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Nahostkonflikt - Geschichte.

Publié le 15/06/2013

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Nahostkonflikt - Geschichte. 1 EINLEITUNG Nahostkonflikt, die aus der Gründung des Staates Israel resultierenden Auseinandersetzungen zwischen Israel auf der einen, den Palästinensern und den arabischen Nachbarstaaten auf der anderen Seite, lange Zeit eingebunden in den Kalten Krieg zwischen Ost und West. 2 URSPRÜNGE DES KONFLIKTS 1882 begann, ausgelöst durch zunehmenden Antisemitismus und Pogrome, die Einwanderung europäischer Juden vor allem aus Osteuropa nach Palästina. Die Bewegung des Zionismus forderte einen eigenen Judenstaat, von dem sie sich eine friedliche ,,Heimstatt" erhoffte. In mehreren Einwanderungswellen (Alija) kamen bis zum 2. Weltkrieg etwa 400 000 Juden nach Palästina. Seinen Ursprung nahm der Nahostkonflikt in der britischen Politik. Für die arabische Unterstützung gegen die Türken im 1. Weltkrieg hatten die Briten die Gründung eines arabischen Staates in Palästina in Aussicht gestellt. Am 2. November 1917 versprachen sie außerdem den Juden einen eigenen Staat (ebenfalls in Palästina; BalfourDeklaration). Auf den ersten antijüdischen Aufstand der Araber (1936-1939) reagierte Großbritannien mit gewaltsamer Unterdrückung sowie einer Beschränkung des jüdischen Zuzugs nach Palästina. Die britische Regierung sah sich jedoch außerstande, eine Lösung für das Problem zu finden und übergab 1947 die Angelegenheit an die Vereinten Nationen. Der Lösungsvorschlag der UNO sah dann eine Teilung des Landes (in einen jüdischen und arabisch-palästinensischen Staat) vor; Jerusalem sollte internationale Zone werden. Während der Plan von jüdischer Seite akzeptiert wurde, wurde er von den Palästinensern entschieden abgelehnt. Unruhen brachen aus. Aber noch unter britischer Oberhoheit hatten die Juden einen Staat im Wartestand geschaffen. 3 DER STAAT ISRAEL UND DIE PALÄSTINENSER Im Mai 1948 endete das britische Mandat über Palästina. David Ben Gurion, Chaim Weizmann und Golda Meir proklamierten am 14. Mai den Staat Israel. Die arabischen Staaten unterlagen im darauf folgenden Israelisch-Arabischen Krieg (1. Nahostkrieg), mehrere hunderttausend Palästinenser mussten aus dem israelischen Gebiet in die umliegenden Staaten fliehen, viele wurden gewaltsam vertrieben. Der Grundbesitz der Flüchtlinge wurde an jüdische Siedler vergeben. Gegenüber den verbliebenen Palästinensern verhielten sich die Israelis als Sieger: Palästinenser wurden von ihrem Wohnort verdrängt, ihre Häuser zerstört; sie wurden einer Ausgangssperre und Zutrittsverboten bei so genannten Sicherheitszonen unterworfen. Das Prinzip der ausschließlich ,,jüdischen Arbeit" in jüdischen Unternehmen zielte darauf ab, den Palästinensern langfristig die Existenzgrundlage zu entziehen und zur Auswanderung zu zwingen. In den später eroberten Gebieten trat Israel als Besatzungsmacht auf und unterstellte die dort wohnenden Palästinenser dem Militärrecht. Die in Israel lebenden Juden entwickelten ein religiös und zionistisch motiviertes Nationalbewusstsein, das im eigenen Volk ein auserwähltes und überlegenes Volk sah. Aus diesem Bewusstsein wurde ein exklusives Recht auf das ,,Land der Väter" (Erez Israel) und ein militantes Siedlungsprogramm abgeleitet. Der israelische Staat unterschied strikt zwischen dem Staatsvolk (Juden) und Nichtjuden, die allenfalls als geduldete Arbeitskräfte ein Anwesenheitsrecht besaßen und als Fremdkörper im Volk behandelt wurden. Dieses Vorgehen führte zu dem Vorwurf, dass der Judenstaat Verhältnisse reproduziere, wie sie Juden früher in anderen Staaten erlebten. Im Exil bildeten sich verschiedene palästinensische Nationalbewegungen. Jasir Arafat u. a. gründete 1959 in Kuwait die Befreiungsbewegung Fatah, die von Beginn an den bewaffneten Kampf zur Befreiung Palästinas befürwortete. 1964 wurde die Palästinensische Befreiungsorganisation (Palestine Liberation Organization, PLO) auf Grundlage der seit Beginn des Nahostkonflikts bestehenden Guerillaorganisationen (Fedajin) ins Leben gerufen. Nach der Niederlage der Araber im Sechstagekrieg 1967 (3. Nahostkrieg) erlangte die Fatah Einfluss in der PLO; 1968 wurde Arafat ihr Präsident. Unter ihm erlangte die PLO den Führungsanspruch der Palästinenser gegenüber Jordanien, der 1974 von den Staaten der Arabischen Liga anerkannt wurde. Die Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates wurde gefordert. Als Nachfolgeorganisation der Bewegung der Arabischen Nationalisten gründete Georges Habasch 1967 die Volksfront zur Befreiung Palästinas, die u. a. den Anschlag auf die israelische Olympiamannschaft 1972 beging. Weit reichende Bedeutung im Konflikt mit den Palästinensern erlangte die israelische Siedlungspolitik. Nach dem Sieg im Sechstagekrieg begann Israel in den besetzten Gebieten, vor allem im Westjordanland, mit der Errichtung von jüdischen Siedlungen, die den Anspruch Israels auf die Gebiete unterstreichen sollten. Trotz der Verurteilung des Siedlungskonzeptes durch die Vereinten Nationen hielt Israel daran fest, bis 1992 die Regierung unter Itzhak Rabin die Neuerrichtung von Siedlungen untersagte. Dies wurde später rückgängig gemacht. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges versuchten die arabischen Staaten, sich der Oberhoheit des Westens zu entziehen und setzten daher, zumindest zeitweise, auch auf die Unterstützung der sozialistischen Länder, vor allem der Sowjetunion. Diese Politik führte in den Zeiten des Kalten Krieges zur Gegnerschaft seitens der USA und anderer westlicher Länder. Umgekehrt betrachtete sich Israel als dem Westen zugehörig, zumal private und öffentliche Mittel vorrangig aus den USA kamen. Die westlichen Länder sahen in Israel ihren Vorposten im unruhigen Nahen Osten, einem Gebiet, wo die Einflussbereiche von West und Ost aufeinanderprallten. Insofern hatte der Nahostkonflikt immer auch den Charakter eines Stellvertreterkrieges. 4 ERSTE ENTSPANNUNG DES KONFLIKTS Nach dem Jom-Kippur-Krieg (4. Nahostkrieg) brachte 1973 der US-amerikanische Außenminister Henry Kissinger den ersten israelisch-arabischen Entspannungsprozess in Gang. Auf der Genfer Nahostkonferenz (1973/74) wurden Truppenentflechtungsabkommen zwischen Israel und Syrien sowie zwischen Israel und Ägypten vereinbart. 1974 sprachen die Vereinten Nationen den Palästinensern das Recht auf nationale Unabhängigkeit und Souveränität zu und gewährten der PLO einen ständigen Beobachterposten. Direkte Friedensgespräche begannen, als im November 1977 der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat nach Jerusalem reiste. Sie endeten am 26. März 1979 mit dem ägyptisch-israelischen Friedensvertrag, der von Sadat und dem israelischen Ministerpräsidenten Menachem Begin unterzeichnet wurde (Vertrag von Camp David). Vertragsgemäß zog sich Israel von der Sinaihalbinsel zurück. Verschiedene arabische Staaten wie Syrien, Algerien, der Jemen und Libyen sowie die PLO lehnten den Vertrag ab. Im Dezember 1987 begann der Aufstand der Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland, die Intifada (Erhebung), mit dem Ziel der Errichtung eines souveränen Staates. Erster Erfolg der Intifada war die Erklärung König Husseins von Jordanien vom 31. August 1988, den Hoheitsanspruch Jordaniens auf das Westjordanland zugunsten eines unabhängigen palästinensischen Staates zurückzuziehen. Am 15. November proklamierte daraufhin der Palästinensische Nationalrat den Staat Palästina. 5 FRIEDENSPROZESS Im Oktober 1991 begannen in Madrid Friedensverhandlungen zwischen Israel und der PLO, die in Washington fortgesetzt wurden. Im August 1993 wurde nach wochenlangen Geheimverhandlungen in Oslo schließlich der Durchbruch erzielt: Israel erklärte sich prinzipiell bereit, den Palästinensern in den besetzten Gebieten (Teil)Autonomie zuzugestehen, zunächst jedoch nur im Gazastreifen und in Jericho. Am 13. September 1993 unterzeichneten Arafat und der israelische Ministerpräsident Itzhak Rabin in Washington die Osloer Prinzipienerklärung, ein Grundsatzabkommen über die palästinensische Autonomie in den besetzten Gebieten, deren ersten Phase durch das Gaza-Jericho-Abkommen vom 4. Mai 1994 konkretisiert wurde (siehe Oslo-Verträge). Wenig später kamen der Gazastreifen und Jericho unter palästinensische Selbstverwaltung. Der Friedensprozess wurde durch den Friedensschluss zwischen Jordanien und Israel weiter vorangetrieben. Für ihre Bemühungen um eine Friedensregelung für den Nahen Osten erhielten Arafat, Rabin und der israelische Außenminister Shimon Peres 1994 den Friedensnobelpreis. Seit dem Regierungsantritt Benjamin Netanjahus in Israel 1996 kam der Friedensprozess von israelischer Seite her zum Erliegen, was zu (vergeblichen) internationalen Protesten und einer zeitweiligen Entfremdung zwischen Israel und den USA führte. Nach wiederum langwierigen Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern kam im Januar 1997 ein Abkommen über den israelischen Abzug aus Hebron zustande. Umgesetzt wurde das Abkommen jedoch vorerst nicht; vielmehr erschwerte Israel den Friedensprozess zusätzlich, etwa durch den Baubeginn einer äußerst umstrittenen Siedlung in Ostjerusalem. Internationale Vermittlungsversuche, die vor allem die USA immer wieder anstrengten, um zu einer Einigung über den überfälligen israelischen Truppenabzug aus dem Westjordanland zu kommen, scheiterten regelmäßig. Erst im Herbst 1998 kam wieder Bewegung in den Nahost-Friedensprozess: Am 23. Oktober 1998 unterzeichneten Arafat und Netanjahu das von US-Präsident Bill Clinton und dem jordanischen König Hussein vermittelte Wye-Abkommen, das als Durchführungsabkommen zu den Oslo-Verträgen vor allem den weiteren Rückzug Israels aus dem Westjordanland und die Ausweitung der palästinensischen Autonomiegebiete im Westjordanland festlegte. Außerdem bestimmte das Wye-Abkommen, dass die PLO alle israelfeindlichen Passagen aus ihrer Charta streichen müsse; im Dezember 1998 änderte die PLO ihre Charta dementsprechend. Die weitere Umsetzung des WyeAbkommens, d. h. der vereinbarte israelische Rückzug aus Teilen des Westjordanlandes, wurde jedoch kurz nach Beginn von Israel wieder eingestellt. Daraufhin kündigte Arafat für den 4. Mai 1999 die Proklamation eines souveränen palästinensischen Staates an; am 4. Mai 1999 endete die in den Oslo-Verträgen festgelegte und im WyeAbkommen nochmals bestätigte Übergangsfrist, innerhalb derer der Status der Palästinenser und ihrer Gebiete endgültig geregelt werden sollte. Kurz vor dem Stichtag vertagte Arafat mit Zustimmung der PLO auf internationalen Druck hin und im Interesse der Fortführung des Friedensprozesses die Staatsgründung, zunächst auf einen Termin nach den Wahlen in Israel am 17. Mai 1999 und dann, nachdem die Wahlen einen Regierungswechsel erbracht hatten, auf unbestimmte Zeit. Die neue israelische Regierung unter Ehud Barak leitete unmittelbar nach Amtsantritt im Juli 1999 die Wiederaufnahme des Friedensprozesses ein, der jedoch aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen über die Terminierung des weiteren israelischen Rückzugs aus dem Westjordanland nur zögernd in Gang kam. Am 4. September 1999 unterzeichneten Arafat und Barak in Sharm el Sheikh (Ägypten) das so genannte Wye-II-Abkommen, ein Umsetzungsabkommen zum Wye-Abkommen, das u. a. den Abzug der israelischen Truppen aus den schon im Wye-Abkommen festgelegten Gebieten konkret regelte, außerdem die Wiederaufnahme der Endstatusverhandlungen und deren Abschluss bis zum 13. September 2000 vorsah sowie die Eröffnung von zwei Transitrouten zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland in Aussicht stellte. Die erste Rückzugsphase wurde dann auch zügig umgesetzt, und im Oktober 1999 wurde auch die erste Transitroute eröffnet, die es den Palästinensern nun ermöglichte, auf direktem Weg aus dem Gazastreifen ins Westjordanland und umgekehrt zu gelangen und nicht mehr über den Umweg über Ägypten und Jordanien. Im November 1999 nahmen Israel und die Palästinenser schließlich auch die Endstatusverhandlungen wieder auf. Anfang 2000 kam der Friedensprozess erneut ins Stocken: Israel setzte die für Januar 2000 vorgesehene letzte Rückzugsphase aus weiteren gut 6 Prozent des Westjordanlandes aus, aufgrund von Unstimmigkeiten darüber, welche Territorien geräumt werden sollten. Die Palästinenser unterbrachen daraufhin alle Gespräche mit Israel auf unbestimmte Zeit. Erst im März 2000 wurden die Verhandlungen - unter amerikanischer und ägyptischer Vermittlung - wieder aufgenommen, und zwar sowohl die Verhandlungen über den weiteren israelischen Rückzug als auch über den endgültigen Status der Palästinenser, und noch