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Johann Gottlieb Fichte - Philosophie.

Publié le 17/06/2013

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Johann Gottlieb Fichte - Philosophie. 1 EINLEITUNG Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), Philosoph und Erzieher. Als einer der wichtigsten Vertreter des deutschen Idealismus vollzog er den theoretischen Schritt über die Transzendentalphilosophie Immanuel Kants hinaus und erarbeitete damit die Grundlagen für die philosophischen Werke Friedrich Wilhelm Schellings und Georg Wilhelm Friedrich Hegels. Fichte wurde am 19. Mai 1762 als Sohn eines armen Bandwirkers in Rammenau bei Bischofswerda in der Oberlausitz geboren. Der Freiherr von Militz ermöglichte ihm durch seine finanzielle Unterstützung den Besuch der Lateinschule und der Fürstenschule Pforta. Fichte studierte ab 1780 Theologie in Jena und Leipzig, musste dies allerdings 1784, nach dem Tod des Gönners mittellos, ohne Examen abbrechen und mehrere Jahre als Hauslehrer arbeiten. Erst 1788 erhielt er, angeblich voller Verzweiflung kurz vor dem Selbstmord, eine neue Stellung in Zürich, wo er auch seine spätere Frau Johanna Rahn kennenlernte, eine Nichte Klopstocks. 1790 unterrichtete er in Leipzig einen Studenten in kantischer Philosophie, die ihm bis dahin nahezu völlig unbekannt war, ihn aber sofort begeisterte. Sein erstes Werk Aphorismen über Religion und Deismus erschien, und im folgenden Jahr suchte Fichte in Königsberg Kant auf, der aber zunächst wenig ermutigend auf ihn reagierte. Fichte verfasste daher eine Schrift über das Verhältnis der Kritischen Philosophie zur christlichen Offenbarung, die er Kant vorlegte. Dieser zeigte sich davon so überzeugt, dass er ihm einen Verleger vermittelte. 1792 erschien daher Fichtes Werk Versuch einer Kritik aller Offenbarung; da sie zunächst anonym veröffentlicht wurde, galt sie allgemein als Werk von Kant selbst, der eine Schrift zu diesem Thema angekündigt hatte (die 1793 veröffentlichte Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft). Kant klärte jedoch diesen Irrtum auf und machte Fichte dadurch mit einem Schlag berühmt. Kurz noch war er Hauslehrer beim Grafen von Krockow bei Danzig, kehrte aber bald darauf nach Zürich zurück, um seine Braut zu heiraten. Durch seine Bekanntheit erhielt er 1794 einen Ruf auf den Lehrstuhl Karl Leonhard Reinholds in Jena, der nach Kiel wechselte. In Jena befand sich zu dieser Zeit das intellektuelle Zentrum Deutschlands, auf das Fichte nun großen Einfluss nahm: Zu seinen Hörern in zuweilen überfüllten Lehrsälen zählten neben Friedrich Hölderlin und Schelling auch viele Frühromantiker, darunter Novalis sowie die Brüder Friedrich Schlegel und August Wilhelm Schlegel. Hier verfasste Fichte die Werke, die seine Stellung innerhalb der Philosophiegeschichte und seinen philosophischen Rang begründeten und die ihn zu einem der wichtigsten deutschen Philosophen machten. Noch 1794 gab er Über den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie heraus, kurz danach die Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre. In den folgenden Jahren veröffentlichte er weitere Werke, die das System der ,,Wissenschaftslehre" umfassen und komplettieren; Fichte arbeitete sein ganzes Leben an der Vollendung der Wissenschaftslehre in immer neuen Ausgaben. Neben seiner Tätigkeit als Philosoph jedoch verstand sich Fichte auch als Volkspädagoge, der Einfluss auf das Volk und die politische Stimmung in Deutschland nehmen wollte, und zwar im Sinne der Aufklärung. Schon 1793 hatten vor allem die Schriften Zurückforderung der Denkfreiheit von den Fürsten Europas, die sie bisher unterdrückten und Beitrag zur