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Französische Literatur (Sprache & Litteratur).

Publié le 12/06/2013

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Französische Literatur (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG Französische Literatur, die in französischer Sprache verfasste Literatur, vornehmlich die Frankreichs und des französischsprachigen Belgien. Ausgehend von der geschichtlichen Entwicklung der französischen Sprache lassen sich dabei die Phasen der altfranzösischen (9. bis 14. Jahrhundert), der mittelfranzösischen (14. bis 16. Jahrhundert) und der neufranzösischen Literatur (seit dem 16. Jahrhundert) unterscheiden. Dazu zählt auch die französischsprachige Literatur der Schweiz (siehe schweizerische Literatur). 2 ALTFRANZÖSISCHE UND MITTELFRANZÖSISCHE LITERATUR Die französische Literaturtradition nimmt ihren Anfang in Reformversuchen Karls des Großen, die darauf abzielten, einer breiten Bevölkerungsschicht das Evangelium nahezubringen. Deshalb ließ Karl religiöse Schriften aus dem Lateinischen in die (romanische oder germanische) Volkssprache übertragen oder gab eigene Werke (Heiligenviten, also Legenden bzw. Hagiographien, Erbauungs- und Predigtliteratur etc.) in Auftrag. Beispiele für die beginnende volkssprachliche Tradition sind die Eulaliasequenz von 881, eine Schilderung der Passionsgeschichte Christi aus dem 10. Jahrhundert, das Leodegarlied (um 1000) und das Alexiuslied, das Mitte des 11. Jahrhunderts entstand. Zu den didaktischen Lehrstücken der Zeit gehört das Bestiarium des Philippe de Thaon. Darüber hinaus entstanden weltliche Werke wie Fabeln und Parabeln, die indes immer wieder an das christliche Erlösungsgeschehen anknüpften. In diesem Rahmen reflektiert die Heldenepik der Chanson de geste mit ihrem bedeutendsten Zeugnis, dem Rolandslied, den von Karl initiierten Aufstieg des Landes zur europäischen Großmacht, die juristische und soziale Struktur des Staates sowie dessen religiös begründete Mission während der Kreuzzüge. Neben Karl dem Großen, dem die Kreuzzugsdichtung, namentlich Jean Bodels Pèlerinage de Charlemagne bzw. Saisnes, vornehmlich galt, avancierten Wilhelm von Orange (Wilhelmsgeste) und Gottfried von Bouillon zu idealisierten Identifikationsgestalten. Seit Mitte des 12. Jahrhunderts sind altfranzösische Romane und Erzählungen in Versen überliefert, deren Zentralthemen das Leben bei Hofe und die ritterlich-distanzierte Minne sind. Dabei nutzten Werke wie der Roman de Thèbes und der Roman d'Enée aus der Antike überlieferte Stoffe (hier: von Publius Papinius Statius' Epos Thebias bzw. der Dichtung des Vergil), um sie in den neuen Kontext einzubetten, dem Zeitgeschmack anzupassen und so die Gattung des höfischen Romans (Roman courtois) zu begründen. Ähnlich verfuhren Benoît de Sainte-Maure (Roman de Troie, 1165) und Lambert le Tort (Roman d'Alexandre). Wichtiger als dieser Einfluss aber war das Gedankengut der keltischen Mythologie, das über Geoffrey von Monmouths Beschreibung der Artussage in seiner Historia regum Britanniae nach Frankreich kam. Des Weiteren wurden die Legendenkreise um Tristan (siehe Tristan und Isolde) und den Gral zentral. Chrétien de Troyes schuf aus dem Artus-Komplex eigenständige, teils ins Mystische überhöhte Werke wie Érec en Enide (um 1170), Lancelot und Le Chevalier de la Charrete (beide um 1177 bis 1181) sowie Le Roman de Perceval (vor 1190), der im 13. Jahrhundert Robert de Boron zu seiner eschatologisch-visionären Variante Le roman de l'estoire dou graal inspirierte. Dem Tristan-Stoff fühlten sich Bérol und Thomas d'Angleterre verpflichtet. Aus der beliebten Gattung belehrender Fabeln der Zeit ragt vor allem Le roman de Renart (zwischen 1175 und 1240) um die Tierfigur des Reinecke Fuchs heraus. Daneben dominierte in der Lyrik eine volkstümliche, heiter-unbeschwerte Dichtkunst, die vor allem Frühlingslieder (Reverdies), Tanzlieder (Rondeaux bzw. Virelais) und im Umkreis der Hirtenidylle spielende Liebeslieder (Pastourelles) hervorbrachte. Zudem etablierten sich die der Romanze verwandten, erzählerischen Chansons d'histoire bzw. Chansons de toille. Auch wurde an den Höfen des Nordens die Troubadourdichtung der provenzalischen Barden populär: Das Motiv der unglücklichen Liebe zwischen Ritter und höfischer Dame fand so weite Verbreitung und wurde in der Lyrik der Zeit vielfach variiert, so etwa bei Chrétien de Troyes, Gace Brulé, Blondel de Nesle oder Colin Muset. Conon de Béthune wurde zudem durch seine Kreuzlieder Chansons de croisade mit ihrer dichterischen Propagierung des Kreuzzugsgedankens bekannt. Das französische Drama entwickelte sich im 12. Jahrhundert im Rahmen der Liturgie und wurde zunächst noch - als dialogische Aufbereitung biblischer Szenen - im Kirchenraum, später dann auf einer Simultanbühne auf dem Kirchenvorplatz vorgetragen. Im Lauf der Zeit wurden auch Szenen weltlichen Charakters aufgenommen. Das älteste französische Mirakelspiel Jeu de Saint-Nicolas (um 1200) von Bodel mit seinen burlesken und realistischen Elementen etwa bedeutete einen ersten entscheidenden Schritt hin zur Befreiung des Theaters von seiner religiösen Einbindung. Im 12. und 13. Jahrhundert entfernte sich der Roman dann immer mehr vom höfischen Bereich hin zu orientalischen Situationen - Hintergrund waren auch hier die Kreuzzüge - oder exotisch-phantastischen Gefilden; Beispiele hierfür waren die anonymen Floire et Blancheflur (um 1160/1170) und Aucassin et Nicolette. Auch wurde die Werkkomposition komplexer, und die Prosa fand weit reichende Verwendung. Im Bereich der Dramatik wurde das Passionsspiel und - im 14. Jahrhundert dann - das Mysterienspiel gebräuchlich; als Wegbereiter gelten Arnoul und Simon Gréban. Einer der wichtigsten Dramatiker einer weltlichen, der griechischen Komödie verwandten Theaterform war Adam de la Halle mit Le jeu de Robin et de Marion (um 1283; Das Spiel um Robin und Marion) über Robin Hood, zudem ein Vorläufer der komischen Oper. Ende des 13. Jahrhunderts bildete sich im Umfeld eines erstarkenden Bürgertums eine realistisch-urbane Literaturtradition heraus, die mit der idealisiert-höfischen konkurrierte. Eine allegorische Auseinandersetzung mit dem Lebensgefühl des Mittelalters - und seinem Übergang vom höfischen zum bürgerlichen Ideal - stellt der zweite Teil des Roman de la Rose (erster Teil zwischen 1225 und 1240 von Guillaume de Lorris, zweiter Teil zwischen 1275 und 1280 von Jean de Meung) dar. In Lyrik und Dramatik traten verstärkt die Meistersinger auf. Auch wurden, etwa vom fahrenden Sänger Rutebeuf mit Das Mirakelspiel von Theophilus (um 1261), politische und soziale Missstände literarisch angegriffen. Überhaupt gab sich die Lyrik seit dem 14. Jahrhundert betont zeitkritisch; Beispiele hierfür sind die Werke Guillaume de Machauts, Christine de Pisans, Alain Chartiers oder Charles d'Orleans', Letztere vor dem Hintergrund des Hundertjährigen Krieges. Formal neigte die Dichtung zur - meist lehrhaften - Ballade. Im 15. Jahrhundert entstanden die Farce (La farce de Maistre Pierre Pathelin, um 1465) sowie die dramatische Gattung der Ständesatire Sotie mit ihrem herausragenden Vertreter Pierre Gringoire. Demgegenüber behielten die Moralités immer einen stärker religiös-moralisierenden Impuls. Auf dem Gebiet der Epik wurde die Ritterdichtung durch satirisch-skeptische Werke wie Cent nouvelles nouvelles (um 1462; Die hundert neuen Novellen) oder durch die deftig-bäuerliche Gattung des Fabliau verdrängt. Auch setzte sich die Prosaform nun endgültig durch. Ansonsten ragt François Villons Lyrik aus der Literaturproduktion des französischen Mittelalters heraus, der als abenteuerlicher Vagabund derb-erotischen Zynismus und opulenten Witz neben einfühlsame Weltbetrachtung stellte (Le grand testament, entstanden 1461; Das große Testament). 3 NEUFRANZÖSISCHE LITERATUR 3.1 Renaissance (16. Jahrhundert) Ende des 15. Jahrhunderts wirkte der Kontakt mit der italienischen Renaissance äußerst fruchtbar auf die Entwicklung der französischen Literatur. 