttenfest (Sukkot) beginnt am 15.

Tischri, dauert eine ganze Woche und endet mit dem Simhat Thora.

Dieser Feiertag markiert den Beginn des einjährigen Zyklus der Thoralesungen.

Das Tempelweih- oder Lichterfest Chanukkawird im späten November oder Dezember gefeiert.

Passah oder Pessach findet sechs Monate (nach dem Mondkalender) und zwei Wochen nach Rosch Haschana statt.Andere wichtige Fest- und Feiertage sind der Unabhängigkeitstag 21 Tage und Schawuot 50 Tage nach dem Passahfest.

Die Zeitrechnung, auf den Tag bezogen, beginntnach jüdischer Auffassung bei Sonnenuntergang.

Deshalb beginnt der jüdische Sabbat bereits freitags bei Sonnenuntergang und endet samstags zur gleichen Zeit. 3.4 Soziales Die allgemeine Verwaltungs- und Koordinationsbehörde für das Gesundheitswesen ist das Gesundheitsministerium.

Krankenversicherungen werden überwiegend privat oderüber den Arbeitgeber abgeschlossen.

Die größte Versicherung, der zwei Drittel der Bevölkerung angehören, wird von der Histadrut, der israelischen Arbeitergewerkschaft,betrieben.

Vom Staat werden Krankenversicherung, Pensionen, Mutterschaftszuwendungen und Hilfen für minderjährige Kinder bezuschusst.

Die Kindersterblichkeitsrateliegt bei 7 Sterbefällen pro 1 000 Lebendgeburten. 4 BILDUNG UND KULTUR Die meisten Schriftsteller, die auch in andere Sprachen übersetzt und in anderen Ländern gelesen werden, haben das moderne Israel und seine politische Entwicklung zumThema, sind aber zugleich auch den jüdischen Traditionen verbunden ( siehe hebräische Literatur und hebräisches Theater).

Zu den bekanntesten Autoren gehören Max Brod, der Förderer Franz Kafkas, Schmuel Josef Agnon, der 1966 den Nobelpreis für Literatur erhielt, Ephraim Kishon und Amos Oz.

In den letzten Jahren hat sich geradeaufgrund der unterschiedlichen kulturellen Traditionen der verschiedenen Volksgruppen eine vielfältige israelische Kunst- und Theaterszene (insbesondere in Tel Aviv)entwickelt.

Tel Aviv verkörpert im Gegensatz zum mehr orthodoxen Jerusalem das moderne, westlich orientierte Israel. 4.1 Kunst und Musik In neuerer Zeit haben israelische Künstler wie Yaakov Agam und Dani Karavan auf sich aufmerksam gemacht.

Zur Kunst und Architektur Israels siehe jüdische Kunst und Architektur. Das bekannteste Orchester des Landes sind die Israelischen Philharmoniker, das Stardirigenten aus aller Welt leiteten.

Die populäre Musik wird vor allem vominternationalen Musikmarkt beherrscht; die israelische Rock- und Popmusik wird dagegen zwar nur im eigenen Land gehört, hat aber inzwischen internationalen Standarderreicht.

In der traditionellen Volksmusik ist der orientalisch-jüdische Einfluss stark zu spüren, ebenso in den Tänzen ( siehe jüdische Musik).

Bedeutende israelische Musiker sind Daniel Barenboim, Itzhak Perlman und Pinchas Zukerman. 4.2 Kultureinrichtungen In Israel gibt es über 130 Museen; die bekanntesten sind das Tel-Aviv-Museum und das Israel-Museum in Jerusalem, das bedeutende Exponate jüdischer Volkskunst undmoderner Bildhauerei beherbergt.

Der Schrein des Buches, ein Teil des Israel-Museums, zeigt die Qumran-Rollen.

Unter den mehr als 500 öffentlichen Bibliotheken im Landzählt die jüdische National- und Universitätsbibliothek auf dem Campus der Hebräischen Universität Jerusalem mit ihren 3,5 Millionen Bänden zu den wichtigsten.

DerUniversität von Tel Aviv ist die Wiener Library angegliedert, eine Forschungsbibliothek, die zeitgeschichtliche Publikationen zum Holocaust sowie zur Judaistik, zumAntisemitismus und zum Faschismus sammelt. 4.3 Medien Die israelische Rundfunkanstalt ist für inländische und internationale Radiosender und für das inländische Fernsehen verantwortlich.

Es gibt ein staatliches Netzwerk fürFernunterricht.

Post, Telefon und Telegraphenamt sind ebenfalls staatlich. In Israel erscheinen 34 Tageszeitungen (1996).

Zu den einflussreichsten zählen Ha’aretz, Davar, Ma’ariv, Yedioth Aharonot und die Jerusalem Post. Daneben gibt es viele Wochenzeitungen und Magazine.

Die meisten Zeitungen erscheinen in Tel Aviv. 4.4 Bildung und Schulwesen Es besteht eine elfjährige Schulpflicht; der Schulbesuch ist kostenlos.

Neben dem gut ausgebauten staatlichen Schulsystem gibt es auch konfessionelle Schulen. Die akademische Ausbildung wird durch ein Gesetz von 1958 geregelt, mit dem ein Rat zur Kontrolle der Universitäten und anderer Hochschulen eingesetzt wurde.

Zu den. »

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