Devoir de Philosophie

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland - geographie.

Publié le 06/06/2013

Extrait du document

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland - geographie. 1 EINLEITUNG Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, offiziell United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, Inselstaat und parlamentarische Monarchie im Nordwesten Europas. Der Name Großbritannien entstand als Gegenbegriff zu dem im Englischen als Little Britain (Kleinbritannien) bezeichneten französischen Gebiet Bretagne. Großbritannien umfasst England, Schottland, Wales und Nordirland (auch als Ulster bezeichnet) im nordöstlichen Teil der Insel Irland; der restliche Teil dieser Insel gehört zum unabhängigen Staat Republik Irland. Zum britischen Staatsgebiet gehören zahlreiche Inseln, darunter die Isle of Wight, Anglesey, die Scilly-Inseln, die Orkney-Inseln, die Shetland-Inseln und die Hebriden. Das Vereinigte Königreich grenzt im Süden an den Ärmelkanal, der es vom europäischen Festland trennt, im Osten an die Nordsee und im Westen an die Irische See und den Atlantischen Ozean. Die einzige Landgrenze des Staatsgebiets ist die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland. Die Landesfläche Großbritanniens beträgt 244 110 km² Quadratkilometer. Die Hauptstadt und zugleich größte Stadt ist London. Die Isle of Man und die Kanalinseln sind Crown Dependencies, d. h., sie unterstehen direkt der britischen Krone und sind nicht Bestandteil des Vereinigten Königreiches und gehören damit auch nicht zur Europäischen Union (EU). Sie verfügen über eigene Parlamente und sind mit Ausnahme von Außen- und Verteidigungspolitik weitgehend autonom. Ähnliches gilt für die United Kingdom Overseas Territories, die ebenfalls nicht Teil des Vereinigten Königreiches sind, sondern der Krone unterstehen und über innere Autonomie verfügen. Diese Gebiete sind: Anguilla, die Bermuda-Inseln, das British Antarctic Territory, die British Virgin Islands (Jungferninseln), die Cayman-Inseln, die Falkland-Inseln, Gibraltar, Montserrat, Sankt Helena und zugehörige Gebiete (Ascension und Tristan da Cunha), Südgeorgien und die Südsandwich-Inseln sowie die Turks- und Caicos-Inseln. Die Kronkolonie Hongkong war von 1842 bis 1997 abhängiges Gebiet und wurde dann an China zurückgegeben. Das Vereinigte Königreich ist Mitglied des Commonwealth of Nations, dessen Oberhaupt die britische Krone ist. 2 LAND Die maximale Längenausdehnung Großbritanniens beträgt circa 1 260 Kilometer; der nördlichste Punkt ist Out Stack vor Unst auf den Shetland-Inseln, der südlichste ist Saint Agnes auf den Scilly-Inseln. Die maximale Breite beträgt 670 Kilometer zwischen Lough Melvin im Südwesten Nordirlands und Lowestoft in Suffolk. Infolge der stark zergliederten Küste ist kein Ort der Britischen Inseln weiter als etwa 120 Kilometer vom Meer entfernt. Gemessen an der Größe des Staatsgebiets ist die Landschaft überaus abwechslungsreich und weist oft scharfe Kontraste auf engstem Raum auf. Diese Vielfalt spiegelt zum Teil das geologische Fundament wider; es reicht von den alten präkambrischen Gesteinen der schottischen Highlands bis zu den jüngeren, aus dem Quartär stammenden Ablagerungen im Gebiet der Fens in Ostengland. Das gesamte Gebiet Großbritanniens war mit Ausnahme des Bereichs südlich der Mündungen von Themse und Severn in England während der Eiszeiten im Pleistozän von Gletschereis bedeckt. Zu den weiten Regionen, die durch die Tätigkeit von Gletschern und den nacheiszeitlichen Schmelzwässern entstanden, gehören Lake District in England, die Seen Nordirlands, die Täler von Wales und der Großteil der schottischen Landschaft mit ihren Seen. Auch der Einfluss des wirtschaftenden Menschen hat seinen Teil zur Umgestaltung der Landschaft beigetragen. Dies zeigt sich vor allem im Flachland Südenglands, in den Norfolk Broads, in den Fens und in den Mooren Nordschottlands. 2.1 Physische Geographie Die britische Hauptinsel gliedert sich geographisch in zwei Hauptregionen, das Hochland und das Tiefland. Die Trennungslinie verläuft von der Mündung des Flusses Exe in Devon in nordöstlicher Richtung zur Mündung des Flusses Tees. Schottland und Wales liegen im Hochlandbereich, ebenso der Norden, Nordwesten und Südwesten Englands. Schottland ist in drei geographische Räume gegliedert: die Highlands, die gebirgigste Region im Vereinigten Königreich, in der mit dem Ben Nevis (1 343 Meter) auch dessen höchster Gipfel liegt, ferner das schottische Tiefland (Central Lowlands) und die Southern Uplands. Wales umfasst hauptsächlich die Cambrian Mountains, in denen der höchste Gipfel von Wales, der Mount Snowdon (1 085 Meter), liegt. England wird im Osten und Südosten von ausgedehnten Tieflandgebieten eingenommen. Im Norden, Nordwesten und Südwesten breiten sich große Hochlandregionen aus; dies sind die Pennines im Norden, die Cumbrian Mountains im Nordwesten sowie Exmoor (Exmoor Nationalpark) und Bodmin Moor im Südwesten. Das Sperrin- und das Antrim-Gebirge im Norden und Nordosten Nordirlands stellen die Fortsetzung der schottischen Highlands dar. Das dazugehörige Massiv der Mourne Mountains, in dem der höchste Gipfel Nordirlands, der Slieve Donard (852 Meter) liegt, grenzt an eine Tieflandregion in der Umgebung des Lough Neagh (396 Quadratkilometer), des größten Süßwassersees im Vereinigten Königreich. 2.2 Klima Das Klima Großbritanniens ist gemessen an der Lage des Landes recht mild. Seine geographische Breite entspricht der von Labrador in Kanada; das milde Klima wird durch die Meeresnähe bewirkt, vor allem durch den Einfluss des warmen Golfstromes. Die vorherrschenden Winde aus Südwest, die im Winter einen mildernden Einfluss auf die Temperaturen ausüben und die Tiefdruckgebiete heranführen, beeinflussen das tägliche Wetter der Insel. In den westlichen Landesteilen ist es meist wärmer als im Osten, und der südliche Landesteil ist durch mildere Temperaturen gekennzeichnet als der Norden. Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei 6 °C im hohen Norden Schottlands und beträgt etwa 11 ° C im Südwesten Englands. Im Winter fallen die Temperaturen selten unter -10 °C, die Sommertemperaturen übersteigen nur in Ausnahmefällen 32 °C. Die Winde bringen vom Meer her reichlich Feuchtigkeit; die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt landesweit knapp über 1 000 Millimeter; sie variiert zwischen etwa 5 000 Millimetern in den westlichen Highlands und unter 500 Millimetern in Teilen East Anglias. Regen fällt grundsätzlich das gesamte Jahr hindurch; zu den niederschlagsreichsten Gebieten zählen vor allem Schottland, Wales und Nordengland. 2.3 Flora und Fauna Die Pflanzenwelt des Vereinigten Königreiches ist so vielfältig wie seine Landschaften. Jahrhunderte menschlicher Besiedlung haben die Vegetation stark verändert. Weite Landesteile, mit Ausnahme der Berge und Moorgebiete im Norden und Westen sowie der Sumpfgebiete, waren früher von dichtem Laubwald (vor allem Eichen) bedeckt. Heute sind nur noch Reste dieses ursprünglichen Waldes vorhanden. Die Bestände bedecken etwa 7 Prozent der Fläche Englands, 15 Prozent in Schottland, 12 Prozent in Wales und 5 Prozent in Nordirland. Seit der Gründung einer Waldkommission (Forestry Commission) 1919 hat sich die Waldfläche verdoppelt. Bei dieser Kommission handelt es sich um ein Regierungsressort, das für den Schutz und die Entwicklung der Waldbestände im Vereinigten Königreich zuständig ist. Etwa ein Viertel des Staatsgebiets, hauptsächlich in Schottland, Südwestengland, Wales und Nordirland, weist Heideland (moorlands) auf. Diese Gegenden erscheinen zwar wild und unberührt, wurden aber durch Weidetätigkeit und Brandrodungen beeinflusst. Zu den Pflanzen dieser Gegenden gehören Heidekraut, Ginster, Vogelbeere und Blaubeere. In feuchten Gebirgsregionen gibt es die in Mitteleuropa nicht vorkommenden Deckenmoore. Mit der Trockenlegung der großen Sumpfgebiete des Landes, wie den Fens in East Anglia und den Somerset Levels, wurde schon vor über 200 Jahren begonnen. Allmählich wurden sie in Weide- und Ackerland umgewandelt, das heute vielerorts durch Einfriedung mit Feldhecken eine charakteristische Kulturlandschaft darstellt. Kleinere Feuchtgebiete wie Marschen, Sumpfwiesen und Flussmündungsgebiete entgingen bis 1945 solchen Veränderungen. Seither führte jedoch ein erhöhter Bedarf an Ackerland und Baugebieten auch hier zu umfangreichen Eingriffen. Wild lebende Großsäugetiere sind Rothirsche und Rehe sowie die eingebürgerten Damhirsche, Sikahirsche, Wasserrehe und Muntjaks (die beiden letzteren in Südengland). Die früher heimischen Wölfe und Wildschweine wurden ausgerottet. In Exmoor, auf den Shetland-Inseln und im New Forest gibt es halbwilde Ponys. Insgesamt entspricht die Säugetierfauna Großbritanniens weitgehend derjenigen Mitteleuropas. Das Eichhörnchen wird durch das ausgesetzte nordamerikanische Grauhörnchen verdrängt. In Südengland lebt das ebenfalls eingebürgerte Benett-Känguru; eine weitere ursprünglich nicht heimische Säugetierart ist der Mink, ein nordamerikanischer Verwandter des Nerzes. An den Küsten leben Seehunde und Kegelrobben. Die Britischen Inseln bieten zahlreichen Vögeln verschiedenartige Lebensräume, sie liegen im Zentrum eines Netzes von Vogelzugrouten. Rund 200 Arten sind hier das gesamte Jahr über heimisch, häufig sind (wie in Mitteleuropa) Amsel, Buchfink, Star und Haussperling. Auf Grund der langen Küstenlinien sind zahlreiche Meeresvögel anzutreffen. Dazu gehören Eistaucher, Sturmvögel, Sturmschwalben, Seeschwalben, Möwen, Enten, Kormorane, Krähenscharben, Papageitaucher, Trottellummen und Tordalken. In den Flussmündungsgebieten haben viele Enten, Gänse und andere Wasservögel ihr Winterquartier. Die Reptilienfauna besteht aus Wald- und Zauneidechsen, Blindschleichen, Schlingnattern, Ringelnattern und Kreuzottern, an den Küsten erscheinen Meeresschildkröten. Zahlreiche Fische fallen der Wasserverschmutzung zum Opfer; Speisefische werden vorwiegend von Fischfarmen geliefert. Häufige Süßwasserfische sind Lachs, Forelle, Plötze, Flussbarsch und Hecht. Zu den von Fischern angelandeten Meeresfischen gehören Kabeljau, Schellfisch, Scholle, Makrele und Hering. 3 BEVÖLKERUNG Großbritannien hat 60,9 Millionen Einwohner (2008). Daraus ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von 252 Einwohnern pro Quadratkilometer. Das jährliche Bevölkerungswachstum liegt durchschnittlich bei 0,3 Prozent. Die mittlere Lebenserwartung beträgt für Männer 76,4 Jahre und für Frauen 81,5 Jahre (2008). Die Bevölkerung Englands macht 80 Prozent der Gesamtbevölkerung im Königreich aus, zugleich ist England mit einer durchschnittlichen Bevölkerungsdichte von 384 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtesten besiedelte Teil des Gesamtstaates. 10 Prozent der britischen Bevölkerung sind Schotten, 4 Prozent sind Iren (Nordirland) und 2 Prozent sind Waliser. Hinzu kommen 1 Prozent Inder und Angehörige anderer Volksgruppen (insgesamt 3 Prozent). Die Angehörigen der ethnischen Minderheiten leben hauptsächlich in den städtischen und industriellen Ballungszentren Englands, besonders im Südosten und in den Midlands. Großbritannien ist unter den größeren Nationen der Welt einer der am stärksten verstädterten Staaten. 89 Prozent der Bevölkerung leben in Großstädten oder mittleren und kleinen Städten. So konzentrieren sich ungefähr 40 Prozent der Bevölkerung Großbritanniens in den sieben großen städtischen und industriellen Ballungszentren der Insel. Diese erstrecken sich im Umfeld der Städte London, Manchester, Liverpool, Sheffield, Birmingham, Newcastle upon Tyne und Leeds. Mit Ausnahme von London wuchsen diese Städte nach dem Beginn der industriellen Revolution zu bedeutenden Zentren der verarbeitenden Industrie, des Bergbaus oder des Handels heran. Die Konzentration von zwei Dritteln der walisischen Bevölkerung in den Tälern im Süden und von drei Vierteln der schottischen Bevölkerung im zentralen schottischen Tiefland rund um Glasgow und Edinburgh hat ähnliche Gründe. 3.1 Wichtige Städte Hauptstadt, Regierungssitz und zugleich größte Stadt Großbritanniens ist London mit 7,5 Millionen Einwohnern (2006). London ist zugleich die Hauptstadt von England. Die schottische Hauptstadt ist Edinburgh (449 000), die walisische ist Cardiff (305 000) und die nordirische ist Belfast (277 000). Abgesehen vom schottischen Glasgow (579 000) liegen alle anderen Großstädte des Königreiches in England, darunter Birmingham (976 000), Leeds (716 000), Sheffield (513 000), Manchester (393 000) und die Hafenstädte Liverpool (439 000) und Bristol (381 000). 3.2 Sprache Die Amtssprache Großbritanniens ist Englisch. Als gesprochene Sprache ist das Englische jedoch keineswegs homogen. Es gibt ausgeprägte regionale und lokale Dialekte, wenn auch die früher vorhandenen, über ein eigenes Vokabular verfügenden Dialektformen des Englischen bis heute viel von ihren Eigenheiten verloren haben. Die keltischen Sprachen der ursprünglichen Bevölkerung werden heute noch in Schottland und vor allem in Wales gesprochen. In jüngster Zeit erlebten sie sogar eine Art Renaissance, die mit dem Wiederaufkommen patriotischer Tendenzen in beiden Ländern in Verbindung steht. In Wales sprechen etwa 19 Prozent der Einwohner Walisisch, das nach wie vor die Muttersprache der meisten Bewohner des Nordens und Westens von Wales ist. In vielen Schulen ist neben Englisch auch Walisisch Unterrichtssprache. Auch das Fernsehen bietet ein walisischsprachiges Programm an. Nach jahrzehntelangen Kampagnen der Nationalisten ist das Walisische nun seit 1993 neben Englisch Amtssprache. In Schottland gibt es (vor allem auf den Hebriden) noch rund 80 000 Menschen, die Gälisch sprechen. Auch in Nordirland wird Gälisch gesprochen, allerdings wird dies nicht gefördert. Siehe auch keltische Sprachen; Englisch; Schottisch; kornische Literatur; Drama; englische Literatur; gälische Literatur; irische Literatur, schottische Literatur; walisische Literatur 3.3 Religion Die Glaubensfreiheit wird im Vereinigten Königreich durch mehrere zwischen dem 17. und frühen 20. Jahrhundert verabschiedete Gesetze gewährleistet. Seit dem 18. Jahrhundert spielt die Religion in der Politik des Staates kaum noch eine Rolle. Allerdings wurden in Nordirland die politischen und kulturellen Gegensätze zwischen den Nachfahren der ursprünglichen irischen Bevölkerung und der englischen und schottischen Siedler anhand des vordergründigen religiösen Gegensatzes offengelegt. Diese in Wahrheit ausschließlich politisch motivierten Konflikte entladen sich seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts in Gewalttaten und terroristischen Akten von katholischen und protestantischen Gruppen (siehe Nordirland-Konflikt). Die Nachfahren der englischen und schottischen Einwanderer, welche die Bevölkerungsmehrheit in Nordirland stellen, sind fast ausschließlich protestantisch und befürworten den Verbleib Nordirlands beim Vereinigten Königreich. Die ursprüngliche irische Bevölkerung ist überwiegend katholisch und mehrheitlich für den Anschluss an die Republik Irland. Im Vereinigten Königreich sind fast alle größeren Religionen der Welt vertreten. Das Christentum stellt die weitaus größte Glaubensgemeinschaft dar. Es gibt zwei Staatskirchen, die anglikanische Kirche (Church of England) und die presbyterianische schottische Staatskirche (Church of Scotland). Rund 57 Prozent der Bevölkerung gehören der anglikanischen Glaubensgemeinschaft an, die vor allem durch die Church of England vertreten wird, zu der jedoch auch die Church of Wales, die Scottish Episcopal Church und die Church of Ireland gehören. 1993 entschied die Jahressynode der anglikanischen Kirche, Frauen für das Priesteramt zuzulassen und beschwor damit für kurze Zeit die Gefahr einer Kirchenspaltung herauf. Da sowohl Gläubige als auch Priester die Entscheidung ablehnten, kam es zu einem Kompromiss, der jedoch nicht verhindern konnte, dass im März 1994 anlässlich der Priesterweihe der ersten Priesterinnen 136 anglikanische Geistliche zum Katholizismus konvertierten. Von der Church of Wales wurde die Frauenordination 1994 abgelehnt, von der Church of Scotland hingegen angenommen. 15 Prozent der Bevölkerung gehören anderen protestantischen Kirchen an (davon 4 Prozent der presbyterianischen Kirche). Rund 13 Prozent der Gesamtbevölkerung im Vereinigten Königreich sind römisch-katholisch (in Nordirland 25 Prozent) und 1 Prozent sind Methodisten. Etwa 1,5 Prozent bekennen sich zum Islam, daneben gibt es große Hindu-, Sikh- und jüdische Gemeinden. Die jüdische Gemeinde im Vereinigten Königreich zählt 300 000 Mitglieder und ist damit die zweitgrößte Europas. Weiterhin gibt es kleinere Gemeinden des Jainismus, des Zoroastrismus und des Bahaismus. Die am stärksten anwachsenden Glaubensgemeinschaften des Königreiches sind der Islam und das evangelische Christentum. Ein wachsender Prozentsatz der Bevölkerung bekennt sich zu keiner Religion und ist beispielsweise Mitglied in Körperschaften wie der British Humanist Association (Britische humanistische Gemeinschaft) und der National Secular Society (Nationale weltliche Gesellschaft). 3.4 Soziales Medizinische Leistungen nimmt die große Mehrheit der Briten nach wie vor vom staatlichen Gesundheitsdienst (NHS: National Health Service) in Anspruch. Er wurde 1948 gegründet und wird vorwiegend aus allgemeinen Steuermitteln finanziert, wobei der Anteil der Sozialversicherungsbeiträge rund 10 Prozent der Gesamtkosten deckt. Der Gesundheitsdienst bietet vollständige medizinische Betreuung, die meist unentgeltlich oder gegen geringe Gebühren geleistet wird. Einige Personengruppen sind grundsätzlich von Gebühren befreit: Kinder, Frauen während der Schwangerschaft und im ersten Jahr nach der Geburt ihres Kindes, Empfänger von Arbeitslosenunterstützung oder anderen staatlichen Hilfen und Menschen mit bestimmten chronischen oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Sie zahlen keine Gebühren für Verschreibungen, Zahnbehandlung und Zahnersatz, Sehtests und Brillen sowie von den lokalen Behörden angebotene Leistungen wie Impfungen. Die Gebühren für die nicht befreiten Leistungsempfänger sind seit den siebziger Jahren beständig angestiegen und entsprechen inzwischen in manchen Fällen den vollen Kosten der medizinischen Behandlung. Krankenhausaufenthalte sind jedoch nach wie vor gebührenfrei. Auf einen Arzt kommen durchschnittlich 601 Einwohner. Die meisten allgemeinmedizinischen Ärzte im Vereinigten Königreich sind Mitglieder des staatlichen Gesundheitsdienstes, einige haben allerdings daneben auch Privatpatienten; dasselbe gilt für die meisten Apotheker sowie Fachärzte wie Chirurgen und Krankenhausfachärzte, Radiologen und Physiotherapeuten. Die Zahl der Zahnärzte, die im Rahmen des staatlichen Gesundheitsdienstes tätig sind, ist jedoch in den späten achtziger Jahren dramatisch zurückgegangen, was auch auf die Reduzierung der staatlichen Zahlungen an die Zahnärzte des NHS zurückzuführen ist. Ein 1990 von den Konservativen verabschiedetes Gesetz zum NHS und Gesundheitswesen brachte tief greifende und oft äußerst umstrittene Änderungen in der Verwaltung des NHS und in der Patientenversorgung mit sich. Die Gesundheitsbehörden vor Ort wurden zu ,,Einkäufern" von Gesundheitsdiensten für die Patienten umfunktioniert; sie erhielten staatliche Finanzmittel, um durch Verträge mit Hospitälern und anderen medizinischen Einrichtungen des öffentlichen oder privaten Sektors medizinische Leistungen einkaufen zu können. Krankenhäuser werden direkt bezuschusst, die Höhe der Geldmittel richtet sich nach der Anzahl der behandelten Patienten. Die Krankenhäuser können außerdem beantragen, in selbstverwaltete Treuhandgesellschaften - unabhängig von den lokalen Gesundheitsbehörden, jedoch nach wie vor innerhalb des staatlichen Gesundheitsdienstes - umgewandelt zu werden. Allgemeinärzte, die in größeren Arztpraxen beschäftigt sind, können selbst Empfänger staatlicher Fonds werden. Sie erhalten dann ein jährliches Budget direkt von der Gesundheitsbehörde, mit dem sie bestimmte medizinische Leistungen von Krankenhäusern für ihre Patienten erwerben können. Das Ziel dieser Gesundheitsreform war, die Effizienz des Gesundheitswesens durch die Einführung eines freien Wettbewerbs zu erhöhen und die Versorgung und Auswahlmöglichkeiten der Patienten zu verbessern. Hierzu wurde auch eine Patientencharta erlassen, in der Richtlinien über maximale Wartezeiten für Krankenhausbehandlungen in nicht dringenden Fällen festgelegt sind. Außerdem versuchte die Regierung durch die Reformen, die Patienten verstärkt zum Abschluss privater Krankenversicherungen zu ermuntern. Kritiker sehen jedoch die Gefahr, dass durch die Reform ein Zweiklassengesundheitsdienst entsteht, der Patienten in Praxen mit staatlichem Budget rascher zu einer Behandlung verhilft als Patienten in traditionellen Praxen. Gegen die neu gegründeten Krankenhaus-Treuhandgesellschaften wurde vorgebracht, dass sie nicht ausreichend für ihre Ausgaben und die Art ihrer Aufnahme von Patienten zur Verantwortung gezogen werden können. Das nationale Sozialversicherungssystem, das 1948 in vollem Umfang in Kraft trat, umfasst Leistungen im Fall von Arbeitsunfällen, Krankheit und Arbeitslosigkeit, Mutterschaftsgeld, Unterhalt für Kinder in bestimmten Situationen, Beihilfen für Personen, die als Vormund tätig sind, Witwengeld, Renten sowie Beerdigungskosten. Rentenanspruch besteht zurzeit für Männer ab 65 Jahren und Frauen ab 60 Jahren. Eine Angleichung des weiblichen Rentenalters auf 65 Jahre ist jedoch geplant und soll stufenweise ab dem Jahr 2010 umgesetzt werden. Kindergeld wird für alle Kinder bis zum Alter von 16 Jahren bzw. bis zur Beendigung der Schulzeit gezahlt. Das Sozialversicherungssystem leistet Bedürftigen Unterstützung in Form von wöchentlichen Geldzuschüssen und bietet besondere Leistungen für Behinderte. Der Großteil der genannten Leistungen wird zum Teil über wöchentlich entrichtete Pflichtbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert und zum Teil aus Mitteln des allgemeinen Steueraufkommens; nahezu alle Leistungen sind einkommensabhängig. Die Ausgaben für das Sozialwesen und den staatlichen Gesundheitsdienst betragen über ein Drittel des gesamten jährlichen Finanzhaushalts der Regierung. 4 BILDUNG UND KULTUR Im Verlauf seiner Geschichte hat das britische Bildungswesen im Ausland vor allem durch den Ruf der so genannten Public Schools, privater Elitegymnasien mit Internat, ein hohes Ansehen erlangt. Viele dieser Schulen wurden im Mittelalter zunächst als wohltätige Einrichtungen zur Erziehung und Ausbildung der häufig mittellosen Knaben einer Gemeinde gegründet (daher der Name Public Schools: öffentliche Schulen). Institute wie das Eton College, die Harrow School und die Rugby School entwickelten sich jedoch schließlich zu Einrichtungen, die gegen Schulgebühren fast nur noch Jungen aus den wohlhabendsten Schichten des Vereinigten Königreiches und des Auslands unterrichteten. Daneben bieten die meisten dieser Schulen jedoch auch Stipendien für begabte Kinder aus sozial schwächer gestellten Familien an. Tatsächlich besuchen jedoch nur etwa 7 Prozent der Kinder in Großbritannien die Public Schools: die große Mehrheit geht auf staatliche Schulen. Das staatliche Schulsystem weist in England und Wales die gleiche Grundstruktur auf, verfügt aber in den beiden Ländern über unterschiedliche Entstehungsgeschichten und spiegelt die jeweils unterschiedliche Kultur wider. Auch Nordirland besitzt ein ähnliches staatliches Schulsystem, das Schulsystem Schottlands hingegen ist deutlich anders strukturiert. Verwaltungstechnisch ist das Ministerium für Erziehung und Wissenschaft für das gesamte Bildungswesen in England und die Universitäten in Großbritannien und Nordirland verantwortlich, in Schottland und Wales gibt es eigene Ministerien für den Bildungsbereich. Das Bildungswesen in Nordirland wird vom Kabinettsministerium für Nordirland geregelt, das fünf regionale Bildungsausschüsse hat. Das britische Schulwesen weist einige Eigenheiten auf: Auf die freiwillige Vorschule (Nursery School) folgen die Infant School (5.-8. Lebensjahr) und die Junior School (8.12. Lebensjahr). Alternativ existiert die First School (6.-9., manchmal auch bis zum 11. Lebensjahr), die von der Middle School gefolgt wird. In der Sekundarstufe überwiegt die differenzierte Comprehensive School (mit oder ohne Oberstufe bzw. einem dem deutschen Abitur vergleichbaren Abschluss). Die Secondary Modern School entspricht in etwa der deutschen Hauptschule. Daneben gibt es in Schottland und Nordirland noch einige weitere Schultypen mit unterschiedlicher Ausrichtung und Altersstaffelung. Allgemeine Schulpflicht besteht für eine Dauer von 12 Jahren. Neben dem mit zahlreichen berühmten Namen verbundenen traditionsreichen Hochschulwesen (Oxford, Cambridge etc.) wurde in den sechziger Jahren mit den Polytechnics ein der deutschen Fachhochschule entsprechender Ausbildungszweig geschaffen. Demgegenüber ist die berufliche Bildung wenig bis überhaupt nicht in allgemein verbindlichen Ausbildungswegen organisiert. Betriebe unterhalten häufig eigene Ausbildungseinrichtungen oder entsenden ihre Mitarbeiter auf private Berufsschulen. Staatliche Initiativen wie das 1983 ins Leben gerufene Youth Training Scheme (YTS), Fortbildungs- und Umschulungsprogramme (Job Training Scheme, JTS) versuchen in neuerer Zeit, die Defizite abzubauen. Einen hohen Stellenwert nimmt vor diesem Hintergrund die Erwachsenenbildung (Further Education) ein, die - zum Teil über Fernunterricht - qualifizierte Abschlüsse vermittelt. 4.1 Kunst Dank des reichen kulturellen Erbes konnte die wachsende Tourismusbranche in Großbritannien gerade im Bereich der vielen vom wirtschaftlichen Niedergang betroffenen Regionen und Bereichen einen neuen Weg weisen; so wurden seit den achtziger Jahren mehr und mehr ,,lebende" Museen gegründet, in denen die ländliche und industrielle Vergangenheit des Landes anschaulich dargestellt wird. Dieser explosionsartig angewachsene Zweig der Tourismusindustrie trägt im Englischen die Bezeichnung British heritage (britisches Erbe). Jedes Jahr werden auf diese Weise fast 20 Millionen Menschen ins Land gelockt. Die meisten Theater, Orchester und Galerien finden sich in London. Aber auch Schottland, Wales und Nordirland sowie die Regionen Englands verfügen über ein lebendiges kulturelles Erbe. Früheste Zeugnisse der englischen Kunst und Architektur haben sich im Bereich der Ornamentkunst erhalten, die sich häufig von skandinavischen Holzschnitzereien beeinflusst zeigt. Die Malerei beschränkte sich nach der Christianisierung des Landes zunächst hauptsächlich auf die Buchillustration. Nordirland hatte zu dieser Zeit erheblichen Anteil an der Blüte der keltischen Kunst. Vom bildhauerischen Können der Zeit zeugen vor allem die Steinkreuze aus Northumbria und dem Südwesten Schottlands. Vom 12. bis zum 16. Jahrhundert entstanden die romanischen und gotischen Kathedralen Englands als herausragende Kunstwerke ihrer Zeit. Im 17. und 18. Jahrhundert führten Architekten wie Inigo Jones und Sir Christopher Wren die Renaissance- und Barockarchitektur in England ein. Die bildende Kunst des Vereinigten Königreiches war wie die Architektur stark von den Entwicklungen auf dem europäischen Festland beeinflusst. So wurden die herausragendsten Gemälde Englands vor dem 18. Jahrhundert von Ausländern wie dem deutschen Maler Hans Holbein dem Jüngeren oder dem flämischen Maler Sir Anthonis van Dyck geschaffen. Im 18. Jahrhundert bildete sich allmählich ein eigenständiger britischer Stil heraus, der sich vor allem in den Werken der Porträtmaler William Hogarth, Sir Joshua Reynolds, Thomas Gainsborough und George Romney in England sowie Sir Henry Raeburn in Schottland manifestierte. Gainsborough leistete ebenso wie John Crome oder Richard Wilson Wegbereitendes im Bereich der Landschaftsmalerei, die in der Folge für die britische Malerei typisch werden sollte. Spezifisch englische Stilrichtungen entstanden im 18. Jahrhundert aber auch im Bereich der Möbel- und Porzellanmanufakturen, namentlich bei Thomas Chippendale, Thomas Sheraton und Josiah Wedgwood. Zur selben Zeit etablierte Capability Brown einen naturalistischen Stil in der Landschaftsgärtnerei, der als English style in ganz Europa nachgeahmt wurde. