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Jasir Mohammed Arafat - Geschichte.

Publié le 15/06/2013

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Jasir Mohammed Arafat - Geschichte. 1 EINLEITUNG Jasir Mohammed Arafat (1929-2004), politischer und militärischer Führer der Palästinenser, Vorsitzender der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO, 1969-2004), erster gewählter Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PNA, 1993/1996-2004) sowie Friedensnobelpreisträger 1994. 2 FRÜHE JAHRE Jasir Arafat wurde unter dem Namen Abdal Rauf Arafat al-Qudwa al-Husaini am 27. August 1929 in Kairo geboren; selbst gab er Jerusalem als seinen Geburtsort an. Mit Beginn seines politischen Engagements nahm er den Kampfnamen Abu Ammar an, später nannte er sich Jasir Arafat; beide Namen sind ein Rückgriff auf Ammar bin Jasir, einen militärisch erfolgreichen Gefährten des Propheten Mohammed. Als Arafat etwa vier Jahre alt war, starb seine Mutter. Er wuchs daraufhin bei Verwandten in Jerusalem auf, ehe ihn sein Vater als etwa Neunjährigen nach Kairo zurückholte. Bereits als Jugendlicher beteiligte er sich an Unternehmungen gegen Großbritannien (das als De-facto-Besatzungsmacht in Ägypten engagiert war und als Mandatsmacht in Palästina), schmuggelte von Ägypten aus Waffen nach Palästina für den Kampf gegen die Briten und gegen militante zionistische Gruppierungen, und während des 1. Nahostkrieges 1948 zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarländern kämpfte er im Gazastreifen gegen den neu errichteten Staat Israel. Arafat empfand das Verhalten der arabischen Staaten in diesem Krieg als Verrat; sie hätten nicht gekämpft, sondern nur so getan, erklärte er. Die verheerende Niederlage der arabischen Truppen in diesem 1. Nahostkrieg prägte Arafats weiteren politischen Weg vermutlich nachhaltig. In der Folge kehrte Arafat nach Kairo zurück und studierte dort bis 1956 Elektrotechnik. Während seines Studiums vertiefte er sein politisches Engagement, schloss sich der Palästinensischen Studentenvereinigung an und übernahm 1952 deren Vorsitz. Daneben soll er sich am Untergrundkampf um den Suezkanal als Sprengstoffexperte hervorgetan haben. Am Suezkrieg, in den die Suezkrise 1956 mündete, nahm er auf ägyptischer Seite als Reserveoffizier teil. Von 1957 bis 1965 lebte Arafat in Kuwait und arbeitete dort zunächst als Ingenieur, ehe er zusammen mit einem Freund eine eigene, offensichtlich florierende Baufirma aufmachte. Einen Großteil seiner Zeit und seines Geldes verwendete er auch hier auf seine politische Arbeit. Zusammen mit Abu Jihad und anderen gleich gesinnten Palästinensern gründete Arafat 1959 die Kampforganisation Al Fatah. Das Ziel der Fatah war die Errichtung eines unabhängigen Palästinenserstaates und die Zerstörung des Staates Israel; das Mittel, das zu diesem Ziel führen sollte, war der bewaffnete Kampf gegen Israel. Und diesen Kampf nahm die Gruppe etwa 1964 auf. Ebenfalls 1964 wurde auf Betreiben des ägyptischen Staatschefs Gamal Abd el-Nasser die PLO gegründet, jedoch trotz ihrer markigen Charta nicht als Kampforganisation zur Befreiung der Palästinenser und Errichtung eines Palästinenserstaates, sondern mit dem Ziel, den Palästinensern ein Sprachrohr zu geben und sie zu kontrollieren. Der Sechstagekrieg 1967 zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten, in dem die Araber erneut eine schwere Niederlage hinnehmen mussten und Israel u. a. das gesamte palästinensische Westjordanland und die ägyptische Sinai-Halbinsel besetzte, verschaffte der Fatah einen enormen Aufschwung, da sich bei vielen Palästinensern die Überzeugung durchsetzte, dass der Kampf gegen Israel nicht durch einen konventionellen Krieg gewonnen werden könne, sondern nur durch einen Guerillakrieg, wie ihn die Fatah propagierte und während des Sechstagekrieges als einzige palästinensische Organisation auch geführt hatte. Die PLO hatte sich während des Sechstagekrieges durch Inaktivität ausgezeichnet. Im März 1968 errang die Fatah unter Beteiligung Arafats bei Karamah (Jordanien) einen Sieg gegen israelische Truppen, der von den Arabern als erster großer militärischer Erfolg gegen Israel gefeiert wurde und das Ansehen der Fatah und Arafats bei den Palästinensern noch weiter wachsen ließ. 3 VORSITZENDER DER PLO 1969 wurde Arafat zum Vorsitzenden des Exekutivrates der PLO gewählt; die Fatah war die dominierende Gruppierung innerhalb der Organisation. Arafat entzog die PLO mehr und mehr der Vormundschaft durch die arabischen Staaten und wandelte sie zu einer unabhängigen national-palästinensischen, nicht mehr dem Panarabismus verpflichteten Kampforganisation, deren Ziel die Errichtung eines unabhängigen Palästinenserstaates war. Ihm, der selbst offenbar keiner politischen Ideologie anhing, aber geschickt taktierte, gelang es, alle Fraktionen innerhalb der PLO und der arabischen Welt - von extremen Marxisten bis zu konservativen muslimischen Kräften - zusammenzuhalten und auf ein gemeinsames Ziel auszurichten. Noch setzte er auf den bewaffneten, auch Terroraktionen einschließenden Kampf; erst später vertrat er einen gemäßigteren Kurs, bediente sich zunehmend politisch-diplomatischer Mittel im Kampf für einen Palästinenserstaat und suchte Terroraktionen - meist mit wenig Erfolg - zu begrenzen bzw. einzudämmen. 