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Christentum - Religion.

Publié le 17/06/2013

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Christentum - Religion. 1 EINLEITUNG Christentum, von Jesus Christus abgeleitete Bezeichnung für die größte der Weltreligionen, der mit rund zwei Milliarden Menschen ein Drittel der Weltbevölkerung anhängt. Vor knapp 2 000 Jahren in der römischen Provinz Palästina entstanden, breitete sie sich zunächst über die Städte des Imperium Romanum aus, fasste aber auch im Perserreich Fuß und gelangte bis nach Indien. Im 4. Jahrhundert wurde sie zur Staatsreligion des römischen Reiches. Im 7. Jahrhundert und im weiteren Verlauf der Ausbreitung des Islam gingen die Kernländer verloren; aus dem Patriarchat Rom entstand das christliche Abendland, die Christenheit des Mittelalters. Infolge der weltweiten Kolonisation durch die christlichen Länder, der die Mission folgte, wurde das Christentum dann zu der Weltreligion mit den meisten Anhängern. Im Lauf seiner Geschichte hat sich das Christentum in zahlreiche Kirchen, Konfessionen, Denominationen und Gemeinschaften aufgefächert. Die größte Kirche ist die römisch-katholische Kirche mit über einer Milliarde Mitgliedern, der damit mehr als die Hälfte der Christen (etwa 56 Prozent) angehören. Protestanten und Anglikaner bilden zusammen etwa 25 Prozent; knapp über 9 Prozent gehören einer der orthodoxen Kirche an. Geographisch ist das Christentum in allen Erdteilen verbreitet, schwerpunktmäßig aber in Europa, Amerika, Afrika, Australien und auf den Philippinen. In der Bundesrepublik Deutschland gehörten vor 1989, also noch vor der Wiedervereinigung, 88 Prozent der Bevölkerung einer der beiden großen christlichen Kirchen an; 2000 waren es in Gesamtdeutschland etwa 70 Prozent. 2 JESUS VON NAZARETH Im Zentrum des Christentums steht die geschichtliche Person des Jesus von Nazareth. Neben den relativ knappen Berichten über Kindheit und Jugend im Matthäus- bzw. Lukasevangelium existieren legendarische Überlieferungen, die über die Aufnahme in die Bildthematik der christlichen Kunst Eingang in die Volksfrömmigkeit fanden. Das älteste Evangelium, das Markusevangelium (geschrieben um 70 n. Chr., also eine Generation nach den berichteten Ereignissen), setzt mit der Taufe Jesu durch den Bußprediger Johannes am Jordan ein. Das sich anschließende öffentliche Wirken Jesu dauerte etwa zwei Jahre; die Hinrichtung durch Tod am Kreuz erfolgte mit großer Wahrscheinlichkeit im Jahr 30. Die Kindheitserzählungen der Evangelien berichten von der Geburt in Bethlehem; der Heimatort Jesu ist jedoch Nazareth in Galiläa. In der Nähe von Nazareth lag mit Sepphoris eine hellenistisch-jüdisch geprägte Stadt, die der junge Jesus gekannt haben muss. Er trat als Wanderprediger auf; das Zentrum seines öffentlichen Wirkens war Kapernaum am Nordufer des Sees Genezareth, das auch Wohnort des Petrus war. Die Verhältnisse in Galiläa (Spannungen zwischen Heiden und Juden, Stadt und Land, Arm und Reich, römischer Besatzungsmacht und Widerständlern) sind für das Verständnis seiner Verkündigung bedeutsam. Im Zentrum der Predigten Jesu steht die Gottesherrschaft oder Königsherrschaft Gottes (siehe Reich Gottes), die als nahe bzw. auch schon als gegenwärtig verkündet wird. Die Predigt ist zugleich Gerichts- und Heilspredigt. Steht die Gottesherrschaft im Zentrum der Verkündigung Jesu, so bilden Heilungen und Exorzismen ein Zentrum seines Wirkens; charakteristisch sind jedoch symbolische Handlungen: die Erwählung der Zwölf (die in der Tradition zu den zwölf Aposteln werden), die Aussendung der Jünger, die Tischgemeinschaft mit Zöllnern und Sündern, der Einzug in Jerusalem, die Tempelreinigung und das letzte Abendmahl. Als Jesus mit seinen Anhängern zum Passahfest nach Jerusalem zog und seine Verkündigung mit der prophetischen Symbolhandlung der Tempelreinigung unterstrich, musste ihm klar sein, dass das den Tod bedeuten konnte. In den Passionsgeschichten der Evangelien werden drei Gruppen genannt, die bei Prozess und Hinrichtung Jesu eine Rolle spielen: die Römer mit Pilatus; die jüdische Tempelaristokratie mit dem Synedrium und den Hohepriestern Hannas und Kaiphas sowie das Volk, das ihm zunächst zujubelt, dann aber seine Verurteilung fordert. Auffällig ist, dass bei der Gefangennahme Jesu alle seine Anhänger fliehen; nur einige Frauen, heißt es im Evangelium nach Markus (Markus 15, 40), die ihm gefolgt waren, sahen von weitem zu, als Jesus mit einem Aufschrei am Kreuz starb. Auf den Tod Jesu folgt mit der Auferstehung, was die christliche Theologie abstrakt das Ostergeschehen nennt: auf diesem Ereignis gründet der Glaube der ersten Christen und das Christentum insgesamt. In den Quellen wird es einerseits in Form von Erzählungen über Erscheinungen des von den Toten auferstandenen oder auferweckten Jesus vor seinen Anhängern sowie über die Auffindung des leeren Grabes dargestellt. Andererseits gibt es sehr frühe Formulierungen von Bekenntnissen, dass der hingerichtete Jesus der Christus Gottes ist, der unmöglich vom Tod festgehalten werden könne. Den ältesten Text dieser Art, der in den Jahren um 35 bis 40 entstanden sein muss, zitiert Paulus in seinem 1. Korintherbrief (15, 3-5). Vor allem finden sich derartige prägnante Bekenntnisformeln aber in den Predigten des Petrus, die in der Apostelgeschichte des Lukas überliefert sind, so an prominenter Stelle in der so genannten Pfingstpredigt des Petrus (Apostelgeschichte 2, 14-36): Gott hat den Gekreuzigten zum Kyrios und Christos, d. h. zum Herrn und Messias, gemacht. Damit ist schon die Bezeichnung ,,Jesus Christus" ein Bekenntnis: Der historische Jesus von Nazareth ist der Christus (griechich: der Gesalbte), also der Messias des Glaubens. Entfaltet wird die Bedeutung dieser Bezeichnung dann in der theologischen Disziplin der Christologie. 