Berichtigung der Urtheile des Publicums über die französische Revolution klargemacht, auf welcher Seite Fichte stand. So benutzte die Universitätsleitung im so genannten Atheismusstreit den im Oktober 1798 erschienen Aufsatz Über den Grund unseres Glaubens an eine sittliche Weltregierung dazu, dem mittlerweile unerwünschten Fichte wegen der Verbreitung atheistischer Ideen einen Verweis anzudrohen, woraufhin dieser mit seinem Rücktritt drohte. Beide Maßnahmen wurden in die Tat umgesetzt. Fichte verließ Jena und zog nach Berlin, wo er seine Arbeit fortsetzte und private Vorlesungen hielt. 1805 sprach man ihm einen Lehrstuhl für Philosophie in Erlangen zu, den er jedoch nur ein Semester lang besetzte, um nach der preußischen Niederlage von 1806 nach Königsberg und von dort nach Kopenhagen zu gehen. Wie Kant hatte auch Fichte ursprünglich die Französische Revolution begrüßt, wandelte sich aber, als Napoleon sich 1804 zum Kaiser krönte, zum deutschen Nationalisten. Er kehrte daher 1807 in das französisch besetzte Berlin zurück, um an den Sonntagen des Winters 1807/1808 in der Berliner Akademie der Wissenschaften seine Reden an die deutsche Nation zu halten, die zum Widerstand gegen die Franzosen anspornen sollten. Im Jahr 1808 erkrankte Fichte schwer, erhielt aber 1810 einen Lehrstuhl für Philosophie an der neugegründeten Berliner Universität und wurde 1811 deren erster gewählter Rektor, ehe er vorzeitig zurücktrat. 1813 brach der deutsche Befreiungskrieg gegen Napoleon aus, und Fichte meldete sich zum Landsturm. Seine Frau arbeitete als Krankenpflegerin im Lazarett und zog sich dabei ein Fieber zu, das sie zwar überlebte, an dem aber Fichte am 29. Januar 1814 starb. Sein Nachfolger auf dem Berliner Lehrstuhl wurde 1818 Hegel. Zu Fichtes weiteren Schriften gehören Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre (1796), Das System der Sittenlehre (1798), Der geschlossene Handelsstaat, Die Bestimmung des Menschen, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters (1800), Anweisung zum seligen Leben (1806) und Die Wissenschaftslehre, in ihrem allgemeinen Umrisse (1810). 2 WERK 2.1 Philosophiegeschichtliche Voraussetzungen Zwar hatte Kant die beiden Pole des Rationalismus und des Empirismus in seiner Transzendentalphilosophie vermittelt; es blieb aber ,,in der wirklichen Welt" ein ,,Rest" übrig, den zu erkennen der Mensch nicht in der Lage sei. Weil der Transzendentalphilosophie nur die Erscheinung, nicht aber das ,,Wesen der Dinge", so wie sie ,,an sich" sind, zugänglich ist, bleibt es in Kants Denken bei einem ,,Riss in der Welt". Die Entzweiung der Welt zwischen dem Ding an sich und der Erscheinung, in der wir es wahrnehmen, sei unüberbrückbar, und von der wirklichen Welt würden wir daher nie etwas (Sicheres) wissen. 2.2 Die ,,Wissenschaftslehre" Sein Bekanntwerden mit der kantischen Transzendentalphilosophie - und vermutlich das Mitverfolgen der epochalen Veränderungen in Frankreich seit 1789 - machten Fichte klar, dass es statt seiner bisherigen deterministischen Weltanschauung eine Philosophie zu entwickeln gelte, die dem Menschen die Möglichkeit der Freiheit bietet, ja sie von ihm fordert. Von Kant übernahm er die Einsicht, dass selbst der Glaube dem Wissen zu folgen habe: Will er in der Moderne berechtigt sein, so muss er sich der Kritik der Vernunft aussetzen und sie bestehen. Dies gilt um so mehr für die politischen Ziele der menschlichen Gemeinschaft. Auch sie müssen sich vor der Vernunft ausweisen und von ihr kritisch geprüft werden - eine Arbeit, die Fichte als die ,,Bestimmung des Gelehrten" ansah. Dafür jedoch müssen die Kriterien der Vernunft selbst entwickelt werden, und eben hier stellte