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Buddhismus - Religion.

Publié le 17/06/2013

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Buddhismus - Religion. 1 EINLEITUNG Buddhismus, von Buddha Siddharta Gautama im 5. Jahrhundert v. Chr. gestiftete und nach ihm benannte Religion. Nach Christentum, Islam und Hinduismus ist der Buddhismus die viertgrößte Weltreligion. Im Lauf der Geschichte breitete er sich, ausgehend von seinem Ursprung im nördlichen Indien, in ganz Asien aus und prägte die Gesellschaften dieses Kontinents in allen politisch-kulturellen Dimensionen. Seit etwa 100 Jahren ist er auch in Amerika und Europa heimisch. Der Buddhismus ist die erste universale Religion der Menschheit und eine der ältesten Heilsreligionen überhaupt. Etwa 6 Prozent der Weltbevölkerung (rund 360 Millionen Menschen) sind Buddhisten. Sie gehören verschiedenen Richtungen an, die auch ,,Fahrzeuge" genannt werden, weil die Menschen durch sie den Fluss der Werdewelt auf das andere Ufer hin überqueren. 130 Millionen Buddhisten zählen zum so genannten kleinen Fahrzeug, 200 Millionen zum großen Fahrzeug und 30 Millionen zum diamantenen Fahrzeug. In Sri Lanka, Myanmar (Burma), Thailand, Laos, Kambodscha, Tibet und Bhutan ist der Buddhismus die dominierende Religion. Stark vertreten ist er in Japan, China, der Mongolei, Korea, Vietnam, Malaysia und Singapur. Der Buddhismus ist aber nicht nur eine Religion, er ist auch eine Philosophie, die eine in sich konsistente Erkenntnistheorie, Kosmologie und Anthropologie geschaffen hat. Zudem ist er eine Wissenschaft von den psychischen Prozessen und den Faktoren, die die Wahrnehmung und das Denken beeinflussen, sowie ein praktisches Meditationssystem, das durch unterschiedliche Methoden die Integration körperlicher und mentaler Vorgänge ermöglicht. Vor allem aber ist der Buddhismus ein Lebensweg, der alle Lebensbereiche erfassen, durchdringen und transformieren will. Sein Ziel ist die Befreiung aus den Fesseln der selbstverursachten körperlichen, psychischen und mental wirksamen Verstrickungen. Die Dreifache Zuflucht - auch die drei Kostbarkeiten, die drei Juwelen oder die drei Schätze genannt - stellt das grundlegende Bekenntnis der Zugehörigkeit zum Buddhismus dar. Es lautet: ,,Ich nehme Zuflucht zum Buddha, ich nehme Zuflucht zur Lehre (Dharma), ich nehme Zuflucht zur Gemeinschaft (Sangha)." Man wird formell zum Buddhisten, indem man die dreifache Zuflucht dreimal wiederholt. Das erste Juwel (Buddha) ist ein Titel und bedeutet ,,der Erleuchtete" oder ,,der Erwachte". Es ist der Ehrentitel des Stifters des Buddhismus, des historischen Buddha, der vor 2 500 Jahren als Siddharta Gautama auf die Welt kam. 2 SIDDHARTA GAUTAMA (BUDDHA) Als Lebenszeit von Siddharta Gautama wird heute etwa die Zeit von 450 bis 370 v. Chr. angenommen. Er wurde als Sohn eines Adeligen aus dem Geschlecht der Shakya in Nordindien geboren. Als Sohn des Regenten der Shakya-Republik von Kapilavastu, die unter der Oberhoheit des Königs von Koshala stand, verbrachte er eine unbeschwerte Jugend. Im Alter von 29 Jahren begann Siddharta Gautama das Leben eines wandernden Bettelmönchs zu führen. Sechs Jahre lang lebte er als strenger Asket, gab aber diese Lebensweise, da sie ihn nicht zur Befreiung führte, wieder auf. Eines Abends ging er nach Bodh-Gaya (früher Uruvela) und ließ sich unter einem Feigenbaum nieder, um zu meditieren. Dort erlangte er die Erleuchtung (Bodhi), durch die er zum Buddha wurde (siehe Bodhibaum). Nach mehrwöchiger Meditation entwickelte er die Lehre, die es ermöglicht, dem Leiden ein Ende zu setzen und Befreiung zu finden. Er ging anschließend zum Wildpark Ishipathana (auch Gazellenhain) in Sarnath bei Benares, traf dort auf fünf Bettelmönche, die Zeugen seiner früheren Kasteiungen waren, und hielt vor ihnen seine erste Predigt. Mit dieser Predigt von Benares setzte er das Rad der Lehre in Gang, sie war der Beginn der öffentlichen geistigen Lehrtätigkeit, die er 45 Jahre lang ausübte. Im Alter von 80 Jahren starb Gautama bei Kushinagari im Land der Mallas. Zum Leben Siddhartas existiert umfangreiches Quellenmaterial, das jede einzelne Station des künftigen Buddha (Bodhisattva) phantasiereich ausmalt und mit Motiven und Erzählkomplexen anreichert, die auch sonst in der Religionsgeschichte zur Verdeutlichung der besonderen Bedeutung von Stifterpersönlichkeiten eingesetzt werden. So wird die Geburtsgeschichte mythisch überhöht; legendäre Jugenderzählungen preisen die übernatürlichen Kräfte des jugendlichen Bodhisattva. Zu diesen Legenden gehört auch die berühmte Geschichte von den vier Ausfahrten des Fürstensohnes, der in der Erzählung als Prinz und Königssohn bezeichnet wird. Die Erzählung über das Erwachen bzw. die Erleuchtung wird mit den Erzählungen über die Versuchungen durch Mara ausgeschmückt, den Dämon, der sich dem Erwachen des meditierenden Gautama in den Weg stellt. Diese Motive werden ihrerseits zu einem beliebten Thema der buddhistischen Kunst und Frömmigkeit. 3 BUDDHAS UND BODHISATTVAS Im frühen Buddhismus war Siddharta Gautama lediglich der irdische Lehrer des Dharma. Im Mahayana hingegen wurde er als gleich-ewig mit dem Dharma betrachtet. Demnach war der Buddha, der überirdisch schon immer existiert hatte, auf Grund seiner Barmherzigkeit als Lehrer auf der Erde erschienen, um die unwissenden Menschen zu befreien: Eine Konzeption, die ursprünglich wohl nur seine herausragende Bedeutung für alle Lebewesen unterstreichen sollte, wurde immer mehr zu einer Frage der Bestimmung des universalen und ewigen Wesens, das in dieser Weltperiode als Buddha aus dem Geschlecht der Shakyas erschienen war. Auf diese Weise entstand eine Vorstellung vom Wesen des Buddha, eine Buddhologie, die sich in der Trikaya-Lehre (der Lehre von den drei Körpern des Buddha) entfaltete. Entsprechend dem indischen Zeitverständnis, wonach unserem Zeitalter unendlich viele Zeitalter vorangegangen sind und noch viele folgen werden, verband sie das historisch Besondere mit dem transzendenten Allgemeinen, und erklärte, wie sich die Vielzahl von Buddhas zu dem einen unwandelbaren Dharma verhält. Auch das Mahayana gründet auf den Lehren des Buddha, aber nicht auf der Predigt des Siddharta Gautama; Autor der autoritativen Sutras des Mahayana ist vielmehr der Buddha in seiner trans-historischen Gestalt. Beim Vortrag dieser Sutren ist er umgeben von Scharen himmlischer Wesen; der Ort der Verkündigung wird zu einem Schauplatz kosmischer Manifestation. Die Verkündigung findet statt in einer feinstofflich-transzendenten Dimension: die Sutras sind Verkörperung der höheren Form der Lehre des Buddha, die im Pali-Kanon in weniger entwickelter Gestalt vorliegt. Demnach schien es nur so, als wäre der Buddha Shakyamuni ein historischer, bedingter, leidender Mensch gewesen: in Wirklichkeit war er leidlos, universal und ewig. Es ist zu unterscheiden zwischen dem Ewigkeitskörper bzw. ewigen Wahrheitskörper, dem Erscheinungskörper im Grobstofflichen, Irdischen und dem Seligkeitskörper auf der feinstofflichen Zwischenebene, der dem Meditierenden visionär erscheinen kann. Mit dieser Buddhologie verbindet sich im Mahayana ein neues Heiligkeitsideal, der Bodhisattva (Erleuchtungswesen). Im älteren Buddhismus ist ein Bodhisattva ein Mensch, der unterwegs ist zur Erleuchtung. Im Mahayana ist ein Bodhisattva jemand, der die Erleuchtung erreicht hat, aber auf den sofortigen Eintritt ins Nirwana verzichtet, um allen Wesen zu helfen; in grenzenlosem Mitleid nimmt er sogar das Leid anderer auf sich. Nach seinem Tod existiert er in einem Zwischenreich, in dem er für Hilfe suchende Gläubige erreichbar ist und angerufen werden kann; entscheidet er sich für eine Wiedergeburt, sucht er jenen Körper aus, in dem er den Menschen am besten die Lehre und das Heil vermitteln kann. Wie es unzählige Buddhas gibt, so existieren in der Vorstellung des Buddhismus auch unzählige Bodhisattvas mit den unterschiedlichsten Hierarchien und Zuordnungen. Eines dieser Schemata ist die Lehre von den fünf transzendenten Buddhas, denen fünf Bodhisattvas und fünf menschliche Buddhas zugeordnet sind, die ihrerseits jeweils einem Element und einem Daseinsfaktor entsprechen. Einer dieser fünf Buddhas ist der Buddha Amitabha bzw. Amida, der Buddha der Schulen des Reinen Lands; sein Bodhisattva ist Avalokiteshvara, die Verkörperung des Großen Erbarmens, der sich im Dalai-Lama des tibetischen Buddhismus reinkarniert. Nach diesem Schema war Buddha Shakyamuni der vierte Buddha auf Erden: Nach ihm wird sich mit Buddha Maitreya der fünfte und letzte irdische Buddha manifestieren, eine Verkörperung der allumfassenden Liebe, der im Tushita-Himmel auf die Zeit seiner Wiederkunft wartet. 4 DIE BUDDHISTISCHE LEHRE 4.1 Die Vier Edlen Wahrheiten vom Leiden und seiner Überwindung Bereits in der frühesten Überlieferung, in der so genannten ersten Predigt von Benares, erscheint als Kern der Verkündigung des Buddha die Rede von den Vier Edlen Wahrheiten: Die erste Wahrheit ist die Wahrheit vom Leiden, die Erkenntnis, dass alles Anhaften an vergänglichen Dingen zur Frustration führt. Die zweite Wahrheit bezeichnet die Aufdeckung der Ursache dieses Sachverhalts, die Wahrheit von der Entstehung des Leidens. Die dritte Wahrheit beinhaltet die Einsicht in die Möglichkeit, diesen leidvollen Zustand zu beenden, es ist die Wahrheit von der Überwindung des Leidens. Die vierte Wahrheit meint die Wahrheit vom Weg zur Überwindung des Leidens, der im Edlen Achtfachen Pfad beschrieben wird. Alles Vergängliche ist dem Buddhismus nach leidvoll. Aber nicht die Vergänglichkeit als solche ist das Leiden: Sie ist vielmehr ein neutrales Naturgesetz; leidvoll und frustrierend ist der Versuch des Menschen, dem Augenblick Dauer zu verleihen, um sich selbst Stabilität und Identität zu geben. 4.2 Der Edle Achtfache Pfad Der Edle Achtfache Pfad gehört zur Basis der buddhistischen Praxis und Lehre und wurde in allen Schulen und zu allen Zeiten begangen und gepflegt. Jedes Glied des achtfachen Pfades enthält den Begriff samyak, was meist mit recht (rechte Anschauung, rechter Entschluss usw.) übersetzt wird. Gemeint ist eine Haltung, die jeweils alle Aspekte und Folgen einer Handlung berücksichtigt, also nicht nur kurzfristigen oder einseitigen Gewinn, sondern ganzheitliche Betrachtung im Auge hat. Die einzelnen Glieder des Pfades sind: 1. ganzheitliche Anschauung, 2. ungeteilter Entschluss, 3. untadelige Rede, 4. vollkommenes Handeln, 5. ganzheitliche Lebensführung, 6. gleichgewichtige Anstrengung, 7. unablässige Achtsamkeit, 8. ganzheitliche Einswerdung. Alle acht Glieder sind nicht Stufen, die nacheinander beschritten werden, sondern Aspekte, die aufeinander einwirken und gleichzeitig geübt werden. Die Ethik des Buddhismus ist eine Konkretisierung dieser acht Gesichtspunkte. Sie ist geprägt von der Grundhaltung der liebevollen Güte (Maitri) und der heilenden Hinwendung (Karuna) zu allen lebenden Lebewesen. Wer durch liebende Güte gereinigt ist, hat das Ziel der Befreiung erreicht. Er verweilt unablässig in Achtsamkeit, hat den Streit über philosophische Ansichten hinter sich gelassen und ist dem Kreislauf der Wiedergeburten enthoben. 4.3 Die fünf Daseinsfaktoren Die frühbuddhistische Philosophie unterscheidet fünf Gruppen, Aggregate oder Wirklichkeitsbereiche, aus deren Zusammenwirken der Mensch besteht. Diese fünf Skandhas bzw. Daseinsfaktoren oder auch Anhaftungsgruppen sind: 1. der physische Körper, der die vier Elemente Erde, Wasser, Feuer und Wind enthält; 2. die Empfindung bzw. das Gefühl, das als Reaktion auf Sinneseindrücke oder Gemütsbewegungen entsteht; 3. die unterscheidende Wahrnehmung äußerer Objekte; 4. die Willens- und Geistesregungen, die auf die Wahrnehmung reagieren und interpretieren; 5. die Bewusstseinskraft, die alle anderen Ebenen koordiniert und zu einer zielgerichteten Gesamtheit zusammenfasst. Der Mensch als Person ist lediglich eine unbeständige, rasch vergängliche Kombination dieser Faktoren, die sich in jedem Moment ihres Daseins wandelt. Es gibt daher kein beständiges, eigenständig existierendes Selbst, das sich im Wechsel der Erscheinungen durchhält, und es gibt auch keine Seele. Es ist dies die Lehre vom Anatman, der Nichtsubstanzialität des Ich. Die frühe buddhistische Lehre ist durch drei Kennzeichen geprägt: Anatman (keine Seele), Anitya (Unbeständigkeit) und Dukkha (Frustration, Leiden). Die Lehre vom Anatman machte eine Neuauslegung der indischen Idee vom Kreislauf der Wiedergeburt in der Welt der Erscheinungen, dem Samsara, nötig. So entstand die Lehre von Pratityasamutpada oder von dem bedingten Werden in einer zwölfgliedrigen Kette von Ursachen. 