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war geprägt vom Schaffen John Constables und J. M. W. Turners. Die 1848 gegründete Gruppe der Präraffaeliten suchte Anregungen in der Kunst des Mittelalters und der frühen Renaissance. Führende Künstler waren William Holman Hunt, Dante Gabriel Rossetti und Sir John Everett Millais. Einflüsse der Kunst des Mittelalters zeigten sich auch im Kunsthandwerk, vor allem bei William Morris. Das von Morris gegründete Arts and Crafts Movement inspirierte zur Jahrhundertwende den Jugendstil. In Schottland wurde dieser vor allem von der Glasgow School propagiert, der die Architekten und Designer Arthur H. Mackmurdo und Charles Rennie Mackintosh zuzurechnen sind. Das von Mackintosh entworfene Gebäude der Glasgow School of Art ist eines der bekanntesten Beispiele seiner Art. Kennzeichnend für die Kunst im 20. Jahrhundert ist die Hinwendung zur Abstraktion, die zunehmende internationale Bedeutung britischer Kunst und die Wiederentdeckung der Bildhauerei und Skulptur. Jacob Epstein, Barbara Hepworth, Henry Moore sowie in jüngerer Zeit Elisabeth Frink zählen zu den britischen Bildhauern mit internationaler Reputation. Britische Maler, die vor dem 2. Weltkrieg Bedeutung erlangten, waren vor allem Paul Nash, Sir Stanley Spencer und Graham Sutherland. Seit 1945 konnten beispielsweise Ben Nicholson, Victor Pasmore, Francis Bacon, David Hockney und Lucian Freud auf sich aufmerksam machen. Weitere Informationen zu Kunstgeschichte und Architektur im Vereinigten Königreich siehe angelsächsische Kunst und Architektur; keltische Kunst; Kirche (Gebäude); elisabethanischer Stil; Georgian Style; gotische Kunst und Architektur; Neoklassizismus; Hepplewhite-Stil; Jacobean Style; normannische Architektur; Queen-Anne-Stil; Präraffaeliten; Regency Style; romanische Kunst und Architektur; St.-Ives-Schule; Tudorstil; Victorian Style. Die Entwicklung der darstellenden Künste im Vereinigten Königreich war in der Neuzeit hauptsächlich von den Beiträgen Englands geprägt. Während der Regierungszeit Elisabeths I. entstanden die ersten öffentlichen Theater; an ihren Bühnen wirkten nicht zuletzt William Shakespeare und Christopher Marlowe. Das Londoner Globe Theatre, in dem auch Stücke von Ben Jonson aufgeführt wurden, war eine der ersten kommerziellen Bühnen des Landes. Im 16. Jahrhundert begründeten Komponisten wie John Taverner, Thomas Tallis und William Byrd die Chormusik. Auf dem Gebiet der weltlichen Musik taten sich neben William Byrd John Dowland, Thomas Morley und Orlando Gibbons hervor. Die Restaurationsepoche in England ab 1660 brachte neue Entwicklungen im Bereich des Theaters, die sich bis ins 18. Jahrhundert hinein fortsetzten. Die aus Irland stammenden Dramatiker George Farquhar, Oliver Goldsmith und Richard Brinsley Sheridan schrieben geistreich-witzige, oft von beißendem Humor durchzogene Gesellschaftskomödien, die zum Inbegriff des Restoration Drama wurden. Der führende englische Dramatiker dieser Epoche war William Congreve. Im späten 17. Jahrhundert entstanden die ersten Opern im Vereinigten Königreich, deren gelungenste, Dido and Aeneas, von Henry Purcell stammt, dem einzigen bedeutenden britischen Komponisten jener Zeit. Der aus Deutschland stammende Komponist Georg Friedrich Händel ließ sich 1712 in London nieder und beherrschte mit seinen Opern und Oratorien die Musikszene des 18. Jahrhunderts. Im 19. Jahrhundert entstanden nennenswerte Leistungen in den Bereichen Theater und Musik erst nach 1870: Im damaligen Victoria-Theater wurde die Sittenkomödie nach Vorlagen von Sir Arthur Wing Pinero und Oscar Wilde zu neuem Leben erweckt, und Sir Arthur Sullivan und Sir William Gilbert schrieben bedeutende komische Opern. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden die Music Hall und die Pantomime als zwei spezifisch britische Formen des Boulevardtheaters. Die Music Hall war ein Varieté mit komischen Einlagen, artistischen Nummern und häufig anzüglichen Liedern. Sie starb nach dem 2. Weltkrieg aus, ihr Einfluss ist aber nach wie vor in der Pantomime und in manchen gegenwärtigen Formen der britischen Komödie spürbar. Die Pantomime geht ursprünglich auf die italienische Commedia dell'Arte zurück, mit der sie jedoch inzwischen nichts mehr gemeinsam hat. Sie wird in der Regel nur in der Weihnachtszeit aufgeführt und ist eine Darstellung von Märchenstoffen mit den Mitteln von Lied, Tanz und Slapstick, mit aufwendiger Kostümierung und unter Einbeziehung des Publikums. Für viele britische Kinder ist die Pantomime der erste Kontakt mit dem Theater. Die berühmtesten britischen Komponisten um die Jahrhundertwende waren Sir Edward Elgar und Frederick Delius, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts traten Ralph Vaughan Williams und Sir William Walton hervor. Nach 1945 erlangten u. a. Sir Peter Maxwell Davies, Richard Rodney Bennett und Sir Harrison Birtwistle internationale Anerkennung. Im 20. Jahrhundert erlebte auch die Oper im Vereinigten Königreich im künstlerischen Schaffen von Sir Michael Tippett und Benjamin Britten eine neue Blüte. Im späteren 20. Jahrhundert war Großbritannien Wiege der Pop- und Rockmusik, beginnend mit den Beatles und den Rolling Stones in den sechziger Jahren. Das musikalische Werk Sir Andrew Lloyd Webbers machte das Musical in den ausgehenden achtziger und frühen neunziger Jahren zur beliebtesten Form des Musiktheaters im Vereinigten Königreich. Auch das Interesse an klassischer Musik, Oper und Tanz hat seit 1980 merklich zugenommen. Das Vereinigte Königreich unterhält zahlreiche professionelle Orchester. Führend sind das London Philharmonic, das London Symphony, das Royal Liverpool Philharmonic, das Hallé in Manchester, das City of Birmingham Symphony sowie das Ulster und das Royal Scottish Orchestra. Berühmte Kammerorchester sind das English Chamber Orchestra, die Academy of Saint Martin-in-the-Fields und die Bournemouth Sinfonietta. Der britische Fernsehsender British Broadcasting Corporation (BBC) unterhält sechs Orchester und ist Sponsor der äußerst populären, jährlich stattfindenden Promenade Concerts in der Royal Albert Hall. Neben dem Ensemble des Royal Opera House mit Sitz in Covent Garden in London hat jedes Land des Vereinigten Königreiches ein nationales Opernensemble. Die in Leeds angesiedelte Opera North gibt Gastspiele im Norden Englands. Jeden Sommer findet in Glyndebourne (East Sussex) ein Opernfestival statt, an dem internationale Stars teilnehmen. In der Sommersaison 1994 wurde ein für 33 Millionen Pfund Sterling erbautes Auditorium eröffnet. Das Royal Ballet, das Birmingham (früher Sadler's Wells) Royal Ballet, das English National Ballet und das Northern Ballet Theatre zählen zu den führenden Tanztheatern der Welt. Das Ballet Rambert ist die erste Truppe des Vereinigten Königreiches im modernen Tanz. Weitere renommierte Ensembles sind Diversions mit Sitz in Cardiff, das Adzido Pan African Dance Ensemble und die Shobana Jeyasingh Dance Company. Das Theater der frühen zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde vom Revuetheater sowie den Komödien Sir Noël Cowards beherrscht. Seit dem 2. Weltkrieg zeigt sich im britischen Theater eine Tendenz zum Sozialrealismus, wie sie erstmals in den Stücken John Osbornes zum Ausdruck kam. Aber auch die Tradition der geistreichen Verwechslungskomödie fand im Werk Alan Ayckbourns ihre Fortsetzung. Weitere namhafte Dramatiker der Nachkriegszeit sind Harold Pinter, Arnold Wesker, John Arden, Tom Stoppard, Peter Shaffer und Caryl Churchill. Berühmte britische Bühnenschauspieler sind Sir Laurence Olivier, Sir Alec Guinness, Sir John Gielgud, Dame Sybil Thorndike, Dame Judi Dench, Dame Maggie Smith, Sir Ian McKellen, Kenneth Branagh, Vanessa Redgrave und Emma Thompson. Gegenwärtig gibt es über 300 professionelle Theater im Vereinigten Königreich, davon allein 100 in London, fast die Hälfte im Stadtteil West End. Des Weiteren existieren 300 professionelle Theatergruppen, manche mit festen Aufführungsstätten, andere sind vorwiegend als Wandertruppen aktiv. Die bekanntesten Schauspielhäuser des Landes sind das Royal National Theatre, das Royal Court und das Old Vic in London; das Crucible Theatre in Sheffield; das Bristol Old Vic Theatre ; das Nottingham Playhouse; das Citizen's Theatre in Glasgow; das Royal Exchange in Manchester; und das Festival Theatre in Chichester. Die Royal Shakespeare Company tritt im Barbican Centre in London und im Royal Shakespeare Theatre in Stratford-upon-Avon auf. Im Vereinigten Königreich finden jährlich rund 650 Kunstfestivals statt, die über vier Millionen Besucher anlocken. Neben dem Edinburgh Festival und dem Mayfest richten auch Belfast, Brighton, Buxton, Chichester, Harrogate, Llangollen, Malvern, Pitlochry, Salisbury und York derartige Veranstaltungen aus. Speziell im Bereich der Musik sind das Three Choirs Festival, das Cheltenham Festival und das Aldeburgh Festival zu nennen, Letzteres wurde von Benjamin Britten und dem englischen Tenor Sir Peter Pears ins Leben gerufen. Siehe auch Kirchenmusik; mittelalterliche Musik 4.2 Medien Die Rechte zur Ausstrahlung von Fernseh- und Radioprogrammen liegen bei der BBC (British Broadcasting Corporation), der unabhängigen Fernsehbehörde ITC (Independent Television Commission) und der Rundfunkbehörde (Radio Authority), allesamt öffentlich-rechtliche Einrichtungen. Insgesamt besitzt das Vereinigte Königreich vier Erdsendestationen und knapp 200 Radiostationen. Außerdem gibt es eine Reihe von Satellitenfernsehsendern mit Sitz im Vereinigten Königreich sowie eine wachsende Zahl von Kabelfernsehgesellschaften. Die BBC wurde 1922 gegründet und wird auf der Grundlage einer königlichen Charta geführt. Sie betreibt zwei landesweite Fernsehprogramme sowie fünf nationale und rund 38 lokale Radiosender. Finanziert wird sie vorwiegend über Lizenzgebühren und zusätzliche Einkünfte aus Gewerbetätigkeiten. Die BBC unterhält außerdem eine Vielfalt an Sendediensten im Ausland. Der World Service, 1932 als Sender für das Empire gegründet und von der öffentlichen Hand finanziert, bietet Programme in mehr als 38 Sprachen an und wird von einem Publikum von schätzungsweise 120 Millionen Menschen empfangen. 1991 gründete die BBC mit der World Service Television ein Tochterunternehmen für den Betrieb des Satellitenfernsehens. Die königliche Charta der BBC wird in regelmäßigen Abständen erneuert, wobei meist intensive Gespräche zwischen der Gesellschaft und der Regierung über Fragen der Finanzierung und andere Themen vorausgehen. Die gegenwärtige Charta enthält auch die Empfehlung, die BBC primär über Lizenzgebühren zu finanzieren und in der Zwischenzeit nach Bedarf die Möglichkeiten einer ganzen oder teilweisen Privatisierung genauer zu untersuchen. Die ersten regelmäßigen, unabhängigen Fernsehprogramme wurden 1955 in London unter der Aufsicht einer unabhängigen Fernsehbehörde ( Independent Television Authority, ITA) ausgestrahlt. 1972 erhielten die ersten unabhängigen Radiostationen ihre Sendeerlaubnis, und die ITA wurde durch die Independent Broadcasting Authority (IBA) ersetzt, die nun sowohl den Fernseh- als auch den Radiobetrieb überwachte. Heute werden das vierte und fünfte Programm des nationalen Fernsehens von unabhängigen Sendern ausgestrahlt; das dritte Programm (ITV) wird von 15 regionalen Fernsehsendern und einem Frühstücksfernsehsender gestaltet; das vierte Programm, Channel 4, das 1984 gestartet wurde, hat die Ausstrahlung von Sendungen für diverse Minderheitengruppen zur Aufgabe. In Wales sendet über diesen Programmkanal ein walisischsprachiger Anbieter, SC4. Er wird größtenteils mit öffentlichen Mitteln finanziert, darüber hinaus finanziert sich jedoch Channel 4, wie auch die Sender des dritten Programmkanals, über Werbung und andere Geschäftstätigkeiten. Weiterhin gibt es im Vereinigten Königreich rund 150 unabhängige lokale Radiostationen und viele weitere sind in Planung. Während der neunziger Jahre nahmen die ersten drei unabhängigen landesweiten Radiosender den Betrieb auf; Classic FM (1991), Virgin 1215 (1993) und Talk Radio UK (1995). Das Radio- und Fernsehgesetz von 1990 brachte die Regelungen im Privatfernsehen und privaten Rundfunk auf einen neuen Stand, der den jüngsten Entwicklungen in diesem Bereich, wie Satelliten- und Kabelfernsehen, Rechnung trug. 1991 wurde die Behörde IBA durch die Independent Television Commission (ITC) und die Radio Authority ersetzt. Gleichzeitig wurde die Cable Authority, die Aufsichtsbehörde für das Kabelfernsehen, in die zwei neuen Körperschaften eingegliedert. Die ITC ist für die Vergabe von Senderechten und andere Regelungen der Programmkanäle eins und zwei verantwortlich, Senderechte für den Kanal drei werden auf der Basis des freien Wettbewerbs vergeben. Die Behörde ist auch für den geplanten fünften Programmkanal zuständig sowie für Kabeldienste, private Teletextanbieter und Satellitendienste im Vereinigten Königreich. Der Rundfunkbehörde obliegen entsprechende Aufgaben im Bereich des Radiobetriebs. Im Vereinigten Königreich werden rund 124 Tages- und Sonntagszeitungen herausgegeben, davon elf Tages- und neun Sonntagszeitungen landesweit. Die landesweiten Zeitungen wurden früher allesamt in der Fleet Street im Herzen Londons gedruckt, die dadurch zum Inbegriff der Zeitungsindustrie wurde. Inzwischen wurden alle Verlagsund Druckeinrichtungen in andere Gegenden Londons oder aber ganz aus der Hauptstadt weg verlegt. Die Besitzrechte für die Landespresse sind hochgradig konzentriert. Drei Verlagsgruppen, nämlich News International, im Besitz von Rupert Murdoch, die Mirror-Gruppe und United Newspaper besitzen zusammen 13 Zeitungen. Die Presselandschaft wird häufig in drei Marktkategorien unterteilt; die seriösen oder ,,Qualitäts"-Zeitungen, ein qualitätsmäßiges Mittelfeld und die Massenpresse. Zu den seriösen Zeitungen, sie werden im Englischen auch als broadsheets, ,,Großformatige", bezeichnet, da sie auf großformatigem Papier gedruckt werden, zählen die ältesten und angesehensten britischen Zeitungen, wie die Times (gegründet 1785), der Guardian (1821), der Daily Telegraph (1855), die Financial Times (1888), der Independent (1986) und der Observer (1791), letztere ist eine Sonntagszeitung. Zur zweiten und dritten Gruppe der Massenpresse gehören die Sun (1964), der Daily Mirror (1903) und der Daily Star (1978). Sie werden im Englischen auch als tabloids bezeichnet, was auf ihr kleineres Papierformat anspielt. Typisch für die Massenblätter sind Sensationsstorys und umfangreiches Bildmaterial. Infolge ihrer hohen Auflage sind sie sehr einflussreich. Darüber hinaus werden im Vereinigten Königreich fast 7 000 monatlich oder wöchentlich erscheinende Zeitschriften veröffentlicht. Zu den renommiertesten gehören New Scientist, New Statesman and Society, der Spectator, der Economist und das Times Literary Supplement. Im Vereinigten Königreich sind außerdem zahlreiche berühmte Buchverlage ansässig. 5 VERWALTUNG UND POLITIK Das Vereinigte Königreich ist eine parlamentarische Monarchie. Eine in ihrer Gesamtheit schriftlich kodifizierte Verfassung gibt es nicht, auch gibt es kein Verfassungsrecht, das dem sonstigen Recht übergeordnet wäre. Die Verfassungsordnung entwickelte sich über Jahrhunderte hinweg und besteht aus einer Reihe geschriebener Gesetze (Statute Law), angefangen mit der Magna Charta von 1215, dem auf Gerichtsentscheidungen (judicial precedent) basierenden Common Law sowie Gewohnheitsrecht. Diese Verfassungsordnung kann durch vom Parlament verabschiedete Gesetze oder durch Gerichtsurteile geändert und damit den sich wandelnden Gegebenheiten angepasst werden (siehe Verfassung von Großbritannien). Die Grundprinzipien der Verfassung und Verfassungspraxis finden in Organen des Staates ihren Ausdruck, die sich zwar in ihren Funktionen teilweise überschneiden, jedoch grundsätzlich eigenständige Institutionen bilden. Diese Einrichtungen sind die Krone bzw. der Monarch, die Regierung, der Privy Council und das Parlament. 5.1 Die Monarchie Der Monarch des Vereinigten Königreiches ist das Staatsoberhaupt und damit - theoretisch, der Verfassung nach - Inhaber der obersten Gewalt in Exekutive, Legislative und Judikative, außerdem Oberbefehlshaber der Armee und Oberhaupt der anglikanischen Kirche (Church of England). Darüber hinaus ist er Oberhaupt des Commonwealth of Nations und Staatsoberhaupt von 15 Commonwealth-Staaten (neben dem Vereinigten Königreich). Das Amt des Monarchen ist erblich; es geht an die Söhne des Königshauses in der Reihenfolge ihrer Geburt über oder an die Töchter, sofern keine Söhne vorhanden sind. Der Act of Settlement, das Erbfolgegesetz aus dem Jahr 1701, legte fest, dass nur protestantische Nachfahren von Prinzessin Sophia, Kurfürstin von Hannover und Enkelin von König Jakob I. von England, die Thronfolge antreten dürfen. Die gegenwärtige Monarchin, Königin Elisabeth II., bestieg den Thron am 6. Februar 1952, nach dem Tod ihres Vaters König Georg VI.; Thronerbe ist ihr ältester Sohn, Prinz Charles. Die Monarchie ist die älteste der Regierungsinstitutionen des Vereinigten Königreiches. Sie geht auf den angelsächsischen König Egbert zurück, der 829 England unter seiner Herrschaft vereinte. Die ehemals uneingeschränkte Macht des Königs wurde allerdings nach und nach beschnitten. Heute wird das Land von der Regierung ihrer Majestät im Namen der Königin und mit Zustimmung des Parlaments regiert. Innerhalb dieses Rahmens kommen dem Monarchen spezifische, im Wesentlichen jedoch nur noch formale und zeremonielle Funktionen zu, die dennoch als elementare Bestandteile der Verfassungsordnung des Vereinigten Königreiches gelten. Zu den spezifischen Funktionen des Monarchen gehören die Einberufung, Vertagung und Auflösung des Parlaments, jeweils auf Empfehlung des Premierministers, und die Zustimmung zu Gesetzen, sobald sie von beiden Kammern des Parlaments verabschiedet wurden; ohne diese königliche Zustimmung (Royal Assent) kann kein Gesetz in Kraft treten, aber seit dem frühen 18. Jahrhundert hat kein britischer Monarch mehr den Royal Assent verweigert. Der Monarch ernennt auch den Premierminister (in der Regel den Vorsitzenden der stärksten im Parlament vertretenen Partei) und die Minister sowie Richter, Offiziere der Streitkräfte, Gouverneure, Diplomaten, Bischöfe und Erzbischöfe sowie andere höhere Geistliche der anglikanischen Kirche. Der Monarch verleiht Ehrentitel und Auszeichnungen, hat als Staatsoberhaupt theoretisch das alleinige Recht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, ausländische Staaten anzuerkennen und internationale Verträge abzuschließen. Was die Regierungsarbeit anbelangt, so hat der Monarch das Recht, zu allen Themen von nationalem Interesse konsultiert zu werden, ist allerdings zu absoluter Unparteilichkeit verpflichtet. Elisabeth II. nimmt an der Regierung teil, indem sie dem Privy Council präsidiert, regelmäßig den Premierminister empfängt, sich die Akten über Kabinettsentscheidungen etc. vorlegen lässt. 5.2 Exekutive Die oberste Exekutivgewalt liegt zwar formal beim Monarchen, wird jedoch in der Praxis durch die Regierung ausgeübt. Die Regierung umfasst die Gesamtheit der Minister mit dem Premierminister an der Spitze. Sie ist dem Parlament verantwortlich und von der Unterstützung der Mehrheit der Mitglieder des Unterhauses abhängig. Das heißt, in der Regel wird die Regierung von der stärksten Partei im Unterhaus gebildet, und der Vorsitzende dieser Partei übernimmt das Amt des Premierministers. Allerdings kam es vereinzelt auch zu Koalitionsregierungen der großen Parteien, vor allem während der Weltkriege. Das Amt des Premierministers bildete sich im 18. Jahrhundert unter Robert Walpole, der als der erste Premierminister gilt, heraus, wurde aber erst 1905 in der Verfassung verankert. Der Premierminister und auf seinen Vorschlag hin die Minister werden vom Monarchen ernannt. Minister und Premierminister müssen Mitglied des Parlaments sein; in der Regel kommen sie - der Premierminister immer - aus dem Unterhaus, nur selten auch aus dem Oberhaus. Der Premierminister hat traditionsgemäß außerdem das Ehrenamt des Ersten Lords des Schatzamtes (First Lord of the Treasury) inne. Zu seinen Befugnissen gehört auch die Empfehlung von Personen für zahlreiche Ämter, für die das Ernennungsrecht formell beim Monarchen liegt. Dazu gehören die höheren Geistlichen der anglikanischen Kirche, Richter, die Mitglieder des Privy Council, der Poeta laureatus und der Constable des Tower von London. Die Minister werden meist als Secretary of State (Staatssekretär) bezeichnet; einige Minister tragen jedoch historische Titel, beispielsweise der Finanzminister, der als Chancellor of the Exchequer (Schatzkanzler) bezeichnet wird. Den Ministern sind jeweils weitere Regierungsbeamte untergeordnet, wie Ministers of State und parlamentarische Staats- und Unterstaatssekretäre. In der Regel gehören dem Kabinett 15 bis 20 Mitglieder an; es setzt sich aus den Ressortministern (Secretaries of State) zusammen sowie einigen Ministern ohne festen Geschäftsbereich, aber mit traditionellen Ämtern, z. B. dem Lord President of the Council (Präsident des Geheimen Kronrates), dem Paymaster General (Oberster Zahlmeister) und dem Lord Privy Seal (Lordsiegelbewahrer). 5.3 Der Privy Council (Geheimer Rat) Vor der Herausbildung des Kabinettsystems im 18. Jahrhundert war der Privy Council das Hauptinstrument der Exekutive im Staat. Seine Ursprünge reichen bis zu den normannischen Königen zurück. Die meisten seiner früheren Funktionen werden heute vom Kabinett wahrgenommen, und so hat der Privy Council heute fast nur noch zeremonielle Funktionen und berät den Monarchen etwa in Bezug auf Regierungsverordnungen (Orders in Council). Dem Privy Council gehören alle amtierenden und alle ehemaligen Kabinettsmitglieder an, die Erzbischöfe von Canterbury und York, der Sprecher (Speaker) des Unterhauses sowie herausragende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus dem Vereinigten Königreich und den unabhängigen Monarchien des Commonwealth. Gegenwärtig hat der Rat etwa 400 Mitglieder. Der Privy Council verfügt über eine Reihe von Ausschüssen, deren wichtigster wohl der Rechtsausschuss ist. Er fungiert als oberstes Berufungsgericht für die britischen Überseeterritorien, für die Crown Dependencies (Isle of Man und Kanalinseln) sowie für einige unabhängige Mitgliedsstaaten des Commonwealth. 5.4 Das Parlament Das Parlament des Vereinigten Königreiches ist eine der ältesten Volksvertretungen der Welt. Es entstand im Mittelalter im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen König und Lehensträgern über die Erhebung von Steuern durch den König: Die Kronvasallen machten ihre Zustimmung zu den vom König verfügten ständig steigenden Steuern von der Zustimmung des Allgemeinen Rates, zu dem sie sich mehrmals im Jahr zusammenfanden, abhängig und legten dies 1215 in der Magna Charta nieder, dem ersten und grundlegenden englischen Verfassungsdokument. Der Begriff parliament für diese Versammlung des hohen Adels tauchte erstmals 1236 auf. Noch im 13. Jahrhundert wurden auch Vertreter der Grafschaften, des niederen Adels und der Städte in den Rat geladen, und bereits im 14. Jahrhundert entwickelte sich das noch heute praktizierte Zweikammersystem, bestehend aus dem House of Commons (Unterhaus) mit den Vertretern der Städte und dem House of Lords (Oberhaus) als der Vertretung des (Hoch)Adels. Es brauchte jedoch noch jahrhundertelange Machtkämpfe zwischen den beiden Kammern einerseits und Parlament und Monarch andererseits, bis das Parlament in seiner heutigen Form, mit seinen heutigen Kompetenzen und seiner starken Stellung im politischen System des Königreiches entstanden war. Die oberste gesetzgebende Instanz im Vereinigten Königreich ist laut Verfassung das Parlament, bestehend aus Unter- und Oberhaus und dem Monarchen an der Spitze. Gesetzesvorlagen müssen im Prinzip von allen drei Organen gebilligt werden, ehe sie in Kraft treten können, also vom Monarchen, vom Ober- und vom Unterhaus. Die Zustimmung der Krone (Royal Assent) erfolgt allerdings seit etwa drei Jahrhunderten immer automatisch. Das Oberhaus setzt sich aus weltlichen und geistlichen Lords (Lords Temporal und Lords Spiritual) zusammen; seine Mitglieder gehen nicht aus allgemeinen Wahlen hervor. Die geistlichen Lords sind die zwei Erzbischöfe und die 24 Bischöfe der Church of England; die weitaus größere Gruppe der weltlichen Lords besteht aus 92 Erblords, die aufgrund ihres erblichen Titels im Oberhaus sitzen, und etwa 600 Life Peers, auf Lebenszeit Geadelten, deren Titel nicht vererbbar sind und die auf Vorschlag des Premierministers vom Monarchen ins Oberhaus berufen werden. Zu letzteren gehören auch die Law Lords (Lordrichter), die das Oberhaus in seiner Funktion als oberstes Berufungsgericht für Zivilsachen repräsentierten. 1999 leitete die Regierung eine tief greifend Reform des Oberhauses ein mit dem Ziel, das Oberhaus in seiner alten Form abzuschaffen und durch ein demokratisches, gewähltes Organ zu ersetzen; in einem ersten Schritt wurde die Zahl der erblichen Sitze von mehr als 750 auf 92 reduziert. Die Reform gliederte auch die Rechtsprechungsfunktion aus dem Oberhaus aus und wies sie einem noch zu schaffenden Obersten Gerichtshof zu. Die Befugnisse des House of Lords wurden im Lauf der Zeit durch eine Reihe von Parliament Acts immer weiter beschnitten. Heute hat das Oberhaus, einst die weitaus mächtigere der beiden Kammern, in der Gesetzgebung nur noch ein aufschiebendes (suspensives) Vetorecht, d. h., es kann Gesetzesvorlagen blockieren, und zwar maximal ein Jahr, kann sie aber nicht völlig scheitern lassen. Finanzgesetze, also auch den Staatshaushalt, kann das Oberhaus nicht einmal mehr blockieren. Die 646 Mitglieder des Unterhauses werden nach dem Mehrheitswahlrecht (siehe Wahlen: Wahlsysteme) in Wahlkreisen gewählt. Wales entsendet 40 Abgeordnete ins Unterhaus, Schottland 59, Nordirland 18, und die übrigen 529 Abgeordneten kommen aus England. Eine Legislaturperiode dauert maximal fünf Jahre; das aktive Wahlalter beträgt 18, das passive 21 Jahre. Der Premierminister ist seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer Mitglied des Unterhauses, die Minister sind es zum allergrößten Teil. Zu Beginn einer jeden Legislaturperiode wählt sich das Unterhaus einen Vorsitzenden, den Speaker (Sprecher), der sich parteipolitisch neutral zu verhalten hat. Ausschüsse, wie sie etwa der Deutsche Bundestag regelmäßig einsetzt, gab es bis 1979 überhaupt nicht; seither wurden nach und nach einige Ausschüsse eingerichtet, und ihre Bedeutung wächst zusehends. 