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Vertrauensfrage Vertrauensfrage, an das Parlament gerichteter Antrag eines Regierungschefs, ihm bzw.

Publié le 16/06/2013

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Vertrauensfrage Vertrauensfrage, an das Parlament gerichteter Antrag eines Regierungschefs, ihm bzw. seiner Regierung das Vertrauen auszusprechen. In der Bundesrepublik Deutschland kann der Bundeskanzler zum Mittel der Vertrauensfrage greifen, um die Zustimmung der Parlamentsmehrheit zu seiner Politik zu überprüfen, die Zustimmung der Regierungspartei(en) zu einer wichtigen Gesetzesvorlage oder einer besonderen Entscheidung zu erzwingen oder um einem Misstrauensvotum zuvorzukommen. Erhält der Bundeskanzler in der Vertrauensabstimmung keine Mehrheit, so kann der Bundespräsident laut Grundgesetz, Artikel 68, auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen 21 Tagen den Bundestag auflösen, sofern der Bundestag nicht mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt. Weder die Auflösung des Bundestages und in der Folge die Ausschreibung von Neuwahlen noch der Rücktritt des Bundeskanzlers sind jedoch für den Fall einer verlorenen Vertrauensabstimmung rechtlich zwingend vorgesehen; vielmehr kann der Bundeskanzler im Prinzip mit derselben Regierung oder gegebenenfalls z. B. mit einem neuen Koalitionspartner weiterregieren. In der Geschichte der Bundesrepublik wurde die Vertrauensfrage bislang fünfmal gestellt: Am 20. September 1972 stellte Willy Brandt (SPD) die Vertrauensfrage und verlor die Abstimmung - wie beabsichtigt, denn nun konnte der Bundestag aufgelöst und damit die Pattsituation im Bundestag überwunden werden. Aus den Neuwahlen zwei Monate später ging die SPD/FDP-Koalition - wie erhofft - deutlich gestärkt hervor, die SPD wurde erstmals stärkste Fraktion im Bundestag. Am 5. Februar 1982 stellte Helmut Schmidt (SPD) die Vertrauensfrage, um die unterdessen vor allem über Fragen der Arbeitsmarktpolitik zerstrittene sozialliberale Koalition geschlossen hinter sich zu bringen, andernfalls zurückzutreten; er gewann die Abstimmung mit klarer Mehrheit. Allerdings war damit die Koalition keineswegs längerfristig gerettet: Bereits im September traten die FDP-Minister aus der Regierung aus, und am 1. Oktober 1982 stürzten FDP und CDU/CSU Helmut Schmidt über ein konstruktives Misstrauensvotum und wählten Helmut Kohl (CDU) zum neuen Bundeskanzler. Der wiederum stellte wenig später, am 17. Dezember 1982, die Vertrauensfrage, wie Willy Brandt zehn Jahre zuvor mit der Absicht, die Abstimmung zu verlieren und den Bundestag auflösen lassen zu können. 466 der 474 Abgeordneten, d. h. nicht nur die SPD, sondern auch fast geschlossen CDU/CSU und FDP, stimmten gegen Kohl - was den SPD-Kanzlerkandidaten Hans-Jochen Vogel zu dem Urteil ,,Staatstheater eigener Art" veranlasste. Das Bundesverfassungsgericht, bei dem einige Bundestagsabgeordnete wegen der offensichtlich unechten Abstimmung Klage eingereicht hatten, bestätigte jedoch trotz einiger Bedenken die Verfassungskonformität der Entscheidung des Bundespräsidenten, den Bundestag aufgrund dieser fingierten Vertrauensfrage aufzulösen. Die Neuwahlen am 6. März 1983 gewann die christlich-liberale Koalition mit großem Vorsprung. Ein Novum stellte die Vertrauensfrage Gerhard Schröders (SPD) am 16. November 2001 dar: Schröder verband als erster Bundeskanzler die Vertrauensfrage mit einer Sachabstimmung, und zwar der Abstimmung über den von der Regierung befürworteten Einsatz der Bundeswehr im Antiterrorkrieg der USA gegen die Taliban in Afghanistan. Teile des Koalitionspartners Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Bundeswehreinsatz ab, so dass eine eigene Mehrheit der Koalition in dieser Frage nicht zustande zu kommen drohte. Die Verbindung von Sachabstimmung und Vertrauensfrage jedoch ließ eine Reihe von Grünen-Abgeordneten auf den Kurs der Regierung umschwenken und erbrachte eine knappe Mehrheit für Gerhard Schröder: 336 Abgeordnete, zwei mehr als die so genannte Kanzlermehrheit von 334 Abgeordneten, stimmten für Schröder, 326 gegen ihn. Am 1. Juli 2005 stellte Schröder erneut die Vertrauensfrage, diesmal nicht mit einer Sachfrage verbunden und diesmal - wie Brandt und Kohl vor ihm - mit der klaren Absicht, die Abstimmung zu verlieren, um Neuwahlen herbeizuführen. Schröder verlor die Abstimmung erwartungsgemäß (mit 296 Nein-Stimmen bei 151 Ja-Stimmen und 148 Enthaltungen). Die Vertrauensfrage begründete Schröder mit ,,abweichenden Positionierungen" innerhalb seiner Koalition, aufgrund derer er nicht mehr mit dem notwendigen Vertrauen der Mehrheit des Bundestages rechnen könne. Da die Abstimmung jedoch offensichtlich fingiert war - die SPD-Fraktion, die bis dahin alle Gesetzesvorlagen der Regierung im Bundestag mitgetragen hatte, war von ihrer Führung ,,eingeladen" worden, sich der Stimme zu enthalten -, ergaben sich wie bereits 1982/83 starke Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Verfahrens. Trotzdem löste Bundespräsident Köhler den Bundestag auf und schloss sich dabei im Wesentlichen der Argumentation Schröders an. Und auch das Bundesverfassungsgericht als letzte Entscheidungsinstanz entschied unter Rückgriff auf das Urteil von 1983, dass die Auflösung des Bundestages mit dem Grundgesetz vereinbar war; es argumentierte u. a., es genüge ,,die Einschätzung des Bundeskanzlers, seine Handlungsfähigkeit sei beeinträchtigt", und dieser Einschätzung sei ,,keine andere Einschätzung eindeutig vorzuziehen". Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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