1970 erlebten die PLO und Arafat einen schweren Rückschlag: Seit den späten sechziger Jahren war Jordanien das Hauptrückzugsgebiet der PLO und die Operationsbasis für ihre Aktionen gegen Israel. Unter Arafats Führung hatte sich die PLO in Jordanien nahezu als ,,Staat im Staate" etabliert und versuchte sogar, König Hussein II. zu stürzen. Aber im September 1970 bot Hussein seine Armee gegen die Guerillatruppen der PLO auf und vertrieb sie aus Jordanien. Die PLO Mit Arafat an der Spitze baute im Libanon ihr neues Hauptquartier auf. Das Jahr 1974 markierte für Arafat und die PLO dann einen bedeutenden Fortschritt auf internationaler Ebene: Die Arabische Liga erkannte die PLO als einzige rechtmäßige Vertreterin der Palästinenser an, und Arafat hielt auf Einladung der Vereinten Nationen am 13. November ein Rede vor der UN-Generalversammlung - ausgerüstet mit Pistole und Ölzweig als Symbole für den Willen zum Widerstandskampf auf der einen, die Bereitschaft zum Frieden auf der anderen Seite. Dieser erste Auftritt eines Vertreters der PLO bzw. der Palästinenser vor den Vereinten Nationen verschaffte sowohl der PLO als auch insbesondere Arafat die Anerkennung der Welt als legitimen Vertretern der Palästinenser. Wenig später verabschiedete die Generalversammlung die Resolution 3236, in der sie das Recht der Palästinenser auf nationale Souveränität und Unabhängigkeit unterstrich. Es folgte eine Reihe von Staatsbesuchen, bei denen Arafat stets die Gelegenheit nutzte, um für die Sache der Palästinenser zu werben. Die in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre eingeleiteten Bemühungen des ägyptischen Präsidenten Mohammed Anwar as-Sadat um einen ägyptisch-israelischen Frieden lehnte er jedoch strikt ab. Einen neuerlichen Rückschlag bedeutete 1982 der israelische Einmarsch im Libanon, der maßgeblich von dem israelischen Verteidigungsminister Ariel Sharon vorangetrieben worden war und dessen Ziel die Zerschlagung der vom Libanon aus gegen Israel operierenden PLO war. In der Folge mussten die in Beirut eingeschlossenen PLO-Verbände das Land verlassen und sich auf mehrere arabische Staaten verteilen; Arafat selbst wählte Tunis als sein neues Hauptquartier. Nach dieser Niederlage forcierte Arafat seine politisch-diplomatischen Bemühungen, nahm Verhandlungen mit König Hussein auf und schien einer pragmatischen Lösung nicht abgeneigt. Damit aber provozierte er den Widerstand einiger, insbesondere der radikalen Gruppierungen innerhalb der PLO, die schließlich sogar offen gegen Arafat rebellierten und ihn und etwa 4 000 seiner Getreuen in Tripoli einschlossen. Nach einigem internationalen diplomatischen Tauziehen konnte Arafat mit seinen Leuten im Dezember 1983 unter dem Schutz der Vereinten Nationen den Libanon verlassen. 1985 unternahm Arafat einen weiteren, diesmal von den USA geförderten Versuch, zusammen mit König Hussein einer Lösung des Palästinenserproblems näher zu kommen; aber auch dieser Versuch scheiterte. Erfolgreicher agierte er dagegen innerhalb der PLO selbst: Hier gelang es ihm, auch die radikalen Gruppierungen wieder einzubinden - vermutlich gegen Konzessionen - und ein Auseinanderbrechen der Organisation zu verhindern. Der Ausbruch der Intifada 1987 leitete eine allmähliche Wende im Nahostkonflikt ein. Arafat verstand es, die internationale Kritik an dem harten Vorgehen Israels gegen die palästinensischen Aufständischen für die Sache der PLO zu nutzen. Im November 1988 proklamierte Arafat im Namen des Palästinensischen Nationalrates in Algier den ,,Staat Palästina". Im Dezember 1988 rief Arafat in einer neuerlichen Rede vor der UN-Generalversammlung - die ausnahmsweise in Genf statt in New York tagte, da die USA Arafat die Einreise verweigert hatten - Israel auf, gemeinsam eine friedliche Lösung des palästinensisch-israelischen Konflikts zu suchen. Diesen Aufsehen erregenden Appell ergänzte er unmittelbar darauf noch, indem er gegenüber den USA formell die vom Nationalrat im November indirekt beschlossene Anerkennung des Existenzrechtes des Staates Israel sowie den Verzicht der PLO auf Terrorismus bestätigte. In der Folge kündigten die USA die Aufnahme von Verhandlungen mit der PLO an. Einen schweren diplomatischen Fehlgriff, dessen Resultat eine zeitweise Isolierung sowohl auf internationaler Ebene als auch innerhalb der arabischen Welt war, beging Arafat 1990/91, als er sich während der irakischen Invasion in Kuwait (2. Golfkrieg) mit dem irakischen Staatschef Saddam Hussein solidarisierte. Dennoch wurde im Oktober 1991 auf Vermittlung der USA und der Sowjetunion in Madrid eine erste multilaterale Nahostkonferenz eröffnet; Arafat verzichtete allerdings auf eine persönliche Teilnahme. Es folgten im Sommer 1993 israelisch-palästinensische Geheimverhandlungen in Oslo, an denen erstmals auch Vertreter der PLO teilnahmen, nachdem Israel sich bereit erklärt hatte, direkt mit der PLO zu verhandeln, und sie damit faktisch anerkannt hatte. Die Verhandlungen mündeten am 13. September 1993 in die Unterzeichnung der Osloer Prinzipienerklärung, die Arafat und der israelische Ministerpräsident Itzhak Rabin durch einen historischen Handschlag besiegelten. Mit dem Abkommen erkannten sich Israel und die Palästinenser gegenseitig an, und es schuf die Rahmenbedingungen für eine Teilautonomie der Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland. 1994 wurden Arafat, Rabin und der israelische Außenminister Shimon Peres als die Hauptverantwortlichen für das Zustandekommen des Abkommens mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Jedoch war das, was die PLO bzw. Arafat in der Osloer Prinzipienerklärung und den nachfolgenden Oslo-Verträgen erreicht hatte, weit entfernt von Arafats ursprünglichem Ziel: der Errichtung eines unabhängigen Palästinenserstaates. 4 VORSITZENDER DER PALÄSTINENSISCHEN AUTONOMIEBEHÖRDE Am 4. Mai 1994 unterzeichneten Arafat und Rabin das Gaza-Jericho-Abkommen (siehe Oslo-Verträge), das einige Teilaspekte aus der Prinzipienerklärung konkretisierte, darunter den Abzug der israelischen Truppen aus Teilen des Gazastreifens und aus Jericho und die Übertragung der Teilautonomie in diesen Gebieten an die Palästinensische Autonomiebehörde (PNA), die durch die Prinzipienerklärung installiert worden war. Am 1. Juli 1994 kehrte Arafat unter dem Jubel der Bevölkerung nach 27 Jahren im Exil nach Palästina zurück, und zwar in den Gazastreifen, und begann dort mit dem Aufbau der palästinensischen Selbstverwaltung. Daneben führte er die Verhandlungen mit Israel über eine Ausweitung der palästinensischen Autonomie fort; Ergebnis war das am 28. September 1995 unterzeichnete Interimsabkommen. Am 20. Januar 1996 wählten die Palästinenser auf der Grundlage der israelisch-palästinensischen Verträge erstmals u. a. den Präsidenten und das Parlament der palästinensischen Selbstverwaltung. Bereits