5.5 Judikative Die Länder England (mit Wales), Schottland und Nordirland besitzen jeweils eigene Rechtssysteme, die sich in Gesetzgebung, Aufbau des Gerichtswesens und Praxis der Rechtsprechung zum Teil erheblich unterscheiden. Alle drei Systeme verfügen über getrennte Strafverfolgungs-, Strafvollzugs- und Polizeieinrichtungen. Die Zivilgerichte und das Zivilrechtswesen Schottlands unterscheiden sich von dem in England und Wales üblichen System. Das System Nordirlands ist in vielen Bereichen dem englischwalisischen System sehr ähnlich. In allen drei Rechtssystemen spielt das Gewohnheitsrecht (Common Law) eine wichtige Rolle. Es gibt kein eigenes Verfassungsgericht. 5.6 Kommunalverwaltung Das Vereinigte Königreich wird zentralistisch verwaltet, allerdings mit starken Tendenzen zu einer gewissen Dezentralisierung: Schottland und Wales wurden 1999 Legislative und Exekutive in einer ganzen Reihe von Bereichen übertragen, beide Länder erhielten eigene Regionalparlamente und -regierungen; ebenso kann die Stadt London (Greater Lodon) in vielen Bereichen autonom agieren, und seit 2007 verfügt auch Nordirland über eine Reihe von exekutiven und legislativen Kompetenzen. Durch umfangreiche Verwaltungsreformen in den siebziger, achtziger und neunziger Jahren wurden in England, Wales und Schottland die früheren Grafschaften und Stadtbezirke durch eine vereinfachte, in der Regel zweistufige Verwaltungsstruktur ersetzt. In England wurde das System der Grafschaften beibehalten, die Verwaltungseinheiten jedoch weitgehend neu strukturiert. England ist in 34 Grafschaften (Counties) mit zweistufiger Verwaltungsstruktur untergliedert sowie in 36 Metropolitan Districts, 46 Unitary Authorities und Greater London, das wiederum in 32 London Boroughs unterteilt ist. In Wales wurden anstelle der früheren acht Grafschaften 22 Unitary Authorities eingerichtet. In Schottland wurden die Grafschaften im Zuge der Verwaltungsreform zunächst durch Regionen ersetzt und schließlich durch 32 Unitary Authorities. Nordirland gliedert sich in 26 Distrikte (District Council Areas). 5.7 Politik Das Parteiensystem, das in seinen Grundzügen bis ins späte 17. Jahrhundert zurückreicht, ist ein wesentliches Element der Verfassungswirklichkeit. Das Vereinigte Königreich ist de facto ein Zweiparteiensystem, auch wenn außer den beiden großen Parteien, der Konservativen Partei und der Labour Party, noch mehrere kleine Parteien im Unterhaus vertreten sind. Die Labour Party, 1900 als politischer Arm der Gewerkschaften gegründet und ideologisch von der Fabian Society beeinflusst, war sozialistisch orientiert, tendiert jedoch seit den neunziger Jahren stärker zur politischen Mitte. Die in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts entstandene Konservative Partei ist tendenziell wirtschaftsfreundlich und auf größtmögliche Deregulierung ausgerichtet. Die Liberale Partei (Liberal Party), die im 19. Jahrhundert immer wieder Regierungen gestellt hatte, verlor nach der Gründung der Labour Party zusehends an Wählern; zuletzt regierte sie von 1906 bis 1915. 1988 fusionierte sie mit der Sozialdemokratischen Partei ( Social Democratic Party, SDP), die von Labour-Abtrünnigen gegründet worden war, zur Liberal-Demokratischen Partei (Liberal Democrat Party, kurz: Liberal Democrats). Zur Parteienlandschaft des Königreiches gehören außerdem die regionalen Parteien von Schottland und Wales, Scottish Nationalist Party und Plaid Cymru, sowie die Parteien Nordirlands, die Ulster Unionist Party, die Democratic Unionist Party, die Social Democratic and Labour Party und Sinn Féin. All diese Parteien sind in der Regel im Unterhaus vertreten, wobei allerdings die Sinn-Féin-Abgeordneten sich weigerten, ihre Sitze tatsächlich auch einzunehmen. Weitere, nicht im Parlament vertretene Parteien sind die Kommunistische Partei und die Partei der Grünen sowie die United Kingdom Independence Party, deren Ziel es ist, die Mitgliedschaft Großbritanniens in der Europäischen Union rückgängig zu machen. Aus dem Mehrheitswahlrecht resultieren zum Teil erhebliche Diskrepanzen zwischen den Stimmenanteilen vor allem der kleineren Parteien und der Mandatsverteilung, d. h., gerade die kleineren Parteien erhalten oft nicht eine ihrem Stimmenanteil entsprechende Anzahl an Parlamentssitzen. Diese Diskrepanz hat inzwischen Forderungen nach der Einführung eines Verhältniswahlrechtes laut werden lassen, die verständlicherweise vor allem von den kleineren Parteien, insbesondere den Liberal-Demokraten mit Nachdruck vertreten werden. 5.8 Verteidigung Die Verteidigungspolitik wird maßgeblich von der Mitgliedschaft des Königreiches in der NATO und seinem Status als Atommacht bestimmt. Die Verteidigungspolitik des Königreiches wird vom gesamten Kabinett festgelegt oder vom Defence and Overseas Policy Committee, dem außer dem Premierminister der Verteidigungsminister, der Außen- und der Innenminister angehören. Die Befehlsgewalt übt der Verteidigungsrat aus, der sich u. a. aus dem Verteidigungsminister und den Stabschefs der drei Waffengattungen zusammensetzt. Nach dem Ende des Kalten Krieges in den späten achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Verteidigungspolitik den neuen Gegebenheiten angepasst, und die Streitkräfte wurden deutlich reduziert. In der jüngeren Vergangenheit wurden britische Streitkräfte, teils im Rahmen der NATO, in einigen größeren militärischen Konflikten eingesetzt, u. a. im Kosovo-Krieg (1999), in Afghanistan (2001) und im Irak-Krieg (2003). Das Heer setzt sich aus freiwilligen Berufssoldaten, die sich in der Regel für 22 Jahre verpflichten, zusammen und umfasst etwa 116 760 Mann (2004). Seit 1972 besteht auch die Möglichkeit, sich nur für drei Jahre zu verpflichten. Darüber hinaus gibt es eine freiwillige, etwa 40 000 Mann starke Reservearmee, die so genannte Territorial Army, die in Krisensituationen eingesetzt werden kann. Die Marine (Royal Navy) umfasst etwa 40 630 Soldaten (2004) und verfügt u. a. über Flugzeugträger, Zerstörer und zumeist atomgetriebene U-Boote. Die Luftwaffe (Royal Air Force, RAF) ist etwa 48 500 Mann stark. 6 WIRTSCHAFT Die Wirtschaft Großbritanniens wird in erster Linie von der Dienstleistungsbranche und der verarbeitenden Industrie dominiert. Das Königreich zählt zu den führenden Industrienationen der Welt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 2 377 Milliarden US-Dollar (2006). Davon entfielen 75 Prozent auf den Dienstleistungssektor, 24,1 Prozent auf die Industrie und 0,9 Prozent auf die Landwirtschaft. Das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt errechnet sich zu 39 256,50 US-Dollar. Großbritannien ist Mitglied der Europäischen Union. Die Struktur des Arbeitsmarktes hat sich gegen Ende des 20. Jahrhunderts grundlegend gewandelt. 76 Prozent der Angestellten sind heute in der Dienstleistungsbranche tätig, im Jahr 1955 waren es nur rund ein Drittel. Die verarbeitende Industrie, 1955 mit 42 Prozent der Beschäftigten noch der größte Arbeitgeber, bietet heute nur noch 22 Prozent eine Beschäftigung. Seit Mitte der fünfziger Jahre hat die Zahl der Frauen, die einer Beschäftigung außer Haus nachgehen, deutlich zugenommen. Heute beträgt der Frauenanteil an der erwerbstätigen Bevölkerung 45,4 Prozent (2006). Jüngere Entwicklungen sind beispielsweise die Ausweitung der Teilzeitbeschäftigungen und eine Zunahme an zeitlich befristeten Arbeitsverhältnissen anstelle einer dauerhaften Anstellung. Nach offiziellen Zahlen lag die Arbeitslosigkeit 1994 noch bei über 2,6 Millionen Arbeitslosen oder 9,2 Prozent aller Erwerbstätigen. Dies bedeutete jedoch immerhin einen Rückgang gegenüber der Höchstzahl von drei Millionen Arbeitslosen während der Rezession in den späten achtziger Jahren. Die Arbeitslosenquote variierte je nach Region beträchtlich; so lag sie beispielsweise in East Anglia bei 7,1 Prozent und in Nordirland bei 13 Prozent. 2004 betrug sie im landesweiten Durchschnitt 4,6 Prozent. Der Warenhandel macht nur einen Teil des britischen Gesamthandels aus. Der Dienstleistungssektor, einschließlich Finanzdienstleistungen und Tourismus, Einkünfte aus Kapitaleinlagen und weitere immaterielle Werte, die auch als unsichtbare Einkünfte bezeichnet werden, sind für die britische Wirtschaft ebenso wichtig wie der Handel mit materiellen Gütern. Bei den Einkünften aus Dienstleistungen gehört das Vereinigte Königreich zu den drei weltweit führenden Staaten; sein Anteil am gesamten internationalen Dienstleistungssektor beträgt 5 Prozent, der Anteil an Kapitaleinkünften 14 Prozent. Der Einfluss der Gewerkschaften im Vereinigten Königreich nahm seit 1980 dramatisch ab. Der Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt, einschließlich des Rückgangs bei der verarbeitenden Industrie und der Zunahme an Teilzeitbeschäftigungen haben die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften sinken lassen. Mitte der neunziger Jahre hatten die 287 Einzelgewerkschaften, die dem Gewerkschaftsverband (Trades Union Congress) angehören, noch neun Millionen Mitglieder, was 35 Prozent der Beschäftigten entspricht. Darüber hinaus wurde die Macht der Gewerkschaften auch durch die seit 1980 von der Tory-Regierung verabschiedeten Gesetze stark beschnitten; danach muss nun jeder Streik vorher durch eine geheime Abstimmung unter den Gewerkschaftsmitgliedern gebilligt werden. Auch die Beschaffung von Geldmitteln seitens der Parteien wurde gesetzlich neu geregelt. Nach dem Regierungswechsel 1997 zugunsten der Labour Party versprechen sich die Gewerkschaften Großbritanniens günstigere Bedingungen. 6.1 Landwirtschaft Etwa 77 Prozent der Landesfläche des Vereinigten Königreiches werden landwirtschaftlich genutzt. Der Landwirtschaftssektor bietet 1 Prozent der Bevölkerung einen Arbeitsplatz und trägt nur minimal zum Bruttoinlandsprodukt bei. Er erreicht jedoch eine hohe Effektivität und Produktivität. So kann das Vereinigte Königreich immer noch fast 60 Prozent seines Bedarfs an sämtlichen Nahrungsmitteln und Tierfuttermitteln selbst decken; im Bereich der im eigenen Land produzierbaren Nahrungs- und Futtermittel beträgt die Selbstversorgungsquote sogar über 70 Prozent. Weite Landesteile, vor allem in Schottland und Wales, eignen sich nur zur Weidehaltung. Insgesamt sind 39 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche extensives Weideland, 27 Prozent werden intensiv als Weidefläche genutzt, und der Rest ist kultiviertes oder brachliegendes Ackerland. Die Durchschnittsgröße der Landwirtschaftsbetriebe liegt bei etwa 70 Hektar. Mehr als die Hälfte der Vollerwerbsbauernhöfe betreiben Milchvieh-, Rinder- oder Schafhaltung. Das Auftreten der Rinderseuche Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) und die mögliche Übertragbarkeit der Krankheit auf den Menschen führten unter den europäischen Verbrauchern zu großem Misstrauen gegenüber britischem Rindfleisch. Die EU verhängte im April 1995 ein Embargo gegen britisches Rindfleisch. Auf dem europäischen Festland traten unter Rindern britischer Herkunft ebenfalls Fälle von BSE auf, Tausende von Rindern wurden vernichtet. Das Importverbot für britisches Rindfleisch wurde von der EU im Juli 1999 teilweise aufgehoben. Der Ackerbau konzentriert sich vor allem auf Ost- und Südmittelengland sowie den Osten Schottlands. Die wichtigsten Anbauprodukte sind Weizen, Gerste, Raps, Zuckerrüben, Kartoffeln und Hafer. Daneben spielt der Gartenbau eine nicht unbedeutende Rolle: Vielerlei Gemüsesorten, Baum- und Beerenfrüchte, Knollengewächse und Blumen werden kommerziell angebaut. Die hohe Produktivität in diesem Bereich wird durch die Bewirtschaftung großer Felder erzielt - Hecken als Feldbegrenzungen wurden gerodet - sowie durch einen hohen Mechanisierungsgrad der Arbeit und den intensiven Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden. Diese Trends in der Landwirtschaft stießen, wie auch die Bedingungen der Massentierhaltung, auf wachsende Bedenken in der Öffentlichkeit und begünstigten das Aufkommen der ökologischen Landwirtschaft, die allerdings noch nicht sehr verbreitet ist. Dennoch zeigt sich inzwischen ein Trend zur Reduzierung des Chemikalieneinsatzes in der Landwirtschaft, teils als Folge des neuen Verbraucherbewusstseins, teils aus Kostengründen. 6.2 Forstwirtschaft und Fischerei Das Vereinigte Königreich verfügt über 2 845 000 Hektar Wald (2005). Die häufigsten Bäume sind Eichen, Buchen, Eschen und Ulmen; in Schottland dominieren Kiefern und Birken. In den frühen neunziger Jahren belief sich die Produktion von Rundholz auf insgesamt 6,5 Millionen Kubikmeter. Die Waldkommission initiierte in den fünfziger Jahren ein Wiederaufforstungsprogramm; etwa 16 000 Hektar Boden wurden jährlich neu bepflanzt, hauptsächlich in Schottland. Auch private Eigentümer - sie besitzen insgesamt über 55 Prozent der Waldfläche - wurden zu Wiederaufforstungen angeregt, deren Umfang sich auf 8 000 Hektar pro Jahr belief. Trotz dieser Anstrengungen führt das Vereinigte Königreich jedoch nach wie vor etwa 90 Prozent seines Holzbedarfs ein. Der Anteil des Waldes an der Gesamtfläche betrug 2005 etwa 11,7 Prozent. Die Fischerei im Vereinigten Königreich deckt etwa 5 Prozent des Eigenbedarfs und umfasst sowohl Hochseefischerei als auch Fischzucht. Die Hochseefischerei erlebte seit den sechziger Jahren einen Niedergang, der zum Teil auch auf EU-Beschränkungen zurückzuführen ist. Für die Wirtschaft Schottlands und einzelner Gebiete im Südwesten Englands ist die Fischerei nach wie vor von Bedeutung und stellt in manchen Hafenstädten einen wichtigen Beschäftigungszweig dar. 2005 wurden 842 000 Tonnen Meerestiere gefangen, vor allem Makrelen, Kabeljaue, Schellfische, Seeteufel, Seehechte, Schollen, Flundern, Heringe und Schalentiere. Die für den Handel wichtigsten Süßwasserfische sind Lachse, Forellen und Aale. Zu den bedeutendsten Fischereihäfen gehören Hull, Grimsby, Fleetwood, North Shields, Lowestoft, Plymouth, Brixham und Newlyn in England, Aberdeen, Peterhead, Lerwick, Ullapool und Fraserburgh in Schottland und Kilkeel, Ardglass und Portavogie in Nordirland. Wie die Landwirtschaft ist auch die Fischerei im Vereinigten Königreich im Großen und Ganzen von der gemeinsamen Fischereipolitik der EU bestimmt. Nachdem die Gewässer Europas lange Zeit überfischt worden waren, wurden nun von der EU strenge Fangquoten erlassen, um die verbliebenen Fischbestände zu erhalten und wieder zu vermehren. Diese Maßnahmen trafen das Vereinigte Königreich besonders hart, da es eine der größten Fischfangflotten der EU unterhält. Fischkutter mussten häufig zwangsweise stillgelegt werden, und die Regierung bot finanzielle Anreize und Programme, um Beschäftigte aus der Fischindustrie abzuziehen. 6.3 Bergbau Der Kohlebergbau in Großbritannien kann auf eine lange Tradition zurückblicken und lässt sich bis in die Zeit der römischen Besetzung zurückverfolgen. Kohlesteuern lieferten z. B. die nötigen Finanzmittel, um London nach dem großen Brand von 1666 (siehe großer Brand von London) wieder aufzubauen, und Kohle war auch die Hauptenergiequelle und ein Schlüsselfaktor der industriellen Revolution. In diesem Zuge erreichte die Kohleförderung 1913 ihren Höhepunkt; damals wurden 292 Millionen Tonnen produziert, 74 Millionen Tonnen exportiert, und nahezu eine Million Menschen war in dem Sektor beschäftigt. Seither erlitt die Kohleindustrie jedoch einen Niedergang. Die schlimmsten Einschnitte ereigneten sich während der letzten 20 Jahre, vor allem seit dem Ende des erbitterten Bergarbeiterstreiks, der sich über das ganze Jahr 1984 hinzog. Als die Kohleindustrie 1947 verstaatlicht wurde (siehe unten bei Geschichte), wurden von fast 900 Zechen mehr als 200 Millionen Tonnen produziert. Als die staatliche Kohlegesellschaft (British Coal Corporation) Ende 1992 im Rahmen einer Reprivatisierung die ersten 28 Zechen zur Verpachtung an private Betreiber anbot, war die Produktion unter 84 Millionen Tonnen gesunken, und es waren nur mehr 50 Zechen übrig. Knapp die Hälfte davon war noch in Betrieb, als British Coal im Januar 1995 in private Hände überging, und die Gesamtproduktion lag inzwischen bei rund 60 Millionen Tonnen - 1996 waren es sogar nur noch 49 Millionen Tonnen. Die Zahl der Arbeitsplätze war von rund 200 000 im Jahr 1985 auf etwa 11 000 ein Jahrzehnt danach gesunken, was für die Bevölkerung der Bergbauregionen wie z. B. Yorkshire, Nottinghamshire und Derbyshire tief greifende soziale Probleme mit sich brachte. Wichtige Kohlereviere liegen u. a. in Yorkshire, im Nordosten Englands sowie im Süden von Schottland und Wales. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung sind in erster Linie die ergiebigen Erdöl- und Erdgasvorkommen - vor allem die Lagerstätten in der Nordsee. Seit 1980 kann Großbritannien seinen Bedarf an Erdöl durch eigene Quellen decken. Auch im Bereich Erdgas ist das Königreich Selbstversorger. Die ersten Erdöllagerstätten in der Nordsee wurden 1969 vor der Nordostküste Schottlands entdeckt; die Ölförderung begann 1975. Im Jahr 1980 wurden in 15 Ölfeldern zusammen 1,6 Millionen Barrel pro Tag gefördert - ein Teil ging in den Export. Die Gewinnung von Erdgas aus der Nordsee vor der Ostküste Englands setzte 1967 ein und ist seither ständig angewachsen. Seit 1980 wurden neue Erdöl- und Erdgaslagerstätten vor den Küsten entdeckt sowie kleinere Fundstellen zu Lande, beispielsweise bei Wytch Farm in Dorset. 1994 war das Vereinigte Königreich mit rund 66 Ölfeldern (62 davon im Meer) der zehntgrößte Erdölproduzent der Welt und mit seinen 48 Erdgasfeldern im Meer der fünftgrößte Erdgaslieferant. Der Gesamtumfang der geförderten Rohstoffe betrug 2004 rund 2,09 Millionen Barrel Rohöl pro Tag und 103 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Der Salzabbau reicht, besonders in Cheshire, bis in die vorgeschichtliche Zeit zurück. Im Altertum besuchten phönizische Händler England, um Zinn aus den Minen Cornwalls zu erwerben. Heutzutage sind die Zinnlager jedoch vollständig erschöpft, und auch die Ausbeutung der Kupfer- und Eisenerzlagerstätten ist mittlerweile eingestellt. Dagegen werden Bleierz, Flussspat (siehe Fluorit), Kaolin (in Südwestengland) und Gips (Calciumsulfat) noch abgebaut. 6.4 Industrie Etwa ein Drittel (um 30 Prozent) aller Erwerbstätigen im Vereinigten Königreich sind heute in der verarbeitenden Industrie beschäftigt. Maschinen- und Fahrzeugbau bilden eine wichtige Grundlage für Großbritanniens Export; allein für das Segment Maschinen und Transportausrüstungen lag der Anteil am Gesamtexport 1997 bei 46 Prozent. Die Nichteisenmetallindustrie Großbritanniens gehört zu den bedeutendsten Europas. In der Eisen- und Stahlindustrie, dem Schiffbau und der Luftfahrtindustrie sind viele der verstaatlichten Betriebe mittlerweile wieder ganz oder teilweise privatisiert worden. Einige traditionelle Industriezweige wie beispielsweise die Textil- und Bekleidungsindustrie haben ihre frühere wirtschaftliche Bedeutung verloren. Dagegen gelten die elektrotechnische- und Elektronikindustrie sowie die chemische und pharmazeutische Industrie als Wachstumsbranchen. Gemessen an den erzielten Einkünften sind die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, die Baustoffherstellung, die Glasund Keramikindustrie sowie der Tourismus ebenfalls wichtig. In Schottland und Nordirland besitzen Whiskyherstellung und Textilproduktion, vor allem Tweed und Leinen, eine lange Tradition. Heute ist Schottland aber auch innerhalb des Vereinigten Königreiches führend in der Computerherstellung. Die traditionellen Industrieregionen Englands sind z. B. Greater London und die städtischen Ballungsräume (mit Grafschaftsstatus) Greater Manchester, West Midlands (Birmingham), South Yorkshire und Tyne and Wear. 6.5 Währung, Banken und Finanzwesen Die Landeswährung im Vereinigten Königreich ist das Pfund Sterling (= 100 New Pence). 1968 leitete das Vereinigte Königreich die auf drei Jahre angelegte Umstellung der Münzzählung auf das Dezimalsystem ein, indem zunächst die ersten beiden neuen Münzen eingeführt wurden, die 5-New-Pence-Münze (entspricht einem früheren Shilling) und die 10-New-Pence-Münze. 1969 wurde die 50-Pence-Münze eingeführt, die die frühere 10-Shilling-Banknote ersetzte. Die Umstellung war 1971 abgeschlossen. Das Pfund wurde im Juni 1972 mit flexiblem Wechselkurs gegen den Dollar und andere Währungen freigegeben. Die Bank von England, gegründet 1694, wurde 1946 verstaatlicht. Sie ist die Zentralnotenbank für England und Wales. Verschiedene Banken in Schottland und Nordirland haben daneben das Recht, in beschränktem Umfang Banknoten auszugeben. Großbritannien verfügt außerdem über etwa 13 große Geschäftsbanken mit mehr als 10 000 Zweigstellen im In- und Ausland. Finanzdienstleistungen werden auch von der Post, den Sparkassen und Genossenschaftsbanken sowie Bausparkassen erbracht. Des Weiteren umfasst das britische Bankwesen eine Reihe von inländischen Clearing- oder Girobanken, Diskontbanken und weiteren Finanzinstituten wie die Londoner Wertpapierbörse und den Versicherungsmarkt von Lloyd's, die zur Bedeutung des Vereinigten Königreiches als führendes Weltfinanzzentrum beitragen. Der Hauptsitz des Finanzdienstleistungsgewerbes im Königreich ist seit jeher London. Dies ist auch heute noch der Fall, obwohl sich Großstädte wie Manchester, Cardiff, Liverpool, Leeds, Edinburgh und Glasgow in den letzten Jahren ebenfalls zu Finanzzentren entwickelten. Die britische Hauptstadt weist jedoch die weltweit größte Konzentration an ausländischen Geldinstituten auf. Hier werden 20 Prozent der gesamten internationalen Bankkreditvergabe abgewickelt. London besitzt auch einen der weltweit größten Versicherungsmärkte, ist das Weltzentrum für den Handel mit ausländischen Stammaktien, besitzt einen der größten Märkte für den Handel mit finanziellen Derivaten und ist einer der wichtigsten Märkte für Handelsgüter wie Kupfer, Gold, Kakao und Kaffee. Großbritannien nimmt, ebenso wie Schweden, vorerst nicht an der Europäischen Währungsunion teil. Beide Länder machen von einer Ausnahmeregelung (so genannte Opting-Out-Klausel) Gebrauch, die im EU-Vertrag verankert ist. 6.6 Außenhandel Dem Außenhandel kommt im Vereinigten Königreich seit Jahrhunderten eine zentrale Bedeutung zu. Die Führungsposition, welche die Nation im 18. und 19. Jahrhundert im Welthandel innehatte, geht wesentlich auf ihre abgeschiedene Insellage zurück. Während auf dem europäischen Festland Kriege und politische Spannungen die Entwicklung der Handelszentren belasteten, blieben die Britischen Inseln davon verschont. Die Entstehung der großen Handelsgesellschaften ( siehe Ostindische Kompanie; Hudson's Bay Company), die Ausdehnung des Kolonialreiches und die Beherrschung der Weltmeere waren weitere Faktoren. Vor dem 17. Jahrhundert lag der Außenhandel Englands fast ausschließlich in ausländischen Händen. Das Hauptexportgut war Wolle, eingeführt wurden vor allem gefertigte Güter. Im Sinne des Merkantilismus - der beherrschenden Wirtschaftstheorie des 17. und 18. Jahrhunderts - förderte die Regierung den Außenhandel, die Entwicklung der Seefahrt und die Entstehung von Handelsgesellschaften. Die überseeischen Besitzungen des Königreiches vermehrten sich im 18. und 19. Jahrhundert. In den Kolonien wurde die Wollegewinnung durch Schafzucht zur wirtschaftlichen Hauptbeschäftigung. Allmählich kehrte sich die bisherige Praxis des Wolleexports und Warenimports um; das Vereinigte Königreich importierte nun Wolle und fertigte im eigenen Land Garn und Stoffe für den Export. Baumwolltextilien, Eisen und Stahl sowie Kohle zählten zu den typischen britischen Exportgütern. Heute ist das Vereinigte Königreich die fünftgrößte Handelsnation der Welt und exportiert mehr Güter pro Kopf als die Vereinigten Staaten und Japan. Durch die Mitgliedschaft in der EU und, seit Januar 1994, im Europäischen Binnenmarkt gehört das Königreich auch zum größten Wirtschaftsraum der Welt. Die Hauptimportgüter sind Maschinen, Kraftfahrzeuge, Nahrungsmittel, mineralische Brennstoffe, chemische Produkte, Anlagen für elektronische Datenverarbeitung und andere gefertigte Güter. Die wichtigsten Exportartikel sind neben Maschinen und Kraftfahrzeugen grundlegende Gebrauchsgegenstände, Erdöl, chemische Produkte, Nahrungsmittel, Präzisionsinstrumente sowie Raumfahrt- und Elektronikausstattung. Großbritanniens Haupthandelspartner sind Deutschland, USA, Frankreich, die Beneluxländer, Japan und Italien. 6.7 Verkehrswesen Der Straßenverkehr bildet den wichtigsten Bereich des britischen Verkehrssystems. Das öffentliche Straßennetz im Vereinigten Königreich ist allerdings unterschiedlich gut ausgebaut: Über 71 Prozent des gesamten Straßennetzes und fast 85 Prozent des Autobahnnetzes liegen in England. 1994 drosselte die Regierung ihr Straßenbauprogramm. Dies war zum Teil eine Reaktion auf wissenschaftliche Erkenntnisse, wonach der Bau neuer Fernstraßen und Autobahnen nicht, wie beabsichtigt, zu einem fließenderen Verkehr, sondern zu mehr Verkehrsaufkommen insgesamt geführt hatte - eine Bestätigung der bereits früher von Umweltschützern erstellten Prognose. Das Straßennetz hat eine Gesamtlänge von 387 674 Kilometern. In Großbritannien herrscht Linksverkehr. Die erste öffentliche dampfgetriebene Eisenbahn der Welt, die Stockton-on-Tees und Darlington-Eisenbahn, ging 1825 in Betrieb. Es folgte ein Vierteljahrhundert grenzenloser Eisenbahnbegeisterung, die in einem neu entstehenden Streckennetz von über 9 600 Kilometern ihren Ausdruck fand. Die Ausweitung des Streckennetzes setzte sich etwas verlangsamt noch bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein fort. Während der ersten 100 Jahre der Eisenbahn schlossen sich die unzähligen kleinen Betreibergesellschaften allmählich zusammen, verschmolzen oder wurden von größeren aufgekauft. 1923 gab es nur noch vier große Vereinigungen in Großbritannien: die London, Midland and Scottish Railway, die London and North Eastern Railway, die Great Western Railway und die Southern Railway. 1948 wurden sie einschließlich der dazugehörenden Strecken, Bahnhöfe, Hotels und Kanäle verstaatlicht und der britischen Verkehrskommission der Regierung zur Verwaltung unterstellt. 1963 löste der British Railways Board (BR) die Kommission ab. 1955 begann ein Modernisierungsprogramm, das nach und nach alle Dampfeisenbahnen durch Diesel- und elektrisch angetriebene Lokomotiven ersetzte. Die letzte Dampflokomotive wurde von der Eisenbahnbehörde 1968 aus dem Verkehr gezogen. Ein weiterer Einschnitt war die Schließung vieler unwirtschaftlicher Streckenabschnitte während der sechziger Jahre. Durch die Maßnahmen sollten Kosten gespart und die Leistungen rationalisiert werden, um der wachsenden Konkurrenz durch den Frachttransport auf der Straße zu begegnen. Dieser Plan, den Richard (später Lord) Beeching, der Vorsitzende des BR, in den Jahren 1963 bis 1965 entworfen und autorisiert hatte, wurde später im Volksmund als ,,Beeching-Act" bekannt. Bis 1994 war der BR in sechs Verwaltungsregionen gegliedert: London Midland, den Westen, Süden und Osten sowie Anglia und Schottland. 