3 QUELLEN Die Hauptquelle für die Lehre des Christentums ist die Bibel. Diese besteht aus dem Alten oder Ersten Testament, der jüdischen Bibel, an die eine Auswahl von Schriften aus der Frühzeit des Christentums des 1. Jahrhunderts als Neues Testament angefügt wurde. Im Lauf der Zeit wurde diese Auswahl zum Kanon, zur Richtschnur des Glaubens; Schriften aus der frühen Zeit, die nicht Aufnahme in das Neue Testament fanden, werden Apokryphen genannt. Neben die Bibel, die allerdings oft als die einzige Quelle bezeichnet wird, treten die Bekenntnisse; im frühen Christentum ist dies die so genannte Glaubensregel. Um diese Bekenntnisse und ihre Formulierung bis zum Buchstaben wird während der ganzen Geschichte des Christentums gerungen und gestritten. Die christliche Lehre ist die theologische Auslegung dieser Bekenntnisse, die wiederum die Lehrentwicklung vorantreiben. Wo zusätzliche Offenbarungsquellen die Bibel ergänzen oder in den Hintergrund treten lassen, wie z. B. bei den Mormonen, spricht man von einer neuen religiösen Bewegung oder Religion. Neben Bibel und Bekenntnis tritt als dritte Quelle der so genannte Glaubenssinn. Damit sind das Glaubensbewusstsein der Glaubenden, im weiteren Sinn der gelebte Glaube sowie die vielfältigen Formen der Frömmigkeit gemeint. Sowohl die wechselseitige Kritik christlicher Gruppen aneinander als auch die Religionskritik am Christentum von außen beziehen sich oft mehr auf diese dritte Quelle als auf theologische Auslegungen der Bibel oder des Bekenntnisses. Während die Bibel allen christlichen Gruppierungen gemeinsam ist, unterscheiden sie sich durch die Bekenntnisse bzw. Bekenntnisschriften, die auch Sondertraditionen sein können, und in den Frömmigkeitsstilen. 4 SCHWERPUNKTE DER CHRISTLICHEN LEHRE 4.1 Gotteslehre Das Christentum übernimmt in der Gotteslehre den jüdischen Monotheismus und verbindet ihn in der Auseinandersetzung mit dem Denken der griechisch-römischen Umwelt mit der Gotteslehre der antiken Philosophie. Da die Christen zu dem einen Gott im Namen Jesu und im Heiligen Geist beten, stellte sich schon früh die Frage, wie das Verhältnis von Gott, Jesus Christus und dem Geist Gottes zu denken sei. Nach einer langen und heftig geführten Auseinandersetzung wurde schließlich die Lehre von der Trinität, der Dreifaltigkeit oder Dreieinigkeit, formuliert: Der eine Gott begegnet in drei Personen, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, er ist ein dreifaltiger und dreieiniger Gott. Kein anderer Lehrsatz setzt das Christentum so sehr von den anderen Religionen ab. Die Trinitätslehre setzt das Christentum in einen scharfen Gegensatz zum Judentum und auch zum Islam, die darin die Ersetzung des Monotheismus durch eine Dreigötterlehre sehen. Eine Wahrheit, die die Theologen selbst als übernatürliche Offenbarung klassifizieren, hat es schwer, sich gegenüber der natürlichen Vernunft zu behaupten; entsprechend hat die Theologie im Zeitalter der Vernunft und der Aufklärung die Trinitätslehre weitgehend zurückgenommen. Religionsgeschichte und Religionspsychologie haben dann jedoch gezeigt, dass Trinitätsspekulationen offenbar doch eine Begründung in der religiösen Erfahrung haben. 4.2 Christologie In der Trinitätslehre wurde das Verhältnis der drei göttlichen Personen zueinander geklärt; in der Christologie geht es um die nähere Bestimmung des Verhältnisses von göttlicher und menschlicher Natur in Jesus Christus. Nach einem Jahrhunderte dauernden Streit, in dem sich Theologie, Politik und kirchenpolitisches Vormachtstreben unentwirrbar vermischten, wurde auf dem Konzil von Chalkedon 451 die Zweinaturenlehre als Glaubenssatz festgelegt: Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Damit wurden sowohl der Nestorianismus wie der Monophysitismus zurückgewiesen. Eine Vorentscheidung war zuvor auf dem Konzil von Ephesus 431 gefallen, wo festgelegt worden war, dass Maria Gottesgebärerin genannt werden dürfe - was Nestorius, der Bischof von Konstantinopel, abgelehnt hatte: Man könne nur sagen, dass von Maria der Mensch Jesus, nicht aber, dass Gott von ihr geboren worden sei. Während Nestorius in der Tradition der antiochenischen Theologie stand, war sein schärfster Gegner Kyrill, Bischof von Alexandrien, der Hochburg des Monophysitismus, der dazu tendierte, die göttliche Natur in Jesus zu verabsolutieren. Allerdings führte, was in Chalkedon als dogmatische Einigungsformel intendiert war, zur Abspaltung großer Teile der damaligen Christenheit von der Reichskirche. Die Kirche im Persien der Sassaniden bekannte sich zur Zweinaturenlehre des Nestorius und markierte auch so Distanz zur Reichskirche, während sich die äthiopische, koptische und jakobitische Kirche als Monophysiten aus ihr lösten. 4.3 Pneumatologie Die Lehre vom Heiligen Geist (griechisch hagion pneuma; lateinisch spiritus sanctus) ist ein eher sperriger Traktat der Theologie. Der Geist Gottes schwebte bei der Schöpfung über der Urflut; von ihm hat Maria Jesus empfangen, er kam bei der Taufe Jesu in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und an Pfingsten ließ er sich in Gestalt einer Feuerzunge auf den versammelten Jüngern nieder. Er ist die dritte göttliche Person, wird aber nur selten als Person, sondern meistens in Symbolgestalt, eben als Taube oder Feuerzunge, dargestellt. Er leitet die Kirche und hält sie in der Wahrheit, noch mehr beunruhigt er sie aber in Gestalt der Spiritualen und Spiritualisten, die sich wie Joachim von Fiore um 1200 als Vorboten eines ,,Geistzeitalters" verstehen, das auf die Zeit der Kirche als Reich des Sohnes folgen soll. Spiritualisten begleiteten bereits die Reformation und wollen sie zu Ende