im Oktober 1993 hatte der Nationalrat der PLO Arafat zum Vorsitzenden (Präsidenten) der Autonomiebehörde gewählt; nun wurde er in allgemeinen, direkten Wahlen mit gut 87 Prozent der Stimmen von der Bevölkerung in diesem Amt bestätigt. Seine Fatah gewann mit 50 der insgesamt 88 Sitze die absolute Mehrheit im Palästinensischen Autonomierat, dem Parlament der Palästinenser. Hatte der israelisch-palästinensische Friedensprozess seit der Ermordung Rabins 1995 schon erheblich an Schwung verloren, so erfuhr er im Februar/März 1996 durch antiisraelische Terroraktionen der radikal-islamischen Hamas, die nicht zur PLO gehörte, einen schweren Rückschlag, und vollends ins Stocken geriet er, nachdem im Mai 1996 die vom konservativen Likud geführte Koalition unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Israel die Regierung übernommen hatte. Bewegung kam in den Friedensprozess - nach zahlreichen fehlgeschlagenen, internationalen Vermittlungsversuchen, die zumeist an der unnachgiebigen Haltung Netanjahus gescheitert waren - erst wieder im Herbst 1998: Am 23. Oktober 1998 unterzeichneten Arafat und Netanjahu nach langwierigen Verhandlungen, die u. a. unter der Vermittlung des amerikanischen Präsidenten Bill Clinton stattfanden, in der Nähe von Washington D.C. zur weiteren Umsetzung der Oslo-Verträge das Wye-Abkommen. Aber schon kurz nach der Unterzeichnung des Abkommens stellte Israel dessen Umsetzung wieder ein. In Reaktion darauf kündigte Arafat Ende 1998 die Proklamation eines souveränen palästinensischen Staates am 4. Mai 1999 an; an diesem Tag endete die in den Oslo-Verträgen vorgesehene fünfjährige Übergangsfrist, innerhalb derer eine endgültige Regelung für den Status der Palästinenser gefunden werden sollte. Unmittelbar vor dem Stichtag stellte Arafat unter Zustimmung der PLO die Staatsgründung jedoch vorerst zurück - auf internationalen Druck hin und im Interesse der Fortführung bzw. Wiederaufnahme des Friedensprozesses. 4.1 Fortschritte und Rückschläge im Friedensprozess Nach monatelanger Stagnation des Friedensprozesses sagte der neue israelische Ministerpräsident Ehud Barak unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Juli 1999 Arafat die zügige Umsetzung des Wye-Abkommens zu, und am 4. September 1999 unterzeichneten Arafat und Barak im ägyptischen Sharm el Sheikh ein Durchführungsabkommen zum Wye-Abkommen, das so genannte Wye-II-Abkommen. Wichtigste Punkte dieses Abkommens waren die Verpflichtung Israels auf den schon im Wye-Abkommen festgelegten weiteren Rückzug aus dem Westjordanland und die Verpflichtung beider Seiten auf die Aushandlung einer umfassenden, tragfähigen, international anerkannten Friedensregelung bis zum 13. September 2000. Auch die Umsetzung von Wye II verzögerte sich wieder, der israelische Rückzug wurde erst mit Verspätung umgesetzt, und die Endstatus-Verhandlungen gerieten wiederholt in die Krise. Streitpunkte waren vor allem der zukünftige Status von Jerusalem, die genauen Grenzen eines palästinensischen Staates sowie die Zukunft der etwa 3,5 Millionen palästinensischen Flüchtlinge in den angrenzenden Staaten und der jüdischen Siedlungen im Westjordanland. Im Juli 2000 suchten Arafat und Barak unter Vermittlung von Bill Clinton in Camp David (USA) eine Einigung über diese Streitpunkte zu erzielen. Die Verhandlungen, in denen Israel etwa 90 Prozent des Westjordanlandes für einen künftigen Palästinenserstaat anbot, scheiterten jedoch, und zwar letztlich an der Jerusalem-Frage, in der vor allem Arafat kompromisslos blieb: Ihm ging die von Israel angebotene Autonomie über Ostjerusalem einschließlich des Tempelberges nicht weit genug, er forderte vielmehr die volle palästinensische Souveränität über Ostjerusalem. Israel und die USA schrieben die Schuld am Scheitern der Camp-David-Verhandlungen allein Arafat zu; die Palästinenser feierten Arafat für seine Standhaftigkeit in Bezug auf Jerusalem, und auch aus der gesamten arabischen Welt erhielt Arafat Rückendeckung. Wenig später erklärte Arafat, bis spätestens 13. September 2000, dem Tag, bis zu dem laut Wye II eine endgültige Friedensregelung hätte ausgehandelt sein sollen, einen unabhängigen Staat Palästina ausrufen zu wollen, verschob dann aber mit Rücksicht auf den labilen Friedensprozess kurz vor dem Stichdatum die Proklamation auf unbestimmte Zeit. Einen neuen Impuls erhielten die stagnierenden Friedensverhandlungen durch ein weiteres Treffen zwischen Arafat und Barak am 25. September 2000; aber schon drei Tage später zerschlugen sich vorerst alle Hoffnungen auf eine Fortsetzung des Friedensprozesses wieder: Nach dem Besuch des israelischen Oppositionsführers Ariel Sharon auf dem Tempelberg brachen zunächst in Ostjerusalem, dann im ganzen Westjordanland blutige Unruhen aus, die sich zur so genannten Al-Aksa-Intifada ausweiteten. In einer weiteren Verhandlungsrunde konnten sich Arafat und Barak am 16. Oktober 2000 lediglich auf die Einstellung der Gewalt einigen. Die blutigen Auseinandersetzungen gingen dennoch weiter. Arafat kündigte an, dass die Intifada, die er als zivile Protestbewegung mit friedlichen Mitteln verstand, fortgesetzt würde, bis Ostjerusalem die Hauptstadt eines palästinensischen Staates sei. Trotz der fortdauernden Gewalt fanden sich Arafat und Barak zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen bereit - allerdings zunächst nur in indirekter Form. Im Dezember 2000/Januar 2001 machten die Verhandlungen dann relativ rasche Fortschritte; ein Grund dafür war der Zeitdruck, unter dem sie geführt wurden: Der Vermittler Bill Clinton schied im Januar 2001 aus dem Präsidentenamt, und auch Barak war nach seinem Rücktritt im Dezember 2000 vermutlich nur noch bis zur Neuwahl des Ministerpräsidenten im Februar 2001 im Amt. Grundlage der Verhandlungen war ein Plan Clintons, der die Schaffung eines palästinensischen Staates vorsah, bestehend aus 95 Prozent des Westjordanlandes und dem gesamten Gazastreifen; außerdem sollten die Palästinenser die Hoheit über Ostjerusalem erhalten, aber auf ein Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge verzichten. Die Verhandlungen endeten ergebnislos. 