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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne (Sprache & Litteratur).

Publié le 13/06/2013

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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne (Sprache & Litteratur). Im Spätwerk des Schweizer Erzählers und ehemaligen Pfarrers Jeremias Gotthelf finden sich Motive des Phantastischen in Verbindung mit Elementen des Aberglaubens. In der Novelle Die schwarze Spinne (1842) werden in einer geschickten (realistischen) Rahmen- und (phantastischen) Binnenhandlung Sagen und Mythen miteinander verwoben. Die Spinne, zentrale Figur eines Teufelspakts, stürzt zwei Bergbauerngenerationen ins Verderben. Erst als der Aberglaube überwunden ist, fürchtete man ,,die Spinne nicht mehr, denn man fürchtete Gott" (Konrad Nussbächer). Hier ein Abschnitt aus der Binnenhandlung, in der erklärt wird, wie die schwarze Spinne gefangen gehalten wurde. Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne Sie bohrte ein Loch in das Bystal, das ihr am nächsten lag zur rechten Hand, wenn sie bei der Wiege saß, rüstete einen Zapfen, der scharf ins Loch paßte, weihte ihn mit geheiligtem Wasser, legte einen Hammer zurecht und betete nun Tag und Nacht zu Gott um Kraft zur Tat. Aber manchmal war das Fleisch stärker als der Geist, und schwerer Schlaf drückte ihr die Augen zu, dann sah sie im Traume die Spinne, glotzend auf ihres Bübchens goldenen Locken, dann fuhr sie aus dem Traume, fuhr nach des Bübchen Locken. Dort war aber keine Spinne, ein Lächeln saß auf seinem Gesichtchen, wie Kindlein lächeln, wenn sie ihren Engel im Traume sehen; der Mutter aber glitzerten in allen Ecken der Spinne giftige Augen, und auf lange wich der Schlaf von ihr. So hatte sie auch einmal nach strengem Wachen der Schlaf überwältigt, und dicht umnachtete er sie. Da war es ihr, als stürze der fromme Priester, der in der Rettung ihres Kindleins gestorben, herbei aus weiten Räumen und rufe aus der Ferne her: ,,Weib, wache auf, der Feind ist da!" Dreimal rief er so, und erst beim drittenmal rang sie sich los aus des Schlafes engen Banden; aber wie sie die schweren Augenlider mühsam erhob, sah sie langsam, giftgeschwollen die Spinne schreiten übers Bettlein hinauf dem Gesichte ihres Bübchens zu. Da dachte sie an Gott und griff mit rascher Hand die Spinne. Da fuhren Feuerströme von derselben aus, der treuen Mutter durch Hand und Arm bis ins Herz hinein, aber Muttertreue und Mutterliebe drückten die Hand ihr zu, und zum Aushalten gab Gott die Kraft. Unter tausendfachen Todesschmerzen drückte sie mit der einen Hand die Spinne ins bereitete Loch, mit der andern den Zapfen davor und schlug mit dem Hammer ihn fest. Drinnen sauste und brauste es, wie wenn mit dem Meere die Wirbelwinde streiten, das Haus wankte in seinen Grundfesten, aber fest saß der Zapfen, gefangen blieb die Spinne. Die treue Mutter aber freute sich noch, daß sie ihre Kindlein gerettet, dankte Gott für seine Gnade, dann starb sie auch den gleichen Tod wie alle, aber ihre Muttertreue löschte die Schmerzen aus, und die Engel geleiteten ihre Seele zu Gottes Thron, wo alle Helden sind, die ihr Leben eingesetzt für andere, die für Gott und die Ihren alles gewagt. Nun war der schwarze Tod zu Ende. Ruhe und Leben kehrte ins Tal zurück. Die schwarze Spinne ward nicht mehr gesehen zur selben Zeit, denn sie saß in jenem Loche gefangen, wo sie jetzt noch sitzt. Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. Erzählung. Mit einem Nachwort von Konrad Nussbächer. Stuttgart 1981, S. 90-92. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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