im selben Monat schloss Israel die letzte Rückzugsphase ab, so dass nun gut 40 Prozent des Westjordanlandes unter ganzer oder teilweiser Kontrolle der Palästinenser standen. Die israelisch-palästinensischen Friedens- bzw. Endstatusverhandlungen gestalteten sich jedoch auch weiterhin äußerst schwierig, zumal die Palästinenser für eine endgültige Friedensregelung eine Reihe für die israelische Seite kaum annehmbarer Bedingungen stellten, so etwa den vollständigen Abzug Israels aus dem Westjordanland, dem Gazastreifen und aus Ostjerusalem, die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge und ihre Entschädigung durch Israel sowie die Zustimmung Israels zur Gründung eines souveränen palästinensischen Staates. Nach seiner Wahl im Mai hatte Barak eine umfassende Friedenslösung für den Nahen Osten binnen 15 Monaten in Aussicht gestellt, d. h. neben der Umsetzung des WyeAbkommens auch die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit Syrien und den Abzug der israelischen Truppen aus dem Südlibanon. Im Dezember 1999 fanden erste israelisch-syrische Friedensgespräche statt; nach einer zweiten Verhandlungsrunde im Januar 2000 wurden die Gespräche jedoch wieder auf unbestimmte Zeit vertagt, da man sich nicht darüber hatte einigen können, ob zuerst über die Rückgabe der Golanhöhen an Syrien oder über syrische Sicherheitsgarantien für Israel verhandelt werden sollte. War bisher der israelische Rückzug aus dem Südlibanon eng an einen Friedensschluss mit Syrien als Vorbedingung geknüpft, so beschloss die Regierung Barak nun im März 2000 den Rückzug ihrer Truppen aus dem Südlibanon bis Juli 2000; abgeschlossen wurde der israelische Truppenabzug jedoch schon - relativ überstürzt - am 24. Mai 2000. Vor allem aufgrund der palästinensischen Forderungen machten die israelisch-palästinensischen Verhandlungen über eine endgültige Friedensregelung bis zum Sommer 2000 kaum Fortschritte. Ein Durchbruch sollte nun im Juli 2000 in Camp David (USA) auf einem Gipfeltreffen zwischen Barak und Arafat sowie Bill Clinton als Vermittler erzielt werden. Nach zwei Wochen intensiver Verhandlungen wurden die Gespräche ergebnislos abgebrochen. Gescheitert waren sie letztlich an der Frage nach dem künftigen Status von Jerusalem, an jenem Problem also, das lange Zeit aus den Verhandlungen ausgeklammert worden war, sich nun aber als der neuralgische, alles entscheidende Punkt herauskristallisierte. Barak beharrte auf der israelischen Souveränität über das gesamte, ungeteilte Jerusalem, bot den Palästinensern aber offensichtlich immerhin die Selbstverwaltung in den arabischen Vierteln Ostjerusalems einschließlich des Tempelberges - einer der wichtigsten heiligen Stätten des Islam - an; Arafat dagegen reklamierte die volle palästinensische (oder zumindest arabisch-muslimische) Souveränität über Ostjerusalem, das Hauptstadt des zu errichtenden Staates Palästina werden sollte. Auch nach dem Scheitern der Camp-David-Verhandlungen hielten Arafat und die PLO am 13. September 2000 als Datum für die Ausrufung eines unabhängigen Staates Palästina fest, dem Tag, bis zu dem laut dem Wye-II-Abkommen eine endgültige Friedensregelung erzielt werden sollte. Als sich dann aber eine Reihe arabischer und islamischer Staaten und u. a. auch Russland vor dem Hintergrund des labilen Friedensprozesses gegen eine palästinensische Staatsgründung aussprachen, verschob Arafat kurz vor dem Stichtag die Proklamation auf unbestimmte Zeit. Unterdessen verstrich die im Wye-II-Abkommen gesetzte Frist für eine endgültige Friedensregelung. Ein Treffen Baraks mit Arafat am 25. September 2000 markierte einen Neuansatz in den israelisch-palästinensischen Verhandlungen. Barak signalisierte noch weiteres Entgegenkommen in der Jerusalem-Frage - gegen erheblichen Widerstand in Israel. Dieser Neuansatz wurde jedoch schon drei Tage später wieder im Keim erstickt, als nach einem Besuch des israelischen Oppositionsführers Ariel Sharon auf dem Tempelberg in Ostjerusalem und im Westjordanland blutige Unruhen ausbrachen. Diese neuerliche Intifada, die zunehmend eskalierte und in den folgenden Monaten Hunderte Opfer forderte, zumeist Palästinenser, verhärtete die Fronten erneut. In einem Klima gegenseitiger Schuldzuweisungen fanden sich Barak und Arafat unter internationaler Vermittlung lediglich zu einem Gewaltverzichtsabkommen bereit. Die Arabische Liga und die Vereinten Nationen verurteilten Israel wegen der Gewaltanwendung in den palästinensischen Gebieten; die Arabische Liga beschloss zudem konkrete Unterstützungsmaßnahmen für die Palästinenser, betonte zugleich aber auch ihren Willen, am Nahost-Friedensprozess festzuhalten. Trotz des Gewaltverzichtsabkommens dauerten die blutigen Auseinandersetzungen an; dennoch fanden sich die israelische wie die palästinensische Seite zu einer Wiederaufnahme der Friedensgespräche bereit. Eine gewisse Brisanz erhielten die Friedensgespräche wieder ab Dezember 2000: Nach dem ersten (dann nicht bestätigten) Beschluss der Knesset zur Selbstauflösung und zu Neuwahlen im November sowie dem Rücktritt Baraks vom Amt des Ministerpräsidenten im Dezember suchte der weiterhin amtierende Barak durch erfolgreiche Friedensverhandlungen seine Chancen auf eine Wiederwahl zu erhöhen. Auch der am 20. Januar 2001 aus dem Amt scheidende US-Präsident Bill Clinton strebte noch vor Ende seiner Amtszeit einen Friedensschluss an. Im Lauf des Januars 2001 machten die Verhandlungen auf der Basis eines Kompromissvorschlags Clintons zunächst große Fortschritte und gaben Anlass zu Optimismus. Clintons Plan sah einen Palästinenserstaat vor, der den gesamten Gazastreifen sowie 95 Prozent des Westjordanlandes umfassen sollte; außerdem sollten die Palästinenser die Hoheit über Ostjerusalem erhalten, aber auf das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge verzichten. Ende Januar sorgte dann allerdings Arafat mit scharfen Angriffen gegen Israel auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos für Irritationen und die Unterbrechung der Verhandlungen durch Barak bis zu einem Zeitpunkt nach den Ministerpräsidentenwahlen in Israel am 6. Februar 2001. 5.1 Rückschläge Aus diesen Wahlen ging dann allerdings Sharon als Sieger hervor, was dem inzwischen so weit wie nie zuvor gediehenen Friedensprozess einen herben Rückschlag verlieh. Bereits vor seiner Wahl hatte Sharon sowohl die Oslo-Verträge als auch die Ergebnisse der Verhandlungen der Regierung Barak als nicht bindend bezeichnet, und nach der Wahl erklärte auch die noch amtierende Regierung Barak die bisher erzielten Fortschritte für nicht bindend für Sharon. Bei den Palästinensern und in der arabischen Welt stieß die Wahl Sharons auf Zurückhaltung über Ablehnung bis zur Androhung von offener Gewalt: Arafat z. B. erklärte diplomatisch, er werde dem designierten Ministerpräsidenten Sharon ungeachtet seiner bisherigen Äußerungen ,,eine Chance geben"; aus anderen palästinensischen Kreisen dagegen kam die Androhung einer ,,blutigen Konfrontation", sofern Sharon das bisher Erreichte nicht anerkenne. Im Umfeld der Wahl und in den Wochen danach stieg die Gewalt in Israel und den Palästinensergebieten wieder markant an; die Vereidigung der neuen Regierung am 7. März 2001 fand unter nie gekannten Sicherheitsvorkehrungen statt. In den Wochen nach der Wahl in Israel standen Koalitionsverhandlungen im Vordergrund. Es gelang Sharon, die Arbeitspartei für seine Regierung und Shimon Peres als Außenminister zu gewinnen; allerdings musste sich die Arbeitspartei auf Sharons Kurs gegenüber den Palästinensern begeben und auf ein Abkommen über den endgültigen Status der Autonomiegebiete, d. h. einen endgültigen Friedensschluss, wie ihn die Regierung Barak favorisiert hatte, als Ziel der Verhandlungen verzichten. Stattdessen einigten sich die Koalitionspartner darauf, ein weiteres Übergangsabkommen mit den Palästinensern anzustreben. Nach dem Amtsantritt der Regierung Sharon eskalierte die Gewalt in Israel und den besetzten Gebieten erneut. Auf palästinensische Anschläge folgten zum Teil unverhältnismäßige Angriffe Israels auf palästinensische Einrichtungen im Gazastreifen und im Westjordanland. Zudem ließ Sharon die palästinensische Autonomiestadt Ramallah im Westjordanland zeitweise vollständig abriegeln - eine Maßnahme, die nicht nur die Lage weiter zuspitzte, sondern auch innerhalb der israelischen Regierung äußerst umstritten war. Zahlreiche Opfer auf beiden Seiten waren wieder die Folge der zunehmenden Gewalt. Während Arafat zunächst noch seine auch gegenüber Sharon geäußerte Verhandlungsbereitschaft und seinen Wunsch nach einer friedlichen Lösung aufrechterhielt, erklärte er nach israelischen Angriffen auf seine Leibgarde Ende März 2001, dass die Intifada fortgesetzt werde bis zur Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates. Die Regierung Sharon auf der anderen Seite machte die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen von einem Ende der Gewalt abhängig, trug aber mit ihren militärischen Aktionen gegen palästinensische Ziele und ihrer offensichtlich primär militärisch bestimmten Strategie gegenüber den Palästinensern erheblich zur Fortsetzung der Gewaltspirale bei. Eine von den Palästinensern wie der gesamten arabischen Welt geforderte und von Israel abgelehnte UN-Schutztruppe für das Westjordanland und den Gazastreifen scheiterte Ende März am Veto der USA. In der Folgezeit unternahm Israel vermehrt Übergriffe auf palästinensisches Autonomiegebiet vor allem im Gazastreifen: Einrichtungen der palästinensischen Polizei und der Leibgarde Arafats wurden immer wieder gezielt mit Raketen beschossen, palästinensische Siedlungen in den Autonomiegebieten mit Bulldozern niedergewalzt, und immer wieder besetzte die israelische Armee autonomes palästinensisches Gebiet und riegelte die Palästinensergebiete ab. Deklariert wurden diese An- und Übergriffe als Vergeltungs- bzw. Präventivmaßnahmen für palästinensische Granatenangriffe auf israelische Siedlungen und die nun wieder zunehmenden Selbstmordattentate von Palästinensern gegen Israelis. UNO, EU und die USA verurteilten die israelischen Maßnahmen gleichermaßen, die EU z. B. bezeichnete sie als ,,exzessiv und unverhältnismäßig". Israelisch-palästinensische Verhandlungen, die - wenn überhaupt - nur auf unteren Ebenen stattfanden und die Beruhigung der Lage zum Ziel hatten, verliefen weitgehend ergebnislos bzw. wurden infolge neuer Attentate und Angriffe abgebrochen. Weitergehende Verhandlungen, etwa eine Fortsetzung der unter Barak geführten Endstatusverhandlungen, rückten in weite Ferne, zum einen wegen der andauernden Gewalt, zum anderen wegen der völlig unvereinbaren Standpunkte der beiden Seiten: Sharon wollte den Palästinensern lediglich ein eher als provisorisch zu charakterisierendes Staatswesen auf 42 Prozent des Westjordanlandes zugestehen, natürlich ohne Ostjerusalem; die Palästinenser, denen von Barak immerhin über 90 Prozent des Westjordanlandes sowie eine Option auf Ostjerusalem angeboten wurde, lehnten dies als Zumutung ab. Ab April und verstärkt ab Juli 2001 unternahm Israel gezielte Anschläge auf Büros und Einrichtungen von Organisationen wie Hamas und Fatah sowie auf mutmaßliche oder tatsächliche palästinensische Aktivisten und Terroristen. Israel rechtfertigte diese Aktionen damit, dass die getöteten Palästinenser an Anschlägen gegen Israelis beteiligt gewesen seien oder solche Anschläge planten, und beanspruchte für sich das Recht auf ,,präventive" Tötung mutmaßlicher Terroristen. International, u. a. bei der EU und in den USA, stieß diese Praxis auf scharfe Kritik. Anfang Mai 2001 legte die so genannte Mitchell-Kommission - eine im Oktober 2000 eingesetzte, von dem ehemaligen US-Senator George Mitchell geleitete Kommission, die die Ursachen der seit September 2000 andauernden neuerlichen Intifada untersuchen sollte - ihren Bericht vor. Als Hauptursache der Unruhen benannte der Bericht die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten; auf der anderen Seite warf der Bericht Arafat vor, zu wenig gegen die Gewalt seitens der Palästinenser zu unternehmen und sich nicht genügend von der Gewalt zu distanzieren. Zur Beendigung der Gewalt empfahl der Bericht u. a. eine sofortige beiderseitige Waffenruhe sowie eine Reihe von vertrauensbildenden Maßnahmen, darunter vor allem den sofortigen Baustopp für jüdische Siedlungen, als Voraussetzung für die Wiederaufnahme von Verhandlungen. Während Arafat und der israelische Außenminister Peres den Bericht akzeptierten, wies Sharon ihn zunächst mit der Begründung zurück, er könne keinen Zusammenhang zwischen Siedlungsbau und Gewalt feststellen. Überraschenderweise stimmte er dann aber dem Bericht doch zu, allerdings