1530 schuf Franz I. mit dem Collège de France einen Sammelpunkt für französische Humanisten, deren Auseinandersetzung mit den Schriftstellern der Antike die klassische Philologie in Frankreich begründete: Zahlreiche Texte von Plutarch, Euripides, Heliodor, Longos etc. wurden übersetzt. Auch erstellte man mehrsprachige Wörterbücher, die dazu beitrugen, das Französische als gleichwertige Literatursprache neben dem Lateinischen und dem Italienischen zu etablieren, wie es u. a. Jean Lemaire de Belges propagierte. Auch die erste Bibelübersetzung durch den Humanisten und katholischen Theologen Jakob Faber 1530 trug dazu bei und trieb die Reformation im Land voran. In der Folgezeit mussten viele Reformatoren das Land verlassen. Calvin verfasste mit seiner Institution de la religion chrétienne (1541) die erste theologische Schrift auf Französisch; der an italienischen Vorbildern und an der Antike orientierte Clément Marot schuf - neben einer hoch gerühmten Psalmenübersetzung - das erste französische Sonett. Darüber hinaus prägte sein Stil nachhaltig den Dichterkreis der Pléiade um Pierre de Ronsard und Joachim du Bellay, zu dem etwa É. Iodelle, R. Belleau und P. de Tyard gehörten. Er verhalf einerseits den antiken Gattungen von Tragödie, Komödie (Iodelles Eugène, 1552) und Epos (Ronsards La Franciade, 1572, geplant als neue Aeneis) in einer antikisierenden Art und Weise zu einer ersten Blüte, betonte darüber hinaus andererseits aber die Gleichwertigkeit des Französischen gegenüber den anderen Literatursprachen - und suchte sie mit seinen Werken zu illustrieren (Défense et illustration de la langue française, 1549). Im Umfeld der Lyoner Dichterschule mit ihrem an Petrarca geschulten Inventar an übersteigerten Liebesmotiven (siehe Petrarkismus) ist die Lyrik von Maurice Scève (Délie, objet de la plus haute vertu, 1544; Délie, Inbegriff allerhöchster Tugend) und von Louise Labé (Sonnetts, 1555; 24 Sonette) sowie das Werk des in der Nachfolge Ariostos schreibenden Philippe Desportes zu sehen. In der Prosa der Zeit orientierte sich Margarete von Navarra bei Heptaméron (herausgegeben 1559) an Boccaccios Novellenzyklus Decamerone. François Rabelais wiederum ließ sich für die sinnenfroh-überbordende Phantastik und den Wortwitz seiner von satirischer Gesellschafts- und Kirchenkritik durchsetzten Renaissanceromane um die Riesen Gargantua und Pantagruel (1532-1564) u. a. von der Tradition des Volksbuchs inspirieren. Darüber hinaus entstand eine ausgeprägte Memoirenliteratur, aus der die Werke von B. de Monluc und Pierre de Brantôme herausragen. Eine französische Poetologie des Dramas entwarf, ausgehend von Aristoteles und unter Bezugnahme auf den italienischen Humanisten Julius Caesar Scaliger (Poetices libri septem, 1561), J. de la Taille: Daran ausgerichtet waren etwa die Theaterstücke von Robert Garnier, A. de Montchrétien, J. Grévin und P. de Larivey. Die erste Staatstheorie in französischer Sprache schrieb Jean Bodin mit Les six livres de la république (1576; Sechs Bücher über den Staat); Michel de Montaigne begründete mit seinen formal wie inhaltlich innovativen Schriften eine erkenntniskritische, spielerisch ,,offene" Essay-Tradition (im Gegensatz zu der naturwissenschaftlich-eindeutigen Francis Bacons). 3.2 Vorklassik und Klassik (17. Jahrhundert) Bereits 1606 hatte der damalige Hofdichter François de Malherbe mit Commentaire sur Desportes eine auf Rationalität, kühle Intellektualität und sprachliche wie formale Klarheit abzielende Regelpoetik vorgelegt, die den Dichteridealen der Pléiade widersprach und zentrale Momente der an der Antike orientierten französischen Klassik vorwegnahm. Gegen diese objektive Kunstauffassung rebellierten im frühen 17. Jahrhundert zahlreiche Autoren wie Mathurin de Régnier und T. de Viau, sodass erst unter der absolutistischen Herrschaft Ludwigs XIV. in den sechziger Jahren die klassische Literatur in Frankreich endgültig zur Blüte gelangte. Dabei war die Ausbildung einer adeligen Salonkultur etwa in den literarischen Salons der Marquise de Rambouillet und der Madeleine de Scudéry von entscheidender Wichtigkeit, in denen sich, orientiert an den idyllischen Schäferromanen von H. d'Urfés L'Astrée (1607-1627) - eine Figur des Buchs gab dem Seladon seinen Namen - bis hin zu Madeleine de Scudérys Artamène ou le grand Cyrus (1649-1653), der galant-mondäne Geschmack der Zeit vorbereitete. Als Parodie dieser Romane entstand der burlesk-komische Roman in der Tradition des Schelmenromans spanischer Provenienz, der durch den ,,Blick von unten" eines sozial niedrig stehenden Protagonisten das höfische Leben fokussierte; dazu gehörten Vraie histoire comique de Francion (1623-1633; Wahrhaftige und lustige Historie vom Leben des Francion) von Charles Sorel, Le roman comique (1651-1657; Der Komödianten-Roman) von Paul Scarron, Le roman bourgeois (1666) von Antoine Furetière sowie die äußerlich am Muster des Schäferromans festhaltenden, ansonsten aber sozialkritischen Romane eines Cyrano de Bergerac. Philosophisch war René Descartes von Bedeutung, der in Discours de la méthode (1637; Abhandlungen über die Methode) - der ersten auf Französisch verfassten philosophischen Abhandlung überhaupt - die Vernunft als einzig mögliches kritisches Medium zur Erkenntnis von Wahrheit propagierte (1670 waren die Pensées sur la religion et sur quelques autres sujets, Gedanken zur Religion und zu einigen anderen Themen, des Philosophen Blaise Pascal von einer ähnlich klaren Gedankenführung und stilistischen Brillanz geprägt). Ein weiterer Schritt hin zur französischen Klassik war das von Kardinal Richelieu vorangetriebene Bestreben der 1634 gegründeten Académie française, die Regeln der französischen Sprache mit Hilfe eines Wörterbuches und einer verbindlichen Grammatik zu normieren. Stilistisch wurde der gehobene Sprachton (,,bon usage") der französischen Literatur durch Claude Vavre de Vaugelas' Remarques sur la langue française (1647) geprägt, was sich u. a. in der ausgeprägten Memoirenliteratur von Jean-François Paul de Retz, Louis de Saint-Simon u. a. sowie in der Korrespondenz der Zeit, etwa von G. de Balzac und Marquise de Sévigné, ablesen lässt. Den Höhepunkt klassischer Prosakunst markierte Marie-Madeleine de La Fayette mit ihrem Roman La princesse de Clèves (1678; Die Prinzessin von Clèves). Stark von der Essayistik Montaignes beeinflusst zeigt sich die analytisch-aphoristische Prosa der Moralisten, besonders die Réflexions ou sentences et maximes morales (1665; Betrachtungen oder moralische Sentenzen und Maximen) von François de La Rochefoucauld und Les caractères de Théophraste, traduit du grec, avec des caractères ou les mârs de ce siècle (1688; Die Charaktere oder die Sitten im Zeitalter Ludwigs XIV.) von Jean de La Bruyère. Von zentraler Bedeutung für das gesellschaftliche Leben der Zeit war vor allem die Dramatik, sodass sich hier die Neuerungen der Klassik am nachdrücklichsten niederschlugen. Dabei setzte sich etwa die von Aristoteles geforderte Einhaltung der drei Einheiten - Ort, Zeit und Handlung - allgemein durch. (Vorklassische Dramatiker wie Alexandre Hardy, Théophile de Viau und Honorat de Racan waren in ihren zumeist tragikomischen Stücken extrem sprunghaft verfahren.) Weitere Schriften zur Poetik des klassischen Dramas hatten Jean Chapelain und François Hédelin vorgelegt. Dabei standen Aspekte des sittlichen Anstands (,,bienséance") und der logischen Wahrhaftigkeit (,,vraisemblance") im Mittelpunkt der Diskussion. Nichtbeachtung wurde von der Literaturkritik sofort geahndet: Nachdem etwa Pierre Corneille mit Le Cid (1637; Der Cid) heftige Proteste wegen der ,,Regellosigkeit" des Stückes entfacht hatte, hielt er in Horace (1640; Horatius) oder Polyeucte martyr (1643; Polyeukt, der Märtyrer) die klassischen Vorgaben ein. Ein weiterer Vertreter der klassischen Dramatik Frankreichs war der an antiken Vorbildern wie Euripides geschulte Jean Racine, der etwa in der Tragödie Phèdre (1677; Phädra) den Untergang eines in seine Leidenschaften verstrickten Menschen darstellte. Für die Entwicklung der französischen Komödie des 17. Jahrhunderts war vor allem Molière wegweisend, der in Charakterdramen und Sittenstücken wie Le misanthrope (1666; Der Menschenfeind) und Le Malade imaginaire (1673; Der eingebildete Kranke) die vom gesunden Menschenverstand (dem ,,bon sens") abweichenden, allgemein menschlichen Schwächen wie Geiz, Hypochondrie etc. bloßstellte. Um eine Neubelebung der Fabelgattung machte sich vor allem Jean de La Fontaine verdient. Im Bereich der Lyrik stellte Nicolas Boileau-Despréaux' Abhandlung L'Art poétique (1674; Die Dichtkunst) die Forderungen der französischen Klassik nach Rationalität und Klarheit auch für die Dichtkunst zusammen, indem er sich auf Malherbes Ausführungen berief. Zehn Jahre später aber kam es bereits zum Streit zwischen den Vertretern der Klassik