führen; sie wurden von Martin Luther aber als Schwärmer und Schwarmgeister verdammt. Siehe auch Montanismus; Quäker; Pfingstbewegung; charismatische Bewegung 4.4 Schöpfung, Sünde und Erlösung Aus der Bibel (und damit aus dem Judentum) übernahm das Christentum den Glaubenssatz, dass Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde sei, und entfaltete ihn dahin, die Schöpfung als Schöpfung aus dem Nichts aufzufassen. Auch die Lehre über den Menschen (Anthropologie) folgt der Bibel: Gott hat den Menschen als sein Ebenbild geschaffen und ihn in das Paradies gesetzt; mit dem Sündenfall (siehe Sünde) aber kamen der Tod und die Mächte des Unheils in die Welt, wie der erste große Theologe des Christentums, Paulus, eindrucksvoll darlegte. Die Verderbtheit der Menschheit wird dann von den christlichen Theologen als Erbsünde oder Erbschuld weiter bedacht. Die Düsternis der Erbsündenlehre des Augustinus prägte das christliche Denken und Fühlen über die Jahrhunderte. In der Geschichte des Christentums verbanden sich immer wieder Sündenbewusstsein, Schuldgefühl und Angst vor der Verdammung zu bedrückenden Szenarien, die an religiösen Wahn denken lassen. Dass die Sündenlehre des Paulus ihre Sinnspitze in der Erlösung und Befreiung von der Sünde in und durch den neuen Adam Jesus Christus hat, ist oft nicht mehr durchgedrungen. Aber das Christentum ist, gerade als Sünden- und Schuldreligion, auch Erlösungsreligion. Es ist getragen von einer unüberwindlichen Heilszuversicht; auch dieses schon von Paulus angeschlagene Thema erklingt durch die Jahrhunderte. 4.5 Kirche und Sakramente Gemäß der paulinischen Lehre hat Christus die endgültige Versöhnung mit Gott bewirkt: Die Gläubigen sind in Christus ein für allemal geheiligt und sind Glieder seines Leibes, der in der Geschichte durch die globale Gemeinde sichtbar wird. Während in den Evangelien das Wort ,,Gemeinde" nur selten erwähnt wird und in der Apostelgeschichte eher praktische Aspekte des Gemeindelebens geschildert werden, entwickelt Paulus in seinen Briefen die Lehre von der Gemeinde bzw. Kirche ( siehe Ekklesiologie). Als Selbstvergewisserung der Heilsanstalt Kirche geriet die Ekklesiologie nur zu oft zu einer Herrschaftslehre und zu einem Triumphalismus der Hierarchie, der heiligen Herrschaft. Auf die weiteste Überdehnung des Anspruchs im Papsttum des Hochmittelalters folgte allerdings unmittelbar der Niedergang und Machtverfall. In der Theologie der großen christlichen Kirchen werden die Sakramente als Heilsmittel verstanden. Sie gelten als die sichtbare Form der unsichtbaren Gnade. Die Zahl der Sakramente schwankt, bis sich im Hochmittelalter die Siebenzahl von Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Krankensalbung, Weihe und Ehe durchzusetzen begann. Taufe, Firmung und Weihe können nicht wiederholt werden. Diese sieben Sakramente gelten in der katholischen Kirche und in den Ostkirchen, während die protestantischen Kirchen meist nur die Sakramente Taufe und Abendmahl (Eucharistie) kennen. Der Ablass, eine zum Sakrament der Buße gehörige Praxis, die die römische Kurie in ihr Fiskalsystem eingebunden hatte, wurde zum Auslöser der Reformation. Der Dissens zwischen Luther und Zwingli in der Abendmahlsfrage im Marburger Religionsgespräch 1529 verhinderte die Einheit der deutschen Reformation. Ein weiter Bereich weiterer heiliger Handlungen wird im Katholizismus als Sakramentalien bezeichnet. 5 KIRCHE UND POLITIK Wie jede Religion, so hatte auch das Christentum von Anfang an eine politische Dimension und politische Implikationen. Waren es zunächst lokale Umstände und Bedingungen, die die Christen im römischen Reich in Bedrängnis brachten, führte der römische Staat Mitte des 3. Jahrhunderts unter Decius und dann noch einmal zu Beginn des 4. Jahrhunderts unter Diokletian systematische Verfolgungen durch, an deren Ende allerdings das Toleranzedikt von Diokletians Nachfolger Galerius von 311 stand, das die Christen aufforderte, nun zu ihrem Gott für das Heil des Kaisers und des Reiches zu beten. Gleich darauf begann mit Konstantins Maßnahmen gegen die Donatisten das dunkle Kapitel der Verfolgung häretischer Christen durch die christliche Staatskirche, das in der Inquisition einen seiner blutigen Höhepunkte fand. Die Christenheit des Abendlandes war durch die Bipolarität von geistlicher und weltlicher Macht gekennzeichnet, die von außen aber als die eine christliche Macht wahrgenommen wird. Ähnliches galt für das byzantinische christliche Reich und das russische christliche Reich. Distanz zu Politik und Macht übte nie das Christentum an sich, sondern einzelne Personen oder Gruppen, die sich gegen die herrschende Gestalt des Christentums ihrerseits christlich legitimierten. Im Hochmittelalter waren die Guelfen nicht weniger christlich als die Ghibellinen oder umgekehrt. Erst mit der Konfessionalisierung der Neuzeit, dem staatlichen Absolutismus und unter den Vorzeichen der Säkularisierung entstand für das nun kirchlich verfasste Christentum der Spielraum, sich in die Politik einzuschalten oder sich aus ihr herauszuhalten. 6 GLAUBE UND WERKE Grundlage für Ethik und Moral des Christentums ist die Bibel, vor allem der Ethos der Bergpredigt. Auch hier formulierte schon Paulus die entscheidenden Fragen. In persönlicher Gewissensnot las Martin Luther 1500 Jahre später die Paulusbriefe und fand dort die befreiende Einsicht, dass allein die Gnade allein durch den Glauben den Menschen mit Gott versöhnt und die Rechtfertigung des Menschen wirkt. Die Frage, ob man sich das Heil mit Werken der Frömmigkeit im wörtlichen Sinn erkaufen könne, war im 16. Jahrhundert eine drängende Frage. Erst 1999 stellten lutherische und katholische Kirche fest, dass die von Luther und vom Konzil von Trient formulierten Antworten nicht kirchentrennend wirken müsste. So schwer diese Rechtfertigungslehre auch zu verstehen ist - Luther selbst war der Meinung, sie sei eine Angelegenheit für Spezialisten -, so deutlich macht die ständige Erfahrung der Selbstgerechtigkeit, dass damit tatsächlich eine Grundfrage des religiösen Lebens zur Debatte steht. 