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Ludwig van Beethoven: Über sein Werk - Texte.

Publié le 22/06/2013

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Ludwig van Beethoven: Über sein Werk - Texte. In einem von Bettina Brentano aufgezeichneten Gespräch äußerte sich Ludwig van Beethoven, neben Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart einer der Vertreter der Wiener Klassik, ausführlich über seine Person und sein musikalisches Werk. Die Niederschrift wurde von dem Komponisten einen Tag nach dem Gespräch durchgesehen und erweitert, besitzt also Authentizität. Ludwig van Beethoven: Über sein Werk ,,Goethes Gedichte behaupten nicht allein durch den Inhalt, auch durch den Rhythmus eine große Gewalt über mich. Ich werde gestimmt und aufgeregt zum Komponieren durch diese Sprache, die wie durch Geister zu höherer Ordnung sich aufbaut und das Geheimnis der Harmonien schon in sich trägt. Da muß ich denn von dem Brennpunkt der Begeisterung die Melodie nach allen Seiten hin ausladen. Ich verfolge sie, hole sie mit Leidenschaft wieder ein, ich sehe sie dahinfliehen, in der Masse verschiedener Aufregungen verschwinden; bald erfasse ich sie mit erneuter Leidenschaft, ich kann mich nicht von ihr trennen, ich muß mit raschem Entzücken in allen Modulationen sie vervielfältigen, und im letzten Augenblick da triumphiere ich über den ersten musikalischen Gedanken. Sehen Sie, das ist eine Symphonie; ja, Musik ist so recht die Vermittlung des geistigen Lebens zum sinnlichen. Ich möchte mit Goethe hierüber sprechen: Ob er mich verstehen würde? - Melodie ist das sinnliche Leben der Poesie. Wird nicht der geistige Inhalt eines Gedichtes zum sinnlichen Gefühl durch die Melodie? Empfindet man nicht in dem Lied der Mignon ihre ganze sinnliche Stimmung durch die Melodie? Und erregt diese Empfindung nicht wieder zu neuen Erzeugungen? - Da will der Geist zu schrankenloser Allgemeinheit sich ausdehnen, wo alles in allem sich bildet zum Bett der Gefühle, die aus dem einfachen musikalischen Gedanken entspringen und die sonst ungeahnt verhallen würden. Das ist Harmonie, das spricht sich in meinen Symphonien aus; der Schmelz vielseitiger Formen wogt dahin in einem Bett bis zum Ziel. Da fühlt man denn wohl, daß ein Ewiges, Unendliches, nie ganz zu Umfassendes in allem Geistigen liege, und obschon ich bei meinen Werken immer die Empfindung des Gelingens habe, so fühle ich einen ewigen Hunger, was mir eben erschöpft schien mit dem letzten Paukenschlag, mit dem ich meinen Genuß, meine musikalische Überzeugung den Zuhörern einkeilte, wie ein Kind von neuem anzufangen. Sprechen Sie dem Goethe von mir; sagen Sie ihm, er soll meine Symphonien hören: Da wird er mir recht geben, daß Musik der einzige unverkörperte Eingang in eine höhere Welt des Wissens ist, die wohl den Menschen umfaßt, daß er aber nicht sie zu fassen vermag. - Es gehört Rhythmus des Geistes dazu, um Musik in ihrer Wesenheit zu fassen: Sie gibt Ahnung, Inspiration himmlischer Wissenschaften, und was der Geist sinnlich von ihr empfindet, das ist die Verkörperung geistiger Erkenntnis. - Obschon die Geister von ihr leben, wie man von der Luft lebt, so ist es noch ein anderes, sie mit dem Geiste begreifen. Je mehr aber die Seele ihre sinnliche Nahrung aus ihr schöpft, je reifer wird der Geist zum glücklichen Einverständnis mit ihr. Aber wenige gelangen dazu; denn so wie Tausende sich um der Liebe willen vermählen und die Liebe in diesen Tausenden sich nicht einmal offenbart, obschon sie alle das Handwerk der Liebe treiben, so treiben Tausende einen Verkehr mit der Musik und haben doch ihre Offenbarung nicht. Auch ihr liegen die hohen Zeichen des Moralsinns zum Grund wie jeder Kunst; alle echte Erfindung ist ein moralischer Fortschritt. - Sich selbst ihren unerforschlichen Gesetzen unterwerfen, vermöge dieser Gesetze den eigenen Geist bändigen und lenken, daß er ihre Offenbarungen ausströme, das ist das isolierende Prinzip der Kunst. Von ihrer Offenbarung aufgelöst werden, das ist die Hingebung an das Göttliche, was in Ruhe seine Herrschaft an dem Rasen ungebändigter Kräfte übt und so der Phantasie die höchste Wirksamkeit verleihet. So vertritt die Kunst allemal die Gottheit, und das menschliche Verhältnis zu ihr ist Religion: Was wir durch die Kunst erwerben, das ist von Gott, göttliche Eingebung, die den menschlichen Befähigungen ein Ziel steckt, was er erreicht. - Wir wissen nicht, was uns Erkenntnis verleihet. Das fest verschlossene Samenkorn bedarf des feuchten, elektrisch warmen Bodens, um zu treiben, zu denken, sich auszusprechen. Musik ist der elektrische Boden, in dem der Geist lebt, denkt, erfindet. Philosophie ist ein Niederschlag ihres elektrischen Geistes; ihre Bedürftigkeit, die alles auf ein Urprinzip gründen will, wird durch sie gehoben. Obwohl der Geist dessen nicht mächtig ist, was er durch sie erzeugt, so ist er doch glückselig in dieser Erzeugung. So ist jede echte Erzeugung der Kunst unabhängig, mächtiger als der Künstler selbst, kehrt durch ihre Erscheinung zum Göttlichen zurück und hängt nur darin mit dem Menschlichen zusammen, daß sie Zeugnis gibt von der Vermittlung des Göttlichen in ihm. - Musik gibt dem Geist die Beziehung zur Harmonie. Ein Gedanke, abgesondert, hat doch das Gefühl der Gesamtheit der Verwandtschaft im Geist: So ist jeder Gedanke in der Musik in innigster, unteilbarster Verwandtschaft mit der Gesamtheit der Harmonie, die Einheit ist. - Alles Elektrische regt den Geist zu musikalischer, fließender, ausströmender Erzeugung. Ich bin elektrischer Natur." Josef Rufer: Bekenntnisse und Erkenntnisse. Komponisten über ihr Werk. München 1981, S. 24-26 Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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