4.2 Konfrontation mit der Regierung Sharon Aus der Neuwahl des israelischen Ministerpräsidenten am 6. Februar 2001 ging Ariel Sharon als klarer Sieger hervor, was für den Friedensprozess insgesamt kurz- und mittelfristig keine Fortschritte erwarten ließ. Während der Großteil der Palästinenser dem Machtwechsel in Israel äußerst ablehnend gegenüberstand und mit neuerlicher Gewalt drohte, signalisierte Arafat seine Bereitschaft, auch mit dem neuen israelischen Ministerpräsidenten zu verhandeln, ungeachtet dessen bisheriger antipalästinensischer Äußerungen. Sharon auf der anderen Seite erklärte sowohl die Oslo-Verträge als auch die zwischen der Regierung Barak und den Palästinensern getroffenen Vereinbarungen für nicht bindend, war zudem nur bereit, über weitere Übergangsabkommen zu verhandeln, und nicht über einen endgültigen Friedensschluss, wie ihn noch die Regierung Barak angestrebt hatte. Arafat dagegen bestand auf der Fortsetzung der Verhandlungen an dem Punkt, wo sie Ende Januar 2001 unterbrochen worden waren, sowie auf der Respektierung der Palästina-relevanten UN-Resolutionen (Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge, Verurteilung der israelischen Siedlungen im Gazastreifen und im Westjordanland) als Verhandlungsgrundlage. Die Angebote Sharons - lediglich 42 Prozent des Westjordanlandes für einen Palästinenserstaat, keinerlei Anteil an Ostjerusalem, keine Räumung der jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten, keine Aufgabe der israelischen Wasserhoheit - waren für Arafat unannehmbar; die Hoffnungen auf eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen schwanden, die Gewalt eskalierte erneut. Obwohl sich Israel und die Autonomiebehörde im Juni 2001 auf eine Waffenruhe verständigt hatten, setzten palästinensische Aktivisten ihre Angriffe und Attentate gegen Israel fort und provozierten damit israelische Gegenschläge. Arafat verurteilte die palästinensischen Anschläge, zumindest wenn ihnen israelische Zivilisten zum Opfer fielen, aber offensichtlich fehlten ihm Autorität und Akzeptanz, um diese Attentate, die zumeist von radikalen Organisationen wie Hamas oder Jihad begangen wurden, zu unterbinden und damit die israelische Bedingung für eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses - Einstellung der Gewalt - zu erfüllen. In der palästinensischen Bevölkerung heizte die fortdauernde israelische Gewalt, der zunehmend auch führende Funktionäre von Fatah, Hamas und anderen Organisationen zum Opfer fielen, die antiisraelische Stimmung massiv an, so dass Arafat für seine Bemühungen um Frieden oder zumindest eine Waffenruhe zunehmend der Rückhalt fehlte; sein Einfluss auf die Palästinenser schwand zusehends. Die von muslimischen Extremisten begangenen Terroranschläge auf Ziele in den USA am 11. September 2001 offenbarten die tiefe Kluft zwischen der breiten Masse der Palästinenser und ihrem Präsidenten Arafat: Während in den Palästinensergebieten die Anschläge zum Teil begeistert gefeiert wurden, verurteilten Arafat und die Autonomiebehörde sie aufs Schärfste. Dementsprechend fruchtete auch Arafats Aufruf nach den Anschlägen, die im Juni vereinbarte Waffenruhe umzusetzen, auch nur kurzfristig; schon bald setzten die radikalen Palästinenserorganisationen ihre Serie von Anschlägen fort und offenbarten damit Arafats Macht- und Konzeptionslosigkeit angesichts der fortdauernden Gewalt. 4.2.1 Unter zunehmendem Druck Erst nach einer neuerlichen Eskalation der Gewalt Ende November/Anfang Dezember 2001 forcierte Arafat, wie von Israel gefordert, das Vorgehen seiner Sicherheitskräfte gegen mutmaßliche Aktivisten und Terroristen von Hamas, Jihad und ähnlichen Organisationen, ließ Dutzende ihrer Mitglieder verhaften und sogar Scheich Ahmed Jassin, den Gründer und spirituellen Führer der Hamas, unter Hausarrest stellen. Der israelischen Regierung genügte dies jedoch nicht; sie erklärte im Gegenteil die Autonomiebehörde zu einer ,,den Terrorismus unterstützenden Organisation" und Arafat selbst für ,,irrelevant", und sie stellte Arafat in seinem Hauptquartier im blockierten Ramallah de facto unter Hausarrest. Vor dem Hintergrund erneut zunehmender Gewalt ließ Arafat Mitte Januar den Führer der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), Ahmed Saadat, festnehmen. Israel beschuldigte Saadat, den Mord an dem israelischen Tourismusminister Rehavam Zeevi im Oktober 2001 angeordnet zu haben, und hatte Arafat mit dem Druckmittel des Hausarrests schon mehrmals aufgefordert, Saadat zu verhaften. Allerdings stellte die Festnahme Saadats Israel nicht zufrieden, Arafat blieb weiter unter Hausarrest; zusätzlich geriet Arafat nun seitens der PFLP unter Druck, die ihm vorwarf, sich dem israelischen und amerikanischen Diktat zu unterwerfen. Obwohl Arafat weiterhin die nun wieder zunehmenden Attentate palästinensischer Aktivisten strikt verurteilte, wurde er von Israel nach wie vor für die palästinensische Gewalt verantwortlich gemacht, und auch die USA, die unterdessen ihre Vermittlungsbemühungen eingestellt hatten, froren ihre Beziehungen zu Arafat ein. Die EU dagegen hielt an Arafat als Vertreter der Palästinenser und Gesprächspartner fest. Die Äußerung Sharons, er bedauere es, dass man Arafat während des Libanonkrieges 1982 nicht eliminiert habe, sorgte für weitere Empörung, vor allem bei den Palästinensern, die sich nun wieder enger um ihren Präsidenten scharten. Im Februar 2002 lockerte die israelische Regierung Arafats Hausarrest, nachdem auf Arafats Anordnung drei PFLP-Aktivisten festgenommen worden waren, die Israel für den Anschlag auf Tourismusminister Zeevi verantwortlich machte. Arafat durfte sich nun in Ramallah wieder frei bewegen, die Stadt aber ohne die Erlaubnis der israelischen Regierung nicht verlassen. Am 11. März 2002 hob Israel Arafats Hausarrest auf, nachdem auch der letzte der mutmaßlichen Zeevi-Attentäter verhaftet worden war. Allerdings besetzte die israelische Armee tags darauf im Rahmen der größten israelischen Militäroperation seit 20 Jahren