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Dritte Welt Dritte Welt, Sammelbegriff für eine nicht einheitliche Gruppe von Staaten, die unter ökonomischen Gesichtspunkten oft als Entwicklungsländer bezeichnet werden.

Publié le 16/06/2013

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Dritte Welt Dritte Welt, Sammelbegriff für eine nicht einheitliche Gruppe von Staaten, die unter ökonomischen Gesichtspunkten oft als Entwicklungsländer bezeichnet werden. Der Begriff ,,Dritte Welt" entstand um 1950 in der Zeit des beginnenden Kalten Krieges, als sich zwei feindlich gegenüberstehende Machtblöcke herausgebildet hatten - die (kapitalistische) ,,Erste Welt" unter der Führung der USA und die (kommunistische) ,,Zweite Welt" unter der Führung der Sowjetunion. Ein Großteil der keinem der beiden Machtblöcke zugehörigen Staaten, die ,,Dritte Welt" formierte sich auf der so genannten Bandungkonferenz 1955 zur Bewegung blockfreier Staaten, zu der beispielsweise Indien, Ägypten, Indonesien und Jugoslawien gehörten und deren charismatische Führer damals Jawaharlal Nehru, Gamal Abd el-Nasser und Josip Tito waren. Im Zuge der Dekolonisation nach dem 2. Weltkrieg, insbesondere ab etwa 1960, stieg die Zahl der Drittweltstaaten rasch an. Seit 1964 bilden die Staaten der Dritten Welt die informelle, inzwischen auf über 130 Mitglieder angewachsene Gruppe der 77, um gemeinsam ihre Probleme und Interessen gegenüber den reichen Industriestaaten mit mehr Nachdruck artikulieren und durchsetzen zu können. Fast alle Staaten der Dritten Welt waren bis zum Ende des 2. Weltkrieges und teilweise darüber hinaus Kolonien, wie z. B. Indien (britisch), Indonesien (niederländisch), die Demokratische Republik Kongo (belgisch) oder Algerien (französisch) - was ihre bis heute anhaltende wirtschaftliche Unterentwicklung im Vergleich zu den westlichen Industrienationen erklärt: Sie und ihre Ressourcen wurden jahrhundertelang von den Kolonialmächten ausgebeutet, und selbst ihre heutigen Grenzen wurden von den Kolonialmächten willkürlich festgelegt. Heute leben etwa zwei Drittel der Menschheit in den Entwicklungsländern der Dritten Welt, und zwar in einem globalen geopolitischen Gürtel, der sich über weite Teile von Lateinamerika, Afrika und Asien erstreckt. Gemeinsame Merkmale der Staaten der Dritten Welt sind in der Regel: koloniale Vergangenheit, die teilweise nur durch bewaffnete nationale Befreiungskämpfe abgeschüttelt werden konnte; extremer wirtschaftlicher Nachholbedarf und neokoloniale Abhängigkeit von den Weltmarktpreisen für die eigenen Rohstoffe; enorme Defizite hinsichtlich Sozial- und Infrastruktur, vor allem im Gesundheits- und Bildungswesen sowie in politischen und staatlichen Strukturen. Hinzu kommen eine hohe Staatsverschuldung aufgrund der Abhängigkeit vom Weltmarkt, eine kaum zu verkraftende Überbevölkerung sowie in vielen Drittweltstaaten Korruption innerhalb der jeweils herrschenden politischen Eliten, verstärkt vor allem in Afrika durch tribalistische Konflikte, die der Kolonialismus durch seine willkürlichen Grenzziehungen entweder hinterlassen oder neu geschaffen hat. Innerhalb der Dritten Welt gibt es heute erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Bruttosozialprodukts pro Kopf: Den wenigen Schwellenländern wie Singapur, Taiwan oder Südkorea, denen eine nachholende Industrialisierung nach westlichem Vorbild zumindest teilweise gelungen ist, steht eine ständig wachsende Zahl von wirtschaftlich völlig unterentwickelten, verschuldeten und verarmten Staaten gegenüber, die mittlerweile unter dem Begriff ,,Vierte Welt" subsumiert werden. Aus all diesen Gründen kommt es in den Ländern der Dritten Welt häufig zur Entstehung von Diktaturen, die sich dem Anspruch nach oft als ,,Erziehungsdiktaturen" verstehen, aber meistens Hand in Hand gehen mit rücksichtsloser Bereicherung der nationalen Eliten, wie z. B. durch Somoza in Nicaragua, Marcos auf den Philippinen, Mobutu in Zaire oder Suharto in Indonesien. Die Diskrepanz zwischen den entwickelten Industriestaaten und den Ländern der Dritten Welt, ablesbar am Bruttosozialprodukt pro Kopf, wird seit den siebziger Jahren schlagwortartig auch mit dem ökonomisch-geopolitischen Begriff Nord-Süd-Konflikt bezeichnet. Experten sehen in diesem Konflikt einen der großen Konfliktherde der Gegenwart und der Zukunft und sind der Meinung, dass sich dieser Konflikt durch den heute allgegenwärtigen Neoliberalismus und die einseitig mystifizierte Globalisierung sowie in Folge der Politik von Welthandelsorganisation, Internationalem Währungsfonds und Weltbank noch mehr verschärfen wird. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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