mit dem Vorbehalt, dass über einen Baustopp erst nach Umsetzung der Waffenruhe verhandelt werden könne, und verkündete am 22. Mai sogar eine einseitige Waffenruhe (die allerdings nicht eingehalten wurde). Auf einen Zeitplan für den Beginn der Waffenruhe sowie die Umsetzung der in dem Mitchell-Bericht vorgeschlagenen vertrauensbildenden Maßnahmen konnten sich die Konfliktparteien allerdings trotz intensiver internationaler Vermittlungsbemühungen vorerst nicht einigen. Nach einem palästinensischen Selbstmordanschlag, dem am 1. Juli 2001 in Tel Aviv 21 Israelis zum Opfer gefallen waren, drohte eine neuerliche Eskalation der Gewalt in Form massiver Vergeltungsschläge seitens Israels. Dank internationaler Vermittlung, an der auch der deutsche Außenminister Fischer wesentlichen Anteil hatte, konnte eine israelische Gegenaktion jedoch abgewendet werden; zugleich rief auch Arafat auf Betreiben Fischers eine Waffenruhe aus. Am 13. Juni 2001 stimmte sowohl die israelische wie die palästinensische Seite einem von dem CIA-Direktor George Tenet auf der Grundlage des Mitchell-Berichts vermittelten Sicherheitsplan zu. Dieser Plan sah eine einwöchige stabile Waffenruhe vor, anschließend eine sechswöchige ,,Abkühlungsphase", nach deren Ablauf beide Seiten ihre Friedensgespräche wieder aufnehmen sollten. Außerdem verpflichtete sich Israel in diesem Plan zum Rückzug seiner Truppen auf die vor Ausbruch der Intifada im September 2000 eingenommenen Stellungen und zur Aufhebung der Abriegelung der palästinensischen Gebiete; die Palästinensische Nationalbehörde verpflichtete sich zur Festnahme militanter Extremisten. Die Waffenruhe trat noch am 13. Juni in Kraft; die Gewalt ging dennoch, wenn auch in vermindertem Maße, weiter. Dabei offenbarten sich die Schwächen des Tenet-Plans: Weder definierte er, was als Bruch der Waffenruhe einzuordnen sei, noch legte er fest, für welche Gebiete die Waffenruhe gelten solle. Die Folgezeit war von wieder zunehmender Gewalt sowie der Auseinandersetzung um die Umsetzung des Tenet-Plans geprägt: Während die palästinensische Seite schon bald die einwöchige Waffenruhe für beendet erklärte und den Beginn der Abkühlungsphase anmahnte, hatte für Israel die Waffenruhe noch nicht einmal begonnen. Ende Juni einigten sich Palästinenser und Israelis unter Vermittlung des US-Außenministers Colin Powell noch einmal auf den Tenet-Zeitplan; allerdings sollte nach Powells Vorschlag allein Israel die Entscheidung über die konkrete Datierung des Zeitplans zukommen. An der Lage in den Palästinensergebieten und in Israel änderte sich durch die neuerliche Einigung kaum etwas: Beide Seiten hielten im Prinzip an der Waffenruhe fest, setzten ihre Gewaltaktionen - Attentate und Anschläge der Palästinenser, Vergeltungsschläge und vor allem gezielten Angriffe auf militante Palästinenser seitens Israels - aber unvermindert fort. Ein vom ägyptischen Staatschef Mubarak initiiertes Gespräch zwischen Peres und Arafat am 15. Juli 2001 endete ebenfalls ergebnislos. Und auch die Resolution des G-8-Gipfels von Genua (20.-22. Juli), in der die unverzügliche Umsetzung des Mitchell-Tenet-Friedensplans gefordert und die Entsendung unbeteiligter Beobachter in die Krisenregion empfohlen wurde, brachte keinen neuen Impuls, allenfalls neuen Konfliktstoff: Während Arafat seine seit Monaten aufrechterhaltene Forderung nach der Entsendung internationaler Beobachter bestätigt sah, zeigte sich Israel lediglich bereit, amerikanische Beobachter (genauer: CIA-Beobachter) zu akzeptieren. Dies aber lehnten die Palästinenser ab, da sie die USA für traditionell israelfreundlich hielten. Mit dem Angriff der israelischen Armee auf das Hamas-Büro in Nablus am 31. Juli 2001, bei dem acht Palästinenser getötet wurden, darunter zwei führende HamasMitglieder sowie zwei unbeteiligte Kinder, begann eine neue Phase der Gewalt. Sharon rechtfertigte den Angriff gegen scharfe internationale Kritik mit dem ,,Recht auf Selbstverteidigung" und erklärte, mit der ,,Liquidierungspolitik" fortfahren zu wollen; militante Palästinenser drohten Vergeltungsanschläge an, und Hamas-Führer riefen zur Ermordung israelischer Politiker auf; aber auch in Israel protestierten Tausende gegen Sharons Gewaltpolitik. Am 9. August folgte ein Selbstmordattentat eines HamasAktivisten, bei dem in der Jerusalemer Altstadt 15 Menschen ums Leben kamen. Israel reagierte darauf u. a. mit der Schließung des renommierten Orient-Hauses in OstJerusalem, das als Hauptquartier der PLO und inoffizielles Außenministerium der Palästinenser gilt, und untersagte der Palästinensischen Autonomiebehörde jede weitere politische Tätigkeit in Jerusalem. Diese Maßnahmen stießen erneut auf scharfen internationalen Protest. Während sich die Spirale der Gewalt weiter drehte, unternahm der deutsche Außenminister Fischer am 20./21. August 2001 einen neuerlichen Vermittlungsversuch und erreichte immerhin die Zusage Arafats und Peres', sich zeitnah zu einem Gespräch treffen zu wollen, um ein weiteres Mal über die Umsetzung des Mitchell-Tenet-Plans zu verhandeln. Der Anschlag militanter Palästinenser auf einen israelischen Militärposten wenige Tage später, bei dem drei israelische Soldaten ums Leben kamen, stellte das Treffen allerdings wieder in Frage. Und der israelische Angriff auf den Vorsitzenden der zur PLO gehörenden Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), Abu Ali Mustafa, am 28. August ließ auch die palästinensische Gesprächsbereitschaft sinken. Der gemäßigte, bei den Palästinensern äußerst populäre Mustafa war der hochrangigste Palästinenser, der bisher von Israel im Rahmen seiner ,,Liquidierungspolitik" getötet worden war; insgesamt waren bis zu diesem Zeitpunkt etwa 60 Palästinenser, die nach Ansicht Israels in terroristische Aktivitäten verwickelt waren, ,,liquidiert" worden. Ein Ende der Gewalt deutete sich erst nach den Terroranschlägen auf Ziele in den USA am 11. September 2001 an: Auf Druck der USA ordnete die Regierung Sharon den Rückzug der israelischen Truppen aus den autonomen Palästinensergebieten und die Einstellung aller Angriffe an und stellte die Wiederaufnahme des Dialogs mit den Palästinensern in Aussicht; Arafat wies seine Sicherheitskräfte an, die im Juni zugesagte Waffenruhe zu verwirklichen. Tatsächlich ging die Gewalt erkennbar zurück, und am 26. September kam es sogar zu einem direkten Treffen zwischen Peres und Arafat, auf dem die Modalitäten einer Waffenruhe vereinbart wurden; aber schon während des Treffens, besonders ab dem 28. September, dem Jahrestag der so genannten Al-Aksa-Intifada, setzte eine neuerliche Welle der Gewalt ein, die mit der Ermordung des israelischen ultrarechten Tourismusministers Rehavam Zeevi durch PFLP-Aktivisten am 17. Oktober 2001 einen weiteren Höhepunkt erreichte. Dieser Anschlag, den die PFLP als Vergeltung für die Ermordung ihres Führers Abu Ali Mustafa knapp zwei Monate zuvor verstanden wissen wollte, provozierte massive Gegenreaktionen Israels: Die Regierung Sharon ließ mehrere autonome palästinensische Städte besetzen, darunter Ramallah und Bethlehem, und eine Reihe von mutmaßlichen palästinensischen Terroristen ermorden bzw. festnehmen, forderte die Palästinensische Autonomiebehörde zudem ultimativ zur Auslieferung der Mörder Zeevis auf. Andernfalls würde Israel die Autonomiebehörde als Regime betrachten, das, wie die Taliban in Afghanistan, Terroristen Schutz gewähre - und daraus würde Israel die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Generell beanspruchte Israel für sich das gleiche Recht im Kampf gegen den Terror wie es die USA taten, nämlich auch auf fremdem Territorium mutmaßliche Terroristen und deren Beschützer mit allen Mitteln zu verfolgen. Die Autonomiebehörde wies die Auslieferungsforderungen Israels strikt zurück; ebenso verurteilte sie das Attentat auf Zeevi, das bisher ranghöchste Opfer palästinensischer Gewalt. Auch jetzt war es wieder der Druck seitens der USA, der die Regierung Sharon nach wenigen Tagen wieder zum Rückzug aus den autonomen Palästinensergebieten zwang. Den USA war vor dem Hintergrund ihres Krieges gegen das radikal-islamische Taliban-Regime die neuerliche Zuspitzung im Nahostkonflikt äußerst ungelegen gekommen, insbesondere die überzogene Reaktion Israels auf den Anschlag auf Zeevi (innerhalb einer Woche nach dem Anschlag waren 40 Palästinenser und ein Israeli ums Leben gekommen), denn sie gefährdete die äußerst fragile Antiterrorkoalition der USA, in die sich auch die gemäßigten muslimischen Staaten eingereiht hatten. Bis Ende November hatte sich die israelische Armee sukzessive aus allen nach dem Mord an Zeevi besetzten autonomen Palästinenserstädten zurückgezogen, hielt aber die Blockade der Städte weiter aufrecht. Unterdessen kündigte Sharon eine neue Friedensinitiative auf der Grundlage der UN-Resolution 242 von 1967 an, an deren Ende die Gründung eines demilitarisierten Palästinenserstaates stehen sollte, dessen Grenzen durch Verhandlungen vereinbart werden sollten; die Jerusalem-Frage klammerte Sharon dabei allerdings erneut aus. Und auch US-Präsident George W. Bush beschwor Mitte November 2001 vor der UN-Generalversammlung die Errichtung eines Palästinenserstaates, fasste sich dabei jedoch wenig konkret. Ende November begannen die USA auf der Basis des Mitchell-Tenet-Plans eine neue Vermittlungsaktion, geleitet von dem ehemaligen General Anthony Zinni. Diese neue Mission wurde allerdings überschattet durch eine neue Welle der Gewalt, die durch die Ermordung des von Israel meistgesuchten mutmaßlichen palästinensischen Terroristen, des Chefs des bewaffneten Arms der Hamas, Mahmud Abu Hanud, durch einen gezielten israelischen Angriff ausgelöst worden war. Auf die Ermordung Hanuds reagierte die Hamas erwartungsgemäß mit neuen Selbstmordattentaten, denen allein an den ersten beiden Dezembertagen 26 Israelis zum Opfer fielen; Israel antwortete mit weiteren Übergriffen auf palästinensisches Autonomiegebiet und mit gezielten Angriffen auf mutmaßliche palästinensische Terroristen sowie auf Einrichtungen der palästinensischen Sicherheitskräfte und der Autonomiebehörde. Zwar forcierte Arafat in der Folgezeit das Vorgehen seiner Sicherheitskräfte gegen mutmaßliche palästinensische Aktivisten und Terroristen, ließ u. a. auch den spirituellen Führer der Hamas, Scheich Ahmed Jassin, unter Hausarrest stellen und einige Büros von Hamas und Islamischer Jihad schließen; der israelischen Regierung genügte dies jedoch nicht, sie machte vielmehr Arafat direkt für die Anschläge verantwortlich und erklärte die Palästinensische Autonomiebehörde zu einer ,,den Terrorismus unterstützenden Einheit". Nach einem weiteren blutigen palästinensischen Anschlag am 12. Dezember auf einen israelischen Bus brach die israelische Regierung schließlich alle Beziehungen zu Arafat ab, erklärte ihn für ,,irrelevant" und hielt ihn in seinem Hauptquartier im abgeriegelten Ramallah de facto unter Hausarrest. Angesichts der sich erneut verschärfenden Gewalt brachen die USA ihre Vermittlungsmission ab. Eine Wende deutete sich an, als Arafat am 16. Dezember 2001 anlässlich des Festes des Fastenbrechens am Ende des Ramadan die Palästinenser zu einer strikten Waffenruhe aufrief und daraufhin die Anzahl der palästinensischen Anschläge und folglich auch der israelischen Gegengewalt spürbar zurückging, insbesondere seit sich auch die Hamas zum Verzicht auf Selbstmordattentate und Angriffe gegen Israelis verpflichtet hatte. Vor diesem Hintergrund arbeitete Shimon Peres nun mit palästinensischen Unterhändlern die Grundlinien eines Friedensplans aus, der eine Lösung des Konflikts in drei Etappen vorsah: Zunächst sollten in einer sechswöchigen Phase die Mitchell-Empfehlungen umgesetzt werden, d. h. beide Seiten sollten eine absolute Waffenruhe einhalten, und Israel sollte sämtliche Blockaden in den Palästinensergebieten aufheben und seine Siedlungstätigkeit beenden. Dann sollte innerhalb von acht Wochen Israel auf der Grundlage der UN-Resolution 242 einen Palästinenserstaat und Palästina umgekehrt den Staat Israel anerkennen. Und schließlich sollten in der achten Woche beide Staaten Verhandlungen über eine endgültige Friedensregelung aufnehmen, die innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein sollten. Auf Bedenken stieß allerdings der Rückgriff auf die UN-Resolution 242, da diese, was die territoriale Zugehörigkeit des Westjordanlandes anbelangte, von Israelis und Palästinensern unterschiedlich interpretiert wurde, sowie die in dem Plan vorgesehene Ausrufung eines palästinensischen Rumpfstaates, der nur Teile des palästinensischen Autonomiegebiets umfassen und nur über eingeschränkte Souveränität verfügen sowie erst durch nachfolgende