Ramallah - mit Ausnahme des vorübergehenden Amtssitzes Arafats - und konterkarierte so die Aufhebung des Hausarrestes. Wenige Tage zuvor hatte die israelische Armee als Reaktion auf einen neuerlichen schweren palästinensischen Selbstmordanschlag Arafats eigentlichen Amtssitz in Gaza zerstört. Bei einer weiteren Militäraktion infolge eines schweren palästinensischen Selbstmordattentats stürmte die israelische Armee am 29. März 2002 auch Arafats Amtssitz in Ramallah und isolierte Arafat völlig von der Außenwelt; zuvor hatte Sharon ihn öffentlich zum ,,Feind Israels" erklärt, hatte aber auch zugesichert, Arafats Leben nicht zu gefährden. Als ,,Lösung" des Konflikts brachte Sharon die Verbannung Arafats ins Exil ins Spiel, was Arafat mit der Erklärung quittierte, er werde eher als Märtyrer sterben als die Palästinensergebiete verlassen. Aus den Reihen der israelischen Regierung kam sogar der Vorschlag, sich des ,,Problems Arafat" mit Hilfe eines Attentats endgültig zu entledigen. Die Belagerung Ramallahs wurde am 1. Mai 2002 aufgehoben, so dass Arafat seinen Amtssitz wieder verlassen konnte. Wenig später räumte Arafat eigene Fehler ein und kündigte eine grundlegende Reform der Autonomiebehörde sowie Wahlen auf allen Ebenen an, verzichtete jedoch in allen Punkten auf eine Konkretisierung. Die Reform der von Arafat autokratisch geführten, durch Korruption und einen aufgeblähten Apparat geprägten Autonomiebehörde gehörte mit zu den Bedingungen Sharons für eine Fortsetzung des Friedensprozesses; sie wurde nun auch international, vor allem von den USA, immer nachdrücklicher angemahnt. Auch aus Arafats eigenen Reihen kam schon seit längerem der Ruf nach Reformen. 4.2.2 Reformansätze Von den eigenen Leuten und von den USA unter Druck gesetzt, unterzeichnete Arafat in einem ersten Reformschritt Ende Mai 2002 das bereits 1996 vom Autonomierat verabschiedete Grundgesetz für die palästinensischen Gebiete, das ,,Palästina" als parlamentarisch-demokratisches, pluralistisches Staatswesen definiert und die grundlegenden Menschen- und Bürgerrechte festschreibt. Es trat am 7. Juli schließlich in Kraft. Am 13. Juni vereidigte Arafat ein umgebildetes und verkleinertes Kabinett: Die Zahl der Minister wurde von 31 auf 21 reduziert, allerdings hatte Arafat nur fünf der Minister neu ernannt. Wichtigste Neuerung war die Abgabe des Innenministeriums, das Arafat bisher selbst geleitet hatte. Und schließlich legte sich Arafat auf Januar 2003 als Termin für die überfälligen Neuwahlen des Legislativrates und des Präsidenten der Autonomiebehörde fest. Weitere tief greifende Reformen blieben allerdings aus. Sharon erklärte Arafats Reformen für völlig unzureichend, und auch die USA forderten eine grundlegendere, auch personelle Neuordnung der Autonomiebehörde als Voraussetzung für ihre Unterstützung bei der Errichtung eines Palästinenserstaates, d. h., sie lehnten - ebenso wie Sharon - Arafat als Verhandlungspartner ab. Im September 2002 erlitt Arafat einen schweren innenpolitischen Rückschlag: Der Autonomierat, der am 11. September zum ersten Mal seit Beginn der Al-Aksa-Intifada knapp zwei Jahre zuvor zusammengetreten war, verweigerte Arafat die Zustimmung zu seinem neuen Kabinett. Führend in der Oppositionsfront war Arafats Fatah. Die Kritik richtete sich weniger gegen die neu berufenen Minister als vielmehr dagegen, dass Arafat den Großteil seiner als korrupt und ineffizient geltenden Minister beibehalten hatte. Um nun dem bevorstehenden Misstrauensvotum des Parlaments zuvorzukommen, trat die Regierung geschlossen zurück. Ab dem 19. September 2002 schloss die israelische Armee Arafat erneut in seinem Amtssitz in Ramallah ein; auch diesmal war ein schweres palästinensisches Attentat vorausgegangen. Der Gebäudekomplex, in dem sich der Amtssitz befand, wurde bis auf einige wenige Räume zerstört, und die Belagerung sollte so lange aufrechterhalten werden, bis Arafat einige mutmaßliche Terroristen, die sich ebenfalls in dem Amtssitz aufhielten, an die israelische Regierung ausgeliefert habe. Diese neuerliche israelische Aktion gegen Arafat stieß international auf scharfe Kritik; der UN-Sicherheitsrat forderte Israel per Resolution zum sofortigen Rückzug auf. Aber erst eine Woche später zog Israel - vor allem auf amerikanischen Druck hin - seine Panzer aus der unmittelbaren Umgebung von Arafats Amtssitz ab. Bei der palästinensischen Bevölkerung stieg Arafats Ansehen durch diese israelische Aktion wieder erheblich. Anfang Oktober 2002 unterzeichnete Arafat ein seit zwei Jahren vorliegendes Gesetz, das Ostjerusalem zur Hauptstadt eines künftigen Palästinenserstaates proklamierte. Damit reagierte er auf ein kurz zuvor verabschiedetes US-amerikanisches Gesetz, das Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannte. Ende Oktober bestätigte der Autonomierat Arafats neues Kabinett, obwohl auch diese neue Regierungsmannschaft gegenüber der letzten nur wenig personelle Veränderungen aufwies. Im Dezember sagte die Autonomiebehörde die für den 20. Januar 2003 geplanten Präsidenten- und Parlamentswahlen ab, da angesichts der israelischen Besetzung und Abriegelung der Palästinensergebiete eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahlen ausgeschlossen schien. Im Februar 2003 kündigte Arafat die Einrichtung des Amtes eines Ministerpräsidenten an. Dieser Schritt war insbesondere von Israel und den USA als Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Friedensprozesses gefordert worden und sollte dazu beitragen, Arafat zu entmachten bzw. sein autokratisches Regime transparenter und demokratischer zu gestalten. Jedoch konnte sich Arafat mit seinen Vorstellungen von der Kompetenzenverteilung zwischen Präsidenten und Ministerpräsidenten nicht durchsetzen, musste vielmehr gegenüber dem Autonomierat einige Zugeständnisse machen: Dem künftigen Ministerpräsidenten musste er das alleinige Recht zur Ernennung der Regierungsmitglieder sowie die Verantwortung über die gesamte Autonomieverwaltung zugestehen; er selbst behielt sich das Recht zur Ernennung und Entlassung des Ministerpräsidenten