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James Joyce (Sprache & Litteratur).

Publié le 12/06/2013

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James Joyce (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG James Joyce (1882-1941), irischer Schriftsteller. Seine psychologisch differenzierte Darstellung des irischen Gesellschaftslebens zur Jahrhundertwende (Dubliner, 1914) und seine innovativen literarischen Techniken machten ihn neben Marcel Proust und Robert Musil zum wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts. Joyce' Ulysses (1922) gilt als Prototyp des modernen Experimentalromans, Finnegans Wake (1939) entwirft gar eine Art vorbabylonischer Ursprache und nimmt entscheidende Tendenzen der literarischen Postmoderne vorweg. James Augustine Aloysius Joyce wurde am 2. Februar 1882 in Dublin geboren und besuchte dort zunächst die Jesuitenschule Clongowes Wood. Anschließend war er bis 1898 am Royal University College. Nach 1902 lebte er ein Jahr im Ausland, zunächst in London (Bekanntschaft mit William Butler Yeats), später dann in Paris, wo er ein begonnenes Medizinstudium schnell wieder abbrach. Schon während dieser Schul- und Studienjahre machten sich jene starken antikatholischen Tendenzen bemerkbar, die später auch im literarischen Werk auftraten und ihn bei der konservativen Kritik in Misskredit brachten. Zu dieser Zeit war Joyce noch stark vom Naturalismus, namentlich von Henrik Ibsen, beeinflusst (The New Ibsen, 1900): Unter anderem unternahm er eine (recht dilettantische) Übersetzung von Gerhart Hauptmanns Vor Sonnenaufgang. Um 1900 begann Joyce mit der Arbeit am Roman Stephen Hero. 1904 folgten erste Gedichtveröffentlichungen und Versuche als Verfasser von Kurzgeschichten. Im selben Jahr verließ Joyce Dublin mit seiner Geliebten und späteren Ehegattin Nora, geborene Barnacle, endgültig (ein letzter Besuch erfolgte 1912). Das Paar übersiedelte nach Triest, wo der äußerst sprachbegabte Schriftsteller Englisch an der Berlitzschule unterrichtete, Yeats ins Italienische übersetzte und Freundschaft mit dem Dichter Italo Svevo schloss. Trotz zunehmender literarischer Popularität lebte die Familie meist recht dürftig von Joyce' Arbeit als Sprachlehrer und von Zuwendungen wohlhabender Gönner. 1907 erlitt Joyce eine Entzündung der Regenbogenhaut, erstes Anzeichen ernsthafter Augenprobleme, die später zu fast völliger Blindheit führten. 1915 zog das Paar mit seinen Kindern Giorgio und Lucia nach Zürich (Bahnhofstrasse, 1918). Hier kam Joyce indirekt mit den Zürcher Dadaisten um Hans Arp in Berührung (denen er als ,,arpists" in Finnegans Wake ein literarisches Denkmal setzte) und lernte u. a. die Expressionisten René Schickele und Ivan Goll kennen. Auch kam er mit der Dramatik Frank Wedekinds in Berührung. 1919 begann Joyce mit dem Nausikaa-Kapitel des Ulysses (ein Jahr zuvor waren bereits die Abschnitte Lotophagen, Hades, Aeoulos, Zyklop sowie die Lästrygonen und die Sirenen in Zürich entstanden). Von der Zürcher Zeit des Autors zeugen einige Allusionen an das Schwyzerdütsche und die Namen bestimmter lieb gewonnener Orte im polyphon-mehrsinnigen Sprachkonglomerat von Finnegans Wake, darunter der Brauch des Sechseläutens (,,Sexaloitez", ,,Bing Bong! Saxolooter") und die Sihlpost in der Nähe des Hauptbahnhofs (,,You don't say, the Sillypost?"). Auch die Namen der Schriftsteller Theodor Storm und Gottfried Keller sind auf einer Sprachebene des Romans in der Formulierung ,,in his storm cellar" verborgen (vgl. auch die Zurich Notebooks, State University of New York, Buffalo). Nach 1920 sollte die Familie Joyce für über zwanzig Jahre in Paris eine Heimat finden. Von hier aus kehrte der Autor nach 1930 öfters nach Zürich zurück, um sich von dem berühmten Augenspezialisten Alfred Vogt operieren zu lassen. In Paris erschien 