der von Kant attestierte Riss zwischen Ding an sich und Erscheinung sowie seine Trennung von theoretischer und praktischer Vernunft eine Beschränkung dar. Dieses Problem wollte Fichte mit seiner ,,Wissenschaftslehre" lösen. Der Begriff bezeichnet, ähnlich wie Kants ,,Transzendentalphilosophie", die Philosophie von der Wissenschaft selbst, die wissenschaftlich deren Grundlagen erforschen soll, also die ,,Wissenschaft der Wissenschaft". Kants Kritizismus, den Fichte weitgehend teilte, benötigte seiner Ansicht nach dennoch ein neues Fundament. Er wollte daher dem Geist, nicht aber dem Buchstaben des kantischen Denkens treu bleiben. Mit Reinhold, seinem Vorgänger in Jena, teilte Fichte die Ansicht, dass Philosophie eine strenge Wissenschaft zu sein habe, die von einer ursprünglichen Einsicht auszugehen habe, die dem Menschen evident, also unmittelbar gewiss, sei. Fichte sah in diesem Anfang der Philosophie nicht einen zu beschreibenden Tatbestand, sondern wie Fausts ,,Im Anfang war die Tat!" ein Geschehen. Philosophie beginnt bei Fichte nicht mit einer grundlegenden Tatsache, sondern einer weltbegründenden Tathandlung. Das Ich setzt sich selbst - und damit zugleich auch das Nicht-Ich. Das Ich wird sich seiner selbst bewusst und damit auch der Welt außerhalb seiner; die Objektwelt wird vom Subjekt als sein Gegenstand und sein Produkt erzeugt. Die Welt, das Nicht-Ich ist somit nicht bereits vor ihm da, sondern erst durch das Subjekt. Daher existiert für dieses auch kein Ding an sich. Mit dieser allerersten ,,Setzung" steht die Philosophie bereits am Scheideweg, was ihre weitere Ausrichtung angeht: ,,In der Erfahrung ist das Ding, dasjenige, welches unabhängig von unserer Freiheit bestimmt seyn, und wonach unsere Erkenntniss sich richten soll, und die Intelligenz, welche erkennen soll, unzertrennlich verbunden. [...] Abstrahirt er [der Philosoph] von dem ersteren, so behält er eine Intelligenz an sich, das heisst, abstrahirt von ihrem Verhältniss zur Erfahrung; abstrahirt er von dem letzteren, so behält er ein Ding an sich, das heisst, abstrahirt davon, dass es in der Erfahrung vorkommt, - als Erklärungsgrund der Erfahrung übrig. Das erste Verfahren heisst Idealismus, das zweite Dogmatismus. [...] Was für eine Philosophie man wähle, hängt sonach davon ab, was man für ein Mensch ist: denn ein philosophisches System ist nicht ein todter Hausrath, den man ablegen oder annehmen könnte, wie es uns beliebte, sondern es ist beseelt durch die Seele des Menschen, der es hat. Ein von Natur schlaffer oder durch Geistesknechtschaft, gelehrten Luxus und Eitelkeit erschlaffter und gekrümmter Charakter wird sich nie zum Idealismus erheben." ( Erste Einleitung in die Wissenschaftslehre, 1797, 5. Kapitel). Mit dieser Zuspitzung formuliert Fichte die Alternative, die sich aus der gleichzeitigen Setzung des Ich und des Nicht-Ich ergibt: Entweder wird das Ich vom Nicht-Ich bestimmt, oder das Ich bestimmt umgekehrt das Nicht-Ich. Nur im letzteren, im idealistischen Fall existiert für das Ich Freiheit; das Ich, der Geist ,,entwirft" - wie es der französische Existentialismus später formulieren wird - für sich die Welt, und diese ist nicht nur das Nicht-Ich, sondern sein Nicht-Ich. Was für den im Alltag unbewusst sich abspielenden Vorgang des Wahrnehmens und Erkennens gilt, trifft um so mehr für das bewusste Entwerfen der sozialen und politischen Welt zu. Auch hier soll der Mensch ,,setzen", d. h. nach seinem freien Willen gestalten und nicht dogmatisch etwas Vorgesetztes hinnehmen. Die Französische Revolution ist sozusagen das Setzen des Ich in Geschichte und Politik. 