vor. In wessen Zuständigkeit die Friedensverhandlungen mit Israel sowie Sicherheitsfragen fallen, wurde nicht eindeutig geklärt. Am 18. März 2003 verabschiedete der Autonomierat die entsprechende Änderung des Grundgesetzes, und am 19. März ernannte Arafat den moderaten PLO-Generalsekretär Mahmud Abbas zum Ministerpräsidenten. Israel und die USA reagierten positiv auf die Ernennung Abbas', der, anders als Arafat, von beiden Staaten vorbehaltlos als Verhandlungspartner akzeptiert wurde. Heftige Auseinandersetzungen zwischen Arafat und Abbas über Personalfragen verzögerten die Bestätigung der neuen Regierung allerdings bis Ende April 2003: Während Abbas einen großen Teil der alten, arafattreuen Ministerriege gegen kompetente, der Korruption und Vetternwirtschaft unverdächtige Pragmatiker austauschen wollte, suchte Arafat seine Parteigänger in ihren Ämtern zu halten. Am Ende gelangten beide zu einer eher den Wünschen des Ministerpräsidenten Rechnung tragenden Kompromisslösung - nicht ohne dass zuvor von verschiedenen Seiten (den USA, der EU, arabischen Staaten) einiger Druck auf Arafat ausgeübt worden war. Mit der Bestätigung Abbas' und seiner neuen Regierung wurde der Weg frei für die Vorlage eines neuen Nahost-Friedensplans, der so genannten Road Map, durch das Nahost-Quartett, der die Schaffung eines souveränen Palästinenserstaates in drei Phasen bis 2005 vorsah. Bereits im September 2003 trat Abbas wieder zurück, denn Arafat zeigte sich nicht bereit, wie in der Road Map und von Abbas gefordert, die Kontrolle über die zwölf verschiedenen palästinensischen Sicherheitsdienste an Abbas bzw. dessen Sicherheitsminister abzugeben und damit eine Straffung der palästinensischen Sicherheitskräfte und eine wirksamere Bekämpfung palästinensischer Terroristen zu ermöglichen. Kurz zuvor hatte Arafat bereits den durch die Road Map wieder angelaufenen Friedensprozess für tot erklärt. Am 5. Oktober rief Arafat in Reaktion auf neuerliche schwere Selbstmordattentate und entsprechende israelische Gegenmaßnahmen in den Palästinensergebieten den Notstand aus und ernannte Ahmed Kurei zum Ministerpräsidenten zunächst einer Notstands-, dann einer regulären Regierung. Jedoch war auch die Regierung Kurei von Beginn an von der Auseinandersetzung zwischen Kurei und Arafat über die Kontrolle über die Sicherheitsdienste dominiert. Im Juli 2004 reichte auch Kurei den Rücktritt ein. Jedoch gelang es Arafat, Kurei zum Verbleib im Amt zu überreden, u. a. indem er die zwölf Sicherheitsdienste zu nur noch drei Diensten zusammenzulegen versprach; Macht abzugeben war Arafat allerdings auch weiterhin nicht bereit. Zugleich wurde sein Rückhalt in der Bevölkerung immer schwächer, sein Herrschaftssystem wurde zunehmend als korrupt und den Interessen der Bevölkerung zuwiderlaufend erkannt. Als er im Zuge der Reorganisation der Sicherheitsdienste seinen wenig beliebten und als korrupt bekannten Neffen Mussa Arafat als Sicherheitschef im Gazastreifen einsetzte, kam es sogar zu heftigen, teils gewalttätigen Protesten gegen Arafat und sein Regime - woraufhin Arafat seinen Neffen auf einen anderen Posten abschob. In einer Grundsatzrede vor dem Autonomierat räumte Arafat im August 2004 ein, dass die Autonomiebehörde in der Vergangenheit einige Fehler gemacht habe und dass die Verschlechterung der Lage in den Autonomiegebieten nicht allein Israel zuzuschreiben sei. Konkrete Aussagen über Reformen der Behörde vermied er; ebenso verweigerte er seine Unterschrift unter eine Reihe von Gesetzesvorlagen, die alle den Kampf gegen Korruption und Misswirtschaft in der Behörde zum Inhalt hatten. Wenig später stellte Arafat erstmals seinen Rücktritt in Aussicht - für die Zeit nach der Gründung eines Palästinenserstaates. Jedoch war die in der Road Map für 2005 vorgesehene Ausrufung eines Palästinenserstaates in weite Ferne gerückt. Ende Oktober 2004 erlitt Arafat einen Zusammenbruch, wurde mit israelischer Erlaubnis ausgeflogen und in ein Militärkrankenhaus in Clamart bei Paris gebracht. Die Nachrichten über seinen Gesundheitszustand überstürzten und widersprachen sich und boten Raum für allerlei Spekulationen, u. a. die, Arafat sei vergiftet worden. Nach wenigen Tagen fiel Arafat ins Koma; er starb am 11. November 2004. Beigesetzt wurde er nach einer offiziellen Trauerfeier in Kairo, an der zahlreiche hochrangige Politiker aus aller Welt teilnahmen, in seinem letzten Amtssitz in Ramallah. Ein Begräbnis in Jerusalem, wie Arafat es sich gewünscht hatte, hatte Israel untersagt. Seinen Traum von einem souveränen Palästinenserstaat konnte Arafat, nicht zuletzt aufgrund eigener Fehler, nicht verwirklichen; die Lage der Palästinenser hatte sich im Gegenteil zuletzt gegenüber der Zeit vor den Oslo-Verträgen eklatant verschlechtert. Er hinterließ ein ungeordnetes, durch Korruption und Autokratie und einen Mangel an Demokratie gekennzeichnetes politisches Gebilde. Vorsorge für seine Nachfolge hatte er nicht getroffen, so dass ein möglicherweise blutiger Machtkampf um die drei wichtigsten Posten, die er innehatte - Präsident der Autonomiebehörde, Vorsitzender der PLO und Chef der Fatah - nicht ausgeschlossen schien. Allen Befürchtungen zum Trotz verlief die Ämterverteilung unmittelbar nach Arafats Tod friedlich: Die Führung der PLO übernahm Mahmud Abbas, Fatah-Chef wurde Faruk Kaddumi, und das Amt des interimistischer Präsidenten übernahm bis zur Wahl eines neuen Präsidenten der Parlamentspräsident Rawhi Fattuh. Obwohl es ihm nicht gelungen war, den Palästinensern eine wirkliche Heimat in einem eigenen Staat zu verschaffen, war Arafat bis zuletzt bei den Palästinensern hoch verehrt, wenngleich sie ihm nicht mehr so bedingungslos folgten wie in früheren Zeiten. Er war es, der das Palästinenserproblem überhaupt in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit rückte und der den Palästinensern international Anerkennung verschaffte, auch die Anerkennung ihres Rechts auf einen eigenen Staat. Insbesondere in der Dritten Welt galt er als Ikone des Kampfes um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
arafat