1994 trat ein bereits 1993 erlassenes Eisenbahngesetz in Kraft, das die Bahnbehörde reorganisierte, um schließlich ihre Privatisierung ab 1995 vorzubereiten. Die Zuständigkeiten für das Schienennetz und die Züge wurden getrennt. Für das Streckennetz war nun eine Gesellschaft im Besitz der Regierung verantwortlich; den Gütertransport übernahmen, nach Gebieten getrennt, drei Betreibergesellschaften, die 1995 privatisiert wurden. Die Personenbeförderung wurde auf 25 innerhalb des BR operierende Abteilungen mit dem Ziel abgegeben, durch die Vergabe von Konzessionen für einzelne Personenverkehrsstrecken an private Betreiber schließlich eine Privatisierung einzuleiten. In der ersten Hälfte des Jahres 1995 startete das Bewerbungsverfahren um die ersten sechs Streckenkonzessionen. Für das Jahr 1996 waren weitere Konzessionsvergaben geplant. Es kam jedoch zu Verzögerungen, da die Bestrebungen zur Privatisierung der Eisenbahnbehörde äußerst umstritten waren und im Vereinigten Königreich auf massive Kritik stießen. Heute sind etwa 30 Prozent des Streckennetzes elektrifiziert. Hinzu kommen circa 408 Kilometer Schienennetz in London, das von der Londoner U-Bahn-Gesellschaft (London Underground Ltd.) betrieben wird und zu etwa 42 Prozent unterirdisch verläuft. Dieses Streckennetz wird zurzeit durch den Bau neuer Verbindungen im Osten und Südosten Londons erweitert. Darüber hinaus gibt es in Glasgow, Liverpool, Tyne and Wear und Manchester städtische Schienennetze. Die Eisenbahnlinien in Nordirland werden von der dortigen Eisenbahngesellschaft Northern Ireland Railway Company Ltd. betrieben. Anfang der neunziger Jahre waren in Nordirland rund 330 Kilometer in Betrieb. Der Gesamtumfang des Schienennetzes in Großbritannien beträgt 16 208 Kilometer. Die - allerdings immer auch kontrovers diskutierte - Verwirklichung einer festen Landverbindung zwischen der britischen Hauptinsel und Europa, nahm im 20. Jahrhundert Gestalt an. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts begannen Arbeiten an einem Tunnel unter dem Ärmelkanal. Das Vorhaben wurde im Lauf der Zeit mit zum Teil länger andauernden Unterbrechungen mehrmals wieder aufgegriffen - zuletzt 1987. 1990 gelang nach drei Jahren Arbeit die Fertigstellung eines Hilfstunnels. Die eigentliche Konstruktion mit zwei Tunnelröhren verbindet die Städte Folkestone und Calais und besitzt eine Länge von 52 Kilometern. Die Baukosten beliefen sich auf über 16 Milliarden US-Dollar. Der Gesamttunnel verläuft 130 Meter unterhalb des Meeresspiegels und wurde 1993, über ein Jahr später als geplant, fertig gestellt. In den beiden großen Tunnelröhren (eine dritte, kleinere dient zu Rettungs- und Wartungszwecken) verkehren Spezialzüge, die Passagiere und Fahrzeuge aufnehmen. Die Fahrzeit reduziert sich gegenüber dem Fährverkehr erheblich. Am 6. Mai 1994 wurde der Eurotunnel offiziell eröffnet und zu diesem Anlass von Königin Elisabeth II. und dem französischen Präsidenten François Mitterrand erstmals durchfahren. Der Güterverkehr wurde noch im selben Monat freigegeben, die Personenbeförderung begann jedoch erst ein knappes Jahr später. Bislang hat die von privaten Geldgebern mitfinanzierte Tunnelbetreibergesellschaft Verluste in Rekordhöhe eingefahren. Sie gefährdet andererseits die wirtschaftliche Grundlage der Fährschifffahrt, die auf die neue Konkurrenz mit massiven Preiszugeständnissen reagieren musste. Zwei spektakuläre Brände in den Tunnelröhren blieben ohne größere Auswirkungen. Von dem über 4 000 Kilometer langen Binnenwasserstraßennetz wird nur ein kleiner Teil gewerblich genutzt. Im Bereich Schifffahrt sind neben der Fischerei vor allem der Fährverkehr und die Handelsschifffahrt von Bedeutung. Wichtige Seehäfen sind z. B. London, Southampton, Dover, Liverpool und Manchester, Glasgow und Greenock in Schottland sowie Belfast in Nordirland. Wichtige Fährhäfen sind neben einigen anderen z. B. Dover, Folkestone, Newhaven, Portsmouth und Southampton sowie Plymouth, Harwich, Felixstowe und Newcastle-upon-Tyne. Eine weitere Fährverbindung zum europäischen Festland soll zwischen Rosyth (Schottland) und Rotterdam bzw. Zeebrugge entstehen (Betriebsbeginn voraussichtlich 2002). Die britische Fluggesellschaft British Airways entstand 1974 durch die Fusion der beiden damaligen staatlichen Fluggesellschaften für Übersee und Europa, British Overseas Airways Company und British European Airways. 1976 führte British Airways zusammen mit der französischen Fluggesellschaft Air France die Concorde als erstes Überschallflugzeug zur Personenbeförderung im Linienverkehr ein. British Airways wurde 1987 privatisiert. Neben der nationalen Fluggesellschaft gibt es im Vereinigten Königreich zahlreiche unabhängige Anbieter. Zu ihnen zählen Air UK, British Midland, Virgin Atlantic und Britannia Airways. Die zwei großen Londoner Flughäfen Heathrow und Gatwick gehören zu den verkehrsreichsten Drehscheiben des internationalen Personenverkehrs der Welt. In Heathrow wurden im Jahr 2001 rund 60,4 Millionen Passagiere abgefertigt. Damit ist Heathrow der Flughafen mit dem europaweit größten Passagieraufkommen. In Gatwick wurden im gleichen Jahr 31,1 Millionen Fluggäste registriert. Darüber hinaus gibt es weitere 146 lizenzierte Zivilflugplätze im Vereinigten Königreich. Elf davon haben ein Verkehrsaufkommen von über einer Million Passagieren pro Jahr. Zu ihnen gehören u. a. Manchester, Luton (bei London), Glasgow, Aberdeen und Belfast. 1970 trat das Vereinigte Königreich der europäischen Airbus Industrie, einem europäischen Konsortium der Luftfahrtindustrie, als Geschäftspartner bei, 1979 wurde es Vollmitglied. Die Airbus Industrie baut mittlere bis große Großraum-Passagierflugzeuge, wobei jedes Konsortiumsmitglied ganz spezifische Beiträge leistet. Mitgliedsstaaten sind Frankreich, Deutschland, Belgien, die Niederlande und Spanien. 6.8 Tourismus Die Tourismusbranche beschäftigt 7 Prozent aller Erwerbstätigen und trägt Einnahmen von etwa 20 Milliarden US-Dollar jährlich zur Gesamtwirtschaft bei. Das Vereinigte Königreich zählt zu den beliebtesten Urlaubszielen der Welt. 2006 zog es rund 30,7 Millionen Besucher aus dem Ausland an. Mit dem Tourismusförderungsgesetz von 1969 wurde die British Tourist Authority (Britische Fremdenverkehrszentrale) gegründet. Diese staatliche Organisation ist für die Öffentlichkeitsarbeit und die Verbesserung des Unterkunfts- und Transportangebots für Touristen zuständig. 6.9 Energie Großbritannien besitzt die umfangreichsten Rohstoffe aller EU-Länder und ist darüber hinaus ein weltweit bedeutender Erdöl- und Erdgaslieferant. Weitere wichtige Energiequellen sind Kohle und Kernenergie. Wasserkraft war in der Frühphase der Industrialisierung die Hauptenergiequelle, spielt aber heute abgesehen von einigen Wasserkraftwerken in Schottland kaum noch eine Rolle. Die Entwicklung alternativer Energien befindet sich noch in den Anfängen, vor allem der Bau so genannter Windfarmen in Gebieten Nord- und Südwestenglands, in Wales und in Schottland. 74 Prozent der benötigten Energie erzeugten 2003 Wärmekraftwerke, 22,8 Prozent stammen aus Kernkraftwerken und 1,2 Prozent aus Wasserkraftwerken. Die Jahresgesamtproduktion für 2003 betrug 369,9 Milliarden Kilowattstunden. Die Elektrizitätsindustrie wurde 1989 privatisiert. Das Vereinigte Königreich gehörte zu den ersten Staaten, die Kernkraftwerke zur Stromerzeugung einsetzten. Das erste große, kommerziell genutzte Atomkraftwerk der Welt, das Kraftwerk Calder Hall in Cumberland, ging 1956 in Betrieb. In der Wiederaufbereitungsanlage in Sellafield ereigneten sich eine Reihe von Störfällen, die die Umwelt erheblich belasteten und heftige Kritik auslösten. Dennoch lieferte die Atomenergie immerhin etwa ein Viertel des Stromes im Vereinigten Königreich. 7 GESCHICHTE Das Königreich Großbritannien entstand 1707 durch die im Act of Union beschlossene Eingliederung des schottischen in das englische Parlament. England - einschließlich des 1536/1543 unter Heinrich VIII. endgültig eingegliederten Fürstentums Wales - und Schottland, die seit dem Tod Königin Elisabeths I. 1603 in Personalunion regiert wurden, erhielten nun eine gemeinsame gesetzgebende Versammlung, darüber hinaus ein gemeinsames, landesweites Verwaltungssystem, einheitliche Besteuerung und ein einheitliches Maß- und Gewichtssystem. Alle Zollgrenzen innerhalb des Landes wurden aufgehoben, und London wurde zur Hauptstadt des gesamten Inselreiches. Weiterhin existierten getrennte Rechtssysteme und Staatskirchen - die anglikanische Kirche in England und Wales, die presbyterianische in Schottland. Erst 1999 erhielten Schottland und Wales wieder eigene Regionalparlamente mit eingeschränkten Kompetenzen. Zur Geschichte Großbritanniens vor 1707 siehe Britannien, Frühgeschichte; England; Schottland; Wales. Zur Geschichte Irlands als Teil Großbritanniens siehe Republik Irland. 7.1 Aufstieg zur Weltmacht (1707-1815) Erste Königin des United Kingdom war die seit 1702 regierende Anna Stuart, die letzte der protestantischen Stuarts. Da das englische Parlament 1701 per Gesetz (Act of Settlement) die katholische Thronfolge ausgeschlossen hatte und Anna kinderlos verstarb, folgte ihr 1714 der Kurfürst von Hannover, Georg Ludwig, als König Georg I. auf dem Thron. Er begründete die Hannover-Dynastie. Die Personalunion Großbritanniens mit Hannover, das 1692 die neunte Kurwürde im Heiligen Römischen Reich erhalten hatte, bestand bis 1837. In der Ära der Hannover-Dynastie stieg Großbritannien zur dominierenden See- und Weltmacht auf, zugleich etablierte sich als Folge der Glorious Revolution (1688/89) in der Innenpolitik im Wechselspiel von Regierung und Opposition das Parteiensystem mit Parlament und Regierung als vom König nicht mehr anfechtbare Machtzentren. 7.1.1 Regierung, Parlament und Gesellschaft im 18. Jahrhundert 7.1.1.1 Innere Stabilisierung 1715 kam es in Schottland und im Grenzgebiet zu England zu einem Aufstand der Jakobiten, die den Sohn des in der Glorious Revolution gestürzten Jakob II., James Francis Edward Stuart (The Old Pretender), einen Halbbruder von Königin Anna, auf den britischen Thron bringen wollten. Nach dem Scheitern dieses Unternehmens (als letztes scheiterte der Jakobitenaufstand von 1745), schenkte König Georg I. den Whigs sein Vertrauen, zumal führende Tories die Jakobiten unterstützt hatten. Die Vorherrschaft der Whigs währte fast ein halbes Jahrhundert und wurde bestimmt durch die Persönlichkeit des leitenden Ministers Robert Walpole (1721-1742), des ersten Premierministers moderner Prägung. Seine Machtfülle, die dieses Amt künftig prägen sollte, resultierte auch daraus, dass Georg I. sich häufig im Kurfürstentum Hannover aufhielt, der englischen Sprache nicht mächtig und an den inneren Verhältnissen seines Königreiches nicht sonderlich interessiert war. Als Basis der Regierung wuchs im Widerspiel von Regierungs- und Oppositionsparteien zugleich Ansehen und Gewicht des Parlaments, in dem sich Walpole, nicht zuletzt durch Patronage, Ämtervergabe und Dotationen, zwei Jahrzehnte lang die Mehrheit zu sichern wusste. Auch unter König Georg II. (1727-1760) blieb er im Amt. Das Parlament umfasste 122 Grafschaftsvertreter und 436 Vertreter der Gemeinden. Das Wahlrecht war in den einzelnen Wahlkreisen an sehr unterschiedliche Bedingungen geknüpft. Die englischen Grafschaften verfügten über durchschnittlich 3 000 bis 4 000 Wähler, so genannte rotten boroughs im Südwesten dagegen oft nur über einige wenige, die zudem von mächtigen Grundherren beherrscht und beeinflusst wurden, so dass etwa 5 Prozent der Wähler über die Hälfte der Unterhaussitze entschieden. Da die Whigs vornehmlich die kleinen Wahlkreise beherrschten, stellten die Tories auch nach Wahlen, in denen sie die Mehrheit der Stimmen erringen konnten (z. B. 1722 und 1741), weniger als ein Viertel der Abgeordneten. Das Fehlen der großen polarisierenden Fragen - zwischen 1720 und 1739 war Großbritannien in keinen Krieg verwickelt - begünstigte eine Entpolitisierung der Wahlen. Seit dem Septennial Act (1716) fanden Parlamentswahlen nur noch alle sieben Jahre statt (bis dahin alle drei Jahre). Weil die Steuerung der Wahlen durch Korruption und aufwendige Wahlkämpfe zwar möglich, für die örtlichen Magnaten aber teuer war, bestand die Tendenz, die Anzahl der Wahlen weiter zu reduzieren oder durch Beschränkung der Kandidatenzahl eine echte Wahlentscheidung zu verhindern. So fanden z. B. 1761 in nur 53 von 300 Wahlkreisen wirkliche Wahlen statt. Die Briten identifizierten sich zunehmend mit ihrer Regierungsform, in der sich monarchische, aristokratische und demokratische Elemente verbanden und in dem daneben ein seit dem Act of Settlement vom König unabhängiges Gerichtswesen existierte. Die Verfassung und die Herrschaft der Aristokratie standen außer Frage, ebenso der Führungsanspruch der Gentry auf dem Lande. Die durchaus vorkommenden Aufstände hatten daher nicht den Charakter revolutionärer Umwälzungen; sie waren zumeist Reaktionen auf akute Missstände (z. B. nach schlechten Ernten) oder dienten der Verteidigung bzw. Wiederherstellung alter Rechte und Freiheiten. Hatte es zu Beginn des 18. Jahrhunderts noch vereinzelt Ausschreitungen gegen religiöse Minderheiten gegeben, so verloren religiöse Fragen im Zeitalter des Rationalismus an politischer Sprengkraft. 1719 hob die Whig-Regierung zwei gegen Nichtanglikaner gerichtete Gesetze auf, den Occasional Conformity Act (1711) und den Schism Act (1714). Die Position der anglikanischen Staatskirche war unangefochten, trotzdem sank ihr Einfluss, und die Whigs förderten ihre weltliche Ausrichtung. Die Verwaltung des Landes blieb weitgehend den Landadeligen überlassen, die über einen Großteil des Grundes und Bodens verfügten. Sie sorgten in ihrer Funktion als Friedensrichter auch für die Beilegung der meisten Rechtsstreitigkeiten. Außerdem waren sie für die Verwaltung von Straßen, Brücken, Gasthöfen und Märkten zuständig und beaufsichtigten vor Ort die Umsetzung der Armengesetze, der Hilfe für Waisen, Arme, Alte und Kranke. Um 1780 verfügte Großbritannien im europäischen Vergleich über eine sehr effiziente Bürokratie und das höchste Pro-Kopf-Steueraufkommen. Da zudem ein starkes Parlament eine größere Stabilität des Staatshaushalts garantierte, war die Bereitschaft der Bürger gewachsen, Staatsanleihen zu zeichnen - Grundvoraussetzung für die militärischen Erfolge im 18. Jahrhundert und die damit errungene Weltmachtstellung. 7.1.1.2 Neue Politisierung In der durch die Niederlage im Nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg und Kriegskosten ausgelösten Krise gelangte William Pitt der Jüngere ins Amt des Premierministers, das er, mit einer Unterbrechung in den Jahren 1801 bis 1804, von 1783 bis 1806 innehatte. Gestützt auf die Tory-Mehrheit reformierte er den Staatsapparat und das Wahlrecht und konsolidierte die Staatsfinanzen. Der Krieg hatte einen Boom in der landwirtschaftlichen Produktion und in diversen Industrien ausgelöst, aber auch eine rapide Inflation; die Löhne blieben deutlich hinter der Preissteigerung zurück, und die Aufwendungen für die Umsetzung der Armengesetze wuchsen an. 1797 war die Bank von England gezwungen, das System der Deckung von Papiergeld durch Gold auszusetzen, und das Parlament verabschiedete erstmals eine Einkommensteuer. In zunehmendem Maße präsentierte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch wieder eine politisierte Öffentlichkeit als eigener Machtfaktor gegenüber dem Parlament. Über Zeitungen und durch Gründung politischer Gesellschaften, die regen Zulauf erfuhren, artikulierte sich nicht nur Kritik an König Georg III., der wieder ein persönliches Regiment zu installieren versuchte und durch die Ernennung von sechs Premierministern im ersten Jahrzehnt seiner Herrschaft zum Ende der politischen Stabilität beitrug. Auch die Wahrung der Bürgerrechte und ein gerechteres Wahlsystem wurden eingeklagt. Anhänger des gemaßregelten Publizisten John Wilkes, der heftige öffentliche Kritik am König geübt hatte (1764), schlossen sich in der Gesellschaft der Befürworter der Bill of Rights zusammen, einer der ersten Reform- und Bürgerrechtsbewegungen des Landes. Beflügelt durch die Amerikanische, später die Französische Revolution, radikalisierten sich Teile dieser Bewegung. Die Mitgliedschaft dieser Gesellschaften, die kein rein städtisches Phänomen, sondern auch im ländlichen Bereich anzutreffen waren, rekrutierte sich hauptsächlich aus dem Kleinbürgertum, umfasste aber auch wegen ihrer Religion Benachteiligte (vor allem die so genannten Dissenters). Aufgrund der weltlich-rationalen Ausrichtung der anglikanischen Kirche hatten evangelische Glaubensgemeinschaften wie Methodisten und Evangelikale (Clapham Sect) regen Zulauf erhalten und wurden nun wieder zum politischen Faktor. Als Folge davon artikulierte sich die Forderung nach Abschaffung religiöser Diskriminierung. Religiös motivierte Kreise waren stark in der Bewegung der Abolitionisten vertreten, die einen wichtigen Anteil am Verbot des Sklavenhandels (1807) und der Sklaverei (1833) hatte und Großbritannien einen Anlass gab, im 19. Jahrhundert auf See gegen Sklavenschiffe und Sklavenhandel betreibende Nationen vorzugehen. 7.1.1.3 Die Union mit Irland - die irische Frage In dem unter britischer Vorherrschaft stehenden Irland litt die katholische Mehrheit, die 1778 nur noch 4 Prozent des Landes besaß, unter Benachteiligung gegenüber den vor allem in den Norden eingewanderten Protestanten. Nach Aufhebung der meisten diskriminierenden Gesetze erhielten die Katholiken 1795 durch Pitts Catholic Relief Act gleiches aktives Wahlrecht sowie für zahlreiche, aber nicht alle Ämter passives Wahlrecht. Zwischen Großbritannien und Irland, das 1782 Autonomie und ein eigenes Parlament erhalten hatte, wurden in der Folge alle Zölle abgebaut. Unter dem Eindruck der Französischen Revolution und mit französischer Unterstützung erhoben sich die Iren 1798 in einem von Wolf Tone organisierten Aufstand, der im folgenden Jahr blutig niedergeschlagen wurde (30 000 Tote). Dies bot den Anlass für die am 1. Januar 1801 durch einen weiteren Act of Union vollzogene Union Großbritanniens mit Irland. Das irische Parlament wurde wieder aufgelöst, und Irland war fortan mit 100 Abgeordneten im britischen Unterhaus vertreten, irische Lords erhielten 32 Sitze im Oberhaus. Durch diese Union war die irische Frage eröffnet. Ihre Brisanz zeigte sich sogleich mit dem Rücktritt des leitenden Ministers William Pitt, der gegen den Widerstand Georgs III. sein den Iren gegebenes Versprechen, den Katholiken die völlige bürgerliche Gleichberechtigung einzuräumen, nicht einhalten konnte und darüber noch 1801 zurücktrat. 7.1.2 Rivalität mit Frankreich: vom Spanischen Erbfolgekrieg zum Siebenjährigen Krieg (1701-1763) Eines der Hauptziele der Vereinigung Englands und Schottlands bestand darin, alle Kräfte im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) zu konzentrieren. Zur eigenen Sicherung hatte Großbritannien das außenpolitische Prinzip der Balance of Power entwickelt, das darauf beruhte, gegen Hegemonialbestrebungen der jeweils stärksten kontinentaleuropäischen Macht vorzugehen und dafür Sorge zu tragen, dass die der englischen Küste gegenüber liegenden Flussmündungen, die als Basis für einen Angriff auf das Inselreich genutzt werden konnten, nicht in die Hand derselben Großmacht gelangten. Als der Übergang der spanischen Krone auf Frankreichs König, den Bourbonen Philipp V. drohte, übernahm Großbritannien die Führung einer Großen Allianz, die eine Hegemonie der Bourbonen in Europa und Übersee verhindern sollte. Gleichzeitig führten Großbritannien und Frankreich einen Kolonialkrieg in Nordamerika (Queen Anne's War, 1702-1713). Obwohl unter der Führung John Churchills, des 1. Herzogs von Marlborough, Großbritannien und seine Verbündeten zahlreiche Schlachten gegen Frankreich gewannen, u. a. die äußerst verlustreiche 1709 bei Malplaquet, entstand im Land eine gewisse Kriegsmüdigkeit. 1710 erlitt das Kabinett der bürgerlichen Whigs, das den Krieg unterstützt hatte, eine Wahlniederlage; die konservativen und königstreuen Tories enthoben Marlborough seiner Ämter und setzten einen Friedensschluss mit Frankreich durch, nicht zuletzt weil der habsburgische Gegenkandidat Philipps V. für den spanischen Thron 1711 als Karl VI. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wurde, so dass im Falle eines Sieges der Allianz eine Erneuerung der Habsburger Personalunion Österreich-Spanien drohte. Im Frieden von Utrecht (1713) erkannte Großbritannien den Anspruch der Bourbonen auf den spanischen Thron an, unter Trennung der spanischen von der französischen Krone. Im Gegenzug überließ Frankreich Großbritannien in Nordamerika die Hudson Bay, Nova Scotia und Neufundland. Spanien trat Gibraltar und Menorca ab und räumte britischen Händlern begrenzte Handelsverbindungen mit den spanischen Kolonien in Amerika ein. 1717 schloss Georg I. mit Frankreich und den Vereinigten Niederlanden gegen Spanien und Schweden die Tripelallianz, die 1718 durch den Beitritt des römisch-deutschen Kaisers zur Quadrupelallianz erweitert wurde. Im Krieg gegen Spanien (1718-1720) gelang es der Allianz schließlich, Philipps V. Versuch einer Revision des Friedens von Utrecht zu verhindern. Dem Krieg folgte eine fast zwei Jahrzehnte währende Phase, während der Großbritannien die Wahrung des europäischen Gleichgewichts durch Bündnispolitik und ohne eigene Kriegshandlungen verfolgte. Hauptgegner war schon bald wieder Frankreich, das sich zu Beginn des Polnischen Erbfolgekrieges 1733 im Escorial-Vertrag (auch ,,Familienpakt" der Bourbonen; erneuert 1743 und 1761) mit Spanien verbündete. ,,Natürlicher" Verbündeter Großbritanniens war dabei (seit der Großen Allianz von 1689) das habsburgische Österreich, das mit Frankreich im dauerhaften Konflikt lag. Die Spannungen zwischen Spanien und Großbritannien mündeten durch die wiederholten Versuche englischer Kaufleute, die Bestimmungen des Friedens von Utrecht zu umgehen, in den Jenkins' Ear War (1739-1741). Dieser wurde ausschließlich in den Kolonien ausgetragen, fand jedoch seine Fortsetzung im Rahmen des Österreichischen Erbfolgekrieges (1740-1748), in dem Preußen, Frankreich und Spanien gegen Österreich standen und in den Großbritannien, das 1731 die Pragmatische Sanktion anerkannt hatte, aufseiten Österreichs intervenierte. Nach dem Sturz des Premierministers Robert Walpole (1742), der den Krieg gegen Spanien nicht befürwortet hatte und durch William Pitt den Älteren ersetzt wurde, intensivierte Großbritannien sein Engagement in dem Krieg und trug maßgeblich zu einem ersten großen Sieg über Frankreich bei (1743). Die kriegerische Auseinandersetzung mit Frankreich fand nicht nur auf dem europäischen Kontinent ihre Fortsetzung - 1745 mit einem Sieg der Franzosen bei Fontenoy -, sondern wurde auch in Nordamerika (King George's War) und Indien (1. Karnataka-Krieg) ausgetragen. Der Österreichische Erbfolgekrieg endete 1748 mit dem Frieden von Aachen, der aus britischer Sicht den territorialen Status quo ante wieder herstellte, in dem die meisten Fragen jedoch bis zum Siebenjährigen Krieg ungelöst blieben. Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) ergriff Großbritannien die Partei Preußens und stellte sich gegen Österreich und Frankreich, nicht zuletzt aus Überseeinteressen. William Pitt der Ältere etwa äußerte: ,,Kanada wird in Schlesien gewonnen". Die britisch-französischen Kriege in Indien (2. und 3. Karnataka-Krieg, 1751-1754 bzw. 17561763) und Nordamerika (Britisch-Französischer Kolonialkrieg, 1754-1763) waren mit den Ereignissen in Europa eng verflochten. Für Großbritannien begann der Krieg mit einer Reihe von Niederlagen in Übersee, im Mittelmeer und auf dem europäischen Festland, wo die Franzosen Hannover besetzt hatten. Durch William Pitt den Älteren, der als hervorragender Stratege galt und unter starkem Druck der Öffentlichkeit von Georg II. 1756 zum Minister ernannt worden war, erfuhr der Krieg eine Wende: Die französische Flotte wurde vor der Küste Portugals besiegt, die britische Ostindische Kompanie triumphierte u. a. in Bengalen über ihre französische Konkurrenz, und britischen Truppen gelang es mit Unterstützung der Kolonien, Fort Duquesne (heute Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania), Quebec und Montreal zu erobern. Nach Pitts erzwungenem Rücktritt 1761 stellte Großbritannien die Unterstützung Preußens ein und nahm getrennt von Preußen an den Friedensverhandlungen teil. Der Friede von Paris (1763) war ein diplomatischer Triumph für Großbritannien, das alle französischen Ansprüche auf Kanada und die französischen Territorien östlich des Mississippi erhielt, ebenso die meisten französischen Besitzrechte in Indien. Spanien, das 1762 auf französischer Seite in den Krieg eingetreten war, trat Florida ab. Der Friede von Paris beendete zugleich den vierten und letzten englisch- bzw. britisch-französischen Krieg in Nordamerika seit 1689. Frankreich schied als Machtfaktor in der neuen Welt aus, das britische Empire erreichte seinen ersten Höhepunkt. 7.1.3 Das Kolonialreich 7.1.3.1 Bis zum Verlust der nordamerikanischen Kolonien (1783) Begonnen hatte die englische Expansion in Nordamerika 1584 mit einem gescheiterten Siedlungsversuch auf der Insel Roanoke im heutigen North Carolina unter Walter Raleigh und ab 1607 mit der Gründung der ersten dauerhaften englischen Siedlung in Nordamerika, Jamestown (Virginia), unter Christopher Newport, nachdem 1604 der Friede mit Spanien England erlaubt hatte, Land in Amerika zu besiedeln, das nicht bereits in Besitz einer christlichen Nation war. Die Kolonisation entwickelte sich durch private Initiative, jedoch im Namen der Krone und mit staatlichem Schutzbrief. Neben dem Handel war die dauerhafte Besiedlung das Hauptmotiv des frühen Kolonialismus. Abgesehen von der Möglichkeit, sich einen in England unerreichbaren Besitz zu erwerben, spielten oft religiöse Beweggründe die tragende Rolle. Der Missionierung der indigenen Bevölkerung, wenn auch von den Puritanern immer wieder als ein Hauptgrund der Kolonisation angegeben, kam dabei allerdings nur eine sehr untergeordnete Bedeutung zu; vielmehr suchten religiöse Minderheiten durch dauerhafte Siedlung in der Neuen Welt Schutz vor Verfolgung und/oder erstrebten den Aufbau einer ihren Vorstellungen entsprechenden Gesellschaft. Durch religiöse Minderheiten erfolgten auf diese Weise wichtige Koloniegründungen, wie die Plymouth-Kolonie im heutigen Massachusetts durch die puritanischen Pilgerväter (1620), Maryland durch Katholiken (1632) und Pennsylvania (1681) durch den Quäker William Penn. Auch in anderen Teilen der Welt begann die britische Kolonisation als privates Unternehmen, wobei hier eindeutig Handelsinteressen das Hauptmotiv waren. Dabei entstanden mächtige Gesellschaften wie die 1599/1600 gegründete Ostindische Kompanie. Diese erwarb, nachdem sie anfänglich nur wenige Handelsstützpunkte besessen hatte, im Verlauf des 17. Jahrhunderts u. a. auf dem Indischen Subkontinent eine beherrschende Stellung und drängte, auch in kriegerischen Auseinandersetzungen, Portugiesen und Holländer zurück. 1720 übernahm sie auch die Aktien der Südsee-Kompanie, deren Zusammenbruch (Südseeschwindel) durch ausgedehnte Spekulationen und Korruption bis in die höchsten Kreise eine Regierungskrise ausgelöst hatte. Im 18. Jahrhundert war Frankreich der Hauptgegner in Indien. Die Entscheidung fiel auch hier im Siebenjährigen Krieg (siehe oben), besonders durch den britischen Sieg unter Robert Clive bei Plassey 1757, der faktisch die Herrschaft über Bengalen bedeutete. 1773 verlor die britische Ostindische Kompanie ihren privaten Status und wurde vom Parlament zur halboffiziellen Regierungsbehörde ernannt. Im 18. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl in den britischen Überseebesitzungen in Nordamerika rasch. Durch Einwanderung - sehr intensiv auch aus den Gebieten des deutschen Reiches - erhöhte sich die Anzahl der Kolonisten innerhalb weniger Jahrzehnte von circa 265 000 (um 1700) auf 2,3 Millionen (1770). Hinzu kamen diejenigen, die als Sklaven aus Afrika in die britischen Kolonien gebracht wurden, von 1662 bis 1807 über 3,4 Millionen Menschen. Trotz unbestrittener Oberherrschaft des Mutterlandes konnte sich eine ausgeprägte koloniale Selbstverwaltung entwickeln, mit eigenen Parlamenten und Rechtstraditionen. Die von der Krone entsandten Gouverneure vereinigten in sich formal legislative, exekutive und judikative Gewalt, waren jedoch in der Praxis von der Kooperationsbereitschaft der Siedler abhängig. Da auch für die britische Regierung Handelsinteressen im Vordergrund standen, ließ sie den Siedlern weitgehend freie Hand, die inneren Angelegenheiten in den Kolonien selbst zu organisieren, so dass sie bis zum Ende des Siebenjährigen Krieges ihre Selbstverwaltung ausgebaut und gefestigt hatten. Als der Frieden von Paris die Kolonien zudem von der Bedrohung durch Frankreich befreit hatte, konnten sie sich auch ein selbstbewussteres Auftreten gegenüber dem nun nicht mehr als Schutzmacht benötigten Mutterland erlauben. Die Anlässe für Konflikte häuften sich. Das Siedlungsverbot westlich der Appalachen ( Quebec Act, 1764), die Unterbindung des kolonialen Eigenhandels sowie die zur Deckung der Kriegskosten auferlegten Steuern und Zölle führten zu einer wachsenden Missstimmung in den Kolonien, die besonders die Besteuerung grundsätzlich ablehnten (,,No taxation without representation"). Die Konfrontation verschärfte sich durch die Townshend Acts (1767), die Aufhebung des Kolonialparlaments von Massachusetts (1768) und das Boston Massaker (1770). Die Siedler reagierten mit offenen Protestaktionen wie der Boston Tea Party (1773) und mit der Einberufung des Kontinentalkongresses (1774). Erste kriegerische Auseinandersetzungen fanden 1775 statt. Trotz mahnender Stimmen ließen es Georg III. (1760-1820) und sein leitender Minister Lord Frederick North zum offenen Krieg gegen die 13 aufständischen Kolonien kommen. Im Nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1776-1783) konnte Großbritannien zwar zunächst Boston, New York (1776) und Philadelphia (1777) einnehmen, sah sich aber bald international isoliert, da Frankreich (ab 1778), Spanien (ab 1779) und die Niederlande (ab 1780) die Kolonien unterstützten und andere Mächte neutral blieben. Nach der militärischen Niederlage (1781) erkannte Großbritannien im Frieden von Paris (1783) die Unabhängigkeit der 13 Kolonien als Vereinigte Staaten von Amerika an und musste weitere Gebiete an deren Verbündete abtreten, u. a. Florida an Spanien. Die erste Phase des britischen Kolonialreiches war damit beendet. 7.1.3.2 Der Aufbau des zweiten Kolonialreiches Mit dem Pariser Frieden von 1783 endete die Ära des auf Handelsmonopolen begründeten britischen Empire mit Schwerpunkt im Westen. Um den Verlust der 13 nordamerikanischen Kolonien wettzumachen, wandte sich Großbritannien dem Aufbau eines neuen Weltreiches zu, dessen Herzstück Indien bildete. Durch die East India Bill (1784) sicherte sich die Regierung die Kontrolle über die Ostindische Kompanie, die bis dahin beim Parlament gelegen hatte. Schrittweise erfolgte die weitere Eroberung des Indischen Subkontinents. Als neue Siedlungskolonie wurde Australien erschlossen. Von Sydney aus begann 1788 dessen Besiedlung, zunächst mit Sträflingen. Zugleich stieg Großbritannien im Zuge der industriellen Revolution (siehe unten) zur führenden Industrie- und Finanzmacht auf. Eine wichtige Kolonie in Nordamerika blieb Kanada, das nach dem Siebenjährigen Krieg durch den Zugewinn Quebecs um einen frankophonen Teil erweitert worden war. Um sich die Loyalität der französischen Siedler zu sichern, hatte das britische Parlament die Beibehaltung der französischen Sprache und des französischen Zivilrechts sowie Privilegien für die katholische Kirche garantiert (Quebec Act, 1764). Im Constitutional Act von 1791 erfolgte die Teilung in das frankophone Unterkanada (heute Quebec) und das anglophone Oberkanada (heute Ontario), die sich nach Sprache, Religion und Rechtsprechung unterschieden. Damit konnte Quebec dauerhaft an das Mutterland gebunden werden. 7.1.4 Gegen die Französische Revolution und Napoleon Auf dem europäischen Kontinent griff Großbritannien wieder ein, als es die Gesellschafts- und Mächteordnung durch die Französische Revolution (1789) bedroht sah, und beteiligte sich nach einer französischen Kriegserklärung 1793 auf der Seite Preußens und Österreichs am 1. Koalitionskrieg. Dieser endete 1797 mit französischen Gewinnen in Europa, einzig Großbritannien kämpfte, hauptsächlich zur See, weiterhin gegen Frankreich. Mit dem Sieg der britischen Flotte unter Lord Horatio Nelson in der Seeschlacht bei Abukir (1798) verhinderte Großbritannien die Eroberung des Nahen Ostens durch Napoleon Bonaparte. Um dessen weiterem Expansionsstreben einen Riegel vorzuschieben, bildete Großbritannien eine zweite Koalition, der schließlich Österreich, Neapel, Russland, Portugal und das Osmanische Reich angehörten. Auch in diesem 2. Koalitionskrieg war es wieder Großbritannien, das über den ersten Friedensschluss zwischen Teilen der Koalition und Frankreich hinaus bis zum Frieden von Amiens 1802 den Krieg mit Frankreich fortführte. Und bereits 1803 nahmen Frankreich und Großbritannien den Krieg wieder auf. Während Napoleon im 3. Koalitionskrieg (1805) die Position Frankreichs auf dem Kontinent ausbauen konnte, vereitelte Großbritannien seine Invasionspläne durch den erneuten Sieg seiner Flotte in der Seeschlacht bei Trafalgar, durch den es sich zugleich seine endgültige Vorherrschaft als Seemacht sicherte. Im 4. Koalitionskrieg (1806/07) verhängte Napoleon die Kontinentalsperre (1806-1815), um Großbritannien vom Handel mit dem Festland auszuschließen. Auch wenn dieses Unterfangen schließlich scheiterte, so hatte es doch große Auswirkungen in allen Teilen der Welt. Den Verlust europäischer Märkte suchte Großbritannien durch Erschließung neuer Märkte in Übersee zu kompensieren, reagierte außerdem mit Steuererhöhungen und Getreidesubventionen. Absatzkrisen führten 1811/12 zu hoher Arbeitslosigkeit und sozialen Unruhen. Britische Gegenmaßnahmen provozierten schließlich den Britisch-Amerikanischen Krieg (1812-1815), an dessen Ende der Status quo ante wiederhergestellt wurde. Auf dem Kontinent schwächten die Napoleonischen Kriege (1808-1812) und die Befreiungskriege (1813-1815) die Position Napoleons immer weiter, bis er schließlich in der Schlacht bei Waterloo (1815) durch die Koalitionsarmee, an der auch britische Truppen an führender Stelle beteiligt waren, eine vernichtende Niederlage erlitt. Die Ergebnisse des Wiener Kongresses (1814/15) zur Neuordnung Europas bestätigten, dass Großbritannien aus den Kriegen gegen Frankreich als der eigentliche Sieger hervorgegangen war: Die britische Vormachtstellung in Europa stand nun, da mit Frankreich der Hauptgegner Großbritanniens in Europa und Übersee als Konkurrent ausgeschieden war, außer Frage. 7.2 Vom Wiener Kongress bis zum Beginn des 1. Weltkrieges (1815-1914) 7.2.1 Politische Reformen und gesellschaftlicher Wandel 7.2.1.1 Die letzten Könige aus dem Haus Hannover 1811 wurde Georg III., der inzwischen unter geistiger Umnachtung litt, als König von seinem ältesten Sohn abgelöst. Dieser regierte zunächst als Prinzregent und ab 1820 als König Georg IV. Obwohl Mäzen und Förderer des Regency Style, machte er sich zunehmend unbeliebt, zum Teil wegen seiner Verschwendungssucht und Extravaganzen, vor allem aber wegen seines Verhaltens gegenüber seiner Frau Karoline von Braunschweig. Unter Georg IV. erlebte Großbritannien eine konservative Periode; allerdings wurde gegen Ende seiner Regierungszeit auch die politische Benachteiligung von protestantischen Dissenters (1828) und Katholiken (1829) - mit besonderer Bedeutung für Irland - weitgehend aufgehoben. Zwar blieb weiterhin die protestantische Erbfolge der britischen Krone gesetzlich festgeschrieben, aber Großbritannien war nun keine protestantische Nation mehr - seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist sogar die Zahl der katholischen Gemeindemitglieder höher als die der praktizierenden Anglikaner. Die Emanzipation der Juden erfolgte 1858. Der Beginn der liberalen Periode (1830-1848) unter König Wilhelm IV. (1830-1837), dem letzten männlichen Vertreter der Hannover-Dynastie, stand im Zeichen der Auseinandersetzungen um die von den liberalen Whigs vorgelegte 1. Reform Bill, der das Oberhaus nur unter starkem öffentlichem Druck zustimmte (1832). Die nun stärker an den Einwohnerzahlen ausgerichtete Neugestaltung und -gewichtung der Wahlbezirke und eine Ausweitung des Wahlrechts auf nun etwa 700 000 Männer reduzierten das politische Übergewicht der adeligen Großgrundbesitzer zugunsten der Mittelschicht. Einen radikalen Wendepunkt bedeutete diese Wahlrechtsreform, nach der immer noch nur 4,2 Prozent der Bevölkerung wahlberechtigt waren, jedoch nicht. Die Vorherrschaft von Peers und Gentry, die noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts über 70 Prozent der Kabinettsmitglieder stellten, blieb erhalten. Die Wahlreformen von 1867 und 1885 verdoppelten jeweils noch einmal die Anzahl der Wähler, ohne dass das Wahlrecht seinen Status als politisches Privileg verlor. Die Möglichkeiten der Steuerung von Wahlen wurden durch die Einführung der geheimen Stimmabgabe ( Ballot Act, 1872) und die Festlegung einer Obergrenze der Wahlkampfkosten für einen Kandidaten (1883) beschränkt. Der 1. Reform Bill folgten weitere Reformgesetze: Das Fabrikgesetz (Factory Act) von 1833 legte eine Obergrenze für die Arbeitszeit von Frauen und Kindern fest und sah eine Kontrolle durch Zentralinspektoren vor. Im selben Jahr wurde auch die Sklaverei abgeschafft. Das umstrittene neue Armengesetz (New Poor Law) von 1834 sah ebenfalls die Errichtung einer zentralen Aufsichtsbehörde vor. Ein Gesetz über städtische Einrichtungen ( Municipal Corporations Act, 1835) führte gewählte Stadtratsversammlungen ein. 1836 wurde eine Kirchenkommission eingerichtet, die die anglikanische Staatskirche Reformen unterziehen sollte. 7.2.1.2 Das Viktorianische Zeitalter Nach dem Tod Wilhelms IV. 1837 fiel die Krone an seine 18-jährige Nichte Viktoria, womit die Personalunion mit dem unterdessen zum Königreich erhobenen Hannover beendet war. Viktoria nahm starken Anteil an den Staatsgeschäften. Ihre über 60-jährige Regierungszeit, das Viktorianische Zeitalter, war eine Phase großen Wohlstands, wirtschaftlicher Blüte und imperialer Machtausweitung, aber auch sehr konservativer Moralvorstellungen, die sie und ihr Gemahl Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, mit dem sie seit 1840 verheiratet war, selbst verkörperten: inniges Familienleben, Pflichtgefühl gegenüber der Gesellschaft und Respektabilität. Die Überzeugungen und Ansichten der Viktorianer wurden auch durch das Wiederaufleben evangelikaler Glaubenslehren sowie durch die Philosophie des Utilitarismus mit ihren Vorstellungen von Nützlichkeit und praktischem Geschäftssinn geprägt. Sie gaben der zügigen Durchsetzung der industriellen Revolution den ideologischen Geleitschutz. Als Regierungschefs, die Großbritanniens innen- und außenpolitische Entwicklung während der Amtszeit Viktorias maßgeblich prägten, fungierten in den ersten drei Jahrzehnten ihrer Regierung die Tory-Führer Robert Peel und George Aberdeen, sowie der konservative, später gemäßigte Whig Henry John Palmerston, anschließend die Konservativen Benjamin Disraeli und Robert Salisbury, bis in die neunziger Jahre im Wechsel mit ihrem liberalen Gegenspieler William Gladstone. In die ersten Jahrzehnte der Amtszeit Viktorias fielen Ereignisse mit epochalen Auswirkungen - wie die Einführung der weltweit ersten Briefmarke (1840), die Veröffentlichung des Kommunistischen Manifests in London (1848), die erste Weltausstellung (London, 1851) sowie die Begründung der Evolutionstheorie durch Darwin und Wallace (1858). Während der letzten beiden Jahrzehnte ihrer Herrschaft erreichte Viktorias Beliebtheit - quer durch alle Gesellschaftsschichten - ihren Höhepunkt; ihr goldenes (1887) und ihr diamantenes Kronjubiläum (1897) wurden mit ausgedehnten Volksfesten gefeiert. Ihre zahlreichen Kinder und Enkel heirateten in nahezu alle europäischen Königshäuser ein. Nach Viktorias Tod 1901 übernahm ihr ältester Sohn Eduard VII. den britischen Thron (1901-1910). Zu Beginn seiner Amtszeit legte das von Arthur Balfour eingebrachte Gesetz zum Bildungswesen (1902) den Grundstein für ein staatliches Sekundarschulwesen, was allerdings zu neuen Auseinandersetzungen zwischen Staat und Kirche führte. 7.2.2 Von der industriellen Revolution zum Sozialstaat 7.2.2.1 Industrialisierung Ende des 18. Jahrhunderts hatte in Großbritannien die industrielle Revolution begonnen. Die Voraussetzungen dafür waren vielschichtig, angefangen bei einer effektiven Landwirtschaft, die Arbeitskräfte für die industrielle Produktion freigab. Schon vor Beginn der Industrialisierung hatten sich regionale Schwerpunkte der Produktion gebildet und ein funktionierender Markt entwickelt. Durch den Ausschluss der Nonkonformisten von politischen Ämtern ( Test Act, 1673) existierte außerdem eine gehobene, auf das Erwerbsleben verwiesene Schicht, die eine auf nüchternem Gewinnstreben basierende Arbeitsauffassung entwickelte. Die theoretische Begründung von Kapitalismus (Adam Smith) und klassischer Nationalökonomie (David Ricardo, Thomas Malthus, John Stuart Mill) erfolgte in Großbritannien, ebenso kamen wichtige Erfindungen aus Großbritannien, so die Dampfmaschine (Thomas Newcomen, James Watt, 1769) und der mechanische Webstuhl (Edmund Cartwright) Großbritannien hatte somit eine günstige Ausgangsposition für die Industrialisierung und spielte lange Zeit eine beherrschende Rolle auf dem Weltmarkt. Die britische Kohlefördermenge übertraf im Jahr 1800 die kontinentaleuropäische um das Fünffache und stieg im Verlauf des 19. Jahrhunderts noch rasant an. Das Eisenbahnnetz, 1830 mit der Strecke Stockton-Darlington begonnen, umfasste 1850 10 600 Kilometer und wurde in der Folgezeit auf mehr als das Doppelte ausgebaut. Das Telegraphensystem ermöglichte eine schnelle Nachrichtenübermittlung. Henry Bessemer entwickelte 1856 eine neue Methode der Stahlerzeugung, die den Herstellungspreis von Stahl sinken ließ, und in den sechziger Jahren setzte ein Boom im Dampfschiffbau ein. Der Gesamtwert britischer Exporte verdreifachte sich, und die Kapitaleinlagen in Übersee stiegen auf das Vierfache ihres bisherigen Umfangs. Erst die ,,große Depression" von 1873 leitete, zunächst bei weiterer Expansion und wachsender Kaufkraft für die Mehrheit der Briten, den Verlust der beherrschenden Stellung ein. Absatzschwierigkeiten in den wichtigen Bereichen Baumwolle und Bergbau sowie starke Konkurrenz besonders aus den USA und dem Deutschen Reich trugen zu Preisverfall und sinkenden Profiten bei. In der Stahlproduktion (u. a.) überholten beide Staaten Großbritannien, das jedoch weiterhin im Schiffbau, im Transport- und im Finanzwesen weltweit führend blieb. Der britische Anteil am Welthandel mit Fertigprodukten, der 1880 noch 41 Prozent betrug, sank bis zum 1. Weltkrieg auf unter 30 Prozent. 7.2.2.2 Die Arbeiterbewegung Trotz der Erfolgsgeschichte der industriellen Revolution waren die negativen Folgen dieser Zeit ebenso prägend. Zum einen verloren viele in handwerklicher Produktion Tätige durch die mechanisierte Produktion ihre Arbeit, andererseits waren die Arbeitsbedingungen in den Fabriken zumeist denkbar schlecht. Proteste gegen die fortschreitende Mechanisierung wie die Ludditen-Unruhen in der Frühphase der industriellen Revolution blieben aber die Ausnahme. Dagegen verlagerten sich von außerparlamentarischen Bewegungen initiierte Petitionen und Massenkundgebungen für mehr Volkssouveränität in dieser Zeit in die neuen Industrieregionen. 1819 wurde z. B. eine solche Kundgebung mit etwa 60 000 Teilnehmern auf dem St. Peter Field in Manchester blutig niedergeschlagen (,,Peterloo"). Die sinkende Bedeutung agrarischer Betriebe gegenüber industrieller Produktion sorgte für ein Abwandern der Bevölkerung in die Städte. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg die Bevölkerung in der Industriestadt Liverpool um über das Vierfache, in Birmingham und Manchester verdreifachte sich die Einwohnerzahl. Dies führte einerseits zur Verelendung großer Teile der Arbeiterschaft, festigte andererseits aber auch den Zusammenhalt dieser Schicht. Obwohl schon 1807 fast 30 Prozent der englischen Familien sich durch die Arbeit in Fabriken und Bergwerken ernährte, gab es zunächst im Gegensatz zu Frankreich und Deutschland keine klassenkämpferische Arbeiterbewegung. Seit 1824 durften sich in Großbritannien Arbeiter zu Interessenvertretungen zusammenschließen, aus denen später die Gewerkschaften hervorgingen. 1868 wurde der Gewerkschafts-Dachverband Trades Union Congress gegründet, der ebenso wie seine Mitglieder einen Reformkurs vertrat. Die Revolutionswelle des Jahres 1848 (siehe Revolutionen 1848/49) erfasste das Vereinigte Königreich nicht, nicht zuletzt weil Liberale und Konservative als Antwort auf die soziale Frage ihre politischen Programme auch Positionen der Arbeiterschaft öffneten. Unternehmer wie Robert Owen, der als Mitbegründer der Idee der Kooperativen für seine Arbeiter Plansiedlungen und Modellstädte entwarf, in denen gemeinschaftlich gearbeitet, gelernt und abgestimmt wurde (siehe Genossenschaftsbewegung), versuchten zur Verbesserung der Situation der Arbeiterklasse beizutragen. Gleichwohl kam es unter dem Einfluss des frühsozialistischen Chartismus 1839 zu Unruhen, die mit Gewalt unterdrückt wurden. Nachdem sich der Staat zunächst jeglicher Eingriffe in die Wirtschaft enthalten hatte, ging die Gestaltung der allgemeinen Arbeitsbedingungen nun auch in die Gesetzgebung ein: Gegen die Missstände in der Textilindustrie wurde 1833 das erste wirksame Fabrikgesetz (Factory Act) erlassen, das die Arbeitszeit von Kindern und Jugendlichen begrenzte, 1842 folgte mit dem Mines Act das Arbeitsverbot unter Tage für Frauen und Kinder, 1850 wurde der Zehnstundentag allgemein verbindlich. Im Bereich der Sozialpolitik war Großbritannien durch das Armengesetz von 1834 im europäischen Vergleich führend, obwohl das Elend vieler Armer dadurch kaum verringert wurde und das Gesetz eher den finanziellen Interessen der Mittelklasse entgegenkam. Die Krise in der Landwirtschaft, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Irland zu sozialen Unruhen führte, wirkte sich auch auf die Landwirtschaft Großbritanniens und den Wohlstand der Landbesitzer aus. Auf den Wirtschaftsboom der hochviktorianischen Zeit folgte eine Periode der Deflation, fallender Löhne und phasenweise weit verbreiteter Arbeitslosigkeit. Als Folge der ,,großen Depression" und des verlorenen Vertrauens der Arbeiter in die etablierten Parteien formierte sich die Arbeiterschaft gegen Ende des 19. Jahrhunderts stärker. In dieser Zeit entstanden die Marxist Social-Democratic Federation (1881), die Fabian Society (1883/84) und die Independent Labour Party (1893), die auf Betreiben des Trades Union Congress gemeinsam das Labour Representation Committee (1900) ins Leben riefen. Dieses benannte sich 1906 in Labour Party um, nachdem es im Jahr zuvor den Liberalen nach 20-jähriger Regierungsabstinenz zum Wahlsieg verholfen hatte. 7.2.2.3 Der spätviktorianische Sozialstaat Die liberalen Regierungen unter Henry Campbell-Bannerman (1905-1908) und Herbert Henry Asquith (1908-1916) legten die Fundamente des Wohlfahrtsstaates im Vereinigten Königreich. Hierzu gehörten die Einführung einer Altersrente (1908), die Schaffung staatlicher Behörden für Stellenvermittlung (1909), die Einführung einer Arbeitslosenversicherung (1911) und eines Beitragssystems für eine staatliche, den Großteil der Arbeiterschaft umfassende Krankenversicherung (1911) sowie die Einführung von Minimallöhnen für Minenarbeiter und andere Arbeitnehmer (1909, 1912). Das heftig umstrittene Programm eines ,,Volksbudgets" ( people's budget, vorgelegt 1909) des Schatzkanzlers Lloyd George zielte darauf ab, durch Besteuerung der oberen Schichten soziale Reformen und die Wiederaufrüstung der Marine zu finanzieren. Die Blockade dieses Vorhabens im Oberhaus zog das Parlamentsgesetz (Parliament Act) von 1911 nach sich, das die politische Macht des Oberhauses auf ein nur noch aufschiebendes Vetorecht in der Gesetzgebung reduzierte. 7.2.3 Die irische Frage Trotz der Katholikenemanzipation von 1829 setzten irische Nationalisten den Kampf um Selbstbestimmung oder Unabhängigkeit fort. Allerdings war die irische Nationalbewegung auch um die Mitte des 19. Jahrhunderts noch wenig ausgeprägt und außerdem in sich uneins. Es kam zwar hin und wieder zu Aufständen wie etwa dem von Young Ireland in Munster 1848, die aber alle rasch niedergeschlagen wurden. In den Jahren 1845 bis 1848 wurde Irland von einer verheerenden Hungersnot heimgesucht, der etwa eine Million Iren zum Opfer fielen, eine weitere Million wanderte aus, vor allem in die USA. 1858 wurde in Irland und von irischen Auswanderern in den USA die Fenier-Bewegung gegründet, ein Geheimbund, dessen Ziel die Errichtung einer unabhängigen irischen Republik war. Der Bund operierte in Irland und England und wurde aus den USA mit Geld und Waffen versorgt. Nach der Verhaftung führender Mitglieder und der Beschlagnahme ihrer Geldmittel durch die britischen Behörden 1865 war die Bewegung zunächst geschwächt, der von ihr 1867 initiierte Aufstand wurde rasch niedergeschlagen. Große Auswirkungen für Irland hatte bei den Unterhauswahlen 1874 die kurz zuvor eingeführte geheime Stimmabgabe: Viele von ihren englischen Gutsherren abhängige irische Pächter votierten nun für die oppositionelle Home Rule Association (Home Rule: ,,Selbstregierung"), die mehr als die Hälfte der irischen Mandate erhielt. Trotz dieses Erfolgs setzten die irischen Nationalisten ihren Widerstand gegen Großbritannien fort, sei es in Form von Arbeitsverweigerung gegenüber dem britischen Gutsverwalter Charles Boycott (1879) oder in Form des Mordes an den britischen Staatssekretären Cavendish und Burke (1882). Zwei Versuche des Premierministers William Gladstone, durch eine Home Rule Bill Irland Autonomie zu gewähren, scheiterten am Widerstand in Ulster und England (1886) bzw. im Oberhaus (1893). Es erfolgte eine weitere Radikalisierung der irischen Nationalbewegung, und es entstanden verschiedene Organisationen, deren wichtigste die 1905 gegründete Sinn Féin war. Ein neues HomeRule-Gesetz wurde wegen des Ausbruchs des 1. Weltkrieges zurückgezogen. 7.2.4 Das viktorianische britische Empire 7.2.4.1 ,,Politik der freien Hand" in splendid isolation Zwar schloss sich Großbritannien 1815 mit Österreich, Preußen und Russland zur Quadrupelallianz zusammen, doch begann es bald, sich aus dieser Form der Bündnispolitik zurückzuziehen und unter Beobachtung der europäischen Ereignisse eine ,,Politik der freien Hand" zu verfolgen. Je nach Interessenlage wurden Positionen bezogen und Zweckbündnisse mit anderen Mächten geschlossen. Die europäische Machtbasis des Königreiches war schmal und erforderte ein geschicktes Lavieren. Kriegerische Auseinandersetzungen mit anderen europäischen Mächten hätten den britischen Aufstieg nur stoppen können, so dass man sich bemühte, in keinen Krieg verwickelt zu werden. Mit der Durchsetzung der Unabhängigkeit Belgiens 1831 auf der Londoner Konferenz ( siehe Londoner Protokolle) wurde ein traditionelles Ziel britischer Außenpolitik - nämlich zu verhindern, dass die kontinentale Kanalküste unter die Kontrolle einer europäischen Großmacht geriet - auf diplomatischem Weg erreicht. Einzig am Krimkrieg (1854-1856) nahm Großbritannien teil, da es durch eine russische Kontrolle über die Meerengen zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer eigene Interessen bedroht sah. Ansonsten zog sich das Inselreich in die Rolle eines an der Wahrung des europäischen Gleichgewichts interessierten Beobachters zurück. Selbst die Einigung Italiens sowie Deutschlands, samt der sie begleitenden Kriege, wurden nicht als ernsthafte Bedrohungen angesehen, die eine militärische Einmischung erfordert hätten. Das Machtstreben des Deutschen Reiches bot aber schon bald Anlass, die britische Zurückhaltung aufzugeben. Während der Krieg-in-Sicht-Krise 1875 drohten Großbritannien und Russland, im Falle eines deutschen Präventivkrieges gegen Frankreich nicht - wie noch 1870 - neutral zu bleiben, sondern Frankreich zu unterstützen. Damit waren erstmals die Machtkonstellationen des 1. Weltkrieges vorgezeichnet. 