4.4 Das Entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit Das Entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit, auch als Konditionalnexus oder Kausalnexus bezeichnet, ist die Lehre von der organischen Verbundenheit aller Erscheinungen. Alles ist Wechselwirkung und steht mit allem in Verbindung; deshalb ist alles Ursache für bestimmte Wirkungen, die wiederum zur Ursache aller Erscheinungen werden. Jedes Glied in der Kette des Entstehens enthält alle anderen und trägt deshalb alle Möglichkeit und Wirklichkeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in sich. Der Konditionalnexus funktioniert nach folgendem Prinzip: Aus Unwissenheit (1) entstehen psychische Gestaltungen und Einprägungen (2), aus denen nach dem Tod ein spezifischer Bewußtseinszustand (3) als Träger einer neuen Existenz entsteht; davon abhängig entwickeln sich Name und Form (4), das heißt psychische Faktoren und Körper, sowie der sechsfache Bereich (5), die sechs Sinnesorgane (die fünf Sinne und das Denken); daraus folgt die Berührung (6) der Sinnesorgane mit ihren Objekten; hieraus wiederum entstehen die Empfindungen (7), die ihrerseits die Gier (8), den Durst nach den Objekten und dem Dasein entstehen lassen; damit führen sie nach dem Tod zum Ergreifen (9) eines neuen Mutterschoßes, zum Werden (10), zur neuen Geburt (11) und damit wieder zu Alter und Tod (12). Rückläufig gelesen besagt die Formel: Durch die Vernichtung der Unwissenheit werden die Bildekräfte der Gestaltungen und Einprägungen vernichtet, durch deren Vernichtung das Bewußtsein usw. Die Kette beschreibt ein wechselseitiges Sich-Bedingen: Jede Erscheinung ist Bedingung der anderen, alle Erscheinungen der Wirklichkeit sind wechselseitig voneinander abhängig. Die Einsicht in diese Struktur ist die Voraussetzung für die Befreiung aus dem Gefangensein in ihr. Befreiung wird erreicht durch das Ende des Begehrens. Bildlich dargestellt wird diese Nidana-Kette im Lebensrad (Bhavachakra). 4.5 Nirwana Das Ziel aller spirituellen Praxis und des Lebens überhaupt ist Nirwana (Pali: Nibbana). Es ist das Ende des Begehrens, das Ende aller bedingten Bewusstseinszustände, aller Daseinsgrundlagen, das Erlöschen und damit das Ende von Leid und Frustration. Es bedeutet die Vernichtung des Verlangens und aller Leidenschaften und damit die Erlangung vollkommener Gemütsruhe, höchster Seligkeit. Es ist jenseits unserer unterscheidenden Abgrenzungen und entzieht sich deshalb der Versprachlichung, aber es ist nicht Vernichtung und bedeutet auch keinen Nihilismus. 5 DIE GEMEINDE 5.1 Mönche, Nonnen und Laien Der Sangha, das dritte Juwel, ist die Gemeinschaft derer, die der buddhistischen Tradition gemäß leben, die Überlieferung hüten sowie das Erkannte in die Tat umsetzen. Der Sangha ist vierfach in Mönche (Bhikshu), Nonnen (Bhikshuni), Laienanhänger (Upasaka) und Laienanhängerinnen (Upasika) gegliedert. Das Rückgrat des Buddhismus bildet der Sangha im engeren Sinn, der zweifache Orden, insofern er die Überlieferung unverfälscht zu bewahren und weiterzugeben hat. Aber dem Laienelement kommt ebenfalls eine große Bedeutung zu, da die Laien die Mönche und Nonnen durch Almosengaben ernähren, womit sie für sich selbst gutes Karma erwerben. Außerdem waren es die Laien, die die buddhistischen Ideale in die Gesellschaft trugen und damit die Voraussetzung für die kulturelle Gestaltungskraft des Buddhismus schufen. Allerdings entstand damit auch eine Art zweistöckiger Gesellschaft: Mönche und Nonnen erfüllen Gelübde, streben durch Weisheit direkt zum Nirwana, die Laien tun gute Werke, streben nach einem guten Karma für eine bessere Wiedergeburt, aus der sie zum Nirwana gelangen. Die Unterscheidung bedeutet nicht, dass die Lehre des Buddha als Weg zum Nirwana nicht für alle Menschen gleich wäre; jedoch besitzen die Menschen dieser Auffassung gemäß karmisch bedingte unterschiedliche Voraussetzungen, weshalb die eine Lehre verschieden gelebt werden muss. 5.2 Ethik Leitmotiv der gesamten buddhistischen Ethik sind die liebevolle Freundlichkeit, (Maitri), Güte, Milde und barmherzige Hinwendung zu allen Wesen (Karuna). Für die Laien wird diese Ethik in den fünf grundlegenden moralischen Regeln zusammengefasst, die ohne Einschränkung gelten: 1. Gewaltverzicht gegenüber Lebewesen; 2. Verzicht auf das, was nicht gegeben wird; 3. keine Pflege unheilsamer (von Begierde geprägter) sexueller Beziehungen; 4. Wahrhaftigkeit; 5. Vermeidung von Rauschmitteln. Die buddhistische Ethik besteht aber nicht allein in negativ gefassten Gedanken, Worten und Handlungen: Unabdingbar gehört auch die Kultivierung heilsamen Denkens, gütiger Sprache und positiver Taten dazu. So bedarf der Gewaltverzicht gegenüber allen Lebewesen der positiven Füllung, der heilenden Hinwendung zu diesen. Der Überwindung der Begehrlichkeiten entspricht die Empfehlung der Freigebigkeit, der Enthaltsamkeit wiederum die Pflicht, alle Beziehungen aus gegenseitigem Respekt heraus zu gestalten. Der sprachlichen Zurückhaltung, was Wahrhaftigkeit vor allem meint, ist die milde und freundliche Rede adäquat, der Vermeidung von Rauschmitteln die unablässige Übung, die Klarheit des Bewusstseins zu kultivieren. Die Regeln für Mönche und Nonnen gehen wesentlich über die fünf Grundregeln für Laien hinaus. Es gibt 227 Regeln für die Mönche und 311 Gebote für die Nonnen, die alle Details des Alltags regeln. 5.3 Meditation Durch das sittliche Verhalten schaffen Mönche, Nonnen und Laien die Voraussetzungen für ihre meditative Praxis. Buddhistische Meditation meint Versenkung des Bewusstseins, die Vereinheitlichung der oberflächlichen, disparaten und einander widerstrebenden Bewusstseinsbewegungen zu einem ruhigen Strom. Die Motivation zur Ausdauer in der Übung entwickelt sich einerseits durch die Analyse der Vergänglichkeit und Leidhaftigkeit des Daseins, andererseits durch die Erkenntnis, dass die Wiedergeburt als Mensch selten und kostbar ist und die Möglichkeit hierzu deshalb klug genutzt werden muss. Die Praxis der Meditationsübung hat in der Geschichte des Buddhismus erhebliche Veränderungen erfahren und die unterschiedlichsten Techniken und Systeme hervorgebracht. Die Grundlage für alle Meditationssysteme ist jedoch die Achtsamkeitsmeditation, die immer noch die wesentliche Übung darstellt. Die Meditation ist keineswegs nur bildlos und abstrakt, sondern hatte immer auch visionären Charakter. So geht es zum Beispiel in der Liebende-Güte-Meditation darum, alle Himmelsrichtungen mit liebender Güte zu durchdringen und für alle Wesen Barmherzigkeit auszustrahlen. Dies geschieht so, dass man sich zunächst an einem Punkt innerhalb des eigenen Körpers die betreffende Energie bildhaft und so lebendig wie möglich vorstellt; dann wird diese innere Empfindung ausgedehnt, wobei sich das begrenzte Ich-Gefühl mit auflöst. Diese Bewusstseinsstrahlung ist als solche aktiv und in der Welt wirksam; darüber hinaus wird das in der Meditation Imaginierte allmählich zur charakterlichen Grundhaltung des Übenden, der nun auf dieser Grundlage handelt. Auf dem spirituellen Weg gibt es fünf Haupthindernisse: Sinnliche Begierde, Hass, Trägheit, Ichhaftigkeit und Geringschätzung anderer, Zweifel am rechten Weg. Sie führen zum Anhaften, von dem es frei zu werden gilt. Aus der Freiheit entsteht dann Ruhe, aus der Ruhe erwächst Freude, auf der Grundlage der Freude wird die echte Konzentration möglich. Ziel aller Übung ist die Weisheit, die vor allem in der Erkenntnis des Entstehens in gegenseitiger Abhängigkeit besteht. Die Weisheit drückt sich aus in den Vier Edlen Wahrheiten, der Lehre von den fünf Daseinsfaktoren, dem Achtfachen Pfad sowie in der Lehre von der Leerheit (Shunyata) aller Erscheinungen. Wird diese Weisheit vollkommen erlangt, ist Befreiung erreicht. Im Mahayana wird die Weisheit als weibliche Gottheit visualisiert und zum wichtigsten Symbol allen geistigen Strebens. 