Devoir de Philosophie

Robert Musil (Sprache & Litteratur).

Publié le 12/06/2013

Extrait du document

Robert Musil (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG Robert Musil (1880-1942), seit 1917 Edler von Musil, österreichischer Schriftsteller. Mit seinem unvollendeten Romanepos Der Mann ohne Eigenschaften (1930-1943) etablierte er sich neben Marcel Proust und James Joyce als einer der bedeutendsten Erzähler des 20. Jahrhunderts. Musil wurde am 6. November 1880 in Klagenfurt geboren. Zwischen 1892 und 1897 besuchte er mehrere Militärschulen, brach seine Ausbildung an der Technischen Militärakademie in Wien jedoch 1898 ab. Ein Maschinenbaustudium in Brünn hingegen beendete er 1901 mit der Ingenieurprüfung. Nach einer Assistententätigkeit an der Technischen Hochschule Stuttgart (1902/03) entschloss er sich zum Studium der Philosophie, Psychologie und Mathematik in Berlin. Noch bevor er 1908 mit einer Studie über Ernst Mach promovierte und sich zwischen 1911 und 1913 als Bibliothekar an der Technischen Hochschule in Wien verdingte, machte ihn sein literarischer Erstling Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (1906) über die Grenzen Österreich-Ungarns hinaus bekannt. Vor allem die Vertreter des Expressionismus fanden in dem Buch Aspekte ihrer eigenen Poetologien wieder. Bis 1914 hatte sich Musil als Mitarbeiter des Expressionistenorgans Aktion von Franz Pfemfert sowie als Redakteur der renommierten Neuen Rundschau des Samuel-Fischer-Verlags hervorgetan und als herausragender Essayist einen Namen gemacht: Während des 1. Weltkrieges musste Musil seine literarische Produktivität entscheidend bremsen. Neben seiner Herausgebertätigkeit bei der Südtiroler Soldatenzeitung (nach 1916) war der österreichische Offizier zuletzt zusammen mit Stefan Zweig, Robert Müller, Hugo von Hofmannsthal u. a. im Wiener Kriegspressequartier (KPQ) beschäftigt. Nach dem Krieg schloss er sich der von Müller gegründeten Untergrundorganisation Katakombe an, von deren marxistisch-leninistischen Grundsätzen er sich allerdings frühzeitig distanzierte. Der ironische Arbeitstitel Katakombe des Mann ohne Eigenschaften (einer von vielen) spiegelt diesen Bruch mit dem Aktivismus Wiener Provenienz. Das Angebot einer universitären Laufbahn schlug Musil aus. Stattdessen zog er es vor, nach 1923 als freier Schriftsteller und Kritiker zu leben. In den zwanziger und dreißiger Jahren arbeitete er abwechselnd in Wien und Berlin. 1929 bekam Musil den Hauptmann-Preis zugesprochen. 1931 schloss sich auf Initiative des Bankiers Arthur Rosin und des Direktors der staatlichen Kunstbibliothek in Berlin, Kurt Glaser, eine Gruppe von Förderern zusammen, die den Autor bis zur Machtergreifung Adolf Hitlers finanziell unterstützte. Ihre Nachfolge trat 1934 die von Bruno Fürst in Wien gebildete Wiener Musil-Gesellschaft an, die nach dem so genannten Anschluss Österreichs 1938 aufgelöst wurde. Im selben Jahr musste Musil vor den Nationalsozialisten nach Zürich fliehen. Krank und mittellos zog er 1939 nach Genf. Obwohl renommierte Autoren wie Thomas Mann, Hermann Broch, Franz Blei und Arnold Zweig schon frühzeitig auf Musils Erzähltalent aufmerksam zu machen suchten, wurde die Veröffentlichung des Mann ohne Eigenschaften zwischen 1930 und 1943 von Kritik und Publikum kaum wahrgenommen. Musils übriges Dramenund Prosawerk geriet schnell in Vergessenheit. Der resignativ-ironische Titel des Erzählbandes Nachlaß zu Lebzeiten (1936) weist auf diesen Umstand literarischer Vereinsamung hin. Die in den fünfziger Jahren beginnende Neuentdeckung Musils kam für den Autor zu spät: Isoliert und verarmt starb er am 15. April 1942 in Genf. Am 11. Juni 1974 wurde in Wien die Internationale Robert-Musil-Gesellschaft (IRMG) ins Leben gerufen, die es sich laut ihren Statuten zur Aufgabe gemacht hat, ,,das Verständnis der Werke Robert Musils zu fördern und seine geistige Hinterlassenschaft zu pflegen. Sie möchte insbesondere durch einen Gedankenaustausch der Forscher, Kenner und Freunde des Dichters in aller Welt sein Andenken bewahren, sein geistiges Vermächtnis ehren und dazu beitragen, seine hinterlassenen Schriften zu veröffentlichen". Ehrenpräsident ist Adolf Frisé, der sich wie kein zweiter um die Publikation des Musil'schen Gesamtwerks, dessen Herausgeber er ist, verdient gemacht hat. 2 LITERARISCHE ANFÄNGE In dem Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (1906), der vordergründig das Erwachen sadistisch-triebhafter Gelüste heranwachsender Zöglinge in der Eliteschule zu W. thematisiert, verarbeitete Musil nicht zuletzt die eigene repressive Internatszeit in Mährisch-Weißkirchen und das Erlebnis homosexueller Neigungen in der Jugendzeit. Bereits in Törleß unterbrach Musil die eigentliche Romanhandlung immer wieder durch Reflexionen seiner Hauptfigur (etwa über das Wesen mathematischer Zahlen). Auch finden sich in Törleß' ,,ziellosem Hunger" nach dem unendlichen Imaginären schon Anklänge an jene Utopie des ,,anderen Zustands", die konstitutiv wird für die utopische Geschwisterliebe in Mann ohne Eigenschaften. Anders als in Musils Hauptwerk aber steht in Törleß noch die psychologische Entfaltung der ,,ästhetisch intellektuellen Natur" eines Individuums im Mittelpunkt. Neben der gewagten (sexuellen) Thematik des Buches ist die Verlagerung des Erzählinteresses von einer Außen- hin zur seelischen Innenwelt des Protagonisten einer der Gründe, warum Musils Erstling in Expressionistenkreisen begeistert aufgenommen wurde. Volker Schlöndorff verfilmte Die Verwirrungen des Zöglings Törleß 1965 unter dem Titel Der junge Törleß (Les desarroirs l'eleve Toerless) mit Mathieu Carrière, Bernd Tischer und Marian Seidowsky in den Hauptrollen kongenial (Musik: Hans Werner Henze). Näher noch am Mann ohne Eigenschaften ist Musils zweite Veröffentlichung, die 1911 unter dem Titel Vereinigungen publizierten Novellen Die Vollendung der Liebe und Die Versuchung der stillen Veronika (entstanden 1908). Obwohl Musil sich bei der Ausgestaltung einer indifferenten Erzählposition und der Ehebruchsthematik dieser Erzählungen vage von der Novellistik Guy de Maupassants inspirieren ließ, wird bereits hier seine Abneigung gegen das traditionell-stringente Erzählverfahren offenbar. Auch spiegeln die Vereinigungen die inzwischen kritische Distanz ihres Autors zur Psychoanalyse Sigmund Freuds. 