und jenen Autoren, die eine adäquate Antwort der Literatur auf den beginnenden sozialen, philosophischen, naturwissenschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel einklagten. Die als Querelle des anciens et des modernes bezeichnete Literaturfehde - ausgelöst wurde sie durch Charles Perraults Siècle de Louis le Grand (1687) - brachte viele Autoren dazu, ihr eigenes, am höfischen Modell orientiertes Schreiben neu zu überprüfen. Selbst in den Salons kam es nun auch zu mehr oder weniger offener Kritik am Absolutismus: Als solche wurde auch François de Fénelons Erziehungsroman Les aventures de Télémaque (1699; Die Erlebnisse des Telemach) gedeutet. Vor allem aber bildete sich ein historisches Bewusstsein aus, das die Möglichkeit einer Entwicklung des ästhetischen Geschmacks implizierte. Eine Abkehr vom Modell der Klassik bedeutete bereits Fénelons - allerdings erst 1716 erschienener - Lettre à l'Académie. Vorbereitend auf die Prinzipien der Aufklärung wirkten die antikirchlich-freigeistigen bzw. philosophischen Werke der kritischen Geschichtsschreibung eines Charles de SaintÉvremond und die Schriften von Bernard de Fontenelle, vor allem aber das Wörterbuch Dictionnaire historique et critique (1697, endgültige Fassung 1702; Historisches und kritisches Wörterbuch) von Pierre Bayle, der die Prinzipien von Skepsis bzw. Toleranz vertrat und offen atheistische Ansichten propagierte. 3.3 Aufklärung und Revolution (18. Jahrhundert) Das Zeitalter der Aufklärung stand unter dem Banner einer grundsätzlichen Infragestellung der überlieferten religiösen, moralischen, weltanschaulichen und staatlichen Systeme. Dabei wurde der Vernunftbegriff hinsichtlich seiner politischen Schlagkraft ausgeweitet: Rationalität war nicht länger - wie noch in der Klassik - ein rein formal bestimmter, d. h. ausschließlich formbestimmender, Aspekt, sondern wurde (etwa bei Voltaire) zur didaktischen Waffe gegen klerikalen oder staatlichen Machtmissbrauch. Dementsprechend wurde die Satire, oftmals in Form eines fiktiven Briefes, zum Medium der Anklage, so z. B. Charles de Secondat Montesquieus Lettres persanes (1721; Persische Briefe) und Voltaires Lettres philosophiques (1734; Philosophische Briefe). Modelle wie Empirismus und Materialismus hielten Einzug in die französische Philosophie, ebenso wie die Vorstellung eines auf Gewaltenteilung basierenden Staatsmodells. Wichtig wurde auch die Encyclopédie (1751-1780; siehe Enzyklopädie) der um Diderot und d'Alembert gruppierten Enzyklopädisten mit ihrem Anspruch, als Archiv des gesamten aktuellen Wissens zu fungieren. Der Glaube in die gesellschaftliche Tragkraft des ökonomischen und - damit verbunden - kulturellen und anthropologischen Fortschritts blieb ungebrochen bis zu den Ideen Jean-Jacques Rousseaus, die er in seinen Schriften Discours sur les sciences et les arts (1750; Über Kunst und Wissenschaft) und Discours sur l'origine et les fondements de l'inégalité parmi les hommes (1755; Über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen) niederlegte. Hinzu kam nach dem Tod Ludwigs XIV. eine Verlagerung des kulturellen Disputs vom höfischen Versailles zum städtischen Paris, wo sich neben zahlreichen Salons (etwa die von Madame de Tencin - der Mutter d'Alemberts -, Madame de Lespinasse und Madame d'Épinay) auch Cafés (Café Procope) und Clubs (Club de l'Entresol) als Foren zur Diskussion philosophischer, sozialer und literarischer Themen etablierten. Bedeutende Moralisten der Zeit waren Luc de Clapiers Vauvenargues, Antoine de Rivarol und Nicolas de Chamfort. Stilistisch war die französische Literatur der Aufklärung noch stark der Klassik verhaftet. Jedoch wandten sich bereits früh Autoren wie Antoine Houdar de la Motte, der Christian Fürchtegott Gellert beeinflusste, gegen die Bindung des Dramas an die Versform, gegen die aristotelischen Einheiten sowie gegen das aus der Antike bzw. aus der Mythologie stammende festgelegte Dramenpersonal. Prosper Jolyot de Crébillon, dessen Sohn Claude Prosper Jolyot de Crébillon (Crébillon fils) als Wegbereiter des analytischen Romans gilt, setzte bei seinen Horrordramen auf eine effektvolle Ausgestaltung seiner Theaterkunst, die der Forderung nach Klarheit während der klassischen Kunstperiode zuwiderlief. Vor allem die Komödien Alain-René Lesages (Turcaret, 1709) kritisierten dezidiert Bräuche und Gesellschaft ihrer Zeit. Ausgehend von Philippe Destouches machte Pierre Claude Nivelle de la Chaussée alltägliche Situationen zur Grundlage seiner auf moralisierende Konfliktbewältigung abzielenden, gegen die Regelpoetik rebellierenden Dramen (Comédie larmoyante). Eher an zwischenmenschlichen Befindlichkeiten denn an Gesellschaftsproblematik zeigte sich Pierre Carlet de Marivaux mit Le jeu de l'amour et du hasard (1730; Das Spiel von Liebe und Zufall) interessiert, auch wenn Letztere zumindest angedeutet wird. Ansonsten orientierte sich die Komödienform der Aufklärung noch stark an Molière. Beim Roman des 18. Jahrhunderts ersetzte ein verstärkter, oftmals pessimistisch kommentierter Zeitbezug der Handlung den arkadisch-idyllischen Fluchtraum der Schäferdichtung, auch wenn phantastische Elemente mit einfließen, so etwa in Lesages grandiosem Beitrag zur phantastischen Literatur Le diable boîteux (1707; Der hinkende Teufel) oder in Voltaires zynisch-pessimistischem Candide ou l'optimisme (1759; Candide oder der Optimismus). Betont gegenwartsnah und ansatzweise realistisch war etwa der Schelmenroman Histoire de Gil Blas de Santillane (1715-1735; Gil Blas von Santillana) von Lesage. Vermittelt durch die Briefromane Samuel Richardsons kamen verstärkt auch empfindsame, ,,irrationale" Züge in der französischen Literatur zum Tragen, so in Rousseaus Roman Julie ou la nouvelle Héloise (1761; Julie oder die neue Heloise) oder in seiner zwischen 1761 und 1770 entstandenen Autobiographie Confessiones (Bekenntnisse), aber auch in Jacques Henri Bernardin de Saint-Pierres Paul et Virginie (1788; Paul und Virginie) - Werke, die auf die Romantik ebenso vorauswiesen wie die von der Faszination am Bösen, der sexuellen Ausschweifung und den menschlichen Nachtseiten geprägte Prosa eines Marquis de Sade. Diderot wiederum entwickelte das französische bürgerliche Trauerspiel, begründete die französische Literaturkritik und schrieb philosophische, mit neuen Erzählverfahren experimentierende Romane. Auch im überaus einflussreichen Briefroman Les liaisons dangereuses (1782; Die gefährlichen Liebschaften) von Choderlos de Laclos diente die Beschreibung der indifferenten Adelsgesellschaft zur Kritik an der emotionalen und sozialen Verlogenheit des Ancien Régime. Gleiches gilt für Pierre Augustin Caron de Beaumarchais' La folle journée ou le mariage de Figaro (1784; Der tolle Tag oder Die Hochzeit des Figaro). Während der Zeit der Französischen Revolution war die Literatur Frankreichs - wie es auch die Künste generell waren - stark am Klassizismus ausgerichtet. Neben einer agitatorisch-hymnischen Dramatik eines Marie-Joseph Chénier und einer an der antiken Rhetorik um Cicero orientierten politischen Rede der großen Revolutionäre George Danton, Maximilien de Robespierre, Louis Antoine de Saint-Just oder Jean Paul Marat schrieb André-Marie Chénier eine stark rhythmisierende, sprachsensible Lyrik, die - ebenso wie die Naturbetrachtungen Jacques Henri Bernardin de Saint-Pierres - zahlreiche Tendenzen der Romantik antizipierte. 