7 KONFESSIONSKUNDE Geschichtlich erscheint das Christentum als kirchlich bzw. gemeindlich verfasstes Christentum, das sich in Raum und Zeit in einer Vielfalt von Kirchen, Konfessionen, Denominationen und Gemeinschaften darstellt. Von Anfang an kam es zu Parteiungen, Spaltungen und Häresien: Von Streit und Eifersucht wusste schon Paulus in Korinth zu berichten. Aufs Ganze gesehen, lassen sich konfessionskundlich drei große Gruppen unterscheiden: die katholischen Kirchen, die orthodoxen Kirchen und die aus der Reformation des 16. Jahrhunderts hervorgegangenen evangelischen Kirchen, wobei die Selbstbezeichnungen jeweils ein Chrakteristikum hervorheben, das aber nicht exklusiv verstanden werden darf: Katholisch (allumfassend), orthodox (rechtgläubig) und evangelisch (am Evangelium orientiert) muss jede Kirche sein. 7.1 Die katholischen Kirchen Zu den katholischen Kirchen zählen die aus dem altkirchlichen römischen Patriarchat des Westens hervorgegangene lateinische, römisch-katholische Kirche und die mit ihr verbundenen unierten Ostkirchen. Die römisch-katholische Kirche ist mit über einer Milliarde Mitgliedern die größte christliche Kirche, ihr gehören mehr als die Hälfte aller Christen an; den unierten Kirchen gehören etwa 18 Millionen an. Die katholische Kirche ist von imponierender Geschlossenheit, sie hat im päpstlichen Rom ihren Mittelpunkt und im Papst nicht nur ihr Oberhaupt, sondern auch den weltweit anerkannten Repräsentanten. Gegenüber den evangelischen Kirchen betont die katholische Kirche die Kontinuität einer zweitausendjährigen Geschichte, wobei nicht nur in der Selbstwahrnehmung, sondern auch von Außenstehenden leicht übersehen wird, dass mit der Reformation in der westlichen Christenheit ein epochaler Umbruch stattgefunden hat und sich die römisch-katholische Kirche als Konfession erst in der Folge dieses Umbruchs herausgebildet hat. Zu dem Kontinuitätsanspruch gehört, dass sich die katholische Kirche auch alle Verfehlungen der Kirchengeschichte zurechnen lassen muss, was Papst Johannes Paul II. mit dem Schuldbekenntnis vom 12. März 2000 angenommen hat. Die katholische Kirche ist auch als Weltkirche immer noch eine westliche Kirche, die Kirche des Abendlandes, mit dem Schwerpunkt in Mitteleuropa und Südeuropa. In Europa leben allerdings nur mehr knapp mehr als ein Viertel aller Katholiken, die Mehrzahl lebt inzwischen in der südlichen Hemisphäre. Eine große Mehrheit der Bevölkerung bilden die Katholiken in den meisten Ländern Südamerikas und auf den Philippinen. 7.2 Orthodoxe Kirchen des Ostens Den gleichen Anspruch auf Kontinuität mit der Kirche des Altertums wie die katholische Kirche erheben die orthodoxen Kirchen, die sich in der Nachfolge der vier Patriarchate im Osten des römischen Reiches sehen. Das Verhältnis der fünf Patriarchate der alten Kirche war immer auch von Rivalitäten bestimmt; es gab unterschiedliche Konstellationen und Koalitionen, doch zeichnete sich ab der Mitte des 1. Jahrtausends bereits die Bruchlinie zwischen Ost und West ab. Durch das Vordringen des Islam gerieten die Patriarchate von Alexandria, Jerusalem und Antiochia unter Fremdherrschaft; 1453 wurde schließlich auch Konstantinopel von den Osmanen erobert und der Patriarch von Konstantinopel zum Schutzherrn der Christen unter muslimischer Herrschaft, während die neue russische Kirche den Anspruch erhob, nun das Zentrum der östlichen Christenheit zu sein. Die Einheit zwischen Ost- und Westkirche war nach mehreren Schismen und Unionen 1054 endgültig zerbrochen. Noch folgenreicher war allerdings die Eroberung Konstantinopels durch die lateinischen Kreuzfahrer im Jahr 1204. Unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches verstärkte sich im Osten das Bewusstsein der Koinzidenz von Nation und Konfession - in der Neuzeit wurde dies zu einem Hauptcharakteristikum der Orthodoxie, so dass sich die Ostkirchen heute als Nationalkirchen darstellen. Zur Gemeinschaft der orthodoxen Kirchen zählen sich heute 14 autokephale und sieben autonome Nationalkirchen mit circa 150 Millionen Gläubigen. Die orthodoxen Kirchen, die sich auf die Ostkirche des Jahres 1054 zurückführen lassen, erkennen gemeinsam mit der Westkirche die ersten sieben ökumenischen Konzile als verbindlich an. Es gab allerdings Teile der Reichskirche, die die Beschlüsse des dritten (Ephesus 431) und vierten ökumenischen Konzils (Chalkedon 451) nicht anerkannten; sie werden oft altorientalische Nationalkirchen genannt. Dazu gehörte die Kirche auf dem Boden des Perserreiches, oft auch als Nestorianerkirche bezeichnet, sowie die monophysitischen Kirchen, die die Zweinaturenlehre des Konzils von Chalkedon ablehnten und deshalb auch als vor- oder nichtchalkedonische Kirchen bezeichnet werden, so die syrische orthodoxe Kirche oder jakobitische Kirche. Zahlenangaben sind schwierig, aber insgesamt dürften knapp 10 Prozent der Christen, also etwa 190 Millionen Gläubige, orthodoxe Christen sein. Die orthodoxen Kirchen stehen heute durch den Zusammenbruch des Kommunismus, unter dessen Herrschaft sie verfolgt, zum Teil auch korrumpiert wurden, vor einer völlig neuen Herausforderung. 7.3 Anglikanische Kirchen Fasst man den Begriff Reformation weit, gehört auch die anglikanische Kirche zu den aus der Reformation hervorgegangenen und von ihr geprägten Kirchen. Genauer muss man von anglikanischen Kirchen oder anglikanischer Kirchengemeinschaft sprechen, die sich vorwiegend durch die Mission im ehemaligen britischen Commonwealth verbreitete und vor allem für die Kirchen in Nordamerika große Bedeutung gewann. Zur anglikanischen Kirchengemeinschaft zählen circa 80 Millionen Gläubige (4 Prozent der Christen); die Mehrheit lebt in Übersee. 