Verhandlungen seine endgültige Gestalt bekommen sollte. Andererseits bot dieser neue Friedensplan auch neue und hoffnungsvolle Ansatzpunkte für die Wiederaufnahme der Vermittlungsbemühungen durch die USA bzw. deren Sondergesandten Zinni Anfang Januar 2002. Diese wurden allerdings erneut überschattet, diesmal durch den Fund von etwa 50 Tonnen Waffen und Munition auf einem von der israelischen Marine aufgebrachten palästinensischen Schiff im Roten Meer. Laut israelischen Angaben hätten die Waffen palästinensischen Milizen zukommen sollen, und die israelische Regierung machte Arafat persönlich für die Waffenlieferung verantwortlich. Ein Attentat der Hamas am 9. Januar 2002 beendete die seit dem 16. Dezember 2001 weitgehend eingehaltene Waffenruhe und setzte eine neue Spirale der Gewalt in Gang: Selbstmord- und anderen Anschlägen der Palästinenser folgten von israelischer Seite im alten Muster gezielte Angriffe auf mutmaßliche palästinensische Aktivisten, die Zerstörung von Einrichtungen der palästinensischen Sicherheitskräfte, der PNA und u. a. auch von Gebäuden und Sendanlagen des palästinensischen Rundfunks Palestinian Broadcasting Corporation (PBC) sowie ziviler Wohnhäuser, die Besetzung und Abriegelung autonomer Palästinensergebiete und im März 2002, zum ersten Mal seit Ausbruch der Al-Aksa-Intifada, massive Angriffe auf zwei palästinensische Flüchtlingslager im Westjordanland. Die USA stellten ihre Vermittlungsbemühungen ein, ergriffen aber klar Partei für die israelische Regierung und rückten zusehends von Arafat ab, ohne ihn jedoch, wie von Sharon gewünscht, völlig zu isolieren. Die EU dagegen distanzierte sich von dem US-amerikanischen Nahost-Kurs und intensivierte ihr Engagement im Nahen Osten, u. a. durch neue Missionen des deutschen Außenministers Fischer und des außenpolitischen Beauftragten der EU, Javier Solana. Ein eigenes Konzept für einen Nahost-Friedensplan entwickelte die EU jedoch nicht, betonte aber die Notwendigkeit der Eröffnung politischer Perspektiven parallel zu den sicherheitspolitischen Maßnahmen sowie die Notwendigkeit der Errichtung eines politisch und wirtschaftlich lebensfähigen Palästinenserstaates vor dem Beginn eines neuen Verhandlungsprozesses. Damit - Ausrufung eines Palästinenserstaates als Beginn eines neuen Friedensprozesses - sah sich die EU im Widerspruch zu Sharon, der einen unabhängigen Palästinenserstaat erst am Ende eines Verhandlungsprozesses realisiert sehen wollte, aber in Einklang mit Peres' Friedensplan, der nun in modifizierter, für die palästinensische Seite akzeptabler Form erneut diskutiert wurde. Allerdings konnte weder die EU-Initiative noch der Peres-Plan den Friedensprozess wieder in Gang bringen, geschweige denn die Gewalt beenden. Bewegung in die festgefahrene Situation schien Ende Februar 2002 erst wieder ein Vorschlag des saudi-arabischen Kronprinzen Abdullah bringen zu können, der international auf große Resonanz und Zustimmung stieß und auch in Israel teilweise positiv aufgenommen wurde. Im Zentrum des saudiarabischen Friedensplanes stand der Rückzug Israels auf die vor dem Sechstagekrieg 1967 eingenommenen Positionen, die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge und die Errichtung eines palästinensischen Staates mit Ostjerusalem als Hauptstadt sowie im Gegenzug die diplomatische Anerkennung Israels durch die arabischen Staaten sowie die Leistung von Sicherheitsgarantien durch diese Staaten. Auf dem Gipfeltreffen der Arabischen Liga Ende März 2002 in Beirut wurde dieser neue Friedensplan offiziell vorgestellt und verabschiedet. Sharon jedoch lehnte ihn ab. Unterdessen war im Februar 2002 von der Regierung Sharon Arafats Hausarrest zumindest gelockert worden, und am 11. März wurde er völlig aufgehoben, was jedoch durch die neuerliche militärische Besetzung Ramallahs durch israelische Truppen einen Tag später - eine Reaktion auf ein neuerliches Selbstmordattentat - wieder ad absurdum geführt wurde. Die immer umfangreicheren Militäraktionen Israels, d. h. die immer häufigeren und ausgedehnteren Besetzungen palästinensischer Autonomiegebiete und das immer rigorosere Vorgehen der israelischen Armee in den besetzten Gebieten, veranlassten schließlich auch die USA, von ihrem Kurs der bedingungslosen Unterstützung der israelischen Regierung abzugehen und Mitte März 2002 erneut ihren Sondergesandten Zinni zu weiteren Verhandlungen in den Nahen Osten zu entsenden. Die Vermittlungsbemühungen der USA scheiterten nach einigen wenigen Gesprächsrunden wieder an einer neuerlichen Welle der Gewalt: Einem palästinensischen Selbstmordattentat am 27. März, dem schwersten seit Monaten, dem 20 israelische Zivilisten zum Opfer fielen, folgte am 29. März 2002 die ,,Operation Schutzwall", die größte israelische Militäroffensive seit dem Libanonkrieg 1982: Die israelische Armee drang gewaltsam in die palästinensischen Autonomiegebiete im Westjordanland ein, vor allem in die Städte der Zone A (Ramallah, Kalkilia, Jenin, Nablus, Tulkarem, Bethlehem) und besetzte sie. Ziel der Operation war nach israelischen Angaben die Zerschlagung der terroristischen Strukturen in den Palästinensergebieten; allerdings stand das Vorgehen der israelischen Armee in keinerlei Verhältnis zu dem vorgeblichen Ziel: Nicht nur wurden Hunderte mutmaßliche palästinensische Aktivisten festgenommen und in großem Umfang Unterlagen sichergestellt, sondern es wurden auch die Büros der Palästinensischen Autonomieverwaltung und sonstiger Einrichtungen sowie zahllose Privathäuser durchsucht und zum Teil mutwillig geplündert und verwüstet, Straßen, Strom- und Wasserversorgung zerstört, und in den Städten, insbesondere im Flüchtlingslager Jenin, wo die Armee auf heftige Gegenwehr gestoßen war, wurden mit Panzern und Bulldozern Hunderte Häuser niedergerissen, Tausende Palästinenser obdachlos gemacht, Hilfsdiensten wie Journalisten wurde der Zugang zu den Kampfgebieten versagt. Insgesamt fügte die ,,Operation Schutzwall" dem ohnehin angeschlagenen palästinensischen Gemeinwesen schwerste Schäden zu. Ihr Ziel, die terroristische Infrastruktur in den Palästinensergebieten zu zerstören, erreichte die Operation jedoch nicht. Die ,,Operation Schutzwall" forderte erneut zahlreiche Opfer, in erster Linie auf palästinensischer Seite; in Jenin soll die israelische Armee nach Aussage von Palästinensern regelrechte Massaker verübt haben. Einer bereits beschlossenen UN-Kommission, die nach dem Abzug der israelischen Armee am 18. April die von Spekulationen umrankten Vorgänge in Jenin untersuchen sollte, versagte die israelische Regierung die Zusammenarbeit, indem sie immer neue Bedingungen betreffs personeller Zusammensetzung und Untersuchungsumfang stellte, bis die Kommission, noch ehe sie in den Nahen Osten abgereist wäre, wieder aufgelöst wurde. Andere humanitäre Organisationen wie Human Rights Watch und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, die nach dem Abzug der Armee nach Jenin durften, fanden hier ein Bild der Verwüstung und zahlreiche Beweise für Kriegsverbrechen des israelischen Militärs, aber keine Hinweise auf Massaker. Angesichts der nun in einem nicht gekannten Ausmaß eskalierenden Gewalt meldeten sich auch die Vereinten Nationen vermehrt und deutlicher zu Wort. Bereits am 13. März 2002 hatte der Sicherheitsrat die Resolution 1397 verabschiedet, in der erstmals auch von einem Staat Palästina die Rede ist: Die Resolution entwarf die Vision ,,einer Region, wo zwei Staaten, Israel und Palästina, Seite an Seite in gesicherten und anerkannten Grenzen leben". Außerdem rief die Resolution beide Seiten zu einer sofortigen Waffenruhe auf und unterstützte ausdrücklich den saudi-arabischen Friedensplan. UN-Generalsekretär Kofi Annan forderte zudem Israel auf, die ,,illegale Besetzung" der Palästinensergebiete sofort zu beenden, und die Palästinenser, ihre Terrorakte sofort einzustellen. Am 30. März 2002 verabschiedete der Sicherheitsrat eine weitere Resolution (Nr. 1402), die Israel zum sofortigen Rückzug aus allen besetzten Palästinensergebieten aufforderte und zugleich ,,große Sorge" hinsichtlich der palästinensischen Selbstmordattentate äußerte. Beide Resolutionen zeitigten jedoch keinerlei Wirkung, ebenso die Resolution 1403 vom 4. April, in der der Sicherheitsrat seine Aufforderung an Israel zum sofortigen Rückzug aus den Palästinensergebieten wiederholte. Kofi Annan wies zudem Israel nachdrücklich darauf hin, dass es bei seinem Kampf gegen den Terrorismus internationales Recht einhalten müsse und keine Menschenrechtskrise erzeugen dürfe. Erfolglos blieben zunächst auch ähnlich lautende Aufforderungen des so genannten Nahost-Quartetts, das sich angesichts der verfahrenen Lage im Nahen Osten am 10. April in Madrid konstituiert hatte und dem die Vereinten Nationen (vertreten durch Generalsekretär Annan), die EU (vertreten durch den außenpolitischen Koordinator Javier Solana und den Außenminister der Ratspräsidentschaft) sowie die Außenminister der USA und Russlands angehörten. Erst in der zweiten Aprilhälfte zog sich die israelische Armee weitgehend aus den Palästinenserstädten zurück, mit Ausnahme von Ramallah und Bethlehem, wo sie etwa 200 Palästinenser, die sich in die Geburtskirche zurückgezogen hatten, belagerte, blieb jedoch in der Peripherie und unternahm weiterhin immer wieder kurze Vorstöße in die Städte. Anfang Mai 2002 erbrachten internationale Vermittlungsbemühungen kleinere Fortschritte: Am 1. Mai wurde der Belagerungsring um Arafats Amtssitz in Ramallah aufgehoben, so dass Arafat seinen Amtssitz wieder verlassen konnte. Zuvor hatte Arafat die Mörder Zeevis, die sich in seinem Amtssitz aufgehalten hatten, zwar nicht an Israel, aber an internationale Beobachter ausgeliefert. Und am 10. Mai wurde die Belagerung der Geburtskirche in Bethlehem aufgehoben, nachdem man sich auf die Abschiebung mehrerer militanter Palästinenser, die sich in der Kirche aufgehalten hatten, ins Ausland verständigt hatte; zugleich wurde die aktive Phase des bewaffneten Einmarsches ins Westjordanland beendet. Des Weiteren entwickelten die USA in Zusammenarbeit mit den UN, der EU und Russland eine neue Strategie zur Konfliktlösung, und Arafat kündigte eine grundlegende Reform der Autonomiebehörde an. Die Autonomiebehörde wurde bisher von Arafat autokratisch beherrscht und war durch Korruption, einen aufgeblähten Apparat und ein hohes Maß an Ineffizienz geprägt. Die Reform der Autonomiebehörde sowie die Herstellung demokratischer Strukturen war eine der Bedingungen Sharons für die Wiederaufnahme bilateraler Verhandlungen und wurde nun zunehmend auch international, vor allem von den USA, aber auch der EU, als Voraussetzung für die Neubelebung des Friedensprozesses eingeklagt. Zwar hatte sich die israelische Armee aus den palästinensischen Autonomiestädten selbst zurückgezogen, bezog nun aber Stellungen rund um die Städte, schuf so acht von einander getrennte und von Israel kontrollierte Enklaven - vielfach als ,,Bantustans" bezeichnet - und setzte damit de facto die Autonomieordnung und die Oslo-Verträge außer Kraft. Zudem stieß die Armee immer wieder zu Razzien und vorübergehenden Besetzungsaktionen in die Städte vor. Um von einer Palästinenserstadt in die andere zu kommen, bedurfte es nun besonderer Genehmigungen, die von der israelischen Armee jedoch nur sehr sparsam ausgestellt wurden. Auf ein neuerliches schweres Selbstmordattentat am 5. Juni 2002, dem 17 Israelis zum Opfer fielen, reagierte Israel wieder mit der Besetzung einiger Autonomiestädte, darunter Ramallah, wo Arafats Amtssitz erneut durchsucht und beschossen wurde. Der anschließende Rückzug der israelischen Truppen aus den besetzten Städten war nur von kurzer Dauer: Nach zwei weiteren Selbstmordattentaten am 18. und 19. Juni mit insgesamt 27 israelischen Opfern kündigte Sharon die unbefristete Besetzung der palästinensischen Gebiete an, die in Form der Militäroffensive ,,Entschlossener Weg" auch sogleich umgesetzt wurde: Die israelische Armee rückte wieder in alle Autonomiestädte mit Ausnahme Jerichos ein, verhängte Ausgangssperren über die Städte und zerstörte u. a. in Hebron das dortige Hauptquartier der Autonomieverwaltung. Die Besetzung sollte laut Sharon so lange andauern, bis die ,,Infrastruktur des Terrors" zerstört sei. Zudem nahm Israel wieder seine Strategie der gezielten Liquidierung mutmaßlicher palästinensischer Terroristen auf und begann außerdem Mitte Juni im Westjordanland mit dem Bau eines mehrere hundert Kilometer langen Schutzzaunes, der das Eindringen palästinensischer Terroristen nach Israel verhindern sollte und durch den die Palästinensergebiete nun hermetisch abgeriegelt wurden. Unterdessen leitete Arafat unter massivem Druck sowohl