1922 der Ulysses bei Silvia Beachs Shakespeare & Co. Als die französische Hauptstadt 1940 von deutschen Truppen besetzt wurde, floh Joyce über Saint-Gérand-le-Puy und Lausanne nach Zürich, wo er am 13. Januar 1941 an den Folgen eines Zwölffingerdarmgeschwürs verstarb. Er wurde auf dem Friedhof Flundern in der Nähe des Zoologischen Gartens beigesetzt. Nicht zuletzt Ezra Pound erwies dem Grab des Dichters seine Referenz. In der Zürcher Augustinergasse, nahe dem Gasthaus Augustiner, in dem der Autor gerne speiste, wurde 1987 die James-Joyce-Stiftung eingerichtet, die neben Devotionalien (Spazierstöcken, der Totenmaske etc.) eine ausgiebige Bibliothek zum Werk des Iren beherbergt und immer wieder Experten zu Vorträgen einlädt. Geleitet wird die Stiftung von dem Joyce-Kenner Fritz Senn (*1928, Nichts gegen Joyce - Joyce versus Nothing, 1983), der auch die Fachzeitschrift A Wake Newsletter mitinitiierte. Darüber hinaus setzten sich die Organe James Joyce Review, The Analyst und James Joyce Quarterly mit den Schriften des Autors auseinander. Seit 1967 existiert in Dublin die James-Joyce-Foundation. Internationale James-Joyce-Symposien erinnern ebenso an den Schriftsteller wie der James Joyce Pub in der Zürcher Pelikanstraße. 2 FRÜHWERK Joyce' erste literarische Einzelveröffentlichung Chamber Music (1907, Kammermusik) umfasst 36 sprachlich vollendete, dabei aber doch konventionelle Liebesgedichte, die unter dem Einfluss der elisabethanischen Dichter des 19. Jahrhunderts entstanden. Bereits die zweite Publikation aber, die Erzählsammlung Dubliners (1914, Dubliner), verrät das literarische Können ihres Autors. In dieser Sammlung von 15 leicht lesbaren Kurzgeschichten befasste sich Joyce mit prägnanten Stationen seiner eigenen Kindheit bzw. Jugend, skizzierte irische Charaktere und schilderte, nicht ohne Hang zur Nostalgie, das private und öffentliche Leben der Bewohner Dublins zur Jahrhundertwende. Die meisterlichste dieser Geschichten, The Dead (Die Toten), die anhand eines grandios beschriebenen Familienfestes die Erstarrung der irischen Oberschicht sowie, parallel dazu, die Geschichte eines verlebten Ehelebens offenbart, wurde 1987 von John Huston opulent verfilmt. In seinem ersten längeren Prosatext, dem Roman A Portrait of the Artist as a Young Man (1916, Porträt des Künstlers als junger Mann), verarbeitete Joyce seine Jugend, intellektuelle Reife und Schulzeit bei den Jesuiten aus der Perspektive des sensiblen Protagonisten Stephen Dedalus. (Eine Frühfassung des Buches, Stephen Hero, wurde erst 1944 posthum veröffentlicht; seinen Titel verdankt das Buch Michail Lermontows Roman Ein Held unserer Zeit.) Hier fand Joyce erstmals zu seinem originellen Stil. Aufgrund der sexuellen Freizügigkeit und der antiklerikalen Stoßrichtung mancher Passagen war kein englischer Verleger bereit, das Porträt herauszubringen. Schließlich wurde es von Harriet Shaw Weaver, einer von Joyce' Gönnerinnen und Herausgeberin des Magazins Egoist, als Privatdruck veröffentlicht (zuvor hatte Weaver die Einzelseiten separat in den USA drucken lassen). Im Porträt bediente sich Joyce erstmals der für sein Hauptwerk zentralen Technik des Stream of consciousness, die eine akribische Nachzeichnung der Gedanken und Empfindungen der Figuren ermöglichte und so dem Leser das Geschehen möglichst unmittelbar nahe zu bringen suchte. Auch machte Joyce im Porträt seine Thomas von Aquin entlehnte und ästhetisch umgedeutete Idee einer Epiphanie anschaulich, bei der den Figuren tief greifende Erkenntnis - eine Art ,,Wesensschau" der Dinge - plötzlich mittels optischer oder akustischer Reize möglich wird (die Theorie der Epiphanie als Offenbarung bzw. Manifestation ist ins Romangeschehen mit eingeflochten). Das Porträt des Künstlers als junger Mann machte Joyce über einen Kreis von Eingeweihten hinaus