7.2.4.2 Der britische Imperialismus War das Vereinigte Königreich in Europa auf die Vermeidung von kriegerischen Auseinandersetzungen bedacht, so war es in Übersee während dieser Zeit in Hunderte militärische Aktionen, meist allerdings von sehr begrenztem Ausmaß, verwickelt. Deren Schwerpunkt lag zunächst in Asien und Ozeanien, weil Afrika seit dem Sklavenhandelsverbot an Attraktivität eingebüßt hatte; um 1865 wurde sogar die Aufgabe der Kolonien Gambia, Sierra Leone und Goldküste erwogen. In Amerika hingegen erkannte Großbritannien die Vorherrschaft der USA an, um die eigenen Handelsinteressen nicht zu gefährden, und wahrte auch während des Amerikanischen Bürgerkrieges eine neutrale Position. Der Erwerb von Kolonien war zunächst in der Regel nicht im Rahmen eines planmäßigen Aufbaus eines Empire erfolgt, sondern eher zufällig, aus augenblicklichen Erfordernissen und Gelegenheiten heraus. Gründe hierfür konnten z. B. die Sicherung von Seehandelswegen oder - wie im Falle Hongkongs - die Öffnung von Märkten sein. Oft nahm die britische Regierung Eroberungen, die von britischen Funktionsträgern vor Ort (,,men on the spot") in eigener Regie oder durch militärische Aktionen zur Sicherung der eigenen Position getätigt worden waren, erst nachträglich förmlich in Besitz. Eine wichtige Rolle spielte die Mission, in der im 19. Jahrhundert nicht zuletzt die nichtanglikanischen Bewegungen ein neues Betätigungsfeld fanden. Oftmals waren Missionare die ersten Weißen, die mit der indigenen Bevölkerung in Kontakt kamen und deren Vertrauen gewannen, und die bald errichteten Missionsschulen brachten die heranwachsende Generation mit europäischer Kultur in Kontakt. In säkularisierter Form lebte der Missionsgedanke im stark vom Puritanismus geprägten britischen Sendungsbewusstsein fort, das im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts immer größeren Einfluss gewann. Es speiste sich aus der mit handfesten Machtinteressen durchaus zu vereinbarenden Überzeugung, Großbritannien sei berufen, der Welt Fortschritt und Zivilisation zu bringen. Die britische Weltmission wurde begründet, das Bild vom ,,Greater Britain" entworfen und eine planmäßige Expansion gefordert. Der Titel von Rudyard Kiplings Gedicht The White Man's Burden (,,Die Bürde des weißen Mannes") war bezeichnend für das Denken der Zeit. Asien Im Verlauf des 19. Jahrhunderts gelang die vollständige Eroberung Indiens, das nach Niederschlagung des Sepoy-Aufstands (1857-1859) und der Auflösung der Ostindischen Kompanie (1858) den Status eines Vizekönigreiches erhielt. Den seitdem vakanten Titel des Großmoguls nahm Viktoria 1877 mit dem Kaisertitel für den indischen Teil ihres Reiches auf. Indien war das Herzstück des zweiten britischen Empire, dessen Zentrum nunmehr im Osten lag. Das Land, in dem um 1900 etwa 300 Millionen Menschen und damit drei Viertel der Bevölkerung des Empire lebten, wurde zum Garant der britischen Weltmachtstellung, auch durch den Einsatz indischer und in Indien stationierter britischer Truppen in Asien und Afrika. Entsprechend bestimmend war die Sicherheit Indiens für die Außenpolitik des Vereinigten Königreiches, das - einem Ausspruch Benjamin Disraelis zufolge - eine ,,asiatische Macht" geworden war. China war nicht im gleichen Maße wie Indien Objekt der Kolonisation; hier konzentrierten sich die westlichen Mächte darauf, durch Handelsstützpunkte an der Küste das riesige Land als Handelspartner zu gewinnen und als Absatzmark zu erschließen. Zum Konflikt kam es, weil China nicht gewillt war, den westlichen Handelspartnern mehr als den Hafen von Kanton zu öffnen. Das chinesische Vorgehen gegen die illegale Einfuhr von Opium aus Indien nahm Großbritannien zum Anlass für den Opiumkrieg (1840-1842). Im Vertrag von Nanking, der den Krieg beendete, sicherte sich Großbritannien neben hohen Kriegsentschädigungen und der Abtretung Hongkongs Konzessionen für fünf weitere chinesische Häfen (siehe Vertragshäfen) und unterstellte die britischen Bürger in China britischer Rechtsprechung. Dieser Vertrag war der erste der ,,ungleichen Verträge", mit denen die europäischen Mächte die Öffnung Chinas für westliche Handelsinteressen erzwangen. Kanada In Kanada ließen die Spannungen zwischen französischen und britischen Siedlern die Entstehung starker Unabhängigkeitsbewegungen und in deren Folge eine Loslösung und Abwendung vom Mutterland befürchten. Bereits 1839 schlug der Gouverneur John George Durham die Schaffung eines halbsouveränen Staates vor, in dem nur noch die Außenpolitik vom Mutterland bestimmt würde. Diese Überlegungen bereiteten den Weg für die Schaffung des Dominion of Canada (1867) mit voller politischer Autonomie, dessen Status - Selbstbestimmung bei gleichzeitiger Verbundenheit zum Empire - richtungsweisend (zunächst) für die übrigen von Weißen besiedelten Kolonien wurde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielten Australien (1901), Neuseeland und Neufundland (1907) sowie die Südafrikanische Union (1910) den Dominion-Status. Afrika Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann sich das Interesse der europäischen Mächte erneut Afrika zuzuwenden. Hatte die Antisklavereibewegung dort einen zuvor wichtigen Wirtschaftsfaktor ausgeschaltet, so hatte sie andererseits diesen Kontinent wieder ins Blickfeld gerückt. Die großen Entdeckungsreisen, u. a. von David Livingstone, Heinrich Barth und Henry Morton Stanley, taten ein Übriges, weil durch sie erstmals das Landesinnere erforscht wurde und erschließbar erschien. Nun begann ein hektisches Abstecken von Interessen- und Einflusssphären, das bald in eine formale Inbesitznahme mündete (Scramble for Africa) und auch nach der Berliner AfrikaKonferenz 1884/85, auf der die europäischen Mächte, die USA und das Osmanische Reich ihre Machtbereiche in Afrika abgrenzten, immer wieder zu Konflikten führte. Großbritannien, das 1875 zur Sicherung des Seewegs nach Indien die äygptischen Anteile am Suezkanal gekauft hatte, besetzte 1882 Ägypten und verfolgte danach den Plan, ein zusammenhängendes Gebiet von Süd- bis Nord(ost)afrika zu erwerben. Nach Inbesitznahme von Somaliland, Betschuanaland, Kenia, Rhodesien und Uganda entbrannte 1899 im Sudan der Konflikt mit Frankreich (Faschodakrise), das ein ähnliches Ziel in West-Ost-Richtung verfolgte. Das französische Nachgeben hatte ein angloägyptisches Kondominium im Sudan zur Folge. Nachdem Großbritannien bereits 1814 die Kapprovinz besetzt hatte, gab es immer wieder Spannungen zwischen den britischen Siedlern und den Buren, die um die Jahrhundertmitte die Republiken Natal (seit 1843 britisch), Transvaal und Oranje-Freistaat gründeten. 1899 schließlich brach der Burenkrieg aus, der nach dem militärischen Sieg Großbritanniens in einen Guerillakrieg mündete. Schließlich zwang der britische Oberbefehlshaber Horatio Kitchener durch die Zerstörung von Farmen und die Internierung von Zivilisten in Konzentrationslagern die Buren zur Kapitulation. Im Frieden von Vereeniging (1902) wurden Transvaal und der Oranje-Freistaat britische Kolonien mit Selbstverwaltung. Mit einer Unterbrechung durch die deutsche Kolonie Deutsch-Ostafrika hatte Großbritannien das Ziel eines zusammenhängenden Herrschaftsgebiets ,,vom Kap bis Kairo" erreicht. Form der Kolonialherrschaft 1909 umfasste das britische Empire ein Fünftel der Erdoberfläche und fast ein Viertel der Weltbevölkerung, wovon noch nicht einmal jeder Zwölfte ein Einwohner des Mutterlandes war. Großbritannien hatte ein Kolonialreich zu verwalten, das fast das Hundertfache seiner eigenen Fläche aufwies. Trotz des 1854 geschaffenen Kolonialministeriums war das britische Empire weniger straff organisiert als die Kolonialreiche von Spaniern und Franzosen. Insbesondere gingen die Entscheidungen nicht einseitig und einheitlich von London aus, sondern sie wurden - pragmatisch und flexibel - im Dialog mit den Kolonialregierungen bzw. -verwaltungen und mit Rücksicht auf örtliche Besonderheiten getroffen. Die koloniale Verwaltung war äußerst effektiv. In Indien etwa, das im Empire aufgrund seiner Bedeutung neben den übrigen Kronkolonien und den Dominien einen Sonderstatus innehatte, verwalteten weniger als 2 000 Beamte ein unübersichtlich strukturiertes Land mit etwa 300 Millionen Menschen. Dies wäre ohne die Akzeptanz weiter Bevölkerungskreise und ohne die Kollaboration indigener Gruppen sowie regionaler Machthaber und Eliten nicht möglich gewesen. Das System der indirect rule (,,indirekte Herrschaft", eingeführt von Frederick Lugard) behielt überlieferte Macht- und Wirtschaftsstrukturen bei und band sie ins britische Herrschaftssystem ein. 7.2.4.3 Europäische Bündnispolitik vor dem 1. Weltkrieg In Folge der Gründung des Deutschen Reiches 1871 erwuchs auf dem europäischen Kontinent eine Hegemonialmacht, die das britische Konzept des Machtgleichgewichts gefährdete und darüber hinaus die britische Weltmachtstellung in Frage stellte. Denn Deutschland war zwar relativ spät in den Wettlauf um Afrika eingestiegen, bedrohte aber auch dort die Positionen der bereits etablierten Mächte. Die deutsch-britische Konfrontation verstärkte sich noch, als das Deutsche Reich nach Bismarcks Entlassung 1890 mit der Tirpitzschen Flottenpolitik massive Aufrüstung betrieb und damit den im Naval Defence Act von 1889 festgeschriebenen Two-Power-Standard zu verletzen drohte, demzufolge die britische Flotte stärker zu sein hatte als die zweit- und drittstärkste Seemacht zusammen, und mit dem Großbritannien seine Position als führende Seemacht zu sichern suchte. Auch Kaiser Wilhelm II. lieferte mit der Krügerdepesche (1896), der ,,Hunnenrede" (1900) und der Daily-Telegraph-Affäre (1908) regelmäßig Anlässe zu öffentlicher Erregung in Großbritannien. Weil ein Interessenausgleich mit dem Deutschen Reich nicht möglich schien, näherte sich Großbritannien anderen Großmächten an. 1904 erzielte Premierminister Arthur James Balfour mit der Entente Cordiale ein Einvernehmen mit Frankreich, das kein förmliches Bündnis darstellte, aber eine Antwort auf den Weltmachtanspruch des Deutschen Reiches sein sollte. Auch mit Russland kam es zu einer Einigung, so dass die Entente 1907 zur Tripelentente erweitert wurde, womit die Koalition gegen die Mittelmächte des 1. Weltkrieges, Deutschland und Österreich-Ungarn, stand. Dem um internationale Verständigung bemühten Eduard VII. (,,Peacemaker") gelang es durch einen Besuch bei seinem Neffen Wilhelm II. 1909 nur vorübergehend, die deutschen Bedenken aufgrund der britischen Annäherung an Frankreich und Russland zu zerstreuen. 7.3 Das Zeitalter der Weltkriege (1914-1945) 7.3.1 Der 1. Weltkrieg Als im August 1914 Deutschland zunächst Russland, dann Frankreich den Krieg erklärte, trat Großbritannien am 4. August in den Krieg gegen Deutschland ein - formal wegen der Verletzung der Neutralität Belgiens. Der 1. Weltkrieg wurde von Beginn an auf allen Seiten auch mittels einer ausgedehnten, den Gegner entmenschlichenden Propaganda geführt. Auf britischer Seite war die Darstellung der Deutschen als ,,Hunnen", inspiriert durch die ,,Hunnenrede" Wilhelms II., weit verbreitet. Die Antipathie der Briten gegen Deutschland führte 1917 unter Georg V. (1910-1936) zur Umbenennung des Königshauses von Sachsen-Coburg-Gotha - wie es seit der Eheschließung Viktorias mit Prinz Albert hieß - in Windsor. Zur Unterstützung Frankreichs entsandte Großbritannien ein Expeditionskorps, das im September 1914 in der Marneschlacht maßgeblich daran beteiligt war, den deutschen Vormarsch zum Stehen zu bringen. Bereits in den ersten Kriegsmonaten erstarrte der Bewegungskrieg an der deutsch-französischen Front von der Nordsee bis zu den Alpen zum Stellungskrieg mit nur geringen Frontverschiebungen während der folgenden vier Jahre. Selbst die großen Offensiven des Jahres 1916, die deutsche auf Verdun und die alliierte an der Somme, brachten keinen Durchbruch und so gut wie keinen Geländegewinn, obwohl beide Seiten immense Verluste zu verzeichnen hatten. Auch Großbritannien litt unter dem ,,Abnützungskrieg", in dem sich schließlich aufgrund der größeren Reserven an Menschen und Material ein Sieg der Alliierten abzeichnete. Die Kontrolle über die wichtigen Seehandelsrouten hatte sich Großbritannien bereits 1914 in der Schlacht bei den Falkland-Inseln gesichert, unter Vernichtung fast des gesamten deutschen Ostasiengeschwaders. Ein weiterer entscheidender Vorteil der Alliierten war die - durch das Völkerrecht nicht legitimierte - Seeblockade durch die britische Flotte, die das Deutsche Reich von den Rohstoffen der Welt abschnitt. Statt der auf deutscher Seite erwarteten Nahblockade seiner Häfen entschied sich Großbritannien für eine Fernblockade in Form der Abriegelung der Nordseeausgänge, auf die die deutsche Flotte nicht eingerichtet war. Als letztes Mittel nahm das Deutsche Reich 1917 den (ebenfalls völkerrechtswidrigen) uneingeschränkten U-Boot-Krieg wieder auf, der den Kriegseintritt der USA aufseiten der Alliierten provozierte, womit die Niederlage der Mittelmächte besiegelt war. Im Mai 1915 wurde Asquiths liberale Regierung zu einer großen Koalition aus Liberalen, Konservativen und einigen Labour-Abgeordneten erweitert. Lloyd George war als Minister für das Kriegsmaterial zuständig. Die andauernde Unzufriedenheit über ausbleibende Kriegserfolge führte jedoch schon bald zur Ablösung Asquiths durch Lloyd George, der im Dezember 1916 an die Spitze einer vorwiegend von Konservativen gebildeten Regierung trat. Den Sieg gegen Deutschland hatte Großbritannien teuer bezahlt: Es hatte 750 000 Tote und 2,5 Millionen Verwundete zu beklagen; 1918 betrug der Staatshaushalt das Dreizehnfache des Jahres 1913. Die Steuersätze waren auf das Fünffache und die gesamte Staatsverschuldung auf das Vierzehnfache der Vorkriegswerte angestiegen. Bei den USA war Großbritannien durch die Kriegskredite mit etwa einer Milliarde Pfund verschuldet. Großbritannien hatte mit dem Kriegsende Deutschland als weltpolitischen Rivalen abgeschüttelt. Aber obwohl es durch den Versailler Vertrag (1919) die meisten deutschen Kolonien übernahm, die vorderasiatischen Gebiete der Türkei als Völkerbundsmandate übertragen erhielt und das Empire seine bis dahin größte Ausdehnung erreichte, war das Land im weltpolitischen Kontext hinter die USA zurückgefallen. Da die USA sich wieder in eine auf Wahrung der eigenen Interessen reduzierte Beobachterposition zurückzogen und den Versailler Vertrag nicht unterzeichneten, sah sich Großbritannien in der Folgezeit als einzige vermittelnde Kraft zwischen Deutschland und Frankreich wieder stärker in europäische Belange verwickelt. 7.3.2 Innenpolitik in der Zwischenkriegszeit 7.3.2.1 Aufstieg der Labour Party Mit Ende des 1. Weltkrieges vollzog sich in Großbritannien eine grundlegende Umwälzung in der Parteienlandschaft, die von der Demokratisierung des Wahlrechts begünstigt wurde: Als Konsequenz aus der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht während des 1. Weltkrieges galt ab 1918 das allgemeine Männerwahlrecht ab 21 Jahren. Frauen über 30 Jahren, die den vorgeschriebenen Zensus erbrachten, erhielten ebenfalls das Wahlrecht (ab 1928 auch alle Frauen ab 21 Jahren, seit 1969 haben alle Frauen und Männer ab 18 Jahren das Wahlrecht; das Mehrstimmwahlrecht für Akademiker und Geschäftsleute bestand bis 1948). Obwohl die Liberalen seit 1905 regiert hatten und mit David Lloyd George den erfolgreichen Premierminister der Endphase des gewonnenen Krieges stellten, konnten beide Fraktionen der inzwischen gespaltenen Partei bei der Wahl, die im Dezember 1918 abgehalten wurde, den großen Erfolg der Konservativen nicht verhindern. Lloyd George, der zuvor eine Allparteien-Kriegskoalition geführt hatte, blieb zwar Premierminister, leitete nun aber eine von den Konservativen dominierte Koalitionsregierung. 1922 etablierte sich die von den Gewerkschaften beherrschte Labour Party als zweitstärkste Kraft und übernahm nun die Rolle der Liberalen als Gegenspieler der Konservativen, die ihrerseits für die längste Zeit des 20. Jahrhunderts zur beherrschenden politischen Kraft wurden. 1924 wurde mit Ramsay MacDonald, dem Führer der Labour Party, zum ersten Mal ein erklärter Sozialist Premierminister des Vereinigten Königreiches. Sein erstes Regierungskabinett, von der Unterstützung der Liberalen abhängig, hielt sich nur ein knappes Jahr; dann brachten erneute Neuwahlen die Konservativen unter Stanley Baldwin wieder an die Regierung. Forderungen der Bergleute, die durch eine Streikwelle u. a. mehr Rechte für die Arbeiter und die Verstaatlichung der Kohlenbergwerke durchsetzen wollten (1919-1922), kam die liberal geführte Regierung unter Lloyd George mit sozialpolitischen Maßnahmen entgegen, u. a. 1920 mit dem Arbeitslosenversicherungsgesetz. Die konservative Regierung unter Stanley Baldwin blieb dagegen 1926 gegenüber einem mehrmonatigen Bergarbeiterstreik gegen Lohnkürzungen, der durch einen neun Tage währenden Generalstreik unterstützt wurde, hart und verlängerte im Gegenteil die Arbeitszeiten und beschnitt im folgenden Jahr die Macht der Gewerkschaften. 7.3.2.2 Die Unabhängigkeit Irlands Die Rücknahme der eben erst erlassenen Home Rule Bill für Irland nach Ausbruch des 1. Weltkrieges ließ die angespannte Situation eskalieren und führte 1916 zum Dubliner Osteraufstand. Das britische Militär schlug den Aufstand zwar nieder, aber es entstand nun mit der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) eine neue, gut organisierte, bewaffnete Widerstandsbewegung, die sich regen Zulaufs erfreute. Bei der Wahl zum britischen Unterhaus 1918 eroberte die Sinn Féin die Mehrheit der irischen Mandate und löste die Home-Rule-Partei als stärkste politische Kraft ab. 1919 bildeten die irischen Unterhausabgeordneten ein eigenes irisches Parlament. Dieses Parlament erklärte die Unabhängigkeit Irlands und wählte Eamon de Valera (in Abwesenheit) zum Präsidenten einer Republik Irland. Die Nichtanerkennung der Unabhängigkeit durch Großbritannien gab den Anlass für die Eröffnung des Untergrundkrieges (Anglo-Irischer Krieg). 1921 schließlich einigten sich beide Seiten unter der Verhandlungsführung von Valera und Lloyd George auf einen Unabhängigkeitsvertrag, der am 7. Januar 1922 ratifiziert wurde. Danach erhielt der größere, überwiegend von Katholiken bewohnte Teil der Insel den Status eines unabhängigen Freistaates innerhalb Großbritanniens und später des Commonwealth. Der Verbleib der sechs überwiegend protestantischen Grafschaften der Provinz Ulster als Nordirland bei Großbritannien hielt aber weiterhin das Konfliktpotential der Irland-Frage offen. Schrittweise löste sich Irland endgültig von Großbritannien: 1937 gab sich das Land eine Verfassung; der Name des Staates wurde in das gälische Éire (englisch: Ireland) geändert, und das Land besaß nun ein eigenes Staatsoberhaupt. Erst nach dem 2. Weltkrieg, in dem Irland trotz seiner Zugehörigkeit zum Commonwealth neutral blieb, erkannte Großbritannien diese Verfassung an. 1949 schließlich erfolgte unter der Regierung John Aloysius Costello die Ausrufung der Republik Irland und der Austritt aus dem Commonwealth. 7.3.2.3 Weltwirtschaftskrise Als sich die wirtschaftliche Lage mit der beginnenden Weltwirtschaftskrise auch in Großbritannien verschlechterte, vollzogen die Wähler einen Schwenk von den Konservativen zu Labour, so dass MacDonald - diesmal mit Unterstützung der Liberalen - 1929 erneut eine Regierung bilden konnte. Allerdings war seine Regierung zunächst nicht in der Lage, der Krise Entscheidendes entgegenzusetzen. Im Verlauf von drei Jahren gingen sowohl die wirtschaftliche Aktivität als auch die Preise um ein Viertel zurück, und einige Industrien, wie etwa der Schiffsbau, brachen völlig zusammen. Die Regierung setzte den Goldstandard der britischen Währung aus, erhob Schutzzölle nach außen und bezuschusste den Wohnungsbau. Angesichts der hohen Arbeitslosenzahl - sie hatte sich bis 1933 auf drei Millionen fast verdoppelt - nahm der Staat mit dem Unemployment Act 1934 endgültig die Arbeitslosenunterstützung in die Hand. Nach einer schweren Wahlniederlage 1931 trat MacDonald gegen das Votum seiner Parteifreunde an die Spitze eines ,,Nationalen Kabinetts", das maßgeblich getragen wurde von den Konservativen unter Baldwin. 1935 übernahm erneut Baldwin die Regierungsgeschäfte. Unterdessen hatte sich das Land von der Weltwirtschaftskrise zu erholen begonnen, 1935 sank die Arbeitslosenzahl unter zwei Millionen, und 1936 begann sich die Wiederaufrüstung auf die Wirtschaft auszuwirken. Die wirtschaftliche Entwicklung motivierte den britischen Nationalökonomen John Maynard Keynes zu seinem nach dem 2. Weltkrieg einflussreichen Hauptwerk The General Theory of Employment, Interest and Money (1936; Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes). Trotz der aus der Wirtschaftslage resultierenden sozialen Probleme und Konflikte fanden Kommunismus und Nationalismus, die auf dem Kontinent teilweise zu den dominierenden Ideologien erstarkten, in Großbritannien wenig Zulauf. 7.3.2.4 Thronkrise 1936 Das gesellschaftliche Leben jener Zeit war geprägt von der Verbreitung des Radios (für das die 1927 gegründete BBC, die British Broadcasting Corporation, ein Monopol hatte) sowie des Kinos. Der Einfluss der Kirche ging zurück, das Ansehen der Monarchie blieb jedoch unter König Georg V. ungebrochen. Als dessen Sohn Eduard VIII., der 1936 den Thron bestieg, darauf bestand, eine bereits zweimal geschiedene Amerikanerin zu heiraten, sah er sich noch im selben Jahr zur Abdankung gezwungen. Unter der Regierung von Eduards Bruder Georg VI. (1936-1952) nahm die königliche Familie erneut Vorbildcharakter für die Nation an. 7.3.3 Empire und Commonwealth of Nations Nach dem 1. Weltkrieg drängten die Dominien, die etwa eine Million Soldaten - und dadurch gemeinsam mit Indien (1,5 Millionen) etwa ein Drittel der britischen Truppen - in einem Krieg gestellt hatten, der ohne ihre Mitbestimmung erklärt worden war, zunehmend auf außenpolitische Selbstbestimmung. Kanada, Australien, Neuseeland und Südafrika traten in Paris als eigenständige Unterzeichner der Friedensverträge auf und wurden Mitglieder des neu geschaffenen Völkerbundes. Als Großbritannien besonders von Südafrika und Irland gedrängt wurde, den Dominion-Status zu definieren, wurden nach einer unter Balfour ausgearbeiteten Erklärung die Dominien zu formal autonomen, faktisch souveränen Ländern erklärt, ,,geeint durch gemeinsame Treue zur Krone und freiwillig verbunden als Mitglieder des British Commonwealth of Nations". 1931 erhob das Westminster-Statut den britischen Verzicht auf legislative Kompetenzen in den Dominien zum Gesetz. In Indien eskalierten die langjährigen Konflikte zwischen indischem Unabhängigkeitsstreben und britischer Kolonialherrschaft 1919 im Amritsar-Massaker, bei dem Soldaten über 1 000 Demonstranten töteten. In der Folge trat Mohandas Gandhi an die Spitze der nationalen Unabhängigkeitsbewegung und rief zum gewaltlosen Widerstand auf, der sich vor allem im massenhaften Boykott britischer Behörden und Einrichtungen äußerte sowie die Brechung der britischen Monopole (Textilien, Salz) zum Ziel hatte. Neben politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen hatten das Amritsar-Massaker und die gewaltlose Reaktion vor allem auch zur Folge, dass das Dogma von der - auch moralischen - Überlegenheit der europäischen bzw. britischen Kultur unmissverständlich in Frage gestellt war, womit eine wichtige Rechtfertigung der Kolonialherrschaft wegfiel. In Afrika erhielt Großbritannien zusätzlich zu seinen Kolonien Tanganyika, Teile Kameruns und Ost-Togo als Mandatsgebiete des Völkerbundes. Ägypten wurde 1922 formal zum unabhängigen Königreich erklärt, allerdings sicherte sich Großbritannien hier eine ganze Reihe von Vorrechten. Erst 1936 wurde das Land im britisch-ägyptischen Vertrag faktisch unabhängig, aber es blieben auf weitere 20 Jahre britische Truppen in der Suezkanalzone stationiert. Mit dem Völkerbundsmandat über Palästina (1922-1948) übernahm Großbritannien die Verantwortung für die Regulierung eines brisanten Konflikts, in dessen Zentrum die Einlösung der Balfour-Deklaration und der Widerstand der einheimischen arabischen Bevölkerung gegen die Vereinnahmung Palästinas durch die Zionisten stand. In den zwanziger und - verstärkt durch die jüdische Emigration aus Deutschland - den dreißiger Jahren kam es zu zahlreichen Zusammenstößen zwischen ansässigen Arabern und immigrierten Juden und zur großen arabischen Revolte (1936-1939). 7.3.4 Außenpolitik: Von der Friedenspolitik zum Appeasement Großbritannien, vom 1. Weltkrieg in vielerlei Hinsicht stark zurückgeworfen, sah die Notwendigkeit, sich stärker für ein friedliches Europa einzusetzen, um die eigenen Interessen zu wahren. Hierzu zählte im Sinne einer Gleichgewichtspolitik ein wirtschaftlich und politisch handlungsfähiges Deutschland, wobei die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung des Bündnisses mit Frankreich den britischen Handlungsspielraum sehr einengte. Denn Frankreich plädierte zumindest in den ersten Nachkriegsjahren dafür, Deutschland möglichst schwach und handlungsunfähig zu halten. Im Verhältnis zur Sowjetunion bemühten sich besonders die Labour-Kabinette unter MacDonald um eine Normalisierung. 1924 erkannte Großbritannien die UdSSR an, und 1930 nahm es die seit 1927 ruhenden diplomatischen Beziehungen wieder auf. Eine führende Rolle spielte Großbritannien im Völkerbund, in dessen Rat das Land einen Sitz als ständiges Mitglied innehatte. Zur Befriedung größerer Konflikte erwies sich der Völkerbund, dem auch die Verwaltung der ehemaligen Kolonien bzw. die Vergabe von Mandaten über sie oblag, jedoch als unbrauchbar, da die Großmächte ihre Belange lieber selbst regelten. Bei den Abrüstungskonferenzen nach dem 1. Weltkrieg, wie etwa bei der Washingtoner Konferenz von 1921/22 und der Londoner Konferenz von 1930, die u. a. eine Begrenzung der Seestreitkräfte durchsetzten, gingen von Großbritannien entscheidende Initiativen aus. Die britische Politik gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland zielte zunächst auf Versöhnung durch Zugeständnisse. Neben dem Motiv der Friedenssicherung spielte dabei aber auch eine Rolle, dass Großbritannien die Deutschland im Versailler Vertrag auferlegten Sanktionen in einigen Punkten für überzogen und die deutschen Revisionsansprüche für teilweise legitim hielt. Misstrauen rief schließlich jedoch hervor, dass Adolf Hitler seine Erfolge, die ihm nicht zuletzt als Früchte der Außenpolitik der Weimarer Republik zugefallen waren, als dem Feind abgerungen feierte. Zwar sah sich Großbritannien durch die deutsche Aufrüstung veranlasst, seinerseits ab 1934 nachzuziehen; zugleich nahm es dem Versailler Vertrag zuwiderlaufende Aktionen wie die militärische Besetzung des Rheinlands 1936 hin. Die Politik des Appeasement geriet mehr und mehr zur Friedenssicherung um jeden Preis, selbst auf Kosten des europäischen Gleichgewichts. Mögliche Verbündete gegen das Deutsche Reich waren rar. Kurzzeitig gelang 1935 ein Bündnis mit Italien unter Mussolini; Frankreich fand nach dem Scheitern der Versailler Bestimmungen zu keiner überzeugenden Linie gegen Hitler. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 stimmte Premierminister Arthur Neville Chamberlain im selben Jahr im Münchner Abkommen auch der Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich zu. Als im März 1939 Hitler den gesamten tschechischen Teil der Tschechoslowakei sowie das Memelgebiet dem Deutschen Reich eingliederte und Forderungen an Polen stellte, war Großbritannien zum Krieg entschlossen und garantierte am 31. März vertraglich die Unabhängigkeit Polens. 7.3.5 Der 2. Weltkrieg Am 23. August 1939 sicherte sich das Deutsche Reich im Hitler-Stalin-Pakt die Neutralität der UdSSR im Kriegsfall. Der deutsche Einmarsch in Polen am 1. September 1939 provozierte die Kriegserklärungen Großbritanniens und Frankreichs und löste den 2. Weltkrieg aus. Deren an der deutsch-französischen Grenze überlegene Kräfte führten aber keinen Entlastungsangriff im Westen, sondern warteten (phony war, ,,Sitzkrieg") an der Maginot-Linie bis zum deutschen Angriff auf Frankreich am 10. Mai 1940. An diesem Tag löste der Appeasement-Gegner Winston Churchill an der Spitze eines Allparteien-Kriegskabinetts Chamberlain als Premierminister ab. Nach der Kapitulation Frankreichs im Juni 1940 stand das Vereinigte Königreich ein Jahr lang allein gegen das Deutsche Reich. Unter der Führung Churchills wurden alle Kräfte des Landes für den Krieg mobilisiert. In einer historischen Radioansprache schwor er die Briten auf eine Zeit von ,,Blut, Schweiß und Tränen" ein, die es durchzustehen gelte. Eine geplante deutsche Invasion Großbritanniens konnte zwar dank der Überlegenheit der britischen Luftwaffe vereitelt werden, jedoch wurden bei deutschen Luftangriffen große Teile Londons und anderer Städte zerstört und rund 60 000 britische Zivilisten getötet. Anfang des Jahres 1941 begannen die nach wie vor neutralen USA, das Vereinigte Königreich durch das Lend-Lease-System mit Kriegsmaterial zu unterstützen. 1941 nahm der Krieg mit dem deutschen Einmarsch in die Sowjetunion und dem Angriff Japans auf Pearl Harbor eine neue Dimension an. Churchill bildete mit dem sowjetischen Staatschef Jossif W. Stalin und US-Präsident Franklin D. Roosevelt eine ,,Große Allianz" gegen die Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan. Unmittelbar nach dem japanischen Angriff wurden weite Teile des britischen Empire in Südostasien von den Japanern besetzt. 1942 kam jedoch die Wende. Die Briten trugen dazu mit der Atlantikschlacht gegen die deutsche U-Boot-Flotte bei sowie durch den von General Bernard Montgomery geführten Nordafrikafeldzug gegen die dortigen deutschen Truppen. Die britische Luftwaffe, die bereits 1942 den 1 000-Bomber-Angriff auf Köln geflogen hatte, besaß ab 1944 gemeinsam mit der amerikanischen die Oberhand im Luftraum und konnte dank neuartiger Technik relativ ungefährdet auch über Deutschland operieren, so z. B. bei der Zerstörung Dresdens 1945. Britische Truppen waren massiv auch an der Invasion in Sizilien und Italien 1943 beteiligt sowie an der Landung in der Normandie 1944 und der endgültigen Niederwerfung der Achsenmächte 1945. Während des Krieges stand Churchill in ständigem Informationsaustausch mit Roosevelt, häufig fanden Treffen zwischen beiden statt. Mit dem zunehmenden Anteil der Sowjetunion am Kriegsverlauf verlor Churchill jedoch an bestimmendem Einfluss. Die maßgeblichen Entscheidungen auf den Konferenzen von Teheran (1943), Jalta (1945) und schließlich Potsdam (1945) wurden letztlich von Stalin und Roosevelt bzw. Harry S. Truman getroffen. Deutschland und Österreich wurden entsprechend dieser Beschlüsse zwischen den Siegermächten Frankreich, Großbritannien, UdSSR und USA in je vier Besatzungszonen aufgeteilt, die Hauptstädte Berlin und Wien von diesen Mächten gemeinsam verwaltet. 