7.4 Evangelische Kirchen und Gemeinschaften Die evangelischen Kirchen oder Gemeinschaften werden auch als Protestanten bezeichnet. Die Zahl der Protestanten dürfte knapp 400 Millionen betragen, das sind etwa 20 Prozent der Christenheit. Die Kirchen in der Tradition Martin Luthers werden lutherische Kirchen genannt, die Kirchen in der Tradition der Schweizer Reformatoren Zwingli und Calvin reformierte Kirchen. Der Schwerpunkt des Luthertums liegt in Deutschland und in den skandinavischen Ländern, die reformierten Kirchen haben in Europa in den Niederlanden, in der Schweiz, in Schottland, Ungarn und Frankreich Schwerpunkte und sind in Nordamerika stark vertreten. 7.5 Freikirchen Der Begriff der Freikirche besagt, dass ihre Mitglieder ihr aus freier Entscheidung angehören, ohne ihr durch Geburt oder Säuglingstaufe verbunden zu sein. Vor allem die Tradition Calvins mit der Betonung der Einzelgemeinden hat im Kongregationalismus zu einer Vielzahl von unabhängigen Gemeinden geführt. Diese Kirchen betonen die Eigenständigkeit der einzelnen Ortsgemeinde, so dass es (mit Ausnahme der Verpflichtung auf die Bibel) kaum für alle verbindliche Gemeinsamkeiten gibt. Als Freikirchen organisierten sich auch die meisten Gemeinschaften, die aus der dritten großen Strömung der Reformation des 16. Jahrhunderts, dem Spiritualismus (Religion des Geistes) hervorgegangen sind. Dazu gehören vor allem die Gruppen, die Luther als Schwärmer und Schwarmgeister verdammt hat und die auch als ,,linker Flügel" der Reformation bezeichnet werden. Ein weiterer Typus von Freikirchen entstand durch den Widerspruch gegen das Staats- oder Landeskirchentum bzw. durch das Aufkommen neuer religiöser Erfahrungen und geistiger Strömungen, die in den Großkirchen keinen Platz fanden. Das Spektrum der Freikirchen ist groß und die Abgrenzung schwierig. Ihre Zahl dürfte bei über 300 liegen. In konfessionskundlichen Darstellungen werden je nach angelegten Auswahlkriterien und Umfang meist zwischen 20 und 100 näher beschrieben. 7.6 Sekten Die Freikirchen verstehen sich in der Regel nicht als die einzig mögliche Form der Verwirklichung des Christlichen. Sie gehen vielmehr davon aus, dass es neben ihnen auch andere legitime christliche Gemeinschaften gibt. Dies unterscheidet sie von den Sekten, die sich im alleinigen Besitz der Wahrheit glauben, sich nach außen hin abschotten oder lediglich missionarisch wirken wollen. Allerdings ist der Übergang zwischen Freikirche und Sekte fließend, ebenso der Übergang von Sekten zu neuen Religionen. Dort, wo die Bibel nicht mehr als Legitimationsbasis dient, sondern durch neue Offenbarungen als überholt erscheint, kann man kaum noch von einer christlichen Gemeinschaft sprechen. 7.7 Kirchen der Dritten Welt Der große missionarische Aufbruch der christlichen Kirchen im 19. Jahrhundert stand noch ganz im Zeichen des Eurozentrismus; dieser exportierte das europäische Christentum mit seinen Kirchenformen in die ganze Welt. Erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts erfolgte hier ein Paradigmenwechsel von der Missionierung zur Inkulturation. 7.8 Ordenswesen und Mystik Im Christentum existierte von Beginn an auch die Askese im Sinn des Verzichts auf Besitz, Ehe, Kultur, Komfort, Speise, Trank, Schlaf usw. als Lebensform der Nachfolge Christi. Im ausgehenden 3. Jahrhundert wurde sie von dem Einsiedler Antonius in Ägypten zum Mönchtum ausgestaltet. Pachomius begründete im 4. Jahrhundert die Lebensform der Mönchsgemeinschaft. Dieser neue Aufbruch hatte auch mit der konstantinischen Wende zu tun, wodurch die Kirche zur Reichskirche und zur Staatsreligion avancierte. Viele Christen suchten nun nach neuen Formen ernsthaften und kompromisslosen Christseins. Die Mönche lösten die Märtyrer als große Vorbilder ab. Dabei gab es auch bizarre Formen wie die Säulenheiligen, die aber das Volk faszinierten. Andere wie die Messalianer erregten durch ungewöhnliches Verhalten, wie Beschwörung und Zertreten des Teufels durch ekstatischen Tanz oder Abwehr der Dämonen durch Fingerschnalzen und Spucken, die Empörung der christlichen Gemeinden. Die Rückbindung des östlichen Mönchtums an die Kirche und deren Strukturen vollzog Basilius, Bischof von Caesarea in Kappadokien, der entscheidend zur Formulierung des Trinitätsdogmas beitrug und als einer der griechischen Kirchenlehrer verehrt wird. Der Westen lernte das Mönchtum durch Athanasios, den Bischof von Alexandria, kennen, der 335 von zwei Mönchen an seinen Verbannungsort Trier begleitet wurde. Mit seiner Lebensbeschreibung des Antonius machte er das Mönchsleben des Ostens im Abendland bekannt. Stark vom Mönchtum angezogen wurde die spätantike Aristokratie: das Inselkloster Lerins wurde zur Zuflucht der gallorömischen Aristokraten vor den Germanen. Vater des abendländischen Mönchtums wurde schließlich Benedikt von Nursia, der 529 in Montecassino ein Kloster errichtete, für das er seine berühmte Ordensregel, die Benediktusregel, verfasste. Vom Wandermönchtum geprägt waren die irisch-schottische und die angelsächsische Kirche, die ihre Glaubensboten auf das Festland sandten. Der Abt Benedikt von Aniane reorganisierte das Mönchtum im Reich der Karolinger und machte es zum Kulturträger. Vom Kloster Cluny nahm die große Kirchenreform des Mittelalters ihren Ausgang, die mit der Wahl des Benediktinermönchs Hildebrand zum Papst (Gregor VII.) der gregorianischen Reform als Wegbereiterin diente. Große Ausstrahlung hatten die neuen Orden des hohen und