3.4 Romantik und Realismus (19. Jahrhundert) Anfang des 19. Jahrhunderts postulierte François René de Chateaubriand in Le génie du christianisme (1802; Der Geist des Christentums) in deutlicher Opposition zum aufklärerischen Vernunftdenken - und anhand seiner Deutung des Christentums - ein am Geniedenken orientiertes Ideal dichterischer Inspiration; dieser Aspekt kommt denn auch in Chateaubriands von Weltschmerz geprägtem melancholisch-schwermütigem Roman René (1802; René) zum Tragen. Madame de Staël wiederum, die unter Napoleon I. ins Ausland hatte fliehen müssen, machte durch ihr Buch De l'Allemagne (1810; Über Deutschland) die französischen Autoren mit der deutschen Literatur bekannt, indem sie deren dezidiert ,,romantische" Züge wie Subjektivierung, Gefühlsbetonung, Naturempfinden etc. hervorhob. Vor allem Chateaubriands Ansichten beeinflussten den autobiographisch gefärbten Briefroman Obermann (1804; Obermann) von Étienne Pivert de Senancour - eines der bedeutendsten Werke der französischen Frühromantik - sowie Adolphe (1816) von Benjamin Constant de Rebecque, der die Liebesbeziehung des Autors zu Madame de Staël reflektiert. Zur Jahreswende 1823/24 gründete Charles Nodier gemeinsam mit Mitarbeitern der Zeitschrift La Muse française die Dichtergruppe Cénacle und leitete damit die eigentliche Phase der französischen Romantik ein, die, ausgehend vom Zerfall der alten Ordnung, neue, antiklassische Maßstäbe auch in der Literaturproduktion zu finden suchte. Diese Umbruchstimmung schilderte eindringlich Alfred de Mussets Roman Confessions d'un enfant du siècle (1836; Beichte eines Kindes seiner Zeit). Eine zweite, ebenfalls Cénacle benannte Gruppierung entstand um 1827/28 unter Leitung von Victor Hugo: Ihr gehörten u. a. de Musset, Théophile Gautier, Prosper Mérimée, Gérard de Nerval, Alfred de Vigny, Eugène Delacroix und Charles-Augustin Sainte-Beuve an. In den Cénacles wurden die ästhetischen Programme der Bewegung diskutiert und festgesetzt. Deutlich wurde diese Abkehr von der Regelpoetik der Klassik etwa im Bereich des Dramas, wobei sich namentlich Victor Hugo in Préface de Cromwell (1827) deutlich für die Bühne als Mikrokosmos aussprach, auf der tragische und komische, ernste und burleske Elemente ineinanderfließen sollten - Vorbild war auch hier William Shakespeare. Angestrebt wurde ein realistisches, nicht länger idealtypisch argumentierendes Theater (wobei die Umsetzung allerdings bisweilen äußerst melodramatisch geriet). Hugos eigenes, mit den aristotelischen Vorgaben brechendes Drama Hernani ou l'Honneur Castillan (1830; Hernani oder die kastilische Ehre) wurde denn auch von Vertretern der klassischen Tradition als skandalös empfunden. Vor allem aber in der Lyrik - so in den mystisch-sensitiven Méditations poétiques (1820; Poetische Betrachtungen) Alphonse de Lamartines oder in den teils religiösvisionären, teils politisch-humanitären Ideengedichten Victor Hugos (Odes et ballades, 1826, Oden und Balladen; Les Orientales, 1829, Aus dem Morgenland; Les contemplations, 1856) - äußerte sich dieser neue Drang nach subjektiv-verinnerlichter, dabei immer auch philosophisch-engagierter Weltbetrachtung am deutlichsten. Dabei spielte die teils als unüberwindbar empfundene Entfremdung des Dichters von jeglicher sozialen Wirklichkeit eine entscheidende Rolle (Alfred de Vigny), wenn einige Schriftsteller sich der Erfahrung auch deutlich ironisch gegenüberstellten (Alfred de Musset). Teilweise Tendenzen des Symbolismus und des Surrealismus antizipierend, widmeten sich Aloysius Bertrand, der 1824 mit Junker Voland. Phantasien in der Art von Rembrandt und Callot die Gattung des Prosagedichts begründete, Philippe Auguste Graf von Villiers de L'Isle-Adam (Contes Cruels, 1883; Grausame Geschichten) und Gérard de Nerval (Aurélia, 1853; Aurélia oder Der Traum des Lebens) unter dem Eindruck der Lektüre E. T. A. Hoffmanns bzw. E. A. Poes den dunkel-unbewussten Seiten menschlicher Existenz und bereicherten die französische Literatur so durch phantastische Motive aus der Welt des Traums. So steuerten sie wichtige Beispiele zur schwarzen Romantik bei. Des Weiteren entstanden seit den zwanziger Jahren zahlreiche historische Romane in der Nachfolge Walter Scotts, die nicht nur als Fluchtbewegung im Sinn einer Mittelaltersehnsucht zu verstehen sind - ihr verschrieb sich nicht zuletzt Hugos Notre-Dame de Paris (1831-1833; Der Glöckner von Notre-Dame) -, sondern neben Anleihen beim Abenteuerroman z. B. in Alexandre Dumas' des Älteren Les trois mousquetaires (1844; Die drei Musketiere) oder Le comte de Monte-Cristo (1845/46; Der Graf von Monte Cristo) durchaus auch auf Zeitkritik abzielten; Tendenzen dieser Art sind ebenso etwa in Vignys Cinq-Mars von 1826 oder in Mérimées Chronique du règne de Charles IX. (1829; Chronik der Zeit Karls IX., auch Die Bartholomäusnacht) zu finden. Einen sozialkritisch angehauchten Abenteuerroman schuf Eugène Sue mit Le mystères de Paris (1842/43; Die Geheimnisse von Paris), dem ersten Fortsetzungsroman in der Zeitung. Darüber hinaus mündete der Versuch, Geschichte im Rahmen fiktiver Programme ,,authentisch" zu beschreiben, unmittelbar in den Realismus der vierziger Jahre, der lange Zeit parallel zur romantischen Bewegung existierte. Ansätze zu einer realistischen Schreibweise zeigten sich bereits bei Prosper Mérimée, auch wenn seine Novellistik noch stark exotistisch geprägt erscheint wie in Carmen (1845; Carmen). Hingegen war das Spätwerk von Victor Hugo (Les misérables, 1862; Die Elenden) und George Sand durch eine Hinwendung zur Gegenwart und - beeinflusst vom sozialistischen Katholizismus eines Félicité Robert de Lamennais und den frühsozialistischen Ideen von Louis de Rouvroy Saint-Simon, Charles Fourier oder Pierre Joseph Proudhon - einer Beschäftigung mit gesellschaftlicher Problematik geprägt. Ein klar distanziert-objektivierendes, dabei aber auch psychologischdurchdringendes Schreiben klagte Stendhal ein, der in Le rouge et le noir (1830; Rot und Schwarz) bereits den Erzählerduktus im Roman mit einem ,,Spiegel längs einer Landstraße" verglich und somit seine Widerspiegelungstheorie illustrierte. Honoré de Balzac endlich strebte an, mit seinem Romanzyklus der Comédie humaine (1842-1848; Die menschliche Komödie) einen Mikrokosmos der französischen Gesellschaft seit der Französischen Revolution aufzustellen, wobei die Darstellung nicht länger an einzelne soziale Schichten gebunden war. Auch Alphonse Daudet mit Les Contes du lundi (1873; Montagsgeschichten) und Eugène Fromentin mit Dominique (1863; Dominique) übernahmen Momente der realistischen Kunstauffassung. Gustave Flaubert schließlich erschloss mit Madame Bovary (1857; Madame Bovary), nicht zuletzt eine Kritik am romantischen Bewusstsein, der realistischen Literatur innovative Erzählverfahren und schlug so die Brücke zur literarischen Moderne. 3.5 Naturalismus, Parnassiens und Symbolismus (19. Jahrhundert) Ausgehend vom objektivistischen Ideal der von Auguste Comte propagierten Theorie des Positivismus und ihrer Anwendung in den Bereichen der Biologie (Charles Darwin) und der Soziologie (Hippolyte Taine), versuchte der französische Naturalismus zur Mitte des 19. Jahrhunderts, eine Abhängigkeit der menschlichen Existenz von determinierenden Lebensumständen (Milieu) und gesellschaftlichen Verhältnissen aufzuzeigen. Theoretisch untermauerte insbesondere Émile Zola das Konzept, indem er der Kunst vor allem eine möglichst genaue Darstellung der objektiven Gegebenheiten abverlangte (,,Die Kunst ist ein Stück Natur, gesehen durch ein Temperament") und die Formel ,,Kunst = Literatur - x" prägte. In seinem von Balzac und den Brüdern Goncourt inspirierten Romanzyklus Les Rougon-Macquart (1871-1893; Die RougonMacquart) machte Zola vornehmlich das Proletariat zum Gegenstand seiner literarischen, am naturwissenschaftlichen Experiment orientierten Schilderung ( Le roman expérimental, 1880; Der Experimentalroman). Ziel war, durch die Darstellung sozialer Missstände Voraussetzungen zu ihrer Beseitigung zu schaffen. Zolas Engagement gegen Armut und politische Unterdrückung zeigte sich beispielhaft auch in der Dreyfus-Affäre ( J'accuse, 1898). Auch das naturalistische, stark analytisch aufgebaute Drama übte Gesellschaftskritik, teils mit betont sozialistisch-revolutionärem Impuls, wie bei Henry François Becque, Jules Renard oder Octave Mirbeau. Damit stellte es sich in bewusste Opposition zur affirmativen Sittenkomödie eines Eugène Labiche oder eines Georges Feydeau. Einem naturalistischen Schreiben war auch Guy de Maupassant verpflichtet, der in seinem Werk die Novellenform effektiv zu nutzen wusste. Demgegenüber verschloss sich die Dichtungstheorie der so genannten École parnassienne - benannt nach der Anthologie Le parnasse contemporain (1866-1876), in der die Dichter der Gruppe ihre Lyrik publizierten - bewusst der Idee einer sozialen oder religiös-moralischen Funktionsbestimmung von Kunst und betonte stattdessen deren innere Eigengesetzlichkeit einer l'art pour l'art. Exemplarisch kam diese Auffassung in der artifiziellen, bereits ästhetizistischen Lyrik Théophile Gautiers, beispielsweise in Émaux et Camées (1852; Emaillen und Cameen) zum Ausdruck, der damit stilbildend für die Parnassiens, darunter Autoren wie Charles Marie Leconte de Lisle, José-Maria de Heredia, Léon Dierx, François Coppée, Sully Prudhomme, Catulle Mendès und Théodore de Banville, wurde. Auch die Hauptvertreter des französischen Symbolismus, Charles