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Christoph Willibald Gluck: Brief an Bailly du Rolly - Texte.

Publié le 22/06/2013

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Christoph Willibald Gluck: Brief an Bailly du Rolly - Texte. Christoph Willibald Gluck, einer der Erneuerer der Oper im 18. Jahrhundert, äußert sich in einem Brief an Bailly du Rolly über innovative Merkmale seiner fünften Reformoper Armide (1777). Dabei spielt er auch auf die Konkurrenz zu Niccolò Piccini an, dem Hauptvertreter der italienischen Oper zu der Zeit. Christoph Willibald Gluck: Brief an Bailly du Rolly Sie sagen mir, mein lieber Freund, in Ihrem Briefe, daß nichts jemals die ,,Alceste" übertreffen werde, aber ich, ich unterschreibe Ihre Weissagung noch nicht. ,,Alceste" ist eine vollgültige Tragödie und ich glaube offengestanden, daß dem Werk sehr wenig zu seiner Vollendung fehlt: aber Sie machen sich keine Vorstellung, wieviel verschiedener Nuancen und Stile die Musik fähig ist. ,,Armida" ist im Ganzen so verschieden von ,,Alceste", daß Sie glauben können, daß sie nicht vom gleichen Komponisten stammen. Auch habe ich meine beste noch verbleibende Schöpferkraft darauf gewendet, ,,Armida" zu vollenden. Ich war bestrebt, hier mehr Maler und mehr Dichter als Musiker zu sein; kurzum, Sie werden urteilen, ob man es heraushört. Ich bekenne offen, daß ich mit dieser Oper meine Laufbahn zu beschließen wünsche. Es ist wahr, daß für das Publikum wenigstens ebensoviel Zeit notwendig sein wird, sie zu verstehen, wie es bedurfte, in das Verständnis von ,,Alceste" einzudringen. Es herrscht in ,,Armide" eine Art von Delikatesse, wie sie in ,,Alceste" nicht vorhanden ist: denn ich habe einen Weg gefunden, die Personen in einer Art sprechen zu lassen, daß Sie nach ihrer Ausdrucksweise erkennen werden, ob es Armida sein wird, die spricht, oder eine andere u.s.w. Ich muß schließen, sonst würden Sie glauben, ich sei ein Narr oder ein Charlatan geworden. Nichts macht einen so schlechten Eindruck, als wenn man sich selber lobt; das schickte sich nur für den großen Corneille; aber wenn Marmontel oder ich wir uns loben, spottet man über uns und lacht uns ins Gesicht. Schließlich haben Sie recht zu behaupten, daß man die französischen Komponisten zu sehr vernachlässigt hat; denn wenn ich mich nicht sehr täusche, glaube ich, daß Gossec und Philidor, die den Schnitt der französischen Oper kennen, dem Publikum unendlich mehr gefallen würden als die besten italienischen Meister, wenn man sich nicht für all das begeisterte, was das Ansehen der Neuheit besitzt. Sie sagen mir noch, mein Freund, daß ,,Orphée" beim Vergleich mit ,,Alceste" verliere. Du mein Gott! Wie kann man diese beiden Werke vergleichen, die nichts Vergleichbares haben? Das eine kann mehr gefallen als das andere; aber lassen Sie die ,,Alceste" mit Ihren schlechten Darstellern aufführen, mit jeder anderen Künstlerin als Frl. Le Vasseur, und ,,Orphée" mit allen besseren, welche Sie besitzen, und Sie werden sehen, daß ,,Orphée" das Gleichgewicht halten wird: die besten Sachen, schlecht ausgeführt, werden erst recht unerträglich. Ein Vergleich kann nicht angestellt werden zwischen zwei Werken von verschiedenem Charakter. Wenn zum Beispiel Piccini und ich, jeder auf eigene Faust, die Oper ,,Roland" komponierten, dann könnte man urteilen, welcher von beiden sie bessergemacht hätte: aber verschiedene Texte müssen notwendig verschiedenartige Kompositionen zeitigen, die jede nach dem Ausdruck der Worte möglichst vollendet in ihrem Genre sein kann; aber dann hinkt eben jeder Vergleich. Ich zittere fast, daß man ,,Armida" und ,,Alceste", zwei so verschiedene Dichtungen, wird miteinander vergleichen wollen, von denen die eine zu Thränen rühren, die andere eine amouröse Empfindung erwecken soll; wenn dies doch eintritt, wüßte ich keinen anderen Ausweg, als unseren Herrgott zu bitten, die gute Stadt Paris möge ihren gesunden Menschenverstand wiederfinden. Leben Sie wohl, mein lieber Freund, ich umarme Sie u.s.w., u.s.w. Roland Tenschert: Christoph Willibald Gluck. Der große Reformator der Oper. Olten und Freiburg im Breisgau 1951, S. 198-200. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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