2.3 Praktische Philosophie Aber - wie es die Realität der Französischen Revolution mit dem Umschlagen aus der Befreiung in den Terror zeigte - die dem Ich gegebene Freiheit darf nicht in Willkür ausarten, sondern muss sich an der Freiheit der anderen orientieren. Fichte ließ daher seine theoretische Philosophie der Wissenschaftslehre von der praktischen der Ethik begleiten: Ebenfalls noch während seiner Zeit in Jena erschien die Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre (1796/97) sowie das System der Sittenlehre nach den Prinzipien der Wissenschaftslehre (1798). Fichtes Wissenschaftslehre erweitert sich so zur Rechts- bzw. Staatsphilosophie und zur Geschichtsphilosophie. Die Freiheit des Ich äußere sich im sittlichen Handeln; Vernunft und Pflicht setzt Fichte, darin Kants kategorischem Imperativ folgend, gleich. Ebenso in der internationalen Gemeinschaft: Freiheit in der Geschichte sei die mehr oder weniger sittliche Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse durch die verschiedenen Völker. Den Staat fasst Fichte als allgemeinen Willen, dessen Zweck es sei, die Freiheit und die Rechte seiner Bürger zu schützen. Im selben Jahr noch ließ Fichte den Aufsatz Über den Grund unseres Glaubens an eine sittliche Weltregierung (1798) erscheinen, der ihm den Vorwurf des Atheismus einbrachte und so zu seiner Demission im nächsten Jahr führte. Zudem hatte sich Kant negativ über die Wissenschaftslehre geäußert, Friedrich Jacobi attestierte Fichte Nihilismus. Als Verteidigung und Rechtfertigung veröffentlichte Fichte seine Appellation an das Publikum gegen die Anklage des Atheismus und zog sich nach seinem Rücktritt nach Berlin zurück. Die Bestimmung des Menschen (1800) behandelt anthropologische Fragen, Der geschlossene Handelsstaat aus demselben Jahr zeichnet eine nahezu sozialistische Staatsutopie. Fichte, der sich auch immer als kritischer Begleiter seiner Zeit verstand, hielt 1804/1805 in Berlin Vorlesungen über Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters, die 1806 publiziert wurden; seine Reden an die deutsche Nation aus dem Winter 1807/1808 sollten gegen die französische Besatzung zum deutschen Nationalbewusstsein und zur sittlichen Erneuerung des deutschen Volkes beitragen. 1810 erschien noch einmal, vier Jahre vor seinem Tod, Die Wissenschaftslehre, in ihrem allgemeinen Umrisse. 3 WIRKUNG Fichtes Gedanken übten einen großen Einfluss auf seine Zeitgenossen aus, nicht nur auf Philosophen sondern auch auf Literaten, besonders die Frühromantiker. Philosophisch aufgenommen und fortentwickelt wurde Fichte vor allem von Schelling und Hegel, mit denen er zusammen das Dreigestirn des Deutschen Idealismus bildet. Seine Idee der Selbst-Setzung des Ich regte u. a. Max Stirners Anarchismus an, Fichtes Philosophie strahlte aber auch auf Pierre Joseph Proudhon, Karl Marx und Ferdinand Lassalle aus. Seine Interpersonallehre wurde von Max Weber und Jean-Paul Sartre aufgegriffen. Nach dem Weggang aus Jena und immer stärker gegen das Ende seines Lebens hin ließ Fichtes Wirkung auf die deutschen Intellektuellen nach, und unter dem aufsteigenden Stern Hegels erschien seine Philosophie immer mehr wie eine bloße Durchgangsstation zum Zenit des Deutschen Idealismus. Seiner Lebensleistung aber wird dies nicht gerecht, denn Fichte war ein eigenständiger Denker, der entscheidend dazu beitrug, den Schritt von Kants Transzendentalphilosophie zum deutschen Idealismus zu vollziehen. Verfasst von: Friedhelm Lövenich Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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« wird sich seiner selbst bewusst und damit auch der Welt außerhalb seiner; die Objektwelt wird vom Subjekt als sein Gegenstand und sein Produkt erzeugt.