Baudelaire, Paul Verlaine und Stéphane Mallarmé, kamen kurzfristig mit der École parnassienne in Berührung. Vor allem in Baudelaires Idee einer zu bloßen Zeichen (,,une forêt de symboles") der eigenen Dichtung geronnenen Wirklichkeit, die zwecks eines Aufdeckens überraschender Bezüge und Entsprechungen (,,correspondances") neu zusammengesetzt werden müsse, klingen Ideen der Gruppe nach. Dabei ist der Versuch, durch Vieldeutigkeit, Hermetik, Analogiebildung, Klangassoziationen etc. neue Ebenen hinter der dinghaften Oberfläche aufzuzeigen, ein Wesenszug symbolistischer Dichtung. Damit lief sie dem Anspruch auf Abbildcharakter des naturalistischen Kunstwerks diametral entgegen: Theoretisch wie praktisch untermauerte dies etwa Paul Bourget mit seinem Roman Le disciple (1889; Der Schüler). Vor allem Paul Verlaine proklamierte eine Nähe der Lyrik zur Musik, um deren klanglichen Aspekt zu betonen (Art poétique, 1885). Arthur Rimbaud betonte in synästhetischen Bildkompositionen u. a. einen Zusammenhang von Vokal und Farbe (Le Bateau ivre, 1871, Das trunkene Schiff; Illuminations, 1886, Illuminationen), exemplarisch im Gedicht Sonnet des Voyelles. Weitere Lyriker des französischen Symbolismus waren Gustave Kahn, Henri de Régnier, Jules Laforgue, Francis Jammes und Jean Moréas. Das Prosagedicht Chants de Maldoror (1869; Die Gesänge des Maldoror) von Comte de Lautréamont beeinflusste später die Literatur des Surrealismus nachhaltig. Im Bereich der Dramatik versuchte Maurice Maeterlinck mit Les aveugles (1891; Die Blinden) eine visionäre Darstellung enträumlichter und entzeitlichter Innenwelten. JorisKarl Huysmans' Roman À rebours (1884; Gegen den Strich) mit seiner Betonung des Künstlichen avancierte zu einem Kultbuch des Ästhetizismus und der ,,Nervenkunst" der Décadence um 1900 (jedoch ist diese Position einer kultisch übersteigerten Idiosynkrasie hier - wie auch bei Anatol France - bereits ironisch gebrochen). Neben Elementen wie Satanismus (vorrangig bei Joséphin Péladan) und Okkultismus wurde zur Jahrhundertwende eine verstärkt exotistische Reiseliteratur populär: Zum bekanntesten Vertreter avancierte hierbei Pierre Loti mit seinen Romanen. Darüber hinaus entstand - in Opposition zu Naturalismus und Symbolismus gleichermaßen - eine nationalistische Bewegung (Action française) sowie eine mystisch-religiöse Literaturströmung mit dem Ziel konservativer Werteerneuerung im Sinn des Katholizismus (Renouveau catholique), wobei sich Letzterer neben einigen ,,konvertierten" Symbolisten (Jammes, Huysmans, Bourget) Autoren wie Paul Claudel, Charles Pierre Péguy und - allerdings später - Georges Bernanos (mit seinem zentralen Thema von Sünde und Gnade) anschlossen. 3.6 20. Jahrhundert Zu Beginn des 20. Jahrhunderts griff die französische Literatur die ästhetischen Modelle zu Ende des 19. Jahrhunderts wieder auf, um sie zu variieren oder zu modifizieren. So nahm André Gide mit den psychologisch nuancierten Romanen L'immoraliste (1902; Der Immoralist) und Les caves du vatican (1914; Die Verliese des Vatikan) symbolistische Tendenzen wieder auf und schuf zudem mit Les faux-monnayeurs (1925; Die Falschmünzer) eine experimentelle Romanform, die auf verschiedenen Ebenen Fiktion und Wirklichkeit spielerisch zueinander in Bezug treten ließ. Gides elitär-amoralische Geisteshaltung fand in den vierziger Jahren im Werk Henry de Montherlants eine Entsprechung. Angeregt von den Theorien Henri Bergsons beleuchtete Marcel Proust mit À la recherche du temps perdu (1913-1927; Auf der Suche nach der verlorenen Zeit) die tieferen Bewusstseinsschichten der Erinnerung seiner Hauptfigur und gestaltete zudem ein groß angelegtes Panorama der französischen Adelsgesellschaft vor ihrem Untergang. Den Sphären des absoluten Geistes suchte sich Paul Valéry zu nähern, der, vom Symbolismus Mallarmés geprägt, stilbildende Prosa wie La soirée avec Monsieur Teste (1895; Herr Teste) und bedeutende Lyrik wie in den Gedichtbänden La jeune parque (1917; Die junge Parze) oder Charmes (1921) verfasste. Die Sinnlosigkeit und die Brutalität des 1. Weltkrieges fanden vor allem in das Kriegstagebuch Le feu (1916; Das Feuer) des Pazifisten Henri Barbusse, in die Prosa Romain Rollands und in die reportageähnlichen Romane Roland Maurice Dorgelès' (Les croix de bois, 1919; Die hölzernen Kreuze) ihren Eingang. Des Weiteren schlug sich die Erfahrung eines durch die Erschütterung des Krieges zu Tage tretenden Werteverlustes und die Suche nach Neuorientierung vor allem in der antibürgerlichen Literaturauffassung des Pariser Dadaismus um Tristan Tzara und später des Surrealismus nieder, wobei Autoren wie Louis Aragon mit Le paysan de Paris (1926; Pariser Landleben), Paul Éluard mit Capitale de la doleur (1926; Hauptstadt der Schmerzen), André Breton mit Nadja (1928; Nadja) und Philippe Soupault von realistischen und naturalistischen Schreibweisen Abstand nahmen, um, orientiert an der Traumdeutung (1900) Sigmund Freuds, in einer Form ,,automatischen" Schreibens (écriture automatique) ohne Rückgriff auf intellektuelle Reflexion die unbewussten Tiefenschichten der (dichterischen) Existenz anschaulich werden zu lassen. Dabei entstand eine assoziativ-eigenwillige Bildlichkeit. Für die surrealistische Lyrik war Guillaume Apollinaire mit Alcools (1913; Alkohol) und Calligrammes (1918; Kalligramme), für die Dramatik etwa Roger Vitrac mit Victor ou les enfants au pouvoir (1930; Victor oder Die Kinder an der Macht) und Alfred Jarry mit seinem grotesk-phantastischen Theaterstück Ubu Roi (1896; König Ubu) beispielgebend. Eine vom Surrealismus ausgehende Poetologie des schockhaft-reinigenden Dramas entwickelte Antonin Artaud mit seiner Theorie eines rituellen Theaters der Grausamkeit. Neben avantgardistischen Experimenten, die über die zwanziger Jahre hinaus - vor allem in der Lyrik - von Bedeutung waren (so René Char, Henri Michaux, Saint-John Perse, Max Jacob, Pierre Reverdy und Robert Desnos), blieben zahlreiche traditionelle Erzählmodelle weiterhin lebendig. Zyklen von Gesellschafts- und Familienromanen nach dem Vorbild Balzacs und Zolas verfassten etwa Romain Rolland mit Jean-Christophe (1904-1912; Johann Christof), Georges Duhamel mit Vie et aventures de Salavin (1920-1932), Roger Martin du Gard mit Les Thibault (1922-1940; Die Thibaults) und Jules Romains mit Les hommes de bonne volonté (1932-1946; Die guten Willens sind). Auch die psychologische Romanform blieb bestehen, so etwa in Sidonie-Gabrielle Colettes Chéri (1920; Chéri), Raymond Radiguets Le diable au corps (1923; Den Teufel im Leib) und in Julien Greens Leviathan (1929; Leviathan), einem der großen Außenseiter der Literatur des 20. Jahrhunderts. Ausgeprägt regionalistisch sind die Romane Marcel Pagnols und die vom bäuerlichen Leben geprägten Werke der Gruppe des Populisme. Ein humanistisch-religiöser Aspekt hingegen bestimmte die Werke Courrier sud (1929; Südkurier) und Terre des hommes (1939; Wind, Sand und Sterne) von Antoine de Saint-Exupérys, der mit dem Kunstmärchen Le petit Prince (1943; Der kleine Prinz) einem breiteren Publikum bekannt wurde (,,Man sieht nur mit dem Herzen gut"), während Louis-Ferdinand Célines gänzlich eigenständiges, von Nihilismus und Misanthropie gekennzeichnetes OEuvre, wie in Voyage au bout de la nuit (1932; Reise ans Ende der Nacht), in einer syntaktisch wie grammatikalisch eigenwilligen Sprachlichkeit die Sinnlosigkeit menschlichen Daseins thematisierte. Mit der existentiell-metaphysischen Fragestellung seiner Romane übte André Malraux ( Les conquérants, 1928; Die Eroberer), der seine Teilnahme am Spanischen Bürgerkrieg in L'espoir (1938; Die Hoffnung) verarbeitete, auf die Schriftstellergeneration nach dem 2. Weltkrieg entscheidenden Einfluss aus. In der Dramatik der Zwischenkriegszeit herrschten die traditionellen Formen des psychologischen Theaters (Charles Vildrac) sowie des gesellschaftskritischen (Armand Salacrou) bzw. Ideendramas vor (Jules Romains). Betont avantgardistisch hingegen gab sich die Dramatik Jean Cocteaus, die, vom Dadaismus und vom Surrealismus herkommend, mit verschiedenen Stilelementen unterschiedlichster Kunstbereiche experimentierte. Von einer skeptischen Weltsicht zeugen die Theaterstücke Antigone (1946; Antigone) von Jean Anouilh und La guerre de Troie n'aura pas lieu (1935; Der trojanische Krieg findet nicht statt) von Jean Giraudoux, die - ebenso wie Gide und Cocteau - wieder verstärkt mythologische und biblische Themen auf