7.4 Großbritannien seit 1945 7.4.1 Die verlorene Weltmachtposition 7.4.1.1 Die Stellung Großbritanniens in der Welt nach 1945 Obwohl Großbritannien im 2. Weltkrieg entscheidend zum Sieg gegen die Achsenmächte beigetragen hatte, gelang es dem Königreich nach 1945 nicht, weiterhin gleichberechtigt mit den USA und der UdSSR im Konzert der ,,Großen Drei" mitzuspielen. Zwar erhielt das Land einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, und durch Produktion nuklearer Sprengköpfe wurde es zur Atommacht; in der bipolaren Welt des Kalten Krieges war Machtpolitik für Großbritannien jedoch nur noch als Juniorpartner der Vereinigten Staaten möglich. Das besondere Verhältnis (special relationship) zu den USA wurde daher eine Konstante der britischen Außenpolitik, die auch die zwiespältige Haltung in der Frage der eigenen Zugehörigkeit und Beziehung zu Europa prägte. Spätestens mit der Suezkrise (1956) hatte sich der Verlust der militärischen Machtposition Großbritanniens, das ohne oder sogar gegen die USA nicht mehr im großen Stil agieren konnte, offenbart. Durch den 1968 von Premierminister Harold Wilson eingeleiteten Rückzug aus allen militärischen Stützpunkten östlich von Suez gab Großbritannien endgültig den Anspruch auf, als Weltmacht zu agieren. Auch der Erfolg im Falklandkrieg (1982) änderte daran nichts. Umso mehr war das Land daher bemüht, in internationalen Konflikten eine wichtige Position an der Seite der USA einzunehmen, so u. a. im Rahmen eines multinationalen Militärverbandes gegen den Irak unter Aufsicht der Vereinten Nationen im Golfkrieg (1991). Als der Irak 1998 die Zusammenarbeit mit den UNO-Waffeninspektoren aufkündigte, folgten britischamerikanische Luftschläge gegen Bagdad. Auch im Konflikt mit Afghanistan nach den Terroranschlägen auf Pentagon und World Trade Center (2001) war Großbritannien erster Ansprechpartner der USA. 7.4.1.2 Großbritannien und Europa 1948 verbündete sich Großbritannien im Brüsseler Pakt mit Frankreich und den Beneluxstaaten. Dieser anfangs gegen Deutschland gerichtete Sicherheitspakt war ein Vorläufer der NATO und der eng mit dieser verbundenen Westeuropäischen Union (WEU). Das Feindbild Deutschland wich jedoch schnell dem Feindbild Sowjetunion, und britische Politiker gehörten zu den ersten, die die Gefahr eines ,,Eisernen Vorhangs" (Churchill im März 1946) durch Europa beschworen, und bereits während des 2. Weltkrieges war es Churchill gewesen, der sich in den Planungen für die Nachkriegszeit einer Ausweitung des sowjetischen Machtbereichs widersetzt hatte. Als Gründungsmitglied der NATO band sich Großbritannien 1949 mit anderen, vor allem westeuropäischen Staaten militärisch in ein Sicherheits- und Verteidigungsbündnis unter Führung der USA ein. In Deutschland war Großbritannien nach dem 2. Weltkrieg eine von vier Besatzungsmächten. Britische Versuche, die deutsche Teilung doch noch zu verhindern (1954/55, siehe Edenpläne), scheiterten am sowjetischen Widerstand. Ansätzen zur politischen Einigung Europas gegenüber hielt sich das Inselreich jedoch reserviert und setzte weiter auf das Commonwealth. Als schließlich aus wirtschaftlichen Zwängen heraus doch eine Mitgliedschaft in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) erwogen wurde, scheiterten die Verhandlungen 1963 am Veto Frankreichs durch de Gaulle. 1973 schließlich wurde Großbritannien Mitglied der Europäischen Gemeinschaft, behielt sich aber von Beginn an Sonderkonditionen vor und verfolgte Bemühungen zur weiteren Einigung - als Bedrohung staatlicher Souveränität - stets mit großem Misstrauen. Auch an der Einführung des Euro (1999) im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion nahm Großbritannien nicht teil. 7.4.1.3 Dekolonisation und Commonwealth Der 2. Weltkrieg hatte das Ende auch der britischen Kolonialzeit eingeläutet. Zu den für die Unabhängigkeit kämpfenden nationalen Bewegungen kamen nun finanzielle Schwierigkeiten im geschwächten Mutterland, und die seit 1945 wieder regierende Labour Party hatte schon vor dem Krieg demokratische Selbstbestimmung für die Kolonien gefordert. 1947 entließ Großbritannien mit dem Independence of India Act Indien und das von indischen Muslimen begründete Pakistan in die Unabhängigkeit; 1948 folgten Birma und Ceylon, und das Mandat in Palästina wurde aufgegeben. Mit der gleichzeitigen Aufnahme Indiens und Pakistans begann das Commonwealth of Nations, das bis dahin weißen Siedlungskolonien vorbehalten gewesen war, seine britische Prägung und Vormachtstellung zu verlieren und sich in eine dezentralisierte Vielvölkergemeinschaft auf freiwilliger Basis zu transformieren. Auch war der britische König bzw. seit 1952 Königin Elisabeth II. nicht mehr gemeinsames Staatsoberhaupt aller Mitglieder, die statt ,, Dominions" jetzt ,,Commonwealth countries" hießen. Fast alle in die Unabhängigkeit entlassenen Kolonien und einige weitere Staaten wurden Commonwealth-Mitglieder, nur wenige traten aus, z. B. Irland (1949) und Südafrika (1961, Wiedereintritt 1994). Mit der Suezkrise (1956) war auch das Ende der imperialen Herrschaft in Afrika abzusehen, und besonders die Regierung unter Harold Macmillan (1957-1963) verfolgte eine gezielte Politik der Dekolonisation und entließ, nachdem der Sudan bereits 1956 unabhängig geworden war, in den folgenden sieben Jahren zahlreiche weitere afrikanische Staaten in die Souveränität (Ghana, Nigeria, Somalia, Tansania, Sierra Leone, Uganda, Kenia), außerdem Malaysia, Zypern und Jamaika. Noch während sich die Bindungen des Empire lockerten, kamen Immigranten, vor allem von den Westindischen Inseln sowie aus Indien und Pakistan in großer Zahl ins Vereinigte Königreich, was zu Spannungen mit der britischen Bevölkerung führte. Die Regierung stellte die rechtliche Gleichstellung der Eingewanderten und ihrer Nachkommen sicher, schaffte zugleich schrittweise alle Privilegien für Bürger der Commonwealth-Staaten ab - einschließlich der zuvor garantierten Erlaubnis zum Zuzug nach Großbritannien - und gab so die Idee einer übergreifenden Einheit auf. Bis heute verläuft die Integration der etwa einen Million Farbigen nicht ohne Konflikte ab, wie beispielsweise die Unruhen in Oldham (2000) und Bradford (2001) zeigten. Im Vergleich zu anderen Kolonialmächten ist es Großbritannien gelungen, seine Kolonien ohne größere Befreiungs- oder Kolonialkriege in die Unabhängigkeit zu entlassen. Dem Commonwealth of Nations gehören heute 51 souveräne Staaten und einige abhängige Gebiete an. Bei letzteren handelt es sich um verstreute Stützpunkte (,,Konfetti des Empire"), von denen nach der vertragsgemäßen Rückgabe Hongkongs an China (1997) nur noch Gibraltar von politischer Bedeutung ist. Statt Botschaftern tauschen die Mitgliedsstaaten Hochkommissare aus. Zur Erörterung gemeinsamer Probleme finden regelmäßig Commonwealth-Konferenzen statt. 7.4.2 Politik und Gesellschaft 7.4.2.1 Vom Kriegsende bis zum EG-Beitritt (1945-1973) Mit London besaß Großbritannien zwar auch nach dem 2. Weltkrieg eine Finanzmetropole von ungebrochener Bedeutung, aber die wirtschaftliche Machtstellung des Landes war entscheidend vermindert. Durch den Krieg hatten sich die britischen Staatsschulden verdreifacht, wodurch das Vereinigte Königreich zum ersten Mal seit dem 18. Jahrhundert zu einer Schuldnernation geworden war. Das Auslaufen des Lend-Lease-Systems lange vor der Demobilisierung des Militärs und der Umstellung der Industrie auf Friedenszeiten machte die Beibehaltung von Maßnahmen aus der Kriegszeit notwendig. Die Nahrungsmittelrationierung wurde 1946 und 1947 strenger gehandhabt als während des Krieges. Die Labour-Regierung unter Clement Richard Attlee führte den zu Beginn des Jahrhunderts eingeleiteten Aufbau des Wohlfahrtsstaates forciert fort, so durch das Sozialversicherungsgesetz von 1946 und die Einrichtung des staatlichen Gesundheitswesens (National Health Service) 1948. Beide Maßnahmen griffen auf die Vorschläge des so genannten Beveridge-Reports von 1942 zurück und waren wie die Verstaatlichung der Bank von England, der Kohleindustrie, der Gas- und Stromversorgung, der Eisenbahn sowie der meisten Fluglinien relativ unumstritten, zumal die verstaatlichten Industrien autonom blieben und weder durch Bürokratie noch durch Arbeitnehmermitbestimmung in ihren wirtschaftlichen Entscheidungen eingeengt wurden. Die Verstaatlichung des Güterverkehrs sowie der Eisen- und Stahlindustrie stieß jedoch auf heftigen, wenn auch letztlich erfolglosen Widerstand der Konservativen. Bei den Parlamentswahlen von 1951 verlor die Labour-Regierung ihre Mehrheit; die Konservativen unter Churchill kehrten an die Macht zurück. Mit Ausnahme der Verstaatlichung der Eisen- und Stahlindustrie ließen sie das Reformwerk unangetastet. Die Senkung der Einkommensteuer und der Abbau von Sonderbestimmungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit hatten einen Boom im Wohnungsbau zur Folge, und auch der Außenhandel florierte. Die frühen fünfziger Jahre wurden so zu einer Phase wirtschaftlicher Konsolidierung. Während Churchills Regierungszeit bestieg mit Elisabeth II. eine noch junge Königin den Thron und zog anlässlich ihrer Krönung in London im Juni 1952 die Aufmerksamkeit der Welt auf sich. Churchill dagegen war unterdessen durch sein hohes Alter und seinen schlechten Gesundheitszustand in der Amtsführung beeinträchtigt; 1955 trat er zugunsten seines langjährigen Außenministers Anthony Eden als Premierminister zurück. Eden hatte seit zwei Jahrzehnten die britische Außenpolitik maßgeblich mitbestimmt und nicht zuletzt als Appeasement-Gegner und bei der politischen Formierung Westeuropas außenpolitisches Augenmaß bewiesen. Er trug allerdings maßgebliche Mitverantwortung an der Suezkrise, in deren Folge er 1957 zurücktreten musste. Sein Nachfolger Harold Macmillan führte die Regierung in einer Zeit auflebenden Wohlstands und Konsums. 1959 errangen die Konservativen unter ihm ihren dritten Wahlsieg in Folge. Um blutige Auseinandersetzungen im Zuge des Unabhängigkeitskampfes der britischen Kolonien zu vermeiden, betrieb Macmillan eine gezielte Entkolonialisierung. Er engagierte sich für die Lösung des Zypern-Problems, setzte im Ost-West-Konflikt auf Verhandlungen - u. a. 1959 mit einem Besuch bei Nikita Chruschtschow in Moskau - und wirkte am Zustandekommen des Vertrags über die Einstellung von Atomwaffenversuchen mit (1963). Seine Bemühungen um die Aufnahme Großbritanniens in die EWG scheiterten allerdings 1963 am Veto Frankreichs. Im selben Jahr trat er wegen der Profumo-Affäre zurück; sein Nachfolger wurde Alexander Douglas-Home. Die kurze wirtschaftliche Blüte der frühen fünfziger Jahre war abgeflaut, es zeigten sich strukturelle wirtschaftliche Schwächen. Das Britische Pfund verfiel, und seit Mitte der sechziger Jahre hatte das Land mit zweistelligen Inflationsraten zu kämpfen. In dieser Situation und unter Nachwirkung der Profumo-Affäre gelangte 1964 wieder die Labour Party unter Harold Wilson an die Regierung. Wilsons Versuche, mit Ausgabenreduzierung und Deflationspolitik die schwache Wirtschaft zu stärken, waren nur zum Teil erfolgreich. Seiner vermittelnden bzw. mäßigenden Position im Vietnamkrieg und gegenüber der weißen Minderheitsregierung in Rhodesien blieb der Erfolg versagt. 1970 erlangten die Konservativen unter dem Europaanhänger Edward Heath erneut die Regierungsmacht. In Heaths Amtszeit fiel die Umstellung der Währung auf das Dezimalsystem (1971) und der EG-Beitritt (1973), der zwei Jahre später im ersten landesweiten Referendum der britischen Geschichte von zwei Dritteln der Bevölkerung unterstützt wurde. Den wirtschaftlichen Problemen wurde seine auf ein langsames aber beständiges Wachstum ausgerichtete Strategie jedoch nicht gerecht. Darüber hinaus führten die Bestrebungen seiner Regierung, die Rechte der mächtigen Gewerkschaften zu beschneiden (1971), zu einer neuen Streikwelle; 1972 wurde mehr gestreikt als je zuvor seit dem Generalstreik von 1926. Als Heath sich mit vorzeitigen Neuwahlen 1974 direkt an die Bevölkerung wandte, um Unterstützung für seinen Kurs des Einfrierens von Löhnen und Preisen zu erhalten, kamen keine eindeutigen Mehrheiten zustande. 7.4.2.2 Der Nordirland-Konflikt Die Irland-Frage, durch den Verbleib des überwiegend protestantischen Nordirland bei Großbritannien offengehalten, produzierte den Nordirland-Konflikt, der zur Zeit der Heath-Regierung einen ersten dramatischen Höhepunkt erreichte. Seit den fünfziger Jahren hatte die katholische IRA mit Terror agiert, um eine Vereinigung des mehrheitlich protestantischen Nordens der Insel mit der Republik Irland zu erzwingen. Eine erste Eskalation des Konflikts, insbesondere auch von protestantischer Seite, führte 1969 zur Intervention der britischen Armee in Nordirland, was zunächst auch von der katholischen Bevölkerung begrüßt wurde. Die Lage verschärfte sich jedoch bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, und in Folge des Bloody Sunday 1972 übernahm die britische Regierung nach Auflösung des nordirischen Parlaments die direkte Regierungsgewalt in Nordirland. Trotz immer neuer Verhandlungen und der starken überkonfessionellen Friedensbewegung der Peace-People (deren Sprecherinnen Betty Williams und Mairéad Corrigan-Maguire 1977 den Friedensnobelpreis erhielten) kam es auch in den achtziger Jahren immer wieder zu Anschlägen sowohl der IRA wie auch protestantischer Untergrundbewegungen mit zahlreichen Toten und Verletzten. Erst die neunziger Jahre eröffneten die Aussicht auf eine friedliche Lösung des Konflikts. Nach ersten geheimen Kontakten der britischen und der irischen Regierung mit Vertretern der IRA und ihrem Angebot, die Sinn Féin bei Friedfertigkeit der IRA an Gesprächen über die Zukunft Nordirlands zu beteiligen, erklärte die Untergrundorganisation im August 1994 einen bedingungslosen Waffenstillstand, der ein Jahr lang hielt. Im September 1997 erzielte die Nordirland-Friedenskonferenz in Belfast einen Durchbruch auf dem Weg zu grundlegenden Allparteiengesprächen über Nordirland; kurz darauf kam es in Belfast zu Friedensgesprächen zwischen dem britischen Premierminister Tony Blair und dem Sinn-Féin-Führer Gerry Adams. Nach langen Verhandlungen einigten sich Vertreter der nordirischen Parteien am 10. April 1998 auf das so genannte Stormont-Abkommen (Karfreitags-Abkommen), das den seit Jahrzehnten andauernden Nordirland-Konflikt beenden sollte. Das aus den hierin festgelegten Wahlen hervorgegangene Nordirland-Parlament wählte den Protestanten David Trimble von der Ulster Unionist Party (UUP) zum Ersten Minister Nordirlands. Gemeinsam mit dem Katholiken John Hume (Social Democratic and Labour Party, SDLP) erhielt Trimble im selben Jahr den Friedensnobelpreis. Verzögerungen bei der Entwaffnung der IRA stellten sich als große Belastung des Friedensprozesses heraus, da die Entwaffnung von protestantischer Seite als Bedingung für die Aufnahme von Sinn Féin, des politischen Armes der IRA, in die Regierung gestellt wurde. Der Konflikt zwischen den protestantisch-unionistischen und den katholischen Parteien ließ den Friedensprozess stagnieren und veranlasste die britische Regierung mehrmals, die nordirische Regierung zu suspendieren, um jeweils die direkte Regierungsgewalt zu übernehmen, zuletzt im Oktober 2002. Aus den Neuwahlen der Regionalversammlung im November 2003 gingen die radikalen Parteien der beiden Lager, die protestantische Democratic Unionist Party (DUP) unter Ian Paisley und die katholische Sinn Féin unter Adams, als die stärksten Parteien hervor, was die Bildung einer nordirischen Regionalregierung vorerst unmöglich machte; sie scheiterte selbst dann noch, als 2005 die Entwaffnung der IRA abgeschlossen war und auch die britische Regierung ihre Verpflichtungen aus dem Stormont-Abkommen erfüllt hatte. Erst nach den Regionalwahlen im März 2007, bei denen DUP und Sinn Féin noch einmal hinzugewonnen hatten, und unter britischer und irischer Vermittlung kam im Mai 2007 wieder eine Regionalregierung zustande mit DUP und Sinn Féin als den führenden Kräften und Paisley als Erstem Minister. Nach viereinhalb Jahren übergab die britische Regierung nun die Regierungsgewalt wieder an die nordirische Regionalregierung. 7.4.2.3 Von Wilson zu Major (1974-1997) Bei den Unterhauswahlen 1974 kam es zu einem Wiederaufleben der Liberalen Partei, so dass über fünf Jahre eine Labour-Minderheitsregierung möglich war, zunächst erneut unter Harold Wilson. Außer durch den Nordirland-Konflikt war seine Regierung durch eine schwere Wirtschaftskrise belastet, nicht zuletzt dadurch mitbewirkt, dass alle gesetzlichen Beschränkungen bei Lohn- und Preissteigerungen aufgehoben wurden und die Inflationsrate 1975 mit 25 Prozent einen Höchststand erreichte. Nach Wilsons Rücktritt 1976 wurde sein Parteifreund James Callaghan Premierminister, dessen Regierung seit 1978 nicht nur von den Liberalen, sondern auch von der Scottish Nationalist Party (SNP) abhängig war. Diese Partei war Ausdruck eines in den siebziger Jahren wieder erwachten schottischen Nationalbewusstseins, aufgrund dessen Callaghan erwog, ein teilselbständiges schottisches Parlament mit Sitz in Edinburgh einzurichten. Da in einem 1979 durchgeführten Referendum jedoch nur 33 Prozent der schottischen Wähler diese Pläne unterstützten, wurde das Projekt fallen gelassen und erst 1999 unter der Regierung Blair realisiert. Der Winter 1978/79 war von Arbeiterunruhen geprägt, die Callaghans Anspruch, mit den Gewerkschaften erfolgreich verhandeln zu können, den Boden entzogen. Neuwahlen nach einem Misstrauensvotum brachten 1979 mit der Konservativen Margaret Thatcher erstmals eine Frau als Premierministerin an die Spitze Großbritanniens. Ihre Politik des radikalen wirtschaftlichen und politischen Liberalismus (siehe Thatcherismus) belebte zwar die Konjunktur, führte aber auch zu einem dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit und verschärfte die Kluft zwischen Arm und Reich. Mit dem Erfolg im Falklandkrieg 1982 als Bonus errangen die von der ,,Eisernen Lady" geführten Konservativen bei den Parlamentswahlen von 1983 einen überwältigenden Sieg. Ein wirtschaftlicher Boom seit 1982 sorgte für einen Anstieg des Lebensstandards und einen langsamen Rückgang der Arbeitslosigkeit, so dass Thatcher auch 1987 eine komfortable Mehrheit erhielt. Die von ihr betriebene Schwächung der Gewerkschaften, die in den siebziger Jahren zu einer Destabilisierung beigetragen hatten, stieß insgesamt auf eine breite Zustimmung. Nach innerparteilichen Auseinandersetzungen, besonders über ihre Steuer- und Sozialpolitik sowie ihre zögerliche Europapolitik, verlor Thatcher 1990 eine parteiinterne Kampfabstimmung und trat als Premierministerin und Parteichefin zurück. Ihre elfjährige Regierungszeit war die längste Amtszeit eines britischen Premiers seit den Napoleonischen Kriegen. Margaret Thatchers Nachfolger John Major führte die Wirtschaftspolitik seiner Vorgängerin im Wesentlichen fort. In traditionell enger Kooperation mit den USA beteiligte er Großbritannien zu Beginn seiner Regierungszeit im Rahmen der UNO am 2. Golfkrieg (1991). Er rückte jedoch vom strikten antieuropäischen Kurs Margaret Thatchers ab und spielte eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen zum Vertrag von Maastricht. Die Parlamentswahlen vom April 1992 bestätigten trotz wirtschaftlicher Rezession die Regierung Major, wenn auch die konservative Mehrheit im Unterhaus deutlich zusammengeschmolzen war. In der Folge mit einer ausufernden Finanzkrise konfrontiert, deren Auslöser die Abwertung des Britischen Pfundes innerhalb des Wechselkurssystems, hohe Inflation, Arbeitslosigkeit sowie eine landesweite Rezession waren, sank Majors Popularität auf den tiefsten Wert, den je ein britischer Premierminister bei Meinungsumfragen erzielt hatte. 7.4.2.4 Die Labour-Regierungen Blair und Brown Bei den Unterhauswahlen 1997 verloren die Konservativen erdrutschartig und der Labour-Vorsitzende Tony Blair löste Major als Regierungschef ab. In der Opposition hatte er seine als ,,New Labour" neu formierte Partei aus der Umklammerung durch die Gewerkschaften befreien können und verzichtete nun auf eine Rücknahme der wirtschaftspolitischen Grundentscheidungen der Thatcher-Major-Ära. Zu Beginn ihrer Amtszeit erledigte die Blair-Regierung zwei wichtige Restposten des Kolonialreiches: Entsprechend dem Vertrag von 1984 ging Hongkong als autonome Sonderverwaltungszone in die Souveränitat der Volksrepublik China über. Mit Spanien einigte sich Großbritannien im Juli 1998 über eine militärische Nutzung von Gibraltar im Rahmen der NATO. Dennoch blieb Gibraltar auch weiterhin der Felsen des Anstoßes im Verhältnis der beiden EU-Partner. Trotz Ankündigung eines europafreundlichen Kurses blieb auch Blair gegenüber der EU bei der traditionellen Zurückhaltung Großbritanniens und beteiligte Großbritannien 1999 nicht an der Einführung des Euro. Deutliche Akzente setzte die Blair-Regierung auf dem Gebiet der Verfassungsreform. 1999 wurde mit der Abschaffung der erblichen Peerswürde eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft des Oberhauses vorgenommen und ein weiteres Relikt der Adelsherrschaft abgestoßen. Schottland und Wales, Letzteres nur mit knapper Mehrheit, stimmten 1997 in Volksabstimmungen für die Einrichtung von Regionalparlamenten. Erste regionale Parlamentswahlen fanden 1999 statt; das schottische Parlament hat gesetzgebende Funktion, das walisische kontrolliert lediglich das Ministerium für Wales. Die im selben Jahr konstituierte Regionalregierung Nordirlands mit weit reichenden Autonomierechten suspendierte Blair jedoch wegen anwachsender Konflikte 2000 und 2001 mehrmals, jedoch jeweils nur vorübergehend. Als die IRA im Oktober 2001 tatsächlich ihre Entwaffnung eingeleitet hatte und somit das Haupthindernis auf dem Weg zu einer tragfähigen Friedenslösung für Nordirland beiseitegeräumt hatte, begann die Regierung Blair auch mit der Reduzierung ihrer seit den siebziger Jahren massiven Militärpräsenz in Nordirland. Trotz ungünstiger Ausgangsposition, vor allem in der durch Schweinepest, BSE und Maul-und-Klauenseuche arg gebeutelten britischen Landwirtschaft, wurde Blair bei den Parlamentswahlen im Juni 2001 bei geringen Verlusten gegenüber 1997 mit sehr komfortabler Mehrheit in seinem Amt bestätigt. Neben dem Friedensprozess in Nordirland und dem internationalen Kampf gegen den Terrorismus - wiederum eng an der Seite der USA - entwickelte sich der potentielle Beitritt Großbritanniens zur Eurozone zum bestimmenden Thema seiner zweiten Amtszeit. Im Irak-Konflikt stellte sich Blair trotz großen Widerstands in seiner eigenen Partei und im Kabinett uneingeschränkt hinter die USA und entschloss sich frühzeitig für eine aktive Beteiligung Großbritanniens am Irak-Krieg, auch ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates. Der Krieg wurde im Wesentlichen von den USA und Großbritannien geführt; Großbritannien stellte einen bedeutenden Teil der alliierten Truppen. Die Bevölkerung allerdings lehnte die Beteiligung Großbritanniens am Irak-Krieg mehrheitlich ab, und auch in der Labour Party gab es nicht wenige Abgeordnete, die den britischen Einsatz im Irak missbilligten. Insbesondere als nach dem Krieg offensichtlich wurde, dass die Informationen über vermeintliche Massenvernichtungswaffen, die sowohl von den USA als auch von Großbritannien als Begründung für ihren Kriegseinsatz herangezogen worden waren, falsch oder falsch interpretiert waren, wandte sich die Stimmung im Land mehr und mehr gegen die Regierung Blair. Aufgewogen wurde dieser Negativtrend durch die Wirtschaftspolitik der Regierung Blair, die dem Land ein lang anhaltendes, stabiles Wirtschaftswachstum mit den niedrigsten Arbeitslosenquoten seit Jahrzehnten bescherte. Dank der hervorragenden Wirtschaftslage und trotz des Irak-Krieges gelang Blair und seiner Labour Party bei den Parlamentswahlen im Mai 2005 ein historischer Wahlsieg: Zum ersten Mal in ihrer Geschichte gewann Labour die dritten Parlamentswahlen in Folge, und zwar mit der absoluten Mehrheit der Mandate (wenn auch mit großen Verlusten gegenüber 2001), und als zweiter Premierminister nach Margaret Thatcher wurde Blair zum dritten Mal in Folge ins Amt des Premierministers gewählt. Bei den Kommunalwahlen knapp ein Jahr später musste Labour jedoch eine schwere Niederlage hinnehmen: Gemessen am Stimmenanteil erreichte sie nur Platz drei hinter den Konservativen und den Liberaldemokraten. Grund waren verschiedene Affären und Pannen in der Regierung Blair und nicht zuletzt parteiinterne Auseinandersetzungen, vor allem um die Ablösung Blairs durch den Schatzkanzler Gordon Brown, die zwischen den beiden angeblich bereits bei ihrem Regierungsantritt 1997 vereinbart worden, mangels Blairs Bereitschaft zum Rücktritt aber noch immer nicht vollzogen war. In der Folge bildete Blair seine Regierung in einigen zentralen Positionen um; so wurde u. a. Außenminister Jack Straw durch die bisherige Umweltministerin Margaret Beckett ersetzt und Innenminister Charles Clarke durch den bisherigen Verteidigungsminister John Reid. Der schwindenden Akzeptanz von Labour und der Person Blair konnte damit jedoch nicht entgegengewirkt werden. Im Juni 2007 trat Blair nach zehn Jahren im Amt (so lange wie vor ihm kein Labour-Premierminister) zurück und übergab die Ämter des Parteivorsitzenden und des Premierministers vereinbarungsgemäß an Gordon Brown. Brown kündigte eine Neuausrichtung der Labour-Politik an; erstes Zeichen des Neuanfangs war eine tiefgreifende Umbildung des Kabinetts, in dem nun u. a. der erklärte Irak-Krieg-Gegner David Miliband das Amt des Außenministers übernahm, Jack Straw das Justizministerium, Alistair Darling das Amt des Schatzkanzlers und mit Jacqui Smith erstmals eine Frau das Innenministerium. 7.4.2.5 Die Situation des Königshauses Obwohl das britische Königtum im Verlauf der Geschichte des Landes und speziell des 20. Jahrhunderts mehr und mehr auf einen symbolischen Status reduziert wurde, ist seine Bedeutung nach wie vor nicht zu unterschätzen. Königin Elisabeth II. leistete in ihrer langen Amtszeit als Symbol für Einheit und Kontinuität und durch ihre zahlreichen Reisen in die Commonwealth-Staaten nicht zuletzt einen wichtigen Beitrag im Prozess des Übergangs vom Empire zum Commonwealth. Trotzdem wurde das Königtum Ende der neunziger Jahre zum Teil grundsätzlich in Frage gestellt, befördert auch durch familiäre Turbulenzen im Hause Windsor und private Affären des Thronfolgers Charles, die der Regenbogenpresse hohe Auflagen sicherten. Der Höhepunkt dieser Entwicklung, der tödliche Unfall Prinzessin Dianas und ihres Begleiters 1997 auf der Flucht vor ,,Paparazzi" in Paris, könnte einen Wendepunkt markiert haben. Um die Jahrtausendwende hat sich das Königshaus unter der seit einem halben Jahrhundert regierenden Elisabeth II. stärker der Öffentlichkeit zugewandt. Seit den neunziger Jahren zahlt die wohlhabendste Einwohnerin Großbritanniens, die Königin, sogar Einkommensteuer. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« Wild lebende Großsäugetiere sind Rothirsche und Rehe sowie die eingebürgerten Damhirsche, Sikahirsche, Wasserrehe und Muntjaks (die beiden letzteren in Südengland).Die früher heimischen Wölfe und Wildschweine wurden ausgerottet.