aus den eigenen Reihen als auch aus den USA einige Reformen ein: Ende Mai 2002 unterzeichnete er das bereits 1996 vom Legislativrat verabschiedete Grundgesetz für die palästinensischen Gebiete, und am 13. Juni vereidigte Arafat ein umgebildetes und verkleinertes Kabinett: Die Zahl der Minister wurde von 31 auf 21 reduziert, allerdings wurden nur fünf der Minister neu ernannt, darunter der Innenminister, dessen Amt Arafat bisher selbst innehatte. Und schließlich legte sich Arafat auf den Januar 2003 als Termin für die überfälligen Neuwahlen des Legislativrates und des Präsidenten der Autonomiebehörde fest. Weitergehenden, grundlegenden Reformen der palästinensischen Verwaltung stand jedoch zum einen die Person Arafat selbst entgegen, zum anderen die Tatsache, dass Israel durch ständige Militäraktionen, die Zerstörung von Institutionen und der Infrastruktur und die Parzellierung des Palästinensergebietes die Errichtung eines geordneten, demokratischen palästinensischen Gemeinwesen verhinderte. Die USA, bisher der wichtigste Vermittler im Nahen Osten, hatten nach den schweren Attentaten im Juni ihre Vermittlungsmissionen eingestellt. Sie plädierten zwar weiterhin für die Errichtung eines zumindest provisorischen Palästinenserstaates, machten ihre Unterstützung der palästinensischen Seite jetzt jedoch von der Einsetzung bzw. Wahl einer neuen palästinensischen Führung abhängig, d. h., sie lehnten nun ebenso wie Israel Arafat als Verhandlungspartner ab. Damit kam die aktive Nahostpolitik der USA vorerst zum Stillstand. Nach einer relativ langen Ruhephase eskalierte die Gewalt erst wieder, nachdem Israel am 23. Juli 2002 durch einen Raketenangriff auf ein Wohnhaus in Gaza den Führer der Qassam-Brigade der Hamas, Salah Shehade, tötete und dabei 15 unbeteiligte Zivilisten, größtenteils Kinder und Frauen, mit in den Tod riss und über 150 Palästinenser verletzte. Die Hamas kündigte Vergeltung an und reagierte am 31. Juli mit einem Anschlag in der Cafeteria der Hebräischen Universität in Jerusalem, dem sieben Menschen zum Opfer fielen, und am 4. August mit einem Selbstmordattentat auf einen Bus in Nordisrael, bei dem neun Menschen ums Leben kamen. Die Hamas rechtfertigte die Anschläge als Akt der Selbstverteidigung eines unterdrückten Volkes; Vertreter der Palästinenser werteten die Anschläge als Scheitern der israelischen Politik, durch Abriegelung der Palästinenserstädte den palästinensischen Terror beenden zu können. Infolge der neuerlichen Anschläge verhängte Israel eine völlige Blockade über die Autonomiegebiete; die daraufhin verabschiedete UN-Resolution, die Israel zum sofortigen Rückzug aus den Autonomiegebieten aufforderte blieb folgenlos. Jedoch nahmen Israel und Palästinenser ihre Sicherheitsgespräche wieder auf; sie mündeten in dem von dem israelischen Verteidigungsminister Benjamin Ben Eliezer vorgebrachten Plan ,,Gaza zuerst", dem zufolge sich Israel schrittweise aus den besetzten Gebieten zurückziehen wollte, sofern dort die palästinensischen Sicherheitskräfte effizient den Terror bekämpften. Begonnen werden sollte mit dem Gazastreifen, da dort die palästinensischen Sicherheitsstrukturen noch am wenigsten zerstört waren. Tatsächlich aber zog Israel seine Truppen vorerst nur aus Bethlehem zurück; der Rückzug aus dem Gazastreifen wurde wegen der andauernden Gewalt ausgesetzt. Mitte September 2002 legte das Nahost-Quartett einen konkreten Dreistufenplan zur Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates vor: In einer ersten Phase sollte sich Israel auf die Positionen vor dem 28. September 2000 zurückziehen, die Palästinenser sollten den Terror bekämpfen und Wahlen abhalten. In einer zweiten Phase sollten 2003 provisorische Grenzen des künftigen Palästinenserstaates festgelegt und eine Verfassung ausgearbeitet werden. Bilaterale Verhandlungen und weitere Schritte sollten dann in der dritten Phase die friedliche Koexistenz beider Seiten ermöglichen und 2005 in die Errichtung eines unabhängigen Staates Palästina münden. Israel und Palästinenser kritisierten den Plan als unzureichend. Nach einem neuerlichen Selbstmordattentat in Tel Aviv am 19. September 2002, bei dem sechs Menschen umkamen, rückten israelische Truppen wieder in Ramallah ein, riegelten Arafats Amtssitz ab und zerstörten den Gebäudekomplex fast vollständig, bis auf einige wenige Räume, in denen sich Arafat zusammen mit mehreren Dutzend Gefolgsleuten befand. Die Belagerung sollte erst dann wieder aufgehoben werden, wenn Arafat mehrere mutmaßliche Terroristen auslieferte, die sich in den Resten seines Amtsgebäudes aufhielten. Arafat verweigerte sowohl Auslieferung wie Kapitulation, und auf internationaler Ebene stieß die israelische Aktion auf schärfste Kritik. Am 23. September forderte der UN-Sicherheitsrat in der Resolution Nummer 1435 Israel zur sofortigen Aufhebung der Belagerung auf, und auch die USA, denen vor dem Hintergrund einer geplanten Aktion gegen den Irak die Zuspitzung der Situation in Palästina äußerst ungelegen kam, erhöhten ihren Druck auf Israel. Jedoch erst am 30. September zog Israel seine Truppen und Panzerverbände aus der unmittelbaren Nähe von Arafats Amtssitz ab, nicht ohne zugleich Scharfschützen in der Umgebung zu postieren. Sharons Belagerungsstrategie war gescheitert, Arafats Ansehen in der palästinensischen Bevölkerung war, anders als von Israel erwartet, wieder erheblich gestiegen. Unterdessen jährte sich der Beginn der Al-Aksa-Intifada zum zweiten Mal. In der Folgezeit riss die Welle der palästinensischen Selbstmordattentate nicht ab, darunter mehrere Anschläge auf Linienbusse sowie am 5. Januar 2003 zwei nahezu zeitgleiche Attentate in Tel Aviv mit insgesamt 23 Toten. Israel reagierte in der üblichen Weise mit Raketenangriffen auf Gebäude der Autonomiebehörde und mutmaßlicher Terroristen, mit Razzien und neuerlichen Besetzungen sowie zuletzt auch mit einem Reiseverbot für palästinensische Politiker, denen damit die Teilnahme an einer für Mitte Januar in London geplanten Nahost-Konferenz verwehrt wurde, auf der u. a. über eine Reform der Autonomiebehörde beraten werden sollte. Die Konferenz wurde daraufhin abgesagt. Anfang Dezember 2002 wurden die Grundlinien eines neuen, unter US-Führung vom Nahost-Quartett ausgearbeiteten Friedensplans bekannt, dem zufolge bereits 2003 ein provisorischer Palästinenserstaat in Teilen der besetzten Gebiete ausgerufen werden und bis 2005 Status und Grenzen des Palästinenserstaates definitiv festgelegt werden sollten. Als Voraussetzung für die Ausrufung eines Palästinenserstaates sollte jedoch in einem ersten Schritt die Demokratisierung der Autonomiebehörde erfolgen. Die Demokratisierung des palästinensischen Gemeinwesens scheiterte jedoch vorerst an den Umständen: Die Autonomiebehörde sagte die für den 20. Januar 2003 angesetzten Präsidenten- und Parlamentswahlen ab; denn angesichts der fortdauernden Besetzung der Palästinensergebiete schien ihr eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahlen unmöglich. Sharon akzeptierte den Friedensplan im Prinzip, jedoch unter verschiedenen einschneidenden Bedingungen - u. a. völlige Einstellung der Gewalt, Errichtung demokratischer Strukturen -, die es Israel de facto ermöglichen würden, die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates immer wieder hinauszuzögern. 5.2 Neue Hoffnung? Einen ersten konkreten Schritt in Richtung Demokratisierung der Autonomiebehörde unternahm Arafat im März 2003 mit der Schaffung des Amtes eines Ministerpräsidenten und trug damit entsprechenden Forderungen Israels und des Nahost-Quartetts Rechnung, die die Einrichtung eines solchen Postens zur Voraussetzung - neben anderen - für die Wiederaufnahme des Friedensprozesses gemacht hatten. Zum Ministerpräsidenten ernannte Arafat den gemäßigten PLO-Generalsekretär Mahmud Abbas, der sowohl von Israel wie auch von den USA akzeptiert wurde. Zwar wurde der Ministerpräsident mit einigen Befugnissen ausgestattet; die Verteilung zentraler Kompetenzen - wie der Friedensverhandlungen mit Israel und der Hoheit in Sicherheitsfragen - zwischen Präsident und Ministerpräsident wurde jedoch nicht eindeutig geregelt. Allerdings dauerte es noch bis Ende April, bis sich Abbas und Arafat auf die Zusammensetzung der neuen palästinensischen Regierung einigen konnten und die neue Regierung einschließlich ihres Ministerpräsidenten vom palästinensischen Parlament bestätigt wurde. Unmittelbar nach der formellen Bestätigung Abbas' überreichten Vertreter des Nahost-Quartetts am 30. April 2003 der israelischen und der palästinensischen Regierung ihren schon im Dezember 2002 ausgearbeiteten Friedensplan, die so genannte Road Map (im Deutschen meist als ,,Fahrplan" bezeichnet). Während Abbas den Plan im Wesentlichen akzeptierte, hatte Sharon schon im Vorfeld über ein Dutzend Änderungswünsche angemeldet, auf der anderen Seite aber auch als Zeichen guten Willens die Räumung einiger unbewohnter israelischer Vorposten im Westjordanland angeordnet. Die Road Map sieht die Errichtung eines souveränen Palästinenserstaates in drei Phasen bis 2005 vor. In der ersten Phase soll die palästinensische Führung öffentlich das Existenzrecht Israels anerkennen und zu einem Ende jeglicher Gewalt gegen Israelis aufrufen. Desgleichen soll Israel seine Verpflichtung zur Ermöglichung eines existenzfähigen souveränen Palästinenserstaates bekräftigen und zu einem Ende der Gewalt gegen Palästinenser aufrufen. Die Palästinensische Autonomiebehörde muss sichtbare Anstrengungen gegen die antiisraelische Gewalt unternehmen; Israel muss alle Vertrauen zerstörende Aktionen gegen die Palästinenser unterlassen. Außerdem muss die Autonomiebehörde die Sicherheitsdienste straffen und unter die Verantwortung eines Ministers stellen; Israel soll die humanitäre Lage im Westjordanland und im Gazastreifen verbessern, Ausgangssperren aufheben und Bewegungsfreiheit wieder herstellen, den Siedlungsbau einstellen und alle seit März 2001 errichteten Außenposten abbauen. Zudem muss Israel seine Truppen aus den Autonomiegebieten zurückziehen, die seit dem Ausbruch der zweiten Intifada im September 2000 wieder besetzt wurden. Die Palästinenser führen so bald wie möglich freie und faire Wahlen durch. Die zweite Phase wird durch eine vom Nahost-Quartett unmittelbar nach der erfolgreichen Durchführung der palästinensischen Wahlen einberufenen internationalen Konferenz eröffnet (geplant im Dezember 2003). Diese Konferenz wird in der Ausrufung eines palästinensischen Staates mit provisorischen Grenzen münden. Begleitend werden von Israel ,,weitere Maßnahmen hinsichtlich von Siedlungen" erwartet. Die dritte Phase beginnt auf der Grundlage einer Beurteilung der Fortschritte durch das Nahost-Quartett und mit einer zweiten internationalen Konferenz; am Ende soll 2005 die völlige Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts stehen sowie die Bildung eines endgültigen, eingeschränkt bewaffneten Palästinenserstaates. Die Friedenslösung soll auf den UN-Resolutionen 242 (1967) und 338 (1973) basieren und eine Rückkehr zu den Grenzen von 1967 beinhalten sowie eine Lösung der Flüchtlings- und der Jerusalem-Frage einschließen. Auf Druck der USA akzeptierte Mitte Mai auch die israelische Regierung gegen großen inneren Widerstand die Road Map. Auf einem israelisch-palästinensischamerikanischen Gipfeltreffen - dem ersten seit zweieinhalb Jahren - am 4. Juni 2003 in Akaba bekannte sich Sharon zur Errichtung eines unabhängigen, lebensfähigen Palästinenserstaates, gestand den Palästinensern ihren Wunsch nach einem zusammenhängenden Territorium zu und kündigte als einen ersten Schritt zur Umsetzung der Road Map den Abbau illegaler jüdischer Siedlungen in den Palästinensergebieten an, der wenig später tatsächlich eingeleitet wurde. Auf der anderen Seite erteilte Abbas der palästinensischen Gewalt gegen Israel eine klare Absage. Heikle Themen, wie etwa die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge, wurden bei dem Gipfeltreffen jedoch ausgeklammert. Radikale palästinensische Gruppierungen wie etwa Hamas und Islamischer Jihad zeigten sich allerdings vorerst nicht zur Anerkennung des Friedensplans und folglich zum Gewaltverzicht bereit und demonstrierten ihren Widerstandswillen mit neuerlichen Anschlägen. Bereits eine Woche nach dem Gipfeltreffen von Akaba geriet der wieder aufgenommene Friedensprozess ernsthaft in Gefahr: Israel unternahm einen Angriff auf einen hohen Hamas-Vertreter im Gazastreifen, der klar gegen die Road Map verstieß; die Hamas reagierte mit einem Selbstmordattentat, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen; Israel antwortete mit weiteren Angriffen auf Hamas-Mitglieder in Gaza. Ehe die Gewalt erneut eskalieren konnte, erklärten sich Hamas, Islamischer Jihad und Fatah bzw. deren militanter Flügel, die Al-Aksa-Brigaden, Ende Juni 2003 zu einer drei- bzw. sechsmonatigen Waffenruhe bereit, was allerdings einige radikale Splittergruppen nicht von weiteren Anschlägen abhielt. Dennoch hatte sich die Situation so weit entspannt, dass Israel seine Truppen aus dem Gazastreifen und aus Bethlehem abzog und dort die Verantwortung für die Sicherheit der palästinensischen Polizei übergab; darüber hinaus geriet der israelische Rückzug jedoch bald wieder ins Stocken. Außerdem baute Israel einige erste illegale Außenposten ab, allerdings zunächst nur unbewohnte. Auch begann Israel mit der Freilassung von palästinensischen Häftlingen, zunächst jedoch nur von einigen wenigen, deren Strafe abgelaufen war; im August 2003 entließ Israel weitere knapp 350 Palästinenser aus der Haft - was weit entfernt war von der palästinensischen Forderung nach der Entlassung aller etwa 6 500 in Israel gefangen gehaltener Palästinenser; allerdings war die Freilassung von palästinensischen Gefangenen nicht Bestandteil der Road Map. Endgültig gescheitert schien der Friedensprozess, als palästinensische Militante am 19. August 2003 in Jerusalem einen weiteren schweren Anschlag verübten, bei dem 20 Menschen ums Leben kamen und über 100 verletzt wurden. Zu dem Anschlag bekannten sich Hamas und Islamischer Jihad. In Reaktion auf den Anschlag nahm Israel seine Politik der gezielten Tötung mutmaßlicher Terroristen wieder auf; erstes Opfer war einer der ranghöchsten Hamas-Führer, woraufhin die Hamas die gut eineinhalb Monate zuvor verkündete Waffenruhe für beendet erklärte. Negativ auf den Friedensprozess wirkte sich daneben auch der anhaltende Machtkampf zwischen Arafat und seinem Ministerpräsidenten Abbas aus. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung, die sich im Wesentlichen um die Verteilung der Kompetenzen, insbesondere die Hoheit über die palästinensischen Sicherheitsdienste drehte, reichte Abbas am 6. September 2003 seinen Rücktritt ein; damit verlor die Palästinensische Autonomieverwaltung ihren von den USA und Israel gleichermaßen anerkannten Verhandlungspartner. Schon zuvor hatte Arafat den Friedensprozess für tot erklärt und Israel die Verantwortung für das Scheitern zugewiesen. Weiter verschärft wurde der Nahostkonflikt seitens Israels durch den Weiterbau des Sperrzaunes zwischen Israel und dem Westjordanland, durch die immer nachdrücklichere Forderung aus der israelischen Regierung nach einer Ausweisung oder gar Ermordung Arafats und durch Maßnahmen gegen mutmaßliche palästinensische Terroristen. Ein arabischer Resolutionsentwurf zum Schutz Arafats scheiterte im UN-Sicherheitsrat am Veto der USA, ebenso ein Resolutionsentwurf zur Verurteilung des Sperrzaunes, wohingegen die UN-Vollversammlung - völkerrechtlich nicht bindend - den Sperrzaun mit großer Mehrheit verurteilte. Die Palästinenser auf der anderen Seite wirkten einer Beruhigung der Lage durch die anhaltende Krise innerhalb ihrer Führung entgegen - auch der seit dem 5. Oktober 2003 amtierende Ministerpräsident Ahmed Kurei konnte sich mit Arafat nicht über die Kontrolle der Sicherheitsdienste einigen - sowie durch neuerliche Selbstmordattentate. Ein schweres Attentat am 4. Oktober 2003 in Haifa mit 19 Toten beantwortete Israel mit einem Luftangriff auf ein mutmaßliches Ausbildungslager des Islamischen Jihad nahe Damaskus in Syrien, was weltweit große Proteste hervorrief. Und wenig später rückte die israelische Armee mit großem Aufgebot im Gazastreifen ein, um insbesondere im Flüchtlingslager Rafah Tunnel zu zerstören, durch die Waffen von Ägypten in den Gazastreifen geschmuggelt wurden. Durch den Militäreinsatz wurden erneut zahlreiche Gebäude zerstört und neben mutmaßlichen Terroristen auch Zivilisten getötet. Am 13. Oktober 2003 unterzeichnete eine Gruppe israelischer und palästinensischer Politiker und Intellektueller einen neuen, als ,,Genfer Abkommen" bezeichneten Friedensplan, der u. a. die Errichtung eines entmilitarisierten Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 vorsah sowie die Aufteilung Jerusalems zwischen dem neuen Palästinenserstaat und Israel; anders als die Road Map forderte dieser Plan jedoch keine demokratischen Reformen von den Palästinensern. Am 1. Dezember wurde das Abkommen in einer feierlichen Zeremonie unter hochrangiger internationaler Beteiligung in Genf offiziell vorgestellt. Der mit Schweizer Unterstützung zustande gekommene Plan hatte allerdings kaum Aussicht auf Umsetzung: Auf der israelischen Seite hatten ausschließlich Vertreter der Opposition an den Verhandlungen teilgenommen, und Ministerpräsident Sharon kritisierte ihn als subversiv; die radikalen Palästinensergruppen lehnten den Plan völlig ab, während Arafat und seine Fatah ihm ,,nur" die Unterstützung versagten. International stieß der Plan jedoch auf positive Resonanz und wurde als Möglichkeit gewertet, den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. Laut Angaben der israelischen Regierung waren die palästinensischen Terrorattentate im Jahr 2003 im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen, und zwar um 30 Prozent. Hatte es 2002 noch 5 301 Anschläge gegeben, so waren es 2003 nur noch 3 838. Die Zahl der israelischen Todesopfer ging um über 50 Prozent zurück, und zwar von 451 im Jahr 2002 auf 213 im Jahr 2003. Drei Viertel der Opfer waren Zivilisten. Dieser Rückgang war nach Auffassung der israelischen Regierung jedoch nicht auf eine gesunkene Gewaltbereitschaft auf Seiten der Palästinenser zurückzuführen, sondern auf den Sperrzaun sowie auf andere Sicherheitsmaßnahmen. In Bezug auf den Sperrzaun verabschiedete die UN-Vollversammlung im Dezember 2003 eine Resolution, die die Klärung der Frage, ob der Zaun gegen internationales Recht verstoße, an den Internationalen Gerichtshof (IGH) verwies. Der Sperrzaun verläuft zu großen Teilen auf palästinensischem Gebiet, und durch den Bau des Zaunes würde Israel nach Schätzungen der Vereinten Nationen insgesamt etwa 15 Prozent des Westjordanlandes annektieren. Zudem schränkt der Zaun die Bewegungsfreiheit der Palästinenser erheblich ein. Im Juli 2004 erklärte der IGH den Sperrzaun für völkerrechtswidrig, zumindest die auf palästinensischem Territorium errichteten Abschnitte des Zaunes (und das ist der weitaus größte Teil), und forderte Israel zum Einstellen der Bauarbeiten und zum Abriss der in Frage stehenden Teile des Zaunes auf sowie zur Entschädigung der für den Bau enteigneten Palästinenser. Jedoch sind Urteile des IGH nicht bindend; Israel setzte die Arbeiten an dem Zaun fort. Im Februar 2004 kündigte Sharon an, vier israelische Siedlungen im Westjordanland sowie alle Siedlungen im Gazastreifen zu räumen und die israelischen Truppen komplett aus dem Gazastreifen zurückzuziehen. Zugleich verschärfte Israel seine Angriffe und Razzien im Gazastreifen gegen mutmaßliche Terroristen noch, vermutlich um vor dem Abzug die terroristische Infrastruktur im Gazastreifen so weit wie möglich zu schwächen bzw. um dem Abzug jeden Anschein einer Flucht zu nehmen. Die Gefechte im Gazastreifen waren so heftig und die Anzahl der Opfer so hoch wie seit Monaten nicht mehr. Über den Zeitpunkt und die Modalitäten eines Rückzugs aus dem Gazastreifen äußerte sich Sharon im Übrigen nicht genauer. Teile seiner eigenen Partei sowie seiner Koalitionspartner lehnten einen Rückzug aus dem Gazastreifen ab. Am 22. März 2004 wurde der Hamas-Führer Scheich Jassin in Gaza-Stadt Opfer der israelischen Politik der gezielten Tötungen. Die Hamas und andere Organisationen kündigten blutige Rache an, Hunderttausende Palästinenser demonstrierten gegen diese Tötungsaktion, die gesamte arabische Welt protestierte dagegen, und auch zahlreiche weitere Staaten kritisierten Israel scharf. Eine entsprechende Resolution des UN-Sicherheitsrats, in der Israel wegen der völkerrechtswidrigen Tötung Jassins verurteilt werden sollte, scheiterte jedoch am Veto der USA. Die Tötung Jassins war eine Reaktion auf einen palästinensischen Selbstmordanschlag eine Woche zuvor, bei dem in der Hafenstadt Ashdod neun Israelis ums Leben gekommen waren. Eine weitere israelische Reaktion auf diesen Selbstmordanschlag war die Absage eines lange geplanten, immer wieder verschobenen Treffens zwischen Sharon und Kurei, das in der Woche nach dem Anschlag hätte stattfinden sollen. Außerdem schloss Israel vorerst weitere Friedensverhandlungen aus. Knapp einen Monat nach Jassin, am 17. April 2004, fiel auch der neue Führer der Hamas, Abdel Asis Rantisi einem gezielten israelischen Raketenangriff zum Opfer. Die Fronten im Nahostkonflikt verhärteten sich zusätzlich, als US-Präsident Bush Mitte April 2004 seine Unterstützung für den Plan Sharons, sich völlig aus dem Gazastreifen zurückzuziehen, äußerte. Denn im Gegenzug zu einem israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen wollte Sharon den Großteil der jüdischen Siedlungen im Westjordanland dauerhaft für Israel behalten; und dies widersprach allen bisher getroffenen Vereinbarungen, u. a. der Road Map. Außerdem wurde nun palästinensischen Flüchtlingen das Rückkehrrecht auf israelisches Territorium abgesprochen. Die Vereinten Nationen bezeichneten den Rückzugsplan Sharons, der auch eine völlige Abriegelung des Gazastreifens zur Folge hätte, als Abkehr vom bisherigen Friedensplan; die arabische Welt äußerte sich empört über den Richtungswechsel in der amerikanischen Außenpolitik. Aus anderen Gründen, nämlich weil sie einen Rückzug aus dem Gazastreifen als ,,Sieg des Terrors" interpretierte und außerdem generell nicht bereit war, jüdische Siedlungen aufzugeben, stimmte die Mehrheit von Sharons eigener Likud-Partei gegen den Rückzugsplan; die Mehrheit der israelischen Bevölkerung dagegen sprach sich für den Rückzug aus. Und Sharons Kabinett billigte den Rückzugsplan nur in einer deutlich abgemilderten Form: Es stimmte im Juni 2004 prinzipiell dem Rückzug zu, beschloss aber keine konkreten Maßnahmen, sondern verschob eine endgültige Entscheidung auf März 2005. Unterdessen weitete Israel seine Militäraktionen im Gazastreifen, vor allem im Flüchtlingslager Rafah an der Grenze zu Ägypten, noch einmal aus. Im Rahmen der so genannten ,,Operation Regenbogen" wurden Dutzende Häuser zerstört, Hunderte Palästinenser dadurch obdachlos, und über 40 Palästinenser kamen bei den Militäraktionen ums Leben. Die Zerstörung der Häuser rechtfertigte Israel wieder mit der Suche nach Tunneln, durch die Waffen aus Ägypten in den Gazastreifen geschmuggelt würden. Am 19. Mai 2004 verurteilte der UN-Sicherheitsrat in der Resolution Nr. 1544 die Tötung palästinensischer Zivilisten und die Zerstörung palästinensischer Häuser scharf und forderte - völkerrechtlich bindend - Israel auf, die Zerstörungsaktion umgehend einzustellen. Es war dies das erste Mal seit September 2002, dass eine gegen Israel gerichtete Resolution nicht am Veto der USA scheiterte. Wenige Tage später beendete Israel seine Militäraktion im Gazastreifen weitgehend. Ihr ,,Erfolg" war, gemessen an dem gewaltigen Aufwand und großen Schaden, allerdings gering: Es wurde vermutlich nur ein Schmuggeltunnel entdeckt und nur ein palästinensischer Terrorist gefasst. Ein neuerlicher palästinensischer Selbstmordanschlag am 31. August 2004 in Beerscheba - der erste in Israel seit fast einem halben Jahr - veranlasste die israelische Regierung zur Forcierung ihrer Politik der gezielten Tötungen. Erstes Ziel war ein mutmaßliches Trainingslager der Hamas im Gazastreifen; zudem unternahm Israel wieder umfassende Militäraktionen im Gazastreifen, vor allem, um gegen den Beschuss israelischer Städte durch die Hamas, die vom nördlichen Gazastreifen aus Kassam-Raketen Richtung Israel abfeuerte, vorzugehen. Die Operation ,,Tage der Buße" Anfang Oktober forderte über 70 Todesopfer unter den Palästinensern. 