Die Welt, dasNicht-Ich ist somit nicht bereits vor ihm da, sondern erst durch das Subjekt.

Daher existiert für dieses auch kein Ding an sich. Mit dieser allerersten „Setzung” steht die Philosophie bereits am Scheideweg, was ihre weitere Ausrichtung angeht: „In der Erfahrung ist das Ding, dasjenige, welchesunabhängig von unserer Freiheit bestimmt seyn, und wonach unsere Erkenntniss sich richten soll, und die Intelligenz, welche erkennen soll, unzertrennlich verbunden.

[…]Abstrahirt er [der Philosoph] von dem ersteren, so behält er eine Intelligenz an sich, das heisst, abstrahirt von ihrem Verhältniss zur Erfahrung; abstrahirt er von demletzteren, so behält er ein Ding an sich, das heisst, abstrahirt davon, dass es in der Erfahrung vorkommt, – als Erklärungsgrund der Erfahrung übrig.

Das erste Verfahrenheisst Idealismus , das zweite Dogmatismus .

[...] Was für eine Philosophie man wähle, hängt sonach davon ab, was man für ein Mensch ist: denn ein philosophisches System ist nicht ein todter Hausrath, den man ablegen oder annehmen könnte, wie es uns beliebte, sondern es ist beseelt durch die Seele des Menschen, der es hat.

Einvon Natur schlaffer oder durch Geistesknechtschaft, gelehrten Luxus und Eitelkeit erschlaffter und gekrümmter Charakter wird sich nie zum Idealismus erheben.” ( Erste Einleitung in die Wissenschaftslehre, 1797, 5.

Kapitel). Mit dieser Zuspitzung formuliert Fichte die Alternative, die sich aus der gleichzeitigen Setzung des Ich und des Nicht-Ich ergibt: Entweder wird das Ich vom Nicht-Ichbestimmt, oder das Ich bestimmt umgekehrt das Nicht-Ich.

Nur im letzteren, im idealistischen Fall existiert für das Ich Freiheit; das Ich, der Geist „entwirft” – wie es derfranzösische Existentialismus später formulieren wird – für sich die Welt, und diese ist nicht nur das Nicht-Ich, sondern sein Nicht-Ich.

Was für den im Alltag unbewusst sich abspielenden Vorgang des Wahrnehmens und Erkennens gilt, trifft um so mehr für das bewusste Entwerfen der sozialen und politischen Welt zu.

Auch hier soll der Mensch„setzen”, d.

h.

nach seinem freien Willen gestalten und nicht dogmatisch etwas Vorgesetztes hinnehmen.