bekannt. Joyce' nach dem Ulysses und Finnegans Wake herausgegebene Veröffentlichungen, wie die 1936 mit Chamber Music zu Collected Poems zusammengefasste Gedichtsammlung Pomes Penyeach (1927) oder Stephen Hero (1944), fanden nur geringere Resonanz beim Lesepublikum. Die Musikalität der Gedichte regte allerdings eine Reihe von Komponisten zu Vertonungen an. 3 ULYSSES (1922) Internationalen Ruhm erlangte Joyce vor allem mit der Veröffentlichung seines Ulysses. Nachdem der Vorabdruck in der amerikanischen Zeitschrift Little Review (seit 1918) 1920 durch Eingreifen der Zensur eingestellt werden musste, konnte der Roman erst 1922 in Paris in Buchform erscheinen (die erste vollständige Ausgabe erst 1958 in London): Nach der noch unter Mithilfe von James Joyce vorgenommenen - und reichlich fehlerhaften - Eindeutschung durch Georg Goyert (1927) liegt erst seit 1981 eine durch Hans Wollschläger vorgenommene kongeniale Übersetzung vor. Der Titel und das zentrale Motiv des Ulysses, die Irrfahrt (hier: durch die große Stadt), gehen auf Homers Odyssee zurück. Unter permanentem Perspektivewechsel beschreibt der Roman parallel eine Zeitspanne von 24 Stunden im Leben zweier Personen: des Dubliner Anzeigenvertreters Leopold Bloom und des aus dem Porträt des Künstlers als junger Mann bzw. aus Stephen der Held bekannten Stephen Dedalus. (Noch heute wird diesem 16. Juni 1904 von Joyce-Verehrern in Dublin als Bloom's Day gedacht.) Das vordergründige Hauptthema des von Hermann Broch als ,,Welt-Alltag" hochgelobten Ulysses ist Blooms im Grunde banaler Tagesablauf und Dedalus' wachsende Erkenntnis seiner dichterischen Sendung; eigentlich aber entfaltet Joyce ein grandioses Puzzle der Stadt Dublin und ihrer Menschen. Der Dichter selbst gab als Ziel des Romanes an,,,ein so vollständiges Bild von Dublin vermitteln" zu wollen, ,,dass die Stadt, wenn sie eines Tages vom Erdboden verschwände, nach meinem Buch wieder aufgebaut werden könnte". Tatsächlich aber richtet Joyce sein Augenmerk keineswegs vorwiegend auf markante architektonische Punkte Dublins, sondern lässt den Diskurs der Stadt, ihre abstrakte ,,Sprache", lebendig werden. Im berühmten Kapitel Oxens of the Sun gar imaginiert Joyce anhand der Niederkunft einer Frau die ,,Geburt" der irischen Sprache. In den zwölf Teilen des Ulysses ließ Joyce sein gewaltiges enzyklopädisches Wissen einfließen (der Wortschatz des etwa 1 000 Seiten dicken Buches beträgt nahezu 30 000 Wörter; dies entspricht ungefähr dem Wortschatz Goethes): Aufgenommen sind auch abwegige Neologismen, die in der Weltliteratur nur einmal vorkommen und die Joyce gänzlich entlegenen Publikationen entnahm. Überhaupt ist jedes Kapitel des Buches in einem anderen Stil geschrieben; so werden nicht zuletzt alle nur denkbaren literarischen Traditionen parodiert und persifliert. Auch der Stream of consciousness wird im Ulysses meisterlich zur facettenreichen Darstellung von Charakteren eingesetzt (besonders deutlich im berühmten Molly's Monologue am Ende des Romans, der sich auf ein letztes ,,Ja" hin verengt). Die variantenreiche Sprache bezieht auch die ungefilterte Wiedergabe der Gossensprache mit ein. Diese provokante Mischung der Sprachebenen hat Joyce zu einer eigenständigen literarischen Methode entwickelt. Auch wenn Vladimir Nabokov dem Roman unterstellte, eher das Wissen seines Autors zur Schau stellen zu wollen als ein organisch organisiertes Ganzes zu entwerfen, musste er dem Ulysses doch zugestehen, ,,glänzend geschrieben und ein Werk von Dauer" zu sein. 1997 kam eine ,,bereinigte" Fassung des Ulysses in einer von Danis Rose besorgten Reader's Edition heraus, die angeblich der Absicht des Autors entspricht. An den 250 000 Worten des Buches wurden knapp 10 000 Änderungen vorgenommen, darunter bei verwirrenden Zeichensetzungen, anscheinend zufälligen Apostrophen und vermeintlichen Rechtschreibfehlern. Unter Joyce-Forschern war die Ausgabe heftig umstritten. Joyce' Enkel Stephen James Joyce urteilte: ,,Wer die Unverschämtheit besitzt, den Namen James Joyce auf diese schändliche Fehlinterpretation von Ulysses, dem einzigartigen Meisterwerk meines Großvaters, zu setzen, leugnet sein kreatives phantasievolles Genie." 