« Einen schweren diplomatischen Fehlgriff, dessen Resultat eine zeitweise Isolierung sowohl auf internationaler Ebene als auch innerhalb der arabischen Welt war, begingArafat 1990/91, als er sich während der irakischen Invasion in Kuwait (2.

Golfkrieg) mit dem irakischen Staatschef Saddam Hussein solidarisierte.

Dennoch wurde imOktober 1991 auf Vermittlung der USA und der Sowjetunion in Madrid eine erste multilaterale Nahostkonferenz eröffnet; Arafat verzichtete allerdings auf eine persönlicheTeilnahme.

Es folgten im Sommer 1993 israelisch-palästinensische Geheimverhandlungen in Oslo, an denen erstmals auch Vertreter der PLO teilnahmen, nachdem Israelsich bereit erklärt hatte, direkt mit der PLO zu verhandeln, und sie damit faktisch anerkannt hatte.

Die Verhandlungen mündeten am 13.

September 1993 in dieUnterzeichnung der Osloer Prinzipienerklärung, die Arafat und der israelische Ministerpräsident Itzhak Rabin durch einen historischen Handschlag besiegelten.

Mit demAbkommen erkannten sich Israel und die Palästinenser gegenseitig an, und es schuf die Rahmenbedingungen für eine Teilautonomie der Palästinenser im Gazastreifen undim Westjordanland.

1994 wurden Arafat, Rabin und der israelische Außenminister Shimon Peres als die Hauptverantwortlichen für das Zustandekommen des Abkommensmit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Jedoch war das, was die PLO bzw.

Arafat in der Osloer Prinzipienerklärung und den nachfolgenden Oslo-Verträgen erreicht hatte,weit entfernt von Arafats ursprünglichem Ziel: der Errichtung eines unabhängigen Palästinenserstaates. 4 VORSITZENDER DER PALÄSTINENSISCHEN AUTONOMIEBEHÖRDE Am 4.

Mai 1994 unterzeichneten Arafat und Rabin das Gaza-Jericho-Abkommen ( siehe Oslo-Verträge), das einige Teilaspekte aus der Prinzipienerklärung konkretisierte, darunter den Abzug der israelischen Truppen aus Teilen des Gazastreifens und aus Jericho und die Übertragung der Teilautonomie in diesen Gebieten an die PalästinensischeAutonomiebehörde (PNA), die durch die Prinzipienerklärung installiert worden war.

Am 1.

Juli 1994 kehrte Arafat unter dem Jubel der Bevölkerung nach 27 Jahren im Exilnach Palästina zurück, und zwar in den Gazastreifen, und begann dort mit dem Aufbau der palästinensischen Selbstverwaltung.

Daneben führte er die Verhandlungen mitIsrael über eine Ausweitung der palästinensischen Autonomie fort; Ergebnis war das am 28.

September 1995 unterzeichnete Interimsabkommen. Am 20.

Januar 1996 wählten die Palästinenser auf der Grundlage der israelisch-palästinensischen Verträge erstmals u.

a.

den Präsidenten und das Parlament derpalästinensischen Selbstverwaltung.

Bereits im Oktober 1993 hatte der Nationalrat der PLO Arafat zum Vorsitzenden (Präsidenten) der Autonomiebehörde gewählt; nunwurde er in allgemeinen, direkten Wahlen mit gut 87 Prozent der Stimmen von der Bevölkerung in diesem Amt bestätigt.

Seine Fatah gewann mit 50 der insgesamt 88 Sitzedie absolute Mehrheit im Palästinensischen Autonomierat, dem Parlament der Palästinenser. Hatte der israelisch-palästinensische Friedensprozess seit der Ermordung Rabins 1995 schon erheblich an Schwung verloren, so erfuhr er im Februar/März 1996 durchantiisraelische Terroraktionen der radikal-islamischen Hamas, die nicht zur PLO gehörte, einen schweren Rückschlag, und vollends ins Stocken geriet er, nachdem im Mai1996 die vom konservativen Likud geführte Koalition unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Israel die Regierung übernommen hatte. Bewegung kam in den Friedensprozess – nach zahlreichen fehlgeschlagenen, internationalen Vermittlungsversuchen, die zumeist an der unnachgiebigen Haltung Netanjahusgescheitert waren – erst wieder im Herbst 1998: Am 23.

Oktober 1998 unterzeichneten Arafat und Netanjahu nach langwierigen Verhandlungen, die u.

a.

unter derVermittlung des amerikanischen Präsidenten Bill Clinton stattfanden, in der Nähe von Washington D.C.

zur weiteren Umsetzung der Oslo-Verträge das Wye-Abkommen.Aber schon kurz nach der Unterzeichnung des Abkommens stellte Israel dessen Umsetzung wieder ein.

