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Widukind von Corvey: Krönung Ottos I.

Publié le 15/06/2013

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Widukind von Corvey: Krönung Ottos I. - Geschichte. In den ersten beiden Kapiteln des 2. Buches seiner Res gestae Saxonicae (Die Sachsengeschichte) beschreibt Widukind von Corvey die Königswahl und -krönung Ottos I. im Jahr 936. Diese erste Schilderung der Wahl und Krönung eines römisch-deutschen Königs beinhaltet alle Elemente, die für die Königserhebung im Heiligen Römischen Reich bis in die Neuzeit konstitutiv waren. Widukind von Corvey: Krönung Ottos I. 1. Nachdem also der Vater des Vaterlandes und der größte wie beste König Heinrich gestorben war, wählte sich das gesamte Volk der Franken und Sachsen seinen Sohn Otto, der bereits vorher vom Vater zum König designiert worden war, als Herrscher aus. Als Ort der allgemeinen Wahl nannte und bestimmte man die Pfalz Aachen. Jener Ort liegt aber in der Nähe von Jülich, das nach seinem Gründer Julius Caesar benannt ist. Und als man dorthin gekommen war, versammelten sich die Herzöge und obersten Grafen mit der übrigen Schar vornehmster Ritter in dem Säulenhof, der mit der Basilika Karls des Großen verbunden ist, setzten den neuen Herrscher auf einen dort aufgestellten Thron, huldigten ihm, gelobten ihm Treue, versprachen ihm Unterstützung gegen alle seine Feinde und machten ihn nach ihrem Brauch zum König. Während dies die Herzöge und die übrige Beamtenschaft vollführten, erwartete der Erzbischof (Hildebert von Mainz) mit der gesamten Priesterschaft und dem ganzen Volk im Innern der Basilika den Auftritt des neuen Königs. Als dieser erschien, ging ihm der Erzbischof entgegen, berührte mit seiner Linken die Rechte des Königs, während er selbst in der Rechten den Krummstab trug, bekleidet mit der Albe, geschmückt mit Stola und Meßgewand, schritt vor bis in die Mitte des Heiligtums und blieb stehen. Er wandte sich zum Volk um, das ringsumher stand - es waren nämlich in jener Basilika unten und oben umlaufende Säulengänge -, so daß er vom ganzen Volk gesehen werden konnte, und sagte: ,,Seht, ich bringe euch den von Gott erwählten und von dem mächtigen Herrn Heinrich einst designierten, jetzt aber von allen Fürsten zum König gemachten Otto; wenn euch diese Wahl gefällt, zeigt dies an, indem ihr die rechte Hand zum Himmel emporhebt." Da streckte das ganze Volk die Rechte in die Höhe und wünschte unter lautem Rufen dem neuen Herrscher viel Glück. Dann schritt der Erzbischof mit dem König, der nach fränkischer Sitte mit einem eng anliegenden Gewand bekleidet war, hinter den Altar, auf dem die königlichen Insignien lagen: das Schwert mit dem Wehrgehänge, der Mantel mit den Spangen, der Stab mit dem Zepter und das Diadem. Zu dieser Zeit war Hildebert Erzbischof, der Herkunft nach ein Franke, dem Stand nach ein Mönch, erzogen und ausgebildet im Kloster Fulda und verdientermaßen zu solcher Ehre aufgestiegen, daß er zum Abt dieses Klosters eingesetzt wurde und danach den Rang des höchsten Bischofsamtes zu Mainz erlangte. Er war ein Mann von erstaunlicher Heiligkeit, und abgesehen von der natürlichen Weisheit seines Geistes war er aufgrund seiner wissenschaftlichen Studien hochberühmt. Man behauptet, er hätte neben anderen Gnadengaben auch den Geist der Weissagung empfangen. Und als unter den Bischöfen wegen der Weihe des Königs Streit entstand, also zwischen dem Trierer und dem Kölner - weil jener meinte, sein Stuhl sei der ältere und gewissermaßen vom seligen Apostel Petrus eingerichtet; während aber dieser meinte, der Ort gehöre zu seiner Diözese: so daß beide der Ansicht waren, die Ehre dieser Weihe käme ihnen zu -, trat doch ein jeder von ihnen vor der allgemein anerkannten Hoheit Hildeberts zurück. Derselbe aber ging zum Altar, nahm von dort das Schwert mit dem Wehrgehänge auf, wandte sich an den König und sprach: ,,Nimm dieses Schwert, auf daß du alle Feinde Christi verjagst, die Heiden und schlechten Christen, da durch Gottes Willen dir alle Macht im Frankenreich übertragen ist, zum unerschütterlichen Frieden für alle Christen." Dann nahm er die Spangen, legte ihm den Mantel um und sagte: ,,Durch die bis auf den Boden herabreichenden Zipfel (deines Gewandes) seist du daran erinnert, mit welchem Eifer du im Glauben entbrennen und bis zum Tod für die Sicherung des Friedens eintreten sollst." Darauf nahm er Zepter und Stab und sprach: ,,Durch diese Abzeichen bist du aufgefordert, mit väterlicher Zucht deine Untertanen zu leiten und in erster Linie den Dienern Gottes, den Witwen und Waisen die Hand des Erbarmens zu reichen; und niemals möge dein Haupt ohne das Öl der Barmherzigkeit sein, auf daß du jetzt und in Zukunft mit ewigem Lohn gekrönt werdest." Auf der Stelle wurde er mit dem heiligen Öl gesalbt und mit dem goldenen Diadem gekrönt von eben den Bischöfen Hildebert und Wigfried, und nachdem die rechtmäßige Weihe vollzogen war, wurde er von denselben Bischöfen zum Thron geführt, zu dem man über eine Wendeltreppe hinaufstieg, und er war zwischen zwei Marmorsäulen von wunderbarer Schönheit so aufgestellt, daß er von da aus alle sehen und selbst von allen gesehen werden konnte. Widukind von Corvey: Res gestae Saxonicae/Die Sachsengeschichte. Übersetzt und herausgegeben von Ekkehart Rotter und Bernd Schneidmüller. Stuttgart 1981, S. 105ff. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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