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Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung, die Flöte traversière zu spielen - Texte.

Publié le 22/06/2013

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Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung, die Flöte traversière zu spielen - Texte. Johann Joachim Quantz, Hofkomponist und Flötenlehrer Friedrichs des Großen, schuf mit seinem Versuch einer Anweisung, die Flöte traversière zu spielen die erste deutsche Flötenschule. Damit gelang ihm generell ein wegweisendes Werk der Instrumentendidaktik, das auch Aufschluss gibt über die musikalische Praxis des Spätbarock. In dem ausgewählten Textabschnitt erläutert der Autor seine Auffassung darüber, was einen guten Vortrag ausmacht. Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung, die Flöte traversière zu spielen 9. §. Der Vortrag ist fast bey keinem Menschen wie bey dem andern, sondern bey den meisten unterschieden. Nicht allezeit die Unterweisung in der Musik, sondern vielmehr auch zugleich die Gemüthsbeschaffenheit eines jeden, wodurch sich immer einer von dem andern unterscheidet, sind die Ursachen davon. Ich setze den Fall, es hätten ihrer viele bey einem Meister, zu gleicher Zeit, und durch einerley Grundsätze die Musik erlernet; sie spieleten auch in den ersten drey oder vier Jahren in einerley Art. Man wird dennoch nachher erfahren, daß wenn sie etliche Jahre ihren Meister nicht mehr gehöret haben, ein jeder einen besondern Vortrag, seinem eigenen Naturelle gemäß, annehmen werde; so fern sie nicht pure Copeyen ihres Meisters bleiben wollen. Einer wird immer auf eine bessere Art des Vortrages verfallen als der andere. 10. §. Wir wollen nunmehr die vornehmsten Eigenschaften des guten Vortrages überhaupt untersuchen. Ein guter Vortrag muß zum ersten: rein und deutlich seyn. Man muß nicht nur jede Note hören lassen, sondern auch jede Note in ihrer reinen Intonation angeben; damit sie dem Zuhörer alle verständlich werden. Keine einzige darf man auslassen. Man muß suchen den Klang so schön als möglich herauszubringen. Vor dem Falschgreifen muß man sich mit besonderem Fleiße hüten. Was hierzu der Ansatz und der Zungenstoß auf der Flöte beytragen kann, ist oben gelehret worden. Man muß sich hüten, die Noten zu schleifen, welche gestoßen werden sollen; und die zu stoßen, welche man schleifen soll. Es darf nicht scheinen als wenn die Noten zusammen klebeten. Den Zungenstoß auf Blasinstrumenten, und den Bogenstrich auf Bogeninstrumenten, muß man jederzeit, der Absicht, und der vermittelst der Bogen und Striche geschehenen Anweisung des Componisten gemäß, brauchen: denn hierdurch bekommen die Noten ihre Lebhaftigkeit. Sie unterscheiden sich dadurch von der Art der Sackpfeife, welche ohne Zungenstoß gespielet wird. Die Finger, sie mögen sich auch so ordentlich und munter bewegen, als sie immer wollen, können die musikalische Aussprache für sich allein nicht ausdrücken, wo nicht die Zunge oder der Bogen, durch gehörige, und zu der vorzutragenden Sache geschickte Bewegungen, das ihrige, und zwar das meiste dazu beytragen. Gedanken welche an einander hangen sollen, muß man nicht zertheilen: so wie man hingegen diejenigen zertheilen muß, wo sich ein musikalischer Sinn endiget, und ein neuer Gedanke, ohne Einschnitt oder Pause anfängt; zumal wenn die Endigungsnote vom vorhergehenden, und die Anfangsnote vom folgenden Gedanken, auf einerley Tone stehen. 11. §. Ein guter Vortrag muß ferner: rund und vollständig seyn. Jede Note muß in ihrer wahren Geltung, und in ihrem rechten Zeitmaaße ausgedrücket werden. Würde dieses allezeit recht beobachtet, so müßten auch die Noten so klingen wie sie der Componist gedacht hat: weil dieser nichts ohne Regeln setzen darf. Nicht alle Ausführer kehren sich hieran. Sie geben öfters, aus Unwissenheit, oder aus einem verdorbenen Geschmacke, der folgenden Note etwas von der Zeit, so der vorhergehenden gehöret. Die ausgehaltenen und schmeichelnden Noten müssen mit einander verbunden; die lustigen und hüpfenden aber abgesetzet, und von einander getrennet werden. Die Triller und die kleinen Manieren müssen alle rein und lebhaft geendiget werden. 12. §. Ich muß hierbey eine nothwendige Anmerkung machen, welche die Zeit, wie lange jede Note gehalten werden muß, betrifft. Man muß unter den Hauptnoten, welche man auch: anschlagende, oder, nach Art der Italiäner, gute Noten zu nennen pfleget, und unter den durchgehenden, welche bey einigen Ausländern schlimme heißen, einen Unterschied im Vortrage zu machen wissen. Die Hauptnoten müssen allezeit, wo es sich thun läßt, mehr erhoben werden als die durchgehenden. Dieser Regel zu Folge müssen die geschwindesten Noten, in einem jeden Stücke von mäßigem Tempo, oder auch im Adagio, ungeachtet sie dem Gesichte nach einerley Geltung haben, dennoch ein wenig ungleich gespielet werden; so daß man die anschlagenden Noten einer jeden Figur, nämlich die erste, dritte, fünfte, und siebente, etwas länger anhält, als die durchgehenden, nämlich, die zweyte, vierte, sechste, und achte: doch muß dieses Anhalten nicht soviel ausmachen, als wenn Puncte dabey stünden. Unter diesen