3 DIE MITTLERE PERIODE Zu Musils größeren Texten, die nach dem Krieg entstanden, gehören die Dramen Die Schwärmer (1921) und Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer (1924) - eine Gesellschaftsposse, die von Christian Morgenstern, Joachim Ringelnatz, Frank Wedekind und dem Dadaismus beeinflusst ist. Außerdem publizierte der Autor die Novellensammlung Drei Frauen (1924). Für seine Schwärmer erhielt Musil auf Zuspruch Alfred Döblins 1923 den Kleist-Preis verliehen. Als ,,Lesedrama" missverstanden, blieb dem Stück die Bühnenrealisation lange Zeit verwehrt. Die Premiere in Berlin am 3. April 1929 geriet zum Fiasko. Das Stück wurde 1988 von Hans Neuenfels verfilmt. Wie in Vereinigungen wird letztlich auch in den zunächst traditionell anmutenden, zwischen 1921 und 1923 entstandenen Liebesnovellen der Drei Frauen (Grigia, Tonka und Die Portugiesin) der ,,rote Faden" der Fabel - oder, wie es in Tonka heißt, der ,,Faden der Wahrheit" - zugunsten einer gleichsam flächig verwobenen Erzählkonzeption aufgelöst. Statt psychologischer Identität interessiert hier allein die Verstrickung der Paare in ein imaginäres Netz von Bezügen und Bildern. Trotz einer gewissen Erzählstringenz wird in Drei Frauen alles zu einer ,,Sprache des Ganzen" verwoben. In dem Aufsatz Skizze der Erkenntnis des Dichters hatte Musil bereits 1918 sein dichterisches Selbstverständnis klar umrissen. Darin unterschied er den Bereich naturwissenschaftlicher Erkenntnis (das so genannte Ratioïde) vom Gebiet menschlicher - sozialer und geschichtlicher - Belange (dem Nicht-Ratioïden). Das Nicht-Ratioïde, so Musil weiter, bleibe dem Schriftsteller und seiner uneigentlichen, bildhaften Sprache vorbehalten. Auf diese Weise solle der ,,innere Mensch" qua des dichterischen Ausdruck als utopische Strategie erst ,,erfunden" werden. Als eigene Aufgabe bestimmte Musil andernorts ,,die exakte Herausarbeitung eines Gedankens". Beide Aspekte der Musil'schen Literaturauffassung - die metaphorische Erkundung menschlicher Möglichkeiten und die Intellektualisierung der Prosaform - sind im Mann ohne Eigenschaften konsequent umgesetzt. 4 DER MANN OHNE EIGENSCHAFTEN (1930-1943) Vor allem die beiden Dramen Musils hatten zentrale Gedanken des Mann ohne Eigenschaften bereits vorweggenommen. Zudem fanden sich im Vinzenz mit seinen groteskplattitüdenhaften ,,bedeutenden Männern" frühe Gegenbilder zum Buchhelden Ulrich, dem titelgebenden ,,Mann ohne Eigenschaften". In Musils Romanfragment nämlich ist das Eigenschaftslose der Hauptfigur keineswegs ihr Manko, sondern Voraussetzung, um aus den starren Konventionen der zerfallenden österreichisch-ungarischen Gesellschaft (die Handlung spielt im August des Vorkriegsjahres 1913) auszubrechen. Ulrich nimmt ,,Urlaub vom Leben" - und hält sich so die Möglichkeit offen, einer durchrationalisierten ,,Welt von Eigenschaften ohne Mann" zu entfliehen. Letztlich ist in der Zentralgestalt Ulrich - ihrer ,,hypothetischen" Existenz - das poetologische Konzept des Romans (prinzipielle Offenheit und essayistische Betrachtungsweise) selbst reflektiert. Ulrich ist kein fest umrissenes Individuum mehr, sondern ein Bündelungskomplex - auch einander widerstreitender - philosophisch-ideologischer Positionen. In der Figur Ulrichs zeigt sich vor allem der Einfluss Ernst Machs, der in seinen Beiträgen zur Analyse der Empfindungen 1886 die ,,Unrettbarkeit des Ichs" im Strom sensorischer Reize und transindividueller Felder verkündet hatte. Im ständigen Auflösen vorgefasster Schemata durch Ulrich wird die Möglichkeit einer ,,gleitenden Logik der Seele" deutlich gemacht. Durch sein Denken in Paradoxien tritt Ulrich in deutliche Opposition zu jenen Wiener Gestalten, die der Mann ohne Eigenschaften im Stil einer Gesellschaftssatire vom Standpunkt konservativer Kulturkritik karikiert. Im dritten (und letzten) Teil des Romanfragments jedoch wird eine Utopie des ,,anderen Zustands" beschrieben, die dieser (groß-)bürgerlichen Beschränktheit als Ideal entgegensteht: ein fließendes Überschreiten aller Raum- und Zeitkategorien, das Ulrich in der inzestuösen Beziehung zu seiner Schwester Agathe erleben kann. In der Geschwisterliebe offenbart sich beiden eine neue Form der Mystik, in der Verstand und Seele verschmelzen. Der Leerlauf des sozialen Betriebs wird hierin aufgehoben. Im ,,anderen Zustand" sind alle nur denkbaren Lebensmöglichkeiten synthetisch verbunden, ohne jemals erschöpft zu sein. Für Musil bedeutet dies die Reise ins Tausendjährige Reich (so der Titel des dritten Teiles), eine Reise, die aber letztlich einzig im Kunstwerk, innerliterarisch, gelingen kann. Verfasst von: Thomas Köster Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« Konzept des Romans (prinzipielle Offenheit und essayistische Betrachtungsweise) selbst reflektiert.