4 FINNEGANS WAKE (1939) Bereits im Ulysses war Joyce' Streben ,,nach einer neuen Art formaler Freiheit" (Wolfgang Hildesheimer) offensichtlich geworden. In seinem letzten und kompliziertesten Werk, Finnegans Wake (1939), schuf der Autor hierfür die geeignete Form. Das zunächst in der Avantgarde-Revue unter dem bezeichnenden Titel Work in progress veröffentlichte Buch ist als unterbrochene Folge von Träumen während einer Nacht im Leben der archetypischen Hauptfigur Humphrey Chimpden Earwicker (H. C. E. = Here Comes Everybody) angelegt. Earwicker, seine Familie und Bekannten repräsentieren die Menschheit als Ganzes. Reale Personen vermischen sich entsprechend der Traumlogik mit verschiedenen historischen und mythischen Figuren. Dabei bedient sich der alle Gattungsmuster sprengende Roman einer zyklischen, an Giovanni Battista Vico orientierten Geschichtstheorie. In der Radikalität dieser Bewusstseinsprosa kommt Joyce der écriture automatique (dem automatischen Schreiben) der Surrealisten formal sehr nahe, allerdings mit dem fundamentalen Unterschied, dass bei ihm kein unreflektierter Schaffensprozess am Anfang, sondern ein minutiös komponiertes Sprachkunstwerk am Ende steht. In Finnegans Wake erschuf Joyce eine eigene Universalsprache aus Wortpartikeln anderer Sprachen, die er zu Polysemen zusammenfügte. Dieses Verfahren bewegte Umberto Eco, den Roman im Zusammenhang mit seiner an Charles Sanders Peirce ausgerichteten Semiotik als Beispiel eines prinzipiell ,,offenen", da immer wieder neu interpretierbaren Kunstwerks anzuführen: Dem Leser bleibt es überlassen, wie in einem unendlichen Labyrinth einer Lesart (auf Kosten einer anderen) zu folgen und damit neue Sinnhorizonte aufzudecken. Dabei bleibt das Konzept der Vieldeutigkeit fließend- poetologisch dargestellt im wohl gelungensten Kapitel Anna Livia Plurabelle, ein Name, der neben dem Namen einer mythischen Hauptfigur den Dubliner Fluss Liffey und das Modell eines semantischen Pluralismus anzitiert. Die Musikalität von Finnegans Wake erschließt sich erst beim lauten Lesen; Joyce, selbst ein ausgezeichneter Sänger und auf Tondokumenten als Rezitator von Anna Livia Plurabelle festgehalten, arbeitete bewusst mit den Möglichkeiten einer polyphonen Melodie. Finnegans Wake ist aufgrund seiner eigenwilligen sprachlichen Gestaltung kaum übersetzbar: Unter anderem Arno Schmidt und Wolfgang Hildesheimer versuchten sich fragmentarisch an dem Projekt. Eine erste komplexe Nachdichtung erfolgte erst 1995. Indem Joyce im Ulysses und in Finnegans Wake Stilmerkmale des Realismus, Naturalismus, Dadaismus und Symbolismus aufgriff und miteinander zu neuer Formgebung verschmelzen ließ, markierte er eine deutliche Zäsur in der Entwicklung der Romangattung sowie in der Literaturgeschichte allgemein. Die psychologische Feinzeichnung seiner Figuren und die epochale Radikalität der experimentellen Techniken haben neue Maßstäbe für den kreativen Umgang mit Literatur gesetzt. Kein Geringerer als T. S. Eliot, der 1942 ein Lesebuch des Autors zusammenstellte und das Vorwort zu den Erinnerungen des Bruders Stanislaw Joyce verfasste ( My Brother's Keeper, 1959; Meines Bruders Hüter), bezeichnete Joyce denn auch als ,,einen der größten Schriftsteller nicht nur unserer Zeit, sondern aller europäischen Literatur". Verfasst von: Thomas Köster Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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« wieder aufgebaut werden könnte”.