späten Mittelalters, die Predigerbrüder des Dominikus und die Minderen Brüder in der Nachfolge des Franz von Assisi. Für die römisch-katholische Kirche der Gegenreformation war der neu gegründete Jesuitenorden des Ignatius von Loyola von größter Bedeutung. Im Großen und Ganzen waren Klöster und Orden in die kirchlichen Strukturen eingebunden. Manchmal wurden anarchische Tendenzen auch kirchenpolitisch instrumentalisiert, etwa wenn die Mönche im Gefolge des Bischofs von Alexandria auf Konzilen die Gegner terrorisierten wie auf dem Konzil von Ephesus 431. Immer wieder waren die Klöster aber auch Stätten, in denen sich eine enthusiastisch-mystische Frömmigkeit Bahn brach, die dann allerdings rasch mit den kirchlichen Autoritäten in Konflikt geriet. Vor allem das östliche Mönchtum war ein Nährboden für die Mystik. Auch eine neue Mystik, die von der Gewalt der Liebe (so der Titel einer Abhandlung Richards in der Abtei Sankt Viktor vor den Toren von Paris) überwältigt wurde, entstand in den Klöstern. Bemerkenswert ist der hohe Anteil von Frauen an dieser Bewegung, unter denen Hildegard von Bingen hervorragt. Die Beginen des 13. Jahrhunderts lehnten die Unterordnung unter die Männerorden ab, Mechthild von Magdeburg, die zu ihnen zählt, schrieb über das fließende Licht der Gottheit. Der Dominikaner Meister Eckhart schilderte die mystische Erfahrung als ein bild- und wortloses Einssein mit Gott. In Spanien beschieb die Reformerin des Karmeliterordens Theresia von Ávila die sieben Wohnungen der inneren Burg, und der Karmelit Johannes vom Kreuz den Aufstieg zum Berge Karmel und die dunkle Nacht der Seele. Ab dem 16. Jahrhundert drängten der Konfessionalismus und anschließend die Aufklärung die Mystik zurück. 8 CHRISTLICHE ÖKUMENE UND DIALOG DER RELIGIONEN Nach der Auffächerung des Christentums in mehrere Kirchen und Gemeinschaften vor allem im Gefolge der Reformation des 16. Jahrhunderts und nach der Abschottung der großen Konfessionen gegeneinander entwickelte sich im 20. Jahrhundert die ökumenische Bewegung zu einem signifikanten Zug des Christentums. 1920 war das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel die erste Kirche, die öffentlich dazu aufgerief, ein ständiges Gremium für die Gemeinschaft und Zusammenarbeit ,,aller Kirchen" zu schaffen. Ähnliche Appelle kamen in den zwanziger Jahren von Kirchenführern wie Erzbischof Nathan Söderblom aus Schweden und J. H. Oldham aus Großbritannien. 1948 wurde in Amsterdam der Weltkirchenrat gegründet. Er brachte die verschiedenen Strömungen des ökumenischen Lebens im 20. Jahrhundert auf internationaler Ebene zum Ausdruck. Zwei dieser Strömungen - praktisches Christentum (Life and Work) sowie Glauben und Kirchenverfassung (Faith and Order) - vereinigten sich auf der Ersten Vollversammlung in Amsterdam. Eine dritte - die Missionsbewegung, die sich im Internationalen Missionsrat (IMR) organisiert hatte -, schloss sich dem Rat 1961 auf der Dritten Vollversammlung in Neu-Delhi an; eine vierte Bewegung, die der christlichen Erziehung gewidmet war und auf die Sonntagsschulbewegung des 18. Jahrhunderts zurückging, wurde 1971 durch den Zusammenschluss des ÖRK mit dem Weltrat für christliche Erziehung in den Rat integriert. Seit der Dritten Vollversammlung in Neu-Delhi 1961 lautet die ÖRK-Basis: ,,Der ÖRK ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes." Mitglieder des ÖRK können nur Kirchen sein, nicht Einzelpersonen oder Verbände; Mitgliedskirchen müssen in der Regel mindestens 25 000 Mitglieder haben. Kirchen mit über 10 000 Mitgliedern können angeschlossene Kirchen werden, die in allen Gremien voll mitarbeiten, aber kein Stimmrecht haben. Im Jahr 2000 gehörten dem ÖRK 337 Kirchen in über 120 Ländern auf allen Kontinenten und aus praktisch allen christlichen Traditionen mit insgesamt etwa 400 Millionen Mitgliedern an. Die weltweit größte christliche Kirche, die römisch-katholische Kirche, ist zwar nicht Mitglied des ÖRK, arbeitet aber seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eng mit dem Weltkirchenrat zusammen. Damit sind gegenwärtig drei Viertel der Christenheit auf dem Weg, die Zerstrittenheit, die bis zu gegenseitigen Vernichtungskriegen geführt hat, zu überwinden. Seit dem Aufbruch der katholischen Theologie im 20. Jahrhundert, der auch das Zweite Vatikanische Konzil geprägt hat, ist es sowohl bei katholischen wie protestantischen Theologen üblich geworden, auch das Denken der anderen Konfession in die eigenen Überlegungen einzubeziehen. Seither kann, nach 500 Jahren, wieder mit einigem Recht von einer christlichen Theologie gesprochen werden. Dadurch, dass in der Theologie wieder gründlich gedacht und das Fragen auf die ursprünglichen Erfahrungen gerichtet wird, ergeben sich auch neue Möglichkeiten wechselseitigen Verstehens zwischen den Religionen, das allerdings durch den meist politisch instrumentalisierten Fundamentalismus, den es ebenfalls in allen Religionen gibt, konterkariert wird. An das historische Weltparlament der Religionen in Chicago von 1893 knüpfte die Hundertjahrfeier 1993, ebenfalls in Chicago, an. In einer Erklärung zum Weltethos, die maßgeblich von dem christlichen Theologen Hans Küng formuliert wurde, verpflichteten sich die anwesenden Religionsführer feierlich, die in den Religionen bereits existierenden Gemeinsamkeiten an unverrückbaren ethischen Weisungen bewusst zu machen und zu verwirklichen. Bearbeitet von: Karl Pichler Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. 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« In der Trinitätslehre wurde das Verhältnis der drei göttlichen Personen zueinander geklärt; in der Christologie geht es um die nähere Bestimmung des Verhältnisses vongöttlicher und menschlicher Natur in Jesus Christus.