5.4 Kult und Ritual Das Begehen des Edlen Achtfachen Pfades und die Übung der Meditation sind höchst anspruchsvoll, für viele Menschen zu anspruchsvoll. Für sie gibt es den Heilsweg des Kultes und des Rituals. Hierher gehören die Reliquienverehrung, die Errichtung von Stupas, die Herstellung von Buddhabildern, das Darbringen von Blumen und Räucherwerk und das Musizieren an Andachtsstätten. Damit halten Kult und Volksfrömmigkeit, Götter und Dämonen, Himmel und Hölle, die für den Buddha Shakyamuni belanglos waren, wieder Einzug in das religiöse Leben. Puristen sehen darin ein Zugeständnis an die Massen und eine illegitime Veräußerlichung der Lehre. Aber gerade der tibetische Buddhismus, der mit seinen tantrischen Elementen in dieser Hinsicht am weitesten geht, kann zugleich zeigen, dass es sich nicht um bloße Veräußerlichung handeln muss, sondern dass dieses Äußere als unersetzlicher Träger subtilster esoterischer Wahrheit dienen kann. Nicht zu vernachlässigen ist außerdem, dass die scheinbaren Äußerlichkeiten der Volksfrömmigkeit zur Schaffung von Stupas, Tempeln, Pagoden, Plastiken und BuddhaBildern von höchster künstlerischer Qualität führten. Kunst, Kult und Ritual sind gewissermaßen die spiegelbildliche Antwort der Menschen auf den Impuls, den der Religionsstifter ausgesandt hat. Sie zeigen anschaulich und damit oft genauer, welchen Stellenwert bestimmte Motive und Erzählkomplexe für die Frömmigkeit der Menschen haben, und geben Aufschluss über die emotionalen Dimensionen einer Religion. 5.5 Religion und Politik: Mönchsorden und Staat Schon in der frühen Geschichte des Buddhismus suchten die weltlichen Herrscher Rat bei den Mönchen, und der Sangha wurde im Gegenzug mit Schenkungen und Privilegien belohnt. Da die predigenden Mönche oft auch als Volkserzieher wirkten, gewannen sie einen nicht unerheblichen politischen Einfluss. Es entwickelte sich das Modell einer Balance der zwei Räder des Dharma: das Rad der weltlichen Herrschaft und das Rad der geistigen Befreiung, die zwar getrennt sind, aber miteinander kooperieren wie die zwei Räder an einer Achse. Wo buddhistische Herrscher weltliche und geistliche Gewalt an sich zu ziehen versuchten, kam es immer wieder zu mönchischen Protestbewegungen - getragen meist von so genannten Waldmönchen, die sich von den Machtzentralen fernhielten, die Könige und die Korruption in den Städten kritisierten und demgegenüber den Rückzug zur Meditation in die Einsamkeit zum Programm erhoben. 6 GESCHICHTLICHE FORMEN Im Lauf der Geschichte des Buddhismus entstanden zahlreiche Schulen und Unterschulen (manchmal missverständlich auch als Sekten bezeichnet), die sich teils in der philosophischen Lehre, vor allem aber in Bezug auf die Interpretation der Ordensregel unterschieden. Die Ausbreitung in neue kulturelle Räume und unter anderen Völkern brachte naturgemäß auch jeweils neue Formen des Buddhismus und neue Traditionslinien hervor. Aufs Ganze gesehen, lassen sich Hinayana (Theravada) und Mahayana, das Kleine und das Große Fahrzeug, als Hauptrichtungen unterscheiden, wobei diese Unterscheidung vom Standpunkt des Mahayana aus getroffen wird. Letzterer will möglichst viele Menschen über den Ozean des Leidens fahren und über den Fluss der Werdewelt an das andere Ufer der Erlösung bringen. Vertreter des Mahayana nannten die älteren, von ihnen als elitär gebrandmarkten Schulen Hinayana, um auszudrücken, dass in diesem Fahrzeug nur wenig Menschen (Mönche nämlich) Platz fänden; seine Lehren seien zu schwierig, seine Forderungen zu hoch. Inzwischen hat die Bezeichnung ihre ursprünglich diskriminierende Bedeutung zwar verloren, doch nennt sich diese Richtung selbst meist Theravada (Lehre der Alten); ihre Anhänger heißen entsprechend Theravadins (Befolger der alten Lehre). Schon der frühe Buddhismus hatte sich in verschiedene Schulen gespalten: die Tradition spricht von 18 klassischen Schulen. Da der Theravada die einzige noch bestehende dieser Schulen ist, vertritt er tatsächlich die Lehre der Alten, wenn auch nicht den Ur-Buddhismus. Geographisch gefasst wird in grober Schematisierung der Theravada-Buddhismus auch als südlicher Buddhismus und der Mahayana-Buddhismus als nördlicher Buddhismus bezeichnet. 6.1 Hinayana - Theravada Der Pali-Kanon ist die Textsammlung der Theravadins. Er enthält die von fast allen Buddhisten als verbindlich anerkannten Texte, die im 1. Jahrhundert v. Chr., etwa 300 Jahre nach der Lebenszeit des Buddha, in der Pali-Sprache schriftlich niedergelegt wurden. Zur Sicherung der Textüberlieferung hatten zuvor schon drei so genannte Konzile stattgefunden, das erste vier Monate nach dem Tod des Buddha, das zweite 100 Jahre später und das dritte unter König Aschoka. Der Pali-Kanon ist in drei so genannte Körbe (Tipitaka; Sanskrit Tripitaka: Dreikorb) gegliedert; der erste enthält die Regeln der Ordensdisziplin, der zweite die Lehrreden des Buddha und der dritte die systematisierte Lehre. Von großer Bedeutung ist zudem der Milindapanha (Fragen des Königs Milinda), ein Pali-Text aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., der allerdings nicht in den Kanon aufgenommen wurde. Darin erläutert der Mönch Nagasena dem griechisch-baktrischen König Menandros (Milinda) in Dialogform die für den Griechen schwer begreifbaren Lehren vom Nicht-Ich, der Reinkarnation, der Bewusstseinsformen usw. Ein weiteres wichtiges Werk der Theravada-Schule ist der Visuddhimagga (Weg der Reinigung) des Mönches Buddhagosa aus dem 5. Jahrhundert. Es legt in konzentrierter Klarheit und intellektueller Schärfe den buddhistischen Heilsweg dar und erlangte außerordentliche Popularität. Nach einer Anfangszeit, die uns hauptsächlich in Legenden zugänglich ist, tritt der Buddhismus mit König Aschoka ins Licht der Geschichte. Aschokas Herrschaft wird von entscheidender Bedeutung für den Dharma des Buddha. Mit ihm konvertiert der Herrscher über das größte Reich der alten indischen Geschichte zum Buddhismus, und er nimmt die Lehre politisch in Anspruch. Auf der Grundlage der buddhistischen Laienethik verändert sich so der im Prinzip weltentsagende Glaube in eine potentiell weltgestaltende Ethik. Unter Aschoka gelangte der Buddhismus auch nach Sri Lanka; Aschokas Sohn soll als Mönch Mahinda im königlichen Park nahe Anuradhapura das erste große Kloster, den Mahavira, gegründet haben. Der bisher mündlich überlieferte Kanon wurde auf Sri Lanka im ersten Jahrhundert v. Chr. als Pali-Kanon schriftlich fixiert. Die intellektuellkonservative Haltung der Theravadins hat eine erstaunliche Stabilität der Verhältnisse begünstigt. Der Mahavira war bis zur Ankunft der Portugiesen 1498 alleiniger Träger der religiösen Kultur des Landes. 