Tatsächlich aber richtet Joyce sein Augenmerk keineswegs vorwiegend auf markante architektonische Punkte Dublins, sondern lässt denDiskurs der Stadt, ihre abstrakte „Sprache”, lebendig werden.

Im berühmten Kapitel Oxens of the Sun gar imaginiert Joyce anhand der Niederkunft einer Frau die „Geburt” der irischen Sprache. In den zwölf Teilen des Ulysses ließ Joyce sein gewaltiges enzyklopädisches Wissen einfließen (der Wortschatz des etwa 1 000 Seiten dicken Buches beträgt nahezu 30 000 Wörter; dies entspricht ungefähr dem Wortschatz Goethes): Aufgenommen sind auch abwegige Neologismen, die in der Weltliteratur nur einmal vorkommen und dieJoyce gänzlich entlegenen Publikationen entnahm.

Überhaupt ist jedes Kapitel des Buches in einem anderen Stil geschrieben; so werden nicht zuletzt alle nur denkbarenliterarischen Traditionen parodiert und persifliert.

Auch der Stream of consciousness wird im Ulysses meisterlich zur facettenreichen Darstellung von Charakteren eingesetzt (besonders deutlich im berühmten Molly’s Monologue am Ende des Romans, der sich auf ein letztes „Ja” hin verengt).

Die variantenreiche Sprache bezieht auch die ungefilterte Wiedergabe der Gossensprache mit ein.

Diese provokante Mischung der Sprachebenen hat Joyce zu einer eigenständigen literarischen Methode entwickelt.

Auchwenn Vladimir Nabokov dem Roman unterstellte, eher das Wissen seines Autors zur Schau stellen zu wollen als ein organisch organisiertes Ganzes zu entwerfen, musste erdem Ulysses doch zugestehen, „glänzend geschrieben und ein Werk von Dauer” zu sein. 1997 kam eine „bereinigte” Fassung des Ulysses in einer von Danis Rose besorgten Reader’s Edition heraus, die angeblich der Absicht des Autors entspricht.

An den 250 000 Worten des Buches wurden knapp 10 000 Änderungen vorgenommen, darunter bei verwirrenden Zeichensetzungen, anscheinend zufälligen Apostrophen undvermeintlichen Rechtschreibfehlern.

Unter Joyce-Forschern war die Ausgabe heftig umstritten.