5.3 Neuanfang nach Arafat Am 11. November 2004 starb Jasir Arafat. In den Palästinensergebieten blieb es, anders als befürchtet, nach Arafats Tod vergleichsweise ruhig; der Übergang der Macht von Arafat auf seine Nachfolger als PLO-Vorsitzender und Fatah-Chef vollzog sich geordnet und ohne offene Machtkämpfe. Auch die Neuwahl des Präsidenten der Autonomiebehörde am 9. Januar 2005 verlief weitgehend friedlich und regulär; Israel hatte in gewissem Rahmen Beschränkungen aufgehoben, um den Palästinensern den Gang zu den Wahlurnen zu ermöglichen. Die Wahl gewann mit 62,3 Prozent der Stimmen der neue PLO-Vorsitzende Mahmud Abbas, der weithin als gemäßigt galt, bereits an einer Reihe von Verhandlungen beteiligt gewesen war und sich in den USA wie in Israel großer Anerkennung erfreute. Mehr noch als der Tod Arafats erweckte die Wahl Abbas' vor allem im westlichen Ausland die Hoffnung auf eine Wiederbelebung des Friedensprozesses; zahlreiche Staaten, darunter die USA, boten ihre Unterstützung im Friedensprozess an. Lediglich Israel reagierte verhaltener auf den neuen Palästinenserpräsidenten. Dennoch kam bereits am 8. Februar 2005 in Sharm el Sheikh ein Gipfeltreffen zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Sharon und Abbas zustande - das erste israelisch-palästinensische Gipfeltreffen seit mehr als vier Jahren -, an dem auch der ägyptische Staatschef Mubarak als Gastgeber und der jordanische König Abdullah II. teilnahmen. Beide Seiten verpflichteten sich zu einem sofortigen Waffenstillstand, Israel kündigte zudem die Freilassung von 900 in Israel inhaftierten Palästinensern an sowie den Rückzug der israelischen Armee aus fünf Städten im Westjordanland (Jericho, Tulkarem, Ramallah, Kalkilia und Bethlehem) und die Rückübertragung der Sicherheitshoheit dort an die Palästinensische Autonomiebehörde. Selbst die Hamas erklärte sich zwar nicht direkt zu einem Waffenstillstand bereit, aber immerhin zu einem Zustand, ,,der als Ruhe zu bezeichnen sei". Das Gipfeltreffen sowie die Zusagen beider Seiten wurden als Neuanfang in Bezug auf die Umsetzung der Road Map gewertet und als Anfang vom Ende der Intifada. Tatsächlich blieb es in der Folgezeit vergleichsweise friedlich, u. a. deshalb, weil Abbas schon vor dem Gipfeltreffen mehr als 3 000 palästinensische Sicherheitskräfte im Gazastreifen stationiert hatte, die verhinderten, dass aus dem Gazastreifen Raketen auf israelische Siedlungen abgeschossen wurden. Vor allem aber war es Abbas im März 2005 gelungen, in einer schriftlichen Vereinbarung 13 Palästinenserorganisationen, darunter Hamas und Islamischer Jihad, auf eine ,,Atmosphäre der Ruhe" (der Begriff ,,Waffenruhe" wurde absichtlich vermieden) zu verpflichten. Jedoch knüpften die Palästinenserorganisationen ihr Wohlverhalten an Bedingungen: Israel darf seinerseits keine Gewalt anwenden und muss alle etwa 8 000 in Israel inhaftierten Palästinenser freilassen. Die Ruhevereinbarung eröffnete die Möglichkeit für die Wiederaufnahme des Friedensprozesses, war für Israel doch weiterhin das Ende der Anschläge die Voraussetzung für die Aufnahme weitergehender Verhandlungen. Bereits im Februar 2005 hatte Israel die ersten 500 palästinensischen Häftlinge freigelassen, und im März wurden die israelischen Truppen wie vereinbart, allerdings mit Verzögerungen aus einigen Städten im Westjordanland abgezogen. Unterdessen hatte Sharons Plan eines Abzugs aus dem Gazastreifen und aus vier Siedlungen im Westjordanland mehrere Modifikationen erfahren und eine schwere Regierungskrise heraufbeschworen, die im Bruch der alten Koalition und der Bildung einer neuen mündete, war aber in einer Reihe von Abstimmungen in Kabinett und Knesset, die alle zugunsten von Sharon ausgingen, bis zum März 2005 endgültig verabschiedet worden. Die Räumung der Siedlungen wurde unter heftigem Protest zahlreicher der betroffenen Siedler und tausender israelischer Demonstranten im August 2005 innerhalb weniger Tage durchgeführt. Im Anschluss zerstörte die israelische Armee die geräumten Siedlungen inklusive Infrastruktur komplett; am 11. September 2005 zogen die letzten israelischen Soldaten aus dem Gazastreifen ab, und am darauf folgenden Tag übernahmen die Palästinenser nach 38 Jahren israelischer Besatzung wieder die Kontrolle über den Gazastreifen. Die Auswirkung des israelischen Abzugs aus dem Gazastreifen auf den Friedensprozess wurde unterschiedlich bewertet: Während etwa US-Präsident Bush und Palästinenserpräsident Abbas sie als wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer friedlichen Lösung des Nahostkonflikts beurteilten, betonte Sharon die Singularität dieser Räumungsaktion; verschiedene Seiten kritisierten, dass der Abzug entgegen allen Friedensplänen faktisch nicht nur mit einer Zementierung der bestehenden jüdischen Siedlungen im Westjordanland, sondern sogar mit deren Ausbau verbunden war. Zwei weit reichende Ereignisse führten im Januar 2006 zu einer Stagnation, wenn nicht sogar zu einem Rückschritt in den israelisch-palästinensischen Beziehungen und im Friedensprozess: Ministerpräsident Sharon wurde nach einem Schlaganfall amtsunfähig, die israelische Politik befasste sich nun primär mit sich selbst und den für den März anberaumten Knesset-Wahlen; und in den Palästinensergebieten ging aus den ersten Parlamentswahlen seit zehn Jahren die nicht nur von Israel als Terrororganisation eingestufte Hamas als absolut stärkste Kraft hervor. Israel weigerte sich, mit einer von der Hamas geführten Regierung zu verhandeln, und die Hamas zeigte sich, auch nachdem sie im März 2006 mit Ismail Hanija als Ministerpräsidenten die Regierung in den Palästinensergebieten übernommen hatte, nicht bereit, Israel anzuerkennen und auf Gewalt gegen Israel zu verzichten. Ebenso brachen zahlreiche weitere Staaten ihre Kontakte zu der neuen Regierung ab, und auch das Nahost-Quartett setzte seine Arbeit vorerst aus. Der Wahlsieg der Hamas eröffnete neben dem israelisch-palästinensischen einen weiteren Konflikt, nämlich einen innerpalästinensischen: Es entspann sich ein Machtkampf zwischen der bis dahin alle Bereiche dominierenden, nun plötzlich entmachteten Fatah und der Hamas, der sich immer wieder in gewalttätigen Auseinandersetzungen entlud und die Gefahr eines Bürgerkrieges heraufbeschwor. Verschärft wurde der Konflikt durch die gegensätzliche Haltung von Hamas und Fatah zu Israel: Während Präsident Abbas und die Fatah eine endgültige Lösung des Nahostkonflikts in Form einer Zwei-Staaten-Lösung anstrebten, d. h., die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Israel und am Ende die Errichtung eines Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967, lehnte die Hamas dies ab, da eine Zwei-Staaten-Lösung indirekt die Anerkennung Israels implizierte. Erst als Abbas ultimativ die Abhaltung eines Referendums über seinen Vorschlag ankündigte, bewegte sich die Hamas auf die Position der Fatah zu, und schließlich unterzeichneten beide Seiten ein Kompromisspapier, das u. a. die Errichtung eines Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 mit der Hauptstadt Jerusalem vorsah sowie Gewalt gegen israelische Soldaten in den besetzten Gebieten zuließ. Jedoch betonte die Hamas, dass dieses Papier für sie nicht die Anerkennung des Staates Israel bedeute. Der innerpalästinensische Konflikt trat in den Hintergrund, als Israel - seit Mai 2006 von einer Koalition unter Ministerpräsident Ehud Olmert regiert - am 28. Juni erneut in einer Großoffensive in den Gazastreifen vordrang. Unmittelbarer Anlass war ein palästinensischer Überfall auf einen israelischen Grenzposten am Gazastreifen, bei dem ein israelischer Soldat verschleppt wurde; vorausgegangen waren bereits vereinzelte Angriffe aus und in den Gazastreifen. Noch während Israel im Gazastreifen agierte, griff es in einer weiteren Großoffensive am 12. Juli die Hisbollah im Libanon an; auch hier war die Entführung zweier israelischer Soldaten, mit denen die Freilassung von in Israel inhaftierten Libanesen erpresst werden sollte, das auslösende Ereignis. Erklärtes Ziel Israels war die Vertreibung der Hisbollah aus ihren Stellungen im Libanon; von dort aus schoss die Hisbollah seit ihrem Bestehen immer wieder meist vereinzelte Raketen auf den Norden Israels ab, seit dem israelischen Angriff waren es täglich Hunderte. Jedoch zerstörte die israelische Offensive in großem Umfang auch zivile Infrastruktur, trieb Hunderttausende Libanesen aus dem Süden des Landes in die Flucht und forderte mehr als 1 000 Tote, zum größten Teil Zivilisten. Die Hisbollah zu verdrängen, gelang Israel jedoch nicht. Beendet wurde der Krieg durch die UN-Resolution 1701 vom 11. August 2006, die u. a. die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten forderte, die Entwaffnung der Hisbollah und ihre Entfernung aus dem Südlibanon, den Rückzug Israels und die Stationierung von libanesischen und Blauhelmtruppen im Südlibanon. Zumindest was die Waffenruhe und den Wechsel der Militärmacht im Südlibanon anbelangte, wurde die Resolution - wenn auch zögerlich - von allen beteiligten Parteien eingehalten. Unterdessen setzte Israel seine Offensiven im Gazastreifen fort, auch um den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen zu stoppen, nahm mehrere Hamas-Abgeordnete und -Minister fest (einige wurden bald wieder freigelassen) und riegelte den Gazastreifen für Wochen vollständig ab, so dass sich dort die Versorgungslage dramatisch zuzuspitzen begann. Bis zum Abschluss eines (brüchigen) Waffenstillstands Ende November 2006 kosteten die israelischen Vorstöße in den Gazastreifen mehr als 320 Palästinenser das Leben. Unterdessen bemühten sich nicht nur Abbas, sondern auch Hanija um die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit, um sowohl die innerpalästinensische Spaltung als auch die internationale Isolation, mit der sich die Hamas-Regierung konfrontiert sah, zu überwinden. Nach einigen gescheiterten Versuchen kam im März 2007 eine u. a. aus Vertretern von Hamas, Fatah und Unabhängigen bestehende Regierung zustande. Allerdings ließ das gemeinsame Regierungsprogramm aufgrund der kompromisslosen Haltung der Hamas drei wesentliche Punkte offen: die Anerkennung Israels, die Einhaltung der bestehenden israelisch-palästinensischen Verträge und den Verzicht auf Gewalt. Die Umsetzung dieser Punkte aber war für zahlreiche Staaten einschließlich Israels die zentrale Voraussetzung für die Wiederaufnahme von Kontakten zur palästinensischen Regierung, so dass die Regierung als Ganze weiterhin isoliert blieb, wenngleich Kontakte mit einzelnen, nicht der Hamas angehörenden Regierungsmitgliedern stattfanden. Verhandlungen mit der palästinensischen Regierung wurden erst wieder aufgenommen und die Friedensbemühungen intensiviert, nachdem Präsident Abbas Mitte Juni 2007 infolge des innerpalästinensischen Bürgerkrieges zwischen Fatah und Hamas im Gazastreifen die Koalitionsregierung aufgelöst und eine von der Fatah dominierte Notstandsregierung eingesetzt hatte. Jedoch verfügte diese Notstandsregierung, in der die Hamas nicht mehr vertreten war, nur im Westjordanland über Macht, während im Gazastreifen die Hamas die alleinige Kontrolle übernommen hatte. Dementsprechend konzentrierten sich die Verhandlungen Israels, der USA, des Nahost-Quartetts etc. mit der palästinensischen Regierung auf das Westjordanland, jedoch wurde immer wieder betont, dass es eine Friedenslösung nur mit den gesamten Palästinensergebieten, also Westjordanland und Gazastreifen, geben könne. Die Lage im Gazastreifen spitzte sich allerdings immer weiter zu: Abschüssen von Raketen aus dem Gazastreifen auf israelische Siedlungen folgten israelische gezielte Schläge und neuerliche Invasionen im Gazastreifen; zeitweise blockierte Israel auch das Gebiet und drosselte den Umfang der Lieferungen, so dass der Gazastreifen unter erheblichen Versorgungsengpässen litt. Die von den USA initiierte Konferenz in Annapolis (Maryland, USA) im November 2007 - das erste große Nahost-Gipfeltreffen seit dem von Camp David 2000 - sollte den Friedensprozess wieder in Schwung bringen. Ergebnis der Konferenz war, dass sich die israelische und die palästinensische Regierung darauf einigten, im Dezember 2007 neuerliche Friedensverhandlungen aufzunehmen, die noch vor Ende 2008 in ein Abkommen über die Schaffung eines Palästinenserstaates münden sollten. Außerdem verpflichteten sich beide Seiten zu einer ,,umgehenden Umsetzung ihrer jeweiligen Verpflichtungen im Rahmen der Road Map"; die USA sollten die Einhaltung dieser Vorgabe überwachen. Wesentliche kontroverse Punkte wie der Status von Jerusalem, der Grenzverlauf und die Zukunft der palästinensischen Flüchtlinge wurden wieder einmal ausgeklammert. Die Hamas lehnte das Abkommen von Annapolis ab und sprach Abbas Recht und Mandat ab, über grundlegende Angelegenheiten der Palästinenser zu verhandeln - immerhin verfügte sie in dem formal weiterbestehenden palästinensischen Parlament noch immer über die absolute Mehrheit der Sitze. Die israelischpalästinensischen Verhandlungen wurden termingerecht aufgenommen, von Abbas jedoch bald wieder für einige Wochen ausgesetzt, nachdem Israel massive Militäreinsätze mit mehr als 100 Toten gegen den Gazastreifen unternommen hatte. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« Seit dem Regierungsantritt Benjamin Netanjahus in Israel 1996 kam der Friedensprozess von israelischer Seite her zum Erliegen, was zu (vergeblichen) internationalenProtesten und einer zeitweiligen Entfremdung zwischen Israel und den USA führte.