Die Französische Revolution ist sozusagen das Setzen des Ich inGeschichte und Politik. 2.3 Praktische Philosophie Aber – wie es die Realität der Französischen Revolution mit dem Umschlagen aus der Befreiung in den Terror zeigte – die dem Ich gegebene Freiheit darf nicht in Willkürausarten, sondern muss sich an der Freiheit der anderen orientieren.

Fichte ließ daher seine theoretische Philosophie der Wissenschaftslehre von der praktischen der Ethikbegleiten: Ebenfalls noch während seiner Zeit in Jena erschien die Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre (1796/97) sowie das System der Sittenlehre nach den Prinzipien der Wissenschaftslehre (1798). Fichtes Wissenschaftslehre erweitert sich so zur Rechts- bzw.

Staatsphilosophie und zur Geschichtsphilosophie.

Die Freiheit des Ich äußere sich im sittlichen Handeln;Vernunft und Pflicht setzt Fichte, darin Kants kategorischem Imperativ folgend, gleich.

Ebenso in der internationalen Gemeinschaft: Freiheit in der Geschichte sei die mehroder weniger sittliche Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse durch die verschiedenen Völker.

Den Staat fasst Fichte als allgemeinen Willen, dessen Zweck es sei, dieFreiheit und die Rechte seiner Bürger zu schützen. Im selben Jahr noch ließ Fichte den Aufsatz Über den Grund unseres Glaubens an eine sittliche Weltregierung (1798) erscheinen, der ihm den Vorwurf des Atheismus einbrachte und so zu seiner Demission im nächsten Jahr führte.

Zudem hatte sich Kant negativ über die Wissenschaftslehre geäußert, Friedrich Jacobi attestierte Fichte Nihilismus. Als Verteidigung und Rechtfertigung veröffentlichte Fichte seine Appellation an das Publikum gegen die Anklage des Atheismus und zog sich nach seinem Rücktritt nach Berlin zurück.

Die Bestimmung des Menschen (1800) behandelt anthropologische Fragen, Der geschlossene Handelsstaat aus demselben Jahr zeichnet eine nahezu sozialistische Staatsutopie.

Fichte, der sich auch immer als kritischer Begleiter seiner Zeit verstand, hielt 1804/1805 in Berlin Vorlesungen über Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters, die 1806 publiziert wurden; seine Reden an die deutsche Nation aus dem Winter 1807/1808 sollten gegen die französische Besatzung zum deutschen Nationalbewusstsein und zur sittlichen Erneuerung des deutschen Volkes beitragen.

1810 erschien noch einmal, vier Jahre vor seinem Tod, Die Wissenschaftslehre, in ihrem allgemeinen Umrisse. 3 WIRKUNG Fichtes Gedanken übten einen großen Einfluss auf seine Zeitgenossen aus, nicht nur auf Philosophen sondern auch auf Literaten, besonders die Frühromantiker.Philosophisch aufgenommen und fortentwickelt wurde Fichte vor allem von Schelling und Hegel, mit denen er zusammen das Dreigestirn des Deutschen Idealismus bildet.Seine Idee der Selbst-Setzung des Ich regte u.

a.

Max Stirners Anarchismus an, Fichtes Philosophie strahlte aber auch auf Pierre Joseph Proudhon, Karl Marx und FerdinandLassalle aus.

Seine Interpersonallehre wurde von Max Weber und Jean-Paul Sartre aufgegriffen. Nach dem Weggang aus Jena und immer stärker gegen das Ende seines Lebens hin ließ Fichtes Wirkung auf die deutschen Intellektuellen nach, und unter demaufsteigenden Stern Hegels erschien seine Philosophie immer mehr wie eine bloße Durchgangsstation zum Zenit des Deutschen Idealismus.

Seiner Lebensleistung aber wirddies nicht gerecht, denn Fichte war ein eigenständiger Denker, der entscheidend dazu beitrug, den Schritt von Kants Transzendentalphilosophie zum deutschen Idealismuszu vollziehen. Verfasst von:Friedhelm LövenichMicrosoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation.

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