Ulrich ist kein fest umrissenes Individuum mehr, sondern einBündelungskomplex – auch einander widerstreitender – philosophisch-ideologischer Positionen.

In der Figur Ulrichs zeigt sich vor allem der Einfluss Ernst Machs, der inseinen Beiträgen zur Analyse der Empfindungen 1886 die „Unrettbarkeit des Ichs” im Strom sensorischer Reize und transindividueller Felder verkündet hatte.

Im ständigen Auflösen vorgefasster Schemata durch Ulrich wird die Möglichkeit einer „gleitenden Logik der Seele” deutlich gemacht. Durch sein Denken in Paradoxien tritt Ulrich in deutliche Opposition zu jenen Wiener Gestalten, die der Mann ohne Eigenschaften im Stil einer Gesellschaftssatire vom Standpunkt konservativer Kulturkritik karikiert.

Im dritten (und letzten) Teil des Romanfragments jedoch wird eine Utopie des „anderen Zustands” beschrieben, die dieser(groß-)bürgerlichen Beschränktheit als Ideal entgegensteht: ein fließendes Überschreiten aller Raum- und Zeitkategorien, das Ulrich in der inzestuösen Beziehung zu seinerSchwester Agathe erleben kann.

In der Geschwisterliebe offenbart sich beiden eine neue Form der Mystik, in der Verstand und Seele verschmelzen.

Der Leerlauf dessozialen Betriebs wird hierin aufgehoben.

Im „anderen Zustand” sind alle nur denkbaren Lebensmöglichkeiten synthetisch verbunden, ohne jemals erschöpft zu sein.

FürMusil bedeutet dies die Reise ins Tausendjährige Reich (so der Titel des dritten Teiles), eine Reise, die aber letztlich einzig im Kunstwerk, innerliterarisch, gelingen kann. Verfasst von:Thomas KösterMicrosoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation.

Alle Rechte vorbehalten.. »

↓↓↓ APERÇU DU DOCUMENT ↓↓↓

Liens utiles