die Bühne brachten. Bereits in den dreißiger Jahren hatten sich zahlreiche französische Schriftsteller - darunter Bernanos in Les grands cimetières sous la lune (1938; Die großen Friedhöfe unter dem Mond) - gegen den aufkommenden Faschismus gewandt. Während des 2. Weltkrieges avancierte die Literatur zur Waffe jener Autoren, die aufseiten der Résistance gegen die deutschen Besatzer kämpften, darunter Aragon, Éluard, Malraux, Albert Camus und Jean-Paul Sartre. Bedeutend wurde vor allem die agitatorische Lyrik Aragons und Éluards. Aber auch im Drama, so in Sartres Les mouches (1943; Die Fliegen), fand die Idee des politischen Widerstands ihren Ausdruck. Die Erfahrungen des Weltkrieges prägten den französischen Existentialismus, vor allem Camus' am Sisyphos-Mythos dargestellte Theorie des im Humanen aufgehobenen Absurden, die er in seinem Buch Le mythe de Sisyphe (1942; Der Mythos von Sisyphos) niederlegte, und Sartres essayistische Forderung nach einer sozial engagierten Literaturkonzeption (littérature engagée). Das existentialistische Modell, das auf je eigene Weise etwa in Camus' pessimistischen Romanen L'étranger (1942; Der Fremde) und La peste (1947; Die Pest) bzw. in Sartres Dramen Huis clos (1944; Bei geschlossenen Türen) und Les mains sales (1948; Die schmutzigen Hände) zum Tragen kommt, wurde von Simone de Beauvoir im Sinn eines feministischen Schreibens in ihrem patriarchatskritischen Werk Le deuxième sexe (1949; Das andere Geschlecht) variiert. Damit avancierte sie zum Vorbild von Autorinnen wie Hélène Cixous, Chantal Chawaf, Monique Wittig oder Christiane Rochefort. In den fünfziger Jahren versuchten sich die Autoren des Nouveau Roman, sich von den konventionellen Erzähltechniken der dreißiger und vierziger Jahre zu befreien. Dabei wurde die Stringenz der Handlung (ebenso wie die Identität des Protagonisten) als Reaktion auf eine zunehmend als disparat und komplex empfundene Wirklichkeit aufgehoben, und herkömmliche Gattungsmuster wurden im Sinn einer Dekonstruktion des Überlieferten spielerisch destruiert. Unter Rückgriff auf die Darstellungsmethode der Phänomenologie verzichteten Autoren wie Alain Robbe-Grillet mit Le voyeur (1955; Der Augenzeuge), Michel Butor mit L'Emploi du Temps (1956; Der Zeitplan), Nathalie Sarraute mit L'ère du soupçon (1957; Zeitalter des Argwohns), Marguerite Duras mit Moderato cantabile (1958; Moderato Cantabile) oder Claude Simon mit La route de Flandres (1960; Die Straße in Flandern) auf eine auktoriale Erzählhaltung oder tief greifende Psychologie und beschränkten sich auf eine minutiöse Beschreibung der bloßen Oberfläche. Weitere Vertreter des Nouveau Roman waren Robert Pinget, Jean Ricardou, Claude Ollier und Claude Mauriac. Dabei wurden Bedingungen und Rechtfertigungen des neuen, ,,offenen" Schreibens oftmals autoreflexiv ins Romanganze integriert. Diese Erzählstrategie übte auf Autoren wie Jean Cayrol und Jean-Marie le Clézio großen Einfluss aus. Radikalisiert wurden die Tendenzen des Nouveau Roman in den siebziger Jahren mit der völligen Auflösung des Textes in rudimentäre Partikel im Nouveau nouveau Roman. Betont experimentell gab sich auch die französische Nachkriegslyrik, so der sprachspielerische Spatialisme eines Pierre Garnier, wobei die Strömung des so genannten Lettrisme mit ihrer Betonung phonetischer und visueller Aspekte in Richtung konkrete Poesie verweist. Einen experimentellen Umgang mit der Form-Inhalt-Dialektik in Exercices de style (1949; Stilübungen) sowie mit dem klassischen Formenkanon in Cent mille milliards de poèmes (1961; Hunderttausend Milliarden Gedichte) kennzeichnet das Werk von Raymond Queneau, der zudem mit Zazie dans le métro (1959; Zazie in der Metro) einen - später von Louis Malle kongenial verfilmten - grotesk-absurden Roman vorlegte (auf ähnliche Weise spielte Georges Perec mit der Form). Parallel zum Roman entwickelte auch das französische Theater Verfahren, die in der Auflösung eines Sinnzusammenhangs beim dramatischen Geschehen mündeten. Der Dialog als handlungstragendes Element verlor im absurden Theater seine Bedeutung. Wichtige Vertreter dieser einflussreichen Strömung sind Eugène Ionesco mit La cantatrice chauve (1950; Die kahle Sängerin) und Les rhinocéros (1959; Die Nashörner), Jean Genet mit Les bonnes (1948; Die Zofen), Samuel Beckett mit En attendant Godot (1952, Warten auf Godot) und Fin de partie (1957; Endspiel) sowie Fernando Arrabal, Arthur Adamov, Jean Tardieu, Jacques Audiberti und Georges Schéhadé. Vorherrschend war monologisches Sprechen oder aber der absurde Dialog, der nicht selten - als Reflex auf die Erfahrung des 2. Weltkrieges - die Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins formulierte. Daneben existierten allerdings auch weiterhin Formen des konventionellen Dramas und des psychologischen (Marguerite Yourcenar, Michel Tournier), regionalistischen (Bernard Clavel, Maurice Genevoix), religiös-katholischen (Emmanuel, Luc Estang) und neonaturalistischen Romans (Hervé Bazin, Françoise Mallet-Joris). In den sechziger Jahren öffnete sich auch das absurde Theater unter der zunehmenden Rezeption der Stücke Bertolt Brechts einer sozialkritisch-politischen Dimension, wie die Stücke Adamovs und Arrabals belegen. Verstärkt wurde dieser Aspekt 1968 im Kontext der Studentenrevolte, was sich ebenfalls auf das französische Chanson von Jacques Prévert, Georges Brassens oder Jacques Brel sowie auf die zeitgenössische Lyrik von Daniel Biga, Franck Venaille, Lucien Francoeur, Patrice Delbourg etc.) niederschlug. Verstärkt wurden auch Reflexionen über das lyrische Selbstverständnis und erkenntnistheoretische Elemente Teil der oftmals hermetisch oder mystischphantastisch akzentuierten Dichtkunst eines Henri Michaux, René Char, Francis Ponge oder Yves Bonnefoy. In den sechziger Jahren gewann auch die an der Linguistik von Ferdinand de Saussure sowie an der Semiotik und am Strukturalismus um Jacques Lacan, Claude Lévi-Strauss, Michel Leiris und Michel Foucault ausgerichtete Literaturkritik, aufbauend auf den Studien von Georges Bataille, Gaston Bachelard und Maurice Blanchot, mit ihren Reflexionen über Sprache und ihrem teils marxistischen Impuls immer mehr an Einfluss auf die Entwicklung der französischen Literatur (Nouvelle critique). Maßgeblich waren u. a. Roland Barthes, Tzvetan Todorov, Lucien Goldmann und Julia Kristeva. Unter dem Einfluss des Poststrukturalismus stand die Anfang der siebziger Jahre einsetzende Phase der Nouvelle nouvelle critique um Hélène Cixous, die sprachliche Strukturen wieder innerhalb historischer Zusammenhänge und ideologischer Systeme analysierte. Damit öffnete sich auch die französische Literatur wieder einer subjektiveren und geschichtsbezogeneren Darstellungsweise. Auch die Vorstellung einer ,,Dekonstruktion" sprachlicher Sinneinheiten durch innovative Rezeptionsverfahren (Jacques Derrida) war hier nicht ohne Einfluss. Zu den international meistbeachteten französischen Romanautoren seit den siebziger Jahren zählen Patrick Modiano mit Rue des Boutiques Obscures (1978; Die Gasse der dunklen Läden), Jean Rouaud mit Les Champs d'honneur (1990; Die Felder der Ehre), Jean-Claude Izzo mit Total Kheops (1995; Total Cheops), Jean Echenoz mit Je m'en vais (1999; Ich gehe jetzt), Frédéric Beigbeder mit 99 francs (2001; Neununddreißigneunzig), Soazig Aaron mit Le NON de Klara (2002; Klaras NEIN) und Anna Gavalda mit Ensemble, c'est tout (2004; Zusammen ist man weniger allein). Zum erfolgreichsten, gleichzeitig aber umstrittensten zeitgenössischen französischen Schriftsteller avancierte Michel Houellebecq mit desillusionierten, provokanten Romanen wie Extension du domaine de la lutte (1994; Ausweitung der Kampfzone), Particules élémentaires (1998; Elementarteilchen) oder La possibilité d'une île (2005; Die Möglichkeit einer Insel). Verfasst von: Thomas Köster Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« Inbegriff allerhöchster Tugend ) und von Louise Labé ( Sonnetts, 1555; 24 Sonette ) sowie das Werk des in der Nachfolge Ariostos schreibenden Philippe Desportes zu sehen. In der Prosa der Zeit orientierte sich Margarete von Navarra bei Heptaméron (herausgegeben 1559) an Boccaccios Novellenzyklus Decamerone. François Rabelais wiederum ließ sich für die sinnenfroh-überbordende Phantastik und den Wortwitz seiner von satirischer Gesellschafts- und Kirchenkritik durchsetzten Renaissanceromane um dieRiesen Gargantua und Pantagruel (1532-1564) u.