6.2 Mahayana Der Mahayana-Buddhismus entstand allmählich aus mehreren Entwicklungen und Elementen, die erst in ihrer Bündelung zum Paradigmenwechsel führten. Was Aschoka für den frühen Buddhismus bedeutete, war König Kanishka I. aus der Kuschan-Dynastie (2. Jahrhundert n. Chr.) für das Mahayana. Unter ihm soll 120 n. Chr. das vierte buddhistische Konzil in Gandhara oder Kaschmir stattgefunden haben. Das Schrifttum des Mahayana unterscheidet sich deutlich von den Texten des Pali-Kanon. Die Sutras (Pali: Sutta) stellen dort relativ kurze Reden des Religionsstifters dar, die in der Lebensgeschichte des historischen Buddha verankert sind. Die Mahayana-Sutras hingegen sind monumentale Werke in Sanskrit, die vom transzendenten Buddha, dem Buddha der Zwischenebene der Dreikörperlehre, einer mythischen Schar von Wesen gepredigt werden. Es gibt eine Fülle von Mahayana-Sutras; sie sind zwischen dem 1. Jahrhundert v. Chr. und dem 5. bzw. 6. Jahrhundert n. Chr. entstanden; sie können in mehrere Gruppen eingeteilt werden. Die Prajnaparamita-Literatur umfasst über 30 Werke. Zwei wichtige Texte, die vor allem in Ostasien große Bedeutung erlangt haben, sind das Diamant-Sutra und das HerzSutra (Prajnaparamita-Hridaya-Sutra). Das große Thema dieser Weisheitsliteratur ist die Leere aller Erscheinungen (Shunyata), eines der wichtigsten Themen des gesamten Mahayana. Es handelt sich vermutlich um Texte von Waldmönchen. Die Avatamsaka-Literatur (Avatamsaka-Sutra) ist größtenteils nur in chinesischen und tibetischen Übersetzungen erhalten. Das Lotos-Sutra (Saddharmapundarika-Sutra, Sutra des Lotos des guten Gesetzes) wurde einer der weitverbreitetsten buddhistischen Texte in Ostasien und der grundlegende Text für mehrere Schulen. Das Lankavatara-Sutra stellt eine tiefgründige, an Bildern reiche und die Zen-Tradition mitprägende Darlegung der buddhistischen Bewusstseinsphilosophie dar. Das Vimalakirtinirdesha-Sutra (Die Predigt des Vimalakirti) verdankt seine Popularität der Betonung der Gleichwertigkeit des Lebens der Laienanhänger mit dem Leben der Mönche. Vimalakirti, die Hauptfigur des Sutra, ist ein reicher Anhänger des Buddha, der mitten im weltlichen Leben steht und doch den Weg eines Bodhisattva geht. Das Sukhavati-vyuha-Sutra (Sutra des Landes der Glückseligkeit) preist den Glauben an Buddha Amitabha, der für diejenigen, die ihm vorbehaltlos vertrauen, das Reine Land bereitet hat, wo sie wiedergeboren und die Befreiung erlangen werden. Es gehört zu den Grundtexten der großen Schulen des Reinen Landes in China und Japan. 6.3 Buddhismus des Reinen Landes Der Buddhismus der Reines-Land-Schule betont die Wichtigkeit des tiefen Vertrauens in die Kraft und Hilfe des Buddha Amitabha (japanisch: Amida). Er wird deshalb auch Glaubens-Buddhismus genannt. Die Praxis besteht vor allem im Rezitieren von Amitabhas Namen und im Visualisieren seines Paradieses. Als Glaubens-Buddhismus, der die Hoffnung auf bessere Zustände mit dem Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Buddha verbindet, ist er in China und Japan besonders in Krisenzeiten eine der Hauptgestalten des Buddhismus überhaupt geworden. 6.4 Zen-Buddhismus Der Zen-Buddhismus wurde der Legende nach von Bodhidharma, einem indischen Höhlen-Einsiedler, begründet. Im Zen geht es nicht um Sutren, Schriftgelehrsamkeit und philosophische Dialektik, sondern um die unmittelbare Erfahrung, die dann möglich wird, wenn das Bewusstsein durch Meditation von seinen eigenen Projektionen sowie Bild- und Begriffsinhalten vollkommen leer geworden ist. Charakteristisch ist die Weise, wie die Schule sich selbst auf den Buddha zurückführt. Die ,,besondere Überlieferung außerhalb der orthodoxen Lehre" begann demnach mit der berühmten Predigt des Buddha Shakyamuni auf dem Geierberg. Er soll damals, als eine große Schar von Jüngern sich um ihn versammelt hatte, um seine Darlegung des Dharma zu hören, nur schweigend eine Blüte in die Höhe gehalten haben. Einzig Kashyapa begriff und lächelte - angesichts der Geste des Meisters war er urplötzlich zur Erleuchtung gelangt und hatte damit die Essenz der Lehre des Buddha erfasst. Damit hatte die erste Übertragung der ,,wortlosen Lehre" des Zen von Herz-Geist zu Herz-Geist stattgefunden. Im Zen, das auch als die Schule des Buddha-Geistes bezeichnet wird, spielt diese plötzliche Erleuchtung eine herausragende Rolle. 6.5 Nichiren-Buddhismus Der Nichiren-Buddhismus wurde 1253 vom Mönch Nichiren begründet. Es handelt sich um eine Schule rein japanischer Ausrichtung, mit stark nationalistischen Tendenzen, in der das Lotos-Sutra (Saddharmapundarika-Sutra; japanisch Hokekkyo) als ,,Krone aller Sutras" und als die Quelle aller Offenbarung und Wahrheit gilt. 6.6 Tibetischer Buddhismus Der tibetische Buddhismus steht in der Tradition des Mahayana, hat aber eine Reihe von Besonderheiten, die dazu geführt haben, dass er nicht nur als weitere Schule oder Richtung, sondern - unter verschiedenen Bezeichnungen wie Vajrayana (Diamant-Fahrzeug), Tantrayana, Mantrayana oder Lamaismus, die jeweils ein Charakteristikum hervorheben - als eigenes Fahrzeug benannt wird. Es gibt einen eigenen tibetischen Kanon mit den beiden Teilen Kanjur und Tanjur. Ersterer besteht aus 108 Bänden und enthält die Ordensregeln sowie Sutras und Tantras; der Tanjur mit 225 Bänden beinhaltet Kommentare und verschiedene Abhandlungen. Die Bezeichnung Tantrayana weist auf die tantrischen Elemente. Der tantrische Buddhismus entwickelte sich etwa seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. in Indien und breitete sich später in China, Korea, Japan