In Reaktion darauf kündigte Arafat Ende 1998 die Proklamation einessouveränen palästinensischen Staates am 4.

Mai 1999 an; an diesem Tag endete die in den Oslo-Verträgen vorgesehene fünfjährige Übergangsfrist, innerhalb derer eineendgültige Regelung für den Status der Palästinenser gefunden werden sollte.

Unmittelbar vor dem Stichtag stellte Arafat unter Zustimmung der PLO die Staatsgründungjedoch vorerst zurück – auf internationalen Druck hin und im Interesse der Fortführung bzw.

Wiederaufnahme des Friedensprozesses. 4.1 Fortschritte und Rückschläge im Friedensprozess Nach monatelanger Stagnation des Friedensprozesses sagte der neue israelische Ministerpräsident Ehud Barak unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Juli 1999 Arafat diezügige Umsetzung des Wye-Abkommens zu, und am 4.

September 1999 unterzeichneten Arafat und Barak im ägyptischen Sharm el Sheikh ein Durchführungsabkommenzum Wye-Abkommen, das so genannte Wye-II-Abkommen.

Wichtigste Punkte dieses Abkommens waren die Verpflichtung Israels auf den schon im Wye-Abkommenfestgelegten weiteren Rückzug aus dem Westjordanland und die Verpflichtung beider Seiten auf die Aushandlung einer umfassenden, tragfähigen, international anerkanntenFriedensregelung bis zum 13.

September 2000. Auch die Umsetzung von Wye II verzögerte sich wieder, der israelische Rückzug wurde erst mit Verspätung umgesetzt, und die Endstatus-Verhandlungen gerietenwiederholt in die Krise.

Streitpunkte waren vor allem der zukünftige Status von Jerusalem, die genauen Grenzen eines palästinensischen Staates sowie die Zukunft der etwa3,5 Millionen palästinensischen Flüchtlinge in den angrenzenden Staaten und der jüdischen Siedlungen im Westjordanland.

Im Juli 2000 suchten Arafat und Barak unterVermittlung von Bill Clinton in Camp David (USA) eine Einigung über diese Streitpunkte zu erzielen.

Die Verhandlungen, in denen Israel etwa 90 Prozent desWestjordanlandes für einen künftigen Palästinenserstaat anbot, scheiterten jedoch, und zwar letztlich an der Jerusalem-Frage, in der vor allem Arafat kompromisslos blieb:Ihm ging die von Israel angebotene Autonomie über Ostjerusalem einschließlich des Tempelberges nicht weit genug, er forderte vielmehr die volle palästinensischeSouveränität über Ostjerusalem.

Israel und die USA schrieben die Schuld am Scheitern der Camp-David-Verhandlungen allein Arafat zu; die Palästinenser feierten Arafat fürseine Standhaftigkeit in Bezug auf Jerusalem, und auch aus der gesamten arabischen Welt erhielt Arafat Rückendeckung. Wenig später erklärte Arafat, bis spätestens 13.

September 2000, dem Tag, bis zu dem laut Wye II eine endgültige Friedensregelung hätte ausgehandelt sein sollen, einenunabhängigen Staat Palästina ausrufen zu wollen, verschob dann aber mit Rücksicht auf den labilen Friedensprozess kurz vor dem Stichdatum die Proklamation aufunbestimmte Zeit. Einen neuen Impuls erhielten die stagnierenden Friedensverhandlungen durch ein weiteres Treffen zwischen Arafat und Barak am 25.

September 2000; aber schon dreiTage später zerschlugen sich vorerst alle Hoffnungen auf eine Fortsetzung des Friedensprozesses wieder: Nach dem Besuch des israelischen Oppositionsführers Ariel Sharonauf dem Tempelberg brachen zunächst in Ostjerusalem, dann im ganzen Westjordanland blutige Unruhen aus, die sich zur so genannten Al-Aksa-Intifada ausweiteten.

Ineiner weiteren Verhandlungsrunde konnten sich Arafat und Barak am 16.

Oktober 2000 lediglich auf die Einstellung der Gewalt einigen.

Die blutigen Auseinandersetzungengingen dennoch weiter.

Arafat kündigte an, dass die Intifada, die er als zivile Protestbewegung mit friedlichen Mitteln verstand, fortgesetzt würde, bis Ostjerusalem dieHauptstadt eines palästinensischen Staates sei. Trotz der fortdauernden Gewalt fanden sich Arafat und Barak zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen bereit – allerdings zunächst nur in indirekter Form.

Im Dezember2000/Januar 2001 machten die Verhandlungen dann relativ rasche Fortschritte; ein Grund dafür war der Zeitdruck, unter dem sie geführt wurden: Der Vermittler Bill Clintonschied im Januar 2001 aus dem Präsidentenamt, und auch Barak war nach seinem Rücktritt im Dezember 2000 vermutlich nur noch bis zur Neuwahl des Ministerpräsidentenim Februar 2001 im Amt.

Grundlage der Verhandlungen war ein Plan Clintons, der die Schaffung eines palästinensischen Staates vorsah, bestehend aus 95 Prozent desWestjordanlandes und dem gesamten Gazastreifen; außerdem sollten die Palästinenser die Hoheit über Ostjerusalem erhalten, aber auf ein Rückkehrrecht für diepalästinensischen Flüchtlinge verzichten.

Die Verhandlungen endeten ergebnislos. 4.2 Konfrontation mit der Regierung Sharon Aus der Neuwahl des israelischen Ministerpräsidenten am 6.

Februar 2001 ging Ariel Sharon als klarer Sieger hervor, was für den Friedensprozess insgesamt kurz- undmittelfristig keine Fortschritte erwarten ließ.

Während der Großteil der Palästinenser dem Machtwechsel in Israel äußerst ablehnend gegenüberstand und mit neuerlicherGewalt drohte, signalisierte Arafat seine Bereitschaft, auch mit dem neuen israelischen Ministerpräsidenten zu verhandeln, ungeachtet dessen bisherigerantipalästinensischer Äußerungen.

Sharon auf der anderen Seite erklärte sowohl die Oslo-Verträge als auch die zwischen der Regierung Barak und den Palästinenserngetroffenen Vereinbarungen für nicht bindend, war zudem nur bereit, über weitere Übergangsabkommen zu verhandeln, und nicht über einen endgültigen Friedensschluss,. »

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