a.

von der Tradition des Volksbuchs inspirieren.

Darüber hinaus entstand eine ausgeprägte Memoirenliteratur, aus der dieWerke von B.

de Monluc und Pierre de Brantôme herausragen.

Eine französische Poetologie des Dramas entwarf, ausgehend von Aristoteles und unter Bezugnahme auf denitalienischen Humanisten Julius Caesar Scaliger ( Poetices libri septem, 1561), J.

de la Taille: Daran ausgerichtet waren etwa die Theaterstücke von Robert Garnier, A.

de Montchrétien, J.

Grévin und P.

de Larivey.

Die erste Staatstheorie in französischer Sprache schrieb Jean Bodin mit Les six livres de la république (1576; Sechs Bücher über den Staat ); Michel de Montaigne begründete mit seinen formal wie inhaltlich innovativen Schriften eine erkenntniskritische, spielerisch „offene” Essay-Tradition (im Gegensatz zu der naturwissenschaftlich-eindeutigen Francis Bacons). 3.2 Vorklassik und Klassik (17.

Jahrhundert) Bereits 1606 hatte der damalige Hofdichter François de Malherbe mit Commentaire sur Desportes eine auf Rationalität, kühle Intellektualität und sprachliche wie formale Klarheit abzielende Regelpoetik vorgelegt, die den Dichteridealen der Pléiade widersprach und zentrale Momente der an der Antike orientierten französischen Klassikvorwegnahm.

Gegen diese objektive Kunstauffassung rebellierten im frühen 17.

Jahrhundert zahlreiche Autoren wie Mathurin de Régnier und T.

de Viau, sodass erst unterder absolutistischen Herrschaft Ludwigs XIV.

in den sechziger Jahren die klassische Literatur in Frankreich endgültig zur Blüte gelangte.

Dabei war die Ausbildung eineradeligen Salonkultur etwa in den literarischen Salons der Marquise de Rambouillet und der Madeleine de Scudéry von entscheidender Wichtigkeit, in denen sich, orientiertan den idyllischen Schäferromanen von H.

d’Urfés L’Astrée (1607-1627) – eine Figur des Buchs gab dem Seladon seinen Namen – bis hin zu Madeleine de Scudérys Artamène ou le grand Cyrus (1649-1653), der galant-mondäne Geschmack der Zeit vorbereitete.