und eben in Tibet aus. Nach frühem Buddhismus und Mahayana gilt er als die dritte Drehung des Rades der Lehre. Das 7. und 8. Jahrhundert war die Blütezeit des Tantrismus an den buddhistischen Klosteruniversitäten Nordindiens, etwa in Nalanda. Der Tantrismus bezieht die gesamte Wirklichkeit in die religiöse Erfahrung ein. Er vertritt eine sakramentale Sicht der Wirklichkeit: Jede materielle, psychische und geistige Erscheinung kann demnach zum Symbol für die göttliche Wirklichkeit und somit zum Heilsmittel, zum Vehikel für die Erlangung der Buddhaschaft werden. Farben, Formen und Klänge, vor allem aber rituelle Vergegenwärtigungen höherer Bewusstseinszustände in Form von körperlich visualisierten Gottheiten spielen eine große Rolle. Letztere werden durch körperliche, verbale und mentale Symbole dargestellt, durch Formen (Mandalas), Gesten (Mudras) und Silben (Mantras). Diese tantrische Tradition wurde in Tibet eingeführt und verband sich dort mit den einheimischen schamanischen Praktiken und Kulten der vorbuddhistischen Bon-Religion. Während in der Philosophie alle tibetischen Schulen dem indischen Mahayana folgen, liegt das Besondere des tibetischen Buddhismus in der tantrischen Praxis. Die Einweihung in die tantrischen Rituale und in die Meditationspraxis erfolgt durch einen erfahrenen Guru, tibetisch Lama. Neben den zahlreichen tantrischen Schriften stellen die wundersamen Lebensgeschichten der vollkommenen Meister, der Siddhas, von denen gewöhnlich 84 gezählt werden, eine weitere Literaturgattung dar. Als einer der bedeutendsten dieser Meister gilt Padmasambhava, der den tantrischen Buddhismus im 7. Jahrhundert nach Tibet brachte. Die Einführung des Buddhismus traf jedoch auf erhebliche Widerstände, und es kam zu einer massiven Verfolgung. Eine Wiederbelebung des Buddhismus, die so genannte zweite Verbreitung, setzte im 10. Jahrhundert ein. Damals entstanden die neuen Schulen oder Orden, die das Leben Tibets bis heute prägen. Die heute noch bestehenden vier großen Schulrichtungen sind die Nyingmapa, die Sakyapa, die Kagyüpa und die Gelugpa. Eine Besonderheit des tibetischen Buddhismus, nach der er auch Lamaismus genannt wird, ist die Institution reinkarnierter Lamas. Der spirituelle Meister (Sanskrit Guru, tibetisch Lama) vermittelt nicht nur Wissen, sondern spirituelle Kraft. Bedeutende Lamas gelten als Inkarnationen berühmter Lamas aus der Vergangenheit: Auf diese Weise entstanden Inkarnationslinien bzw. -ketten, d. h. unmittelbar aufeinander folgende Inkarnationen, deren Träger als Oberhäupter von Schulen und Klöstern die geistliche und oft auch weltliche Macht ausübten. Am bekanntesten und politisch bedeutsamsten wurden die Dalai-Lamas aus der Gelugpa-Schule, die als Inkarnationen des Bodhisattva Avalokiteshvara betrachtet werden, der auch als Schutzpatron Tibets gilt. Wenn der Dalai-Lama im Westen als Gottkönig apostrophiert wird, so ist das zumindest missverständlich, da er im buddhistischen Verständnis nicht ein Gott ist, sondern die Verleiblichung der barmherzigen Bewusstseinskraft des einen universalen BuddhaBewusstseins. 7 GEGENWART UND ZUKUNFT 7.1 Buddhismus im Westen Im 19. Jahrhundert übte der Buddhismus als Alternative zu einer christlichen Religion und bürgerlichen Gesellschaft auf Intellektuelle in Europa und Amerika eine erhebliche Anziehungskraft aus. Dieses zunächst intellektuelle akademische Interesse am Buddhismus wurde von einer existentiell-meditativen Suche nach neuen Lebensformen abgelöst, die in der Begegnung mit japanischen Zen-Meistern und tibetischen Lamas Unterstützung fand. Das Ereignis, das dem Buddhismus in Amerika zum Durchbruch verhalf, war das Weltparlament der Religionen von 1893 in Chicago, auf dem die Buddhisten zahlreich vertreten waren. In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts protestierte die so genannte Beat-Zen-Generation gegen die materialistische Kultur und das Spießertum der westlichen Welt. In den achtziger Jahren gründeten japanische Zen-Linien zahlreiche Zentren in Amerika und bildeten auch westliche Zen-Meister aus. Neben dem Zen ist der tibetische Buddhismus die zweite große buddhistische Tradition, die sich in Amerika institutionalisieren konnte. Als der 14. Dalai-Lama 1959 vor den chinesischen Invasoren ins indische Exil floh, folgten ihm viele Lamas, von denen einige sich in Amerika und Europa niederließen. In Deutschland kam es nach 1945 zu zahlreichen Neugründungen von buddhistischen Basisgruppen und Zentren, die sich 1955 zur Deutschen Buddhistischen Gesellschaft zusammenschlossen. Aus ihr wiederum ging 1958 die Deutsche Buddhistische Union als Dachverband hervor. Seit den siebziger Jahren gibt es bewusste Bestrebungen, die buddhistische Bewegung den europäischen Gegebenheiten anzupassen; dazu gehören etwa die gleichwertige Bedeutung von Laien und Mönchen bzw. Nonnen, die Gleichberechtigung der Frauen, eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Lehre des Buddha Shakyamuni jenseits der kulturellen Besonderheiten in den verschiedenen asiatischen Formen sowie ein verstärktes soziales und politisches Engagement im Sinne des Bodhisattva-Ideals. 7.2 Engagierter Buddhismus Zu Beginn des letzten Jahrhunderts entwickelten Laien und Mönche in Japan unter dem Stichwort eines buddhistischen Sozialismus ein soziales Engagement, das auf der Grundlage der buddhistischen Ethik auf die sozialen Verwerfungen der Modernisierung antworten sollte; in Thailand erregten die so genannten Entwicklungsmöche Aufmerksamkeit. Thich Nath Hanh, ein 1926 in Vietnam geborener Zen-Mönch, wurde zum Inspirator der Bewegung Engagierter Buddhisten, und 1989 wurde von Laien, Mönchen und Nonnen aus elf Ländern das Internationale Netzwerk Engagierter Buddhisten gegründet. Die Synthese von buddhistischer Spiritualität und verantwortungsethischem Engagement sowie von buddhistischer Philosophie und westlicher Sozialethik gibt dem Buddhismus im Westen ein spezifisches Gepräge. Möglicherweise ist der Buddhismus damit weltweit in eine neue Phase seiner Entwicklung eingetreten, die vielleicht eine neue Drehung des Rades der Lehre bedeutet. Bearbeitet von: Karl Pichler Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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« Bereits in der frühesten Überlieferung, in der so genannten ersten Predigt von Benares, erscheint als Kern der Verkündigung des Buddha die Rede von den Vier Edlen Wahrheiten: Die erste Wahrheit ist die Wahrheit vom Leiden, die Erkenntnis, dass alles Anhaften an vergänglichen Dingen zur Frustration führt.