In Exmoor, auf den Shetland-Inseln und im New Forest gibt es halbwilde Ponys.

Insgesamt entsprichtdie Säugetierfauna Großbritanniens weitgehend derjenigen Mitteleuropas.

Das Eichhörnchen wird durch das ausgesetzte nordamerikanische Grauhörnchen verdrängt.

InSüdengland lebt das ebenfalls eingebürgerte Benett-Känguru; eine weitere ursprünglich nicht heimische Säugetierart ist der Mink, ein nordamerikanischer Verwandter desNerzes.

An den Küsten leben Seehunde und Kegelrobben. Die Britischen Inseln bieten zahlreichen Vögeln verschiedenartige Lebensräume, sie liegen im Zentrum eines Netzes von Vogelzugrouten.

Rund 200 Arten sind hier dasgesamte Jahr über heimisch, häufig sind (wie in Mitteleuropa) Amsel, Buchfink, Star und Haussperling.

Auf Grund der langen Küstenlinien sind zahlreiche Meeresvögelanzutreffen.

Dazu gehören Eistaucher, Sturmvögel, Sturmschwalben, Seeschwalben, Möwen, Enten, Kormorane, Krähenscharben, Papageitaucher, Trottellummen undTordalken.

In den Flussmündungsgebieten haben viele Enten, Gänse und andere Wasservögel ihr Winterquartier.

Die Reptilienfauna besteht aus Wald- und Zauneidechsen,Blindschleichen, Schlingnattern, Ringelnattern und Kreuzottern, an den Küsten erscheinen Meeresschildkröten.

Zahlreiche Fische fallen der Wasserverschmutzung zumOpfer; Speisefische werden vorwiegend von Fischfarmen geliefert.

Häufige Süßwasserfische sind Lachs, Forelle, Plötze, Flussbarsch und Hecht.

Zu den von Fischernangelandeten Meeresfischen gehören Kabeljau, Schellfisch, Scholle, Makrele und Hering. 3 BEVÖLKERUNG Großbritannien hat 60,9 Millionen Einwohner (2008).

Daraus ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von 252 Einwohnern pro Quadratkilometer.

Das jährlicheBevölkerungswachstum liegt durchschnittlich bei 0,3 Prozent.

Die mittlere Lebenserwartung beträgt für Männer 76,4 Jahre und für Frauen 81,5 Jahre (2008). Die Bevölkerung Englands macht 80 Prozent der Gesamtbevölkerung im Königreich aus, zugleich ist England mit einer durchschnittlichen Bevölkerungsdichte von384 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtesten besiedelte Teil des Gesamtstaates.

10 Prozent der britischen Bevölkerung sind Schotten, 4 Prozent sind Iren(Nordirland) und 2 Prozent sind Waliser.

Hinzu kommen 1 Prozent Inder und Angehörige anderer Volksgruppen (insgesamt 3 Prozent).

Die Angehörigen der ethnischenMinderheiten leben hauptsächlich in den städtischen und industriellen Ballungszentren Englands, besonders im Südosten und in den Midlands. Großbritannien ist unter den größeren Nationen der Welt einer der am stärksten verstädterten Staaten.

89 Prozent der Bevölkerung leben in Großstädten oder mittleren undkleinen Städten.

So konzentrieren sich ungefähr 40 Prozent der Bevölkerung Großbritanniens in den sieben großen städtischen und industriellen Ballungszentren der Insel.Diese erstrecken sich im Umfeld der Städte London, Manchester, Liverpool, Sheffield, Birmingham, Newcastle upon Tyne und Leeds.

Mit Ausnahme von London wuchsendiese Städte nach dem Beginn der industriellen Revolution zu bedeutenden Zentren der verarbeitenden Industrie, des Bergbaus oder des Handels heran.

Die Konzentrationvon zwei Dritteln der walisischen Bevölkerung in den Tälern im Süden und von drei Vierteln der schottischen Bevölkerung im zentralen schottischen Tiefland rund umGlasgow und Edinburgh hat ähnliche Gründe. 3.1 Wichtige Städte Hauptstadt, Regierungssitz und zugleich größte Stadt Großbritanniens ist London mit 7,5 Millionen Einwohnern (2006).

London ist zugleich die Hauptstadt von England.

Dieschottische Hauptstadt ist Edinburgh (449 000), die walisische ist Cardiff (305 000) und die nordirische ist Belfast (277 000).

Abgesehen vom schottischen Glasgow(579 000) liegen alle anderen Großstädte des Königreiches in England, darunter Birmingham (976 000), Leeds (716 000), Sheffield (513 000), Manchester (393 000) unddie Hafenstädte Liverpool (439 000) und Bristol (381 000). 3.2 Sprache Die Amtssprache Großbritanniens ist Englisch.

Als gesprochene Sprache ist das Englische jedoch keineswegs homogen.

Es gibt ausgeprägte regionale und lokale Dialekte,wenn auch die früher vorhandenen, über ein eigenes Vokabular verfügenden Dialektformen des Englischen bis heute viel von ihren Eigenheiten verloren haben.

Diekeltischen Sprachen der ursprünglichen Bevölkerung werden heute noch in Schottland und vor allem in Wales gesprochen.

In jüngster Zeit erlebten sie sogar eine ArtRenaissance, die mit dem Wiederaufkommen patriotischer Tendenzen in beiden Ländern in Verbindung steht.

In Wales sprechen etwa 19 Prozent der Einwohner Walisisch,das nach wie vor die Muttersprache der meisten Bewohner des Nordens und Westens von Wales ist.

In vielen Schulen ist neben Englisch auch Walisisch Unterrichtssprache.Auch das Fernsehen bietet ein walisischsprachiges Programm an.

Nach jahrzehntelangen Kampagnen der Nationalisten ist das Walisische nun seit 1993 neben EnglischAmtssprache.

In Schottland gibt es (vor allem auf den Hebriden) noch rund 80 000 Menschen, die Gälisch sprechen.

Auch in Nordirland wird Gälisch gesprochen, allerdingswird dies nicht gefördert. Siehe auch keltische Sprachen; Englisch; Schottisch; kornische Literatur; Drama; englische Literatur; gälische Literatur; irische Literatur, schottische Literatur; walisische Literatur 3.3 Religion Die Glaubensfreiheit wird im Vereinigten Königreich durch mehrere zwischen dem 17.

und frühen 20.

Jahrhundert verabschiedete Gesetze gewährleistet.

Seit dem18.

Jahrhundert spielt die Religion in der Politik des Staates kaum noch eine Rolle.

Allerdings wurden in Nordirland die politischen und kulturellen Gegensätze zwischen denNachfahren der ursprünglichen irischen Bevölkerung und der englischen und schottischen Siedler anhand des vordergründigen religiösen Gegensatzes offengelegt.

Diese inWahrheit ausschließlich politisch motivierten Konflikte entladen sich seit den siebziger Jahren des 20.

Jahrhunderts in Gewalttaten und terroristischen Akten vonkatholischen und protestantischen Gruppen ( siehe Nordirland-Konflikt).

Die Nachfahren der englischen und schottischen Einwanderer, welche die Bevölkerungsmehrheit in Nordirland stellen, sind fast ausschließlich protestantisch und befürworten den Verbleib Nordirlands beim Vereinigten Königreich.

Die ursprüngliche irische Bevölkerung istüberwiegend katholisch und mehrheitlich für den Anschluss an die Republik Irland. Im Vereinigten Königreich sind fast alle größeren Religionen der Welt vertreten.

Das Christentum stellt die weitaus größte Glaubensgemeinschaft dar.

Es gibt zweiStaatskirchen, die anglikanische Kirche (Church of England) und die presbyterianische schottische Staatskirche (Church of Scotland). Rund 57 Prozent der Bevölkerung gehören der anglikanischen Glaubensgemeinschaft an, die vor allem durch die Church of England vertreten wird, zu der jedoch auch die Church of Wales, die Scottish Episcopal Church und die Church of Ireland gehören.

1993 entschied die Jahressynode der anglikanischen Kirche, Frauen für das Priesteramt zuzulassen und beschwor damit für kurze Zeit die Gefahr einer Kirchenspaltung herauf.

Da sowohl Gläubige als auch Priester die Entscheidung ablehnten, kam es zu einem Kompromiss, der jedoch nichtverhindern konnte, dass im März 1994 anlässlich der Priesterweihe der ersten Priesterinnen 136 anglikanische Geistliche zum Katholizismus konvertierten.

Von der Church of Wales wurde die Frauenordination 1994 abgelehnt, von der Church of Scotland hingegen angenommen. 15 Prozent der Bevölkerung gehören anderen protestantischen Kirchen an (davon 4 Prozent der presbyterianischen Kirche).

Rund 13 Prozent der Gesamtbevölkerung imVereinigten Königreich sind römisch-katholisch (in Nordirland 25 Prozent) und 1 Prozent sind Methodisten.

Etwa 1,5 Prozent bekennen sich zum Islam, daneben gibt esgroße Hindu-, Sikh- und jüdische Gemeinden.

Die jüdische Gemeinde im Vereinigten Königreich zählt 300 000 Mitglieder und ist damit die zweitgrößte Europas.

Weiterhingibt es kleinere Gemeinden des Jainismus, des Zoroastrismus und des Bahaismus.

Die am stärksten anwachsenden Glaubensgemeinschaften des Königreiches sind derIslam und das evangelische Christentum.

Ein wachsender Prozentsatz der Bevölkerung bekennt sich zu keiner Religion und ist beispielsweise Mitglied in Körperschaften wieder British Humanist Association (Britische humanistische Gemeinschaft) und der National Secular Society (Nationale weltliche Gesellschaft). 3.4 Soziales. »

↓↓↓ APERÇU DU DOCUMENT ↓↓↓

Liens utiles