Als Parodie dieser Romane entstand der burlesk-komische Roman in der Tradition des Schelmenromans spanischer Provenienz, der durch den „Blick von unten” eines sozial niedrig stehenden Protagonisten das höfische Leben fokussierte; dazugehörten Vraie histoire comique de Francion (1623-1633; Wahrhaftige und lustige Historie vom Leben des Francion ) von Charles Sorel, Le roman comique (1651-1657; Der Komödianten-Roman ) von Paul Scarron, Le roman bourgeois (1666) von Antoine Furetière sowie die äußerlich am Muster des Schäferromans festhaltenden, ansonsten aber sozialkritischen Romane eines Cyrano de Bergerac. Philosophisch war René Descartes von Bedeutung, der in Discours de la méthode (1637; Abhandlungen über die Methode ) – der ersten auf Französisch verfassten philosophischen Abhandlung überhaupt – die Vernunft als einzig mögliches kritisches Medium zur Erkenntnis von Wahrheit propagierte (1670 waren die Pensées sur la religion et sur quelques autres sujets, Gedanken zur Religion und zu einigen anderen Themen, des Philosophen Blaise Pascal von einer ähnlich klaren Gedankenführung und stilistischen Brillanz geprägt).

Ein weiterer Schritt hin zur französischen Klassik war das von Kardinal Richelieu vorangetriebene Bestreben der 1634 gegründeten Académiefrançaise, die Regeln der französischen Sprache mit Hilfe eines Wörterbuches und einer verbindlichen Grammatik zu normieren.

Stilistisch wurde der gehobene Sprachton(„bon usage”) der französischen Literatur durch Claude Vavre de Vaugelas’ Remarques sur la langue française (1647) geprägt, was sich u.

a.

in der ausgeprägten Memoirenliteratur von Jean-François Paul de Retz, Louis de Saint-Simon u.

a.

sowie in der Korrespondenz der Zeit, etwa von G.

de Balzac und Marquise de Sévigné, ablesenlässt.

Den Höhepunkt klassischer Prosakunst markierte Marie-Madeleine de La Fayette mit ihrem Roman La princesse de Clèves (1678; Die Prinzessin von Clèves ).

Stark von der Essayistik Montaignes beeinflusst zeigt sich die analytisch-aphoristische Prosa der Moralisten, besonders die Réflexions ou sentences et maximes morales (1665; Betrachtungen oder moralische Sentenzen und Maximen ) von François de La Rochefoucauld und Les caractères de Théophraste, traduit du grec, avec des caractères ou les mârs de ce siècle (1688; Die Charaktere oder die Sitten im Zeitalter Ludwigs XIV. ) von Jean de La Bruyère. Von zentraler Bedeutung für das gesellschaftliche Leben der Zeit war vor allem die Dramatik, sodass sich hier die Neuerungen der Klassik am nachdrücklichstenniederschlugen.

Dabei setzte sich etwa die von Aristoteles geforderte Einhaltung der drei Einheiten – Ort, Zeit und Handlung – allgemein durch.

(Vorklassische Dramatikerwie Alexandre Hardy, Théophile de Viau und Honorat de Racan waren in ihren zumeist tragikomischen Stücken extrem sprunghaft verfahren.) Weitere Schriften zur Poetikdes klassischen Dramas hatten Jean Chapelain und François Hédelin vorgelegt.

Dabei standen Aspekte des sittlichen Anstands („bienséance”) und der logischenWahrhaftigkeit („vraisemblance”) im Mittelpunkt der Diskussion.

Nichtbeachtung wurde von der Literaturkritik sofort geahndet: Nachdem etwa Pierre Corneille mit Le Cid (1637; Der Cid ) heftige Proteste wegen der „Regellosigkeit” des Stückes entfacht hatte, hielt er in Horace (1640; Horatius ) oder Polyeucte martyr (1643; Polyeukt, der Märtyrer ) die klassischen Vorgaben ein.

Ein weiterer Vertreter der klassischen Dramatik Frankreichs war der an antiken Vorbildern wie Euripides geschulte Jean Racine, der etwa in der Tragödie Phèdre (1677; Phädra ) den Untergang eines in seine Leidenschaften verstrickten Menschen darstellte.

Für die Entwicklung der französischen Komödie des 17.

Jahrhunderts war vor allem Molière wegweisend, der in Charakterdramen und Sittenstücken wie Le misanthrope (1666; Der Menschenfeind ) und Le Malade imaginaire (1673; Der eingebildete Kranke ) die vom gesunden Menschenverstand (dem „bon sens”) abweichenden, allgemein menschlichen Schwächen wie Geiz, Hypochondrie etc.

bloßstellte.

Um eine Neubelebung der Fabelgattung machte sich vor allem Jean de La Fontaine verdient. Im Bereich der Lyrik stellte Nicolas Boileau-Despréaux’ Abhandlung L’Art poétique (1674; Die Dichtkunst ) die Forderungen der französischen Klassik nach Rationalität und Klarheit auch für die Dichtkunst zusammen, indem er sich auf Malherbes Ausführungen berief.

Zehn Jahre später aber kam es bereits zum Streit zwischen den Vertreternder Klassik und jenen Autoren, die eine adäquate Antwort der Literatur auf den beginnenden sozialen, philosophischen, naturwissenschaftlichen und wirtschaftlichen Wandeleinklagten.

Die als Querelle des anciens et des modernes bezeichnete Literaturfehde – ausgelöst wurde sie durch Charles Perraults Siècle de Louis le Grand (1687) – brachte viele Autoren dazu, ihr eigenes, am höfischen Modell orientiertes Schreiben neu zu überprüfen.

Selbst in den Salons kam es nun auch zu mehr oder weniger offener Kritikam Absolutismus: Als solche wurde auch François de Fénelons Erziehungsroman Les aventures de Télémaque (1699; Die Erlebnisse des Telemach ) gedeutet.

Vor allem aber bildete sich ein historisches Bewusstsein aus, das die Möglichkeit einer Entwicklung des ästhetischen Geschmacks implizierte.

Eine Abkehr vom Modell der Klassik bedeutetebereits Fénelons – allerdings erst 1716 erschienener – Lettre à l’Académie . Vorbereitend auf die Prinzipien der Aufklärung wirkten die antikirchlich-freigeistigen bzw.

philosophischen Werke der kritischen Geschichtsschreibung eines Charles de Saint-Évremond und die Schriften von Bernard de Fontenelle, vor allem aber das Wörterbuch Dictionnaire historique et critique (1697, endgültige Fassung 1702; Historisches und kritisches Wörterbuch ) von Pierre Bayle, der die Prinzipien von Skepsis bzw.

Toleranz vertrat und offen atheistische Ansichten propagierte. 3.3 Aufklärung und Revolution (18.

Jahrhundert) Das Zeitalter der Aufklärung stand unter dem Banner einer grundsätzlichen Infragestellung der überlieferten religiösen, moralischen, weltanschaulichen und staatlichenSysteme.

Dabei wurde der Vernunftbegriff hinsichtlich seiner politischen Schlagkraft ausgeweitet: Rationalität war nicht länger – wie noch in der Klassik – ein rein formalbestimmter, d.

h.

ausschließlich formbestimmender, Aspekt, sondern wurde (etwa bei Voltaire) zur didaktischen Waffe gegen klerikalen oder staatlichen Machtmissbrauch.Dementsprechend wurde die Satire, oftmals in Form eines fiktiven Briefes, zum Medium der Anklage, so z.

B.

Charles de Secondat Montesquieus Lettres persanes (1721; Persische Briefe ) und Voltaires Lettres philosophiques (1734; Philosophische Briefe ).

Modelle wie Empirismus und Materialismus hielten Einzug in die französische Philosophie, ebenso wie die Vorstellung eines auf Gewaltenteilung basierenden Staatsmodells.

Wichtig wurde auch die Encyclopédie (1751-1780; siehe Enzyklopädie) der um Diderot und d’Alembert gruppierten Enzyklopädisten mit ihrem Anspruch, als Archiv des gesamten aktuellen Wissens zu fungieren.

Der Glaube in die gesellschaftlicheTragkraft des ökonomischen und – damit verbunden – kulturellen und anthropologischen Fortschritts blieb ungebrochen bis zu den Ideen Jean-Jacques Rousseaus, die er inseinen Schriften Discours sur les sciences et les arts (1750; Über Kunst und Wissenschaft ) und Discours sur l’origine et les fondements de l’inégalité parmi les hommes (1755; Über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen ) niederlegte.

Hinzu kam nach dem Tod Ludwigs XIV.

eine Verlagerung des kulturellen Disputs vom höfischen Versailles zum städtischen Paris, wo sich neben zahlreichen Salons (etwa die von Madame de Tencin – der Mutter d’Alemberts –, Madame deLespinasse und Madame d’Épinay) auch Cafés (Café Procope) und Clubs (Club de l’Entresol) als Foren zur Diskussion philosophischer, sozialer und literarischer Themen etablierten.

Bedeutende Moralisten der Zeit waren Luc de Clapiers Vauvenargues, Antoine de Rivarol und Nicolas de Chamfort.. »

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