Die zweite Wahrheitbezeichnet die Aufdeckung der Ursache dieses Sachverhalts, die Wahrheit von der Entstehung des Leidens.

Die dritte Wahrheit beinhaltet die Einsicht in die Möglichkeit,diesen leidvollen Zustand zu beenden, es ist die Wahrheit von der Überwindung des Leidens.

Die vierte Wahrheit meint die Wahrheit vom Weg zur Überwindung des Leidens,der im Edlen Achtfachen Pfad beschrieben wird. Alles Vergängliche ist dem Buddhismus nach leidvoll.

Aber nicht die Vergänglichkeit als solche ist das Leiden: Sie ist vielmehr ein neutrales Naturgesetz; leidvoll undfrustrierend ist der Versuch des Menschen, dem Augenblick Dauer zu verleihen, um sich selbst Stabilität und Identität zu geben. 4.2 Der Edle Achtfache Pfad Der Edle Achtfache Pfad gehört zur Basis der buddhistischen Praxis und Lehre und wurde in allen Schulen und zu allen Zeiten begangen und gepflegt.

Jedes Glied desachtfachen Pfades enthält den Begriff samyak , was meist mit recht (rechte Anschauung, rechter Entschluss usw.) übersetzt wird.

Gemeint ist eine Haltung, die jeweils alle Aspekte und Folgen einer Handlung berücksichtigt, also nicht nur kurzfristigen oder einseitigen Gewinn, sondern ganzheitliche Betrachtung im Auge hat.

Die einzelnenGlieder des Pfades sind: 1.

ganzheitliche Anschauung, 2.

ungeteilter Entschluss, 3.

untadelige Rede, 4.

vollkommenes Handeln, 5.

ganzheitliche Lebensführung,6.

gleichgewichtige Anstrengung, 7.

unablässige Achtsamkeit, 8.

ganzheitliche Einswerdung. Alle acht Glieder sind nicht Stufen, die nacheinander beschritten werden, sondern Aspekte, die aufeinander einwirken und gleichzeitig geübt werden.

Die Ethik desBuddhismus ist eine Konkretisierung dieser acht Gesichtspunkte.