geschwindesten Noten verstehe ich: die Viertheile im Dreyzweytheiltacte; die Achttheile im Dreyviertheil- und die Sechzehntheile im Dreyachttheiltacte; die Achttheile im Allabreve; die Sechzentheile oder Zwey und dreyßigtheile im Zweyviertheil- oder im gemeinen geraden Tacte: doch nur so lange als keine Figuren von noch geschwindern oder noch einmal so kurzen Noten, in ieder Tactart mit untermischet sind; denn alsdenn müßten diese letztern auf die oben beschriebene Art vorgetragen werden. Z. E. Wollte man Tab. IX Fig. I. die acht Sechzehntheile unter den Buchstaben (k) (m) (n) langsam in einerley Geltung spielen; so würden sie nicht so gefällig klingen, als wenn man von vieren die erste und dritte etwas länger, und stärker im Tone, als die zweyte und vierte, hören läßt. Von dieser Regel aber werden ausgenommen: erstlich die geschwinden Passagien in einem sehr geschwinden Zeitmaaße, bey denen die Zeit nicht erlaubet sie ungleich vorzutragen, und wo man also die Länge und Stärke nur bey der ersten von vieren anbringen muß. Ferner werden ausgenommen: alle geschwinden Passagien welche die Singstimme zu machen hat, wenn sie anders nicht geschleifet werden sollen: denn weil jede Note von dieser Art der Singpassagien, durch einen gelinden Stoß der Luft aus der Brust, deutlich gemachet und markiret werden muß; so findet die Ungleichheit dabey keine Statt. Weiter werden ausgenommen: die Noten über welchen Striche oder Puncte stehen, oder von welchen etliche nacheinander auf einem Tone vorkommen; ferner wenn über mehr als zwo Noten, nämlich über vieren, sechsen, oder achten ein Bogen steht; und endlich die Achttheile in Giquen. Alle diese Noten müssen egal, das ist eine so lang als die andere, vorgetragen werden. 13. §. Der Vortrag muß auch: leicht und fließend seyn. Wären auch die auszuführenden Noten noch so schwer: so darf man doch dem Ausführer diese Schwierigkeit nicht ansehen. Alles rauhe, gezwungene Wesen im Singen und Spielen muß mit großer Sorgfalt vermieden werden. Vor allen Grimassen muß man sich hüten, und sich soviel als möglich ist in einer beständigen Gelassenheit zu erhalten suchen. 14. §. Ein guter Vortrag muß nicht weniger: mannigfaltig seyn. Licht und Schatten muß dabey beständig unterhalten werden. Wer die Töne immer in einerley Stärke oder Schwäche vorbringt, und, wie man saget, immer in einerley Farbe spielet; wer den Ton nicht zu rechter Zeit zu erheben oder zu mäßigen weis, der wird niemanden besonders rühren. Es muß also eine stetige Abwechselung des Forte und Piano dabey beobachtet werden. Wie dieses bey jeder Note ins Werk gerichtet werden müsse, will ich, weil es eine Sache von großer Nothwendigkeit ist, zu Ende des XIV. Hauptstücks, durch Exempel zeigen. 15. §. Der gute Vortrag muß endlich: ausdrückend, und jeder vorkommenden Leidenschaft gemäß seyn. Im Allegro, und allen dahin gehörigen muntern Stücken muß Lebhaftigkeit; im Adagio, und denen ihm gleichenden Stücken aber, Zärtlichkeit, und ein angenehmes Ziehen und Tragen der Stimme herrschen. Der Ausführer eines Stückes muß sich selbst in die Haupt- und Nebenleidenschaften, die er ausdrücken soll, zu versetzen suchen. Und weil in den meisten Stücken immer eine Leidenschaft mit der andern abwechselt; so muß auch der Ausführer jeden Gedanken zu beurtheilen wissen, was für eine Leidenschaft er in sich enthalte, und seinen Vortrag immer derselben gleichförmig machen. Auf diese Art nur wird er den Absichten des Componisten, und den Vorstellungen so sich dieser bey Verfertigung des Stückes gemacht hat, eine Gnüge leisten. Es giebt selbst verschiedene Grade der Lebhaftigkeit oder der Traurigkeit. Z. E. Wo ein wütender Affect herrschet, da muß der Vortrag weit mehr Feuer haben, als bey scherzenden Stücken, ob er gleich bey beyden lebhaft seyn muß: und so auch bey dem Gegentheile. Man muß sich auch mit dem Zusatze der Auszierungen, mit denen man den vorgeschriebenen Gesang, oder eine simple Melodie, zu bereichern, und noch mehr zu erheben suchet, darnach richten. Diese Auszierungen, sie mögen nothwendig oder willkührlich seyn, müssen niemals dem in der Hauptmelodie herrschenden Affecte widersprechen; und folglich muß das Unterhaltene und Gezogene, mit dem Tändelnden, Gefälligen, Halblustigen und Lebhaften, das Freche mit dem Schmeichelnden, u. s. w. nicht verwirret werden. Die Vorschläge machen die Melodie an einander hangend, und vermehren die Harmonie; die Triller und übrigen kleinen Auszierungen, als: halbe Triller, Mordanten, Doppelschläge und battemens, muntern auf. Das abwechselnde Piano und Forte aber, erhebt theils einige Noten, theils erreget es Zärtlichkeit. Schmeichelnde Gänge im Adagio dürfen im Spielen mit dem Zungenstoße und Bogenstriche nicht zu hart; und hingegen im Allegro, lustige und erhabene Gedanken, nicht schleppend, schleifend, oder zu weich angestoßen werden. Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung, die Flöte traversière zu spielen. Berlin 1752. Neudruck Kassel 1953, S. 104f. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« Lebhaftigkeit; im Adagio, und denen ihm gleichenden Stücken aber, Zärtlichkeit, und ein angenehmes Ziehen und Tragen der Stimme herrschen.