Joyce’ Enkel Stephen James Joyce urteilte: „Wer die Unverschämtheit besitzt,den Namen James Joyce auf diese schändliche Fehlinterpretation von Ulysses, dem einzigartigen Meisterwerk meines Großvaters, zu setzen, leugnet sein kreatives phantasievolles Genie.” 4 FINNEGANS WAKE (1939) Bereits im Ulysses war Joyce’ Streben „nach einer neuen Art formaler Freiheit” (Wolfgang Hildesheimer) offensichtlich geworden.

In seinem letzten und kompliziertesten Werk, Finnegans Wake (1939), schuf der Autor hierfür die geeignete Form.

Das zunächst in der Avantgarde-Revue unter dem bezeichnenden Titel Work in progress veröffentlichte Buch ist als unterbrochene Folge von Träumen während einer Nacht im Leben der archetypischen Hauptfigur Humphrey Chimpden Earwicker (H.

C.

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= HereComes Everybody) angelegt.

Earwicker, seine Familie und Bekannten repräsentieren die Menschheit als Ganzes.

Reale Personen vermischen sich entsprechend derTraumlogik mit verschiedenen historischen und mythischen Figuren.

Dabei bedient sich der alle Gattungsmuster sprengende Roman einer zyklischen, an Giovanni BattistaVico orientierten Geschichtstheorie.

In der Radikalität dieser Bewusstseinsprosa kommt Joyce der écriture automatique (dem automatischen Schreiben ) der Surrealisten formal sehr nahe, allerdings mit dem fundamentalen Unterschied, dass bei ihm kein unreflektierter Schaffensprozess am Anfang, sondern ein minutiös komponiertesSprachkunstwerk am Ende steht.

In Finnegans Wake erschuf Joyce eine eigene Universalsprache aus Wortpartikeln anderer Sprachen, die er zu Polysemen zusammenfügte. Dieses Verfahren bewegte Umberto Eco, den Roman im Zusammenhang mit seiner an Charles Sanders Peirce ausgerichteten Semiotik als Beispiel eines prinzipiell„offenen”, da immer wieder neu interpretierbaren Kunstwerks anzuführen: Dem Leser bleibt es überlassen, wie in einem unendlichen Labyrinth einer Lesart (auf Kosteneiner anderen) zu folgen und damit neue Sinnhorizonte aufzudecken.

Dabei bleibt das Konzept der Vieldeutigkeit fließend– poetologisch dargestellt im wohl gelungenstenKapitel Anna Livia Plurabelle, ein Name, der neben dem Namen einer mythischen Hauptfigur den Dubliner Fluss Liffey und das Modell eines semantischen Pluralismus anzitiert. Die Musikalität von Finnegans Wake erschließt sich erst beim lauten Lesen; Joyce, selbst ein ausgezeichneter Sänger und auf Tondokumenten als Rezitator von Anna Livia Plurabelle festgehalten, arbeitete bewusst mit den Möglichkeiten einer polyphonen Melodie.

Finnegans Wake ist aufgrund seiner eigenwilligen sprachlichen Gestaltung kaum übersetzbar: Unter anderem Arno Schmidt und Wolfgang Hildesheimer versuchten sich fragmentarisch an dem Projekt.

Eine erste komplexe Nachdichtung erfolgte erst1995.

Indem Joyce im Ulysses und in Finnegans Wake Stilmerkmale des Realismus, Naturalismus, Dadaismus und Symbolismus aufgriff und miteinander zu neuer Formgebung verschmelzen ließ, markierte er eine deutliche Zäsur in der Entwicklung der Romangattung sowie in der Literaturgeschichte allgemein.

Die psychologischeFeinzeichnung seiner Figuren und die epochale Radikalität der experimentellen Techniken haben neue Maßstäbe für den kreativen Umgang mit Literatur gesetzt.

KeinGeringerer als T.

S.

Eliot, der 1942 ein Lesebuch des Autors zusammenstellte und das Vorwort zu den Erinnerungen des Bruders Stanislaw Joyce verfasste ( My Brother’s Keeper, 1959; Meines Bruders Hüter ), bezeichnete Joyce denn auch als „einen der größten Schriftsteller nicht nur unserer Zeit, sondern aller europäischen Literatur”. Verfasst von:Thomas KösterMicrosoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation.

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