Sie ist geprägt von der Grundhaltung der liebevollen Güte (Maitri) und der heilenden Hinwendung (Karuna)zu allen lebenden Lebewesen.

Wer durch liebende Güte gereinigt ist, hat das Ziel der Befreiung erreicht.

Er verweilt unablässig in Achtsamkeit, hat den Streit überphilosophische Ansichten hinter sich gelassen und ist dem Kreislauf der Wiedergeburten enthoben. 4.3 Die fünf Daseinsfaktoren Die frühbuddhistische Philosophie unterscheidet fünf Gruppen, Aggregate oder Wirklichkeitsbereiche, aus deren Zusammenwirken der Mensch besteht.

Diese fünf Skandhasbzw.

Daseinsfaktoren oder auch Anhaftungsgruppen sind: 1.

der physische Körper, der die vier Elemente Erde, Wasser, Feuer und Wind enthält; 2.

die Empfindung bzw.

dasGefühl, das als Reaktion auf Sinneseindrücke oder Gemütsbewegungen entsteht; 3.

die unterscheidende Wahrnehmung äußerer Objekte; 4.

die Willens- undGeistesregungen, die auf die Wahrnehmung reagieren und interpretieren; 5.

die Bewusstseinskraft, die alle anderen Ebenen koordiniert und zu einer zielgerichtetenGesamtheit zusammenfasst. Der Mensch als Person ist lediglich eine unbeständige, rasch vergängliche Kombination dieser Faktoren, die sich in jedem Moment ihres Daseins wandelt.

Es gibt daher keinbeständiges, eigenständig existierendes Selbst, das sich im Wechsel der Erscheinungen durchhält, und es gibt auch keine Seele.

Es ist dies die Lehre vom Anatman , der Nichtsubstanzialität des Ich.

Die frühe buddhistische Lehre ist durch drei Kennzeichen geprägt: Anatman (keine Seele), Anitya (Unbeständigkeit) und Dukkha (Frustration,Leiden). Die Lehre vom Anatman machte eine Neuauslegung der indischen Idee vom Kreislauf der Wiedergeburt in der Welt der Erscheinungen, dem Samsara, nötig.

So entstand dieLehre von Pratityasamutpada oder von dem bedingten Werden in einer zwölfgliedrigen Kette von Ursachen. 4.4 Das Entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit Das Entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit, auch als Konditionalnexus oder Kausalnexus bezeichnet, ist die Lehre von der organischen Verbundenheit aller Erscheinungen. Alles ist Wechselwirkung und steht mit allem in Verbindung; deshalb ist alles Ursache für bestimmte Wirkungen, die wiederum zur Ursache aller Erscheinungen werden.Jedes Glied in der Kette des Entstehens enthält alle anderen und trägt deshalb alle Möglichkeit und Wirklichkeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in sich.

DerKonditionalnexus funktioniert nach folgendem Prinzip: Aus Unwissenheit (1) entstehen psychische Gestaltungen und Einprägungen (2), aus denen nach dem Tod einspezifischer Bewußtseinszustand (3) als Träger einer neuen Existenz entsteht; davon abhängig entwickeln sich Name und Form (4), das heißt psychische Faktoren undKörper, sowie der sechsfache Bereich (5), die sechs Sinnesorgane (die fünf Sinne und das Denken); daraus folgt die Berührung (6) der Sinnesorgane mit ihren Objekten;hieraus wiederum entstehen die Empfindungen (7), die ihrerseits die Gier (8), den Durst nach den Objekten und dem Dasein entstehen lassen; damit führen sie nach demTod zum Ergreifen (9) eines neuen Mutterschoßes, zum Werden (10), zur neuen Geburt (11) und damit wieder zu Alter und Tod (12).

Rückläufig gelesen besagt die Formel:Durch die Vernichtung der Unwissenheit werden die Bildekräfte der Gestaltungen und Einprägungen vernichtet, durch deren Vernichtung das Bewußtsein usw. Die Kette beschreibt ein wechselseitiges Sich-Bedingen: Jede Erscheinung ist Bedingung der anderen, alle Erscheinungen der Wirklichkeit sind wechselseitig voneinanderabhängig.

Die Einsicht in diese Struktur ist die Voraussetzung für die Befreiung aus dem Gefangensein in ihr.

Befreiung wird erreicht durch das Ende des Begehrens.

Bildlichdargestellt wird diese Nidana-Kette im Lebensrad (Bhavachakra). 4.5 Nirwana Das Ziel aller spirituellen Praxis und des Lebens überhaupt ist Nirwana (Pali: Nibbana).

Es ist das Ende des Begehrens, das Ende aller bedingten Bewusstseinszustände, allerDaseinsgrundlagen, das Erlöschen und damit das Ende von Leid und Frustration.

Es bedeutet die Vernichtung des Verlangens und aller Leidenschaften und damit dieErlangung vollkommener Gemütsruhe, höchster Seligkeit.

Es ist jenseits unserer unterscheidenden Abgrenzungen und entzieht sich deshalb der Versprachlichung, aber esist nicht Vernichtung und bedeutet auch keinen Nihilismus. 5 DIE GEMEINDE 5.1 Mönche, Nonnen und Laien Der Sangha, das dritte Juwel, ist die Gemeinschaft derer, die der buddhistischen Tradition gemäß leben, die Überlieferung hüten sowie das Erkannte in die Tat umsetzen.Der Sangha ist vierfach in Mönche (Bhikshu), Nonnen (Bhikshuni), Laienanhänger (Upasaka) und Laienanhängerinnen (Upasika) gegliedert.

Das Rückgrat des Buddhismusbildet der Sangha im engeren Sinn, der zweifache Orden, insofern er die Überlieferung unverfälscht zu bewahren und weiterzugeben hat.

Aber dem Laienelement kommtebenfalls eine große Bedeutung zu, da die Laien die Mönche und Nonnen durch Almosengaben ernähren, womit sie für sich selbst gutes Karma erwerben.

Außerdem warenes die Laien, die die buddhistischen Ideale in die Gesellschaft trugen und damit die Voraussetzung für die kulturelle Gestaltungskraft des Buddhismus schufen. Allerdings entstand damit auch eine Art zweistöckiger Gesellschaft: Mönche und Nonnen erfüllen Gelübde, streben durch Weisheit direkt zum Nirwana, die Laien tun guteWerke, streben nach einem guten Karma für eine bessere Wiedergeburt, aus der sie zum Nirwana gelangen.

Die Unterscheidung bedeutet nicht, dass die Lehre des Buddhaals Weg zum Nirwana nicht für alle Menschen gleich wäre; jedoch besitzen die Menschen dieser Auffassung gemäß karmisch bedingte unterschiedliche Voraussetzungen,weshalb die eine Lehre verschieden gelebt werden muss. 5.2 Ethik. »

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