Nach einem Jahrhunderte dauernden Streit, in dem sich Theologie, Politik und kirchenpolitisches Vormachtstrebenunentwirrbar vermischten, wurde auf dem Konzil von Chalkedon 451 die Zweinaturenlehre als Glaubenssatz festgelegt: Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch.Damit wurden sowohl der Nestorianismus wie der Monophysitismus zurückgewiesen.

Eine Vorentscheidung war zuvor auf dem Konzil von Ephesus 431 gefallen, wofestgelegt worden war, dass Maria Gottesgebärerin genannt werden dürfe – was Nestorius, der Bischof von Konstantinopel, abgelehnt hatte: Man könne nur sagen, dass vonMaria der Mensch Jesus, nicht aber, dass Gott von ihr geboren worden sei.

Während Nestorius in der Tradition der antiochenischen Theologie stand, war sein schärfsterGegner Kyrill, Bischof von Alexandrien, der Hochburg des Monophysitismus, der dazu tendierte, die göttliche Natur in Jesus zu verabsolutieren.

Allerdings führte, was inChalkedon als dogmatische Einigungsformel intendiert war, zur Abspaltung großer Teile der damaligen Christenheit von der Reichskirche.

Die Kirche im Persien derSassaniden bekannte sich zur Zweinaturenlehre des Nestorius und markierte auch so Distanz zur Reichskirche, während sich die äthiopische, koptische und jakobitischeKirche als Monophysiten aus ihr lösten. 4.3 Pneumatologie Die Lehre vom Heiligen Geist (griechisch hagion pneuma; lateinisch spiritus sanctus ) ist ein eher sperriger Traktat der Theologie.

Der Geist Gottes schwebte bei der Schöpfung über der Urflut; von ihm hat Maria Jesus empfangen, er kam bei der Taufe Jesu in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und an Pfingsten ließ er sich in Gestalt einerFeuerzunge auf den versammelten Jüngern nieder.

Er ist die dritte göttliche Person, wird aber nur selten als Person, sondern meistens in Symbolgestalt, eben als Taubeoder Feuerzunge, dargestellt.

Er leitet die Kirche und hält sie in der Wahrheit, noch mehr beunruhigt er sie aber in Gestalt der Spiritualen und Spiritualisten, die sich wieJoachim von Fiore um 1200 als Vorboten eines „Geistzeitalters” verstehen, das auf die Zeit der Kirche als Reich des Sohnes folgen soll.

Spiritualisten begleiteten bereits dieReformation und wollen sie zu Ende führen; sie wurden von Martin Luther aber als Schwärmer und Schwarmgeister verdammt.

Siehe auch Montanismus; Quäker; Pfingstbewegung; charismatische Bewegung 4.4 Schöpfung, Sünde und Erlösung Aus der Bibel (und damit aus dem Judentum) übernahm das Christentum den Glaubenssatz, dass Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde sei, und entfaltete ihn dahin,die Schöpfung als Schöpfung aus dem Nichts aufzufassen.

Auch die Lehre über den Menschen (Anthropologie) folgt der Bibel: Gott hat den Menschen als sein Ebenbildgeschaffen und ihn in das Paradies gesetzt; mit dem Sündenfall ( siehe Sünde) aber kamen der Tod und die Mächte des Unheils in die Welt, wie der erste große Theologe des Christentums, Paulus, eindrucksvoll darlegte.

Die Verderbtheit der Menschheit wird dann von den christlichen Theologen als Erbsünde oder Erbschuld weiter bedacht.

DieDüsternis der Erbsündenlehre des Augustinus prägte das christliche Denken und Fühlen über die Jahrhunderte.

In der Geschichte des Christentums verbanden sich immerwieder Sündenbewusstsein, Schuldgefühl und Angst vor der Verdammung zu bedrückenden Szenarien, die an religiösen Wahn denken lassen.