Nach wiederum langwierigen Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern kamim Januar 1997 ein Abkommen über den israelischen Abzug aus Hebron zustande.

Umgesetzt wurde das Abkommen jedoch vorerst nicht; vielmehr erschwerte Israel denFriedensprozess zusätzlich, etwa durch den Baubeginn einer äußerst umstrittenen Siedlung in Ostjerusalem.

Internationale Vermittlungsversuche, die vor allem die USAimmer wieder anstrengten, um zu einer Einigung über den überfälligen israelischen Truppenabzug aus dem Westjordanland zu kommen, scheiterten regelmäßig. Erst im Herbst 1998 kam wieder Bewegung in den Nahost-Friedensprozess: Am 23.

Oktober 1998 unterzeichneten Arafat und Netanjahu das von US-Präsident Bill Clintonund dem jordanischen König Hussein vermittelte Wye-Abkommen, das als Durchführungsabkommen zu den Oslo-Verträgen vor allem den weiteren Rückzug Israels aus demWestjordanland und die Ausweitung der palästinensischen Autonomiegebiete im Westjordanland festlegte.

Außerdem bestimmte das Wye-Abkommen, dass die PLO alleisraelfeindlichen Passagen aus ihrer Charta streichen müsse; im Dezember 1998 änderte die PLO ihre Charta dementsprechend.

Die weitere Umsetzung des Wye-Abkommens, d.

h.

der vereinbarte israelische Rückzug aus Teilen des Westjordanlandes, wurde jedoch kurz nach Beginn von Israel wieder eingestellt.

Daraufhin kündigteArafat für den 4.

Mai 1999 die Proklamation eines souveränen palästinensischen Staates an; am 4.

Mai 1999 endete die in den Oslo-Verträgen festgelegte und im Wye-Abkommen nochmals bestätigte Übergangsfrist, innerhalb derer der Status der Palästinenser und ihrer Gebiete endgültig geregelt werden sollte.

Kurz vor dem Stichtagvertagte Arafat mit Zustimmung der PLO auf internationalen Druck hin und im Interesse der Fortführung des Friedensprozesses die Staatsgründung, zunächst auf einenTermin nach den Wahlen in Israel am 17.

Mai 1999 und dann, nachdem die Wahlen einen Regierungswechsel erbracht hatten, auf unbestimmte Zeit. Die neue israelische Regierung unter Ehud Barak leitete unmittelbar nach Amtsantritt im Juli 1999 die Wiederaufnahme des Friedensprozesses ein, der jedoch aufgrundunterschiedlicher Vorstellungen über die Terminierung des weiteren israelischen Rückzugs aus dem Westjordanland nur zögernd in Gang kam.

Am 4.

September 1999unterzeichneten Arafat und Barak in Sharm el Sheikh (Ägypten) das so genannte Wye-II-Abkommen, ein Umsetzungsabkommen zum Wye-Abkommen, das u.

a.

den Abzugder israelischen Truppen aus den schon im Wye-Abkommen festgelegten Gebieten konkret regelte, außerdem die Wiederaufnahme der Endstatusverhandlungen und derenAbschluss bis zum 13.

September 2000 vorsah sowie die Eröffnung von zwei Transitrouten zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland in Aussicht stellte.

Die ersteRückzugsphase wurde dann auch zügig umgesetzt, und im Oktober 1999 wurde auch die erste Transitroute eröffnet, die es den Palästinensern nun ermöglichte, aufdirektem Weg aus dem Gazastreifen ins Westjordanland und umgekehrt zu gelangen und nicht mehr über den Umweg über Ägypten und Jordanien.

Im November 1999nahmen Israel und die Palästinenser schließlich auch die Endstatusverhandlungen wieder auf. Anfang 2000 kam der Friedensprozess erneut ins Stocken: Israel setzte die für Januar 2000 vorgesehene letzte Rückzugsphase aus weiteren gut 6 Prozent desWestjordanlandes aus, aufgrund von Unstimmigkeiten darüber, welche Territorien geräumt werden sollten.

Die Palästinenser unterbrachen daraufhin alle Gespräche mitIsrael auf unbestimmte Zeit.

Erst im März 2000 wurden die Verhandlungen – unter amerikanischer und ägyptischer Vermittlung – wieder aufgenommen, und zwar sowohldie Verhandlungen über den weiteren israelischen Rückzug als auch über den endgültigen Status der Palästinenser, und noch im selben Monat schloss Israel die letzteRückzugsphase ab, so dass nun gut 40 Prozent des Westjordanlandes unter ganzer oder teilweiser Kontrolle der Palästinenser standen.

Die israelisch-palästinensischenFriedens- bzw.

Endstatusverhandlungen gestalteten sich jedoch auch weiterhin äußerst schwierig, zumal die Palästinenser für eine endgültige Friedensregelung eine Reihefür die israelische Seite kaum annehmbarer Bedingungen stellten, so etwa den vollständigen Abzug Israels aus dem Westjordanland, dem Gazastreifen und ausOstjerusalem, die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge und ihre Entschädigung durch Israel sowie die Zustimmung Israels zur Gründung eines souveränenpalästinensischen Staates. Nach seiner Wahl im Mai hatte Barak eine umfassende Friedenslösung für den Nahen Osten binnen 15 Monaten in Aussicht gestellt, d.

h.

neben der Umsetzung des Wye-Abkommens auch die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit Syrien und den Abzug der israelischen Truppen aus dem Südlibanon.

Im Dezember 1999 fanden ersteisraelisch-syrische Friedensgespräche statt; nach einer zweiten Verhandlungsrunde im Januar 2000 wurden die Gespräche jedoch wieder auf unbestimmte Zeit vertagt, daman sich nicht darüber hatte einigen können, ob zuerst über die Rückgabe der Golanhöhen an Syrien oder über syrische Sicherheitsgarantien für Israel verhandelt werdensollte.

War bisher der israelische Rückzug aus dem Südlibanon eng an einen Friedensschluss mit Syrien als Vorbedingung geknüpft, so beschloss die Regierung Barak nunim März 2000 den Rückzug ihrer Truppen aus dem Südlibanon bis Juli 2000; abgeschlossen wurde der israelische Truppenabzug jedoch schon – relativ überstürzt – am24.

Mai 2000. Vor allem aufgrund der palästinensischen Forderungen machten die israelisch-palästinensischen Verhandlungen über eine endgültige Friedensregelung bis zum Sommer2000 kaum Fortschritte.

Ein Durchbruch sollte nun im Juli 2000 in Camp David (USA) auf einem Gipfeltreffen zwischen Barak und Arafat sowie Bill Clinton als Vermittlererzielt werden.

Nach zwei Wochen intensiver Verhandlungen wurden die Gespräche ergebnislos abgebrochen.

Gescheitert waren sie letztlich an der Frage nach demkünftigen Status von Jerusalem, an jenem Problem also, das lange Zeit aus den Verhandlungen ausgeklammert worden war, sich nun aber als der neuralgische, allesentscheidende Punkt herauskristallisierte.

Barak beharrte auf der israelischen Souveränität über das gesamte, ungeteilte Jerusalem, bot den Palästinensern aberoffensichtlich immerhin die Selbstverwaltung in den arabischen Vierteln Ostjerusalems einschließlich des Tempelberges – einer der wichtigsten heiligen Stätten des Islam –an; Arafat dagegen reklamierte die volle palästinensische (oder zumindest arabisch-muslimische) Souveränität über Ostjerusalem, das Hauptstadt des zu errichtendenStaates Palästina werden sollte. Auch nach dem Scheitern der Camp-David-Verhandlungen hielten Arafat und die PLO am 13.

September 2000 als Datum für die Ausrufung eines unabhängigen StaatesPalästina fest, dem Tag, bis zu dem laut dem Wye-II-Abkommen eine endgültige Friedensregelung erzielt werden sollte.

Als sich dann aber eine Reihe arabischer undislamischer Staaten und u.

a.

auch Russland vor dem Hintergrund des labilen Friedensprozesses gegen eine palästinensische Staatsgründung aussprachen, verschob Arafatkurz vor dem Stichtag die Proklamation auf unbestimmte Zeit.

Unterdessen verstrich die im Wye-II-Abkommen gesetzte Frist für eine endgültige Friedensregelung. Ein Treffen Baraks mit Arafat am 25.

September 2000 markierte einen Neuansatz in den israelisch-palästinensischen Verhandlungen.

Barak signalisierte noch weiteresEntgegenkommen in der Jerusalem-Frage – gegen erheblichen Widerstand in Israel.

Dieser Neuansatz wurde jedoch schon drei Tage später wieder im Keim erstickt, alsnach einem Besuch des israelischen Oppositionsführers Ariel Sharon auf dem Tempelberg in Ostjerusalem und im Westjordanland blutige Unruhen ausbrachen.

Dieseneuerliche Intifada, die zunehmend eskalierte und in den folgenden Monaten Hunderte Opfer forderte, zumeist Palästinenser, verhärtete die Fronten erneut.

In einem Klimagegenseitiger Schuldzuweisungen fanden sich Barak und Arafat unter internationaler Vermittlung lediglich zu einem Gewaltverzichtsabkommen bereit.

Die Arabische Ligaund die Vereinten Nationen verurteilten Israel wegen der Gewaltanwendung in den palästinensischen Gebieten; die Arabische Liga beschloss zudem konkreteUnterstützungsmaßnahmen für die Palästinenser, betonte zugleich aber auch ihren Willen, am Nahost-Friedensprozess festzuhalten.

Trotz des Gewaltverzichtsabkommensdauerten die blutigen Auseinandersetzungen an; dennoch fanden sich die israelische wie die palästinensische Seite zu einer Wiederaufnahme der Friedensgespräche bereit. Eine gewisse Brisanz erhielten die Friedensgespräche wieder ab Dezember 2000: Nach dem ersten (dann nicht bestätigten) Beschluss der Knesset zur Selbstauflösung undzu Neuwahlen im November sowie dem Rücktritt Baraks vom Amt des Ministerpräsidenten im Dezember suchte der weiterhin amtierende Barak durch erfolgreicheFriedensverhandlungen seine Chancen auf eine Wiederwahl zu erhöhen.

Auch der am 20.

Januar 2001 aus dem Amt scheidende US-Präsident Bill Clinton strebte noch vorEnde seiner Amtszeit einen Friedensschluss an.

Im Lauf des Januars 2001 machten die Verhandlungen auf der Basis eines Kompromissvorschlags Clintons zunächst großeFortschritte und gaben Anlass zu Optimismus.

Clintons Plan sah einen Palästinenserstaat vor, der den gesamten Gazastreifen sowie 95 Prozent des Westjordanlandesumfassen sollte; außerdem sollten die Palästinenser die Hoheit über Ostjerusalem erhalten, aber auf das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge verzichten.

EndeJanuar sorgte dann allerdings Arafat mit scharfen Angriffen gegen Israel auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos für Irritationen und die Unterbrechung der Verhandlungendurch Barak bis zu einem Zeitpunkt nach den Ministerpräsidentenwahlen in Israel am 6.

Februar 2001. 5.1 Rückschläge Aus diesen Wahlen ging dann allerdings Sharon als Sieger hervor, was dem inzwischen so weit wie nie zuvor gediehenen Friedensprozess einen herben Rückschlag verlieh.. »

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