Der Ausführer einesStückes muß sich selbst in die Haupt- und Nebenleidenschaften, die er ausdrücken soll, zu versetzen suchen.

Und weil in den meisten Stücken immer eineLeidenschaft mit der andern abwechselt; so muß auch der Ausführer jeden Gedanken zu beurtheilen wissen, was für eine Leidenschaft er in sich enthalte, und seinenVortrag immer derselben gleichförmig machen.

Auf diese Art nur wird er den Absichten des Componisten, und den Vorstellungen so sich dieser bey Verfertigungdes Stückes gemacht hat, eine Gnüge leisten.

Es giebt selbst verschiedene Grade der Lebhaftigkeit oder der Traurigkeit.

Z.

E.

Wo ein wütender Affect herrschet, damuß der Vortrag weit mehr Feuer haben, als bey scherzenden Stücken, ob er gleich bey beyden lebhaft seyn muß: und so auch bey dem Gegentheile.

Man muß sichauch mit dem Zusatze der Auszierungen, mit denen man den vorgeschriebenen Gesang, oder eine simple Melodie, zu bereichern, und noch mehr zu erheben suchet,darnach richten.

Diese Auszierungen, sie mögen nothwendig oder willkührlich seyn, müssen niemals dem in der Hauptmelodie herrschenden Affecte widersprechen;und folglich muß das Unterhaltene und Gezogene, mit dem Tändelnden, Gefälligen, Halblustigen und Lebhaften, das Freche mit dem Schmeichelnden, u.

s.

w.

nichtverwirret werden.

Die Vorschläge machen die Melodie an einander hangend, und vermehren die Harmonie; die Triller und übrigen kleinen Auszierungen, als: halbeTriller, Mordanten, Doppelschläge und battemens, muntern auf.

Das abwechselnde Piano und Forte aber, erhebt theils einige Noten, theils erreget es Zärtlichkeit.Schmeichelnde Gänge im Adagio dürfen im Spielen mit dem Zungenstoße und Bogenstriche nicht zu hart; und hingegen im Allegro, lustige und erhabene Gedanken,nicht schleppend, schleifend, oder zu weich angestoßen werden. Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung, die Flöte traversière zu spielen. Berlin 1752.

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