Dass die Sündenlehre desPaulus ihre Sinnspitze in der Erlösung und Befreiung von der Sünde in und durch den neuen Adam Jesus Christus hat, ist oft nicht mehr durchgedrungen.

Aber dasChristentum ist, gerade als Sünden- und Schuldreligion, auch Erlösungsreligion.

Es ist getragen von einer unüberwindlichen Heilszuversicht; auch dieses schon von Paulusangeschlagene Thema erklingt durch die Jahrhunderte. 4.5 Kirche und Sakramente Gemäß der paulinischen Lehre hat Christus die endgültige Versöhnung mit Gott bewirkt: Die Gläubigen sind in Christus ein für allemal geheiligt und sind Glieder seinesLeibes, der in der Geschichte durch die globale Gemeinde sichtbar wird.

Während in den Evangelien das Wort „Gemeinde” nur selten erwähnt wird und in derApostelgeschichte eher praktische Aspekte des Gemeindelebens geschildert werden, entwickelt Paulus in seinen Briefen die Lehre von der Gemeinde bzw.

Kirche ( siehe Ekklesiologie).

Als Selbstvergewisserung der Heilsanstalt Kirche geriet die Ekklesiologie nur zu oft zu einer Herrschaftslehre und zu einem Triumphalismus der Hierarchie,der heiligen Herrschaft.

Auf die weiteste Überdehnung des Anspruchs im Papsttum des Hochmittelalters folgte allerdings unmittelbar der Niedergang und Machtverfall. In der Theologie der großen christlichen Kirchen werden die Sakramente als Heilsmittel verstanden.

Sie gelten als die sichtbare Form der unsichtbaren Gnade.

Die Zahl derSakramente schwankt, bis sich im Hochmittelalter die Siebenzahl von Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Krankensalbung, Weihe und Ehe durchzusetzen begann.

Taufe,Firmung und Weihe können nicht wiederholt werden.

Diese sieben Sakramente gelten in der katholischen Kirche und in den Ostkirchen, während die protestantischenKirchen meist nur die Sakramente Taufe und Abendmahl (Eucharistie) kennen.

Der Ablass, eine zum Sakrament der Buße gehörige Praxis, die die römische Kurie in ihrFiskalsystem eingebunden hatte, wurde zum Auslöser der Reformation.

Der Dissens zwischen Luther und Zwingli in der Abendmahlsfrage im Marburger Religionsgespräch1529 verhinderte die Einheit der deutschen Reformation.

Ein weiter Bereich weiterer heiliger Handlungen wird im Katholizismus als Sakramentalien bezeichnet. 5 KIRCHE UND POLITIK Wie jede Religion, so hatte auch das Christentum von Anfang an eine politische Dimension und politische Implikationen.

Waren es zunächst lokale Umstände undBedingungen, die die Christen im römischen Reich in Bedrängnis brachten, führte der römische Staat Mitte des 3.

Jahrhunderts unter Decius und dann noch einmal zuBeginn des 4.

Jahrhunderts unter Diokletian systematische Verfolgungen durch, an deren Ende allerdings das Toleranzedikt von Diokletians Nachfolger Galerius von 311stand, das die Christen aufforderte, nun zu ihrem Gott für das Heil des Kaisers und des Reiches zu beten.

Gleich darauf begann mit Konstantins Maßnahmen gegen dieDonatisten das dunkle Kapitel der Verfolgung häretischer Christen durch die christliche Staatskirche, das in der Inquisition einen seiner blutigen Höhepunkte fand. Die Christenheit des Abendlandes war durch die Bipolarität von geistlicher und weltlicher Macht gekennzeichnet, die von außen aber als die eine christliche Machtwahrgenommen wird.

Ähnliches galt für das byzantinische christliche Reich und das russische christliche Reich.

Distanz zu Politik und Macht übte nie das Christentum ansich, sondern einzelne Personen oder Gruppen, die sich gegen die herrschende Gestalt des Christentums ihrerseits christlich legitimierten.

Im Hochmittelalter waren dieGuelfen nicht weniger christlich als die Ghibellinen oder umgekehrt.

Erst mit der Konfessionalisierung der Neuzeit, dem staatlichen Absolutismus und unter den Vorzeichender Säkularisierung entstand für das nun kirchlich verfasste Christentum der Spielraum, sich in die Politik einzuschalten oder sich aus ihr herauszuhalten. 6 GLAUBE UND WERKE Grundlage für Ethik und Moral des Christentums ist die Bibel, vor allem der Ethos der Bergpredigt.

Auch hier formulierte schon Paulus die entscheidenden Fragen.

Inpersönlicher Gewissensnot las Martin Luther 1500 Jahre später die Paulusbriefe und fand dort die befreiende Einsicht, dass allein die Gnade allein durch den Glauben denMenschen mit Gott versöhnt und die Rechtfertigung des Menschen wirkt.

Die Frage, ob man sich das Heil mit Werken der Frömmigkeit im wörtlichen Sinn erkaufen könne,war im 16.

Jahrhundert eine drängende Frage.

Erst 1999 stellten lutherische und katholische Kirche fest, dass die von Luther und vom Konzil von Trient formuliertenAntworten nicht kirchentrennend wirken müsste.

So schwer diese Rechtfertigungslehre auch zu verstehen ist – Luther selbst war der Meinung, sie sei eine Angelegenheit fürSpezialisten –, so deutlich macht die ständige Erfahrung der Selbstgerechtigkeit, dass damit tatsächlich eine Grundfrage des religiösen Lebens zur Debatte steht. 7 KONFESSIONSKUNDE Geschichtlich erscheint das Christentum als kirchlich bzw.

gemeindlich verfasstes Christentum, das sich in Raum und Zeit in einer Vielfalt von Kirchen, Konfessionen,Denominationen und Gemeinschaften darstellt.

Von Anfang an kam es zu Parteiungen, Spaltungen und Häresien: Von Streit und Eifersucht wusste schon Paulus in Korinthzu berichten.

Aufs Ganze gesehen, lassen sich konfessionskundlich drei große Gruppen unterscheiden: die katholischen Kirchen, die orthodoxen Kirchen und die aus der. »

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